Festschrift 200 Jahre AGBG, hg. v. Fischer-Czermak, Constanze/Hopf, Gerhard/Kathrein, Georg/Schauer, Martin, 2 Bände. Manz, Wien 2011. XVIII, 796, XII, 797-1789 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch Österreichs gehört zu den großen Rechtsquellen Europas, wenn nicht sogar der gesamten Welt. Mag auch das bürgerliche Recht seit seiner Entstehung mehr und mehr dem Verfassungsrecht untergeordnet worden sein, so ist doch seine überragende Bedeutung für alle Menschen grundsätzlich ungebrochen. Darüber hinaus kann man es mit dem kurzen Vorwort der verdienstvollen Herausgeber des vom Verlag gediegen und edel zugleich ausgestatteten Werkes durchaus als eine Besonderheit ansehen, wenn eine noch in Geltung stehende Kodifikation den 200. Jahrestag ihres Inkrafttretens erreicht.
Dementsprechend feiert Österreich dieses Jubiläum mit voller Berechtigung in herausragender Weise. Zahlreichen Festveranstaltungen stehen vielfältige Veröffentlichungen zu Seite. Einen besonderen Rang nimmt dabei das von der Wiener Juristischen Gesellschaft, der Wiener Juristischen Gesellschaft, dem Verein der Freunde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, der Österreichischen Notariatskammer, dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, dem Österreichischen Juristentag und der Oesterreichischen Nationalbank finanziell unterstützte Werk ein.
Es vereint zwar insgesamt keine 200 namentlich genannten Gratulanten, aber doch weit mehr als 80 einzelne Beiträge. Sie gliedern sich in insgesamt sechs Abteilungen. Diese betreffen das ABGB im Dialog der Rechtsordnungen, Entwicklungslinien des Zivilrechts 1900-2011, Grundsatzfragen der Gegenwart, das ABGB in der Rechtsprechung, ABGB und Verfassungsrecht sowie das ABGB und Europa.
Im Dialog der Rechtsordnungen werden zunächst die Einflüsse auf das Gesetzbuch erörtert. Wohl in alphabetischer Reihenfolge der Verfasser untersucht zunächst Wilhelm Brauneder den Einfluss des preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 auf das ABGB, während sich J. Michael Rainer mit dem Verhältnis zwischen Franz von Zeiller und dem Code Civil Frankreichs von 1804 befasst und Bruno Schmidlin den Stand des römischen Rechts im Zeitpunkt des Erlasses des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Blick auf das römische Institutionenrecht, die Naturrechtslehre und das Gesetzessystem des ABGB darlegt. Danach nimmt Christiane Wendehorst zum Einfluss pandektistischer Dogmatik auf das ABGB Stellung und behandeln Franz-Stefan Meissel und Benjamin Bukor das ABGB in der Zeit des Nationalsozialismus, die das Gesetzbuch im Wesentlichen gut überstanden hat.
Es folgen die Ausstrahlungen des ABGB in sein von der Großmachtstellung Österreichs in Europa am Beginn des 19. Jahrhunderts geprägtes Umfeld. In den Blick genommen werden dabei Rumänien, Liechtenstein, Italien, Kroatien, Polen, die Schweiz, Bosnien, Herzegowina, Tschechien, Slowenien und Ungarn. Für Deutschland untersucht Peter Mankowski das ABGB vor deutschen Gerichten und in der neueren deutschen Gesetzgebung, während Martin Josef Schermaier und Jakob Fortunat Stagl für den Einfluss des ABGB auf die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs den gesunden Menschenverstand dem Beruf zur Gesetzgebung gegenüberstellen.
Die Entwicklungslinien des 20. Jahrhunderts beziehen sich auf Wohnungseigentumsrecht, Sachwalterrecht, Haftpflichtrecht, Versicherungsgeschäft, Arbeitsvertragsrecht, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, Schadensersatzrecht, Kindschaftsrecht, Ehegüterrecht, internationales Privatrecht, Drittfinanzierung, Leistungsstörungen, Handelsrecht, Unternehmensrecht, Mietrecht, Eherecht, Handlungsfähigeit, Erbrecht, Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht und Staatshaftung einschließlich der gemeinschaftsrechtlichen Auswirkungen. In gleich vielfältiger Art und Weise werden unterschiedlichste Grundsatzfragen der Gegenwart angesprochen. Demgegenüber enthalten die drei abschließenden Abteilungen nur verhältnismäßig wenige Studien zu ausgewählten Einzelfragen.
Insgesamt kann der reiche Ertrag des Werkes naturgemäß hier nicht ausgeschöpft werden. Allgemein wird man aber feststellen können, dass die beiden Bände der großen Bedeutung des Geburtstagskindes vollauf gerecht werden. Möge es durch diese hohe Wertschätzung in Rot, Schwarz, Weiß und Gold seitens führender europäischer Rechtswissenschaftler auf seiner weiteren Reise durch die Zeit in die stets ungewisse Zukunft gestärkt und beflügelt werden.
Innsbruck Gerhard
Köbler