Schubert, Werner, Zur Geschichte der Justizverfassung in Schleswig-Holstein im 19. und 20. Jahrhundert. Quellen und Studien (= Rechtshistorische Reihe 434). Lang, Frankfurt am Main 2012. XVIII, 473 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach der klaren Einleitung des Verfassers vereinigt der vorliegende Band sieben von Werner Schubert zwischen 2002 und 2011 hauptsächlich in den Schleswig-Holsteinischen Anzeigen veröffentlichte Aufsätze mit damit zusammenhängenden, bisher leider nicht veröffentlichten Quellen. Alle diese Teile wollen und können auch in ihrer Summe eine umfassende Justizgeschichte Schleswig-Holsteins selbst für die neuere und neueste Zeit naturgemäß nicht ersetzen. Sie können dafür aber einen gewichtigen Beitrag liefern, der eine solide Grundlage für ein wünschenswertes Gesamtwerk bilden kann.
An der Spitze des wertvollen Sammelwerks steht die Justizorganisation der Herzogtümer Schleswig und Holstein bis 1867 und die „Entbesetzung“ (!) der neu installierten Gerichte durch Preußen (1867) auf der Grundlage von Berichten Hermann Krügers von April/Mai 1867 mit mehr als 60 Gerichten. Im Anschluss an diese sachnahe zeitgenössische Übersicht behandelt Werner Schubert die Obergerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein zwischen 1834 und 2009, die Vereinheitlichung und Reform der preußischen Justiz durch die Reichsjustizgesetze von 1877/1879 unter besonderer Berücksichtigung Schleswig-Holsteins, Einzelheiten aus der Geschichte des Oberlandesgerichts Kiel in der Kaiserzeit und in der Weimarer Zeit (Eröffnung, Gebäude, Präsidenten, Geschäftsanfall, Personalpolitik, rechtspolitische Stellungnahmen, Kieler Hafenprozess 1899-1904) sowie Leben und Wirken des Rechtsreformers und Demokraten Rudolf Bovensiepen (1877-1947). Einen hervorragenden Schwerpunkt bildet dann die ausführliche Untersuchung des Oberlandesgerichts Kiel in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft unter den Präsidenten Karl Martin und Johannes Haastert.
Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg beginnt mit der Inspektion der Gerichte in Schleswig-Holstein vom 30. 8. bis zum 9. 11. 1948 durch das German Courts Inspectorate. Daran schließt Werner Schubert die Betrachtung der Aburteilung nationalsozialistischer Verbrechen in Schleswig-Holstein im Spiegel der Revisionsurteile des Obersten Gerichtshofs für die britische Zone zwischen 1948 und 1950 an und erweitert abschließend das Spektrum zeitlich wie sachlich durch eine gehaltvolle Studie über das Notariat in Schleswig-Holstein. Zwei hilfreiche Register schließen den interessanten Inhalt vorteilhaft auf, so dass insgesamt ein gewichtiger regionaler Baustein zu einer noch zu schreibenden deutschen Justizgeschichte zur allgemeinen Verfügung gestellt ist.
Innsbruck Gerhard Köbler