Schröder, Jan, Theorie der Gesetzesinterpretation im frühen 20. Jahrhundert (= Würzburger Vorträge zur Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und Rechtssoziologie 43). Nomos, Baden-Baden 2011. 40 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Jan Schröder hat sich seit Jahrzehnten intensiv und akribisch mit rechtstheoretischen Fragen befasst. Dass er dabei nicht nur persönliche Interessen verfolgt, sondern breiteren Bedürfnissen der rechtswissenschaftlichen Öffentlichkeit gerecht geworden ist, erweist der Erfolg seiner Studien. Seine Geschichte der juristischen Methodenlehre in der Neuzeit (1500-1933) konnte vor kurzem in zweiter, erweiterter Auflage an prominenter Stelle erscheinen, was durchaus als besonderer literarischer Erfolg angesehen werden kann.
Sein in Würzburg am 19. Mai 2011 gehaltener Vortrag über einen modernen Teilbereich der Gesamtproblematik gliedert sich in fünf Abschnitte. Dabei weist der Verfasser in seiner Einleitung überzeugend darauf hin, dass die ein praktisches Ziel verfolgende Interpretation das grundlegende und unabdingbare Mittel ist, den Sinn der Äußerungen eines anderen zu erschließen. Danach greift er sichernd auf den Rechtsbegriff und die Interpretationstheorie in den seiner Untersuchungszeit vorausliegenden Jahrhunderten aus. Auf dieser Grundlage erörtert er den Rechtsbegriff und die Interpretationstheorie im frühen 20. Jahrhundert, für das eindringlich auf den Wandel des Rechtsbegriffs in Richtung auf den Voluntarismus und die sich hieraus ergebenden Folgen für die Lücken hinweist.
Im Anschluss hieran legt er sorgfältig die Varianten des voluntaristischen Rechtsbegriffs dar, die eine Spaltung der Interpretationslehre in objektiv und subjektiv zur Folge hat. Ansprechend verdeutlicht er die Bedeutung der unterschiedlichen Ansichten an zwei Beispielen aus den Bereichen der grammatischen Auslegung (schnell) und teleologischen Auslegung (Geschäftsbetrieb). Am Ende erklärt er die Ausweitung des Lückenbereichs und die Spaltung der Interpretationslehre geschichtlich aus dem Übergang vom Idealismus zum Voluntarismus und der Entwicklung der normativen, soziologischen und idealistischen Spielart des Voluntarismus und rät nachdrücklich von der unkritischen Ansicht ab, Bier sei (anders als birra, bière oder beer) das beste Wort für Bier, weil Bier eben Bier sei.
Innsbruck Gerhard Köbler