Lutterbeck, Klaus-Gert, Politische Ideengeschichte als Geschichte
administrativer Praxis. Konzeptionen von Gemeinwesen im Verwaltungshandeln der
Stadt Strasbourg/Straßburg 1800-1914 (= Studien zur europäischen
Rechtsgeschichte 260). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. XV, 469 S. Besprochen
von Gerhard Köbler.
Der gemeinsam mit Peter Collin
Handlungsorientierungen moderner Verwaltung für den Lehrer verantwortende Verfasser
studierte von 1987 bis 1994 in Osnabrück, London und Hamburg Geschichte und
politische Wissenschaften und erwarb zum Abschluss den Magister Artium in
Hamburg. Am Hamburger Institut für politische Wissenschaft wirkte er bis zu
seiner philosophischen Promotion, um dann nach einem mehrjährigen Zwischenspiel
am interdisziplinären Zentrum für die Erforschung der europäischen Aufklärung
in Halle-Wittenberg zu Erk Volkmar Heyen nach Greifswald zu wechseln. Hier
wurde er 2007/2008 für Rechts- und Staatsphilosophie sowie Verfassungs- und
Verwaltungsgeschichte/Politikwissenschaft an der rechts- und
staatswissenschaftlichen und an der philosophischen Fakultät habilitiert.
Seine Dissertation befasst sich als
historische Untersuchung in systematischer Absicht mit Staat und Gesellschaft
bei Christian Thomasius und Christian Wolff. Die Hans Ludwig Kimmel gewidmete
Habilitationsschrift greift darüber zeitlich wie sachlich weit hinaus. Sie gliedert
sich nach einer Einleitung über Aufbau und Methodik in drei chronologisch geordnete
Kapitel.
Den historischen Ausgangsbedingungen der
freien Reichsstadt und ville libre royale folgen die ideell-politische Dimension
und kommunale Identität in der Verwaltungspraxis Strasbourgs (1800-1870) und
das Straßburger Gemeinwesen in den lokalen Politiken der Reichslandzeit
(1870/1871-1914 [oder eigentlich 1918?]). Dabei gelangt der Verfasser zu der
ansprechenden Erkenntnis, dass erst die historische Rekonstruktion der
Straßburger Verwaltungsgeschichte Licht auf die bisher im Schatten liegende politische
Ideengeschichte werfen lässt. Umgekehrt bereichert in gleicher Weise die
politologische Analyse der ideellen Dimension der administrativen Praxis auch
die Geschichte des politischen Denkens, weshalb die multidisziplinäre
Verknüpfung von Themen, Quellen und Methoden sich meistens reichlich lohnt.
Innsbruck Gerhard Köbler