Saviano, Roberto, Der Kampf geht weiter. Widerstand gegen die Mafia und Korruption. Hanser, München 2012. 176 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In der Zeit der ursprünglichen Freiheit musste jeder selbst versuchen, Nutzen für sich zu finden und Schaden von sich abzuwenden. Nach dem Abschluss des idealtypischen Gesellschaftsvertrags übernahm der neu geschaffene Staat zumindest einen Teil dieser Aufgaben für seine Angehörigen und schränkte zugleich deren Freiheit und damit die Selbsthilfe mehr und mehr ein. Freilich sind die damit verbundenen, dem Bürger nützlichen Aufgaben bis zur Gegenwart keineswegs an allen Stellen verwirklicht, während die damit verbundenen Belastungen sich zunehmend ihren möglichen Grenzen nähern.
Mit der sich dem Staat heimlich widersetzenden Mafia Italiens und der auch mit ihr intensiv verbundenen Korruption setzt sich der in Neapel 1979 als Sohn eines katholischen, nach der Versorgung eines Opfers der Camorra gegen deren Willen angegriffenen Arztes und einer jüdischen Lehrerin aus der von der italienweit bedeutsamen Bauunternehmerfamilie Casalesi geprägten kleinen Stadt Casal di Principe im vorliegenden schmalen Buch auseinander. Bereits im Jahr 2006 hatte er nach einem Studium der Philosophie und verdeckter Aufklärungsrecherche als Hafenarbeiter ein zwischen Dokumentation und Roman pendelndes Werk über ein von der Camorra geprägtes Gomorrha veröffentlicht. Obwohl er danach unter Polizeischutz an sehr oft wechselnden Aufenthaltsorten geheim leben musste, moderierte er im November des Jahres 2010 in Rai 3 die vierteilige Sendung Vieni con me.
Das daraufhin in Mailand bei Feltrinelli erschienene gleichnamige Werk bietet der vorliegende schmale Band in einer Übersetzung Friederike Hausmanns und Rita Seußs (sowie Verena von Koskulls). Nach einem ausführlichen Vorwort für die deutsche Ausgabe berichten neun buchstäblich in einer Autowaschanlage im ersten Stock einer Reparaturwerkstatt in Mailand entstandene Kapitel eindringlich beispielsweise über Verleumdung als Methode, die Ndrangheta im Norden, den Giftmüllberg, das Erdbeben in L’Aquila oder die verkaufte Demokratie. Möge es dem durch seine spannenden Darstellungen zu landesweitem Ruhm gelangten mutigen Verfasser in dem weiter gehenden Kampf gelingen, auch einen Teil seiner gegen die Mafia und die mit ihr verbundene Korruption gerichteten Ziele zu verwirklichen, ehe sie Italien noch mehr in den Griff bekommen, als dies bereits jetzt der Fall zu sein scheint.
Innsbruck Gerhard Köbler