Gribbohm, Günter, „Geführte“ Strafjustiz - Reichsgericht und Kriegsstrafrecht im zweiten Weltkrieg (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen/Kleine Schriften 21). Lit, Münster 2009. XII, 78 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Günter Gribbohm (*1932) wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Kiel 1960 mit einer Unte4rsuchung über Verwendung und Funktionen der Unzumutbarkeit im Strafrecht unter Berücksichtigung vor allem der Tatbestände des besonderen Teils des Strafgesetzbuchs promoviert. Bereits während seiner aktiven Zeit als Richter, in der bis zum vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Deutschlands aufstieg, befasste er sich mit der Geschichte der Justiz in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. Besonders bekannt geworden sind seine Werke über das Reichskriegsgericht und das vorhergehende Reichsmilitärgericht.
Die vorliegende Studie hat gleich nach ihrem Erscheinen das Interesse eines sachverständigen Rezensenten gefunden. Leider war dem Verlag eine Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich. Aus diesem Grunde muss der Herausgeber nach Ausleihe wenigstens in einigen Zeilen besonders darauf hinweisen.
Gegenstand der Untersuchung ist die Unabhängigkeit des Richters im Deutschen Reich während des Weltkriegs in den Jahren zwischen 1939 und 1945. Dazu untersucht der Verfasser Justizkrise und Justizführung und danach vor allem Verfahren gegen Volksschädlinge, Gewaltverbrecher, Gewohnheitsverbrecher, Sittlichkeitsverbrecher und Wehrkraftzersetzer vor dem Reichsgericht. Im Ergebnis stellt er überzeugend fest, dass das Reichsjustizministerium, das Reichsgericht (vor allem der Besondere Strafsenat, des Führers Senat unter dem Vorsitz des Reichsgerichtspräsidenten), die wohl seit 1941 beginnende Justizführung und die geführte Strafjustiz im Bereich des Kriegsstrafrechts auf höchster Ebene vor allem durch unsachgemäße Handhabung gesetzestechnisch unzulänglicher, im Auszug im Anhang wiedergegebener Strafvorschriften und durch Aufnahme menschenrechtswidrigen Gedankenguts des Nationalsozialismus den Rechtsstaat zu Gunsten der ideologischen Rechtspolitik aufgegeben haben statt zu weit gefasste Tatbestände rechtsstaatlich einzugrenzen.
Innsbruck Gerhard
Köbler