Butt, Arne, Die Stadt
Göttingen und ihre Rechte im ländlichen Raum. Herrschaft und Beherrschte in
spätmittelalterlichen Dörfern (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission
für Niedersachsen und Bremen Band 262). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover
2012. 618 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit
ist die von Wolfgang Petke betreute, von der philosophischen Fakultät der
Universität Göttingen angenommene, vom niedersächsischen Ministerium für
Wissenschaft und Kultur, der Graduiertenschule Geisteswissenschaften Göttingen
und der historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen geförderte
Dissertation des 1975 geborenen, seit 2010 als wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für historische Landesforschung in Göttingen tätigen Verfassers.
Bei ihr sah sich der Autor dem allgemeineren Problem gegenüber, dass das
spätmittelalterliche Dorf ein noch weitgehend schriftloser Raum ist, in dem die
wenigen gleichwohl geschaffenen schriftlichen Texte nur geringe
Überlieferungschancen hatten. Der Verfasser meistert diese Schwierigkeit mit
Hilfe der zahlreichen städtischen Amtsbücher, in denen die städtischen
Herrschaftsrechte umfänglich festgehalten sind.
Gegliedert
ist das gewichtige, mit einem sehr hilfreichen Anhang (399 Willküren, 5Karten,
22 Quellen, 22 Grafiken, 12 Tabellen, Verzeichnisse, Register) ausgestattete
Werk außer in die Fragestellung, Forschungsstand, Aufbau, Bedeutung und Genese
der Göttinger Herrschaftsrechte im ländlichen Raum sowie Vorbemerkungen
behandelnde Einführung und die zusammenfassenden Ergebnisse in vier Kapitel.
Darin schildert der Verfasser zunächst ausführlich und gründlich seine Quellen,
die vor allem in Kämmereiregistern und Vogteiherrenbüchern bestehen, zu denen
Urkunden, Kopialbücher und Rentenbücher ergänzend hinzukommen. Dem folgt nach
der Darstellung der Vogtherren die detaillierte Untersuchung der einzelnen,
Geismar bewusst wegen seiner Quellenfülle aussparenden Dorfherrschaften in Roringen,
Herberhausen, Omborn, Burggrone und Renshausen (nördlich Ebergötzens), an die
sich die Betrachtung von Wartenbau und Wartgeld im Rahmen des Schutzes des
Umlandes als einer gemeinschaftlichen Aufgabe anschließt.
Insgesamt
erkennt der Verfasser die Ausübung von Herrschaftsbereichen im ländlichen Raum
durch den Rat Göttingens als ein kleinteiliges und beschwerliches Geschäft.
Eine einschneidende Veränderung der Verhältnisse in den unter der Herrschaft
Göttingens stehenden Dörfer kann er weder von Seiten des Rates noch von
privater Seite der Bürger und Körperschaften feststellen. Dessenungeachtet
gelingt ihm in beispielhafter Weise ein tiefer Einblick in die innerdörflichen
Strukturen und die Verfahren der Herrschaftsausübung zwischen Kontrolle und
Konsens im Zusammenspiel von Herrschenden und Beherrschten, der anregend zum
Vergleich mit anderen spätmittelalterlichen Herrschaften einlädt.
Innsbruck Gerhard Köbler