Verdrängte Jahre. Bahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938-1945. Foyer der ÖBB Infrastruktur - neben dem Bahnhof Praterstern bis zum 30. September (2012). Begleitbroschüre 2012. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als der Reichspräsident des Deutschen Reiches am 30. Januar 1933 den Vorsitzenden der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands zum Reichskanzler ernannte, konnte jedermann wissen, dass Hitler vieles anders machen wollte als bisher und zwar nationalsozialistischer. Das erwarteten seine zahlreichen Wähler und darüber hinaus zusätzliche Sympathisanten auch von ihm. Wie angekündigt, verwirklichte er seine radikal nationalsozialistische Politik ohne große Rücksicht auf andere und zum Schaden vieler.
Dabei griff er in alle bestehenden Lebensbereiche entschieden durch zahlreiche detaillierte Maßnahmen ein. Insbesondere bediente er sich zur Verwirklichung seiner totalen politischen Ziele auch aller vorhandenen staatlichen Einrichtungen. Dies hatte etwa zur Folge, dass die österreichischen Staatsbahnen nach dem Anschluss der Republik Österreich an das Deutsche Reich zwischen 1938 und 1945 ein mitlaufendes Rädchen im nationalsozialistischen Getriebe auf dem Wege zum allseitigen Sieg wurden.
Nach vielen Jahren beziehen die 1950 neu gegründeten Österreichischen Bundesbahnen unter Beratung durch Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien zu den damaligen, vielfach rechtswidrigen Vorgängen mittels einer vergänglichen Ausstellung öffentlich Position. Sie nehmen dadurch unter dem Druck der allgemeinen Meinung die bisherige Verdrängung der Mitwirkung der Beteiligten an der nationalsozialistischen Herrschaft als unangemessen wahr. Vielleicht kann der verbleibende Ausstellungskatalog Anstoß für eine vertiefende wissenschaftliche Untersuchung sein.
Innsbruck Gerhard Köbler