Weyershaus, Hans-Adolf,
Wirtschaftsprüfung in Deutschland und erster europäischer Zusammenschluss
(1931-1961). Steiner, Stuttgart 2012. 398 S. Besprochen von Werner Schubert.
Thema der Untersuchungen von Weyershaus sind die Geschichte der Wirtschaftsprüfung in der Zeit zwischen 1931 und 1961 und die Zusammenarbeit der deutschen Wirtschaftsprüfer mit kontinentaleuropäischen Berufsorganisationen. Nach einem Überblick über handelsrechtliche und betriebswirtschaftliche Grundsätze (S. 33ff.) geht Weyershaus näher auf die Entstehung der Wirtschaftsprüfung in England (1848, 1854) und in den USA (1882 Zusammenschluss der accountants) ein (S. 49ff.). Während bereits seit 1889 die Genossenschaften einer Pflichtprüfung unterlagen (S. 76), wurde für die Aktiengesellschaften erst durch die Verordnung des Reichspräsidenten vom 19. 9. 1931 über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie die Pflichtprüfung eingeführt, die primär auf den Gläubigerschutz ausgerichtet war (S. 85ff., 351f.). Mit einer weiteren Verordnung vom 15. 12. 1931 wurde die Bezeichnung „Wirtschaftsprüfer“ für die mit der Pflichtrevision des Jahresabschlusses betrauten Bilanzprüfer festgelegt. Die Wirtschaftsprüfer schlossen sich 1932 im „Institut für Wirtschaftsprüfer e. V. (IdW)“ zusammen, das sich 1933 dem BNSDJ (ab 1936 NSRB) anschloss und gleichgeschaltet wurde (S. 97ff.). Die Leitung des Instituts für Wirtschaftsprüfer e. V. übernahm der Reichsgruppenwalter der Reichsgruppe Otto Mönckmeier (S. 108ff.; Mönckmeier verstarb 1976 [vgl. W. Schubert, Akademie für Deutsches Recht 1933-1945. Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, Berlin 1986, S. XXII f.]). Die Aktienrechtsnovelle von 1931 wurde im Übrigen in das Aktiengesetz von 1937 eingearbeitet (S. 140ff.), zu dem 1937 Buchhaltungsrichtlinien und 1938 Leitsätze für die Preisermittlung ergingen (S. 147ff.). Von den bis 1938 aus dem Berufsstand ausgeschiedenen 212 Wirtschaftsprüfern waren 70 Juden, deren Schicksal wohl bisher nicht detailliert untersucht wurde (S. 131ff., 352f.). Ausführlich beschrieben werden die Wirtschaftsprüfertagungen 1934 und 1936 sowie der 5. Weltkongress der Wirtschaftsprüfer 1938 in Berlin (S. 155 ff.).
Nach einem Abschnitt über „Kapitulation und Besatzungsregime“ (S. 171ff.) behandelt Weyershaus die Entwicklung der Wirtschaftsprüfung in der sowjetisch besetzten Zone und der DDR (S. 179ff.) sowie die Überleitungsgesetze und deren Durchführung zwischen 1990 und 1994 (Treuhandanstalt, DM-Bilanzgesetz von 1990; S. 211ff.). Die Prüfung der verstaatlichen volkseigenen Betriebe oblag der staatlichen Finanzverwaltung (staatliche Revisionsanstalt), so dass den freiberuflichen Wirtschaftsprüfern die wirtschaftliche Grundlage entzogen war. Wie Ludwig von Mises bereits 1922 nachgewiesen hatte, war eine Wirtschaftsprüfung in einer „marktlosen, natural gesteuerten sozialistischen Zentralplanwirtschaft“ nicht möglich (S. 193ff., 360). In den Westzonen erfolgte ab 1946 eine Neuorganisation des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer. Ein einheitliches Berufsrecht entstand erst mit der Wirtschaftsprüferordnung von 1961, deren Entstehungsgeschichte Weyershaus anhand der archivalischen und parlamentarischen Quellen nicht mehr nachgegangen ist (vgl. S. 238ff.). Das reorganisierte Institut für Wirtschaftsprüfer (Düsseldorf) erstattete durch seinen Hauptausschuss wichtige Fachgutachten sowie Stellungnahmen (S. 251ff.) und veranstaltete bedeutende nationale Tagungen, deren Tagungsgegenstände Weyershaus näher erläutert (S. 257ff.). Das Gleiche gilt für die internationalen Tagungen der Union Européenne des Experts Comptables Economiques et Financiers (U.F.C.), die allerdings ihre Ziele nur teilweise erreichen konnte (S. 293f.).
Die Rechnungslegung richtete sich weiterhin primär nach den
1937 ergangenen Vorschriften und dem D-Mark-Bilanzgesetz von 1949 (S. 244)
sowie nach dem Gesetz vom 23. 12. 1959 über die Kapitalerhöhung aus
Gesellschaftsmitteln und über die Gewinn- und Verlustrechnung (S. 246), die
auch die Umsatzerlöse ausweisen musste (S. 247f.). Nach dem Aktiengesetz von
1965 war die Rechnungslegung bei großen Kapitalgesellschaften auch auf den
Aktionärsschutz ausgerichtet (S. 322ff.). Die weitere Entwicklung wurde
bestimmt durch die 4., 7. und 8. EG-Richtlinie zur Koordinierung des
Gesellschaftsrechts und deren Umsetzung in deutsches Recht (S. 330ff.). In dem
Abschnitt „Fallbeispiele“ (S. 298ff.) geht Weyershaus
auf das Wirken von vier für die Entwicklung der Wirtschaftsprüfung wichtigen
Personen und Prüfungsgesellschaften ein, u. a. auf den „Vater“ der
Wirtschaftsprüfer Eugen Schmalenbach (1873-1955) und
auf die Tätigkeit der englischen Prüfungsgesellschaft Price Waterhouse &
Co., deren inländischen Tätigkeitsbereich die 1939 gegründete Kontinentale
Treuhandgesellschaft mbH übernahm (S. 308-322). Das Werk wird abgeschlossen mit
einer Zusammenfassung der Untersuchungen (S. 347-360) und drei Anlagen über das
Schicksal der Wirtschaftsprüfung in der DDR (S. 261-374). Aus
rechtshistorischer Sicht wäre es wünschenswert gewesen, wenn Weyershaus noch näher auf die Genese der
Notverordnung von 1931 und der für die Wirtschaftsprüfung relevanten
Bestimmungen des Aktiengesetzentwurfs von 1930 sowie des Aktiengesetzes von
1937 eingegangen wäre. Insgesamt liegt aber mit den Untersuchungen von Weyershaus ein wichtiges Werk über die Geschichte
der Wirtschaftsprüfung vor, die auch für die Rechtsgeschichte des Handels- und
Gesellschaftsrechts von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist.
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Werner Schubert |