Loebert, Sönke/Meiburg, Okko/Riis, Thomas, Die Entstehung der Verfassungen der dänischen Monarchie (1848-1849) (= Kieler Werkstücke, Reihe A Beiträge zur Schleswig-holsteinischen und skandinavischen Geschichte, Band 32). Lang, Frankfurt am Main 2012. 313 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Unter dem 15. 9. 1848 wurde das Staatsgrundgesetz für die Herzogtümer Schleswig und Holstein, am 5. 6. 1849 das dänische Grundlov (Staatsgrundgesetz) erlassen. Nachfolger des am 20. 1. 1848 verstorbenen Königs Christian VIII. war Friedrich VII., der die dänische Verfassungssache weiterführte und die Einberufung einer Versammlung aus den Herzogtümern und aus Dänemark zur Erörterung der Verfassungsfrage beabsichtigte. Wohl in diesem Zusammenhang hatte der Staatsminister Karl von Moltke (1798-1866) den „Entwurf einer Verfassungs-Urkunde für das Königreich Dänemark und die Herzogthümer Schleswig und Holstein“ ausgearbeitet oder ausarbeiten lassen, der jedoch nach der schleswig-holsteinischen Erhebung nicht weiter verfolgt wurde. Der Entwurf, von dem noch keine Reinschrift vorlag, hat Riis im Kopenhagener Reichsarchiv 2004 aufgefunden und zusammen mit Horst Dippel 2008 in: „Constitutional documents of Denmark, Norway and Sweden 1809-1849“, München 2003, S. 33ff., herausgegeben. Mit dem vorliegenden Buch wird der in deutscher Sprache abgefasste Entwurf von Anfang 1848 von Loebert mit einem kritischen Apparat wiedergegeben. Zusätzlich bringt der Band das Staatsgrundgesetz für die Herzogtümer vom 15. 8. 1848, das Grundgesetz für das Herzogtum Lauenburg vom 14. 5. 1849 und das dänische Staatsgrundgesetz von 1849 (in dänischer und deutscher Fassung).

 

Der Quellenteil wird eingeleitet durch Abhandlungen von Riis: „Vom Absolutismus zur konstitutionellen Monarchie in Dänemark und in den Herzogtümern: März 1848 bis Juni 1848“ (S. 11-32) und von Okko Meiburg (S. 29-100) über die Verfassungsfrage der dänischen Monarchie in den 1840er Jahren. Riis bringt eine knappe Kennzeichnung der vier Quellentexte, während Meiburg ausführlich auf den historischen Kontext eingeht (S. 29ff.), bevor die Quellen unter folgenden Gesichtspunkten synoptisch analysiert werden: Parlament, Staatsoberhaupt/Regierung, Bürgerrechte, Wahlrecht, Budget/Finanzen, Gesetzgebung, Militär/Beziehung zu anderen Staaten sowie Minister/Ministerien. Grundlage dieser Analyse ist eine synoptische Zusammenstellung der einschlägigen Bestimmungen im Entwurf, im Staatsgrundgesetz und im Grundlov (S. 101-206). Dem Entwurf von 1848 liegt ein Bundesstaat mit dem Königreich und den Herzogtümern als gleichberechtigten Partnern zugrunde. Hiernach sollten die Herzogtümer „weitgehende Autonomie“ genießen (S. 95). Im Übrigen beruht der Entwurf, der von einem Ständereichstag und nicht von einem eigentlichen Parlament ausgeht, teilweise noch auf dem Verfassungsgedanken des „ausgehenden Absolutismus“ (S. 14). Für alle drei genannten Verfassungen waren die Grundsätze einer konstitutionellen Monarchie (insbesondere Ernennung der Minister durch den Monarchen/Herzog) kennzeichnend, wobei den Parlamenten in den Verfassungen von 1848 und 1849 umfangreichere Rechte eingeräumt waren als nach dem Verfassungsentwurf. Das Staatsgrundgesetz wurde von Friedrich Engels als die fortschrittlichste Verfassung deutscher Sprache in der damaligen Zeit bezeichnet (Riis, S. 19). Loebert kommt abschließend zu dem Ergebnis, dass die drei Texte „einen gewissen Verwandtschaftsgrad zueinander aufweisen“ (S. 97). Viele der Bestimmungen der Verfassungen von 1848 und 1849 seien „sehr ähnlich konzipiert“. Während der Entwurf in mehreren Bereichen deutlich von den beiden anderen Quellen abweiche, machten die Bestimmungen hinsichtlich der Grundrechte (radikales Zensurverbot), des Status der Minister sowie der Kompetenzen des Staatsoberhauptes in der Kriegs- und Außenpolitik deutlich, dass der Verfassungsentwurf „den Vätern sowohl des Staatsgrundgesetzes als auch des Grundlovs als Vorlage“ gedient habe (S. 98; vgl. auch Riis, S. 13). Nicht untersucht wurde die Entstehungsgeschichte der Verfassungen von 1848 und 1849 anhand der Verfassungsgebenden Versammlungen und hinsichtlich der verwendeten Quellen. Gerne hätte man noch detailliertere Angaben über das Umfeld, in dem der Entwurf von Anfang 1848 in Kopenhagen entstanden ist, und über Karl von Moltke sowie über dessen Stellung im dänischen Gesamtministerium gelesen. Insgesamt liegt mit dem Werk von Loebert/Meiburg/Riis eine detaillierte Untersuchung vor, die wichtige Aspekte der dänischen und schleswig-holsteinischen Verfassungsgeschichte des 19. Jahrhunderts erschließt.

 

Kiel

Werner Schubert