Davies,
Bill, Resisting the European Court of Justice. West Germany’s Confrontation
with European Law, 1949-1979. Cambridge University Press, Cambridge 2012. XIX,
248 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die
Bundesrepublik Deutschland zählte in den ersten Jahren nach dem zweiten
Weltkrieg zu den Befürwortern einer europäischen Einigung, ohne dass eindeutig
feststeht, in welchem Umfang ihre Mitwirkung frei von äußerem Einfluss geschah.
Mit ihrer Entscheidung waren eindeutige Vorteile verbunden, die aber nie frei
von Nachteilen und Einschränkungen sein konnten. Dies muss sich umso deutlicher
zeigen, je größer der europäische Staatenverbund wird und je mehr folglich die
Möglichkeiten der Gestaltung seitens eines einzelnen Mitgleidstaats schrumpfen.
Der
Verfasser hat sich mit dieser Problematik im vorliegenden Werk auf dem
besonderen Feld der nationalen und europäischen Gerichtsbarkeit befasst.
Ausgebildet am King’s College in London wurde er wenig später zum
Assistenzprofessor in Justice, Law and Society an die School of Public Affairs
an die American University in Washington, DC. berufen. Mehrere
Veröffentlichungen in Aufsatzform haben ihn als vorzüglichen Sachkenner
erwiesen.
Gegliedert
ist die vorliegende, mit einem Bild des leeren Sitzungssaals des Gerichtshofs
geschmückte Studie in insgesamt fünf Abschnitte. Sie betreffen die
Vorgeschichte zwischen Souveränität und Integration, die Annäherung an die als
Konstitutionalisierung des europäischen Rechts beschriebene Entwicklung in drei
Stufen von 1949 bis 1963, von 1963 bis 1969 und von 1970 bis 1974 (Solange
Era), die zugehörige öffentliche Meinung in Westdeutschland, die Reaktion der
westdeutschen Regierung und die nationalen und internationalen Antworten auf
die Solange-Entscheidung. Im Ergebnis wird sich zeigen, dass die deutsche
Gerichtsbarkeit in der Form des Bundesverfassungsgerichts die Konfrontation mit
dem Gerichtshof der Europäischen Union weder suchen noch erfolgreich bestehen
kann, weil der Gerichtshof in den erfolgreichen Jahren seiner bisherigen
Geschichte genügend Gewicht gewonnen hat, um sich dort durchzusetzen, wo er
dies zu Gunsten eines gemeinsamen Europas für sinnvoll hält, ohne dass ihn ein
Solange wirklich auf Dauer aufhalten kann, weil für die Union die
Gesamtinteressen bedeutsamer sind als jedes nationale Einzelinteresse.
Innsbruck Gerhard Köbler