Schüler, Katja, Der Betreuungsunterhalt nach der Erosion des Altersphasenmodells. Eine Untersuchung zu den historischen und familiensoziologischen Grundlagen sowie der rechtlichen Entwicklung der Unterhaltsansprüche für die Kinder betreuenden Elternteile (= Nomos Universitätsschriften Recht 773). Nomos, Baden-Baden 2012. 244 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Peter Derleder betreute, im Wintersemester 2011/2012 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen angenommene Dissertation der (am!) 1981 in Lahti geborenen, an den beiden Berliner Universitäten und der Hamline University in Minnesota ausgebildeten, seit 2009 als Rechtsanwältin in Berlin tätigen Verfasserin. Sie betrifft ein praktisch bedeutsames Problem der jüngeren Rechtsenwicklung. Im Mittelpunkt steht dabei die Entwicklung zwischen dem Inkrafttreten des ersten Eherechtsreformgesetzes vom Jahre 1977 (14. Juni 1976) und dessen Aufgabe durch das Unterhaltsänderungsgesetz des Jahres 2007.

 

Ausgangspunkt ist die bisher unstreitige Verpflichtung der Eltern eines Kindes dieses zuz unterhalten. Streitig ist lediglich, wie diese Last unter ihnen so verteilt wird, dass das Ergebnis des Einzelfalls allgemein akzeptiert werden kann. Einerseits darf der Unterhaltsverpflichtete nicht übermäßig belastet werden, andererseits darf der Unterhaltsberechtigte nicht übermäßig begünstigt werden.

 

Die Verfasserin gliedert ihre Untersuchung nach einer kurzen Einleitung in sieben Kapitel. Sie betreffen Wandel und Kontinuität der Ehe, Familie und Kindheit aus soziologischer Sicht im Familienrecht, die Entwicklung des Zusammenlebens in Ehe, Familie und nichtehelicher Partnerschaft, das gesetzliche Konzept des Unterhaltsrechts seit 1976, die Entwicklung des Altersphasenmodells in Lehre und höchstrichterlicher Rechtsprechung, die rechtliche Entwicklung des Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelichen Kindes gegen den Kindesvater seit Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die Fortschreibung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebots infolge der Unterhaltsrechtsreform vom 1. Januar 2008 und die Bildung von Fallgruppen für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach den §§ 1570, 1651l II 4 BGB. Am Ende fasst die Autorin ihre vielfältigen Erkenntnisse in 29 Abschnitten zusammen, an deren Ende sie folgerichtig für die Berücksichtigung des Kindeswohls auf der einen Seite und die aktuelle berufliche Wiedereingliederung des betreuenden Elters mit Hilfe öffentlicher Kinderbetreuungseinrichtungen zum Wohle von Familie und (individualistisch-ökonomistischer) Gesellschaft plädiert (Kinder der Gesellschaft zu Liebe schon, aber als individuelle Last so kurz wie irgend möglich).

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler