Pahl, Magnus, Fremde Heere Ost. Hitlers militärische Feindaufklärung. Ch. Links Verlag, Berlin 2012. 464 S.

 

Wer einen Krieg, wo immer dies noch erlaubt war oder ist, beginnen wollte oder will, tat oder tut gut daran, seine Kräfte hierfür möglichst zu stärken. Ebenso wichtig ist es aber auch, die Kräfte des Gegners zu kennen und sachgemäß zu beurteilen. Da der Gegner aus einsichtigen Gründen die zugehörigen Tatsachen nach Möglichkeit verbirgt, ist dementsprechend Aufklärung über die militärische Stärke eines möglichen Feindes geboten, ehe ein Krieg mit ungewissen Aussichten zumal gegen einen starken oder gar übermächtigen Feind eröffnet wird, wie dies Adolf Hitler am 22. Juni 1941 gegen seinen vorherigen Paktpartner Josef Stalin tat.

 

Die vorliegende Arbeit ist die von Nikolaus Katzer betreute, an der Universität der Bundeswehr Hamburg im Jahre 2011 angenommene Dissertation des als Oberstleutnant und Sachgebietsleiter am militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden tätigen Verfassers. Sie schließt unter umfassender Auswertung bisher noch nicht erschöpfend verwendeter Quellen eine bestehende Forschungslücke. Sie betrifft die Generalstabsabteilung fremde Heere Ost, als deren Grundlage bereits anfangs des ersten Weltkriegs bei dem großen Generalstab eine Abteilung Fremde Heere geschaffen worden war.

 

Der Verfasser geht überzeugend von einer zunächst kleinen und nur zur Analyse militärischer Nachrichten bestimmten Einrichtung des Generalstabs des Deutschen Reiches unter Oberst im Generalstab Eberhard Kinzel aus, die bei Gelegenheit der sowjetischen Gegenoffensive vor Moskau am Anfang Dezember 1941 allerdings weitgehend versagte. Unter dem Nachfolger Reinhard Gehlen entstand daraus ab dem Anfang des Jahres 1942 eine Einrichtung zur operativ-taktischen Aufklärung, die auf Grund ihres geschickten Vorgehens im Ergebnis trotz der Entlassung Gehlens im Februar 1945 zur späteren Übernahme der Organisation durch die Vereinigten Staaten von Amerika führte. Insgesamt gelingen dem Verfasser dabei vielfältige neue Einsichten über die Gewinnung von Erkenntnissen (z. B. durch Gefangenenbefragungen, Spähtruppunternehmen oder Funkaufklärung) und Verwertung von Informationen, doch wird russische Literatur wenig verwendet und ist die Untersuchung auch nicht frei von einzelnen Schwächen.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler