Niedhart, Gottfried, Die Außenpolitik der Weimarer Republik (= Enzyklopädie deutscher Geschichte 53), 3. aktualis. und um einen Nachtrag erw. Aufl. Oldenbourg, München 2013, X, 164 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Außenpolitik in einem einfachen materiellen Sinn gibt es von der Begegnung der Menschen untereinander an, Außenpolitik von Staaten seit der Entstehung der Staaten. Gleichwohl scheint in den beiden wichtigsten deutschen Sprachgeschichtswörterbüchern, die den historischen Wortschatz des Deutschen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts verfolgen, die formale Bezeichnung noch zu fehlen. Dennoch ist inhaltlich seit Beginn des zweiten Deutschen Reiches im Jahre 1871 die von Otto von Bismarck und nach seiner Entlassung vor allem vom Kaiser selbst bestimmte Außenpolitik ein grundlegendes Element der Politik, der es vor allem darum geht, dem spät entstandenen deutschen Nationalstaat das angemessene Gewicht in Europa und in der Welt gegenüber den Wettbewerbern England, Frankreich, Russland und Österreich zu verschaffen, was freilich mit der Folge des ersten Weltkriegs misslang.

 

Die anschließende, für den Kriegsverlierer naheliegenderweise eingeschränkte Außenpolitik der Weimarer Republik ist das wichtige Anliegen des Verfassers, der 1969 in Mannheim auf Grund einer Dissertation über Großbritannien und die Sowjetunion (1934-1939) unter Konzentration auf die britische Politik der Friedenssicherung zwischen den beiden Weltkriegen promoviert worden war. Da er zudem 1980 unter dem Titel die ungeliebte Republik zusammen mit Wolfgang Michalka eine mehrfach aufgelegte Dokumentation zur Innenpolitik und Außenpolitik Weimars zwischen 1918 und 1933 und danach weitere Werke über die englische Geschichte, über den Westen und die Sowjetunion oder über internationale Beziehungen vorgelegt hatte, war er bereits 1999 für das vorliegende Werk  bestens ausgewiesen. Die zweite Auflage des Jahres 2006 und die jetzige dritte Auflage bestätigen, dass der inzwischen emeritierte Professor für neuere Geschichte am historischen Institut der Universität Mannheim die ihm gestellte Aufgabe vorzüglich bewältigt hat.

 

Den Regeln des Gesamtwerks entsprechend bietet der Band zunächst einen enzyklopädischen Überblick über die Nachkriegspolitik im System des Versailler Vertrags von 1919 bis zur Ruhr-Krise 1923, den dortigen Wandel und die Rückkehr des Deutschen Reiches in die internationale Politik sowie die das Versailler System auflösende Verstärkung der Revisionspolitik und der Renationalisierung der Außenpolitik zwischen 1930 und 1932. Dem folgen Grundprobleme und Forschungstendenzen mit besonderer Berücksichtigung der Tendenzen seit 1999, Quellen und Literatur. Damit ist das durch ein Foto der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund vom 10. September 1926 (Stresemann, Chamberlain, Briand und Staatssekretär von Schubert) auf der Außenseite veranschaulichte Thema im Rahmen des in der Reihe Möglichen auf einen neuen Stand gebracht.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler