Niedersächsisches Klosterbuch - Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, hg. v. Dolle, Josef unter Mitarbeit von Knochenhauer, Dennis (= Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56). Teil 1 Abbingwehr bis Gandersheim, Teil 2 Gartow bis Mariental, Teil 3 Marienthal bis Zeven, Teil 4 Literatur und Register. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2012. LXVII, 460, 461-1031, 1033-1600, 1601-2211 S. Besprochen von Hiram Kümper.

 

Als das jüngste und bislang umfangreichste der gerade in den letzten Jahrzehnten wieder verstärkt vorangetriebenen deutschen Klosterbücher liegt nun das Verzeichnis für die heutigen Bundesländer Niedersachsen und Bremen vor. Das voluminöse Werk besteht aus drei Bänden, die durch einen vierten mit kumulativer Bibliographie, einem Verzeichnis der über 130 Beiträgerinnen und Beiträger sowie einem ausführlichen Register ergänzt werden. Insgesamt sind 365 Kapitel, Stifte, Klöster, Konvente und andere geistliche Gemeinschaften, einschließlich religiöser Laienkommunitäten, von den Anfängen der Christianisierung bis auf das Jahr 1810 aufgenommen worden, darunter auch Randfälle von geplanten, aber nicht realisierten oder von nur sehr kurzlebigen Institutionen. Damit geht die Erfassung der norddeutschen Klosterlandschaften zügig voran. Das komplementäre Klosterbuch für Hamburg und Schleswig und Holstein ist zwar noch im Entstehen begriffen, das Erscheinen des Mecklenburgischen war aber sogar noch für 2012 angekündigt und sollte also bald geschehen.

 

Für das vorliegende Klosterbuch konnte auf Vorarbeiten Hermann Hoogewegs (Verzeichnis der Stifter und Klöster Niedersachsens vor der Reformation, 1908) und Gerhard Streichs (Klöster, Stifte und Kommenden in Niedersachsen vor der Reformation, 1986) zurückgegriffen werden, gerade für die nachreformatorische Zeit fehlte es aber an umfassende­ren Vorarbeiten. Umso erstaunlicher ist die vergleichsweise zügige Bearbeitungszeit. Konzeptionell stand ausweislich des kurzen Vorwortes das in den Jahren 1992 bis 2003 erschienene Westfälische Klosterbuch Pate. Das schlägt sich vor allem in der Grobgliederung der einzelnen Artikel nieder. Im Gegensatz zum reich ausgestatteten Brandenburgischen Schwesterprojekt beschränkt sich das niedersächsisch-bremische Klosterbuch auf vergleichs­weise wenige und durch­weg schwarz-weiß gehaltene Abbildungen – alles andere hätten angesichts des Umfangs den Preis aber vermutlich auch deutlich in die Höhe getrieben.

 

Das einheitliche Bearbeitungsschema sieht sechs große Rubriken mit jeweils einer Anzahl von Unterpunkten vor: Auf einige Kurzinformationen für die raschen Orientierung (1) folgt zunächst eine mal ausführlichere, mal knappere Geschichte der jeweiligen Institutionen samt einer Einschätzung ihrer Bedeutung (2); daraufhin werden gedruckte und ungedruckte Quellen angegeben (3). Es folgt eine Zusammenstellung der Bau- und Kunstdenkmäler (4) sowie Listen der Institutsvorstände (5) sowie schließlich ein Literaturverzeichnis (6). Letzteres besteht lediglich aus Kurzzitationen, deren Auflösungen im vierten Band kummuliert worden sind. Bedauerlich ist der Umstand, dass Informationen in den ersten fünf Rubriken häufig nicht belegt werden. So muss man sich in den allermeisten Fällen auf die Darstellung verlassen und kann selbst weder nachprüfen noch tiefer bohren. Wenn man sich etwa für die Klosterhöfe niedersächsischer Benediktinerklöster interessiert, wird man entsprechende Hinweise in den jeweiligen Artikeln unter der Rubrik 2.5.1 („Wirtschaftshöfe, Grangien“) zwar durchaus finden. Worauf diese Information aber fußt, bleibt offen und so dem Suchenden nur der erneute Weg in die kummuliert angegebene Literatur und Quellen. Nur einige wenige Artikel scheinen das anders zu handhaben und binden regelmäßig auch Nachweise in den darstellenden Text mit ein.

 

Für ein Nachschlagewerke wie das vorliegende von ganz entscheidender Bedeutung sind naturgemäß auch die Register. Diese sind auf den ersten Blick angenehm ausführlich und verbergen weit mehr Informationen als die schlichte Betitelung als „Index der Personen- und Ortsnamen“ vermuten ließe, sind doch tatsächlich auch Sachlemmata – allerdings jeweils mit Hinordnung auf einzelne Orte – mit aufgenommen worden. Querlaufende Stichworte, die eine vergleichende Sicht auf die niedersächsische Klosterlandschaft erlaubt hätten, vermisst man dagegen einigermaßen schmerzlich. Die Ordenszugehörigkeiten lassen sich noch einigermaßen über die beigefügte Faltkarte und eine entsprechende Zusammenstellung im ersten Teilband erfassen. Andere Charakteristika, die unter vergleichenden Aspekten interessant hätten werden könnten, beispielsweise Patrozinien oder Reliquien, lassen sich dagegen nur aus den Artikeln selbst ziehen. Auch die im ersten Band beigegebene Auflistung der Hauptpatrozinien kann das nur bedingt ersetzen.

 

Gefreut hätte sich sicher mancher Leser auch über ein etwas ausführlicheres historisches Vorwort, das wenigstens eine grobe Orientierung über die Kirchen- und Religionsgeschichte des behandelten Raumes vermittelt hätte. So bleibt man auf das Material geworfen, das die ersten drei dicken Bände zur Verfügung stellen – aber davon ist dank dieses Grundlagenwerkes nun auch erst einmal genug vorhanden.

 

Bielefeld                                                                     Hiram Kümper