Höbelt, Lothar, Böhmen. Eine Geschichte. Karolinger Verlag. Wien 2012. 216 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Böhmen ist das nach den keltischen Boiern benannte Gebiet (latinisiert Boiohaemum) östlich des Bayerischen Waldes, in das seit dem 6. Jahrhundert Slawen eindringen, die seit 800 christianisiert werden. Der von Eike von Repgow (1221-1224) zu den Kurfürsten des deutschen Reiches gezählte, aber als nichtdeutsch doch nicht zut Königswahl zugelassene König von Böhmen wird nach dem Aussterben der Babenberger auf Grund der Heirat der 30 Jahre älteren Erbtochter 1251 mit Zustimmung der Stände Herzog von Österreich, verliert aber Leben und Land 1278 in der Schlacht von Dürnkrut auf dem Marchfeld. 1526 ernennt der Adel Böhmens Ferdinand I. von Österreich auf Grund von Erbansprüchen zum König und erst 1918 löst sich am Ende des ersten Weltkriegs das Kronland Böhmen, wie seit 1848 gefordert, in der Tschechoslowakei von dem Verlierer Österreich.
Der in Wien 1956 geborene Verfasser studierte ab 1974 in seiner Geburtsstandt Geschichte, Wirtschaftsgeschichte und Anglistik und wurde 1981 mit seinen von Heinrich Lutz betreuten Studien zu den Voraussetzungen der britischen Appeasementpolitik 1937-1939 sub auspiciis praesidentis promoviert. Nach dem Tode Heinrich Lutzs (1986) habilitierte er sich als Assistent Wolfdieter Bihls 1991 mit der die deutschfreiheitlichen Parteien Altösterreichs zwischen 1882 und 1918 behandelnden Schrift Kornblume und Kaiseradler für neuere und neueste Geschichte. Seitdem wirkt er als außerordentlicher Professor - mit älteren Bezügen zur Freiheitlichen Partei Österreichs - an der Universität Wien.
In seiner kurzen umfassenden Geschichte Böhmens verbindet er die Erkenntnisse der deutschsprachigen Forschung mit den Ergebnissen der tschechischen Geschichtswissenschaft. Die Darlegung erfolgt knapp, klar und selbständig. Den Grund für die bedingungslose ethnische Säuberung am Ende des zweiten Weltkriegs sieht der Verfasser ansprechend in der demütigenden Radikalität der deutschen Politk der vorangegangenen Jahre, doch reichen die üppig wuchernden Keime nationaler Gegensätze deutlich weiter zurück.
Innsbruck Gerhard Köbler