Musial, Bogdan, Deutsche Zivilverwaltung und Judenverfolgung
im Generalgouvernement (= Quellen und Studien, Band 10). Harrassowitz,
Wiesbaden 2011, 435 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Wielopole bei Dabrowa Tarnowska in Südpolen auf einem kleinen Bauernhof 1960 geborene Verfasser arbeitete ab 1978 als Bergmann in einer Steinkohlengrube in Kattowitz, ließ sich nach seiner Ausreise nach Deutschland zum Maschinenbaumechaniker umschulen und studierte nach Erwerb des Abiturs auf dem zweiten Bildungsweg Geschichte, Soziologie und Politikwissenschaft in Hannover und Manchester. 1998 legte er seine von Herbert Obenaus betreute Dissertation vor und wurde 1999 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut Warschau. Nach seiner in Warschau 2005 erfolgten Habilitation wurde er 2010 Professor.
Seine 2000 veröffentlichte vorliegende Arbeit betrifft die vor der vorhergehenden Forschung wenig erfasste Frage der deutschen Zivilverwaltung und der Judenverfolgung im Generalgouvernement. In ihrem unveränderten Neudruck erweckte sie umgehend das Interesse zweier Rezensenten. Da der Verlag aber kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss der Herausgeber zumindest in wenigen Zeilen auf sie hinweisen.
Gegliedert ist die eindringliche und erfolgreiche Arbeit in drei Teile. Zunächst untersucht der Verfasser die Verwaltung als Militärverwaltung unter Hans Frank seit 26. Oktober 1939 und als Zivilverwaltung, ehe er auf die antijüdische Politik der deutschen Zivilverwaltung im Distrikt Lublin und den staatlich organisierten Mord an polnischen Juden (1942 schätzungsweise 320000, 1946 weniger als 5000) in der Aktion Reinhardt seit Herbst 1941 näher eingeht. Mit Hilfe seines Einrichtungen mit Machtträgern verbindenden Ansatzes gelangt er an Hand rund fünfziger Einzellaufbahnen zu dem Nachweis, dass für das tödliche Geschehen bestimmte Einzelmenschen von dem am 26. 7. 1943 in einem Hinterhalt erschossenen Kreishauptmann Dr. jur. Karl Adam bis zu dem vielleicht 1945 durch Selbsttötung endenden Ernst Otto Zörner als Beamte und Angestellte verantwortlich waren, deren unterschiedliche Wege der Verfasser möglichst weit über das Ende des Generalgouvernements hinaus sorgfältig nachzeichnet.
Innsbruck Gerhard Köbler