Bubenheimer-Erhart, Friederike, Die Etrusker. Zabern/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014. 191 S., Ill. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Etrusker sind ein vielleicht vor den Römern und neben den Römern in Mittelitalien ansässiges, hochstehendes, im 8. vorchristlichen Jahrhundert sichtbares, aber nicht sehr gut bekanntes, mit seinen letzten Stadtstaaten 89 v. Chr. in das römische Bürgerrecht aufgenommenes Volk. Zu ihrem auf den westlichen Raum Italiens zwischen Mantua und Capua wirkenden Kerngebiet zählten nach einer beigegebenen Karte um 300 v. Chr. zwischen Pisa, Ostia, Rom und dem Tiber Volaterrae, Sena, Arretium, Cortona, Perusia, Clusium, Populonium, Vetulonium, Volsinii Veteres, Saturrnia, Vulci, Tarquinii und Caere, so dass ihr Herrschaftsbereich vielleicht ein Drittel des damaligen römischen Reiches zwischen Adriatischem und Tyrrhenischen Meer ausmachte. Vieles an ihnen ist auch in der Gegenwart noch rätselhaft.

 

Die sich diesen Rätseln widmende Verfasserin wurde nach dem 1986 aufgenommenen Studium der klassischen Archäologie, Kunstgeschichte und Ägyptologie in Regensburg und Heidelberg und einem Studienaufenthalt in London 2002 mit der Dissertation Studien zum Isisgrab in Vulci promoviert. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftliche Angestellte am Institut für klassische Archäologie in Erlangen-Nürnberg und zwei Erziehungszeiten wurde sie 2006 wissenschaftliche Angestellte am Institut für Ägyptologie der Universität Wien und nach ihrem eigenen Lebenslauf 2010 Mitarbeiterin des Kooperationsprojekts Berliner Skulpturennetzwerk in Berlin. Das vorliegende, von Melanie Ippach angeregte, beeindruckend ausgestaltete Werk bringt durch sachkundige Texte und zahlreiche farbige Abbildungen die Hinterlassenschaft der Etrusker in 10 Kapiteln zum Sprechen.

 

Dies beginnt mit der wissenschaftlichen Wiederentdeckung der Etrusker im Zeitalter der Medici und der Schilderung der Häuser, Siedlungen und Städte zwischen Arno und Tiber. Vor allem auch mit Hilfe von Steckbriefen Einzelner wie etwa des Maecenas werden die Verhältnisse zwischen Etruskern und Italikern, der Aufstieg zur Seemacht, die Beziehungen zu anderen Völkern des Mittelmeerraums, das Land jenseits von Arno und Tiber, der Machtverlust im Mittelmeerraum mit anschließender Provinzialisierung, das Verhältnis zu Rom, die Erinnerung an Etrurien in Rom und das Erbe der Etrusker aufgezeigt. Auf diese überzeugende Weise erhält ein in der Spätantike seine Identität verlierendes Volk, dessen im Gesamtspektrum von rund 11000 dokumentierten, meist kurzen Schriftzeugnissen längster erhaltener, in Ägypten gefundener Text ungefähr 1200 bzw. nach Abzug von Wiederholungen etwa 400 Wörter einer ziemlich eigenständigen, nichtindogermanischen, nichtsemitischen Sprache bewahrt, mit Hilfe interdisziplinärer Wissenschaft zumindest einen Teil seines einst weit ausstrahlenden Gesichtes zurück, ohne dass allerdings bisher alle Rätsel gelöst werden können.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler