Herrmann, Friedrich-Wilhelm von, Descartes’ Meditationen (= Klostermann RoteReihe 40). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. 314 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in La Haye en Touraine in einer kleinadeligen Familie als drittes Kind eines Gerichtsrats am obersten Gericht der Bretagne am 31. 3. 1596 geborene René Descartes wurde nach dem Besuch der Jesuitenschule La Flèche und dem Studium der Rechtswissenschaft in Poitiers Mathematiker und Philosoph. Sein wichtigstes Bestreben war es, die Welt aus einem einzigen Grundsatz zu erklären, als welchen er die Selbstgewissheit im menschlichen Denken erschaute. 1641 veröffentlichte er aus diesen Überlegungen Méditations sur la philosophie première.
Der in Potsdam 1934 geborene, in Potsdam und Berlin ausgebildete, 1961 nach seinem Wechsel nach Freiburg im Breisgau bei Eugen Fink über die Selbstinterpretation Martin Heideggers promovierte, 1970 mit einer Untersuchung über phänomenologische Untersuchungen zur Temporalität des Seinsverständnisses habilitierte und danach bis zu seiner Emeritierung 1999 in Freiburg wirkende Verfasser war bereits als Student des sechsten Semesters als erster philosophischer Lehrveranstaltung in einem Hauptseminar mit Descartes’ Meditationen über die erste Philosophie in Berührung gekommen. Die dortigen Gedanken haben ihn zeitlebens tief beeindruckt. Deswegen kann er in der Zeit der Reife eine beeindruckende Bilanz ziehen.
Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in sieben Kapitel. Sie betreffen den Weg des methodischen Zweifels für die Grundlegung der Metaphysik, das Selbstbewusstsein, Wahrheit und Methode, den bewusstseinsanalytischen Gottesaufweis als Lösungsweg, Descartes’ Lehre vom wahren und unwahren Urteil, die wahre Erkenntnis vom Wesen und den Wesensbestimmungen der Körperdinge und die zwei Beweise für die existentia der materiellen Körperdinge. Auf dieser Grundlage sieht er ansprechend Descartes als entscheidenden „Wegeröffner“ für Spinoza, Leibniz, Kant, Fichte, Schelling und Hegel bis zur transzendentalen Phänomenologie des seinen eigenen Lehrer prägenden Edmund Husserl.
Innsbruck Gerhard Köbler