Grenzen des katholischen Milieus. Stabilität und Gefährdung katholischen Milieus in der Endphase der Weimarer Republik und in der NS-Zeit, hg. v. Kuropka, Joachim. Aschendorff, Münster 2013. 552 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Wer immer eine makellose Geschichte des deutschen Volkes und Staates wünschte, wird einräumen müssen, dass die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft unter dem Reichskanzler Adolf Hitler zwischen 1933 und 1945 zu Unrecht in vorher kaum vorstellbarem Ausmaß führte. Er wird aber auch zu Recht die Frage stellen, wie es dazu kommen konnte, dass sich eine ausreichende Mehrheit von Wählern diesen Politiker an der Spitze des Deutschen Reiches wünschte. Die zur Beantwortung bereits geschaffenen Werke ergänzt der vorliegende Sammelband um gewichtige Details.

 

Dabei geht der Herausgeber in seiner Einführung davon aus, dass dann, wenn es im Deutschen Reich 1933 nur Katholiken (statt nur eines Drittels Katholiken) gegeben hätte, es nie zu einer nationalsozialistischen Machtübernahme gekommen wäre. In diesem Rahmen beschreiben die 15 Verfasser des Sammelbands die am Ende des Jahres 1932 und am Beginn des Jahres 1933 bestehenden katholischen Regionalmilieus. Unterschieden werden dabei als Typen katholischer Vergesellschaftung Agrar-Industriellen Mischmilieus, Traditionale Lokal-/Regionalmilieus und vormoderne agrarisch-katholische Milieus, die jedoch alle der Zersetzung durch nationalsozialistische Politik im Grunde Stand halten konnten.

 

Nach einem allgemeineren Überblick werden Regionalbeiträge geboten über Südbaden, Südwürttemberg, Bayerisch-Schwaben, wo verbreitet liberale Gedanken erheblichen Zulauf gefunden hatten, das Eichsfeld, Rheinland und Westfalen, Unterfranken, das Oldenburger Münsterland, das Emsland, die Westpfalz, Passau, Glatz, Ermland und Oberschlesien. Insgesamt kann demnach trotz des Fehlens einer diesbezüglichen Zusammenfassung nicht unerwartet Religion in Deutschland insgesamt bis zur Gegenwart als eine bedeutende bis bestimmende Gegebenheit für Wahlentscheidungen angesehen werden, die den Ausschlag für konservative oder radikal-revolutionäre Politik mit allen ab 1933 verhängnisvollen Folgen geben konnte und auch noch heute wenn auch in abgewandelter Art geben kann.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler