Babel, Rainer, Garde et protection. Der Königsschutz in der französischen Außenpolitik vom 15. bis zum 17. Jahrhundert (= Beihefte der Francia Band 72). Thorbecke, Ostfildern 2014. 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Herrscher hat kerkömmlicherweise Macht über die von ihm Beherrschten, wie beispielsweise der römische dominus über seine servi, doch ist damit nahezu immer auch die Abwehr von Störungen durch Dritte verbunden, die für den Beherrschten in der Regel zumindest als Reflex Schutz bedeutet. Dementsprechend stand der Untertan unter dem Schutz des Monarchen und der Lehnsmann unter dem Schutz des Lehnsherrn. Dabei konnte das wohl zunächst aus rein tatsächlichen Überlegungen erwachsene Verhalten leicht auch zu einer Pflicht erstarken.

 

Mit einem gewichtigen, örtlich und zeitlich eingegrenzten Ausschnitt dieser Gegebenheiten beschäftigt sich der Verfasser im vorliegenden Werk über Frankreich an der Wende zum Mittelalter zur Neuzeit. Schon seine ebenfalls bei Thorbecke erschienene Münchener Dissertation des Jahres 1986 über Außenpolitik und europäische Stellung Herzog Karls IV. von Lothringen und Bar zwischen 1624 und 1634 behandelte diesen Gegenstand an einem besonderen Beispiel. Dem folgte nach dem beruflichen Wechsel an das Deutsche Historische Institut in Paris in einem weiteren Rahmen 2001 die 2005 veröffentlichte, im Literaturverzeichnis nicht eigens aufgeführte Habilitationsschrift im Umfang von ebenfalls 393 Seiten.

 

Das vorliegende, auf dem Umschlag mit vier kleinen Porträts Karls VII., Franz‘ I., Heinrichs II. und Heinrichs IV. geschmückte Werk geht auf eine Anregung Hermann Webers zurück. Es gliedert sich nach einer Einleitung in vier Kapitel über die Protektion in Staatslehre und politischer Publizistik, die Protektion im späten Mittelalter, die Protektion in der Neuzeit und das Verhältnis von Protektion, Okkupation und historischem Recht. In seiner die Protektion mit einem verzweigten Flusssystem vergleichen Bilanz kann der Verfasser ermitteln, dass die Protektion in allen ihren feststellbaren Traditionen als politisches Instrument und als Ausdrucksform eines politisch-kulturellen Selbstbilds um die Mitte des 17. Jahrhunderts jedenfalls langsam an ihr Ende gelangte, weil vermutlich in einem von souveränen Akteuren gebildeten Staatensystem für aus mittelalterlichen Traditionen herrührende Vorstellungen kein Bedarf mehr bestand.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler