Rudnick, Carola S., Die andere Hälfte der Erinnerung. Die DDR in der deutschen Geschichtspolitik nach 1989. Transcript, Bielefeld 2011. 766 S.

 

Die Arbeit ist die von Klaus Wernecke betreute, an der Leuphana Universität Lüneburg entstandene Dissertation der zur Dr. phil. promovierten Verfasserin. Sie geht von dem Eindruck aus, dass es in Fragen der Geschichte der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und ihrer Erinnerung zwischen 1989 und 2009 immer schon Einigkeit und keine Legitimationsprobleme gegeben habe. Dies bezweifelt die Verfasserin und sucht deshalb nach Erinnerungskonstruktionen und historischen Meistererzählungen, die das kulturelle Gedächtnis in Bezug auf die sowjetische Besatzungszone, die Deutsche Demokratische Republik und den Herbst 1989 prägten.

 

Dabei gliedert sie ihre umfangreiche Untersuchung in insgesamt vier Teile. Sie betreffen die Diskurse in der bundespolitischen Aufarbeitung der SBZ/DDR-Vergangenheit in den Zeitabschnitten von 1990-1992, 1992-1998 und 2000-2008, die Umwandlung ehemaliger Haftanstalten in Gedenkstätten (Bautzen, Berlin-Hohenschönhausen), den Streit um das Erbe der Stasi (Runde Ecke, Haus I) und Konflikte um Gedenkstätten zur deutschen Teilung (Berliner Mauer und Marienborn). Am Ende zieht sie aus ihrer Sicht ein zusammenfassendes Resümee.

 

Danach ist die friedliche Revolution von 1989/1990 zunächst von der Führung der Deutschen Demokratischen Republik und danach vom Westen gesteuert. Dem entspricht ein Monopol für Geschichtsdeutung, das in einer pluralistischen Demokratie nicht eindeutig zu sichern ist. Dadurch liefert die seit 2009 als Leiterin des Pädagogischen Zentrums der Gedenkstätte Bergen-Belsen tätige Verfasserin einen materialreichen Beitrag zur Diskussion über eine interessante Frage der jüngsten deutschen Geschichte.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler