Vitoria, Francisco de, De iustitia - Über die Gerechtigkeit, Teil 1, hg., eingeleitet und ins Deutsche übersetzt von Stüben, Joachim. Mit einer Einleitung v. Duve, Thomas (= Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit, Reihe 1 Texte, Band 3). frommann-holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt 2013. CXII, 191 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der vielleicht in Burgos zwischen 1483 und 1493 geborene Francisco de Vitoria wurde nach dem Studium von Philosophie und Theologie in Paris spätscholastischer Theologielehrer in Paris (1512), Valladolid (1523) und Salamanca (1526), wo er unter Verwendung der Summa theologiae des Thomas von Aquin die Schule von Salamanca begründete. Seine im Laufe seines Wirkens gefundenen Erkenntnisse sind im Einzelnen so bedeutsam, dass sie auch noch in der Gegenwart die Aufmerksamkeit von Bewunderern, Übersetzern und Verlegern finden. Auf Grund der im Gefolge der längeren Druckzeit eingetretenen Veränderungen kann der Herausgeber nur in einigen Zeilen wenigstens auf die interessante, vornehm ausgestattete Neuerscheinung hinweisen.

 

Joachim Stüben ist Bibliotheksleiter im Bibliotheks- und Medienzentrum der Nordkirche in Hamburg. 1990 legte er in Hamburg eine Dissertation über das Heidentum im Spiegel von Heilsgeschichte und Gesetz vor, in deren Mittelpunkt die paganitas im Werk des Ambrosiaster steht. Bereits vorher gab er 1985 mit Rainer Hering eine Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der nordelbischen Kirchenbibliothek heraus, später 2006 mit Heinz-Gerhard Justenhoven eine Quellensammlung zur politischen Ethik der spanischen Spätscholastik unter dem Titel: Kann Krieg erlaubt sein? Dem folgte 2009 die Edition und Übersetzung von Vitorias Schrift De lege, so dass er wohl als einer der besten deutschen Sachkenner Vitorias eingeordnet werden kann.

 

Ausgangspunkt des vorliegenden Werkes ist die Kommentierung der ersten fünf Quästionen des die iustitia betreffenden Traktats der Summa theologiae des Thomas von Aquin durch Francisco de Vitoria im Oktober 1535. Auf die Einzelheiten weisen Thomas Duve in seiner einfühlsamen Einleitung und Joachim Stüben in seinen unfangreichen Vorbemerkungen über den Autor, den Text und die Wirkungsgeschichte umfassend hin. Dem folgt die Edition der Commentaria in Secundam Secundae Sancti Thomae (Pars prima LVII-LXI mit seitengleicher deutscher Übertragung), die durch einen umfangreichen Anhang aufgeschlossen wird, so dass jedem an der Gerechtigkeit Interessierten nunmehr eine vorzügliche, ohne Sprachbarriere verfügbare Fassung von De lege und de iure (Teil 1) zur Verfügung steht, die eine baldige, gleichwertige Weiterführung erhoffen lassen.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler