Lorenzen, Jan C., Das Bundesnaturschutzgesetz vom 20. Dezember 1976. Die Entwicklung des Naturschutzrechtes in Deutschland von den Anfängen bis zur Neukodifikation des Bundesnaturschutzgesetzes von 1976 (= Rechtshistorische Reihe 431). Lang, Frankfurt am Main 2012. 644 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Natur insgesamt und damit auch die irdische Natur schützt sich auf dem Weg von einem unbekannten Ursprung zu einem unbekannten Ziel in ständigem Werden und Vergehen an sich irgendwie selbst. Auf der Erde bestand deshalb ein grundsätzliches allgemeines Gleichgewicht bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Mensch mit Hilfe seines Verstandes die Natur weitgehend zu beherrschen begann. Eine Gefahr für die Natur wurde darin erst seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert erkannt, als sich Strömungen wie Naturalismus oder Utilitarismus des Wertes der Natur bewusst wurden und etwa der preußische König Friedrich Wilhelm III. 1836 den zum Bau des Kölner Domes genutzten Drachenfels im Siebengebirge kaufte, um ein zum romantischen Nationalsymbol umgewandeltes Stück Natur vor der weiteren Zerstörung zu bewahren.

 

Die von Werner Schubert angeregte und vorbildlich betreute, im Wintersemester 2010/2011 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene, umfangreiche, zahlreiche archivalische Quellen einbeziehende, im Anhang eine hilfreiche Zeittafel (von 1836 bis zum 24. 12. 1976), mehr als 25 Kurzbiographien, die wichtigsten Texte sowie ein Quellen- und Literaturverzeichnis bietende ansprechende Dissertation des in Flensburg 1979 geborenen, überwiegend in Kiel ausgebildeten, seit 2010 in einer Steuerberatungsgesellschaft tätigen Autors befasst sich demgegenüber mit einem Zeitabschnitt, in dem die Eingriffe des Menschen ein derartiges Ausmaß angenommen hatten, dass allgemeine rechtliche Regelungen, wie sie etwa das dem damaligen internationalen Standard entsprechende Reichsnaturschutzgesetz des Jahres 1935 brachte, unumgänglich waren und zur Selbverständlichkeit wurden. Sie gliedert sich in drei Teile. Zunächst zeichnet der Verfasser die Entwicklung des Naturschutzrechts in Deutschland bis zum genannten Gesetz nach, verfolgt dann sehr ausführlich und gründlich die Entstehung des (Rahmen-)Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege von 1976 und setzt sich abschließend kurz mit kritischen Stimmen hierzu und der Weiterentwicklung auseinander.

 

Am Ende fasst der Autor seine neuen Einzelerkenntnisse übersichtlich zusammen. Sie zeigen, dass der Weg der Naturschutzgesetzgebung wegen der vielen widerstreitenden Interessen nicht einfach war und dass in der Allgemeinheit nur langsam Verständnis für den notwendigen Schutz von Natur und Landschaft aufkam. Dementsprechend konnten sich auch 1976 naturschutzrechtliche Vorstellungen gegenüber landwirtschaftlichen Interessen nicht entscheidend durchsetzen, so dass trotz unbestreitbarer Fortschritte der neueren Regelungen die Natur nur bedingt geschützt ist und angesichts der technischen Fortschritte des Menschen auf lange Zeit dringlich verstärkter allgemeiner Unterstützung bedarf.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler