Greiser, Almut, Der Kommandant Josef Schwammberger. Ein NS-Täter in der Erinnerung von Überlebenden. Mit einem Vorwort von Wolfram Wette. Aufbau Verlag, Berlin 2011. 320 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der auf dem Umschlag im Passbild und im Inneren mehrfach abgelichtete Josef Schwammberger wurde im damals österreichischen Brixen in Südtirol am 12. Februar 1912 geboren, besuchte nach dem baldigen Umzug der Eltern Schule und Handelsschule in Innsbruck und wurde nach der Lehrzeit und zweijähriger Tätigkeit als Kontorist und Verkäufer am Ende des Jahres 1931 arbeitslos. Während einer kurzen Übergangszeit bei einem Konkursausverkauf trat er an 18. April 1933 in die SS und am 1. 5. 1933 in die NSDAP ein, die am 18. 6.1933 in Österreich verboten wurden, floh in die österreichische Legion, wurde am 21. 9. 1933 aus Österreich ausgewiesen, erlangte am 1. 12. 1935 die deutsche Staatsangehörigkeit und wurde nach verschiedenen Folgetätigkeiten ab 1. 9. 1941 mit 29 Jahren Kommandant des ostpolnischen jüdischen Zwangsarbeiterlagers in Rozwadów. Nach Ende des zweiten Weltkriegs floh er mit falschen Papieren von Hamburg nach Innsbruck und nach seiner Auslieferung an Frankreich im Januar 1948 aus dem Internierungslager Oradour über Rom nach Südamerika,, wo er 1965 die Staatsbürgerschaft Argentiniens erwarb, aber infolge Aufspürung durch das Simon Wiesenthal Center nach einem langwierigen Auslieferungsverfahren am 18. 5. 1992 von der neunten Strafkammer des Landgerichts Stuttgart zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, in der er in Hohenasperg in Ludwigsburg am 3. 12. 2004 verstarb.

 

Die bis zu ihrer Pensionierung als Gymnasiallehrerin tätige Almut Greiser verfolgte die entsprechende Hauptverhandlung seinerzeit als zeitgeschichtlich interessierte Zuschauerin. Dabei schrieb sie anfangs punktuell, später systematisch mit. Ihre Notizen geben das gesamte Verhandlungsgeschehen ungleich vollständiger wieder als das reine Beschlussprotokoll des entscheidenden Gerichts, so dass ihre Veröffentlichung in Buchform unvergleichlichen Dokumentationswert hat.

 

Dem Abdruck geht zunächst eine Würdigung der Beziehung zwischen Josef Schwammberger und der deutschen Justiz voraus, in welcher der Verfasser des Vorworts besonders darauf hinweist, dass die alliierten Besatzungsgerichte zwischen 1945 und  1949 in den Westzonen (nur) etwa 5000 nationalsozialistische Täter mit mehr als 800 etwa zur Hälfte tatsächlich vollstreckten Todesurteilen verurteilten und in etwa 172000 Ermittlungsverfahren bis 2005 nur 14500 Urteile ergingen, von denen  die Hälfte auf Freispruch lautete. Danach schildert die Verfasserin den historischen Hintergrund, die Orte der Verbrechen, die Lebensbedingungen im Lager und analysiert detailliert die Protokolle. Sie zeigen in bestürzender Weise, wozu Menschen gegenüber Menschen fähig sind und am Ende nur sehr bedauern, was passiert ist.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler