Peltzer, Jörg, Der Rang der Pfalzgrafen bei Rhein. Die Gestaltung der politisch-sozialen Ordnung des Reichs im 13. und 14. Jahrhundert (= RANK. Politisch-soziale Ordnungen im mittelalterlichen Europa 2). Thorbecke, Ostfildern 2013. 504 S.

 

In einem berühmten Zitat schrieb der Franziskaner Johannes von Winterthur, tria genera liberorum principum, drei Rangarten fürstlicher Nachkommen stammten von Ludwig IV. (dem Bayern) ab: die er als Herzog, als König und zuletzt als Kaiser gezeugt habe. Die Rangvorstellung des Spätmittelalters am Beispiel der Pfalzgrafen bei Rhein untersucht die Heidelberger Habilitationsschrift in methodischer Synergie von reichs- und landesgeschichtlichem Zugriff. Jörg Peltzer arbeitet hierbei Prozesse und Entwicklungen zwischen 1200 und 1400 heraus, die er um die Zentralbegriffe Differenzierung und Kollegialisierung gruppiert. Er erkennt Ausdifferenzierungsprozesse des spätmittelalterlichen Hochadels als einer Ranggesellschaft unter den Parametern dignitas und potestas. Schon deutlich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts etablierte sich eine korporativ in Reichsverantwortlichkeit handelnde kurfürstliche Elite, die mit dem König das Reich repräsentierte, die sich allerdings im Untersuchungszeitraum noch nicht von den anderen Reichsfürsten abschichtete.

 

In Verbindung von systematischem und chronologischem Zugriff untersucht Peltzer nach einer historischen Hinführung die pfalzgräflichen Würden und Ämter (Reichsfürst, Kurfürst, Richter über den König, Reichsvikariat vacante imperio und rege absente), die Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung der Pfalzgrafen (Bezeichnungen, Siegel – man hätte auch die Münzprägungen untersuchen können –, Konnubium) sowie zuletzt die kommunikative Rangmanifestation besonders auf den Reichsversammlungen (Entourage, Kleider, Session, Anredeformen). In der durch die Goldene Bulle „reichsgrundrechtlich“ verankerten Verknüpfung von Primogenitur, Kurrecht und Herrschaft wird ein Konstituens für die Entwicklung und Folgegeschichte des rheinischen Palatinats gesehen. Gerade die Königswahl interpretiert Peltzer als „gesellschaftliche Klammer des Hochadels“ (178) im spätmittelalterlichen Reich, da wiederholt Grafen gewählt bzw. als Kandidaten in Betracht gezogen wurden.

 

Während die anderen Kurfürsten in Bezug auf das Reichsvikariat den delegierten Amtscharakter zu erhalten versuchten, erwuchs dem rheinischen Pfalzgrafen dadurch in landesherrschaftlicher Perspektive wie innerhalb des spätmittelalterlichen Verfassungsgefüges eine gewaltige Autoritätsmehrung wie Einflusssteigerung, nicht zuletzt im verfassungspolitischen Keimgrund des Interregnums. Königgleiche Befugnisse legten sich in Zeiten der Auseinandersetzung zwischen Ludwig dem Bayern und Johannes XXII. um das Vikariat. Unter Ruprecht II. wurde gegen Ende des 14. Jahrhunderts diese pfalzgräfliche Würde im Zusammenspiel mit dem Kurrecht auf den Siegeln mehrfachcodiert zum Ausdruck gebracht. Während Peltzer hier wie auch in anderen Bereichen deutliche Manifestationen zu einem ausdifferenzierten Ranggefüge eindrucksvoll nachweisen kann, zeigt sich beim Konnubium eine Unterscheidung zwischen Kurfürsten und sonstigen Reichsfürsten nicht. Die pfalzgräflichen Eheschließungen, so eines der zahlreichen Ergebnisse dieses neuen Zentralwerks zur spätmittelalterlichen Verfassungsgeschichte, waren zwar stets auf hohem, doch meist auf das Reich bezogenem Niveau.

 

Seehausen am Staffelsee                                                                     Christof Paulus