Ausnahmezustand. Carl Schmitts Lehre von der
kommissarischen Diktatur, hg. v. Voigt, Rüdiger (= Staatsverständnisse
57). Nomos, Baden-Baden 2013. 265 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie der Mensch kann auch eine von ihm geschaffene Gegebenheit einen durchschnittlichen oder einen außergewöhnlichen Zustand. In diesem Sinne wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Ausnahmezustand des Staates in das wissenschaftliche Bewusstsein gehoben, obwohl es ihn inhaltlich bereits vielfach tatsächlich gegeben hat. Für die außergewöhnliche Notlage des Staates konnte dabei nur die Einsicht gelten, dass die allgemein geltenden Regeln je nach aktuellem Bedarf eine Abwandlung erfahren können oder auch müssen.
Nach Carl Schmitt ist der Ausnahmezustand das letzte Mittel eines Staates, um seine Rechtsordnung, seine Sicherheit und letztlich seinen Bestand gegen massive Angriffe zu verteidigen. Mit diesem Gegenstand ist seit seiner Tätigkeit als Kriegsfreiwilliger in der Abteilung P 6 im Generalkommando in München im Jahre 1915 befasst. Die dabei von ihm während seiner späteren schillernden Tätigkeit als Staatsrechtslehrer vorgetragenen Einsichten stehen im Mittelpunkt des eine zeitlose Problematik aufgreifenden Sammelwerks.
Seine ingesamt dreizehn Beiträge gliedern sich nach einer einführenden Frage des Herausgebers, ob durch den Ausnahmezustand die Statue der Freiheit nur kurz verhüllt oder dauernd zerstört werde, in insgesamt drei Abschnitte. Sie betreffen die ideengeschichtliche Verortung (Carl Schmitts) bei Machiavelli, Bodin und Hobbes, Carl Schmitt in Lehre, verfassungsgeschichtlicher Perspektive (in Preußen)bei Ernst-Wolfgang Böckenförde sowie im Leben als Repräsentation und die globalen und regionalen Ausnahmezustände allgemein, am Rande der 5. französischen Republik, im Drogenkrieg in Mexiko sowie schließlich im internationalen Recht. Rechtmäßiges Ziel kann es dabei nach allgemeiner Ansicht nur sein, die Ausnahme Ausnahme und die Regel Regel bleiben zu lassen, auch wenn der Egoismus Einzelner und ihrer Anhänger den Ausnahmezustand nur allzu gerne zur Durchsetzung der eigenen Interessen missbraucht.
Innsbruck Gerhard Köbler