Hahn, Thomas, Staat und Kirche im deutschen Naturrecht. Das natürliche Kirchenrecht des 18. und 19. Jahrhunderts (ca. 1680 bis ca. 1830) (= Jus ecclesiasticum 98). Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XI, 421 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bereits das vorchristliche Altertum kannte eine Unterscheidung von gesetztem menschlichem Recht und dem Menschen vorgegebenem Recht. Zu einer übergeordneten Rechtsidee entwickelte sich diese Vorstellung allerdings erst am Übergang vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit. Spätestens mit Hugo Grotius war es zumindest im Heiligen römischen Reich auf jedem Rechtsgebiet schwierig, dem Gedanken eines natürlichen Rechts gänzlich auszuweichen.
Der 1975 geborene, in der Rechtswissenschaft in Regensburg und Bayreuth ausgebildete, als Rechtsanwalt tätige Verfasser wurde 2011 an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth mit einer durch Diethelm Klippel angeregten und betreuten interessanten Arbeit aus einem Teilbereich dieser Thematik promoviert. Gegliedert ist die stattliche Untersuchung nach einer Einleitung über Fragestellung, Methode und Quellen sowie den Forschungsstand in fünf Sachkapitel. Sie gehen vom fürstlichen Machtinstrument und der Ersatzkirchenverfassung im 17. und frühen 18. Jahrhundert aus.
Danach erörtert der Verfasser den Widerstreit zwischen Fürstenmacht und ständischer Autonomie sowie die Entdeckung des natürlichen Kirchenrechts durch die Katholiken. Das späte 18. Jahrhundert steht im Zeichen des Übergangs vom aufgeklärten Absolutismus zum Liberalismus, während danach die allgemeine geistesgeschichtliche Entwicklung die Freiheit für Kirche und Bürger bringt. Insgesamt erfasst der Verfasser das Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Aufsicht und gesellschaftlicher Autonomie an Hand umfangreicher gedruckter Quellen in ansprechender sachgerechter Differenzierung des historischen Ablaufs.
Innsbruck Gerhard Köbler