Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, Robert/Schindling, Anton/Wolgast, Eike (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg Reihe B, Forschungen 197). Kohlhammer, Stuttgart 2013. VIII, 323 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Organisationsformen der Menschen ändern sich im Laufe der Zeit wie alles andere oder fast alles andere auch. Aus Familien sind Horden geworden, aus Horden Völker und aus Völkern Länder und Staaten. Die innerdeutschen Veränderungen der jüngeren Vergangenheit behandelt der vorliegende verdienstvolle Sammelband an Hand einzelner Gegebenheiten.

 

Er geht darauf zurück, dass als einzige Länderneugründung in der bisherigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1952 das Bundesland Baden-Württemberg geschaffen wurde. Aus Anlass des 60. Jahrestags dieses Ereignisses veranstaltete die Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg zusammen mit dem Landtag am 11. und 12. Oktober in Stuttgart ein wissenschaftliches Symposion, das diese bedeutsame Veränderung in einen größeren Zusammenhang stellen sollte. Ergänzt durch weitere Karten stehen die damaligen Ausführungen nunmehr der Öffentlichkeit in gedruckter Form zur Verfügung.

 

Insgesamt enthält der mit einer Zeichnung des politischen Gleichgewichts im französischen Umfeld von 1815 aus den Beständen des Britischen Museums und einem Stimmzettel vom 9. Dezember 1951 seine große zeitliche wie örtlich Spannbreite veranschaulichende Band außer Grußworten, einer Einführung Anton Schindlings und einem Epilog über die Entwicklung des deutschen Föderalismus (Eike Wolgast) elf detaillierte Studien. Sie betreffen unter dem Titel alte Ideen unter neuen Konstellationen die Gründungsgeschichte Baden-Württembergs, die Neuverteilung der linksrheinischen Gebiete und die preußische Provinz Sachsen zwischen 1813 und 1815, Preußens Vergrößerungen in den Jahren 1848 und 1866, die Anfälle der Linien Zerbst, Köthen und Bernburg an Anhalt Dessau zwischen 1793 und 1863, die Thüringen-Frage zwischen 1806 und 1920, die Vereinigung der beiden Mecklenburg 1933 und das Groß-Hamburg-Gesetz 1937, die Entstehung Mecklenburg-Vorpommerns und Sachsen-Anhalts 1945/1947 im Osten sowie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs im Westen. Abbildungen und 42 neu erstellte Karten veranschaulichen die vielfältigen Erkenntnisse vor allem auch über die Bedeutung geschichtsferner auswärtiger Einflüsse und die begrenzten, wenig ändernden Reaktionen der erfassten Menschen, ein Orts- und Personenregister von Aachen bis Zweibrücken schließt die gewichtigen Inhalte der neueren deutschen Ländergeschichte benutzerfreundlich auf.

 

Innsbruck                                            Gerhard Köbler