Gerechtigkeit im gesellschaftlichen Diskurs des späteren
Mittelalters, hg. v. Schulte, Petra/Annas, Gabriele/Rothmann, Michael.
Duncker & Humblot, Berlin 2012. 293 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gerechtigkeit ist ein erstrebenswertes Ideal im
menschlichen Leben, das bereits im Altertum als solches erkannt und erörtert
wurde. Trotz aller Bemühungen hat sie sich in der Wirklichkeit nicht in
jeglicher Hinsicht sichern lassen, weil die Vorstellungen der Beteiligten im
Einzelfall meist zu unterschiedlich ist. Was dem Einen größtmögliches Recht
sein kann, kann der Andere als größtmögliches Unrecht einordnen.
Die Herausgeber fassen in ihrem kurzen Vorwort die damit
verbundenen vielfältigen Fragen in das kurze lateinische suum cuique, mit dem
eine Kölner Brauerei ihr Bier seinerzeit mit dem Bild des
Albertus-Magnus-Denkmals vor dem Hauptgebäude der Universität pries. Besser
hätten sie nach ihrer eigenen Ansicht auch für ihren Workshop nicht werben
können, der am 31. März und am 1. April 2005 im alten Senatssaal stattfand.
Seine insgesamt elf dem Lehrer Eberhard Isenmann (Ulm 1944) gewidmeten Referate
stellt der schlichte Sammelband nunmehr der Allgemeinheit nach einigen Jahren zur
Verfügung.
Nach einer kurzen Einleitung der Herausgeber behandelt
dabei etwa Petra Schulte die Leitidee gerechter Herrschaft bei Karl dem Kühnen,
Ulrich Meier die linke und die rechte Waagschale der Justiz an Hand der
Rezeption der aristotelischen Lehre der Teilgerechtigkeiten bei Albertus Magnus
und Ambrogio Lorenzetti oder Krijn Pausters die Gerechtigkeit als
Strukturelement katechetischer Texte des 15. Jahrhunderts. Andere Untersuchungen
erörtern die Gnadenjustiz, die italienischen Kommunen, die Pastoralliteratur,
das Gleichheitsdenken, Schriften der Reichsreform, die Praxis des kaiserlichen
Kammergerichts im Spiegel Nürnberger Gesandtschaftsberichte des 15.
Jahrhunderts oder Rechtsprechung und Körpermetapher im
Trajan/Herkinbald-Teppich des Berner historischen Museums. Auf diese Art ist
ein bunter Strauß anregender Erkenntnisse verschiedener Mediävisten zu einem
rechtlichen Kernbegriff entstanden, auch wenn er leider nicht durch ein
Sachregister aufgeschlossen ist.
Innsbruck Gerhard Köbler