Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil Obligationenrecht).
(Vom 30. März 1911.)
Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaften des Bundesrates vom 3. März 1905 und 1. Juni 1909, beschließt
Das Obligationenrecht.
Erste Abteilung.
Allgemeine Bestimmungen.
Erster Titel.
Die Entstehung der Obligationen.
Erster Abschnitt.
Die Entstehung durch Vertrag.
A. Abschluss des Vertrages.
I. Übereinstimmende Willensäußerung.
1. Im allgemeinen.
1. Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäußerung der Parteien erforderlich.
Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
2. Betreffend Nebenpunkte.
2. Haben sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt, so wird vermutet, dass der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern solle.
Kommt über die vorbehaltenen Nebenpunkte eine Vereinbarung nicht zu stande, so hat der Richter über diese nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden.
Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Form der Verträge.
II. Antrag und Annahme.
1. Antrag mit Annahmefrist.
3. Wer einem Andern den Antrag zum Abschlusse eines Vertrages stellt und für die Annahme eine Frist setzt, bleibt bis zu deren Ablauf an den Antrag gebunden.
Er wird wieder frei, wenn eine Annahmeerklärung nicht vor Ablauf dieser Frist bei ihm eingetroffen ist.
2. Antrag ohne Annahmefrist.
a. Unter Anwesenden.
4. Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
Wenn die Vertragschließenden oder ihre Bevollmächtigten sich persönlich des Telephons bedienen, so gilt der Vertrag als unter Anwesenden abgeschlossen.
b. Unter Abwesenden.
5. Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, wo er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmäßigen und rechtzeitigen Absendung erwarten darf.
Er darf dabei voraussetzen, dass sein Antrag rechtzeitig angekommen sei.
Trifft die rechtzeitig abgesandte Annahmeerklärung erst nach jenem Zeitpunkte bei dem Antragsteller ein, so ist dieser, wenn er nicht gebunden sein will, verpflichtet, ohne Verzug hievon Anzeige zu machen.
3. Stillschweigende Annahme.
6. Ist wegen der besonderen Natur des Geschäftes oder nach den Umständen eine ausdrückliche Annahme nicht zu erwarten, so gilt der Vertrag als abgeschlossen, wenn der Antrag nicht binnen angemessener Frist abgelehnt wird.
4. Antrag ohne Verbindlichkeit, Aufkündung, Auslage.
7. Der Antragsteller wird nicht gebunden, wenn er dem Antrage eine die Behaftung ablehnende Erklärung beifügt, oder wenn ein solcher Vorbehalt sich aus der Natur des Geschäftes oder aus den Umständen ergibt.
Die Versendung von Tarifen, Preislisten und dergleichen bedeutet an sich keinen Antrag.
Dagegen gilt die Auslage von Waren mit Angabe des Preises in der Regel als Antrag.
5. Preisausschreiben und Auslobung.
8. Wer durch Preisausschreiben oder Auslobung für eine Leistung eine Belohnung aussetzt, hat diese seiner Auskündung gemäß zu entrichten.
Tritt er zurück, bevor die Leistung erfolgt ist, so hat er Denjenigen, die auf Grund der Auskündung in guten Treuen Aufwendungen gemacht haben, hiefür bis höchstens zum Betrag der ausgesetzten Belohnung Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihnen die Leistung doch nicht gelungen wäre.
6. Widerruf des Antrages und der Annahme.
9. Trifft der Widerruf bei dem anderen Teile vor oder mit dem Antrage ein, oder wird er bei späterem Eintreffen dem Andern zur Kenntnis gebracht, bevor dieser vom Antrag Kenntnis genommen hat, so ist der Antrag als nicht geschehen zu betrachten.
Dasselbe gilt für den Widerruf der Annahme.
III. Beginn der Wirkungen eines unter Abwesenden geschlossenen Vertrages.
10. Ist ein Vertrag unter Abwesenden zustande gekommen, so beginnen seine Wirkungen mit dem Zeitpunkte, wo die Erklärung der Annahme zur Absendung abgegeben wurde.
Wenn eine ausdrückliche Annahme nicht erforderlich ist, so beginnen die Wirkungen des Vertrages mit dem Empfange des Antrages.
B. Form der Verträge.
1. Erfordernis und Bedeutung im allgemeinen.
11. Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt.
Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab.
II. Schriftlichkeit.
1. Gesetzlich vorgeschriebene Form.
a. Bedeutung.
12. Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
b. Erfordernisse.
13. Ein Vertrag, für den die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben ist, muss die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn verpflichtet werden sollen.
Sofern das Gesetz es nicht anders bestimmt, gilt als schriftliche Form auch der Brief oder das Telegramm, vorausgesetzt, dass der Brief oder die Aufgabedepesche die Unterschrift Derjenigen trägt, die sich verpflichten.
c. Unterschrift.
14. Die Unterschrift ist eigenhändig zu schreiben.
Eine Nachbildung der eigenhändigen Schrift auf mechanischem Wege wird nur da als genügend anerkannt, wo deren Gebrauch im Verkehr üblich ist, insbesondere wo es sich um die Unterschrift auf Wertpapieren handelt, die in großer Zahl ausgegeben werden.
Für den Blinden ist die Unterschrift nur dann verbindlich, wenn sie beglaubigt ist, oder wenn nachgewiesen wird, dass er zur Zeit der Unterzeichnung den Inhalt der Urkunde gekannt hat.
d. Ersatz der Unterschrift.
15. Kann eine Person nicht unterschreiben, so ist es, mit Vorbehalt der Bestimmungen über den Wechsel, gestattet, die Unterschrift durch ein beglaubigtes Handzeichen zu ersetzen oder durch eine öffentliche Beurkundung ersetzen zu lassen.
2. Vertraglich vorbehaltene Form.
16. Ist für einen Vertrag, der vom Gesetze an keine Form gebunden ist, die Anwendung einer solchen vorbehalten worden, so wird vermutet, dass die Parteien vor Erfüllung der Form nicht verpflichtet sein wollen.
Geht eine solche Abrede auf schriftliche Form ohne nähere Bezeichnung, so gelten für deren Erfüllung die Erfordernisse der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftlichkeit.
C. Verpflichtungsgrund.
17. Ein Schuldbekenntnis ist gültig auch ohne die Angabe eines Verpflichtungsgrundes.
D. Auslegung der Verträge, Simulation.
18. Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
E. Inhalt des Vertrages.
I. Bestimmung des Inhaltes.
19. Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden.
Von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen sind nur zulässig, wo das Gesetz nicht eine unabänderliche Vorschrift aufstellt oder die Abweichung nicht einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, gegen die guten Sitten oder gegen das Recht der Persönlichkeit in sich schließt.
II. Nichtigkeit.
20. Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
Betrifft aber der Mangel bloß einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
III. Übervorteilung.
21. Wird ein offenbares Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung durch einen Vertrag begründet, dessen Abschluss von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des Andern herbeigeführt worden ist, so kann der Verletzte innerhalb Jahresfrist erklären, dass er den Vertrag nicht halte, und das schon Geleistete zurückverlangen.
Die Jahresfrist beginnt mit dem Abschluss des Vertrages.
IV. Vorvertrag.
22. Durch Vertrag kann die Verpflichtung zum Abschluss eines künftigen Vertrages begründet werden.
Wo das Gesetz zum Schutze der Vertragschließenden für die Gültigkeit des künftigen Vertrages eine Form vorschreibt, gilt diese auch für den Vorvertrag.
F. Mängel des Vertragsabschlusses:
I. Irrtum.
1. Wirkung.
23. Der Vertrag ist für Denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat.
2. Fälle des Irrtums.
Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1. wenn der Irrende einen anderen Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat,
2. wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat,
3. wenn der Irrende eine Leistung von erheblich größerem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war,
4. wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
Bloße Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
3. Geltendmachung gegen Treu und Glauben.
25. Die Berufung auf den Irrtum ist unstatthaft, wenn sie Treu und Glauben widerspricht.
Insbesondere muss der Irrende den Vertrag gelten lassen, wie er ihn verstanden hat, sobald der Andere sich hiezu bereit erklärt.
4. Fahrlässiger Irrtum.
26. Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der Andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
Wo es der Billigkeit entspricht, kann der Richter auf Ersatz weiteren Schadens erkennen.
5. Unrichtige Übermittlung.
27. Wird beim Vertragsabschluss Antrag oder Annahme durch einen Boten oder auf andere Weise unrichtig übermittelt, so finden die Vorschriften über den Irrtum entsprechende Anwendung.
II. Absichtliche Täuschung.
28. Ist ein Vertragschließender durch absichtliche Täuschung seitens des Andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der Andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
III. Furchterregung.
1. Abschluss des Vertrages.
29. Ist ein Vertragschließender von dem Anderen oder von einem Dritten widerrechtlich durch Erregung gegründeter Furcht zur Eingehung eines Vertrages bestimmt worden, so ist der Vertrag für den Bedrohten unverbindlich.
Ist die Drohung von einem Dritten ausgegangen, so hat, wo es der Billigkeit entspricht, der Bedrohte, der den Vertrag nicht halten will, dem Andern, wenn dieser die Drohung weder gekannt hat noch hätte kennen sollen, Entschädigung zu leisten.
2. Gegründete Furcht.
30. Die Furcht ist für Denjenigen eine gegründete, der nach den Umständen annehmen muss, dass er oder eine ihm nahe verbundene Person an Leib und Leben, Ehre oder Vermögen mit einer nahen und erheblichen Gefahr bedroht sei.
Die Furcht vor der Geltendmachung eines Rechtes wird nur dann berücksichtigt, wenn die Notlage des Bedrohten benutzt worden ist, um ihm die Einräumung übermäßiger Vorteile abzunötigen.
IV. Aufhebung des Mangels durch Genehmigung des Vertrages.
31. Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil binnen Jahresfrist weder dem Anderen eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurückfordert, so gilt der Vertrag als genehmigt.
Die Frist beginnt in den Fällen des Irrtums und der Täuschung mit der Entdeckung, in den Fällen der Furcht mit deren Beseitigung.
Die Genehmigung eines wegen Täuschung oder Furcht unverbindlichen Vertrages schließt den Anspruch auf Schadenersatz nicht ohne weiteres aus.
G. Stellvertretung.
I. Mit Ermächtigung.
1. Im allgemeinen.
a. Wirkung der Vertretung.
32. Wenn jemand, der zur Vertretung eines Andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschließt, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlüsse sich nicht als solchen zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der Andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schließen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schließe.
Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hiefür geltenden Grundsätzen.
b. Umfang der Ermächtigung.
33. Soweit die Ermächtigung, im Namen eines Andern Rechtshandlungen vorzunehmen, aus Verhältnissen des öffentlichen Rechtes hervorgeht, ist sie nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes des Bundes und der Kantone zu beurteilen.
Ist die Ermächtigung durch Rechtsgeschäft eingeräumt, so beurteilt sich ihr Umfang nach dessen Inhalt.
Wird die Ermächtigung vom Vollmachtgeber einem Dritten mitgeteilt, so beurteilt sich ihr Umfang diesem gegenüber nach Maßgabe der erfolgten Kundgebung.
2. Auf Grund von Rechtsgeschäft.
a. Beschränkung und Widerruf.
34. Eine durch Rechtsgeschäft erteilte Ermächtigung kann vom Vollmachtgeber jederzeit beschränkt oder widerrufen werden, unbeschadet der Rechte, die sich aus einem unter den Beteiligten bestehenden anderen Rechtsverhältnis, wie Dienstvertrag, Gesellschaftsvertrag, Auftrag, ergeben können.
Ein vom Vollmachtgeber zum voraus erklärter Verzicht auf dieses Recht ist ungültig.
Hat der Vertretene die Vollmacht ausdrücklich oder tatsächlich kundgegeben, so kann er deren gänzlichen oder teilweisen Widerruf gutgläubigen Dritten nur dann entgegensetzen, wenn er ihnen auch diesen Widerruf mitgeteilt hat.
b. Einfluss von Tod, Handlungsunfähigkeit, u. a.
35. Die durch Rechtsgeschäft erteilte Ermächtigung erlischt, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist oder aus der Natur des Geschäftes hervorgeht, mit dem Tod, der Verschollenerklärung, dem Verluste der Handlungsfähigkeit oder dem Konkurs des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten.
Die nämliche Wirkung hat die Auflösung einer juristischen Person oder einer in das Handelsregister eingetragenen Gesellschaft.
Die gegenseitigen persönlichen Ansprüche werden hievon nicht berührt.
c. Rückgabe der Vollmachtsurkunde.
36. Ist dem Bevollmächtigten eine Vollmachtsurkunde ausgestellt worden, so ist er nach dem Erlöschen der Vollmacht zur Rückgabe oder gerichtlichen Hinterlegung der Urkunde verpflichtet.
Wird er von dem Vollmachtgeber oder seinen Rechtsnachfolgern hiezu nicht angehalten, so sind diese den gutgläubigen Dritten für den Schaden verantwortlich.
d. Zeitpunkt der Wirkung des Erlöschens der Vollmacht.
37. Solange das Erlöschen der Vollmacht dem Bevollmächtigten nicht bekannt geworden ist, berechtigt und verpflichtet er den Vollmachtgeber oder dessen Rechtsnachfolger, wie wenn die Vollmacht noch bestehen würde.
Ausgenommen sind die Fälle, in denen der Dritte vom Erlöschen der Vollmacht Kenntnis hatte.
II. Ohne Ermächtigung.
1. Genehmigung.
38. Hat jemand, ohne dazu ermächtigt zu sein, als Stellvertreter einen Vertrag abgeschlossen, so wird der Vertretene nur dann Gläubiger oder Schuldner, wenn er den Vertrag genehmigt.
Der Andere ist berechtigt, von dem Vertretenen innerhalb einer angemessenen Frist eine Erklärung über die Genehmigung zu verlangen, und ist nicht mehr gebunden, wenn der Vertretene nicht binnen dieser Frist die Genehmigung erklärt.
2. Nichtgenehmigung.
39. Wird die Genehmigung ausdrücklich oder stillschweigend abgelehnt, so kann Derjenige, der als Stellvertreter gehandelt hat, auf Ersatz des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens belangt werden, sofern er nicht nachweist, dass der Andere den Mangel der Vollmacht kannte oder hätte kennen sollen.
Bei Verschulden des Vertreters kann der Richter, wo es der Billigkeit entspricht, auf Ersatz weitern Schadens erkennen.
In allen Fällen bleibt die Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung vorbehalten.
III. Vorbehalt besonderer Vorschriften.
40. In bezug auf die Vollmacht der Vertreter und Organe von Gesellschaften, der Prokuristen und anderer Handlungsbevollmächtigter bleiben die besonderen Vorschriften vorbehalten.
Zweiter Abschnitt.
Die Entstehung durch unerlaubte Handlungen.
A. Haftung im allgemeinen.
I. Voraussetzungen der Haftung.
41. Wer einem Andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem Andern in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
II. Festsetzung des Schadens.
42. Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
Der nicht ziffermäßig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Maßnahmen abzuschätzen.
III. Bestimmung des Ersatzes.
43. Art und Größe des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Größe des Verschuldens zu würdigen hat.
Wird Schadenersatz in Gestalt einer Rente zugesprochen, so ist der Schuldner gleichzeitig zur Sicherheitsleistung anzuhalten.
IV. Herabsetzungsgründe.
44. Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermäßigen oder gänzlich von ihr entbinden.
Würde ein Ersatzpflichtiger, der den Schaden weder absichtlich noch grob fahrlässig verursacht hat, durch Leistung des Ersatzes in eine Notlage versetzt, so kann der Richter auch aus diesem Grunde die Ersatzpflicht ermäßigen.
V. Besondere Fälle.
1. Tötung und Körperverletzung.
a. Schadensersatz bei Tötung.
45. Im Falle der Tötung eines Menschen sind die entstandenen Kosten, insbesondere diejenigen der Bestattung, zu ersetzen.
Ist der Tod nicht sofort eingetreten, so muss namentlich auch für die Kosten der versuchten Heilung und für die Nachteile der Arbeitsunfähigkeit Ersatz geleistet werden.
Haben andere Personen durch die Tötung ihren Versorger verloren, so ist auch für diesen Schaden Ersatz zu leisten.
b. Schadensersatz bei Körperverletzung.
46. Körperverletzung gibt dem Verletzten Anspruch auf Ersatz der Kosten, sowie auf Entschädigung für die Nachteile gänzlicher oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit, unter Berücksichtigung der Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens.
Sind im Zeitpunkte der Urteilsfällung die Folgen der Verletzung nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, so kann der Richter bis auf zwei Jahre, vom Tage des Urteils an gerechnet, dessen Abänderung vorbehalten.
c. Leistung von Genugtuung.
47. Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.
2. Unlauterer Wettbewerb.
48. Wer durch unwahre Auskündung oder andere Treu und Glauben verletzende Veranstaltungen in seiner Geschäftskundschaft beeinträchtigt oder in deren Besitz bedroht wird, kann die Einstellung dieses Geschäftsgebarens und im Falle des Verschuldens Ersatz des Schadens verlangen.
3. Bei Verletzung in den persönlichen Verhältnissen.
49. Wer in seinen persönlichen Verhältnissen verletzt wird, hat bei Verschulden Anspruch auf Ersatz des Schadens und, wo die besondere Schwere der Verletzung und des Verschuldens es rechtfertigt, Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung.
Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
VI. Haftung Mehrerer.
1. Bei unerlaubter Handlung.
50. Haben Mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehülfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
Der Begünstiger haftet nur dann und nur so weit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
2. Bei verschiedenen Rechtsgründen.
51. Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
Dabei trägt in der Regel Derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie Derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
VII. Haftung bei Notwehr, Notstand und Selbsthülfe.
52. Wer in berechtigter Notwehr einen Angriff abwehrt, hat den Schaden, den er dabei dem Angreifer in seiner Person oder in seinem Vermögen zufügt, nicht zu ersetzen.
Wer in fremdes Vermögen eingreift, um drohenden Schaden oder Gefahr von sich oder einem Andern abzuwenden, hat nach Ermessen des Richters Schadenersatz zu leisten.
Wer zum Zwecke der Sicherung eines berechtigten Anspruches sich selbst Schutz verschafft, ist dann nicht ersatzpflichtig, wenn nach den gegebenen Umständen amtliche Hülfe nicht rechtzeitig erlangt und nur durch Selbsthülfe eine Vereitelung des Anspruches oder eine wesentliche Erschwerung seiner Geltendmachung verhindert werden konnte.
VIII. Verhältnis zum Strafrecht.
53. Bei der Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld, Urteilsfähigkeit oder Urteilsunfähigkeit ist der Richter an die Bestimmungen über die strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit oder an eine Freisprechung durch das Strafgericht nicht gebunden.
Ebenso ist das strafgerichtliche Erkenntnis mit Bezug auf die Beurteilung der Schuld und die Bestimmung des Schadens für den Zivilrichter nicht verbindlich.
B. Haftung urteilsunfähiger Personen.
54. Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hiefür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
C. Haftung des Geschäftsherrn.
55. Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Angestellten oder Arbeiter in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet habe, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
D. Haftung für Tiere.
1. Ersatzpflicht.
56. Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff, wenn das Tier von einem Andern oder durch das Tier eines Andern gereizt worden ist.
Die Haftung für den durch Jagdwild verursachten Schaden ordnet das kantonale Recht.
II. Pfändung des Tieres.
57. Der Besitzer eines Grundstückes ist berechtigt, Dritten angehörige Tiere, die auf dem Grundstücke Schaden anrichten, zur Sicherung seiner Ersatzforderung einzufangen und in seinen Gewahrsam zu nehmen und, wo die Umstände es rechtfertigen, sogar zu töten.
Er ist jedoch verpflichtet, ohne Verzug dem Eigentümer davon Kenntnis zu geben und, sofern ihm dieser nicht bekannt ist, zu dessen Ermittelung das Nötige vorzukehren.
E. Haftung des Werkeigentümers.
I. Ersatzpflicht.
58. Der Eigentümer eines Gebäudes oder eines andern Werkes hat den Schaden zu ersetzen, den diese infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Unterhaltung verursachen.
Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff auf Andere, die ihm hiefür verantwortlich sind.
II. Sichernde Maßregeln.
59. Wer von dem Gebäude oder Werke eines Andern mit Schaden bedroht ist, kann von dem Eigentümer verlangen, dass er die erforderlichen Maßregeln zur Abwendung der
Gefahr treffe.
Vorbehalten bleiben die Anordnungen der Polizei zum Schutze von Personen und Eigentum.
F. Verjährung.
60. Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt in einem Jahre von dem Tage hinweg, wo der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablaufe von zehn Jahren, vom Tage der schädigenden
Handlung an gerechnet.
Wird jedoch die Klage aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährung vorschreibt, so gilt diese auch für den Zivilanspruch.
Ist durch die unerlaubte Handlung gegen den Verletzten eine Forderung begründet worden, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn sein Anspruch aus der unerlaubten Handlung verjährt ist.
G. Verantwortlichkeit öffentlicher Beamter und Angestellter.
61. Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen.
Für gewerbliche Verrichtungen von öffentlichen Beamten oder Angestellten können jedoch die Bestimmungen dieses Abschnittes durch kantonale Gesetze nicht geändert werden.
Dritter Abschnitt.
Die Entstehung aus ungerechtfertigter Bereicherung.
A. Voraussetzung.
I. Im allgemeinen.
62. Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines Andern bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten.
Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat.
II. Zahlung einer Nichtschuld.
63. Wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, kann das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat.
Ausgeschlossen ist die Rückforderung, wenn die Zahlung für eine verjährte Schuld oder in Erfüllung einer sittlichen Pflicht geleistet wurde.
Vorbehalten bleibt die Rückforderung einer bezahlten Nichtschuld nach Schuldbetreibungs- und Konkursrecht.
B. Umfang der Rückerstattung.
I. Pflicht des Bereicherten.
64. Die Rückerstattung kann insoweit nicht gefordert werden, als der Empfänger nachweisbar zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist, es sei denn, dass er sich der Bereicherung entäußerte und hiebei nicht in gutem Glauben war oder doch mit der Rückerstattung rechnen musste.
Ansprüche aus Verwendungen.
65. Der Empfänger hat Anspruch auf Ersatz der notwendigen und nützlichen Verwendungen, für letztere jedoch, wenn er beim Empfange nicht in gutem Glauben war, nur bis zum Betrage des zur Zeit der Rückerstattung noch vorhandenen Mehrwertes.
Für andere Verwendungen kann er keinen Ersatz verlangen, darf aber, wenn ihm ein solcher nicht angeboten wird, vor der Rückgabe der Sache, was er verwendet hat, wieder wegnehmen, soweit dies ohne Beschädigung der Sache selbst geschehen kann.
C. Ausschluss der Rückforderung.
66. Was in der Absicht, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen, gegeben worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.
D. Verjährung.
67. Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.
Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
Zweiter Titel.
Die Wirkung der Obligationen.
Erster Abschnitt.
Die Erfüllung der Obligationen.
A. Allgemeine Grundsätze.
I. Persönliche Leistung.
58. Der Schuldner ist nur dann verpflichtet, persönlich zu erfüllen, wenn es bei der Leistung auf seine Persönlichkeit ankommt.
69. Gegenstand der Erfüllung.
1. Teilzahlung.
60. Der Gläubiger braucht eine Teilzahlung nicht anzunehmen, wenn die gesamte Schuld feststeht und fällig ist.
Will der Gläubiger eine Teilzahlung annehmen, so kann der Schuldner die Zahlung des von ihm anerkannten Teiles der Schuld nicht verweigern.
2. Unteilbare Leistung.
70. Ist eine unteilbare Leistung an mehrere Gläubiger zu entrichten, so hat der Schuldner an alle gemeinsam zu leisten, und jeder Gläubiger kann die Leistung an alle gemeinsam fordern.
Ist eine unteilbare Leistung von mehreren Schuldnern zu entrichten, so ist jeder Schuldner zu der ganzen Leistung verpflichtet.
Sofern sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt, kann alsdann der Schuldner, der den Gläubiger befriedigt hat, von den übrigen Schuldnern verhältnismäßigen Ersatz verlangen, und es gehen, soweit ihm ein solcher Anspruch zusteht, die Rechte des befriedigten Gläubigers auf ihn über.
3. Bestimmung nach der Gattung.
71. Ist die geschuldete Sache nur der Gattung nach bestimmt, so steht dem Schuldner die Auswahl zu, insofern sich aus dem Rechtsverhältnis nicht etwas anderes ergibt.
Er darf jedoch nicht eine Sache unter mittlerer Qualität anbieten.
A. Wahlobligation.
72. Ist die Schuldpflicht in der Weise auf mehrere Leistungen gerichtet, dass nur die eine oder die andere erfolgen soll, so steht die Wahl dem Schuldner zu, insofern sich aus dem Rechtsverhältnis nicht etwas anderes ergibt.
5. Zinse.
73. Geht die Schuldpflicht auf Zahlung von Zinsen und ist deren Höhe weder durch Vertrag noch durch Gesetz oder Übung bestimmt, so sind Zinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen.
Dem öffentlichen Rechte bleibt es vorbehalten, Bestimmungen gegen Missbräuche im Zinswesen aufzustellen.
B. Ort der Erfüllung.
74. Der Ort der Erfüllung wird durch den ausdrücklichen oder aus den Umständen zu schließenden Willen der Parteien bestimmt.
Wo nichts anderes bestimmt ist, gelten folgende Grundsätze:
1. Geldschulden sind an dem Orte zu zahlen, wo der Gläubiger zur Zeit der Erfüllung seinen Wohnsitz hat,
2. wird eine bestimmte Sache geschuldet, so ist diese da zu übergeben, wo sie sich zur Zeit des Vertragsabschlusses befand,
3. andere Verbindlichkeiten sind an dem Orte zu erfüllen, wo der Schuldner zur Zeit ihrer Entstehung seinen Wohnsitz hatte.
Wenn der Gläubiger seinen Wohnsitz, an dem er die Erfüllung fordern kann, nach der Entstehung der Schuld ändert und dem Schuldner daraus eine erhebliche Belästigung erwächst, so ist dieser berechtigt, an dem ursprünglichen Wohnsitze zu erfüllen.
C. Zeit der Erfüllung.
I. Unbefristete Verbindlichkeit.
75. Ist die Zeit der Erfüllung weder durch Vertrag noch durch die Natur des Rechtsverhältnisses bestimmt, so kann die Erfüllung sogleich geleistet und gefordert werden.
II. Befristete Verbindlichkeit.
1. Monatstermin.
76. Ist die Zeit auf Anfang oder Ende eines Monats festgesetzt, so ist darunter der erste oder der letzte Tag des Monates zu verstehen.
Ist die Zeit auf die Mitte eines Monates festgesetzt, so gilt der fünfzehnte dieses Monates.
2. Andere Fristsetzung.
77. Soll die Erfüllung einer Verbindlichkeit oder eine andere Rechtshandlung mit dem Ablaufe einer bestimmten Frist nach Abschluss des Vertrages erfolgen, so fällt ihr Zeitpunkt:
1. wenn die Frist nach Tagen bestimmt ist, auf den letzten Tag der Frist, wobei der Tag, an dem der Vertrag geschlossen wurde, nicht mit gerechnet und, wenn die Frist auf acht oder fünfzehn Tage lautet, nicht die Zeit von einer oder zwei Wochen verstanden wird, sondern volle acht oder fünfzehn Tage,
2. wenn die Frist nach Wochen bestimmt ist, auf denjenigen Tag der letzten Woche, der durch seinen Namen dem Tage des Vertragsabschlusses entspricht,
3. wenn die Frist nach Monaten oder einem mehrere Monate umfassenden Zeitraume (Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr) bestimmt ist, auf denjenigen Tag des letzten Monates, der durch seine Zahl dem Tage des Vertragsabschlusses entspricht, und, wenn dieser Tag in dem letzten Monate fehlt, auf den letzten Tag dieses Monates.
Der Ausdruck „halber Monat“ wird einem Zeitraume von fünfzehn Tagen gleichgeachtet, die, wenn eine Frist auf einen oder mehrere ganze Monate und einen halben Monat lautet, zuletzt zu zählen sind.
In gleicher Weise wird die Frist auch dann berechnet, wenn sie nicht von dem Tage des Vertragsabschlusses, sondern von einem andern Zeitpunkte an zu laufen hat.
Soll die Erfüllung innerhalb einer bestimmten Frist geschehen, so muss sie vor deren Ablauf erfolgen.
3. Sonn- und Feiertage.
78. Fällt der Zeitpunkt der Erfüllung oder der letzte Tag einer Frist auf einen Sonntag oder auf einen andern am Erfüllungsorte staatlich anerkannten Feiertag, so gilt als Erfüllungstag oder als letzter Tag der Frist der nächstfolgende Werktag.
Abweichende Vereinbarungen bleiben vorbehalten.
III. Erfüllung zur Geschäftszeit.
79. Die Erfüllung muss an dem festgesetzten Tage während der gewöhnlichen Geschäftszeit vollzogen und angenommen werden.
IV. Fristverlängerung.
80. Ist die vertragsmäßige Frist verlängert worden, so beginnt die neue Frist, sofern sich aus dem Vertrage nicht etwas anderes ergibt, am ersten Tage nach Ablauf der alten Frist.
V. Vorzeitige Erfüllung.
81. Sofern sich nicht aus dem Inhalt oder der Natur des Vertrages oder aus den Umständen eine andere Willensmeinung der Parteien ergibt, kann der Schuldner schon vor dem Verfalltage erfüllen.
Er ist jedoch nicht berechtigt, einen Diskonto abzuziehen, es sei denn, dass Übereinkunft oder Übung einen solchen gestatten.
VI. Bei zweiseitigen Verträgen.
1. Ordnung in der Erfüllung.
82. Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den Andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat.
2. Rücksicht auf einseitige Zahlungsunfähigkeit.
83. Ist bei einem zweiseitigen Vertrag der eine Teil zahlungsunfähig geworden, wie namentlich, wenn er in Konkurs geraten oder fruchtlos gepfändet ist, und wird durch diese Verschlechterung der Vermögenslage der Anspruch des Andern gefährdet, so kann dieser seine Leistung so lange zurückhalten, bis ihm die Gegenleistung sichergestellt wird.
Wird er innerhalb einer angemessenen Frist auf sein Begehren nicht sichergestellt, so kann er vom Vertrage zurücktreten.
D. Zahlung.
I. Landesmünze.
84. Geldschulden sind in Landesmünze zu bezahlen.
Ist in dem Vertrage eine Münzsorte bestimmt, die am Zahlungsorte keinen gesetzlichen Kurs hat, so kann die geschuldete Summe nach ihrem Werte zur Verfallzeit dennoch in der Landesmünze bezahlt werden, sofern nicht durch den Gebrauch des Wortes „effektiv“ oder eines ähnlichen Zusatzes die wortgetreue Erfüllung des Vertrages ausbedungen ist.
II. Anrechnung.
1. Bei Teilzahlung.
85. Der Schuldner kann eine Teilzahlung nur insoweit auf das Kapital anrechnen, als er nicht mit Zinsen oder Kosten im Rückstande ist.
Sind dem Gläubiger für einen Teil seiner Forderung Bürgen gestellt, oder Pfänder oder andere Sicherheiten gegeben worden, so ist der Schuldner nicht berechtigt, eine Teilzahlung auf den gesicherten oder besser gesicherten Teil der Forderung anzurechnen.
2. Bei mehreren Schulden.
a. Nach Erklärung des Schuldners oder des Gläubigers.
86. Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu bezahlen, so ist er berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will.
Mangelt eine solche Erklärung, so wird die Zahlung auf diejenige Schuld angerechnet, die der Gläubiger in seiner Quittung bezeichnet, vorausgesetzt, dass der Schuldner nicht sofort Widerspruch erhebt.
b. Nach Gesetzesvorschrift.
87. Liegt weder eine gültige Erklärung über die Tilgung noch eine Bezeichnung in der Quittung vor, so ist die Zahlung auf die fällige Schuld anzurechnen, unter mehreren fälligen auf diejenige Schuld, für die der Schuldner zuerst betrieben worden ist, und hat keine Betreibung stattgefunden, auf die früher verfallene.
Sind sie gleichzeitig verfallen, so findet eine verhältnismäßige Anrechnung statt.
Ist keine der mehreren Schulden verfallen, so wird die Zahlung auf die Schuld angerechnet, die dem Gläubiger am wenigsten Sicherheit darbietet.
III. Quittung und Rückgabe des Schuldscheins.
1. Recht des Schuldners.
88. Der Schuldner, der eine Zahlung leistet, ist berechtigt, eine Quittung und, falls die Schuld vollständig getilgt wird, auch die Rückgabe des Schuldscheines oder dessen Entkräftung zu fordern.
Ist die Zahlung keine vollständige oder sind in dem Schuldscheine auch andere Rechte des Gläubigers beurkundet, so kann der Schuldner außer der Quittung nur die Vormerkung auf dem Schuldscheine verlangen.
2. Wirkung.
89. Werden Zinse oder andere periodische Leistungen geschuldet, so begründet die für eine spätere Leistung ohne Vorbehalt ausgestellte Quittung die Vermutung, es seien die früher fällig gewordenen Leistungen entrichtet.
Ist eine Quittung für die Kapitalschuld ausgestellt, so wird vermutet, dass auch die Zinse bezahlt seien.
Die Rückgabe des Schuldscheines an den Schuldner begründet die Vermutung, dass die Schuld getilgt sei.
3. Unmöglichkeit der Rückgabe.
90. Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Kraftloserklärung von Wertpapieren.
E. Verzug des Gläubigers.
I. Voraussetzung.
91. Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die Annahme der gehörig angebotenen Leistung oder die Vornahme der ihm obliegenden Vorbereitungshandlungen, ohne die der Schuldner zu erfüllen nicht im stande ist, ungerechtfertigterweise verweigert.
II. Wirkung.
1. Bei Sachleistung.
a. Recht zur Hinterlegung.
92. Wenn der Gläubiger sich im Verzuge befindet, so ist der Schuldner berechtigt, die geschuldete Sache auf Gefahr und Kosten des Gläubigers zu hinterlegen und sich dadurch von seiner Verbindlichkeit zu befreien.
Den Ort der Hinterlegung hat der Richter des Erfüllungsortes zu bestimmen, jedoch können Waren auch ohne richterliche Bestimmung in einem Lagerhause hinterlegt werden.
b. Recht zum Verkauf.
93. Ist nach der Beschaffenheit der Sache oder nach der Art des Geschäftsbetriebes eine Hinterlegung nicht tunlich, oder ist die Sache dem Verderben ausgesetzt, oder erheischt sie Unterhaltungs- oder erhebliche Aufbewahrungskosten, so kann der Schuldner nach vorgängiger Androhung mit Bewilligung des Richters die Sache öffentlich verkaufen lassen und den Erlös hinterlegen.
Hat die Sache einen Börsen- oder Marktpreis oder ist sie im Verhältnis zu den Kosten von geringem Werte, so braucht der Verkauf kein öffentlicher zu sein und kann vom Richter auch ohne vorgängige Androhung gestattet werden.
c. Recht zur Rücknahme.
94. Der Schuldner ist so lange berechtigt, die hinterlegte Sache wieder zurückzunehmen, als der Gläubiger deren Annahme noch nicht erklärt hat oder als nicht infolge der Hinterlegung ein Pfandrecht aufgehoben worden ist.
Mit dem Zeitpunkte der Rücknahme tritt die Forderung mit allen Nebenrechten wieder in Kraft.
2. Bei andern Leistungen.
95. Handelt es sich um die Verpflichtung zu einer andern als einer Sachleistung, so kann der Schuldner beim Verzug des Gläubigers nach den Bestimmungen über den Verzug des Schuldners vom Vertrage zurücktreten.
F. Andere Verhinderung der Erfüllung.
96. Kann die Erfüllung der schuldigen Leistung aus einem andern in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder infolge einer unverschuldeten Ungewissheit über die Person des Gläubigers weder an diesen noch an einen Vertreter geschehen, so ist der Schuldner zur Hinterlegung oder zum Rücktritt berechtigt, wie beim Verzug des Gläubigers.
Zweiter Abschnitt.
Die Folgen der Nichterfüllung.
A. Ausbleiben der Erfüllung.
I. Ersatzpflicht des Schuldners.
1. Im allgemeinen.
97. Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
Die Art der Zwangsvollstreckung steht unter den Bestimmungen des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes und der eidgenössischen und kantonalen Vollstreckungsvorschriften.
2. Bei Verbindlichkeit zu einem Tun oder Nichttun.
98. Ist der Schuldner zu einem Tun verpflichtet, so kann sich der Gläubiger, unter Vorbehalt seiner Ansprüche auf Schadenersatz, ermächtigen lassen, die Leistung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen.
Ist der Schuldner verpflichtet, etwas nicht zu tun, so hat er schon bei bloßem Zuwiderhandeln den Schaden zu ersetzen.
Überdies kann der Gläubiger die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes verlangen und sich ermächtigen lassen, diesen auf Kosten des Schuldners zu beseitigen.
II. Maß der Haftung und Umfang des Schadenersatzes.
1. Im allgemeinen.
99. Der Schuldner haftet im allgemeinen für jedes Verschulden.
Das Maß der Haftung richtet sich nach der besonderen Natur des Geschäftes und wird insbesondere milder beurteilt, wenn das Geschäft für den Schuldner keinerlei Vorteil bezweckt.
Im übrigen finden die Bestimmungen über das Maß der Haftung bei unerlaubten Handlungen auf das vertragswidrige Verhalten entsprechende Anwendung.
2. Wegbedingung der Haftung.
100. Eine zum voraus getroffene Verabredung, wonach die Haftung für rechtswidrige Absicht oder grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen sein würde, ist nichtig.
Auch ein zum voraus erklärter Verzicht auf Haftung für leichtes Verschulden kann nach Ermessen des Richters als nichtig betrachtet werden, wenn der Verzichtende zur Zeit seiner Erklärung im Dienst des anderen Teiles stand, oder wenn die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes folgt.
Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften über den Versicherungsvertrag.
3. Haftung für Hülfspersonen.
101. Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rechtes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugter Weise, durch eine Hülfsperson, wie Hausgenossen, Arbeiter oder Angestellte, vornehmen lässt, hat dem Andern den Schaden zu ersetzen, den die Hülfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.
Diese Haftung kann durch eine zum voraus getroffene Verabredung beschränkt oder aufgehoben werden.
Steht aber der Verzichtende im Dienst des Andern oder folgt die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes, so darf die Haftung höchstens für leichtes Verschulden wegbedungen werden.
B. Verzug des Schuldners.
I. Voraussetzung.
102. Ist eine Verbindlichkeit fällig, so wird der Schuldner durch Mahnung des Gläubigers in Verzug gesetzt.
Wurde für die Erfüllung ein bestimmter Verfalltag verabredet, oder ergibt sich ein solcher infolge einer vorbehaltenen und gehörig vorgenommenen Kündigung, so kommt der Schuldner schon mit Ablauf dieses Tages in Verzug.
II. Wirkung.
1. Haftung für Zufall.
103. Befindet sich der Schuldner im Verzuge, so hat er Schadenersatz wegen verspäteter Erfüllung zu leisten und haftet auch für den Zufall.
Er kann sich von dieser Haftung durch den Nachweis befreien, dass der Verzug ohne jedes Verschulden von seiner Seite eingetreten ist oder dass der Zufall auch bei rechtzeitiger Erfüllung den Gegenstand der Leistung zum Nachteile des Gläubigers betroffen hätte.
2. Verzugszinse.
a. Im allgemeinen.
104. Ist der Schuldner mit der Zahlung einer Geldschuld in Verzug, so hat er Verzugszinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen, selbst wenn die vertragsmäßigen Zinse weniger betragen.
Sind durch Vertrag höhere Zinse als fünf vom Hundert, sei es direkt, sei es durch Verabredung einer periodischen Bankprovision, ausbedungen worden, so können sie auch während des Verzuges gefordert werden.
Unter Kaufleuten können für die Zeit, wo der übliche Bankdiskonto am Zahlungsorte fünf vom Hundert übersteigt, die Verzugszinse zu diesem höheren Zinsfusse berechnet werden.
b. Bei Zinsen, Renten, Schenkungen.
105. Ein Schuldner, der mit der Zahlung von Zinsen oder mit der Entrichtung von Renten oder mit der Zahlung einer geschenkten Summe im Verzuge ist, hat erst vom Tage der Anhebung der Betreibung oder der gerichtlichen Klage an Verzugszinse zu bezahlen.
Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nach den Grundsätzen über Konventionalstrafe zu beurteilen.
Von Verzugszinsen dürfen keine Verzugszinse berechnet werden.
3. Weiterer Schaden.
106. Hat der Gläubiger einen größeren Schaden erlitten, als ihm durch die Verzugszinse vergütet wird, so ist der Schuldner zum Ersatze auch dieses Schadens verpflichtet, wenn er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
Lässt sich dieser größere Schaden zum voraus abschätzen, so kann der Richter den Ersatz schon im Urteil über den Hauptanspruch festsetzen.
4. Rücktritt und Schadenersatz.
a. Unter Fristansetzung.
107. Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
b. Ohne Fristansetzung.
108. Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1. wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde,
2. wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist,
3. wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
c. Wirkung des Rücktritts.
109. Wer vom Vertrage zurücktritt, kann die versprochene Gegenleistung verweigern und das Geleistete zurückfordern.
Überdies hat er Anspruch auf Ersatz des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens, sofern der Schuldner nicht nachweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
Dritter Abschnitt.
Beziehungen zu dritten Personen.
A. Eintritt eines Dritten.
110. Soweit ein Dritter den Gläubiger befriedigt, gehen dessen Rechte von Gesetzes wegen auf ihn über:
1. wenn er eine für eine fremde Schuld verpfändete Sache einlöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht,
2. wenn der Schuldner dem Gläubiger anzeigt, dass der Zahlende an die Stelle des Gläubigers treten soll.
B. Vertrag zu Lasten eines Dritten.
111. Wer einem Andern die Leistung eines Dritten verspricht, ist, wenn sie nicht erfolgt, zum Ersatze des hieraus entstandenen Schadens verpflichtet.
C. Vertrag zu Gunsten eines Dritten.
I. Im allgemeinen.
112. Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde.
Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden Andern war, oder wenn es der Übung entspricht.
In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen.
II. Bei Haftpflichtversicherung.
113. Wenn ein Dienstherr gegen die Folgen der gesetzlichen Haftpflicht versichert war und der Dienstpflichtige nicht weniger als die Hälfte an die Prämien geleistet hat, so steht der Anspruch aus der Versicherung ausschließlich dem Dienstpflichtigen zu.
Dritter Titel.
Das Erlöschen der Obligationen.
A. Erlöschen der Nebenrechte.
114. Geht eine Forderung infolge ihrer Erfüllung oder auf andere Weise unter, so erlöschen alle ihre Nebenrechte, wie namentlich die Bürgschaften und Pfandrechte.
Bereits erlaufene Zinse können nur dann nachgefordert werden, wenn diese Befugnis des Gläubigers verabredet oder den Umständen zu entnehmen ist.
Vorbehalten bleiben die besonderen Vorschriften über das Grundpfandrecht, die Wertpapiere und den Nachlassvertrag.
B. Aufhebung durch Übereinkunft.
115. Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschließenden gewählt war.
C. Neuerung.
I. Im allgemeinen.
116. Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
Insbesondere bewirkt die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit mit Rücksicht auf eine bestehende Schuld oder die Ausstellung eines neuen Schuld- oder Bürgschaftsscheines, wenn es nicht anders vereinbart wird, keine Neuerung der bisherigen Schuld.
II. Beim Konto-Korrent-Verhältnis.
117. Die Einsetzung der einzelnen Posten in einen Konto-Korrent hat keine Neuerung zur Folge.
Eine Neuerung ist jedoch anzunehmen, wenn der Saldo gezogen und anerkannt wird.
Bestehen für einen einzelnen Posten besondere Sicherheiten, so werden sie, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung, durch die Ziehung und Anerkennung des Saldos nicht aufgehoben.
D. Vereinigung.
118. Wenn die Eigenschaften des Gläubigers und des Schuldners in einer Person zusammentreffen, so gilt die Forderung als durch Vereinigung erloschen.
Wird die Vereinigung rückgängig, so lebt die Forderung wieder auf.
Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften über das Grundpfandrecht und die Wertpapiere.
E. Unmöglichwerden einer Leistung.
119. Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
Bei zweiseitigen Verträgen haftet der hienach freigewordene Schuldner für die bereits empfangene Gegenleistung aus ungerechtfertigter Bereicherung und verliert die noch nicht erfüllte Gegenforderung.
Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Gefahr nach Gesetzesvorschrift oder nach dem Inhalt des Vertrages vor der Erfüllung auf den Gläubiger übergeht.
F. Verrechnung.
I. Voraussetzung.
1. Im allgemeinen.
120. Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
Der Schuldner kann die Verrechnung geltend machen, auch wenn seine Gegenforderung bestritten wird.
Eine verjährte Forderung kann zur Verrechnung gebracht werden, wenn sie zu der Zeit, wo sie mit der andern Forderung verrechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
2. Bei Bürgschaft.
121. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, soweit dem Hauptschuldner das Recht der Verrechnung zusteht.
3. Bei Verträgen zu Gunsten Dritter.
122. Wer sich zu Gunsten eines Dritten verpflichtet hat, kann diese Schuld nicht mit Forderungen, die ihm gegen den Andern zustehen, verrechnen.
4. Im Konkurse des Schuldners.
123. Im Konkurse des Schuldners können die Gläubiger ihre Forderungen, auch wenn sie nicht fällig sind, mit Forderungen, die dem Gemeinschuldner ihnen gegenüber zustehen, verrechnen.
Die Ausschließung oder Anfechtung der Verrechnung im Konkurse des Schuldners steht unter den Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts.
II. Wirkung der Verrechnung.
124. Eine Verrechnung tritt nur insofern ein, als der Schuldner dem Gläubiger zu erkennen gibt, dass er von seinem Rechte der Verrechnung Gebrauch machen wolle.
Ist dies geschehen, so wird angenommen, Forderung und Gegenforderung seien, soweit sie sich ausgleichen, schon in dem Zeitpunkte getilgt worden, in dem sie zur Verrechnung geeignet einander gegenüberstanden.
Vorbehalten bleiben die besonderen Übungen des kaufmännischen Konto-Korrent-Verkehres.
III. Fälle der Ausschließung.
125. Wider den Willen des Gläubigers können durch Verrechnung nicht getilgt werden:
1. Verpflichtungen zur Rückgabe oder zum Ersatze hinterlegter, widerrechtlich entzogener oder böswillig vorenthaltener Sachen,
2. Verpflichtungen, deren besondere Natur die tatsächliche Erfüllung an den Gläubiger verlangt, wie Unterhaltsansprüche und Lohnguthaben, die zum Unterhalt des Gläubigers und seiner Familie unbedingt erforderlich sind,
3. Verpflichtungen gegen das Gemeinwesen aus öffentlichem Rechte.
IV. Verzicht.
126. Auf die Verrechnung kann der Schuldner zum voraus Verzicht leisten.
G. Verjährung.
I. Fristen.
1. Zehn Jahre.
127. Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt.
2. Fünf Jahre.
128. Mit Ablauf von fünf Jahren verjähren die Forderungen:
1. für Miet-, Pacht- und Kapitalzinse, sowie für andere periodische Leistungen,
2. aus Lieferung von Lebensmitteln, für Beköstigung und für Wirtsschulden,
3. aus Handwerksarbeit, Kleinverkauf von Waren, ärztlicher Besorgung, Berufsarbeiten von Anwälten, Rechtsagenten, Prokuratoren und Notaren, Arbeit von Angestellten, Dienstboten, Tagelöhnern und Arbeitern.
3. Unabänderlichkeit der Fristen.
129. Die in diesem Titel aufgestellten Verjährungsfristen können durch Verfügung der Beteiligten nicht abgeändert werden.
4. Beginn der Verjährung.
a. Im allgemeinen.
130. Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung.
Ist eine Forderung auf Kündigung gestellt, so beginnt die Verjährung mit dem Tag, auf den die Kündigung zulässig ist.
b. Bei periodischen Leistungen.
131. Bei Leibrenten und ähnlichen periodischen Leistungen beginnt die Verjährung für das Forderungsrecht im ganzen mit dem Zeitpunkte, in dem die erste rückständige Leistung fällig war.
Ist das Forderungsrecht im ganzen verjährt, so sind es auch die einzelnen Leistungen.
5. Berechnung der Fristen.
132. Bei der Berechnung der Frist ist der Tag, von dem an die Verjährung läuft, nicht mit zu rechnen und die Verjährung erst dann als beendigt zu betrachten, wenn der letzte Tag unbenutzt verstrichen ist.
Im übrigen gelten die Vorschriften für die Fristberechnungen bei der Erfüllung auch für die Verjährung.
II. Wirkung auf Nebenansprüche.
133. Mit dem Hauptanspruche verjähren die aus ihm entspringenden Zinse und andere Nebenansprüche.
III. Hinderung und Stillstand der Verjährung.
134. Die Verjährung beginnt nicht und steht stille, falls sie begonnen hat:
1. für Forderungen der Kinder gegen die Eltern während der Dauer der elterlichen Gewalt,
2. für Forderungen der Mündel gegen den Vormund und die vormundschaftlichen Behörden während der Dauer der Vormundschaft,
3. für Forderungen der Ehegatten gegen einander während der Dauer der Ehe,
4. für Forderungen der Dienstboten gegen die Dienstherrschaft während der Dauer des Dienstverhältnisses,
5. solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutznießung zusteht,
6. solange eine Forderung vor einem schweizerischen Gerichte nicht geltend gemacht werden kann.
Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang.
Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes.
IV. Unterbrechung der Verjährung.
1. Unterbrechungsgründe.
135. Die Verjährung wird unterbrochen:
1. durch Anerkennung der Forderung von Seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung,
2. durch Schuldbetreibung, durch Klage oder Einrede vor einem Gerichte oder Schiedsgericht, sowie durch Eingabe im Konkurse und Ladung zu einem amtlichen Sühneversuch.
2. Wirkung der Unterbrechung unter Mitverpflichteten.
136. Die Unterbrechung der Verjährung gegen einen Solidarschuldner oder den Mitschuldner einer unteilbaren Leistung wirkt auch gegen die übrigen Mitschuldner.
Ist die Verjährung gegen den Hauptschuldner unterbrochen, so ist sie es auch gegen den Bürgen.
Dagegen wirkt die gegen den Bürgen eingetretene Unterbrechung nicht gegen den Hauptschuldner.
3. Beginn einer neuen Frist.
a. Bei Anerkennung und Urteil.
137. Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem.
Wird die Forderung durch Ausstellung einer Urkunde anerkannt oder durch Urteil des Richters festgestellt, so ist die neue Verjährungsfrist stets die zehnjährige.
b. Bei Handlungen des Gläubigers.
138. Wird die Verjährung durch eine Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt im Verlaufe des Rechtsstreites mit jeder gerichtlichen Handlung der Parteien und mit jeder Verfügung oder Entscheidung des Richters die Verjährung von neuem.
Erfolgt die Unterbrechung durch Schuldbetreibung, so beginnt mit jedem Betreibungsakt die Verjährung von neuem.
Geschieht die Unterbrechung durch Eingabe im Konkurse, so beginnt die neue Verjährung mit dem Zeitpunkte, in dem die Forderung nach dem Konkursrechte wieder geltend gemacht werden kann.
V. Nachfrist bei Rückweisung der Klage.
139. Ist die Klage oder die Einrede wegen Unzuständigkeit des angesprochenen Richters oder wegen eines verbesserlichen Fehlers angebrachtermaßen oder als vorzeitig zurückgewiesen worden, so beginnt, falls die Verjährungsfrist unterdessen abgelaufen ist, eine neue Frist von sechzig Tagen zur Geltendmachung des Anspruches.
VI. Verjährung bei Fahrnispfandrecht.
140. Durch das Bestehen eines Fahrnispfandrechtes wird die Verjährung einer Forderung nicht ausgeschlossen, ihr Eintritt verhindert jedoch den Gläubiger nicht an der Geltendmachung des Pfandrechtes.
VII. Verzicht auf die Verjährung.
141. Auf die Verjährung kann nicht zum voraus verzichtet werden.
Der Verzicht eines Solidarschuldners kann den übrigen Solidarschuldnern nicht entgegen gehalten werden.
Dasselbe gilt unter mehreren Schuldnern einer unteilbaren Leistung und für den Bürgen beim Verzicht des Hauptschuldners.
VIII. Geltendmachung.
142.
Der Richter darf die Verjährung nicht von Amtes wegen berücksichtigen.
Vierter Titel.
Besondere Verhältnisse bei Obligationen.
Erster Abschnitt.
Die Solidarität.
A. Solidarschuld.
I. Entstehung.
143. Solidarität unter mehreren Schuldnern entsteht, wenn sie erklären, dass dem Gläubiger gegenüber jeder einzeln für die Erfüllung der ganzen Schuld haften wolle.
Ohne solche Willenserklärung entsteht Solidarität nur in den vom Gesetze bestimmten Fällen.
II. Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner.
1. Wirkung.
a. Haftung der Schuldner.
144. Der Gläubiger kann nach seiner Wahl von allen Solidarschuldnern je nur einen Teil oder das Ganze fordern.
Sämtliche Schuldner bleiben so lange verpflichtet, bis die ganze Forderung getilgt ist.
b. Einreden der Schuldner.
145. Ein Solidarschuldner kann dem Gläubiger nur solche Einreden entgegensetzen, die entweder aus seinem persönlichen Verhältnisse zum Gläubiger oder aus dem gemeinsamen Entstehungsgrunde oder Inhalte der solidarischen Verbindlichkeit hervorgehen.
Jeder Solidarschuldner wird den andern gegenüber verantwortlich, wenn er diejenigen Einreden nicht geltend macht, die allen gemeinsam zustehen.
c. Persönliche Handlung des Einzelnen.
146. Ein Solidarschuldner kann, soweit es nicht anders bestimmt ist, durch seine persönliche Handlung die Lage der andern nicht erschweren.
2. Erlöschen der Solidarschuld.
147. Soweit ein Solidarschuldner durch Zahlung oder Verrechnung den Gläubiger befriedigt hat, sind auch die übrigen befreit.
Wird ein Solidarschuldner ohne Befriedigung des Gläubigers befreit, so wirkt die Befreiung zu Gunsten der andern nur so weit, als die Umstände oder die Natur der Verbindlichkeit es rechtfertigen.
III. Verhältnis unter den Solidarschuldnern.
1. Beteiligung.
148. Sofern sich aus dem Rechtsverhältnisse unter den Solidarschuldnern nicht etwas anderes ergibt, hat von der an den Gläubiger geleisteten Zahlung ein jeder einen gleichen Teil zu übernehmen.
Bezahlt ein Solidarschuldner mehr als seinen Teil, so hat er für den Mehrbetrag Rückgriff auf seine Mitschuldner.
Was von einem Mitschuldner nicht erhältlich ist, haben die übrigen gleichmäßig zu tragen.
2. Übergang der Gläubigerrechte.
149. Auf den rückgriffsberechtigten Solidarschuldner gehen in demselben Maße, als er den Gläubiger befriedigt hat, dessen Rechte über.
Der Gläubiger ist dafür verantwortlich, dass er die rechtliche Lage des einen Solidarschuldners nicht zum Schaden der übrigen besser stelle.
B. Solidarforderung.
150. Solidarität unter mehreren Gläubigern entsteht, wenn der Schuldner erklärt, jeden einzelnen auf die ganze Forderung berechtigen zu wollen, sowie in den vom Gesetze bestimmten Fällen.
Die Leistung an einen der Solidargläubiger befreit den Schuldner gegenüber allen.
Der Schuldner hat die Wahl, an welchen Solidargläubiger er bezahlen will, solange er nicht von einem rechtlich belangt worden ist.
Zweiter Abschnitt.
Die Bedingungen.
A. Aufschiebende Bedingung.
I. Im allgemeinen.
151. Ein Vertrag, dessen Verbindlichkeit vom Eintritte einer ungewissen Tatsache abhängig gemacht wird, ist als bedingt anzusehen.
Für den Beginn der Wirkungen ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Bedingung in Erfüllung geht, sofern nicht auf eine andere Absicht der Parteien geschlossen werden muss.
II. Zustand bei schwebender Bedingung.
152. Der bedingt Verpflichtete darf, solange die Bedingung schwebt, nichts vornehmen, was die gehörige Erfüllung seiner Verbindlichkeit hindern könnte.
Der bedingt Berechtigte ist befugt, bei Gefährdung seiner Rechte dieselben Sicherungsmaßregeln zu verlangen, wie wenn seine Forderung eine unbedingte wäre.
Verfügungen während der Schwebezeit sind, wenn die Bedingung eintritt, insoweit hinfällig, als sie deren Wirkung beeinträchtigen.
III. Nutzen in der Zwischenzeit.
153. Ist die versprochene Sache dem Gläubiger vor Eintritt der Bedingung übergeben worden, so kann er, wenn die Bedingung erfüllt wird, den inzwischen bezogenen Nutzen behalten.
Wenn die Bedingung nicht eintritt, so hat er das Bezogene herauszugeben.
B. Auflösende Bedingung.
154. Ein Vertrag, dessen Auflösung vom Eintritte einer Bedingung abhängig gemacht worden ist, verliert seine Wirksamkeit mit dem Zeitpunkte, wo die Bedingung in Erfüllung geht.
Eine Rückwirkung findet in der Regel nicht statt.
C. Gemeinsame Vorschriften.
I. Erfüllung der Bedingung.
155. Ist die Bedingung auf eine Handlung eines der Vertragschließenden gestellt, bei der es auf dessen Persönlichkeit nicht ankommt, so kann sie auch von seinen Erben erfüllt werden.
II. Verhinderung wider Treu und Glauben.
156. Eine Bedingung gilt als erfüllt, wenn ihr Eintritt von dem einen Teile wider Treu und Glauben verhindert worden ist.
III. Unzulässige Bedingungen.
157. Wird eine Bedingung in der Absicht beigefügt, eine widerrechtliche oder unsittliche Handlung oder Unterlassung zu befördern, so ist der bedingte Anspruch nichtig.
Dritter Abschnitt.
Haft- und Reugeld. Lohnabzüge. Konventionalstrafe.
A. Haft- und Reugeld.
158. Das beim Vertragsabschlusse gegebene An- oder Draufgeld gilt als Haft-, nicht als Reugeld.
Wo nicht Vertrag oder Ortsgebrauch etwas anderes bestimmen, verbleibt das Haftgeld dem Empfänger ohne Abzug von seinem Anspruche.
Ist ein Reugeld verabredet worden, so kann der Geber gegen Zurücklassung des bezahlten und der Empfänger gegen Erstattung des doppelten Betrages von dem Vertrage zurücktreten.
B. Lohnabzüge.
159. Wird in einem Arbeitsverhältnis ein Teil der Löhnung nach Vertrag zurückbehalten, so gilt dieser Betrag, wenn es nicht anders verabredet oder üblich ist, als Hinterlage zur Deckung des Schadens des Dienstherrn, und nicht als Konventionalstrafe.
Zulässig sind solche Abzüge nur insoweit, als die Ersatzforderung mit der Lohnschuld verrechnet werden darf.
C. Konventionalstrafe.
I. Recht des Gläubigers.
1. Verhältnis der Strafe zur Vertragserfüllung.
160. Wenn für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht richtigen Erfüllung eines Vertrages eine Konventionalstrafe versprochen ist, so ist der Gläubiger mangels anderer Abrede nur berechtigt, entweder die Erfüllung oder die Strafe zu fordern.
Wurde die Strafe für Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes versprochen, so kann sie nebst der Erfüllung des Vertrages gefordert werden, solange der Gläubiger nicht ausdrücklich Verzicht leistet oder die Erfüllung vorbehaltlos annimmt.
Dem Schuldner bleibt der Nachweis vorbehalten, dass ihm gegen Erlegung der Strafe der Rücktritt freistehen sollte.
2. Verhältnis der Strafe zum Schaden.
161. Die Konventionalstrafe ist verfallen, auch wenn dem Gläubiger kein Schaden erwachsen ist.
Übersteigt der erlittene Schaden den Betrag der Strafe, so kann der Gläubiger den Mehrbetrag nur so weit einfordern, als er ein Verschulden nachweist.
3. Verfall von Teilzahlungen.
162. Die Abrede, dass Teilzahlungen im Falle des Rücktrittes dem Gläubiger verbleiben sollen, ist nach den Vorschriften über die Konventionalstrafe zu beurteilen.
Die Vorschriften über das Abzahlungsgeschäft bleiben vorbehalten.
II. Höhe, Ungültigkeit und Herabsetzung der Strafe.
163. Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden.
Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist.
Übermäßig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen.
Fünfter Titel.
Die Abtretung von Forderungen und die Schuldübernahme.
A. Abtretung von Forderungen.
I. Erfordernisse.
1. Freiwillige Abtretung.
a. Zulässigkeit.
164. Der Gläubiger kann eine ihm zustehende Forderung ohne Einwilligung des Schuldners an einen Andern abtreten, soweit nicht Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen.
Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, das ein Verbot der Abtretung nicht enthält, kann der Schuldner die Einrede, dass die Abtretung durch Vereinbarung ausgeschlossen worden sei, nicht entgegensetzen.
6. Form des Vertrages.
165. Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
Die Verpflichtung zum Abschluss eines Abtretungsvertrages kann formlos begründet werden.
2. Übergang kraft Gesetzes oder Richterspruchs.
166. Bestimmen Gesetz oder richterliches Urteil, dass eine Forderung auf einen Andern übergeht, so ist der Übergang Dritten gegenüber wirksam, ohne dass es einer besondern Form oder auch nur einer Willenserklärung des bisherigen Gläubigers bedarf.
II. Wirkung der Abtretung.
1. Stellung des Schuldners,
a. Zahlung in gutem Glauben.
167. Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den frühern Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgehenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.
b. Verweigerung der Zahlung und Hinterlegung.
168. Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntnis hat, so tut er es auf seine Gefahr.
Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.
c. Einreden des Schuldners.
169. Einreden, die der Forderung des Abtretenden entgegenstanden, kann der Schuldner auch gegen den Erwerber geltend machen, wenn sie schon zu der Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt.
Ist eine Gegenforderung des Schuldners in diesem Zeitpunkt noch nicht fällig gewesen, so kann er sie dennoch zur Verrechnung bringen, wenn sie nicht später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.
2. Übergang der Vorzugs- und Nebenrechte, Urkunden und Beweismittel.
170. Mit der Forderung gehen die Vorzugs- und Nebenrechte über, mit Ausnahme derer, die untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind.
Der Abtretende ist verpflichtet, dem Erwerber die Schuldurkunde und alle vorhandenen Beweismittel auszuliefern und ihm die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Aufschlüsse zu erteilen.
Es wird vermutet, dass mit der Hauptforderung auch die rückständigen Zinse auf den Erwerber übergehen.
3. Gewährleistung.
a. Im allgemeinen.
171. Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung.
Für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners dagegen haftet der Abtretende nur dann, wenn er sich dazu verpflichtet hat.
Bei der unentgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende auch nicht für den Bestand der Forderung.
b. Bei Abtretung zahlungshalber.
172. Hat ein Gläubiger seine Forderung zum Zwecke der Zahlung abgetreten ohne Bestimmung des Betrages, zu dem sie angerechnet werden soll, so muss der Bewerber sich nur diejenige Summe anrechnen lassen, die er vom Schuldner erhält oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erhalten können.
c. Umfang der Haftung.
173. Der Abtretende haftet vermöge der Gewährleistung nur für den empfangenen Gegenwert nebst Zinsen und überdies für die Kosten der Abtretung und des erfolglosen Vorgehens gegen den Schuldner.
Geht eine Forderung von Gesetzes wegen auf einen Andern über, so haftet der bisherige Gläubiger weder für den Bestand der Forderung noch für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners.
III. Besondere Bestimmungen.
174. Wo das Gesetz für die Übertragung von Forderungen besondere Bestimmungen aufstellt, bleiben diese vorbehalten.
B. Schuldübernahme.
I. Schuldner und Schuldübernehmer.
175. Wer einem Schuldner verspricht, seine Schuld zu übernehmen, verpflichtet sich, ihn von der Schuld zu befreien, sei es durch Befriedigung des Gläubigers oder dadurch, dass er sich an seiner Statt mit Zustimmung des Gläubigers zu dessen Schuldner macht.
Der Übernehmer kann zur Erfüllung dieser Pflicht vom Schuldner nicht angehalten werden, solange dieser ihm gegenüber den Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, die dem Schuldübernahmevertrag zu Grunde liegen.
Unterbleibt die Befreiung des alten Schuldners, so kann dieser vom neuen Schuldner Sicherheit verlangen.
II. Vertrag mit dem Gläubiger.
1. Antrag und Annahme.
176. Der Eintritt eines Schuldübernehmers in das Schuldverhältnis an Stelle und mit Befreiung des bisherigen Schuldners erfolgt durch Vertrag des Übernehmers mit dem Gläubiger.
Der Antrag des Übernehmers kann dadurch erfolgen, dass er, oder mit seiner Ermächtigung der bisherige Schuldner, dem Gläubiger von der Übernahme der Schuld Mitteilung macht.
Die Annahmeerklärung des Gläubigers kann ausdrücklich erfolgen oder aus den Umständen hervorgehen und wird vermutet, wenn der Gläubiger ohne Vorbehalt vom Übernehmer eine Zahlung annimmt oder einer anderen schuldnerischen Handlung zustimmt.
2. Wegfall des Antrags.
177. Die Annahme durch den Gläubiger kann jederzeit erfolgen, der Übernehmer wie der bisherige Schuldner können jedoch dem Gläubiger für die Annahme eine Frist setzen, nach deren Ablauf die Annahme bei Stillschweigen des Gläubigers als verweigert gilt.
Wird vor der Annahme durch den Gläubiger eine neue Schuldübernahme verabredet und auch von dem neuen Übernehmer dem Gläubiger der Antrag gestellt, so wird der vorhergehende Übernehmer befreit.
III. Wirkung des Schuldnerwechsels.
1. Nebenrechte.
178. Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
Von Dritten bestellte Pfänder sowie die Bürgen haften jedoch dem Gläubiger nur dann weiter, wenn der Verpfänder oder der Bürge der Schuldübernahme zugestimmt hat.
2. Einreden.
179. Die Einreden aus dem Schuldverhältnis stehen dem neuen Schuldner zu wie dem bisherigen.
Die Einreden, die der bisherige Schuldner persönlich gegen den Gläubiger gehabt hat, kann der neue Schuldner diesem, soweit nicht aus dem Vertrag mit ihm etwas anderes hervorgeht, nicht entgegenhalten.
Der Übernehmer kann die Einreden, die ihm gegen den Schuldner aus dem der Schuldübernahme zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zustehen, gegen den Gläubiger nicht geltend machen.
IV. Dahinfallen des Schuldübernahmevertrages.
180. Fällt ein Übernahmevertrag als unwirksam dahin, so lebt die Verpflichtung des frühern Schuldners mit allen Nebenrechten, unter Vorbehalt der Rechte gutgläubiger Dritter, wieder auf.
Außerdem kann der Gläubiger von dem Übernehmer Ersatz des Schadens verlangen, der ihm hiebei infolge des Verlustes früher erlangter Sicherheiten oder dergleichen entstanden ist, insoweit der Übernehmer nicht darzutun vermag, dass ihm an dem Dahinfallen der Schuldübernahme und an der Schädigung des Gläubigers keinerlei Verschulden zur Last falle.
V. Übernahme eines Vermögens oder eines Geschäftes.
181. Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während zwei Jahren, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder Auskündung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.
Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
VI. Vereinigung und Umwandlung von Geschäften.
182. Wird ein Geschäft mit einem andern durch wechselseitige Übernahme von Aktiven und Passiven vereinigt, so stehen die Gläubiger der beiden Geschäfte unter den Wirkungen der Vermögensübernahme, und es wird ihnen das vereinigte Geschäft für alle Schulden haftbar.
Das Gleiche gilt für den Fall der Bildung einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft gegenüber den Passiven des Geschäftes, das bisher durch einen Einzelinhaber geführt worden ist.
VII. Erbteilung und Grundstückkauf.
183. Die besondern Bestimmungen betreffend die Schuldübernahme bei Erbteilung und bei Veräußerung verpfändeter Grundstücke. bleiben vorbehalten.
Zweite Abteilung.
Die einzelnen Vertragsverhältnisse.
Sechster Titel.
Kauf und Tausch.
Erster Abschnitt.
Allgemeine Bestimmungen.
A. Rechte und Pflichten im allgemeinen.
184. Durch den Kaufvertrag verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer den Kaufgegenstand zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen, und der Käufer, dem Verkäufer den Kaufpreis zu bezahlen.
Sofern nicht Vereinbarung oder Übung entgegenstehen, sind Verkäufer und Käufer verpflichtet, ihre Leistungen gleichzeitig - Zug um Zug - zu erfüllen.
Der Preis ist genügend bestimmt, wenn er nach den Umständen bestimmbar ist.
B. Nutzen und Gefahr.
185. Sofern nicht besondere Verhältnisse oder Verabredungen eine Ausnahme begründen, gehen Nutzen und Gefahr der allgemeinen Sache mit dem Abschlusse des Vertrages auf den Erwerber über.
Ist die veräußerte Sache nur der Gattung nach bestimmt, so muss sie überdies ausgeschieden und, wenn sie versendet werden soll, zur Versendung abgegeben sein.
Bei Verträgen, die unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen sind, gehen Nutzen und Gefahr der veräußerten Sache erst mit dem Eintritte der Bedingung auf den Erwerber über.
C. Vorbehalt der kantonalen Gesetzgebung.
186. Der kantonalen Gesetzgebung bleibt es vorbehalten, die Klagbarkeit von Forderungen aus dem Kleinvertriebe geistiger Getränke, einschließlich der Forderung für Wirtszeche,
zu beschränken oder auszuschließen.
Zweiter Abschnitt.
Der Fahrniskauf.
A. Gegenstand.
187. Als Fahrniskauf ist jeder Kauf anzusehen, der nicht eine Liegenschaft oder ein in das Grundbuch als Grundstück aufgenommenes Recht zum Gegenstande hat.
Bestandteile eines Grundstückes, wie Früchte oder Material auf Abbruch oder aus Steinbrüchen, bilden den Gegenstand eines Fahrniskaufes, wenn sie nach ihrer Lostrennung auf den Erwerber als bewegliche Sachen übergehen sollen.
B. Verpflichtungen des Verkäufers.
I. Übergabe.
1. Kosten der Übergabe.
188. Sofern nicht etwas anderes vereinbart worden oder üblich ist, trägt der Verkäufer die Kosten der Übergabe, insbesondere des Messens und Wägens, der Käufer dagegen die der Beurkundung und der Abnahme.
2. Transportkosten.
189. Muss die verkaufte Sache an einen anderen als den Erfüllungsort versendet werden, so trägt der Käufer die Transportkosten, sofern nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist.
Ist Frankolieferung verabredet, so wird vermutet, der Verkäufer habe die Transportkosten übernommen.
Ist Franko- und zollfreie Lieferung verabredet, so gelten die Ausgangs-, Durchgangs- und Eingangszölle, die während des Transportes, nicht aber die Verbrauchssteuern, die bei Empfang der Sache erhoben werden, als mitübernommen.
3. Verzug in der Übergabe.
a. Rücktritt im kaufmännischen Verkehr.
190. Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte, und Schadensersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
b. Schadenersatzpflicht und Schadenberechnung.
191. Kommt der Verkäufer seiner Vertragspflicht nicht nach, so hat er den Schaden, der dem Käufer hieraus entsteht, zu ersetzen.
Der Käufer kann als seinen Schaden im kaufmännischen Verkehr die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Preise, um den er sich einen Ersatz für die nicht gelieferte Sache in guten Treuen erworben hat, geltend machen.
Bei Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, kann er, ohne sich den Ersatz anzuschaffen, die Differenz zwischen dem Vertragspreise und dem Preise zur Erfüllungszeit als Schadenersatz verlangen.
II Gewährleistung des veräußerten Rechtes.
1. Verpflichtung zur Gewährleistung.
192. Der Verkäufer hat dafür Gewähr zu leisten, dass nicht ein Dritter aus Rechtsgründen, die schon zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden haben, den Kaufgegenstand dem Käufer ganz oder teilweise entziehe.
Kannte der Käufer zur Zeit des Vertragsabschlusses die Gefahr der Entwehrung, so hat der Verkäufer nur insofern Gewähr zu leisten, als er sich ausdrücklich dazu verpflichtet hat.
Eine Vereinbarung über Aufhebung oder Beschränkung der Gewährspflicht ist ungültig, wenn der Verkäufer das Recht des Dritten absichtlich verschwiegen hat.
2. Verfahren.
a. Streitverkündung.
193. Wird von einem Dritten ein Recht geltend gemacht, das den Verkäufer zur Gewährleistung verpflichtet, so hat dieser auf ergangene Streitverkündung je nach den Umständen und den Vorschriften der Prozessordnung dem Käufer im Prozesse beizustehen oder ihn zu vertreten.
Ist die Streitverkündung rechtzeitig erfolgt, so wirkt ein ungünstiges Ergebnis des Prozesses auch gegen den Verkäufer, sofern er nicht beweist, dass es durch böse Absicht oder grobe Fahrlässigkeit des Käufers verschuldet worden sei.
Ist sie ohne Veranlassung des Verkäufers unterblieben, so wird dieser von der Verpflichtung zur Gewährleistung insoweit befreit, als er zu beweisen vermag, dass bei rechtzeitig erfolgter Streitverkündung ein günstigeres Ergebnis des Prozesses zu erlangen gewesen wäre.
b. Herausgabe ohne richterliche Entscheidung.
194. Die Pflicht zur Gewährleistung besteht auch dann, wenn der Käufer, ohne es zur richterlichen Entscheidung kommen zu lassen, das Recht des Dritten in guten Treuen anerkannt oder sich einem Schiedsgericht unterworfen hat, sofern dieses dem Verkäufer rechtzeitig angedroht und ihm die Führung des Prozesses erfolglos angeboten worden war.
Ebenso besteht sie, wenn der Käufer beweist, dass er zur Herausgabe der Sache verpflichtet war.
3. Ansprüche des Käufers.
a. Bei vollständiger Entwehrung.
195. Ist die Entwehrung eine vollständige, so ist der Kaufvertrag als aufgehoben zu betrachten und der Käufer zu fordern berechtigt:
1. Rückerstattung des bezahlten Preises samt Zinsen unter Abrechnung der von ihm gewonnenen oder versäumten Früchte und sonstigen Nutzungen,
2. Ersatz der für die Sache gemachten Verwendungen, soweit er nicht von dem berechtigten Dritten erhältlich ist,
3. Ersatz aller durch den Prozess veranlassten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, mit Ausnahme derjenigen, die durch Streitverkündung vermieden worden
wären,
4. Ersatz des sonstigen durch die Entwehrung unmittelbar verursachten Schadens.
Der Verkäufer ist verpflichtet, auch den weitern Schaden zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
b. Bei teilweiser Entwehrung.
196. Wenn dem Käufer nur ein Teil des Kaufgegenstandes entzogen wird, oder wenn die verkaufte Sache mit einer dinglichen Last beschwert ist, für die der Verkäufer einzustehen hat, so kann der Käufer nicht die Aufhebung des Vertrages, sondern nur Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch die Entwehrung verursacht wird.
Ist jedoch nach Maßgabe der Umstände anzunehmen, dass der Käufer den Vertrag nicht geschlossen haben würde, wenn er die teilweise Entwehrung vorausgesehen hätte, so ist er befugt, die Aufhebung des Vertrages zu verlangen.
In diesem Falle muss er den Kaufgegenstand, soweit er nicht entwehrt worden ist, nebst dem inzwischen bezogenen Nutzen dem Verkäufer zurückgeben.
III. Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache.
1. Gegenstand der Gewährleistung.
a. Im allgemeinen.
197. Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
Er haftet auch dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat.
b. Beim Viehhandel.
198. Beim Handel mit Vieh (Pferden, Eseln, Maultieren, Rindvieh, Schafen, Ziegen und Schweinen) besteht eine Pflicht zur Gewährleistung nur insoweit, als der Verkäufer sie dem Käufer schriftlich zugesichert oder den Käufer absichtlich getäuscht hat.
c. Wegbedingung.
199. Eine Vereinbarung über Aufhebung oder Beschränkung der Gewährspflicht ist ungültig, wenn der Verkäufer dem Käufer die Gewährsmängel arglistig verschwiegen hat.
3. Vom Käufer gekannte Mängel.
200. Der Verkäufer haftet nicht für Mängel, die der Käufer zur Zeit des Kaufes gekannt hat.
Für Mängel, die der Käufer bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit hätte kennen sollen, haftet der Verkäufer nur dann, wenn er deren Nichtvorhandensein zugesichert hat.
4. Mängelrüge.
a. Im allgemeinen.
201. Der Käufer soll, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, die Beschaffenheit der empfangenen Sache prüfen und, falls sich Mängel ergeben, für die der Verkäufer Gewähr zu leisten hat, diesem sofort Anzeige machen.
Versäumt dieses der Käufer, so gilt die gekaufte Sache als genehmigt, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei der übungsgemäßen Untersuchung nicht erkennbar waren.
Ergeben sich später solche Mängel, so muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls die Sache auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.
b. Beim Viehhandel.
202. Enthält beim Handel mit Vieh die schriftliche Zusicherung keine Fristbestimmung und handelt es sich nicht um Gewährleistung für Trächtigkeit, so haftet der Verkäufer dem Käufer nur, wenn der Mangel binnen neun Tagen, von der Übergabe oder vom Annahmeverzug an gerechnet, entdeckt und angezeigt wird, und wenn binnen der gleichen Frist bei der zuständigen Behörde die Untersuchung des Tieres durch Sachverständige verlangt wird.
Das Gutachten der Sachverständigen wird vom Richter nach seinem Ermessen gewürdigt.
Im übrigen wird das Verfahren durch eine Verordnung des Bundesrates geregelt.
5. Absichtliche Täuschung.
203. Bei absichtlicher Täuschung des Käufers durch den Verkäufer findet eine Beschränkung der Gewährleistung wegen versäumter Anzeige nicht statt.
6. Verfahren bei Übersendung von anderem Ort.
204. Wenn die von einem anderen Orte übersandte Sache beanstandet wird und der Verkäufer an dem Empfangsorte keinen Stellvertreter hat, so ist der Käufer verpflichtet, für deren einstweilige Aufbewahrung zu sorgen, und darf sie dem Verkäufer nicht ohne weiteres zurückschicken.
Er soll den Tatbestand ohne Verzug gehörig feststellen lassen, widrigenfalls ihm der Beweis obliegt, dass die behaupteten Mängel schon zur Zeit der Empfangnahme vorhanden gewesen seien.
Zeigt sich Gefahr, dass die übersandte Sache schnell in Verderbnis gerate, so ist der Käufer berechtigt und, soweit die Interessen des Verkäufers es erfordern, verpflichtet, sie unter Mitwirkung der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo sich die Sache befindet, verkaufen zu lassen, hat aber bei Vermeidung von Schadenersatz den Verkäufer so zeitig als tunlich hievon zu benachrichtigen.
7. Inhalt der Klage des Käufers.
a. Wandelung oder Minderung.
205. Liegt ein Fall der Gewährleistung wegen Mängel der Sache vor, so hat der Käufer die Wahl, mit der Wandelungsklage den Kauf rückgängig zu machen oder mit der Minderungsklage Ersatz des Minderwertes der Sache zu fordern.
Auch wenn die Wandelungsklage angestellt worden ist, steht es dem Richter frei, bloß Ersatz des Minderwertes zuzusprechen, sofern die Umstände es nicht rechtfertigen, den Kauf rückgängig zu machen.
Erreicht der geforderte Minderwert den Betrag des Kaufpreises, so kann der Käufer nur die Wandelung verlangen.
b. Ersatzleistung.
206. Geht der Kauf auf die Lieferung einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen, so hat der Käufer die Wahl, entweder die Wandelungs- oder die Minderungsklage anzustellen oder andere währhafte Ware derselben Gattung zu fordern.
Wenn die Sachen dem Käufer nicht von einem anderen Orte her zugesandt worden sind, ist auch der Verkäufer berechtigt, sich durch sofortige Lieferung währhafter Ware derselben Gattung und Ersatz alles Schadens von jedem weiteren Anspruche des Käufers zu befreien.
c. Wandelung bei Untergang der Sache.
207. Die Wandelung kann auch dann begehrt werden, wenn die Sache infolge ihrer Mängel oder durch Zufall untergegangen ist.
Der Käufer hat in diesem Falle nur das zurückzugeben, was ihm von der Sache verblieben ist.
Ist die Sache durch Verschulden des Käufers untergegangen oder von diesem weiter veräußert oder umgestaltet worden, so kann er nur Ersatz des Minderwertes verlangen.
8. Durchführung der Wandelung.
a. Im allgemeinen.
208. Wird der Kauf rückgängig gemacht, so muss der Käufer die Sache nebst dem inzwischen bezogenen Nutzen dem Verkäufer zurückgeben.
Der Verkäufer hat den gezahlten Kaufpreis samt Zinsen zurückzuerstatten und überdies, entsprechend den Vorschriften über die vollständige Entwehrung, die Prozesskosten, die
Verwendungen und den Schaden zu ersetzen, der dem Käufer durch die Lieferung fehlerhafter Ware unmittelbar verursacht worden ist.
Der Verkäufer ist verpflichtet, den weitern Schaden zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
b. Bei einer Mehrheit von Kaufsachen.
209. Sind von mehreren zusammen verkauften Sachen oder von einer verkauften Gesamtsache bloß einzelne Stücke fehlerhaft, so kann nur rücksichtlich dieser die Wandelung verlangt werden.
Lassen sich jedoch die fehlerhaften Stücke von den fehlerfreien ohne erheblichen Nachteil für den Käufer oder den Verkäufer nicht trennen, so muss die Wandelung sich auf den gesamten Kaufgegenstand erstrecken.
Die Wandelung der Hauptsache zieht, selbst wenn für die Nebensache ein besonderer Preis festgesetzt war, die Wandelung auch dieser, die Wandelung der Nebensache dagegen nicht auch die Wandelung der Hauptsache nach sich.
9. Verjährung.
210. Die Klagen auf Gewährleistung wegen Mängel der Sache verjähren mit Ablauf eines Jahres nach deren Ablieferung an den Käufer, selbst wenn dieser die Mängel erst später entdeckt, es sei denn, dass der Verkäufer eine Haftung auf längere Zeit übernommen hat.
Die Einreden des Käufers wegen vorhandener Mängel bleiben bestehen, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablieferung die vorgeschriebene Anzeige an den Verkäufer gemacht worden ist.
Die mit Ablauf eines Jahres eintretende Verjährung kann der Verkäufer nicht geltend machen, wenn ihm eine absichtliche Täuschung des Käufers nachgewiesen wird.
C. Verpflichtungen des Käufers.
I. Zahlung des Preises und Annahme der Kaufsache.
211. Der Käufer ist verpflichtet, den Preis nach den Bestimmungen des Vertrages zu bezahlen und die gekaufte Sache, sofern sie ihm von dem Verkäufer vertragsgemäß angeboten wird, anzunehmen.
Die Empfangnahme muss sofort geschehen, wenn nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist.
II. Bestimmung des Kaufpreises.
212. Hat der Käufer fest bestellt, ohne den Preis zu nennen, so wird vermutet, es sei der mittlere Marktpreis gemeint, der zur Zeit und an dem Orte der Erfüllung gilt.
Ist der Kaufpreis nach dem Gewichte der Ware zu berechnen, so wird die Verpackung (Taragewicht) in Abzug gebracht.
Vorbehalten bleiben die besonderen kaufmännischen Übungen, nach denen bei einzelnen Handelsartikeln ein festbestimmter oder nach Prozenten berechneter Abzug vom Bruttogewicht erfolgt oder das ganze Bruttogewicht bei der Preisbestimmung angerechnet wird.
III. Fälligkeit und Verzinsung des Kaufpreises.
213. Ist kein anderer Zeitpunkt bestimmt, so wird der Kaufpreis mit dem Übergange des Kaufgegenstandes in den Besitz des Käufers fällig.
Abgesehen von der Vorschrift über den Verzug infolge Ablaufs eines bestimmten Verfalltages wird der Kaufpreis ohne Mahnung verzinslich, wenn die Übung es mit sich bringt, oder wenn der Käufer Früchte oder sonstige Erträgnisse des Kaufgegenstandes beziehen kann.
IV. Verzug des Käufers.
1. Rücktrittsrecht des Verkaufers.
214. Ist die verkaufte Sache gegen Vorausbezahlung des Preises oder Zug um Zug zu übergeben und befindet sich der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises im Verzuge, so hat der Verkäufer das Recht, ohne weiteres vom Vertrage zurückzutreten.
Er hat jedoch dem Käufer, wenn er von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen will, sofort Anzeige zu machen.
Ist der Kaufgegenstand vor der Zahlung in den Besitz des Käufers übergegangen, so kann der Verkäufer nur dann wegen Verzuges des Käufers von dem Vertrage zurücktreten und die übergebene Sache zurückfordern, wenn er sich dieses Recht ausdrücklich vorbehalten hat.
2. Schadenersatz und Schadenberechnung.
215. Kommt der Käufer im kaufmännischen Verkehr seiner Zahlungspflicht nicht nach, so hat der Verkäufer das Recht, seinen Schaden nach der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Preise zu berechnen, um den er die Sache in guten Treuen weiter verkauft hat.
Bei Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, kann er ohne einen solchen Verkauf die Differenz zwischen dem Vertragspreis und dem Markt- und Börsenpreis zur Erfüllungszeit als Schadenersatz verlangen.
Dritter Abschnitt.
Der Grundstückkauf.
A. Formvorschriften.
216. Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstand haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
Vorverträge, sowie Verträge, die ein Kaufsrecht oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begründen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
Vorkaufsverträge sind schon in schriftlicher Form gültig.
B. Bedingter Kauf und Eigentumsvorbehalt.
217. Ist ein Grundstückkauf bedingt abgeschlossen worden, so erfolgt die Eintragung in das Grundbuch erst, wenn die Bedingung erfüllt ist.
Die Eintragung eines Eigentumsvorbehaltes ist ausgeschlossen.
C. Weiterverkauf von landwirtschaftlichen Gewerben.
218. Die Kantone können auf dem Wege der Gesetzgebung vorschreiben, dass ein landwirtschaftliches Gewerbe vom Käufer nicht vor Ablauf einer bestimmten Frist in Stücken weiter verkauft werden darf.
Die Kantone sind dabei an die folgenden Bestimmungen
gebunden:
1. Das Verbot des stückweisen Weiterverkaufs darf nicht über fünf Jahre von dem Zeitpunkte an dauern, wo das Gewerbe dem Käufer zu Eigentum übertragen worden ist.
2. Das Verbot darf keine Anwendung finden auf Baugebiet, auf Grundstücke, die sich in vormundschaftlicher Verwaltung befinden, und auf Grundstücke, die im Betreibungs- und Konkursverfahren versteigert werden.
3. Die zuständige Behörde soll einen früheren Verkauf da gestatten dürfen, wo wichtige Gründe ihn rechtfertigen, wie namentlich, wenn es sich um den Verkauf durch die Erben des Käufers oder dergleichen handelt.
Ein Verkauf, der diesen Vorschriften zuwiderläuft, ist nichtig und gibt kein Recht auf Eintragung in das Grundbuch.
D. Gewährleistung.
219. Der Verkäufer eines Grundstückes hat, unter Vorbehalt anderweitiger Abrede dem Käufer Ersatz zu leisten, wenn das Grundstück nicht das Maß besitzt, das im Kaufvertrag angegeben ist.
Besitzt ein Grundstück nicht das im Grundbuch auf Grund amtlicher Vermessung angegebene Maß, so hat der Verkäufer dem Käufer nur dann Ersatz zu leisten, wenn er die Gewährleistung hiefür ausdrücklich übernommen hat.
Die Pflicht zur Gewährleistung für die Mängel eines Gebäudes verjährt mit dem Ablauf von fünf Jahren, vom Erwerb des Eigentums an gerechnet.
E. Nutzen und Gefahr.
220. Ist für die Übernahme des Grundstückes durch den Käufer ein bestimmter Zeitpunkt vertraglich festgestellt, so wird vermutet, dass Nutzen und Gefahr erst mit diesem Zeitpunkt auf den Käufer übergehen.
F. Verweisung auf den Fahrniskauf.
221. Im übrigen finden auf den Grundstückkauf die Bestimmungen über den Fahrniskauf entsprechende Anwendung.
Vierter Abschnitt.
Besondere Arten des Kaufes.
A. Kauf nach Muster.
222. Bei dem Kaufe nach Muster ist derjenige, dem das Muster anvertraut wurde, nicht verpflichtet, die Identität des von ihm vorgewiesenen mit dem empfangenen Muster zu beweisen, sondern es genügt seine persönliche Versicherung vor Gericht, und zwar auch dann, wenn das Muster zwar nicht mehr in der Gestalt, die es bei der Übergabe hatte, vorgewiesen wird, diese Veränderung aber die notwendige Folge der Prüfung des Musters ist.
In allen Fällen steht der Gegenpartei der Beweis der Unechtheit offen.
Ist das Muster bei dem Käufer, wenn auch ohne dessen Verschulden, verdorben oder zu Grunde gegangen, so hat nicht der Verkäufer zu beweisen, dass die Sache mustergemäß sei, sondern der Käufer das Gegenteil.
B. Kauf auf Probe oder auf Besicht.
I. Bedeutung.
223. Ist ein Kauf auf Probe oder auf Besicht vereinbart, so steht es im Belieben des Käufers, ob er die Kaufsache genehmigen will oder nicht.
Solange die Sache nicht genehmigt ist, bleibt sie im Eigentum des Verkäufers, auch wenn sie in den Besitz des Käufers übergegangen ist.
I. Prüfung beim Verkäufer.
224. Ist die Prüfung bei dem Verkäufer vorzunehmen, so hört dieser auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer nicht bis zum Ablaufe der vereinbarten oder üblichen Frist genehmigt.
In Ermangelung einer solchen Frist kann der Verkäufer nach Ablauf einer angemessenen Zeit den Käufer zur Erklärung über die Genehmigung auffordern und hört auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer auf die Aufforderung hin sich nicht sofort erklärt.
II. Prüfung beim Verkäufer.
225. Ist die Sache dem Käufer vor der Prüfung übergeben worden, so gilt der Kauf als genehmigt, wenn der Käufer nicht innerhalb der vertragsmäßigen oder üblichen Frist oder in Ermangelung einer solchen sofort auf die Aufforderung des Verkäufers hin die Nichtannahme erklärt oder die Sache zurückgibt.
Ebenso gilt der Kauf als genehmigt, wenn der Käufer den Preis ohne Vorbehalt ganz oder zum Teile bezahlt oder über die Sache in anderer Weise verfügt, als es zur
Prüfung nötig ist.
C. Abzahlungsgeschäfte.
I. Wahlrecht des Verkäufers.
226 Ist eine bewegliche Sache unter Verabredung von Teilzahlungen verkauft und dem Käufer übergeben worden und kommt dieser mit einer Teilzahlung in Verzug, so kann der Verkäufer entweder die Teilzahlung verlangen oder, wenn er sich das vorbehalten hat, das Eigentum oder den Rücktritt geltend machen.
II. Ansprüche des Verkäufers.
227. Beruft sich der Verkäufer auf das Eigentum, so finden die Vorschriften über den Eigentumsvorbehalt Anwendung.
Macht er vom Rücktrittsrechte Gebrauch, so ist jeder Teil verpflichtet, die empfangenen Leistungen zurückzuerstatten, der Verkäufer aber hat Anspruch auf einen angemessenen Mietzins und eine Entschädigung für Abnützung der Sache.
Weitergehende vertragliche Belastungen des Käufers sind ungültig.
III. Fälligkeitsvorbehalt.
228. Ist für den Fall der Nichtleistung einer Teilzahlung die Fälligkeit des Restes der Forderung vereinbart, so kann der Verkäufer sich hierauf erst berufen, wenn der Schuldner mit wenigstens zwei aufeinander folgenden Teilzahlungen, die zusammen mindestens einen Zehntel des Kaufpreises ausmachen, im Rückstande ist.
D. Versteigerung.
I. Abschluss des Kaufes.
229. Auf einer Zwangsversteigerung gelangt der Kaufvertrag dadurch zum Abschluss, dass der Versteigerungsbeamte den Gegenstand zuschlägt.
Der Kaufvertrag auf einer freiwilligen Versteigerung, die öffentlich ausgekündigt worden ist und an der jedermann bieten kann, wird dadurch abgeschlossen, dass der Veräußerer den Zuschlag erklärt.
Solange kein anderer Wille des Veräußerers kundgegeben ist, gilt der Leitende als ermächtigt, an der Versteigerung auf das höchste Angebot den Zuschlag zu erklären.
II. Anfechtung.
230. Wenn in rechtswidriger oder gegen die guten Sitten verstoßender Weise auf den Erfolg der Versteigerung eingewirkt worden ist, so kann diese innert einer Frist von zehn Tagen von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden.
Im Falle der Zwangsversteigerung ist die Anfechtung bei der Aufsichtsbehörde, in den andern Fällen beim Richter anzubringen.
III. Gebundenheit des Bietenden.
1. Im allgemeinen.
231. Der Bietende ist nach Maßgabe der Versteigerungsbedingungen an sein Angebot gebunden.
Er wird, falls diese nichts anderes bestimmen, frei, wenn ein höheres Angebot erfolgt oder sein Angebot nicht sofort nach dem üblichen Aufruf angenommen wird.
2. Bei Grundstücken.
232. Die Zu- oder Absage muss bei Grundstücken an der Steigerung selbst erfolgen.
Vorbehalte, durch die der Bietende über die Steigerungsverhandlung hinaus bei seinem Angebote behaftet wird, sind ungültig, soweit es sich nicht um Zwangsversteigerung oder um einen Fall handelt, wo der Verkauf der Genehmigung durch eine Behörde bedarf.
IV. Barzahlung.
233. Bei der Versteigerung hat der Erwerber, wenn die Versteigerungsbedingungen nichts anderes vorsehen, Barzahlung zu leisten.
Der Veräußerer kann sofort vom Kauf zurücktreten, wenn nicht Zahlung in bar oder gemäß den Versteigerungsbedingungen geleistet wird.
V. Gewährleistung.
234. Bei Zwangsversteigerung findet, abgesehen von besonderen Zusicherungen oder von absichtlicher Täuschung der Bietenden, eine Gewährleistung nicht statt.
Der Ersteigerer erwirbt die Sache in dem Zustand und mit den Rechten und Lasten, die durch die öffentlichen Bücher oder die Versteigerungsbedingungen bekannt gegeben sind oder von Gesetzes wegen bestehen.
Bei freiwilliger öffentlicher Versteigerung haftet der Veräußerer wie ein anderer Verkäufer, kann aber in den öffentlich kundgegebenen Versteigerungsbedingungen die Gewährleistung mit Ausnahme der Haftung für absichtliche Täuschung von sich ablehnen.
VI. Eigentumsübergang.
235. Der Ersteigerer erwirbt das Eigentum an einer ersteigerten Fahrnis mit deren Zuschlag, an einem ersteigerten Grundstück dagegen erst mit der Eintragung in das Grundbuch.
Die Versteigerungsbehörde hat dem Grundbuchverwalter auf Grundlage des Steigerungsprotokolls den Zuschlag sofort zur Eintragung anzuzeigen.
Vorbehalten bleiben die Vorschriften über den Eigentumserwerb bei Zwangsversteigerungen.
VII. Kantonale Vorschriften.
236. Die Kantone können in den Schranken der Bundesgesetzgebung weitere Vorschriften über die öffentliche Versteigerung aufstellen.
Fünfter Abschnitt.
Der Tauschvertrag.
A. Verweisung auf den Kauf.
237. Auf den Tauschvertrag finden die Vorschriften über den Kaufvertrag in dem Sinne Anwendung, dass jede Vertragspartei mit Bezug auf die von ihr versprochene Sache als Verkäufer und mit Bezug auf die ihr zugesagte Sache als Käufer behandelt wird.
B. Gewährleistung.
238. Wird die eingetauschte Sache entwehrt oder wegen ihrer Mängel zurückgegeben, so hat die geschädigte Partei die Wahl, Schadenersatz zu verlangen oder die vertauschte Sache zurückzufordern.
Siebenter Titel.
Die Schenkung.
A. Inhalt der Schenkung.
239. Als Schenkung gilt jede Zuwendung unter Lebenden, womit jemand aus seinem Vermögen einen Andern ohne entsprechende Gegenleistung bereichert.
Wer auf ein Recht verzichtet, bevor er es erworben hat, oder eine Erbschaft ausschlägt, hat keine Schenkung gemacht.
Die Erfüllung einer sittlichen Pflicht wird nicht als Schenkung behandelt.
B. Persönliche Fähigkeiten.
I. Des Schenkers.
240. Wer handlungsfähig ist, kann über sein Vermögen schenkungsweise verfügen, soweit nicht das eheliche Güterrecht oder das Erbrecht ihm Schranken auferlegen.
Aus dem Vermögen eines Handlungsunfähigen kann eine Schenkung nur unter Vorbehalt der Verantwortlichkeit der gesetzlichen Vertreter, sowie unter Beobachtung der Vorschriften des Vormundschaftsrechtes gemacht werden.
Eine Schenkung kann auf Klage der Vormundschaftsbehörde für ungültig erklärt werden, wenn der Schenker wegen Verschwendung entmündigt wird und das Entmündigungsverfahren gegen ihn innerhalb eines Jahres seit der Schenkung eröffnet worden ist.
II. Des Beschenkten.
241. Eine Schenkung entgegennehmen und rechtsgültig erwerben kann auch ein Handlungsunfähiger, wenn er urteilsfähig ist.
Die Schenkung ist jedoch nicht erworben oder wird aufgehoben, wenn der gesetzliche Vertreter deren Annahme untersagt oder die Rückleistung anordnet.
C. Errichtung der Schenkung.
I. Schenkung von Hand zu Hand.
242. Eine Schenkung von Hand zu Hand erfolgt durch Übergabe der Sache vom Schenker an den Beschenkten.
Bei Grundeigentum und dinglichen Rechten an Grundstücken kommt eine Schenkung erst mit der Eintragung in das Grundbuch zu stande.
Diese Eintragung setzt ein gültiges Schenkungsversprechen voraus.
II. Schenkungsversprechen.
243. Das Schenkungsversprechen bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form.
Sind Grundstücke oder dingliche Rechte an solchen Gegenstand der Schenkung, so ist zu ihrer Gültigkeit die öffentliche Beurkundung erforderlich.
Ist das Schenkungsversprechen vollzogen, so wird das Verhältnis als Schenkung von Hand zu Hand beurteilt.
III. Bedeutung der Annahme.
244. Wer in Schenkungsabsicht einem Andern etwas zuwendet, kann, auch wenn er es tatsächlich aus seinem Vermögen ausgesondert hat, die Zuwendung bis zur Annahme seitens des Beschenkten jederzeit zurückziehen.
D. Bedingungen und Auflagen.
I. Im allgemeinen.
245. Mit einer Schenkung können Bedingungen oder Auflagen verbunden werden.
Eine Schenkung, deren Vollziehbarkeit auf den Tod des Schenkers gestellt ist, steht unter den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen.
II. Vollziehung der Auflagen.
246. Der Schenker kann die Vollziehung einer vom Beschenkten angenommenen Auflage nach dem Vertragsinhalt einklagen.
Liegt die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse, so kann nach dem Tode des Sehenkers die zuständige Behörde die Vollziehung verlangen.
Der Beschenkte darf die Vollziehung einer Auflage verweigern, insoweit der Wert der Zuwendung die Kosten der Auflage nicht deckt und ihm der Ausfall nicht ersetzt wird.
III. Verabredung des Rückfalls.
247. Der Schenker kann den Rückfall der geschenkten Sache an sich selbst vorbehalten für den Fall, dass der Beschenkte vor ihm sterben sollte.
Dieses Rückfallsrecht kann bei Schenkung von Grundstücken oder dinglichen Rechten an solchen im Grundbuche vorgemerkt werden.
E. Verantwortlichkeit des Schenkers.
248. Der Schenker ist dem Beschenkten für den Schaden, der diesem aus der Schenkung erwächst, nur im Falle der absichtlichen oder der grob fahrlässigen Schädigung verantwortlich.
Er hat ihm für die geschenkte Sache oder die abgetretene Forderung nur die Gewähr zu leisten, die er ihm versprochen hat.
F. Aufhebung der Schenkung.
I. Rückforderung der Schenkung.
249. Bei der Schenkung von Hand zu Hand und bei vollzogenen Schenkungsversprechen kann der Schenker die Schenkung widerrufen und das Geschenkte, soweit der Beschenkte noch bereichert ist, zurückfordern:
1. wenn der Beschenkte gegen den Schenker oder gegen eine diesem nahe verbundene Person ein schweres Verbrechen begangen hat,
2. wenn er gegenüber dem Schenker oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat,
3. wenn er die mit der Schenkung verbundenen Auflagen in ungerechtfertigter Weise nicht erfüllt.
II. Widerruf und Hinfälligkeit des Schenkungsversprechens.
250. Bei dem Schenkungsversprechen kann der Schenker das Versprechen widerrufen und dessen Erfüllung verweigern:
1. aus den gleichen Gründen, aus denen das Geschenkte bei der Schenkung von Hand zu Hand zurückgefordert werden kann,
2. wenn seit dem Versprechen die Vermögensverhältnisse des Schenkers sich so geändert haben, dass die Schenkung ihn außerordentlich schwer belasten würde,
3. wenn seit dem Versprechen dem Schenker familienrechtliche Pflichten erwachsen sind, die vorher gar nicht oder in erheblich geringerem Umfange bestanden haben.
Durch Ausstellung eines Verlustscheines oder Eröffnung des Konkurses gegen den Schenker wird jedes Schenkungsversprechen aufgehoben.
III. Verjährung und Klagerecht der Erben.
251. Der Widerruf kann während eines Jahres erfolgen, von dem Zeitpunkt an gerechnet, wo der Schenker von dem Widerrufsgrund Kenntnis erhalten hat.
Stirbt der Schenker vor Ablauf dieses Jahres, so geht das Klagerecht für den Rest der Frist auf dessen Erben über.
Die Erben des Schenkers können die Schenkung widerrufen, wenn der Beschenkte den Schenker vorsätzlich und rechtswidrig getötet oder am Widerruf verhindert hat.
IV. Tod des Schenkers.
252. Hat sich der Schenker zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet, so erlischt die Verbindlichkeit mit seinem Tode, sofern es nicht anders bestimmt ist.
Achter Titel.
Miete und Pacht.
Erster Abschnitt.
Die Miete.
A. Begriff.
253. Durch den Mietvertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter den Gebrauch einer Sache zu überlassen, und der Mieter, dem Vermieter hiefür einen Mietzins zu leisten.
B. Pflichten des Vermieters.
I. Überlassung der Sache.
1. Übergabe in geeignetem Zustand.
254. Der Vermieter ist verpflichtet, die Sache in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zustande zu übergeben und während der Mietzeit in demselben zu erhalten.
Wird die Sache in einem Zustande übergeben, der den vertragsmäßigen Gebrauch ausschließt oder in erheblicher Weise schmälert, so ist der Mieter berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten oder eine verhältnismäßige Herabsetzung des Mietzinses zu verlangen.
Handelt es sich um Mängel, die für die Gesundheit des Mieters oder seiner Hausgenossen oder Arbeiter eine erhebliche Gefahr in sich schließen, so kann er auch dann zurücktreten, wenn er diese Gefahr beim Abschluss des Vertrages gekannt oder auf das Rücktrittsrecht verzichtet hat.
2. Späterer Eintritt vertragswidrigen Zustandes.
255. Gerät die Sache während der Mietzeit in einen Zustand, der den vertragsgemäßen Gebrauch ausschließt oder in erheblicher Weise schmälert, so kann der Mieter, wenn er nicht dafür verantwortlich ist, eine verhältnismäßige Herabsetzung des Mietzinses verlangen und, wenn dem Mangel nicht innerhalb angemessener Frist abgeholfen wird, von dem Vertrage zurücktreten.
Der Vermieter ist zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
3. Verfahren bei Mängeln.
256. Wenn während der Mietzeit die vermietete Sache dringender Ausbesserungen bedarf, so muss der Mieter sich dieselben unter Vorbehalt seiner Rechte gefallen lassen.
Untergeordnete Mängel, die bei Antritt der Miete vorhanden sind oder während derselben eintreten, und die der Mieter nicht auf eigene Kosten zu heben hat, kann er, wenn der Vermieter auf Anzeige innerhalb einer angemessenen Frist nicht Abhülfe schafft, auf dessen Kosten beseitigen lassen.
4. Unmöglichkeit der Benützung.
257. Kann der Mieter wegen eigenen Verschuldens oder wegen eines in seiner Person eingetretenen Zufalles von der gemieteten Sache keinen oder nur einen beschränkten Gebrauch machen, so bleibt er zur Entrichtung der vollen Gegenleistung verbunden, soweit der Vermieter die vermietete Sache zu vertragsmäßigem Gebrauche bereit gehalten hat.
Der Vermieter muss sich anrechnen lassen, was er an Auslagen erspart und aus anderweitiger Verwertung der Sache erlangt hat.
Vorbehalten bleibt der Rücktritt vom Vertrag aus wichtigen Gründen.
II. Haftung gegenüber Ansprüchen Dritter.
1. Gewährleistung.
258. Wenn ein Dritter auf die gemietete Sache einen Anspruch erhebt, der sich mit dem Rechte des Mieters nicht verträgt, so ist der Vermieter verpflichtet, auf Anzeige des Mieters hin den Rechtsstreit zu übernehmen und im Falle einer Störung des Mieters in der vertragsmäßigen Benutzung des Mietgegenstandes Schadenersatz zu leisten.
2. Kauf bricht Miete.
259. Wird die vermietete Sache nach Abschluss des Mietvertrages vom Vermieter veräußert oder auf dem Wege des Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahrens ihm entzogen, so kann der Mieter die Fortsetzung des Mietvertrages von dem Dritten nur fordern, wenn dieser sie übernommen hat, der Vermieter aber bleibt zur Erfüllung des Vertrages oder zu Schadenersatz verpflichtet.
Ist jedoch der Mietgegenstand eine unbewegliche Sache, so hat der Dritte, sofern der Vertrag keine frühere Auflösung gestattet, den Mieter bis zu dem Termin, auf den nach den gesetzlichen Vorschriften gekündigt werden kann, in der Miete zu belassen und gilt, wenn er die Kündigung unterlässt, als in das Mietverhältnis eingetreten.
Vorbehalten bleiben die besondern Bestimmungen über die Wirkung der Enteignung.
3. Vormerkung im Grundbuch.
260. Bei der Miete an einem Grundstück kann verabredet werden, dass das Verhältnis im Grundbuch vorgemerkt werden soll.
Diese Vormerkung bewirkt, dass jeder neue Eigentümer dem Mieter die Benutzung des Grundstückes nach Maßgabe des Mietvertrages gestatten muss.
C. Pflichten des Mieters.
I. Pflichtgemäße Sorgfalt.
261. Der Mieter ist verpflichtet, bei dem Gebrauche der gemieteten Sache mit aller Sorgfalt zu verfahren und im Falle der Wohnungsmiete auf die Hausgenossen billige Rücksicht zu nehmen.
Verletzt der Mieter trotz Abmahnung andauernd diese Pflicht, oder fügt er durch offenbar missbräuchliches Verhalten der Sache dauernden Schaden zu, so kann der Vermieter die sofortige Auflösung des Mietvertrages nebst Schadenersatz verlangen.
Sind Ausbesserungen an der gemieteten Sache nötig, welche dem Vermieter obliegen, oder maßt sich ein Dritter Rechte an der gemieteten Sache an, so ist der Mieter bei Vermeidung von Schadenersatz verpflichtet, dem Vermieter sofort Anzeige zu machen.
II. Zahlung des Mietzinses.
262. Der Mieter ist verpflichtet, den Mietzins zu der vereinbarten oder ortsüblichen Zeit zu bezahlen.
Fehlt es an einer solchen Zeitbestimmung, so ist der Mietzins bei Mieten auf die Dauer von einem oder mehreren Jahren oder Halbjahren je nach Ablauf eines halben Jahres, bei Mieten von kürzerer Dauer je nach Ablauf eines Monats, spätestens aber am Ende der Mietzeit zu bezahlen.
D. Tragung der Lasten, Abgaben, Ausbesserungen.
263. Der Vermieter hat die auf der vermieteten Sache haftenden Lasten und Abgaben zu tragen.
Die kleinen, für den gewöhnlichen Gebrauch der gemieteten Sache erforderlichen Reinigungen und Ausbesserungen liegen dem Mieter, die größeren Wiederherstellungen dem Vermieter ob, je nach Maßgabe des Ortsgebrauches.
E. Untermiete.
264. Der Mieter ist berechtigt, die gemietete Sache ganz oder teilweise weiter zu vermieten oder die Miete an eine dritte Person abzutreten, vorausgesetzt, dass dadurch nicht eine für den Vermieter nachteilige Veränderung bewirkt wird.
Der Mieter haftet dem Vermieter dafür, dass der Untermieter die Sache nicht anders gebrauche, als es dem Mieter gestattet ist.
Der Vermieter ist berechtigt, den Untermieter unmittelbar hiezu anzuhalten.
F. Beendigung.
I. Verzug des Mieters.
265. Wenn der Mieter mit einer vor Ablauf der Mietzeit fälligen Zinszahlung im Rückstande geblieben ist, so kann ihm der Vermieter bei Mieten, die für ein halbes Jahr oder längere Zeit geschlossen sind, eine Frist von dreißig Tagen, bei Mieten von kürzerer Dauer eine Frist von sechs Tagen mit der Androhung ansetzen, dass, sofern nicht innerhalb dieser Frist der rückständige Mietzins bezahlt werde, der Mietvertrag mit deren Ablauf aufgelöst sei.
Die Frist ist von dem Tage an zu berechnen, an dem deren Ansetzung dem Mieter zugekommen ist.
Vereinbarungen über Abkürzung dieser Fristen oder über Berechtigung zur sofortigen Aufhebung des Mietvertrages bei Zahlungsverzug sind ungültig.
II. Konkurs des Mieters.
266. Wenn der Mieter in Konkurs fällt, so ist der Vermieter zur Auflösung der Miete berechtigt, sofern ihm nicht binnen angemessener Frist für die rückständigen und die später fälligen Mietzinse Sicherheit geleistet wird.
III. Kündigung.
267. Ist eine bestimmte Dauer der Miete weder ausdrücklich noch stillschweigend vereinbart worden, so ist sowohl der Mieter als der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis durch Kündigung aufzulösen.
Bestimmt der Vertrag nicht etwas anderes, so können von jedem Teile gekündigt werden:
1. unmöblierte Wohnungen, Geschäftslokale, Werkstätten, Verkaufsläden, Magazine, Keller, Scheunen, Stallungen und ähnliche Räumlichkeiten nur auf das nächste ortsübliche Ziel oder, in Ermangelung eines bestimmten Ortsgebrauches, je auf Ende einer halbjährlichen Mietsdauer, in beiden Fällen mit einer vorausgehenden dreimonatlichen Kündigungsfrist,
2. möblierte Wohnungen oder einzelne Zimmer oder das Mobiliar für eine Wohnung nur auf Ende einer monatlichen Mietsdauer, mit vorausgehender, zweiwöchentlicher Kündigungsfrist,
3. andere gemietete bewegliche Sachen auf jeden beliebigen Zeitpunkt, mit einer Kündigungsfrist von drei Tagen.
IV. Stillschweigende Erneuerung.
268. Ist der Mietvertrag auf eine bestimmte Zeit geschlossen und nach deren Ablauf das Mietverhältnis mit Wissen und ohne Widerspruch des Vermieters fortgesetzt worden, oder erfolgt von keiner Seite die vertraglich vorgesehene Kündigung, so gilt in Ermangelung anderer Vereinbarung der Vertrag als auf unbestimmte Zeit erneuert.
V. Rücktritt.
1. Aus wichtigen Gründen.
269. Bei einer auf bestimmte Zeit geschlossenen Miete einer unbeweglichen Sache kann vor Ablauf der Mietzeit jeder Teil aus wichtigen Gründen, die ihm den Antritt oder die Fortsetzung des Mietverhältnisses unerträglich machen, dem anderen Teil unter Beobachtung der gesetzlichen Fristen kündigen, wenn er ihm vollen Ersatz anbietet.
Ist die Miete für ein Jahr oder längere Zeit abgeschlossen, so hat der Vermieter oder Mieter Anspruch auf Bezahlung von mindestens einem halben Jahreszins.
Der Mieter ist erst dann gehalten, die Mietsache zu verlassen, wenn ihm der Ersatz geleistet ist.
2. Tod des Mieters.
270. Stirbt der Mieter, so sind sowohl seine Erben als der Vermieter berechtigt, die auf ein Jahr oder für längere Zeit abgeschlossene Miete unter Beobachtung der gesetzlichen Fristen auf das nächste Ziel ohne Entschädigung zu kündigen.
VI. Rückgabe des Mietgegenstandes.
271. Auf den Schluss des Mietverhältnisses hat der Mieter den Mietgegenstand nach Maßgabe des Ortsgebrauchs in dem Zustande zurückzugeben, in dem er ihn erhalten hat.
Er haftet nicht für die aus der vertragsgemäßen Benutzung sich ergebende Abnutzung oder Veränderung.
Es wird vermutet, dass der Mieter den Gegenstand in gutem Zustand empfangen habe.
G. Retentionsrecht des Vermieters.
I. Umfang.
272. Der Vermieter einer unbeweglichen Sache hat für einen verfallenen Jahreszins und den laufenden Halbjahreszins ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören.
Das Retentionsrecht des Vermieters erstreckt sich auch auf die von dem Untermieter eingebrachten Gegenstände, jedoch nur insoweit, als diesem gegenüber das Recht des Untervermieters reicht.
Ausgeschlossen ist das Retentionsrecht an Sachen, die durch die Gläubiger des Mieters nicht gepfändet werden könnten.
II. Sachen Dritter.
273. Die Rechte Dritter an Sachen, von denen der Vermieter wusste oder wissen musste, dass sie nicht dem Mieter gehören, sowie an gestohlenen oder verlorenen oder sonst abhanden gekommenen Sachen bleiben auch dem Retentionsrecht des Vermieters gegenüber vorbehalten.
Erfährt der Vermieter erst während der Dauer der Miete, dass vom Mieter eingebrachte Sachen diesem nicht gehören, so erlischt sein Retentionsrecht an diesen Sachen, sofern er nicht den Mietvertrag auf das nächste offene Ziel kündigt.
III. Geltendmachung.
274. Der Vermieter kann, wenn der Mieter wegziehen oder die in den gemieteten Räumen befindlichen Sachen fortschaffen will, auf Grund seines Retentionsrechtes mit Hülfe der zuständigen Amtsstelle so viele Sachen zurückhalten, als zu seiner Deckung erforderlich sind.
Sind Gegenstände heimlich oder gewaltsam fortgeschafft worden, so können sie in den ersten zehn Tagen nach der Fortschaffung mit Hülfe der Polizeigewalt in die vermieteten Räumlichkeiten zurückgebracht werden.
Zweiter Abschnitt.
Die Pacht.
A. Begriff.
275. Durch den Pachtvertrag verpflichtet sich der Verpächter, dem Pächter eine nutzbare Sache oder ein nutzbares Recht zum Gebrauch und zum Bezuge der Früchte oder Erträgnisse zu überlassen, und der Pächter, hiefür einen Pachtzins zu bezahlen.
Der Pachtzins kann entweder in Geld bestehen oder in einem Bruchteil der Früchte oder Erträgnisse (Teilpacht).
Für die Teilpacht bleibt in bezug auf das Recht des Verpächters an den Früchten die Ortsübung vorbehalten.
B. Inventaraufnahme.
276. Werden Gerätschaften, Vieh oder Vorräte mit in Pacht gegeben, so ist jeder Teil verpflichtet, dem andern ein genaues, von ihm unterzeichnetes Verzeichnis dieser Gegenstände zu übergeben und zu einer gemeinsamen Schätzung Hand zu bieten.
C. Pflichten des Verpächters.
I. Überlassung der Sache.
1. Übergabe in geeignetem Zustand.
277. Der Verpächter ist verpflichtet, dem Pächter den Pachtgegenstand mit Inbegriff der allfällig mitverpachteten beweglichen Sachen in einem zur vertragsgemäßen Benutzung und Bewirtschaftung geeigneten Zustande zu übergeben.
Im Falle der Nichterfüllung dieser Pflicht finden die Bestimmungen über die Miete entsprechende Anwendung.
2. Hauptreparaturen.
278. Hauptreparaturen an dem Pachtgegenstande, die während der Pachtzeit notwendig werden, hat der Verpächter sofort, nachdem ihm der Pächter von deren Notwendigkeit Kenntnis gegeben hat, auf seine Kosten auszuführen.
3. Haftung bei Unmöglichkeit der Benutzung.
279. Kann der Pächter wegen eigenen Verschuldens oder wegen eines in seiner Person eingetretenen Zufalles vom Pachtgegenstand keinen oder nur einen beschränkten Gebrauch machen, so bleibt er zur Entrichtung der vollen Gegenleistung verbunden, vorausgesetzt, dass der Verpächter den Pachtgegenstand zum vertragsmäßigen Gebrauche des Pächters bereit gehalten hat.
Der Verpächter muss sich anrechnen lassen, was er an Auslagen erspart und aus anderweitiger Verwertung der Sache erlangt hat.
Vorbehalten bleibt der Rücktritt vom Vertrag aus wichtigen Gründen.
II. Gewährleistung gegenüber Ansprüchen Dritter.
280. Für die Gewährleistung bei einem Anspruche Dritter auf den Pachtgegenstand finden die Bestimmungen über die Miete entsprechende Anwendung.
III. Veräußerung des Pachtgegenstandes.
281. Wird der Pachtgegenstand nach Abschluss des Pachtvertrages vom Verpächter veräußert oder auf dem Wege des Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahrens ihm entzogen, so kann der Pächter die Fortsetzung des Pachtvertrages von dem Dritten nur fordern, wenn dieser sie übernommen hat, der Verpächter aber bleibt zur Erfüllung des Vertrages oder zu Schadenersatz verpflichtet.
Der Dritte hat, sofern der Vertrag keine frühere Auflösung der Pacht gestattet, unter Beobachtung der gesetzlichen sechsmonatlichen Frist zu kündigen und gilt, wenn er die Kündigung unterlässt, als in das Pachtverhältnis eingetreten.
Vorbehalten bleiben die besondern Bestimmungen über die Wirkung der Enteignung.
V. Vormerkung im Grundbuch.
282. Das Pachtverhältnis an einem Grundstück kann unter den gleichen Voraussetzungen und mit den gleichen Wirkungen im Grundbuch vorgemerkt werden, wie die Miete.
D. Pflichten des Pächters.
I. Haftung für pflichtgemäße Sorgfalt.
1. Bewirtschaftung.
283. Der Pächter ist verpflichtet, den gepachteten Gegenstand sorgfältig seiner Bestimmung gemäß zu bewirtschaften, insbesondere für nachhaltige Ertragsfähigkeit zu sorgen.
Änderungen in der hergebrachten Bewirtschaftung, die über die Pachtzeit hinaus von wesentlichem Einflüsse sein können, darf der Pächter ohne Zustimmung des Verpächters nicht vornehmen.
2. Ordentlicher Unterhalt.
284. Der Pächter hat für den ordentlichen Unterhalt des Pachtgegenstandes zu sorgen.
Er hat die kleineren Reparaturen, bei landwirtschaftlichen Pachtgütern insbesondere den gewöhnlichen Unterhalt der Wege, Stege, Gräben, Dämme, Zäune, Dächer, Wasserleitungen u. s. f., nach Ortsgebrauch vorzunehmen, ferner die Gerätschaften und Werkzeuge von geringem Werte, die durch Alter oder Gebrauch untergegangen sind, durch andere zu ersetzen.
3. Anzeigepflicht.
285. Sind Hauptreparaturen nötig, oder maßt sich ein Dritter Rechte am Pachtgegenstande an, so ist der Pächter bei Vermeidung von Schadenersatz verpflichtet, dem Verpächter sofort Anzeige zu machen.
II. Zahlung des Pachtzinses.
1. Im allgemeinen.
286. Der Pächter ist verpflichtet, den Pachtzins zu der vereinbarten oder ortsüblichen Zeit zu bezahlen.
Fehlt es an einer solchen Zeitbestimmung, so ist der Pachtzins nach Ablauf je eines Pachtjahres, spätestens aber am Ende der Pachtzeit zu bezahlen.
Der Verpächter hat für einen verfallenen und einen laufenden Jahreszins das gleiche Retentionsrecht, wie es für die Mietzinsforderung vorgesehen ist.
2. Nachlass bei Unglücksfällen.
287. Der Pächter eines landwirtschaftlichen Grundstückes kann einen verhältnismäßigen Nachlass vom Pachtzinse fordern, wenn der gewöhnliche Ertrag infolge von außerordentlichen Unglücksfällen oder Naturereignissen einen beträchtlichen Abbruch erlitten hat.
Ein zum voraus erklärter Verzicht auf dieses Recht ist nur dann verbindlich, wenn das mögliche Eintreten eines solchen Falles bei der Bestimmung des Pachtzinses schon berücksichtigt ist, oder wenn der Schaden dem Pächter infolge von Versicherung vergütet wird.
E. Tragung der Lasten und Abgaben.
288. Der Verpächter hat die auf dem Pachtgegenstande haftenden Lasten und Abgaben zu tragen.
F. Unterpacht.
289. Der Pächter darf den Pachtgegenstand ohne Zustimmung des Verpächters nicht weiter verpachten.
Dagegen darf er einzelne zum Pachtgegenstande gehörende Räume vermieten, vorausgesetzt, dass dadurch nicht eine für den Verpächter nachteilige Veränderung bewirkt wird.
Auf eine solche Miete und auf die Unterpacht, sofern sie gestattet ist, finden die Bestimmungen über die Untermiete entsprechende Anwendung.
G. Beendigung.
I. Kündigungsrecht.
290. Sofern nicht über die Pachtzeit durch Vereinbarung oder durch Ortsgebrauch etwas anderes bestimmt ist, steht jedem Teile das Recht zu, das Pachtverhältnis unter Beobachtung einer mindestens sechsmonatlichen Kündigungsfrist zu kündigen.
Bei der Pacht landwirtschaftlicher Grundstücke kann mangels anderer Vereinbarung nur auf einen dem Ortsgebrauch entsprechenden Herbst- oder Frühjahrstermin, bei allen anderen Pachtgegenständen dagegen auf jeden beliebigen Termin gekündigt werden.
II. Rücktritt aus wichtigen Gründen.
291. Ist die Pacht auf eine bestimmte Anzahl von Jahren abgeschlossen, so kann vor Ablauf der Pachtzeit jeder Teil aus wichtigen Gründen, die ihm den Antritt oder die Fortsetzung des Pachtverhältnisses unerträglich machen, dem anderen Teile den Pachtvertrag unter Beobachtung der gesetzlichen Frist von sechs Monaten kündigen, wenn er ihm vollen Ersatz anbietet.
Der Verpächter oder Pächter hat Anspruch auf Bezahlung von mindestens einem Jahreszins.
Der Pächter ist erst dann gehalten, den Pachtgegenstand zu verlassen, wenn ihm der Ersatz geleistet ist.
III. Stillschweigende Erneuerung.
292. Ist ein Pachtvertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen und nach deren Ablauf das Pachtverhältnis mit Wissen und ohne Widerspruch des Verpächters fortgesetzt worden, oder ist die vertraglich vorgesehene Kündigung von keiner Seite erfolgt, so gilt in Ermangelung anderer Vereinbarung der Vertrag als auf je ein Jahr erneuert, bis er durch sechsmonatliche Kündigung auf Ende eines Pachtjahres aufgelöst wird.
IV. Verzug des Pächters.
293. Wenn der Pächter den Pachtzins zur Verfallzeit nicht bezahlt, so kann ihm der Verpächter eine Frist von sechszig(!«) Tagen ansetzen mit der Androhung, dass, sofern der rückständige Zins innerhalb dieser Frist nicht bezahlt werde, der Pachtvertrag mit deren Ablauf aufgelöst sei.
Die Frist ist von dem Tage an zu berechnen, an dem deren Ansetzung dem Pächter zugekommen ist.
Vereinbarungen über Abkürzung dieser Frist oder über Berechtigung zur sofortigen Aufhebung des Pachtvertrages bei Zahlungsverzug sind ungültig.
V. Rücktrittsrecht des Verpächters.
294. Wenn der Pächter die ihm obliegenden Pflichten in bezug auf die Benützung und Unterhaltung des Pachtgegenstandes in erheblicher Weise verletzt und auf ergangene Aufforderung hin nicht innerhalb einer ihm vom Verpächter angesetzten angemessenen Frist erfüllt, so ist der Verpächter berechtigt, den Pachtvertrag ohne weiteres aufzuheben.
VI. Konkurs des Pächters.
295. Fällt der Pächter in Konkurs, so erlischt das Pachtverhältnis mit der Konkurseröffnung.
Sofern jedoch dem Verpächter für den laufenden Pachtzins und den Bestand des Inventars hinreichende Sicherheit geleistet wird, ist er pflichtig, die Pacht bis zu Ende des Pachtjahres fortzusetzen.
VII. Aufhebung bei Güterzusammenlegung.
296. Fallen verpachtete Liegenschaften in eine Güterzusammenlegung und erleidet der Wirtschaftsbetrieb dadurch eine wesentliche Veränderung, so sind beide Parteien berechtigt, die Aufhebung des Pachtvertrages auf Ende des laufenden Pachtjahres zu verlangen.
Diese Auflösung begründet für keine der Parteien einen Anspruch auf Entschädigung.
VII. Tod des Pächters.
297. Stirbt der Pächter, so sind sowohl seine Erben als der Verpächter berechtigt, die Pacht unter Beobachtung der gesetzlichen sechsmonatlichen Frist zu kündigen.
H. Auseinandersetzung bei der Beendigung.
I. Rückgabepflicht.
298. Bei Beendigung der Pacht sind der Pachtgegenstand und sämtliche Inventarstücke in dem Zustande, in dem sie sich befinden, zurückzuerstatten.
Für Verschlechterungen, die bei gehöriger Bewirtschaftung hätten vermieden werden können, hat der Pächter Ersatz zu leisten.
Für Verbesserungen, die lediglich aus der gehörigen Bewirtschaftung hervorgegangen sind, hat er keinen Ersatz zu fordern.
II. Schätzung der Inventarstücke.
299. Wurden bei der Übergabe die Inventarstücke geschätzt, so hat der Pächter bei Beendigung der Pacht ein nach Gattung und Schatzungswert dem übernommenen gleichkommendes Inventar zurückzuerstatten oder den Minderwert zu ersetzen.
Die Pflicht zum Ersatze des Minderwertes fällt weg, wenn der Pächter nachweist, dass einzelne Stücke entweder durch Verschulden des Verpächters untergegangen oder durch höhere Gewalt zerstört worden sind.
Für den Mehrwert, der als Ergebnis seiner Verwendung und Arbeit zu betrachten ist, kann der Pächter Ersatz fordern.
III. Verrechnung betreffend die
Früchte bei der Auflösung.
300. Bei der Pacht eines landwirtschaftlichen Grundstückes hat der Pächter auf die bei der Auflösung des Vertragsverhältnisses noch nicht eingesammelten Früchte keinen Anspruch.
Dagegen sind ihm die auf deren Erzeugung gemachten Verwendungen nach richterlichem Ermessen durch Anrechnung auf den laufenden Pachtzins zu vergüten.
IV. Stroh, Dünger u. dgl.
301. Der abziehende Pächter eines landwirtschaftlichen Grundstückes muss die einer ordentlichen Bewirtschaftung entsprechenden Vorräte an Stroh, Streue, Dürrfutter und Dünger des letzten Jahres zurücklassen.
Hat er bei Antritt der Pacht weniger empfangen, so hat er ein Recht auf Ersatz des Mehrwertes, und hat er mehr empfangen, so hat er für Ersatz zu sorgen oder den Minderwert zu ersetzen.
J. Viehpacht und Viehverstellung.
I. Inhalt.
302. Bei der Viehpacht und Viehverstellung, die nicht mit einer landwirtschaftlichen Pacht verbunden sind, gehört, wo Vertrag oder Ortsgebrauch nichts anderes bestimmen, die Nutzung vom eingestellten Vieh während der Zeit der Pacht oder Verstellung dem Einsteller.
Der Einsteller hat dem Verpächter oder Versteller einen Zins in Geld oder in einem Teil der Nutzung zu entrichten und übernimmt Fütterung und Pflege des Viehes.
II. Haftbarkeit.
303. Der Einsteller haftet, wo Vertrag oder Ortsgebrauch, es nicht anders bestimmen, für den Schaden, der dem eingestellten Vieh widerfährt, wenn er nicht beweist, dass der Schaden trotz aller schuldigen Hut und Pflege nicht habe vermieden werden können.
Für außerordentliche Pflegekosten kann der Einsteller vom Versteller Ersatz verlangen, wenn er sie nicht schuldhaft verursacht hat.
Von erheblicheren Unfällen oder Erkrankungen hat der Einsteller dem Versteller sobald als möglich Anzeige zu machen.
III. Aufhebung.
304. Ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, so kann er, wo Vertrag oder Ortsgebrauch es nicht anders bestimmen, von jeder Partei auf einen beliebigen Termin gekündigt werden.
Es soll jedoch in guten Treuen und nicht zur Unzeit geschehen.
Neunter Titel.
Die Leihe.
Erster Abschnitt.
Die Gebrauchsleihe.
A. Begriff.
305. Durch den Gebrauchsleihevertrag verpflichtet sich der Verleiher, dem Entlehner eine Sache zu unentgeltlichem Gebrauche zu überlassen, und der Entlehner, dieselbe Sache nach gemachtem Gebrauche dem Verleiher zurückzugeben.
B. Wirkung.
I. Gebrauchsrecht des Entlehners.
306. Der Entlehner darf von der geliehenen Sache nur denjenigen Gebrauch machen, der sich aus dem Vertrage oder, wenn darüber nichts vereinbart ist, aus ihrer Beschaffenheit oder Zweckbestimmung ergibt.
Er darf den Gebrauch nicht einem Andern überlassen.
Handelt der Entlehner diesen Bestimmungen zuwider, so haftet er auch für den Zufall, wenn er nicht beweist, dass dieser die Sache auch sonst getroffen hätte.
II. Kosten der Erhaltung.
307. Der Entlehner trägt die gewöhnlichen Kosten für die Erhaltung der Sache, bei geliehenen Tieren insbesondere die Kosten der Fütterung.
Für außerordentliche Verwendungen, die er im Interesse des Verleihers machen musste, kann er von diesem Ersatz fordern.
III. Haftung mehrerer Entlehner.
308. Haben Mehrere eine Sache gemeinschaftlich entlehnt, so haften sie solidarisch.
C. Beendigung.
I. Bei bestimmtem Gebrauch.
309. Ist für die Gebrauchsleihe eine bestimmte Dauer nicht vereinbart, so endigt sie, sobald der Entlehner den vertragsmäßigen Gebrauch gemacht hat, oder mit Ablauf der Zeit, binnen deren dieser Gebrauch hätte stattfinden können.
Der Verleiher kann die Sache früher zurückfordern, wenn der Entlehner sie vertragswidrig gebraucht oder verschlechtert oder einem Dritten zum Gebrauche überlässt, oder wenn er selbst wegen eines unvorhergesehenen Falles der Sache dringend bedarf.
II. Bei unbestimmtem Gebrauch.
310. Wenn der Verleiher die Sache zu einem weder der Dauer noch dem Zwecke nach bestimmten Gebrauche überlassen hat, so kann er sie beliebig zurückfordern.
III. Beim Tod des Entlehners.
311. Die Gebrauchsleihe endigt mit dem Tode des Entlehners.
Zweiter Abschnitt.
Das Darlehen.
A. Begriff.
312. Durch den Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darleiher zur Übertragung des Eigentums an einer Summe Geldes oder an andern vertretbaren Sachen, der Borger dagegen zur Rückerstattung von Sachen der nämlichen Art in gleicher Menge und Güte.
B. Wirkung.
I. Zinse.
1. Verzinslichkeit.
313. Das Darlehen ist im gewöhnlichen Verkehre nur dann verzinslich, wenn Zinse verabredet sind.
Im kaufmännischen Verkehre sind auch ohne Verabredung Zinse zu bezahlen.
2. Zinsvorschriften.
314. Wenn der Vertrag die Höhe des Zinsfusses nicht bestimmt, so ist derjenige Zinsfuss zu vermuten, der zur Zeit und am Orte des Darlehensempfanges für die betreffende Art von Darlehen üblich war.
Mangels anderer Abrede sind versprochene Zinse als Jahreszins zu entrichten.
Die vorherige Übereinkunft, dass die Zinse zum Kapital geschlagen und mit diesem weiter verzinst werden sollen, ist ungültig unter Vorbehalt von kaufmännischen Zinsberechnungen im Konto-Korrent und ähnlichen Geschäftsformen, bei denen die Berechnung von Zinseszinsen üblich ist, wie namentlich bei Sparkassen.
II. Verjährung des Anspruchs auf Aushändigung und Annahme.
315. Der Anspruch des Borgers auf Aushändigung und der Anspruch des Darleihers auf Annahme des Darlehens verjähren in sechs Monaten vom Eintritte des Verzuges an gerechnet.
III. Zahlungsunfähigkeit des Borgers.
316. Der Darleiher kann die Aushändigung des Darlehens verweigern, wenn der Borger seit dem Vertragsabschlusse zahlungsunfähig geworden ist.
Diese Befugnis steht dem Darleiher auch dann zu, wenn die Zahlungsunfähigkeit schon vor Abschluss des Vertrages eingetreten, ihm aber erst nachher bekannt geworden ist.
C. Hingabe an Geldes statt.
317. Sind dem Borger statt der verabredeten Geldsumme Wertpapiere oder Waren gegeben worden, so gilt als Darlehenssumme der Kurswert oder der Marktpreis, den diese Papiere oder Waren zur Zeit und am Orte der Hingabe hatten.
Eine entgegenstehende Übereinkunft ist nichtig.
D. Zeit der Rückzahlung.
318. Ein Darlehen, für dessen Rückzahlung weder ein bestimmter Termin, noch eine Kündigungsfrist, noch der Verfall auf beliebige Aufforderung hin vereinbart wurde, ist innerhalb sechs Wochen von der ersten Aufforderung an zurückzubezahlen.
Zehnter Titel.
Der Dienstvertrag.
A. Begriff.
319. Durch den Dienstvertrag verpflichtet sich der Dienstpflichtige zur Leistung von Diensten auf bestimmte oder unbestimmte Zeit und der Dienstherr zur Entrichtung eines Lohns.
Der Vertrag ist auch dann ein Dienstvertrag, wenn der Lohn nach Maßgabe der geleisteten Arbeit und nicht nach der Zeit entrichtet wird (Stücklohn, Akkord), sofern der Dienstpflichtige auf bestimmte oder unbestimmte Zeit angestellt oder beschäftigt wird.
Die Vorschriften über den Dienstvertrag finden auf den Lehrvertrag entsprechende Anwendung.
B. Entstehung.
I. Im allgemeinen.
320. Der Dienstvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit, wo es nicht anders bestimmt ist, keiner besondern Form.
Er gilt auch dann als vereinbart, wenn Dienste auf Zeit entgegengenommen werden, deren Leistung nach den Umständen nur gegen Lohn zu erwarten ist.
II. Arbeitsordnung.
321. Wird im Gewerbebetrieb vom Dienstherrn eine einheitliche Arbeits- oder Hausordnung aufgestellt, so ist sie für den einzelnen Dienstpflichtigen nur dann verbindlich, wenn sie schriftlich aufgesetzt und ihm vor seiner Anstellung zur Kenntnis gebracht worden ist.
III. Gesamtarbeitsvertrag.
1. Abschluss.
322. Durch Vertrag von Arbeitgebern oder Arbeitgebervereinigungen mit Arbeitern oder Arbeitervereinigungen können bestimmte Vorschriften für die Dienstverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeiter aufgestellt werden.
Ein solcher Gesamtarbeitsvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form.
Haben sich die Beteiligten über die Dauer des Gesamtarbeitsvertrages nicht geeinigt, so kann er nach Ablauf eines Jahres jederzeit auf sechs Monate gekündigt werden.
2. Wirkung.
323. Dienstverträge, die von auf einen Gesamtarbeitsvertrag verpflichteten Arbeitgebern und Arbeitern abgeschlossen werden, sind, soweit sie den darin aufgestellten Bestimmungen widersprechen, nichtig.
Die nichtigen Bestimmungen werden durch diejenigen des. Gesamtarbeitsvertrages ersetzt.
IV. Normalarbeitsvertrag.
324. Der Bundesrat und die von den Kantonen bezeichneten Behörden können nach Anhörung der beteiligten Berufsverbände oder gemeinnütziger Vereinigungen über einzelne Arten von Dienstverträgen und den Lehrvertrag Normalarbeitsverträge aufsetzen, deren Inhalt als Vertragswille angenommen wird, sobald keine Abweichungen schriftlich vereinbart werden.
Die Normalarbeitsverträge sind angemessen zu veröffentlichen.
V. Lehrvertrag.
325. Lehrverträge mit Unmündigen oder Entmündigten sind nur dann verbindlich, wenn sie schriftlich abgefasst und von dem Meister und dem Inhaber der elterlichen Gewalt oder unter Zustimmung der Vormundschaftsbehörde von dem Vormund unterzeichnet sind.
In den Vertrag sind über die Art und Dauer der beruflichen Ausbildung und der Dienstleistung, die tägliche Arbeitszeit, den Unterhalt oder andere Leistungen sowie über die Probezeit die erforderlichen Bestimmungen aufzunehmen.
Die Ausführung dieser Bestimmungen untersteht der Aufsicht der zuständigen Behörde.
C. Wirkung.
I. Vertragsinhalt.
326. Der Vertragsinhalt kann innerhalb der Schranken des Gesetzes und der guten Sitte beliebig vereinbart werden.
II. Pflichten des Dienstpflichtigen.
1. Persönliche Erfüllung.
327. Der Dienstpflichtige hat, wenn sich nicht aus der Verabredung oder aus den Umständen etwas anderes ergibt, die versprochenen Dienste in eigener Person zu leisten.
Die Übertragung der Rechte des Dienstherrn auf einen andern ist unter dem gleichen Vorbehalt ausgeschlossen.
2. Haftung für Sorgfalt.
328. Der Dienstpflichtige hat die übernommene Arbeit mit Sorgfalt auszuführen.
Er ist für den Schaden verantwortlich, den er absichtlich oder fahrlässig dem Dienstherrn zufügt.
Das Maß der Sorgfalt, für die der Dienstpflichtige einzustehen hat, bestimmt sich nach dem Vertragsverhältnis, unter Berücksichtigung des Bildungsgrades oder der Fachkenntnisse, die zu der Arbeit verlangt werden, sowie der Fähigkeiten und Eigenschaften des Dienstpflichtigen, die der Dienstherr gekannt hat oder hätte kennen sollen.
3. Haftung bei Stücklohn oder Akkord.
329. Arbeitet der Dienstpflichtige auf Stücklohn oder im Akkord nicht unter der Aufsicht des Dienstherrn, so finden hinsichtlich der Verantwortlichkeit für den Stoff und der vertragsgemäßen Ausführung der Arbeit die Bestimmungen über den Werkvertrag entsprechende Anwendung.
III. Pflichten des Dienstherrn.
1. Löhnung.
a. Betrag.
330. Der Dienstherr hat den Lohn zu entrichten, der vereinbart oder üblich oder in Normalarbeitsverträgen oder in den für ihn verbindlichen Gesamtarbeitsverträgen aufgestellt ist.
Ist neben dem Lohn ein Anteil am Geschäftsergebnis vereinbart, so hat der Dienstherr dem Dienstpflichtigen oder an dessen Stelle einem durch Vereinbarung oder durch den Richter bezeichneten Vertrauensmann über Gewinn und Verlust die nötigen Aufschlüsse zu geben und, soweit erforderlich, Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren.
6. Recht auf Zuweisung von Arbeit.
331. Arbeitet der Dienstpflichtige auf Stücklohn oder im Akkord während der Arbeitszeit ausschließlich für einen Dienstherrn, so hat er für die Dauer des Vertragsverhältnisses darauf Anspruch, dass ihm genügende Arbeit zugewiesen werde.
Fehlt es an Stücklohn- oder Akkordarbeit, so kann Arbeit nach Stunden- oder Taglohn zugewiesen werden, und fehlt es an beidem, so ist der daraus entstehende Schaden zu ersetzen, sofern der Dienstherr nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last fällt.
c. Verzug des Dienstherrn.
332. Kommt der Dienstherr mit der Annahme der Dienstleistung in Verzug, so kann der Dienstpflichtige den vereinbarten Lohn fordern, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, muss sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Arbeit erworben oder zu erwerben absichtlich unterlassen hat.
d. Zahltag.
333. Sofern nicht kürzere Fristen für die Zahlung vereinbart oder üblich sind, ist der Lohn zu entrichten:
1. für Arbeiter und nicht in Hausgemeinschaft lebende Dienstboten alle zwei Wochen,
2. für Angestellte jeden Monat,
3. für Dienstboten, die in Hausgemeinschaft leben, alle drei und bei landwirtschaftlichen Betrieben alle sechs Monate.
In jedem Falle wird die Lohnforderung mit der Beendigung des Dienstvertrages fällig.
e. Vorschüsse.
334. Der Dienstherr ist verpflichtet, dem Dienstpflichtigen nach Maßgabe der geleisteten Arbeit den Vorschuss zu gewähren, dessen der Dienstpflichtige infolge einer Notlage bedarf. und den der Dienstherr ohne eigene Not zu gewähren vermag.
f. Lohn bei Verhinderung an der Arbeitsleistung.
335. Bei einem auf längere Dauer abgeschlossenen Dienstvertrag hat der Dienstpflichtige, wenn er an der Leistung der Dienste durch Krankheit, schweizerischen obligatorischen Militärdienst oder ähnliche Gründe ohne sein Verschulden verhindert wird, gleichwohl für eine verhältnismäßig kurze Zeit Anspruch auf Lohnzahlung.
g. Zuschuss für Mehrarbeit.
336. Wird gegenüber dem vertraglich bestimmten oder üblichen Maß der Arbeit eine Mehrarbeit notwendig, so ist der Dienstpflichtige gehalten, sie zu übernehmen, wenn er sie zu leisten vermag und die Verweigerung der Übernahme einen Verstoß gegen Treu und Glauben bedeuten würde.
Für diese Mehrarbeit hat er Anspruch auf einen Lohnzuschuss, der nach dem Verhältnis zum vereinbarten Lohn und unter Würdigung der besonderen Umstände zu bemessen ist.
2. Ausbildung des Lehrlings.
337. Durch den Lehrvertrag verpflichtet sich der Meister, den Lehrling nach bestem Vermögen fachgemäß auszubilden.
Er hat ihn zum Besuch des obligatorischen Unterrichts anzuhalten und ihm die zum Besuche der beruflichen Portbildungsschulen und Fachkurse, sowie zur Teilnahme an den Lehrlingsprüfungen erforderliche Zeit freizugeben.
Der Lehrling darf in der Regel weder zu Nacht- noch zu Sonntagsarbeit verwendet werden.
338. Der Dienstherr hat den Dienstpflichtigen, wo es nicht anders verabredet oder üblich ist, mit dem Werkzeug und Material auszurüsten, das dieser zur Arbeit nötig hat.
Wenn der Dienstpflichtige, ohne dazu verpflichtet zu sein, hieran etwas leistet, so ist er dafür zu entschädigen.
3. Werkzeug und Material.
339. Der Dienstherr hat, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Dienstverhältnis und die Natur der Dienstleistung ihm billigerweise zugemutet werden darf, für genügende Schutzmaßregeln gegen die Betriebsgefahren, für angemessene und gesunde Arbeitsräume und, wo Hausgemeinschaft besteht, für gesunde Schlafräume zu sorgen.
5. Verrechnung.
340. Soweit der Lohn des Dienstpflichtigen zu seinem Unterhalt und zum Unterhalt seiner Familie unbedingt erforderlich ist, darf eine Verrechnung gegenüber der Lohnschuld nur mit dessen Zustimmung stattfinden.
Die Verrechnung ist jedoch stets zulässig in bezug auf Ersatzforderungen für absichtlich zugefügten Schaden.
6. Freizeit.
341. Der Dienstherr hat dem Dienstpflichtigen die üblichen freien Stunden oder Tage zu gewähren.
Er hat ihm nach erfolgter Kündigung für das Aufsuchen einer andern Stellung die angemessene Zeit einzuräumen.
In allen Fällen ist auf die Interessen des Dienstherrn möglichst Rücksicht zu nehmen.
7. Zeugnis.
342. Der Dienstpflichtige kann verlangen, dass ihm der Dienstherr ein Zeugnis ausstelle, das sich ausschließlich über die Art und Dauer des Dienstverhältnisses ausspricht.
Auf besonderes Verlangen des Dienstpflichtigen hat sich das Zeugnis auch über seine Leistungen und sein Verhalten auszusprechen.
8. Erfindungen des Dienstpflichtigen.
343. Erfindungen, die der Dienstpflichtige bei Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit macht, gehören dem Dienstherrn, wenn die Erfindertätigkeit zu den dienstlichen Obliegenheiten des Dienstpflichtigen gehört, oder wenn der Dienstherr sich, abgesehen von dieser Voraussetzung, einen solchen Anspruch im Dienstvertrag ausbedungen hat.
Im letzteren Falle hat der Dienstpflichtige Anspruch auf eine besondere angemessene Vergütung, falls die Erfindung von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist.
Bei der Festsetzung dieser Vergütung sind die Mitwirkung des Dienstherrn und die Inanspruchnahme seiner Geschäftseinrichtungen zu berücksichtigen.
IV. Hausgemeinschaft.
344. Wird der Dienstpflichtige in die Hausgemeinschaft des Dienstherrn aufgenommen, so bildet der Unterhalt im Hause mit Nahrung und Wohnung, wo es nicht anders verabredet oder üblich ist, einen Teil der Löhnung.
Der Dienstherr hat in diesem Falle dem Dienstpflichtigen den Unterhalt mit Inbegriff der Pflege und ärztlichen Behandlung für eine verhältnismäßig kurze Zeit auch dann zu gewähren, wenn dieser durch Krankheit ohne eigenes Verschulden an der Leistung seiner Dienste verhindert wird.
D. Beendigung.
I. Zeitablauf.
345. Ist der Dienstvertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen oder geht eine solche aus dem angegebenen Zwecke der Dienste hervor, so endigt er, wo es nicht anders verabredet ist, ohne Kündigung mit dem Ablauf dieser Zeit.
II. Stillschweigende Erneuerung.
346. Wird ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Dienstverhältnis nach Ablauf der Dienstzeit von beiden Teilen stillschweigend fortgesetzt, so gilt der Vertrag als für die gleiche Zeit erneuert, jedoch höchstens für ein Jahr.
Hat der Auflösung des Vertrages eine Kündigung voranzugehen, so gilt die beiderseitige Unterlassung derselben als Erneuerung des Vertrages.
III. Kündigung und gesetzliche Fristen.
1. Im allgemeinen.
347. Ist ein Dienstvertrag nicht auf bestimmte Zeitdauer abgeschlossen, und geht eine solche auch nicht aus dem angegebenen Zwecke der Dienste hervor, so kann er beiderseits gekündigt werden.
Ist hiefür weder durch Vertrag noch durch Gesetz eine andere Frist festgestellt, so kann bei Arbeitern auf das Ende der auf die Kündigung folgenden Woche, bei Angestellten auf das Ende des auf sie folgenden Monats und bei den andern Dienstverhältnissen auf das Ende der zweiten darauf folgenden Woche gekündigt werden.
Für Dienstherrn und Dienstpflichtige dürfen keine verschiedenen Kündigungsfristen vereinbart werden.
2. Bei überjährigen Dienstverhältnissen.
348. Hat ein Dienstverhältnis über ein Jahr gedauert, so kann es vom Dienstherrn und Dienstpflichtigen auf das Ende des zweiten der Kündigung folgenden Monates gekündigt werden.
Durch Abrede darf diese Frist abgeändert, bei Angestellten jedoch nicht unter einen Monat und bei allen andern Dienstverhältnissen nicht unter zwei Wochen angesetzt werden.
3. Bei landwirtschaftlichen Dienstverhältnissen mit Hausgemeinschaft.
349. Im landwirtschaftlichen Dienstverhältnis mit Hausgemeinschaft kann der Dienstherr einem Dienstpflichtigen, der während des ganzen Sommers bei ihm gearbeitet hat, im September, Oktober und November und der Dienstpflichtige dem Dienstherrn, der ihn während des ganzen Winters im Dienste behalten hat, in den Monaten Februar, März und April nur je auf sechs Wochen kündigen.
4. Probezeit.
350. Wird bei Anstellung auf längere Zeit eine Probezeit ausbedungen, so kann, wenn es nicht anders verabredet ist, während der ersten zwei Monate mit wenigstens sieben Tagen Kündigungsfrist auf das Ende einer Woche gekündigt werden.
Bei dem Gesellen- und Dienstbotenverhältnisse gelten, wenn es nicht anders verabredet ist, die ersten zwei Wochen vom Antritt der Dienste an als Probezeit in dem Sinne, dass es bis zum Ablauf dieser Zeit jedem Teile freisteht, das Verhältnis unter Einhaltung einer mindestens dreitägigen Kündigungsfrist aufzulösen.
5. Vertrag auf Lebenszeit oder länger als zehn Jahre.
351. Ist ein Dienstvertrag auf die Lebenszeit einer Partei oder für länger als zehn Jahre eingegangen, so kann ihn der Dienstpflichtige nach Ablauf von zehn Jahren jederzeit und ohne Entschädigung unter Beobachtung einer sechsmonatlichen Kündigungsfrist auflösen.
IV. Rücktritt.
1. Aus wichtigen Gründen.
a. Befugnis.
352. Aus wichtigen Gründen kann sowohl der Dienstpflichtige als der Dienstherr jederzeit den Vertrag sofort auflösen.
Als wichtiger Grund ist namentlich jeder Umstand anzusehen, bei dessen Vorhandensein dem Zurücktretenden aus Gründen der Sittlichkeit oder nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Verhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.
Über das Vorhandensein solcher Umstände entscheidet der Richter nach seinem Ermessen, darf aber in keinem Falle unverschuldete Krankheit von verhältnismäßig kurzer Dauer oder die Leistung schweizerischen obligatorischen Militärdienstes als wichtigen Grund anerkennen.
b. Schadenersatz.
353. Liegen die wichtigen Gründe in vertragswidrigem Verhalten des einen Teiles, so hat dieser vollen Schadenersatz zu leisten, unter Berücksichtigung der aus dem Dienstverhältnis erwachsenden Nebeneinnahmen.
Im übrigen werden die vermögensrechtlichen Folgen des Rücktritts vom Richter nach seinem Ermessen bestimmt, unter Würdigung der Umstände und des Ortsgebrauches.
2. Wegen Lohngefährdung.
354. Ist der Dienstherr zahlungsunfähig geworden, so ist der Dienstpflichtige befugt, das Dienstverhältnis aufzuheben, wenn ihm für den Lohn auf sein Begehren nicht binnen angemessener Frist Sicherheit geleistet wird.
V. Todesfall.
355. Das Dienstverhältnis erlischt mit dem Tode des Dienstpflichtigen.
Mit dem Tode des Dienstherrn fällt es dahin, wenn der Vertrag wesentlich mit Rücksicht auf dessen Person eingegangen worden ist.
In diesem Falle kann der Dienstpflichtige für den Schaden, den er infolge der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses erleidet, billigen Ersatz beanspruchen.
E. Konkurrenzverbot.
I. Zulässigkeit.
356. Bei einem Dienstverhältnis, das dem Dienstpflichtigen einen Einblick in Kundenkreise oder Geschäftsgeheimnisse gewährt, kann in den Vertrag die Bestimmung aufgenommen werden, dass der Dienstpflichtige nach der Beendigung des Verhältnisses weder auf eigenen Namen ein mit dem des Dienstherrn konkurrierendes Geschäft betreiben oder in einem solchen sich betätigen noch als Anteilhaber oder auf andere Weise sich beteiligen dürfe.
Das Konkurrenzverbot ist nur da zulässig, wo der Dienstpflichtige durch die Verwendung jenes Einblickes den Dienstherrn erheblich schädigen könnte.
Es ist nichtig, wenn der Dienstpflichtige zur Zeit des Abschlusses der Vereinbarung unmündig war.
II. Einschränkung.
357. Das Konkurrenzverbot ist nur im Umfang einer nach Zeit, Ort und Gegenstand angemessenen Begrenzung verbindlich, durch die eine unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens des Dienstpflichtigen ausgeschlossen wird.
III. Form.
358. Das Konkurrenzverbot bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Vereinbarung.
IV. Folgen der Übertretung.
359. Der Dienstpflichtige, der ein Konkurrenzverbot übertritt, ist seinem ehemaligen Dienstherrn zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem aus der Übertretung entsteht.
Ist eine Konventionalstrafe auf die Übertretung des Verbotes gesetzt, so kann sich der Dienstpflichtige in der Regel durch deren Entrichtung von dem Verbote befreien, bleibt indessen für allfälligen weitern Schaden ersatzpflichtig.
Ausnahmsweise kann bei besonderer schriftlicher Abrede der Dienstherr neben der Bezahlung der Konventionalstrafe und dem Ersatze allfälligen weitern Schadens die Aufhebung des vertragswidrigen Zustandes verlangen, wenn die Bedeutung der durch die Übertretung des Konkurrenzverbotes verletzten oder bedrohten Interessen des Dienstherrn und das Verhalten des Dienstpflichtigen dies rechtfertigen.
V. Hinfälligkeit des Verbotes.
360. Das Konkurrenzverbot fällt dahin, wenn der Dienstherr nachweisbar kein erhebliches Interesse an dessen Aufrechterhaltung besitzt.
Wenn der Dienstherr das Verhältnis zum Dienstpflichtigen ohne wichtigen, vom Dienstpflichtigen zu verantwortenden Grund aufgehoben, oder durch sein eigenes Verschulden dem Dienstpflichtigen einen wichtigen Grund zur Aufhebung des Vertrages gegeben hat, so kann er wegen Übertretung des Verbotes nicht klagen.
F. Anwendung auf freie Dienste.
361. Die Vorschriften dieses Titels finden, wo die Voraussetzungen des Dienstvertrages vorliegen, auch Anwendung auf Verhältnisse, in denen gegen Honorar Arbeiten zu leisten sind, die besondere wissenschaftliche oder künstlerische Ausbildung voraussetzen.
G. Vorbehalt des öffentlichen Rechts.
362. Die öffentlichen Beamten und Angestellten stehen unter dem öffentlichen Recht des Bundes und der Kantone.
Die Bundesgesetzgebung über die Arbeit in den Fabriken und über das Gewerbewesen bleibt vorbehalten.
Elfter Titel.
Der Werkvertrag.
A. Begriff.
363. Durch den Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werkes und der Besteller zur Leistung einer Vergütung.
B. Wirkungen.
I. Pflichten des Unternehmers.
1. Im allgemeinen.
364. Der Unternehmer haftet im allgemeinen für die gleiche Sorgfalt, wie der Dienstpflichtige im Dienstvertrag.
Er ist verpflichtet, das Werk persönlich auszuführen oder unter seiner persönlichen Leitung ausführen zu lassen, mit Ausnahme der Fälle, in denen es nach der Natur des Geschäftes auf persönliche Eigenschaften des Unternehmers nicht ankommt.
Er hat in Ermangelung anderweitiger Verabredung oder Übung für die zur Ausführung des Werkes nötigen Hülfsmittel, Werkzeuge und Gerätschaften auf seine Kosten zu sorgen.
2. Betreffend den Stoff.
365. Soweit der Unternehmer die Lieferung des Stoffes übernommen hat, haftet er dem Besteller für die Güte desselben und hat Gewähr zu leisten wie ein Verkäufer.
Den vom Besteller gelieferten Stoff hat der Unternehmer mit aller Sorgfalt zu behandeln, über dessen Verwendung Rechenschaft abzulegen und einen allfälligen Rest dem Besteller zurückzugeben.
Zeigen sich bei der Ausführung des Werkes Mängel an dem vom Besteller gelieferten Stoffe oder an dem angewiesenen Baugrunde, oder ergeben sich sonst Verhältnisse, die eine gehörige oder rechtzeitige Ausführung des Werkes gefährden, so hat der Unternehmer dem Besteller ohne Verzug davon Anzeige zu machen, widrigenfalls die nachteiligen Folgen ihm selbst zur Last fallen.
8. Rechtzeitige Vornahme und vertragsgemäße Ausführung der Arbeit.
366. Beginnt der Unternehmer das Werk nicht rechtzeitig oder verzögert er die Ausführung in vertragswidriger Weise oder ist er damit ohne Schuld des Bestellers so sehr im Rückstande, dass die rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist, so kann der Besteller, ohne den Lieferungstermin abzuwarten, vom Vertrage zurücktreten.
Lässt sich während der Ausführung des Werkes eine mangelhafte oder sonst vertragswidrige Erstellung durch Verschulden des Unternehmers bestimmt voraussehen, so kann ihm der Besteller eine angemessene Frist zur Abhülfe ansetzen oder ansetzen lassen, mit der Androhung, dass im Unterlassungsfalle die Verbesserung oder die Fortführung des Werkes auf Gefahr und Kosten des Unternehmers einem Dritten übertragen werde.
4. Haftung für Mängel.
a. Feststellung der Mängel.
367. Nach Ablieferung des Werkes hat der Besteller, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, dessen Beschaffenheit zu prüfen und den Unternehmer von allfälligen Mängeln in Kenntnis zu setzen.
Jeder Teil ist berechtigt, auf seine Kosten eine Prüfung des Werkes durch Sachverständige und die Beurkundung des Befundes zu verlangen.
b. Recht des Bestellers bei Mängeln.
368. Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermäßige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismäßigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
c. Verantwortlichkeit des Bestellers.
369. Die dem Besteller bei Mangelhaftigkeit des Werkes gegebenen Rechte fallen dahin, wenn er durch Weisungen, die er entgegen den ausdrücklichen Abmahnungen des Unternehmers über die Ausführung erteilte, oder auf andere Weise die Mängel selbst verschuldet hat.
d. Genehmigung des Werkes.
370. Wird das abgelieferte Werk vom Besteller ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt, so ist der Unternehmer von seiner Haftpflicht befreit, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei der Abnahme und ordnungsmäßigen Prüfung nicht erkennbar waren oder vom Unternehmer absichtlich verschwiegen wurden.
Stillschweigende Genehmigung wird angenommen, wenn der Besteller die gesetzlich vorgesehene Prüfung und Anzeige unterlässt.
Treten die Mängel erst später zu Tage, so muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls das Werk auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.
e. Verjährung.
371. Die Ansprüche des Bestellers wegen Mängel des Werkes verjähren gleich den entsprechenden Ansprüchen des Käufers.
Der Anspruch des Bestellers eines unbeweglichen Bauwerkes wegen allfälliger Mängel des Werkes verjährt jedoch gegen den Unternehmer, sowie gegen den Architekten oder Ingenieur, die zum Zwecke der Erstellung Dienste geleistet haben, mit Ablauf von fünf Jahren seit der Abnahme.
E. Pflichten des Bestellers.
1. Fälligkeit der Vergütung.
372. Der Besteller hat die Vergütung bei der Ablieferung des Werkes zu zahlen.
Ist das Werk in Teilen zu liefern und die Vergütung nach Teilen bestimmt, so hat Zahlung für jeden Teil bei dessen Ablieferung zu erfolgen.
2. Höhe der Vergütung.
a. Feste Übernahme.
373. Wurde die Vergütung zum voraus genau bestimmt, so ist der Unternehmer verpflichtet, das Werk um diese Summe fertig zu stellen und darf keine Erhöhung fordern, selbst wenn er mehr Arbeit oder größere Auslagen gehabt hat, als vorgesehen war.
Falls jedoch außerordentliche Umstände, die nicht vorausgesehen werden konnten oder die nach den von beiden Beteiligten angenommenen Voraussetzungen ausgeschlossen waren, die Fertigstellung hindern oder übermäßig erschweren, so kann der Richter nach seinem Ermessen eine Erhöhung des Preises oder die Auflösung des Vertrages bewilligen.
Der Besteller hat auch dann den vollen Preis zu bezahlen, wenn die Fertigstellung des Werkes weniger Arbeit verursacht, als vorgesehen war.
b. Festsetzung nach dem Wert der Arbeit.
374. Ist der Preis zum voraus entweder gar nicht oder nur ungefähr bestimmt worden, so wird er nach Maßgabe des Wertes der Arbeit und der Aufwendungen des Unternehmers festgesetzt.
C. Beendigung.
I. Rücktritt wegen Überschreitung des Kostenansatzes.
375. Wird ein mit dem Unternehmer verabredeter ungefährer Ansatz ohne Zutun des Bestellers unverhältnismäßig überschritten, so hat dieser sowohl während als nach der Ausführung des Werkes das Recht, vom Vertrag zurückzutreten.
Bei Bauten, die auf Grund und Boden des Bestellers errichtet werden, kann dieser eine angemessene Herabsetzung des Lohnes verlangen oder, wenn die Baute noch nicht vollendet ist, gegen billigen Ersatz der bereits ausgeführten Arbeiten dem Unternehmer die Fortführung entziehen und vom Vertrage zurücktreten.
II. Untergang des Werkes.
376. Geht das Werk vor seiner Übergabe durch Zufall zu Grunde, so kann der Unternehmer weder Lohn für seine Arbeit noch Vergütung seiner Auslagen verlangen, außer wenn der Besteller sich mit der Annahme im Verzug befindet.
Der Verlust des zu Grunde gegangenen Stoffes trifft in diesem Falle den Teil, der ihn geliefert hat.
Ist das Werk wegen eines Mangels des vom Besteller gelieferten Stoffes oder des angewiesenen Baugrundes oder infolge der von ihm vorgeschriebenen Art der Ausführung zu Grunde gegangen, so kann der Unternehmer, wenn er den Besteller auf diese Gefahren rechtzeitig aufmerksam gemacht hat, die Vergütung der bereits geleisteten Arbeit und der im Lohne nicht eingeschlossenen Auslagen und, falls den Besteller ein Verschulden trifft, überdies Schadenersatz verlangen.
III. Rücktritt des Bestellers gegen Schadloshaltung.
377. Solange das Werk unvollendet ist, kann der Besteller gegen Vergütung der bereits geleisteten Arbeit und gegen volle Schadloshaltung des Unternehmers jederzeit vom Vertrag zurücktreten.
IV. Unmöglichkeit der Erfüllung aus Verhältnissen des Bestellers.
378. Wird die Vollendung des Werkes durch einen beim Besteller eingetretenen Zufall unmöglich, so hat der Unternehmer Anspruch auf Vergütung der geleisteten Arbeit und der im Preise nicht inbegriffenen Auslagen.
Hat der Besteller die Unmöglichkeit der Ausführung
verschuldet, so kann der Unternehmer überdies Schadenersatz fordern.
V. Tod und Unfähigkeit des Unternehmers.
379. Stirbt der Unternehmer oder wird er ohne seine Schuld zur Vollendung des Werkes unfähig, so erlischt der Werkvertrag, wenn er mit Rücksicht auf die persönlichen Eigenschaften des Unternehmers eingegangen war.
Der Besteller ist verpflichtet, den bereits ausgeführten Teil des Werkes, soweit dieser für ihn brauchbar ist, anzunehmen und zu bezahlen.
Zwölfter Titel.
Der Verlagsvertrag.
A. Begriff.
380. Durch den Verlagsvertrag verpflichten sich der Urheber eines literarischen oder künstlerischen Werkes oder seine Rechtsnachfolger (Verlaggeber), das Werk einem Verleger zum Zwecke der Herausgabe zu überlassen, der Verleger dagegen, das Werk zu vervielfältigen und in Vertrieb zu setzen.
B. Wirkungen.
I. Übertragung des Urheberrechts und Gewährleistung.
381. Die Rechte des Urhebers werden insoweit und auf so lange dem Verleger übertragen, als es für die Ausführung des Vertrages erforderlich ist.
Der Verlaggeber hat dem Verleger dafür einzustehen, dass er zur Zeit des Vertragsabschlusses zu der Verlagsgabe berechtigt war, und wenn das Werk schutzfähig ist, dass er das Urheberrecht daran hatte.
Er hat, wenn das Werk vorher ganz oder teilweise einem Dritten in Verlag gegeben oder sonst mit seinem Wissen veröffentlicht war, dem Verleger vor dem Vertragsabschlusse hievon Kenntnis zu geben.
II. Verfügung des Verlaggebers.
382. Solange die Auflagen des Werkes, zu denen der Verleger berechtigt ist, nicht vergriffen sind, darf der Verlaggeber weder über das Werk im ganzen noch über dessen einzelne Teile zum Nachteile des Verlegers anderweitig verfügen.
Zeitungsartikel und einzelne kleinere Aufsätze in Zeitschriften darf der Verlaggeber jederzeit weiter veröffentlichen.
Beiträge an Sammelwerke oder größere Beiträge an Zeitschriften darf der Verlaggeber nicht vor Ablauf von drei Monaten nach dem vollständigen Erscheinen des Beitrages weiter veröffentlichen.
III. Bestimmung der Auflagen.
383. Wurde über die Anzahl der Auflagen nichts bestimmt, so ist der Verleger nur zu einer Auflage berechtigt.
Die Stärke der Auflage wird, wenn darüber nichts vereinbart wurde, vom Verleger festgesetzt, er hat aber auf Verlangen des Verlaggebers wenigstens so viele Exemplare drucken zu lassen, als zu einem gehörigen Umsatz erforderlich sind, und darf nach Vollendung des ersten Druckes keine neuen Abdrücke veranstalten.
Wurde das Verlagsrecht für mehrere Auflagen oder für alle Auflagen übertragen und versäumt es der Verleger, eine neue Auflage zu veranstalten, nachdem die letzte vergriffen ist, so kann ihm der Verlaggeber gerichtlich eine Frist zur Herstellung einer neuen Auflage ansetzen lassen, nach deren fruchtlosem Ablauf der Verleger sein Recht verwirkt.
IV. Vervielfältigung und Vertrieb.
384. Der Verleger ist verpflichtet, das Werk ohne Kürzungen, ohne Zusätze und ohne Abänderungen in angemessener Ausstattung zu vervielfältigen, für gehörige Bekanntmachung zu sorgen und die üblichen Mittel für den Absatz zu verwenden.
Die Preisbestimmung hängt von dem Ermessen des Verlegers ab, doch darf er nicht durch übermäßige Preisforderung den Absatz erschweren.
V. Verbesserungen und Berichtigungen.
385. Der Urheber behält das Recht, Berichtigungen und Verbesserungen vorzunehmen, wenn sie nicht die Verlagsinteressen verletzen oder die Verantwortlichkeit des Verlegers steigern, ist aber für unvorhergesehene Kosten, die dadurch verursacht werden, Ersatz schuldig.
Der Verleger darf keine neue Ausgabe oder Auflage machen und keinen neuen Abdruck vornehmen, ohne zuvor dem Urheber Gelegenheit zu geben, Verbesserungen anzubringen.
VI. Gesamtausgaben und Einzelausgaben.
386. Ist die besondere Ausgabe mehrerer einzelner Werke desselben Urhebers zum Verlag überlassen worden, so gibt dieses dem Verleger nicht auch das Recht, eine Gesamtausgabe dieser Werke zu veranstalten.
Ebensowenig hat der Verleger, dem eine Gesamtausgabe sämtlicher Werke oder einer ganzen Gattung von Werken desselben Urhebers überlassen worden ist, das Recht, von den einzelnen Werken besondere Ausgaben zu veranstalten.
VII. Übersetzungsrecht.
387. Das Recht, eine Übersetzung des Werkes zu veranstalten, bleibt, wenn nichts anderes mit dem Verleger vereinbart ist, ausschließlich dem Verlaggeber vorbehalten.
VII. Honorar des Verlaggebers.
1. Höhe des Honorars.
388. Ein Honorar an den Verlaggeber gilt als vereinbart, wenn nach den Umständen die Überlassung des Werkes nur gegen ein Honorar zu erwarten war.
Die Größe desselben bestimmt der Richter auf das Gutachten von Sachverständigen.
Hat der Verleger das Recht zu mehreren Auflagen, so wird vermutet, dass für jede folgende von ihm veranstaltete Auflage dieselben Honorar- und übrigen Vertragsbedingungen gelten, wie für die erste Auflage.
2. Fälligkeit, Abrechnung und Freiexemplare.
389. Das Honorar wird fällig, sobald das ganze Werk oder, wenn es in Abteilungen (Bänden, Heften, Blättern) erscheint, sobald die Abteilung gedruckt ist und ausgegeben werden kann.
Wird das Honorar ganz oder teilweise von dem erwarteten Absätze abhängig gemacht, so ist der Verleger zu übungsgemäßer Abrechnung und Nachweisung des Absatzes verpflichtet.
Der Verlaggeber hat mangels einer andern Abrede Anspruch auf die übliche Zahl von Freiexemplaren.
C. Beendigung.
I. Untergang des Werkes.
390. Geht das Werk nach seiner Ablieferung an den Verleger durch Zufall unter, so ist der Verleger gleichwohl zur Zahlung des Honorars verpflichtet.
Besitzt der Urheber noch ein zweites Exemplar des untergegangenen Werkes, so hat er es dem Verleger zu überlassen, andernfalls ist er verpflichtet, das Werk wieder
herzustellen, wenn ihm dies mit geringer Mühe möglich ist.
In beiden Fällen hat er Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.
II. Untergang der Auflage.
391. Geht die vom Verleger bereits hergestellte Auflage des Werkes durch Zufall ganz oder zum Teile unter, bevor sie vertrieben worden ist, so ist der Verleger berechtigt, die untergegangenen Exemplare auf seine Kosten neu herzustellen, ohne dass der Verlaggeber ein neues Honorar dafür fordern kann.
Der Verleger ist zur Wiederherstellung der untergegangenen Exemplare verpflichtet, wenn dies ohne unverhältnismäßig hohe Kosten geschehen kann.
III. Endigungsgründe in der Person des Urhebers und des Verlegers.
392. Der Verlagsvertrag erlischt, wenn der Urheber vor der Vollendung des Werkes stirbt oder unfähig oder ohne sein Verschulden verhindert wird, es zu vollenden.
Ausnahmsweise kann der Richter, wenn die ganze oder teilweise Fortsetzung des Vertragsverhältnisses möglich und billig erscheint, sie bewilligen und das Nötige anordnen.
Gerät der Verleger in Konkurs, so kann der Verlaggeber das Werk einem anderen Verleger übertragen, wenn ihm nicht für Erfüllung der zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht verfallenen Verlagsverbindlichkeiten Sicherheit geleistet wird.
D. Bearbeitung eines Werkes nach Plan des Verlegers.
393. Wenn einer oder mehrere Verfasser nach einem ihnen vom Verleger vorgelegten Plane die Bearbeitung eines Werkes übernehmen, so haben sie nur auf das bedungene Honorar Anspruch.
Das Urheberrecht am Werke steht dem Verleger zu.
Dreizehnter Titel.
Der Auftrag.
Erster Abschnitt.
Der einfache Auftrag.
A. Begriff.
394. Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäß zu besorgen.
Verträge über Arbeitsleistung, die keiner besondern Vertragsart dieses Gesetzes unterstellt sind, stehen unter den Vorschriften über den Auftrag.
Eine Vergütung ist zu leisten, wenn sie verabredet oder üblich ist.
B. Entstehung.
395. Als angenommen gilt ein nicht sofort abgelehnter Auftrag, wenn er sich auf die Besorgung solcher Geschäfte bezieht, die der Beauftragte kraft obrigkeitlicher Bestellung oder gewerbsmäßig betreibt oder zu deren Besorgung er sich öffentlich empfohlen hat.
C. Wirkungen.
I. Umfang des Auftrages.
396. Ist der Umfang des Auftrages nicht ausdrücklich bezeichnet worden, so bestimmt er sich nach der Natur des zu besorgenden Geschäftes.
Insbesondere ist in dem Auftrage auch die Ermächtigung zu den Rechtshandlungen enthalten, die zu dessen Ausführung gehören.
Einer besonderen Ermächtigung bedarf der Beauftragte, unter Vorbehalt der Bestimmungen des eidgenössischen oder kantonalen Prozessrechtes, wenn es sich darum handelt, einen Prozess anzuheben, einen Vergleich abzuschließen, ein Schiedsgericht anzunehmen, wechselrechtliche Verbindlichkeiten einzugehen, Grundstücke zu veräußern oder zu belasten oder Schenkungen zu machen.
II. Verpflichtungen des Beauftragten.
1. Vorschriftsgemäße Ausführung.
397. Hat der Auftraggeber für die Besorgung des übertragenen Geschäftes eine Vorschrift gegeben, so darf der Beauftragte nur insofern davon abweichen, als nach den Umständen die Einholung einer Erlaubnis nicht tunlich und überdies anzunehmen ist, der Auftraggeber würde sie bei Kenntnis der Sachlage erteilt haben.
Ist der Beauftragte, ohne dass diese Voraussetzungen zutreffen, zum Nachteil des Auftraggebers von dessen Vorschriften abgewichen, so gilt der Auftrag nur dann als erfüllt, wenn der Beauftragte den daraus erwachsenen Nachteil auf sich nimmt.
2. Haftung für getreue Ausführung.
a. Im allgemeinen.
398. Der Beauftragte haftet im allgemeinen für die gleiche Sorgfalt, wie der Dienstpflichtige im Dienstvertrag.
Er haftet dem Auftraggeber für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes.
Er hat das Geschäft persönlich zu besorgen, ausgenommen, wenn er zur Übertragung an einen Dritten ermächtigt oder durch die Umstände genötigt ist, oder wenn eine Vertretung übungsgemäß als zulässig betrachtet wird.
b. Bei Übertragung der Besorgung auf einen Dritten.
399. Hat der Beauftragte die Besorgung des Geschäftes unbefugter Weise einem Dritten übertragen, so haftet er für dessen Handlungen, wie wenn es seine eigenen wären.
War er zur Übertragung befugt, so haftet er nur für gehörige Sorgfalt bei der Wahl und Instruktion des Dritten.
In beiden Fällen kann der Auftraggeber die Ansprüche, die dem Beauftragten gegen den Dritten zustehen, unmittelbar gegen diesen geltend machen.
3. Rechenschaftsablegung.
400. Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und Alles, was ihm infolge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.
Gelder, mit deren Ablieferung er sich im Rückstande befindet, hat er zu verzinsen.
4. Übergang der erworbenen Rechte.
401. Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.
Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen herausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers, zu Eigentum erworben hat.
III. Verpflichtungen des Auftraggebers.
402. Der Auftraggeber ist schuldig, dem Beauftragten die Auslagen und Verwendungen, die dieser in richtiger Ausführung des Auftrages gemacht hat, samt Zinsen zu ersetzen und ihn von den eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien.
Er haftet dem Beauftragten für den aus dem Auftrage erwachsenen Schaden, soweit er nicht zu beweisen vermag, dass der Schaden ohne sein Verschulden entstanden ist.
IV. Haftung Mehrerer.
403. Haben mehrere Personen gemeinsam einen Auftrag gegeben, so haften sie dem Beauftragten solidarisch.
Haben mehrere Personen einen Auftrag gemeinschaftlich übernommen, so haften sie solidarisch und können den Auftraggeber, soweit sie nicht zur Übertragung der Besorgung an einen Dritten ermächtigt sind, nur durch gemeinschaftliches Handeln verpflichten.
D. Beendigung.
I. Gründe.
1. Widerruf, Kündigung.
404. Der Auftrag kann von jedem Teile jederzeit widerrufen oder gekündigt werden.
Erfolgt dies jedoch zur Unzeit, so ist der zurücktretende Teil zum Ersatze des dem anderen verursachten Schadens verpflichtet.
2. Tod, Handlungsunfähigkeit, Konkurs.
405. Der Auftrag erlischt, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist oder aus der Natur des Geschäftes gefolgert werden muss, durch den Tod, durch eintretende Handlungsunfähigkeit und durch den Konkurs des Auftraggebers oder des Beauftragten.
Falls jedoch das Erlöschen des Auftrages die Interessen des Auftraggebers gefährdet, so ist der Beauftragte, sein Erbe oder sein Vertreter verpflichtet, für die Fortführung des Geschäftes zu sorgen, bis der Auftraggeber, sein Erbe oder sein Vertreter in der Lage ist, es selbst zu tun.
II. Wirkung des Erlöschens.
406. Aus den Geschäften, die der Beauftragte führt, bevor er von dem Erlöschen des Auftrages Kenntnis erhalten hat, wird der Auftraggeber oder dessen Erbe verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestanden hätte.
Zweiter Abschnitt.
Der Kreditbrief und der Kreditauftrag.
A. Kreditbrief.
407. Kreditbriefe, durch die der Adressant den Adressaten mit oder ohne Angabe eines Höchstbetrages beauftragt, einer bestimmten Person die verlangten Beträge auszubezahlen, werden nach den Vorschriften über den Auftrag und die Anweisung beurteilt.
Wenn kein Höchstbetrag angegeben ist, so hat der Adressat bei Anforderungen, die den Verhältnissen der beteiligten Personen offenbar nicht entsprechen, den Adressanten zu benachrichtigen und bis zum Empfange einer Weisung desselben die Zahlung zu verweigern.
Der im Kreditbriefe enthaltene Auftrag gilt nur dann als angenommen, wenn die Annahme bezüglich eines bestimmten Betrages erklärt worden ist.
B. Kreditauftrag.
I. Begriff und Form.
408. Hat jemand den Auftrag erhalten und angenommen, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, jedoch unter Verantwortlichkeit des Auftraggebers, einem Dritten Kredit zu eröffnen oder zu erneuern, so haftet der Auftraggeber wie ein Bürge, sofern der Beauftragte die Grenzen des Kreditauftrages nicht überschritten hat.
Für diese Verbindlichkeit bedarf es der schriftlichen Erklärung des Auftraggebers.
II. Vertragsunfähigkeit des Dritten.
409. Der Auftraggeber kann dem Beauftragten nicht die Einrede entgegensetzen, der Dritte sei zur Eingehung der Schuld persönlich unfähig gewesen.
III. Eigenmächtige Stundung.
410. Die Haftpflicht des Auftraggebers erlischt, wenn der Beauftragte dem Dritten eigenmächtig Stundung gewährt oder es versäumt hat, gemäß den Weisungen des Auftraggebers gegen ihn vorzugehen.
IV. Kreditnehmer und Auftraggeber.
411. Das Rechtsverhältnis des Auftraggebers zu dem Dritten, dem ein Kredit eröffnet worden ist, wird nach den Bestimmungen über das Rechtsverhältnis zwischen dem Bürgen und dem Hauptschuldner beurteilt.
Dritter Abschnitt.
Der Mäklervertrag.
A. Begriff und Form.
412. Durch den Mäklervertrag erhält der Mäkler den Auftrag, gegen eine Vergütung, Gelegenheit zum Abschlusse eines Vertrages nachzuweisen oder den Abschluss eines Vertrages zu vermitteln.
Der Mäklervertrag steht im allgemeinen unter den Vorschriften über den einfachen Auftrag.
B. Mäklerlohn.
I. Begründung.
413. Der Mäklerlohn ist verdient, sobald der Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Mäklers zustande gekommen ist.
Wird der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Mäklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung eingetreten ist.
Soweit dem Mäkler im Vertrage für Aufwendungen Ersatz zugesichert ist, kann er diesen auch dann verlangen, wenn das Geschäft nicht zustande kommt.
II. Festsetzung.
414. Wird der Betrag der Vergütung nicht festgesetzt, so gilt, wo eine Taxe besteht, diese und in Ermanglung einer solchen der übliche Lohn als vereinbart.
III. Verwirkung.
415. Ist der Mäkler in einer Weise, die dem Vertrage widerspricht, für den Andern tätig gewesen, oder hat er sich in einem Falle, wo es wider Treu und Glauben geht, auch von diesem Lohn versprechen lassen, so kann er von seinem Auftraggeber weder Lohn noch Ersatz für Aufwendungen beanspruchen.
IV. Heiratsvermittlung.
416. Aus der Heiratsvermittlung entsteht kein klagbarer Anspruch auf Mäklerlohn.
V. Herabsetzung.
417. Ist für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschlusse oder für die Vermittlung eines Dienstvertrages oder eines Grundstückkaufes ein unverhältnismäßig hoher Mäklerlohn vereinbart worden, so kann ihn der Richter auf Antrag des Schuldners auf einen angemessenen Betrag herabsetzen.
C. Vorbehalt kantonalen Rechtes.
418. Es bleibt den Kantonen vorbehalten, über die Verrichtungen der Börsenmäkler, Sensale und Stellenvermittler besondere Vorschriften aufzustellen.
Vierzehnter Titel.
Die Geschäftsführung ohne Auftrag.
1. Stellung des Geschäftsführers.
I. Art der Ausführung.
419. Wer für einen Anderen ein Geschäft besorgt, ohne von ihm beauftragt zu sein, ist verpflichtet, das unternommene Geschäft so zu führen, wie es dem Vorteile und der mutmaßlichen Absicht des Anderen entspricht.
II. Haftung des Geschäftsführers im allgemeinen.
420. Der Geschäftsführer haftet für jede Fahrlässigkeit.
Seine Haftpflicht ist jedoch milder zu beurteilen, wenn er gehandelt hat, um einen dem Geschäftsherrn drohenden Schaden abzuwenden.
Hat er die Geschäftsführung entgegen dem ausgesprochenen oder sonst erkennbaren Willen des Geschäftsherrn unternommen und war dessen Verbot nicht unsittlich oder rechtswidrig, so haftet er auch für den Zufall, sofern er nicht beweist, dass dieser auch ohne seine Einmischung eingetreten wäre.
III. Haftung des vertragsunfähigen Geschäftsführers.
421. War der Geschäftsführer unfähig, sich durch Verträge zu verpflichten, so haftet er aus der Geschäftsführung nur, soweit er bereichert ist oder auf böswillige Weise sich der Bereicherung entäußert hat.
Vorbehalten bleibt eine weitergehende Haftung aus unerlaubten Handlungen.
B. Stellung des Geschäftsherrn.
I. Geschäftsführung im Interesse des Geschäftsherrn.
422. Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Verwendungen, die notwendig oder nützlich und den Verhältnissen angemessen waren, samt Zinsen zu ersetzen und ihn in demselben Maße von den übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien, sowie für andern Schaden ihm nach Ermessen des Richters Ersatz zu leisten.
Diesen Anspruch hat der Geschäftsführer, wenn er mit der gehörigen Sorgfalt handelte, auch in dem Falle, wo der beabsichtigte Erfolg nicht eintritt.
Sind die Verwendungen dem Geschäftsführer nicht zu ersetzen, so hat er das Recht der Wegnahme nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung.
II. Geschäftsführung im Interesse des Geschäftsführers.
423. Wenn die Geschäftsführung nicht mit Rücksicht auf das Interesse des Geschäftsherrn unternommen wurde, so ist dieser gleichwohl berechtigt, die aus der Führung seiner Geschäfte entspringenden Vorteile sich anzueignen.
Zur Ersatzleistung an den Geschäftsführer und zu dessen Entlastung ist der Geschäftsherr nur so weit verpflichtet, als er bereichert ist.
III. Genehmigung der Geschäftsführung.
424. Wenn die Geschäftsbesorgung nachträglich vom Geschäftsherrn gebilligt wird, so kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung.
Fünfzehnter Titel.
Die Kommission.
A. Einkaufs- und Verkaufskommission.
I. Begriff.
425. Einkaufs- oder Verkaufskommissionär ist, wer gegen eine Kommissionsgebühr (Provision) in eigenem Namen für Rechnung eines Anderen (des Kommittenten) den Einkauf oder Verkauf von beweglichen Sachen oder Wertpapieren zu besorgen übernimmt.
Für das Kommissionsverhältnis kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung, soweit nicht die Bestimmungen dieses Titels etwas anderes enthalten.
II. Pflichten des Kommissionärs.
1. Anzeigepflicht, Versicherung.
426. Der Kommissionär hat dem Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben und insbesondere von der Ausführung des Auftrages sofort Anzeige zu machen.
Er ist zur Versicherung des Kommissionsgutes nur verpflichtet, wenn er vom Kommittenten Auftrag dazu erhalten hat.
2. Behandlung des Kommissionsgutes.
427. Wenn das zum Verkaufe zugesandte Kommissionsgut sich in einem erkennbar mangelhaften Zustande befindet, so hat der Kommissionär die Rechte gegen den Frachtführer zu wahren, für den Beweis des mangelhaften Zustandes und soweit möglich für Erhaltung des Gutes zu sorgen und dem Kommittenten ohne Verzug Nachricht zu geben.
Versäumt der Kommissionär diese Pflichten, so ist er für den aus der Versäumnis entstandenen Schaden haftbar.
Zeigt sich Gefahr, dass das zum Verkaufe zugesandte Kommissionsgut schnell in Verderbnis gerate, so ist der Kommissionär berechtigt und, soweit die Interessen des Kommittenten es erfordern, auch verpflichtet, die Sache unter Mitwirkung der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo sie sich befindet, verkaufen zu lassen.
3. Preisansatz des Kommittenten.
428. Hat der Verkaufskommissionär unter dem ihm gesetzten Mindestbetrag verkauft, so muss er dem Kommittenten den Preisunterschied vergüten, sofern er nicht beweist, dass durch den Verkauf von dem Kommittenten Schaden abgewendet worden ist und eine Anfrage bei dem Kommittenten nicht mehr tunlich war.
Außerdem hat er ihm im Falle seines Verschuldens allen weitern aus der Vertragsverletzung entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hat der Kommissionär wohlfeiler gekauft, als der Kommittent vorausgesetzt, oder teurer verkauft, als er ihm vorgeschrieben hatte, so darf er den Gewinn nicht für sich behalten, sondern muss ihn dem Kommittenten anrechnen.
4. Vorschuss- und Kreditgewährung an Dritte.
429. Der Kommissionär, der ohne Einwilligung des Kommittenten einem Dritten Vorschüsse macht oder Kredit gewährt, tut dieses auf eigene Gefahr.
Soweit jedoch der Handelsgebrauch am Orte des Geschäftes das Kreditieren des Kaufpreises mit sich bringt, ist in Ermangelung einer anderen Bestimmung des Kommittenten auch der Kommissionär dazu berechtigt.
5. Del-credere-Stehen.
430. Abgesehen von dem Falle, wo der Kommissionär unbefugterweise Kredit gewährt, hat er für die Zahlung oder anderweitige Erfüllung der Verbindlichkeiten des Schuldners nur dann einzustehen, wenn er sich hiezu verpflichtet hat, oder wenn das am Orte seiner Niederlassung Handelsgebrauch ist.
Der Kommissionär, der für den Schuldner einsteht, ist zu einer Vergütung (del-credere-Provision) berechtigt.
III. Rechte des Kommissionärs.
1. Ersatz für Vorschüsse und Auslagen.
431. Der Kommissionär ist berechtigt, für alle im Interesse des Kommittenten gemachten Vorschüsse, Auslagen und andere Verwendungen Ersatz zu fordern und von diesen Beträgen Zinse zu berechnen.
Er kann auch die Vergütung für die benutzten Lagerräume und Transportmittel, nicht aber den Lohn seiner Angestellten in Rechnung bringen.
2. Provision.
a. Anspruch.
432. Der Kommissionär ist zur Forderung der Provision berechtigt, wenn das Geschäft zur Ausführung gekommen oder aus einem in der Person des Kommittenten liegenden Grunde nicht ausgeführt worden ist.
Für Geschäfte, die aus einem andern Grunde nicht zur Ausführung gekommen sind, hat der Kommissionär nur den ortsüblichen Anspruch auf Vergütung für seine Bemühungen.
6. Verwirkung und Umwandlung in Eigengeschäft.
433. Der Anspruch auf die Provision fällt dahin, wenn sich der Kommissionär einer unredlichen Handlungsweise gegenüber dem Kommittenten schuldig gemacht, insbesondere wenn er einen zu hohen Einkaufs- oder einen zu niedrigen Verkaufspreis in Rechnung gebracht hat.
Überdies steht dem Kommittenten in den beiden letzterwähnten Fällen die Befugnis zu, den Kommissionär selbst als Verkäufer oder als Käufer in Anspruch zu nehmen.
3. Retentionsrecht.
434. Der Kommissionär hat an dem Kommissionsgute sowie an dem Verkaufserlöse ein Retentionsrecht.
4. Versteigerung des Kommissionsgutes.
435. Wenn bei Unverkäuflichkeit des Kommissionsgutes oder bei Widerruf des Auftrages der Kommittent mit der Zurücknahme des Gutes oder mit der Verfügung darüber ungebührlich zögert, so ist der Kommissionär berechtigt, bei der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo die Sache sich befindet, die Versteigerung zu verlangen.
Die Versteigerung kann, wenn am Orte der gelegenen Sache weder der Kommittent noch ein Stellvertreter desselben anwesend ist, ohne Anhören der Gegenpartei angeordnet werden.
Der Versteigerung muss aber eine amtliche Mitteilung an den Kommittenten vorausgehen, sofern das Gut nicht einer schnellen Entwertung ausgesetzt ist.
5. Eintritt als Eigenhändler.
a. Preisberechnung und Provision.
436. Bei Kommissionen zum Einkauf oder zum Verkauf von Waren, Wechseln und andern Wertpapieren, die einen Börsenpreis oder Marktpreis haben, ist der Kommissionär, wenn der Kommittent nicht etwas anderes bestimmt hat, befugt, das Gut, das er einkaufen soll, als Verkäufer selbst zu liefern, oder das Gut, das er zu verkaufen beauftragt ist, als Käufer für sich zu behalten.
In diesen Fällen ist der Kommissionär verpflichtet, den zur Zeit der Ausführung des Auftrages geltenden Börsen- oder Marktpreis in Rechnung zu bringen, und kann sowohl die gewöhnliche Provision als die bei Kommissionsgeschäften sonst regelmäßig vorkommenden Unkosten berechnen.
Im übrigen ist das Geschäft als Kaufvertrag zu behandeln.
6. Vermutung des Eintrittes.
437. Meldet der Kommissionär in den Fällen, wo der Eintritt als Eigenhändler zugestanden ist, die Ausführung des Auftrages, ohne eine andere Person als Käufer oder Verkäufer namhaft zu machen, so ist anzunehmen, dass er selbst die Verpflichtungen eines Käufers oder Verkäufers auf sich genommen habe.
c. Wegfall des Eintrittsrechtes.
438. Wenn der Kommittent den Auftrag widerruft und der Widerruf bei dem Kommissionär eintrifft, bevor dieser die Anzeige der Ausführung abgesandt hat, so ist der Kommissionär nicht mehr befugt, selbst als Käufer oder Verkäufer einzutreten.
B. Speditionsvertrag.
439. Wer gegen Vergütung die Versendung oder Weitersendung von Gütern für Rechnung des Versenders, aber in eigenem Namen, zu besorgen übernimmt (Spediteur), ist als Kommissionär zu betrachten, steht aber in bezug auf den Transport der Güter unter den Bestimmungen über den Frachtvertrag.
Sechzehnter Titel,
Der Frachtvertrag.
A. Begriff.
440. Frachtführer ist, wer gegen Vergütung (Frachtlohn) den Transport von Sachen auszuführen übernimmt.
Für den Frachtvertrag kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung, soweit nicht die Bestimmungen dieses Titels etwas anderes enthalten.
B. Wirkungen.
I. Stellung des Absenders.
1. Notwendige Angaben.
441. Der Absender hat dem Frachtführer die Adresse des Empfängers und den Ort der Ablieferung, die Anzahl, die Verpackung, den Inhalt und das Gewicht der Frachtstücke, die Lieferungszeit und den Transportweg, sowie bei wertvollen Gegenständen auch deren Wert genau zu bezeichnen.
Die aus Unterlassung oder Ungenauigkeit einer solchen Angabe entstehenden Nachteile fallen zu Lasten des Absenders.
2. Verpackung.
442. Für gehörige Verpackung des Gutes hat der Absender zu sorgen.
Er haftet für die Folgen von äußerlich nicht erkennbaren Mängeln der Verpackung.
Dagegen tragt der Frachtführer die Folgen solcher Mängel, die äußerlich erkennbar waren, wenn er das Gut ohne Vorbehalt angenommen hat.
3. Verfügung über das reisende Gut.
443. Solange das Frachtgut noch in Händen des Frachtführers ist, hat der Absender das Recht, dasselbe gegen Entschädigung des Frachtführers für Auslagen oder für Nachteile, die aus der Rückziehung erwachsen, zurückzunehmen, ausgenommen:
1. wenn ein Frachtbrief vom Absender ausgestellt und vom Frachtführer an den Empfänger übergeben worden ist,
2. wenn der Absender sieh vom Frachtführer einen Empfangschein hat geben lassen und diesen nicht zurückgeben kann,
3. wenn der Frachtführer an den Empfänger eine schriftliche Anzeige von der Ankunft des Gutes zum Zwecke der Abholung abgesandt hat,
4. wenn der Empfänger nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte die Ablieferung verlangt hat.
In diesen Fällen hat der Frachtführer ausschließlich die Anweisungen des Empfängers zu befolgen, ist jedoch hiezu, falls sich der Absender einen Empfangschein hat geben lassen und das Gut noch nicht am Bestimmungsorte angekommen ist nur dann verpflichtet, wenn. dem
Empfänger dieser Empfangschein zugestellt worden ist.
II. Stellung des Frachtführers.
1. Behandlung des Frachtgutes.
a. Verfahren bei Ablieferungshindernissen.
444. Wenn das Frachtgut nicht angenommen oder die Zahlung der auf demselben haftenden Forderungen nicht geleistet wird oder wenn der Empfänger nicht ermittelt werden kann, so hat der Frachtführer den Absender hievon zu benachrichtigen und inzwischen das Frachtgut auf Gefahr und Kosten des Absenders aufzubewahren oder bei einem Dritten zu hinterlegen.
Wird in einer den Umständen angemessenen Zeit weder vom Absender noch vom Empfänger über das Frachtgut verfügt, so kann der Frachtführer unter Mitwirkung der am Orte der gelegenen Sache zuständigen Amtsstelle das Frachtgut zu Gunsten des Berechtigten wie ein Kommissionär verkaufen lassen.
b. Verkauf.
445. Sind Frachtgüter schnellem Verderben ausgesetzt, oder deckt ihr vermutlicher Wert nicht die darauf haftenden Kosten, so hat der Frachtführer den Tatbestand ohne Verzug amtlich feststellen zu lassen und kann das Frachtgut in gleicher Weise wie bei Ablieferungshindernissen verkaufen lassen.
Von der Anordnung des Verkaufes sind, soweit möglich, die Beteiligten zu benachrichtigen.
c. Verantwortlichkeit.
446. Der Frachtführer hat bei Ausübung der ihm in bezug auf die Behandlung des Frachtgutes eingeräumten Befugnisse die Interessen des Eigentümers bestmöglich zu wahren und haftet bei Verschulden für Schadenersatz.
2. Haftung des Frachtführers.
a. Verlust u(nd) Untergang des Gutes.
447. Wenn ein Frachtgut verloren oder zu Grunde gegangen ist, so hat der Frachtführer den vollen Wert zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass der Verlust oder Untergang durch die natürliche Beschaffenheit des Gutes oder durch ein Verschulden oder eine Anweisung des Absenders oder des Empfängers verursacht sei oder auf Umständen beruhe, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten.
Als ein Verschulden des Absenders ist es zu betrachten, wenn er den Frachtführer von dem besonders hohen Wert des Frachtgutes nicht unterrichtet hat.
Verabredungen, wonach ein den vollen Wert übersteigendes Interesse oder weniger als der volle Wert zu ersetzen ist, bleiben vorbehalten.
b. Verspätung, Beschädigung, teilweiser Untergang.
448. Unter den gleichen Voraussetzungen und Vorbehalten wie beim Verlust des Gutes haftet der Frachtführer für allen Schaden, der aus Verspätung in der Ablieferung oder aus Beschädigung oder aus teilweisem Untergange des Gutes entstanden ist.
Ohne besondere Verabredung kann ein höherer Schadenersatz als für gänzlichen Verlust nicht begehrt werden.
c. Haftung für Zwischenfrachtführer.
449. Der Frachtführer haftet für alle Unfälle und Fehler, die auf dem übernommenen Transporte vorkommen, gleichviel, ob er den Transport bis zu Ende selbst besorgt oder durch einen anderen Frachtführer ausführen lässt, unter Vorbehalt des Rückgriffes gegen den Frachtführer, dem er das Gut übergeben hat.
3. Anzeigepflicht.
450. Der Frachtführer hat sofort nach Ankunft des Gutes dem Empfänger Anzeige zu machen.
4. Retentionsrecht.
451. Bestreitet der Empfänger die auf dem Frachtgut haftende Forderung, so kann er die Ablieferung nur verlangen, wenn er den streitigen Betrag amtlich hinterlegt.
Dieser Betrag tritt in bezug auf das Retentionsrecht des Frachtführers an die Stelle des Frachtgutes.
5. Verwirkung der Haftungsansprüche.
452. Durch vorbehaltlose Annahme des Gutes und Bezahlung der Fracht erlöschen alle Ansprüche gegen den Frachtführer, die Fälle von absichtlicher Täuschung und grober Fahrlässigkeit ausgenommen.
Außerdem bleibt der Frachtführer haftbar für äußerlich nicht erkennbaren Schaden, falls der Empfänger solchen innerhalb der Zeit, in der ihm nach den Umständen die Prüfung möglich oder zuzumuten war, entdeckt und den Frachtführer sofort nach der Entdeckung davon benachrichtigt hat.
Diese Benachrichtigung muss jedoch spätestens acht Tage nach der Ablieferung stattgefunden haben.
6. Verfahren.
453. In allen Streitfällen kann die am Orte der gelegenen Sache zuständige Amtsstelle auf Begehren eines der beiden Teile Hinterlegung des Frachtgutes in dritte Hand oder nötigenfalls nach Feststellung des Zustandes den Verkauf anordnen.
Der Verkauf kann durch Bezahlung oder Hinterlegung des Betrages aller angeblich auf dem Gute haftenden Forderungen abgewendet werden.
7. Verjährung der Ersatzklagen.
454. Die Ersatzklagen gegen Frachtführer verjähren mit Ablauf eines Jahres, und zwar im Falle des Unterganges, des Verlustes oder der Verspätung von dem Tage hinweg, an dem die Ablieferung hätte geschehen sollen, im Falle der Beschädigung von dem Tage an, wo das Gut dem Adressaten übergeben worden ist.
Im Wege der Einrede können der Empfänger oder der Absender ihre Ansprüche immer geltend machen, sofern sie innerhalb Jahresfrist reklamiert haben und der Anspruch nicht infolge Annahme des Gutes verwirkt ist.
Vorbehalten bleiben die Fälle von Arglist und grober Fahrlässigkeit des Frachtführers.
C. Staatlich genehmigte und staatliche Transportanstalten.
455. Transportanstalten, zu deren Betrieb es einer staatlichen Genehmigung bedarf, sind nicht befugt, die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen über die Verantwortlichkeit des Frachtführers zu ihrem Vorteile durch besondere Übereinkunft oder durch Reglemente im voraus auszuschließen oder zu beschränken.
Jedoch bleiben abweichende Vertragsbestimmungen, die in diesem Titel als zulässig vorgesehen sind, vorbehalten.
Die besonderen Vorschriften für die Frachtverträge der Post, der Eisenbahnen und Dampfschiffe bleiben vorbehalten.
D. Mitwirkung einer öffentlichen Transportanstalt.
456. Ein Frachtführer oder Spediteur, der sich zur Ausführung des von ihm übernommenen Transportes einer öffentlichen Transportanstalt bedient oder zur Ausführung des von einer solchen übernommenen Transportes mitwirkt, unterliegt den für diese geltenden besonderen Bestimmungen über den Frachtverkehr.
Abweichende Vereinbarungen zwischen dem Frachtführer oder Spediteur und dem Auftraggeber bleiben jedoch vorbehalten.
Dieser Artikel findet keine Anwendung auf Kamionneure.
E. Haftung des Spediteurs.
457. Der Spediteur, der sich zur Ausführung des Vertrages einer öffentlichen Transportanstalt bedient, kann seine Verantwortlichkeit nicht wegen mangelnden Rückgriffes ablehnen, wenn er selbst den Verlust des Rückgriffes verschuldet hat.
Siebenzehnter Titel.
Die Prokura und andere Handlungsvollmachten.
A. Prokura.
I. Begriff und Bestellung.
458. Wer von dem Inhaber eines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes ausdrücklich oder stillschweigend ermächtigt ist, für ihn das Gewerbe zu betreiben und „per procura“ die Firma zu zeichnen, ist Prokurist.
Der Geschäftsherr hat die Erteilung der Prokura zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, wird jedoch schon vor der Eintragung durch die Handlungen des Prokuristen verpflichtet.
Zur Betreibung anderer Gewerbe oder Geschäfte kann ein Prokurist nur durch Eintragung in das Handelsregister bestellt werden.
II. Umfang der Vollmacht.
459. Der Prokurist gilt gutgläubigen Dritten gegenüber als ermächtigt, den Geschäftsherrn durch Wechsel-Zeichnungen zu verpflichten und in dessen Namen alle Arten von Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Zweck des Gewerbes oder Geschäftes des Geschäftsherrn mit sich bringen kann.
Zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis ausdrücklich erteilt worden ist.
III. Bescbränkbarkeit.
460. Die Prokura kann auf den Geschäftskreis einer Zweigniederlassung beschränkt werden.
Sie kann mehreren Personen zu gemeinsamer Unterschrift erteilt werden (Kollektiv-Prokura), mit der Wirkung, dass die Unterschrift des Einzelnen ohne die vorgeschriebene Mitwirkung der übrigen nicht verbindlich ist.
Andere Beschränkungen der Prokura haben gegenüber gutgläubigen Dritten keine rechtliche Wirkung.
IV. Löschung der Prokura.
461. Das Erlöschen der Prokura ist in das Handelsregister einzutragen, auch wenn bei der Erteilung die Eintragung nicht stattgefunden hat.
Solange die Löschung nicht erfolgt und bekannt gemacht worden ist, bleibt die Prokura gegenüber gutgläubigen Dritten in Kraft.
B. Andere Handlungsvollmachten.
462. Wenn der Inhaber eines Handels-, Fabrikations- oder eines andern nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes jemanden ohne Erteilung der Prokura, sei es zum Betriebe des ganzen Gewerbes, sei es zu bestimmten Geschäften in seinem Gewerbe, als Vertreter bestellt, so erstreckt sich die Vollmacht auf alle Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Gewerbes oder die Ausführung derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.
Jedoch ist der Handlungsbevollmächtigte zum Eingehen von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozessführung nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis ausdrücklich erteilt worden ist.
C. Vollmacht der Handelsreisenden.
463. Wer als Handelsreisender für einen bestimmten Geschäftsherrn an auswärtigen Orten Geschäfte zu besorgen hat, gilt für ermächtigt, den Kaufpreis aus den von ihm in dessen Namen abgeschlossenen Verkäufen einzuziehen und dafür zu quittieren, sowie Zahlungsfristen zu bewilligen.
Eine Beschränkung dieser Befugnis kann gegenüber gutgläubigen Dritten nicht geltend gemacht werden.
D. Konkurrenzverbot.
464. Der Prokurist, sowie der Handlungsbevollmächtigte, der zum Betriebe des ganzen Gewerbes bestellt ist oder in einem Dienstverhältnis zum Inhaber des Gewerbes steht, darf ohne Einwilligung des Geschäftsherrn weder für eigene Rechnung noch für Rechnung eines Dritten Geschäfte machen, die zu dem Geschäftszweige des Geschäftsherrn gehören.
Bei Übertretung dieser Vorschrift kann der Geschäftsherr Ersatz des verursachten Schadens fordern und die betreffenden Geschäfte auf eigene Rechnung übernehmen.
E. Erlöschen der Prokura und der andern Handlungsvollmachten.
465. Die Prokura und die Handlungsvollmacht sind jederzeit widerruflich, unbeschadet der Rechte, die sich aus einem unter den Beteiligten bestehenden Dienstvertrag, Gesellschaftsvertrag, Auftrag oder dergleichen ergeben können.
Der Tod des Geschäftsherrn oder der Eintritt seiner Handlungsunfähigkeit hat das Erlöschen der Prokura oder Handlungsvollmacht nicht zur Folge.
Achtzehnter Titel.
Die Anweisung.
A. Begriff.
466. Durch die Anweisung wird der Angewiesene ermächtigt, Geld, Wertpapiere oder andere vertretbare Sachen auf Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten, und dieser, die Leistung von jenem in eigenem Namen zu erheben.
B. Wirkungen.
I. Verhältnis des Anweisenden zum Anweisungsempfänger.
467. Soll mit der Anweisung eine Schuld des Anweisenden an den Empfänger getilgt werden, so erfolgt die Tilgung erst durch die von dem Angewiesenen geleistete Zahlung.
Doch kann der Empfänger, der die Anweisung angenommen hat, seine Forderung gegen den Anweisenden nur dann wieder geltend machen, wenn er die Zahlung vom Angewiesenen gefordert und nach Ablauf der in der Anweisung bestimmten Zeit nicht erhalten hat.
Der Gläubiger, der eine von seinem Schuldner ihm erteilte Anweisung nicht annehmen will, hat diesen bei Vermeidung von Schadenersatz ohne Verzug hievon zu benachrichtigen.
II. Verpflichtung des Angewiesenen.
468. Der Angewiesene, der dem Anweisungsempfänger die Annahme ohne Vorbehalt erklärt, wird ihm zur Zahlung verpflichtet und kann ihm nur solche Einreden entgegensetzen, die sich aus ihrem persönlichen Verhältnisse oder aus dem Inhalte der Anweisung selbst ergeben, nicht aber solche aus seinem Verhältnisse zum Anweisenden.
Soweit der Angewiesene Schuldner des Anweisenden ist und seine Lage dadurch, dass er an den Anweisungsempfänger Zahlung leisten soll, in keiner Weise verschlimmert wird, ist er zur Zahlung an diesen verpflichtet.
Vor der Zahlung die Annahme zu erklären, ist der Angewiesene selbst in diesem Falle nicht verpflichtet, es sei denn, dass er es mit dem Anweisenden vereinbart hätte.
III. Anzeigepflicht bei nicht erfolgter Zahlung.
469. Verweigert der Angewiesene die vom Anweisungsempfänger geforderte Zahlung, oder erklärt er zum voraus, an ihn nicht zahlen zu wollen, so ist dieser bei Vermeidung von Schadenersatz verpflichtet, den Anweisenden sofort zu benachrichtigen.
C. Widerruf.
470. Der Anweisende kann die Anweisung gegenüber dem Anweisungsempfänger widerrufen, wenn er sie nicht zur Tilgung seiner Schuld oder sonst zum Vorteile des Empfängers erteilt hat.
Gegenüber dem Angewiesenen kann der Anweisende widerrufen, solange jener dem Empfänger seine Annahme nicht erklärt hat.
Wird über den Anweisenden der Konkurs eröffnet, so gilt die noch nicht angenommene Anweisung als widerrufen.
D. Anweisung bei Wertpapieren.
471. Schriftliche Anweisungen zur Zahlung an den jeweiligen Inhaber der Urkunde werden nach den Vorschriften dieses Titels beurteilt, in dem Sinne, dass dem Angewiesenen gegenüber jeder Inhaber als Anweisungsempfänger gilt, die Rechte zwischen dem Anweisenden und dem Empfänger dagegen nur für den jeweiligen Übergeber und Abnehmer begründet werden.
Vorbehalten bleiben die besondern Bestimmungen über den Check und die wechselähnlichen Anweisungen.
Neunzehnter Titel.
Der Hinterlegungsvertrag.
A. Hinterlegung im allgemeinen.
I. Begriff.
472. Durch den Hinterlegungsvertrag verpflichtet sich der Aufbewahrer dem Hinterleger, eine bewegliche Sache, die dieser ihm anvertraut, zu übernehmen und sie an einem sicheren Orte aufzubewahren.
Eine Vergütung kann er nur dann fordern, wenn sie ausdrücklich bedungen worden ist oder nach den Umständen zu erwarten war.
II. Pflichten des Hinterlegers.
473. Der Hinterleger haftet dem Aufbewahrer für die mit Erfüllung des Vertrages notwendig verbundenen Auslagen.
Er haftet ihm für den durch die Hinterlegung verursachten Schaden, sofern er nicht beweist, dass der Schaden ohne jedes Verschulden von seiner Seite entstanden sei.
III. Pflichten des Aufbewahrers.
1. Verbot des Gebrauchs.
474. Der Aufbewahrer darf die hinterlegte Sache ohne Einwilligung des Hinterlegers nicht gebrauchen.
Andernfalls schuldet er dem Hinterleger entsprechende Vergütung und haftet auch für den Zufall, sofern er nicht beweist, dass dieser die Sache auch sonst getroffen hätte.
2. Rückgabe.
a. Recht des Hinterlegers.
475. Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde.
Jedoch hat er dem Aufbewahrer den Aufwand zu ersetzen, den dieser mit Rücksicht auf die vereinbarte Zeit gemacht hat.
b. Rechte des Aufbewahrers.
476. Der Aufbewahrer kann die hinterlegte Sache vor Ablauf der bestimmten Zeit nur dann zurückgeben, wenn unvorhergesehene Umstände ihn außer stand setzen, die Sache länger mit Sicherheit oder ohne eigenen Nachteil aufzubewahren.
Ist keine Zeit für die Aufbewahrung bestimmt, so kann der Aufbewahrer die Sache jederzeit zurückgeben.
c. Ort der Rückgabe.
477. Die hinterlegte Sache ist auf Kosten und Gefahr des Hinterlegers da zurückzugeben, wo sie aufbewahrt werden sollte.
3. Haftung mehrerer Aufbewahrer.
478. Haben Mehrere die Sache gemeinschaftlich zur Aufbewahrung erhalten, so haften sie solidarisch.
4. Eigentumsansprüche Dritter.
479. Wird an der hinterlegten Sache von einem Dritten Eigentum beansprucht, so ist der Aufbewahrer dennoch zur Rückgabe an den Hinterleger verpflichtet, sofern nicht gerichtlich Beschlag auf die Sache gelegt oder die Eigentumsklage gegen ihn anhängig gemacht worden ist.
Von diesen Hindernissen hat er den Hinterleger sofort zu benachrichtigen.
IV. Sequester.
480. Haben Mehrere eine Sache, deren Rechtsverhältnisse streitig oder unklar sind, zur Sicherung ihrer Ansprüche bei einem Dritten (dem Sequester) hinterlegt, so darf dieser die Sache nur mit Zustimmung der Beteiligten oder auf Geheiß des Richters herausgeben.
B. Die Hinterlegung vertretbarer Sachen.
481. Ist Geld mit der ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung hinterlegt worden, dass der Aufbewahrer nicht dieselben Stücke, sondern nur die gleiche Geldsumme zurückzuerstatten habe, so geht Nutzen und Gefahr auf ihn über.
Eine stillschweigende Vereinbarung in diesem Sinne ist zu vermuten, wenn die Geldsumme unversiegelt und unverschlossen übergeben wurde.
Werden andere vertretbare Sachen oder Wertpapiere hinterlegt, so darf der Aufbewahrer über die Gegenstände nur verfügen, wenn ihm diese Befugnis vom Hinterleger ausdrücklich eingeräumt worden ist.
C. Lagergeschäft.
I. Berechtigung zur Ausgabe von Warenpapieren.
482. Ein Lagerhalter, der sich öffentlich zur Aufbewahrung von Waren anerbietet, kann von der zuständigen Behörde die Bewilligung erwirken, für die gelagerten Güter Warenpapiere auszugeben.
Die Warenpapiere sind Wertpapiere und lauten auf die Herausgabe der gelagerten Güter.
Sie können als Namen-, Ordre- oder Inhaberpapiere ausgestellt sein.
II. Aufbewahrungspflicht des Lagerhalters.
483. Der Lagerhalter ist zur Aufbewahrung der Güter verpflichtet wie ein Kommissionär.
Er hat dem Einlagerer, soweit tunlich, davon Mitteilung zu machen, wenn Veränderungen an den Waren eintreten, die weitere Maßregeln als rätlich erscheinen lassen.
Er hat ihm die Besichtigung der Güter und die Entnahme von Proben während der Geschäftszeit, sowie jederzeit die nötigen Erhaltungsmaßregeln zu gestatten.
III. Vermengung der Güter.
484. Eine Vermengung vertretbarer Güter mit andern der gleichen Art und Güte darf der Lagerhalter nur vornehmen, wenn ihm dies ausdrücklich gestattet ist.
Aus vermischten Gütern kann jeder Einlagerer eine seinem Beitrag entsprechende Menge herausverlangen.
Der Lagerhalter darf die verlangte Ausscheidung ohne Mitwirkung der anderen Einlagerer vornehmen.
IV. Anspruch des Lagerhalters.
485. Der Lagerhalter hat Anspruch auf das verabredete oder übliche Lagergeld, sowie auf Erstattung der Auslagen, die nicht aus der Aufbewahrung selbst erwachsen sind, wie Frachtlohn, Zoll, Ausbesserung.
Die Auslagen sind sofort zu ersetzen, die Lagergelder je nach Ablauf von drei Monaten seit der Einlagerung und in jedem Fall bei der vollständigen oder teilweisen Zurücknahme des Gutes zu bezahlen.
Der Lagerhalter hat für seine Forderungen an dem Gute ein Retentionsrecht, solange er im Besitze des Gutes ist oder mit Warenpapier darüber verfügen kann.
V. Rückgabe der Güter.
486. Der Lagerhalter hat das Gut gleich einem Aufbewahrer zurückzugeben, ist aber an die vertragsmäßige Dauer der Aufbewahrung auch dann gebunden, wenn infolge unvorhergesehener Umstände ein gewöhnlicher Aufbewahrer vor Ablauf der bestimmten Zeit zur Rückgabe berechtigt wäre.
Ist ein Warenpapier ausgestellt, so darf und muss er das Gut nur an den aus dem Warenpapier Berechtigten herausgeben.
D. Gast- und Stallwirte.
I. Haftung der Gastwirte.
1. Voraussetzung und Umfang.
487. Gastwirte, die Fremde zur Beherbergung aufnehmen, haften für jede Beschädigung, Vernichtung oder Entwendung der von ihren Gästen eingebrachten Sachen, sofern sie nicht beweisen, dass der Schaden durch den Gast selbst oder seine Besucher, Begleiter oder Dienstleute oder durch höhere Gewalt oder durch die Beschaffenheit der Sache verursacht worden ist.
Diese Haftung besteht jedoch, wenn dem Gastwirte oder seinen Dienstleuten kein Verschulden zur Last fällt, für die Sachen eines jeden einzelnen Gastes nur bis zum Betrage von tausend Franken.
2. Haftung für Kostbarkeiten insbesondere.
488. Werden Kostbarkeiten, größere Geldbeträge oder Wertpapiere dem Gastwirte nicht zur Aufbewahrung übergeben, so ist er für sie nur haftbar, wenn ihm oder seinen Dienstleuten ein Verschulden zur Last fällt.
Hat er die Aufbewahrung übernommen, oder lehnt er sie ab, so haftet er für den vollen Wert.
Darf dem Gast die Übergabe solcher Gegenstände nicht zugemutet werden, so haftet der Gastwirt für sie wie für die andern Sachen des Gastes.
3. Aufhebung der Haftung.
489. Die Ansprüche des Gastes erlöschen, wenn er den Schaden nicht sofort nach dessen Entdeckung dem Gastwirte anzeigt.
Der Wirt kann sich seiner Verantwortlichkeit nicht dadurch entziehen, dass er sie durch Anschlag in den Räumen des Gasthofes ablehnt oder von Bedingungen abhängig macht, die im Gesetze nicht genannt sind.
II. Haftung der Stallwirte.
490. Stallwirte haften für die Beschädigung, Vernichtung oder Entwendung der bei ihnen eingestellten oder von ihnen oder ihren Leuten auf andere Weise übernommenen Tiere und Wagen und der dazu gehörigen Sachen, sofern sie nicht beweisen, dass der Schaden durch den Einbringenden selbst oder seine Besucher, Begleiter oder Dienstleute oder durch höhere Gewalt oder durch die Beschaffenheit der Sache verursacht worden ist.
Diese Haftung besteht jedoch, wenn dem Stallwirte oder seinen Dienstleuten kein Verschulden zur Last fällt, für die übernommenen Tiere, Wagen und dazu gehörigen Sachen eines jeden Einbringenden nur bis zum Betrage von tausend Franken.
III. Retentionsrecht.
491. Gastwirte und Stallwirte haben an den eingebrachten Sachen ein Retentionsrecht für die Forderungen, die ihnen aus der Beherbergung und Unterkunft zustehen.
Die Bestimmungen über das Retentionsrecht des Vermieters finden entsprechende Anwendung.
Zwanzigster Titel.
Die Bürgschaft.
A. Begriff.
492. Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Schuld des letzteren einzustehen.
B. Voraussetzungen.
I. Form.
493. Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe eines bestimmten Betrages seiner Haftung.
II. Hauptschuld.
494. Jede Bürgschaft setzt eine zu Recht bestehende Hauptschuld voraus.
Für den Fall, dass die Hauptschuld wirksam werde, kann die Bürgschaft auch für eine künftige oder bedingte Schuld eingegangen werden.
Die Schuld aus einem wegen Irrtums oder wegen Vertragsunfähigkeit für den Hauptschuldner unverbindlichen Vertrage kann gültig verbürgt werden, wenn der Bürge bei Eingehung seiner Verpflichtung den auf Seiten des Hauptschuldners vorhandenen Mangel kennt.
C. Arten.
I. Einfache Bürgschaft.
495. Der einfache Bürge kann vom Gläubiger erst dann zur Zahlung angehalten werden, wenn nach Eingehung der Bürgschaft der Hauptschuldner in Konkurs geraten oder ohne Verschulden des Gläubigers erfolglos betrieben worden ist oder in der Schweiz nicht mehr belangt werden kann.
Ist die verbürgte Forderung vor oder gleichzeitig mit Bestellung der Bürgschaft durch Pfandrechte gesichert worden, so ist der einfache Bürge, solange der Hauptschuldner nicht in Konkurs geraten ist und die Pfänder ohne Konkurs des Hauptschuldners verwertet werden können, berechtigt, zu verlangen, dass der Gläubiger sich vorerst an die Pfänder halte.
II. Solidarbürgschaft.
496. Wer sich als Bürge unter Beifügung der Worte: solidarisch, gleich dem Hauptschuldner, als Zahler, Selbstzahler, Selbstschuldner oder mit anderen gleichbedeutenden Ausdrücken verpflichtet, kann vor dem Hauptschuldner und vor der Verwertung der Pfänder belangt werden.
Im übrigen gelten auch für eine solche Bürgschaft die Bestimmungen dieses Titels.
III. Mitbürgschaft.
497. Mehrere Bürgen, die gemeinsam die nämliche teilbare Hauptschuld verbürgt haben, haften für ihre Anteile als einfache Bürgen und für die Anteile der übrigen als Nachbürgen.
Haben sie ausdrücklich mit dem Hauptschuldner oder unter sich Solidarhaft übernommen, so haftet jeder für die ganze Schuld mit verhältnismäßigem Rückgriffe gegen die Mitbürgen.
Hat ein Bürge in der dem Gläubiger erkennbaren Voraussetzung, dass neben ihm für die gleiche Hauptschuld noch andere Bürgen sich verpflichten werden, die Bürgschaft eingegangen, so wird er befreit, wenn diese Voraussetzung nicht eintritt.
IV. Nachbürgschaft und Rückbürgschaft.
498. Der Nachbürge, der sich dem Gläubiger für die Erfüllung der von dem Vorbürgen übernommenen Verbindlichkeit verpflichtet hat, haftet neben diesem in gleicher Weise wie der einfache Bürge neben dem Hauptschuldner.
Der Rückbürge ist verpflichtet, dem zahlenden Bürgen für den Rückgriff einzustehen, der diesem gegen den Hauptschuldner zusteht.
D. Haftung des Bürgen.
I. Umfang der Haftung.
499. Der Bürge haftet für den jeweiligen Betrag der Hauptschuld, inbegriffen die gesetzlichen Folgen eines Verschuldens oder Verzuges des Hauptschuldners.
Für die Kosten der Ausklagung des Hauptschuldners hat der Bürge nur insofern einzustehen, als ihm rechtzeitig Gelegenheit gegeben war, sie durch Befriedigung des Gläubigers zu vermeiden.
Für vertragsmäßige Zinse haftet der Bürge bis zum Betrage des laufenden und eines verfallenen Jahreszinses.
II. Fälligkeit.
500. Der Bürge kann wegen der Hauptschuld vor dem für deren Bezahlung festgesetzten Termine selbst dann nicht belangt werden, wenn die Fälligkeit durch den Konkurs des Hauptschuldners vorgerückt wird.
Erfordert die Fälligkeit der Hauptschuld eine Kündigung, so hat diese auch an den Bürgen zu geschehen.
Die Kündigungsfrist läuft für den Bürgen von dem Tage an, wo sie an ihn erfolgt ist.
E. Erlöschen der Bürgschaft.
I. Erlöschen der Hauptschuld.
501. Durch jedes Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit.
II. Bürgschaft auf Zeit.
502. Ist die Bürgschaft nur für eine bestimmte Zeit eingegangen, so erlischt die Verpflichtung des Bürgen, wenn der Gläubiger nicht binnen vier Wochen nach Ablauf der Frist seine Forderung rechtlich geltend macht und ohne erhebliche Unterbrechung den Rechtsweg verfolgt.
III. Unbefristete Bürgschaft.
503. Ist die Bürgschaft auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann der Bürge nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld vom Gläubiger verlangen, dass er binnen vier Wochen die Forderung rechtlich geltend mache und den Rechtsweg ohne erhebliche Unterbrechung fortsetze.
Handelt es sich um eine Forderung, deren Fälligkeit durch Kündigung des Gläubigers herbeigeführt werden kann, so ist der Bürge nach Ablauf eines Jahres seit Eingehung der Bürgschaft zu dem Verlangen berechtigt, dass der Gläubiger die Kündigung vornehme und nach Eintritt der Fälligkeit die Forderung im Sinne der vorstehenden Bestimmung geltend mache.
Kommt der Gläubiger diesem Verlangen nicht nach, so wird der Bürge frei.
IV. Amts- und Dienstbürgschaft.
504. Eine auf unbestimmte Zeit eingegangene Amtsbürgschaft kann je auf das Ende der auf die Kündigung folgenden Amtsdauer gekündigt werden.
Besteht eine bestimmte Amtsdauer nicht, so kann der Amtsbürge die Bürgschaft je nach Ablauf von drei Jahren auf Ende des folgenden Jahres kündigen.
Das gleiche Kündigungsrecht steht nach Ablauf von drei Jahren dem Bürgen bei der Dienstbürgschaft zu.
F. Rechte des Bürgen.
I. Rückgriff gegen den Schuldner.
1. Eintritt in die Rechte des Gläubigers.
505. Auf den Bürgen gehen in demselben Maße, als er den Gläubiger befriedigt hat, dessen Rechte über.
Auf diesen Übergang der Gläubigerrechte kann nicht zum voraus verzichtet werden.
Vorbehalten bleiben die besonderen Ansprüche und Einreden aus dem zwischen Bürgen und Hauptschuldner bestehenden Rechtsverhältnisse.
2. Einreden des Bürgen.
506. Der Bürge ist berechtigt und verpflichtet, dem Gläubiger die Einreden entgegenzusetzen, die dem Hauptschuldner zustehen, soweit er nicht durch die Art seiner Verpflichtung von der Geltendmachung solcher Einreden ausgeschlossen wird.
Unterlässt er dieses, so verliert er seinen Rückgriff insoweit, als er sich mittelst dieser Einreden hätte befreien können, wenn er nicht darzutun vermag, dass er sie ohne sein Verschulden nicht gekannt habe.
3. Anzeigepflicht des Bürgen.
507. Der Bürge verliert seinen Rückgriff, wenn infolge der von ihm unterlassenen Anzeige der Zahlung der Hauptschuldner die Schuld gleichfalls bezahlt.
Die Forderung gegen den Gläubiger aus ungerechtfertigter Bereicherung bleibt vorbehalten.
II. Rechte des Bürgen gegen den Gläubiger.
1. Herausgabe der Beweismittel u. a.
508. Der Gläubiger hat dem Bürgen, der ihn befriedigt, die zur Geltendmachung seiner Rechte dienlichen Urkunden und die bei ihm hinterlegten Pfänder herauszugeben.
Bestand für die Hauptschuld ein Grundpfandrecht, so hat der Gläubiger die für den Übergang des Pfandrechtes erforderlichen Handlungen vorzunehmen.
2. Anspruch auf vertragsmäßiges Verhalten.
509. Der Gläubiger ist dem Bürgen dafür verantwortlich, wenn er zu dessen Nachteile die bei Eingehung, der Bürgschaft vorhandenen oder die nachträglich erlangten und ausschließlich für die verbürgte Forderung bestimmten anderweitigen Sicherheiten vermindert oder wenn er sich der vorhandenen Beweismittel entäußert.
Er ist ferner bei Amts- oder Dienstbürgschaft dafür verantwortlich, wenn infolge der Unterlassung der Aufsicht über den Schuldner, zu der er verpflichtet ist, die Schuld entstanden ist oder einen Umfang angenommen hat, den sie andernfalls nicht erreicht hätte.
3. Anspruch auf Zahlungsannahme oder Entlassung.
510. Ist die Hauptschuld fällig, so kann der Bürge jederzeit vom Gläubiger verlangen, dass dieser von ihm Befriedigung annehme oder ihn aus der Bürgschaft entlasse.
Der Bürge wird ohne weiteres frei, wenn der Gläubiger die Annahme der Zahlung oder die Übertragung der Sicherheiten verweigert.
4. Anmeldung des Gläubigers im Konkurs des Schuldners.
511. Fällt der Hauptschuldner in Konkurs, so liegt dem Gläubiger die Pflicht ob, seine Forderung im Konkurse anzumelden.
Auch hat der Gläubiger, sobald er von dem Konkurse Kenntnis erhält, den Bürgen davon zu benachrichtigen.
Wenn der Gläubiger solches unterlässt, so verliert er seine Ansprüche gegen den Bürgen insoweit, als diesem aus der Unterlassung ein Schaden entstanden ist.
III. Recht des Bürgen auf Sicherstellung.
512. Der Bürge kann von dem Hauptschuldner Sicherstellung und, wenn die Hauptschuld fällig ist, Befreiung von der Bürgschaft verlangen:
1. wenn der Hauptschuldner den mit dem Bürgen getroffenen Abreden zuwider handelt, namentlich die auf einen bestimmten Termin versprochene Entlastung des Bürgen nicht bewirkt,
2. wenn der Hauptschuldner in Verzug kommt,
3. wenn durch Verschlimmerung der Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners oder durch dessen Verschulden die Gefahr für den Bürgen erheblich größer geworden ist, als sie bei Eingehung der Bürgschaft war.
Einundzwanzigster Titel.
Spiel und Wette.
A. Unklagbarkeit der Forderung.
513. Aus Spiel und Wette entsteht keine Forderung.
Dasselbe gilt von Darlehen und Vorschüssen, die wissentlich zum Behufe des Spieles oder der Wette gemacht werden, sowie von Differenzgeschäften und solchen Lieferungsgeschäften über Waren oder Börsenpapiere, die den Charakter eines Spieles oder einer Wette haben.
B. Schuldverschreibungen und freiwillige Zahlung.
514. Eine Schuldverschreibung oder Wechselverpflichtung, die der Spielende oder Wettende zur Deckung der Spiel- oder Wettsumme gezeichnet hat, kann trotz erfolgter Aushändigung, unter Vorbehalt der Rechte gutgläubiger Dritter aus Wertpapieren, nicht geltend gemacht werden.
Eine freiwillig geleistete Zahlung kann nur zurückgefordert werden, wenn die planmäßige Ausführung des Spieles oder der Wette durch Zufall oder durch den Empfänger vereitelt worden ist, oder wenn dieser sich einer Unredlichkeit schuldig gemacht hat.
C. Lotterie- und Ausspielgeschäfte.
515. Aus Lotterie- oder Ausspielgeschäften entsteht nur dann eine Forderung, wenn die Unternehmung von der zuständigen Behörde bewilligt worden ist.
Fehlt diese Bewilligung, so wird eine solche Forderung wie eine Spielforderung behandelt.
Für auswärts gestattete Lotterien oder Ausspielverträge wird in der Schweiz ein Rechtsschutz nur gewährt, wenn die zuständige schweizerische Behörde den Vertrieb der Lose bewilligt hat.
Zweiundzwanzigster Titel.
Der Leibrentenvertrag und die Verpfründung.
A. Leibrentenvertrag.
I. Inhalt.
516. Die Leibrente kann auf die Lebenszeit des Rentengläubigers, des Rentenschuldners oder eines Dritten gestellt werden.
In Ermangelung einer bestimmten Verabredung wird angenommen, sie sei auf die Lebenszeit des Rentengläubigers versprochen.
Eine auf die Lebenszeit des Rentenschuldners oder eines Dritten gestellte Leibrente geht, sofern nicht etwas anderes verabredet ist, auf die Erben des Rentengläubigers über.
II. Form der Entstehung.
517. Der Leibrentenvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form.
III. Rechte des Gläubigers.
1. Geltendmachung des Anspruchs.
518. Die Leibrente ist halbjährlich und zum voraus zu leisten, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist.
Stirbt die Person, auf deren Lebenszeit die Leibrente gestellt ist, vor dem Ablaufe der Periode, für die zum voraus die Rente zu entrichten ist, so wird der volle Betrag geschuldet.
Fällt der Leibrentenschuldner in Konkurs, so ist der Leibrentengläubiger berechtigt, seine Ansprüche in Form einer Kapitalforderung geltend zu machen, deren Wert durch das Kapital bestimmt wird, womit die nämliche Leibrente zur Zeit der Konkurseröffnung bei einer soliden Rentenanstalt bestellt werden könnte.
2. Übertragbarkeit und Entziehbarkeit.
519. Der Leibrentengläubiger kann, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, die Ausübung seiner Rechte abtreten.
Wer einem Dritten unentgeltlich eine Leibrente bestellt, kann zugleich bestimmen, dass sie ihm durch dessen Gläubiger auf dem Wege der Betreibung oder des Konkurses nicht entzogen werden darf.
IV. Leibrenten nach dem Gesetz über den Versicherungsvertrag.
520. Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Leibrentenvertrag finden keine Anwendung auf Leibrentenverträge, die unter dem Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag stehen, vorbehaltlich der Vorschrift betreffend die Entziehbarkeit des Rentenanspruchs.
B. Verpfründung.
I. Begriff.
521. Durch den Verpfründungsvertrag verpflichtet sich der Pfründer, dem Pfründgeber ein Vermögen oder einzelne Vermögenswerte zu übertragen, und dieser, dem Pfründer Unterhalt und Pflege auf Lebenszeit zu gewähren.
Ist der Pfründgeber als Erbe des Pfründers eingesetzt, so steht das ganze Verhältnis unter den Bestimmungen über den Erbvertrag.
II. Entstehung.
1. Form.
522. Der Verpfründungsvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit, auch wenn keine Erbeinsetzung damit verbunden ist, derselben Form wie der Erbvertrag.
Wird der Vertrag mit einer staatlich anerkannten Pfründanstalt zu den von der zuständigen Behörde genehmigten Bedingungen abgeschlossen, so genügt die schriftliche Vereinbarung.
2. Sicherstellung.
523. Hat der Pfründer dem Pfründgeber ein Grundstück übertragen, so steht ihm für seine Ansprüche das Recht auf ein gesetzliches Pfandrecht an diesem Grundstück gleich einem Verkäufer zu.
III. Inhalt.
524. Der Pfründer tritt in häusliche Gemeinschaft mit dem Pfründgeber, und dieser ist verpflichtet, ihm zu leisten, was der Pfründer nach dem Wert des Geleisteten und nach den Verhältnissen, in denen er bishin gestanden hat, billigerweise erwarten darf.
Er hat ihm Wohnung und Unterhalt in angemessener Weise zu leisten und schuldet ihm in Krankheitsfällen die nötige Pflege und ärztliche Behandlung.
Pfründanstalten können diese Leistungen in ihren Hausordnungen unter Genehmigung durch die zuständige Behörde als Vertragsinhalt allgemein verbindlich festsetzen.
IV. Anfechtung und Herabsetzung.
525. Ein Verpfründungsvertrag kann von denjenigen Personen angefochten werden, denen ein gesetzlicher Unterstützungsanspruch gegen den Pfründer zusteht, wenn der Pfründer durch die Verpfründung sich der Möglichkeit beraubt, seiner Unterstützungspflicht nachzukommen.
Anstatt den Vertrag aufzuheben, kann der Richter den Pfründgeber zu der Unterstützung der Unterstützungsberechtigten verpflichten, unter Anrechnung dieser Leistungen auf das, was der Pfrundgeber vertragsgemäß dem Pfründer zu entrichten hat.
Vorbehalten bleiben ferner die Klage der Erben auf Herabsetzung und die Anfechtung durch die Gläubiger.
V. Aufhebung.
1. Kündigung.
526. Der Verpfründungsvertrag kann sowohl von dem Pfründer als dem Pfründgeber jederzeit auf ein halbes Jahr gekündigt werden, wenn nach dem Vertrag die Leistung des Einen dem Werte nach erheblich größer ist, als die des Andern, und der Empfänger der Mehrleistung nicht die Schenkungsabsicht des Andern nachweisen kann.
Maßgebend ist hiefür das Verhältnis von Kapital und Leibrente nach den Grundsätzen einer soliden Rentenanstalt.
Was im Zeitpunkt der Aufhebung bereits geleistet ist, wird unter gegenseitiger Verrechnung von Kapitalwert und Zins zurückerstattet.
2. Einseitige Aufhebung.
527. Sowohl der Pfründer als der Pfründgeber kann die Verpfründung einseitig aufheben, wenn infolge von Verletzung der vertraglichen Pflichten das Verhältnis unerträglich geworden ist oder wenn andere wichtige Gründe dessen Fortsetzung übermäßig erschweren oder unmöglich machen.
Wird die Verpfründung aus einem solchen Grunde aufgehoben, so hat neben der Rückgabe des Geleisteten der schuldige Teil dem schuldlosen eine angemessene Entschädigung zu entrichten.
Anstatt den Vertrag vollständig aufzuheben, kann der Richter auf Begehren einer Partei oder von Amtes wegen die häusliche Gemeinschaft aufheben und dem Pfründer zum Ersatz dafür eine Leibrente zusprechen.
3. Aufhebung beim Tod des Pfründgebers.
528. Beim Tode des Pfründgebers kann der Pfründer innerhalb Jahresfrist die Aufhebung des Pfründverhältnisses verlangen.
In diesem Falle kann er gegen die Erben eine Forderung geltend machen, wie sie im Konkurse des Pfründgebers ihm zustände.
Unübertragbarkeit, Geltendmachung bei Konkurs und Pfändung.
529. Der Anspruch des Pfründers ist nicht übertragbar.
Im Konkurse des Pfründgebers besteht die Forderung des Pfründers in dem Betrage, womit die Leistung des Pfründgebers dem Werte nach bei einer soliden Rentenanstalt in Gestalt einer Leibrente erworben werden könnte.
Bei der Betreibung auf Pfändung kann der Pfründer für diese Forderung ohne vorgängige Betreibung an der Pfändung teilnehmen.
Dreiundzwanzigster Titel.
Die einfache Gesellschaft.
A. Begriff.
530. Gesellschaft ist die vertragsmäßige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln.
Sie ist eine einfache Gesellschaft im Sinne dieses Titels, sofern dabei nicht die Voraussetzungen einer andern durch das Gesetz geordneten Gesellschaft zutreffen.
B. Verhältnis der Gesellschafter unter sich.
I. Beiträge.
531. Jeder Gesellschafter hat einen Beitrag zu leisten, sei es in Geld, Sachen, Forderungen oder Arbeit.
Ist nicht etwas anderes vereinbart, so haben die Gesellschafter gleiche Beiträge und zwar in der Art und dem Umfange zu leisten, wie der vereinbarte Zweck es erheischt.
In bezug auf die Tragung der Gefahr und die Gewährspflicht finden, sofern der einzelne Gesellschafter den Gebrauch einer Sache zu überlassen hat, die Grundsätze des
Mietvertrages und, sofern er Eigentum zu übertragen hat, die Grundsätze des Kaufvertrages entsprechende Anwendung.
II. Gewinn und Verlust.
1. Gewinnteilung.
532. Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, einen Gewinn, der seiner Natur nach der Gesellschaft zukommt, mit den andern Gesellschaftern zu teilen.
2. Gewinn- und Verlustbeteiligung.
533. Wird es nicht anders vereinbart, so hat jeder Gesellschafter, ohne Rücksicht auf die Art und Größe seines Beitrages, gleichen Anteil an Gewinn und Verlust.
Ist nur der Anteil am Gewinne oder nur der Anteil am Verluste vereinbart, so gilt diese Vereinbarung für beides.
Die Verabredung, dass ein Gesellschafter, der zu dem gemeinsamen Zwecke Arbeit beizutragen hat, Anteil am Gewinne, nicht aber am Verluste haben soll, ist zulässig.
III. Gesellschaftsbeschlüsse.
534. Gesellschaftsbeschlüsse werden mit Zustimmung aller Gesellschafter gefasst.
Genügt nach dem Vertrage Stimmenmehrheit, so ist die Mehrheit nach der Personenzahl zu berechnen.
IV. Geschäftsführung.
535. Die Geschäftsführung steht allen Gesellschaftern zu, soweit sie nicht durch Vertrag oder Beschluss einem oder mehreren Gesellschaftern oder Dritten ausschließlich übertragen
ist.
Steht die Geschäftsführung entweder allen oder mehreren Gesellschaftern zu, so kann jeder von ihnen ohne Mitwirkung der übrigen handeln, es hat aber jeder andere zur Geschäftsführung befugte Gesellschafter das Recht, durch seinen Widerspruch die Handlung zu verhindern, bevor sie vollendet ist.
Zur Bestellung eines Generalbevollmächtigten und zur Vornahme von Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb der gemeinschaftlichen Geschäfte hinausgehen, ist, sofern nicht Gefahr im Verzuge liegt, die Einwilligung sämtlicher Gesellschafter erforderlich.
V. Verantwortlichkeit unter sich.
1. Konkurrenzverbot.
536. Kein Gesellschafter darf zu seinem besonderen Vorteile Geschäfte betreiben, durch die der Zweck der Gesellschaft vereitelt oder beeinträchtigt würde.
2. Ansprüche aus der Tätigkeit für die Gesellschaft.
537. Für Auslagen oder Verbindlichkeiten, die ein Gesellschafter in den Angelegenheiten der Gesellschaft macht oder eingeht, sowie für Verluste, die er unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder aus den untrennbar damit verbundenen Gefahren erleidet, sind ihm die übrigen Gesellschafter haftbar.
Für die vorgeschossenen Gelder kann er vom Tage des geleisteten Vorschusses an Zinse fordern.
Dagegen steht ihm für persönliche Bemühungen kein Anspruch auf besondere Vergütung zu.
3. Maß der Sorgfalt.
538. Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, in den Angelegenheiten der Gesellschaft den Fleiß und die Sorgfalt anzuwenden, die er in seinen eigenen anzuwenden pflegt.
Er haftet den übrigen Gesellschaftern für den durch sein Verschulden entstandenen Schaden, ohne dass er damit die Vorteile verrechnen könnte, die er der Gesellschaft in anderen Fällen verschafft hat.
Der geschäftsführende Gesellschafter, der für seine Tätigkeit eine Vergütung bezieht, haftet nach den Bestimmungen über den Auftrag.
VI. Entzug und Beschränkung der Geschäftsführung.
539. Die im Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter eingeräumte Befugnis zur Geschäftsführung darf von den übrigen Gesellschaftern ohne wichtige Gründe weder entzogen noch beschränkt werden.
Liegen wichtige Gründe vor, so kann sie von jedem der übrigen Gesellschafter selbst dann entzogen werden, wenn der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt.
Ein wichtiger Grund liegt namentlich vor, wenn der Geschäftsführer sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht oder die Fähigkeit zu einer guten Geschäftsführung verloren hat.
VII. Geschäftsführende und nicht geschäftsführende Gesellschafter.
1. Im allgemeinen.
540. Soweit weder in den Bestimmungen dieses Titels noch im Gesellschaftsvertrage etwas anderes vorgesehen ist, kommen auf das Verhältnis der geschäftsführenden Gesellschafter zu den übrigen Gesellschaftern die Vorschriften über Auftrag zur Anwendung.
Wenn ein Gesellschafter, der nicht zur Geschäftsführung befugt ist, Gesellschaftsangelegenheiten besorgt, oder wenn
ein zur Geschäftsführung befugter Gesellschafter seine Befugnis überschreitet, so finden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag Anwendung.
2. Einsicht in die Gesellschaftsangelegenheiten.
541. Der von der Geschäftsführung ausgeschlossene Gesellschafter hat das Recht, sich persönlich von dem Gange der Gesellschaftsangelegenheiten zu unterrichten, von den Geschäftsbüchern und Papieren der Gesellschaft Einsicht zu nehmen und für sich eine Übersicht über den Stand des gemeinschaftlichen Vermögens anzufertigen.
Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nichtig.
VIII. Aufnahme neuer Gesellschafter und Unterbeteiligung.
542. Ein Gesellschafter kann ohne die Einwilligung der übrigen Gesellschafter keinen Dritten in die Gesellschaft aufnehmen.
Wenn ein Gesellschafter einseitig einen Dritten an seinem Anteile beteiligt oder seinen Anteil an ihn abtritt, so wird dieser Dritte dadurch nicht zum Gesellschafter der übrigen und erhält insbesondere nicht das Recht, von den Gesellschaftsangelegenheiten Einsicht zu nehmen.
C. Verhältnis der Gesellschafter gegenüber Dritten.
I. Vertretung.
543. Wenn ein Gesellschafter zwar für Rechnung der Gesellschaft, aber in eigenem Namen mit einem Dritten Geschäfte abschließt, so wird er allein dem Dritten gegenüber berechtigt und verpflichtet.
Wenn ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft oder sämtlicher Gesellschafter mit einem Dritten Geschäfte abschließt, so werden die übrigen Gesellschafter dem Dritten gegenüber nur insoweit berechtigt und verpflichtet, als es die Bestimmungen über die Stellvertretung mit sich bringen.
Eine Ermächtigung des einzelnen Gesellschafters, die Gesellschaft oder sämtliche Gesellschafter Dritten gegenüber au vertreten, wird vermutet, sobald ihm die Geschäftsführung überlassen ist.
II. Wirkung der Vertretung.
544. Sachen, dingliche Rechte oder Forderungen, die an die Gesellschaft übertragen oder für sie erworben worden sind, gehören den Gesellschaftern gemeinschaftlich nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages.
Die Gläubiger eines Gesellschafters können, wo aus dem Gesellschaftsvertrage nichts anderes hervorgeht, zu ihrer Befriedigung nur den Liquidationsanteil ihres Schuldners in Anspruch nehmen.
Haben die Gesellschafter gemeinschaftlich oder durch Stellvertretung einem Dritten gegenüber Verpflichtungen eingegangen, so haften sie ihm solidarisch, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung.
D. Beendigung der Gesellschaft.
I. Auflösungsgründe.
1. Im allgemeinen.
545. Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1. wenn der Zweck, zu welchem sie abgeschlossen wurde, erreicht oder wenn dessen Erreichung unmöglich geworden ist,
2. wenn ein Gesellschafter stirbt und für diesen Fall nicht schon vorher vereinbart worden ist, dass die Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll,
3. wenn der Liquidationsanteil eines Gesellschafters zur Zwangsverwertung gelangt oder ein Gesellschafter in Konkurs fällt oder bevormundet wird,
4. durch gegenseitige Übereinkunft,
5. durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft eingegangen worden ist,
6. durch Kündigung von seiten eines Gesellschafters, wenn eine solche im Gesellschaftsvertrage vorbehalten oder wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen worden ist,
7. durch Urteil des Richters im Falle der Auflösung aus einem wichtigen Grund.
Aus wichtigen Gründen kann die Auflösung der Gesellschaft vor Ablauf der Vertragsdauer oder, wenn sie auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden ist, ohne vorherige Aufkündigung verlangt werden.
2. Gesellschaft auf unbestimmte Dauer.
546. Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen.
Die Kündigung soll jedoch in guten Treuen und nicht zur Unzeit geschehen und darf, wenn jährliche Rechnungsabschlüsse vorgesehen sind, nur auf das Ende eines Geschäftsjahres erfolgen.
Wird eine Gesellschaft nach Ablauf der Zeit, für die sie eingegangen worden ist, stillschweigend fortgesetzt, so gilt sie als auf unbestimmte Zeit erneuert.
II. Wirkung der Auflösung auf die Geschäftsführung.
547. Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufgelöst, so gilt die Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis hat oder bei schuldiger Sorgfalt haben sollte.
Wird die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, so hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den andern den Todesfall unverzüglich anzuzeigen und die von seinem Erblasser zu besorgenden Geschäfte in guten Treuen fortzusetzen, bis anderweitige Fürsorge getroffen ist.
Die andern Gesellschafter haben in gleicher Weise die Geschäfte einstweilen weiter zu führen.
III. Liquidation.
1. Behandlung der Einlagen.
548. Bei der Auseinandersetzung, die nach der Auflösung die Gesellschafter unter sich vorzunehmen haben, fallen die Sachen, die ein Gesellschafter zu Eigentum eingebracht hat, nicht an ihn zurück.
Er hat jedoch Anspruch auf den Wert, für den sie übernommen worden sind.
Fehlt es an einer solchen Wertbestimmung, so geht sein Anspruch auf den Wert, den die Sachen zur Zeit des Einbringens hatten.
2. Verteilung von Überschuss und Fehlbetrag.
549. Verbleibt nach Abzug der gemeinschaftlichen Schulden, nach Ersatz der Auslagen und Verwendungen an einzelne Gesellschafter und nach Rückerstattung der Vermögensbeiträge ein Überschuss, so ist er unter die Gesellschafter als Gewinn zu verteilen.
Ist nach Tilgung der Schulden und Ersatz der Auslagen und Verwendungen das gemeinschaftliche Vermögen nicht ausreichend, um die geleisteten Vermögensbeiträge zurückzuerstatten, so haben die Gesellschafter das Fehlende als Verlust zu tragen.
3. Vornahme der Auseinandersetzung.
550. Die Auseinandersetzung nach Auflösung der Gesellschaft ist von allen Gesellschaftern gemeinsam vorzunehmen, mit Einschluss derjenigen, die von der Geschäftsführung ausgeschlossen waren.
Wenn jedoch der Gesellschaftsvertrag sich nur auf bestimmte einzelne Geschäfte bezog, die ein Gesellschafter in eigenem Namen auf gemeinsame Rechnung zu besorgen hatte, so hat er diese Geschäfte auch nach Auflösung der Gesellschaft allein zu erledigen und den übrigen Gesellschaftern Rechnung abzulegen.
V. Haftung gegenüber Dritten.
551. An den Verbindlichkeiten gegenüber Dritten wird durch die Auflösung der Gesellschaft nichts geändert.
Dritte Abteilung.
Die Handelsgesellschaften, Wertpapiere und Geschäftsfirmen.
(Bundesgesetz über das Obligationenrecht vom 14. Juni 1881, Art. 552 bis 715 und 720 bis 880.)
Vierundzwanzigster Titel.
Kollektivgesellschaft.
I. Begriff und Errichtung.
552. Eine Kollektivgesellschaft ist vorhanden, wenn zwei oder mehrere Personen, ohne ihre Haftbarkeit nach Maßgabe der folgenden Titel zu beschränken, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben.
Die Mitglieder einer solchen Gesellschaft haben dieselbe als Kollektivgesellschaft in das Handelsregister eintragen zu lassen.
Gesellschaften für andere als die im ersten Absatz bezeichneten Zwecke können Kollektivgesellschaften werden, wenn sie sich als solche in das Handelsregister eintragen lassen.
553. Die Eintragung einer Kollektivgesellschaft in das Handelsregister hat da zu geschehen, wo sie ihren Sitz hat.
Die Eintragung muss enthalten:
1. den Namen und den Wohnort jedes Gesellschafters;
2. die Firma der Gesellschaft und den Ort, wo sie ihren Sitz hat;
3. den Zeitpunkt, mit welchem die Gesellschaft ihren Anfang nimmt;
4. im Falle vereinbart ist, dass nur einer oder einige der Gesellschafter die Gesellschaft vertreten sollen, die Angabe, welcher oder welche dazu bestimmt sind, sowie ob das Recht nur in Gemeinschaft ausgeübt werden soll.
554. Die Anmeldungen zur Eintragung der im vorhergehenden Artikel unter l bis 4 erwähnten Tatsachen oder einer Veränderung derselben müssen von allen Gesellschaftern persönlich vor der Registerbehörde unterzeichnet oder in beglaubigter Form eingereicht werden.
Sie sind ihrem ganzen Inhalte nach in das Handelsregister einzutragen.
Die Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten sollen, haben die Firma nebst ihrer Namensunterschrift persönlich vor der Registerbehörde zu zeichnen oder die Zeichnung derselben in beglaubigter Form einzureichen.
II. Verhältnis der Gesellschafter unter sich.
555. Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage.
Soweit keine Vereinbarung getroffen ist, kommen die Bestimmungen der Art. 531 bis 542 über einfache Gesellschaft zur Anwendung, jedoch mit den Abweichungen, welche die nachfolgenden Artikel ergeben.
556. Am Schlusse eines jeden Geschäftsjahres ist ein Inventar und eine Bilanz des Gesellschaftsvermögens anzufertigen, auf Grund derselben der Gewinn oder Verlust des Jahres zu ermitteln und für jeden Gesellschafter sein Anteil zu berechnen.
Dabei werden jedem Gesellschafter von seinem Anteile am Gesellschaftsvermögen Zinse zu vier vom Hundert und ein allfällig für seine Arbeit verabredetes Honorar gutgeschrieben.
Zinse und Honorar werden bei Ermittelung von Gewinn und Verlust als Gesellschaftsschuld behandelt.
557. Jeder Gesellschafter hat das Recht, aus der Gesellschaftskasse Gewinn, Zinse und Honorar des letztverflossenen Jahres zu entnehmen. Macht er von diesem Rechte keinen Gebrauch, so wird sein Einlagekapital um den Betrag jener Summe vermehrt, sofern die andern Gesellschafter keine Einwendung dagegen erheben.
Ist durch frühere Verluste das Einlagekapital eines Gesellschafters vermindert worden, so hat derselbe bis zur Wiederergänzung seiner Einlage keinen Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteiles.
Im übrigen hat kein Gesellschafter die Pflicht, seine durch Verlust verminderte Einlage zu ergänzen oder dieselbe über den im Vertrage bestimmten Betrag zu erhöhen.
558. Ein Gesellschafter darf ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter weder in dem Geschäftszweige der Gesellschaft für eigene Rechnung oder für Rechnung eines Dritten Geschäfte machen noch an einer andern gleichartigen Unternehmung als Kollektivgesellschafter oder als Kommanditär teilnehmen.
III. Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten.
559. Die Kollektivgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte auch an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.
560. Enthält das Handelsregister keine entgegenstehenden Bestimmungen über die Vertretungsbefugnis der einzelnen Gesellschafter, so sind Dritte zu der Annahme berechtigt, es sei jeder einzelne Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt.
561. Jeder zur Vertretung der Gesellschaft befugte Gesellschafter ist ermächtigt, im Namen der Gesellschaft alle Arten von Rechtshandlungen und Geschäften vorzunehmen, welche der Zweck der Gesellschaft mit sich bringen kann.
Eine Beschränkung dieser Vertretungsbefugnis hat gegenüber gutgläubigen Dritten keine rechtliche Wirkung.
Vorbehalten bleibt die in das Handelsregister eingetragene Bestimmung, dass überhaupt nur Mehrere zusammen die Firma führen können.
562. Zur Bestellung eines Prokuristen ist die Einwilligung aller zur Vertretung der Gesellschaft befugten Gesellschafter erforderlich. Der Widerruf der Prokura kann dagegen von jedem derselben mit Wirkung gegen Dritte geschehen.
563. Die Gesellschaft wird durch die Rechtsgeschäfte, welche ein zu ihrer Vertretung befugter Gesellschafter in ihrem Namen schließt, berechtigt und verpflichtet. Es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der Gesellschaft geschlossen worden ist oder ob diese Absicht aus den Umständen hervorgeht.
564. Die Gesellschafter haften für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen.
Eine entgegenstehende Verabredung hat gegenüber Dritten keine rechtliche Wirkung.
Der einzelne Gesellschafter kann jedoch für eine Gesellschaftsschuld erst dann persönlich belangt werden, wenn die Gesellschaft aufgelöst oder erfolglos betrieben worden ist.
565. Wer einer bestehenden Kollektivgesellschaft als Kollektivgesellschafter beitritt, haftet solidarisch auch für die vor seinem Beitritte eingegangenen Verbindlichkeiten, es mag die Firma eine Änderung erleiden oder nicht.
Eine entgegenstehende Verabredung hat gegenüber Dritten keine rechtliche Wirkung.
566. Im Konkurse der Kollektivgesellschaft werden die Gläubiger derselben mit Ausschluss der Sondergläubiger der einzelnen Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigt.
567. Die Kollektivgesellschafter können im Konkurse der Gesellschaft für ihre Kapitaleinlagen nicht als Gläubiger konkurrieren, wohl aber gleich anderen Gläubigern diejenigen Forderungen geltend machen, welche ihnen unter irgend einem anderen Titel wider die Gesellschaft zustehen.
568. Wenn das Gesellschaftsvermögen nicht hinreicht, um den Gesellschaftsgläubigern volle Befriedigung zu gewähren, so sind dieselben berechtigt, für den ganzen unbezahlt bleibenden Rest ihrer Forderungen aus dem Privatvermögen jedes einzelnen Gesellschafters in Konkurrenz mit dessen Privatgläubigern Befriedigung zu suchen.
569. Die Privatgläubiger eines Gesellschafters sind nicht befugt, die zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Sachen, Forderungen oder Rechte zum Behuf ihrer Befriedigung oder zur Sicherstellung in Anspruch zu nehmen.
Gegenstand der Exekution oder der Beschlagnahme kann für sie nur dasjenige sein, was der Gesellschafter selbst an Honorar, an Zinsen und an Gewinnanteilen zu fordern berechtigt ist, und das, was demselben bei der Auseinandersetzung zukommt.
570. Wenn zu Gunsten eines Privatgläubigers ein Vorzugsrecht an dem Vermögen eines Gesellschafters besteht, so kann dasselbe nur im Sinne von Absatz 2 des vorhergehenden Artikels geltend gemacht werden.
571. Gegen eine Forderung der Gesellschaft kann der Schuldner einen Anspruch, welcher ihm an einen einzelnen Gesellschafter zusteht, nicht zur Verrechnung bringen.
Ebensowenig kann ein Gesellschafter gegenüber seinem Gläubiger eine Forderung der Gesellschaft verrechnen.
Es kann jedoch ein Gesellschaftsgläubiger, welcher gleichzeitig Privatschuldner eines Gesellschafters ist, diesem gegenüber die Verrechnung verlangen, wenn die Voraussetzungen des Art. 564, Absatz 3, vorliegen.
IV. Auflösung. Austritt einzelner Gesellschafter.
572. Die Kollektivgesellschaft wird aufgelöst durch Konkurs der Gesellschaft.
Im übrigen gelten über die Auflösung einer Kollektivgesellschaft die für die einfache Gesellschaft aufgestellten Bestimmungen der Art. 545 bis 551, mit den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Abweichungen.
573. Auch nach Auflösung der Kollektivgesellschaft ist ein Konkursverfahren über das Vermögen derselben so lange zulässig, als die Verteilung nicht vollzogen ist.
Die Eröffnung des Konkurses der Gesellschaft hat den Konkurs der einzelnen Gesellschafter nicht ohne weiteres zur Folge. Ebensowenig begründet der Konkurs einzelner Gesellschafter den Konkurs der Gesellschaft.
574. Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters diesen bezüglich seines Privatvermögens erfolglos betrieben und gemäß Absatz 2 des Art. 569 Exekution oder Beschlagnahme auf das bei der Auflösung diesem zukommende Guthaben ausgewirkt, so ist er berechtigt, unter Beobachtung einer mindestens sechsmonatlichen Kündigungsfrist die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen, mag die Gesellschaft auf bestimmte oder auf unbestimmte Dauer eingegangen sein.
Die Wirkung einer solchen Kündigung kann aber jederzeit, solange die Auflösung nicht vollzogen ist, von der Gesellschaft oder den übrigen Gesellschaftern durch Befriedigung des kündigenden Privatgläubigers abgewendet werden.
575. Wenn die Gesellschafter vor der Auflösung übereingekommen sind, dass ungeachtet des Ausscheidens eines oder mehrerer Gesellschafter die Gesellschaft unter den übrigen fortgesetzt werden soll, so endigt dieselbe nur für die Ausscheidenden; im übrigen besteht sie mit allen ihren bisherigen Rechten und Verbindlichkeiten fort.
576. Liegen die Gründe, aus welchen nach Maßgabe des Art. 545, Abs. 2, die Auflösung der Gesellschaft gefordert werden kann, vorwiegend in der Person eines Gesellschafters, so darf auf dessen Ausschließung erkannt werden, sofern die sämtlichen übrigen Gesellschafter hierauf antragen.
577. Fällt ein einzelner Gesellschafter in Konkurs oder macht ein Privatgläubiger eines solchen von dem Rechte des Art. 574 Gebrauch, so können die übrigen Gesellschafter das Ausscheiden desselben beschließen und seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen in Geld entrichten.
Sind nur zwei Gesellschafter vorhanden, so kann derjenige, welcher keine derartige Veranlassung zur Auflösung gegeben hatte, in gleicher Weise den andern abfinden und unter Übernahme sämtlicher Aktiven und Passiven das Geschäft auf seine alleinige Rechnung fortsetzen.
578. Das Nämliche kann der Richter verfügen, wenn die Auflösung wegen einer andern vorwiegend in der Person des einen Gesellschafters liegenden Ursache gefordert wird.
579. Die Auflösung der Gesellschaft, das Ausscheiden oder die Ausschließung eines Gesellschafters, sowie die Fortsetzung des Geschäftes durch einen einzelnen Gesellschafter müssen in das Handelsregister eingetragen werden.
Die Eintragung muss selbst dann geschehen, wenn die Gesellschaft durch Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen war, beendigt wird.
V. Liquidation.
580. Löst sieh eine Gesellschaft in anderer Weise als durch ihren Konkurs auf, so haben die zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter, sofern in ihrer Person kein Hindernis eingetreten ist, die Vertretung der aufgelösten Gesellschaft als Liquidatoren fortzusetzen.
Immerhin bleibt jedem Gesellschafter vorbehalten, die Wahl anderer Liquidatoren zu beantragen; im Streitfalle hat diese durch das Gericht zu erfolgen.
Die Ernennung von Liquidatoren ist in das Handelsregister einzutragen, wenn dadurch die bisherige Vertretung der Gesellschaft geändert wird.
581. Die Erben eines Gesellschafters haben einen gemeinschaftlichen Vertreter bei der Liquidation zu bezeichnen.
582. Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft zu versilbern; sie haben die Gesellschaft zu vertreten; sie können für dieselbe Prozesse führen, Vergleiche scbließen und Schiedsverträge abschließen.
Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen.
Die Veräußerung von Immobilien kann ohne Zustimmung der sämtlichen Gesellschafter nicht anders als durch öffentliche Versteigerung geschehen.
583. Die während der Liquidation entbehrlichen Gelder werden vorläufig unter die Gesellschafter verteilt.
Zur Deckung von Schulden der Gesellschaft, welche erst später fällig werden sowie zur Deckung der Ansprüche, welche den einzelnen Gesellschaftern bei der Auseinandersetzung zustehen, sind die erforderlichen Gelder zurückzubehalten.
584. Die Liquidatoren haben die schließliche Auseinandersetzung der Gesellschafter herbeizuführen.
Streitigkeiten, welche über diese Auseinandersetzung entstehen, fallen der richterlichen Entscheidung anheim.
VI. Verjährung der Klagen gegen die Gesellschafter.
585. Die Klagen gegen einen Gesellschafter aus Ansprüchen an die Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach Auflösung der Gesellschaft oder nach seinem Ausscheiden oder seiner Ausschließung aus derselben, sofern nicht nach Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist gesetzlich eintritt.
Auf Ansprüche der Gesellschafter untereinander findet diese Verjährung keine Anwendung.
586. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem die Auflösung der Gesellschaft oder das Ausscheiden oder die Ausschließung des Gesellschafters in das Handelsregister eingetragen ist.
Wird die Forderung erst nach der Eintragung fällig, so beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkte der Fälligkeit.
587. Ist noch ungeteiltes Gesellschaftsvermögen vorhanden, so kann dem Gläubiger, sofern er seine Befriedigung nur aus jenem sucht, die fünfjährige Verjährung nicht entgegengesetzt werden.
Hat ein Gesellschafter das Geschäft mit Aktiven und Passiven übernommen, so kann er die fünfjährige Verjährung nicht entgegensetzen.
588. Die Verjährung zu Gunsten eines ausgeschiedenen oder ausgeschlossenen Gesellschafters wird durch Rechtshandlungen nicht unterbrochen, welche gegen die fortbestehende Gesellschaft oder einen andern Gesellschafter vorgenommen werden.
589. Vor Ablauf der Verjährung wird ein ausgeschiedener oder ausgeschlossener Gesellschafter von seiner Haftung für die Gesellschaftsschulden nur frei, wenn eine ausdrückliche oder aus den Umständen zu schließende Entlassung von Seiten der Gläubiger stattgefunden hat.
Fünfundzwanzigster Titel.
Kommanditgesellschaft.
I. Begriff und Errichtung.
590. Eine Kommanditgesellschaft ist vorhanden, wenn zwei oder mehrere Personen sich zum Betriebe eines in Artikel 552, Absatz l, bezeichneten Gewerbes unter gemeinsamer Firma in der Weise verbinden, dass wenigstens eine unbeschränkt, die andern (Kommanditäre) nur bis zum Betrage einer bestimmten Vermögenseinlage (Kommanditsumme) haften wollen.
Die Mitglieder einer solchen Gesellschaft haben dieselbe als Kommanditgesellschaft in das Handelsregister eintragen zu lassen.
Gesellschaften für andere als die im Artikel 552, Absatz l, bezeichneten Zwecke können Kommanditgesellschaften werden, wenn sie sich als solche in das Handelsregister eintragen lassen.
591. Die Eintragung einer Kommanditgesellschaft in das Handelsregister hat da zu geschehen, wo sie ihren Sitz hat.
Die Eintragung muss enthalten:
1. Namen und Wohnort eines jeden unbeschränkt haftenden Gesellschafters;
2. Namen und Wohnort eines jeden Kommanditärs und den Betrag seiner Vermögenseinlage;
3. die Firma der Gesellschaft und den Ort, wo sie ihren Sitz hat;
4. den Zeitpunkt, mit welchem die Gesellschaft ihren Anfang nimmt.
592. Die Anmeldungen zur Eintragung der im vorhergehenden Artikel unter l bis 4 erwähnten Tatsachen oder einer Veränderung derselben müssen von allen Gesellschaftern, die Kommanditäre eingeschlossen, persönlich vor der Registerbehörde unterzeichnet oder in beglaubigter Form eingereicht werden.
Sie sind ihrem ganzen Inhalte nach in das Handelsregister einzutragen.
Die unbeschränkt haftenden Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten sollen, haben die Firma nebst ihrer Namensunterschrift persönlich vor der Registerbehörde zu zeichnen oder die Zeichnung derselben in beglaubigter Form einzureichen.
593. Sind in einer Kommanditgesellschaft mehrere unbeschränkt haftende Gesellschafter, so ist die Gesellschaft mit Bezug auf sie zugleich eine Kollektivgesellschaft.
II. Verhältnis der Gesellschafter unter sich.
594. Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter unter einander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage.
Ist keine Vereinbarung getroffen, so kommen die für Kollektivgesellschaften nach Artikel 531 bis 542 und Artikel 556 bis 558 geltenden Bestimmungen zur Anwendung, jedoch mit den Abweichungen, welche die nachfolgenden Artikel ergeben.
595. Die Geschäftsführung der Gesellschaft wird durch den einen oder die mehreren unbeschränkt haftenden Gesellschafter besorgt.
Der Kommanditär ist zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft weder berechtigt noch verpflichtet.
Er ist auch nicht befugt, gegen die Vornahme einer Handlung der Geschäftsführung Widerspruch zu erheben.
596. Am Verluste nimmt ein Kommanditär nur bis zum Betrage seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage Anteil.
Im übrigen entscheidet über die Höhe der Beteiligung des Kommanditärs am Gewinn und Verlust, sofern es darüber an besondern Vereinbarungen fehlt, das richterliche Ermessen.
III. Verhältnis der Kommanditgesellschaft zu Dritten.
597. Die Kommanditgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte auch an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.
598. Die Kommanditgesellschaft wird durch die unbeschränkt haftenden Gesellschafter vertreten.
Über den Umfang ihrer Vertretungsbefugnis kommen die Bestimmungen über Kollektivgesellschaften zur Anwendung.
Ein Kommanditär, welcher für die Gesellschaft Geschäfte schließt, ohne ausdrücklich zu erklären, dass er nur als Prokurist oder als Bevollmächtigter handelt, ist aus diesen Geschäften gleich einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter verpflichtet.
599. Ist die Kommanditgesellschaft ohne Eintragung in das Handelsregister entstanden, so haftet jeder Kommanditär dritten Personen für die bis zur Eintragung eingegangenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft gleich einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter, wenn er nicht beweist, dass denselben seine beschränkte Beteiligung bei der Gesellschaft bekannt war.
600. Der Kommanditär, dessen Name in der Firma der Gesellschaft steht, haftet den Gesellschaftsgläubigern gleich einem Kollektivgesellschafter.
601. Der einzelne unbeschränkt haftende Gesellschafter kann für eine Gesellschaftsschuld erst dann persönlich belangt werden, wenn die Gesellschaft aufgelöst oder erfolglos betrieben worden ist.
602. Der Kommanditär haftet Dritten gegenüber mit dem Betrage, welcher im Handelsregister eingetragen ist. Er haftet darüber hinaus, sofern er Dritten gegenüber durch Zirkular oder in anderer Weise eine höhere Kommanditsumme angegeben hat.
603. Während der Dauer der Kommanditgesellschaft haben ihre Gläubiger keinerlei direktes Klagerecht gegen den Kommanditär.
Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Konkurs aufgelöst, so haben sie nur so weit ein direktes Klagerecht gegen den Kommanditär, als die Kommanditsumme noch nicht eingeworfen oder wieder zurückgezogen ist.
Im Konkurse der Gesellschaft können ihre Gläubiger nur verlangen, dass die Kommanditsumme, soweit sie noch nicht eingeworfen oder wieder zurückgezogen ist, zur Masse abgeliefert werde.
604. Wenn der Kommanditär die in das Handelsregister eingetragene oder sonst publizierte Kommanditsumme durch Vereinbarung mit den unbeschränkt haftenden Gesellschaftern oder durch Bezüge aus dem Gesellschaftsvermögen vermindert, so tritt diese Veränderung Dritten gegenüber erst dann in Wirksamkeit, wenn sie in das Handelsregister eingetragen und nach Maßgabe des Artikels 862 gehörig publiziert worden ist.
Für diejenigen Verbindlichkeiten, welche vor dieser Bekanntmachung eingegangen worden sind, haftet die unverminderte Kommanditsumme fort.
605. Zinse dürfen dem Kommanditär nur insoweit ausbezahlt werden, als dadurch die Kommanditsumme nicht vermindert wird.
Bis zur Wiederergänzung der durch Verluste verminderten Einlage darf der Kommanditär weder Zinse noch Gewinn beziehen.
Er haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn und soweit er diesen Bestimmungen entgegen Zahlungen von ihr empfangen hat.
Er ist jedoch nicht verpflichtet, Zinse und Gewinn zurückzuzahlen, welche er auf Grund einer ordnungsmäßigen Bilanz in gutem Glauben bezogen hat.
606. Wer einer bestehenden Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft als Kommanditär beitritt, haftet mit der Kommanditsurnme auch für die vor seinem Beitritte eingegangenen Verbindlichkeiten, es mag die Firma eine Änderung erleiden oder nicht.
Dieser Bestimmung entgegenstehende Vereinbarungen haben gegenüber Dritten keine rechtliche Wirkung.
607. Die Bestimmungen der Artikel 569 bis 571 finden auch bei der Kommanditgesellschaft Anwendung.
Es kann jedoch ein Gesellschaftsgläubiger, welcher gleichzeitig Privatschuldner des Kommanditärs ist, diesem gegenüber eine Verrechnung nur verlangen, wenn die Voraussetzungen des Artikels 603, Absatz 2, vorliegen.
608. Im Konkurse, der Kommanditgesellschaft werden die Gläubiger derselben mit Ausschluss der Sondergläubiger der einzelnen Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigt.
Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch die Kommanditsumme.
609. Wenn das Gesellschaftsvermögen nicht hinreicht, um den Gesellschaftsgläubigern volle Befriedigung zu gewähren, so sind dieselben berechtigt, für den ganzen unbezahlt bleibenden Rest ihrer Forderungen aus dem Privatvermögen jedes einzelnen unbeschränkt haftenden Gesellschafters in Konkurrenz mit dessen Privatgläubigern Befriedigung zu suchen.
610. Im Konkurse des Kommanditärs haben weder die einzelnen Gesellschaftsgläubiger noch die Gesellschaft oder deren Konkursmasse ein Vorzugsrecht vor den Privatgläubigern.
IV. Auflösung. Liquidation. Klagverjährung.
611. Für die Auflösung und Liquidation der Kommanditgesellschaft und für die Verjährung der Klagen gegen die Gesellschafter gelten die in den Artikel 572 bis 589 aufgestellten Bestimmungen.
Wenn jedoch ein Kommanditär stirbt oder in Konkurs fällt oder bevormundet wird, so hat dieses die Auflösung der Gesellschaft nicht zur Folge.
Sechsundzwanzigster Titel.
Aktiengesellschaft (Anonyme Gesellschaft).
I. Allgemeine Bestimmungen.
612. Aktiengesellschaft (Anonyme Gesellschaft) ist eine unter gemeinsamer, die Personennamen ihrer Mitglieder nicht enthaltender Firma gebildete Gesellschaft, deren zum voraus bestimmtes Kapital in Teilsummen (Aktien) zerlegt ist und für deren Verbindlichkeit nur das Gesellschaftsvermögen, nicht aber der einzelne Gesellschafter persönlich haftet.
613. Auf Anstalten (Banken, Versicherungsanstalten usw.), welche durch besondere kantonale Gesetze gegründet und unter Mitwirkung öffentlicher Behörden verwaltet werden, kommen, sofern der Staat die subsidiäre Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernimmt, die nachfolgenden Bestimmungen selbst dann nicht zur Anwendung, wenn das erforderliche Kapital ganz oder teilweise in Aktien zerlegt ist und durch Beteiligung von Privatpersonen aufgebracht wird.
614. Die Aktien können auf Inhaber oder auf Namen lauten und sind unteilbar.
Der Nominalbetrag der Aktien darf während des Bestehens der Gesellschaft weder vermindert noch erhöht werden, sofern dadurch der Nominalbetrag des Grundkapitals eine Veränderung erleidet. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Art. 670.
615. Über die Errichtung der Aktiengesellschaft und den Inhalt des Gesellschaftsvertrages, der Statuten, muss eine öffentliche oder eine von sämtlichen Aktionären unterzeichnete Urkunde aufgenommen werden.
Die Aktienzeichnungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit einer schriftlichen, auf die Statuten bezugnehmenden Erklärung.
616. Die Statuten müssen insbesondere bestimmen:
1. die Firma und den Sitz der Gesellschaft;
2. den Gegenstand des Unternehmens;
3. die Zeitdauer des Unternehmens, im Falle dasselbe auf eine bestimmte Zeit beschränkt sein soll;
4. die Höhe des Grundkapitals und der einzelnen Aktien;
5. die Eigenschaft der Aktien, ob sie auf Inhaber oder auf Namen gestellt werden sollen, die etwa bestimmte Zahl der einen oder der andern Art, sowie die etwa zugelassene Umwandelung derselben;
6. die Organe für die Verwaltung und Kontrolle;
7. die Anzahl der Aktien, welche von den Mitgliedern der Verwaltung zu hinterlegen sind;
8. die Bedingungen der Zusammenberufung der Generalversammlung, das Stimmrecht der Aktionäre und die Beschlussfassung;
9. die Gegenstände, über welche nicht schon durch einfache Stimmenmehrheit der auf Zusammenberufung erschienenen Aktionäre, sondern nur durch eine größere Stimmenmehrheit oder nach anderen Erfordernissen Beschluss gefasst werden kann;
10. die Grundsätze, nach welchen die Bilanz aufzunehmen und der Gewinn zu berechnen und auszuzahlen ist, sowie die Art und Weise, wie die Prüfung der Bilanz erfolgt;
11. die Form, in welcher die von der Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen.
617. Jede Zeichnung von Aktien ist an die stillschweigende Bedingung geknüpft, dass die Aktiengesellschaft zustande komme.
Wird irgend eine andere Bedingung beigefügt, so darf eine solche Aktienzeichnung bei der Feststellung des Grundkapitals nur dann eingerechnet werden, wenn sie für den Fall des Nichteintrittes der Bedingung durch eine andere Aktienzeichnung gedeckt ist.
618. Nach dem Schlusse der Aktienzeichnung hat eine Generalversammlung der Aktionäre auf Grund der ihr vorzulegenden Bescheinigungen durch Beschluss festzustellen, dass das Grundkapital vollständig gezeichnet und dass mindestens zwanzig Prozent auf jede Aktie eingezahlt sind, sofern nicht die Statuten von den sämtlichen Aktionären unterzeichnet sind und darin die Erfüllung jener Erfordernisse anerkannt ist.
Über den Beschluss ist eine öffentliche oder eine von allen Personen, welche bei der Beschlussfassung mitgewirkt haben, unterzeichnete Urkunde aufzunehmen.
619. Wenn ein Aktionär eine auf das Grundkapital anzurechnende Einlage macht, welche nicht in barem Gelde besteht, oder wenn Anlagen oder sonstige Vermögensstücke von der zu errichtenden Gesellschaft übernommen werden sollen, so ist in den Statuten genau der Übernahmspreis festzusetzen und wenn Aktien an Zahlungsstatt genommen werden, die Zahl derselben anzugeben. Jeder besondere Vorteil, welcher zu Gunsten eines Aktionärs oder einer anderen bei der Gründung der Gesellschaft beteiligten Person bedungen wurde, ist in den Statuten gleichfalls festzusetzen.
Derartige Bestimmungen der Statuten bedürfen der Genehmigung durch Mehrheitsbeschluss in einer nach der Zeichnung des Grundkapitals zu berufenden Generalversammlung.
Bei dieser Beschlussfassung hat jeder anwesende oder gehörig vertretene Aktienzeichner nur eine Stimme.
Die Mehrheit muss mindestens einen Vierteil der sämtlichen Aktienzeichner begreifen und der Betrag ihrer Anteile mindestens einen Vierteil des gesamten Grundkapitals
darstellen. Der Gesellschafter, welcher die betreffende Einlage macht oder sich besondere Vorteile ausbedingt, hat bei der Beschlussfassung kein Stimmrecht.
Über den Beschluss ist eine öffentliche oder eine von allen Personen, welche demselben zugestimmt haben, unterzeichnete Urkunde aufzunehmen.
620. Die Bestimmungen der Statuten über die Zusammenberufung der Generalversammlung gelten auch für die in den Art. 618 und 619 vorgesehenen Fälle.
621. Die Statuten müssen der Registerbehörde, in deren Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift übergeben, in das Handelsregister eingetragen und im Auszuge veröffentlicht werden.
Der Auszug muss enthalten:
1. das Datum der Statuten;
2. die Firma und den Sitz der Gesellschaft;
3. den Gegenstand und die Zeitdauer des Unternehmens;
4. die Höhe des Grundkapitals und der einzelnen Aktien;
5. die Eigenschaft derselben, ob sie auf Inhaber oder auf Namen gestellt sind;
6. die Form, in welcher die von der Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen.
Ist in den Statuten eine Form bestimmt, in welcher die Verwaltung ihre Willenserklärungen kundgibt und für die Gesellschaft zeichnet, so ist auch diese Bestimmung zu veröffentlichen.
622. Der Anmeldung behufs der Eintragung in das Handelsregister muss beigefügt sein:
1. die Bescheinigung, dass der gesamte Betrag des Grundkapitals durch Unterschriften gedeckt ist;
2. die Bescheinigung, dass mindestens zwanzig Prozent des von jedem Aktionär gezeichneten Betrages wirklich eingezahlt sind;
3. der Nachweis, dass die Verwaltung und die Kontrollstelle besetzt sei;
4. betreffenden Falles die vorschriftsmäßig abgefasste Urkunde über die in den Art. 618 und 619 bezeichneten Beschlüsse der Generalversammlung.
Die Anmeldung muss von sämtlichen Mitgliedern der Verwaltung vor der Registerbehörde unterzeichnet oder in beglaubigter Form eingereicht werden. Die der Anmeldung beigefügten Schriftstücke werden von der Registerbehörde in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift aufbewahrt.
623. Die Aktiengesellschaft erwirbt Persönlichkeit erst infolge der Eintragung in das Handelsregister. Die vor der Eintragung ausgegebenen Aktien sind nichtig. Die Ausgeber sind den Besitzern für allen durch die Ausgabe verursachten Schaden solidarisch verhaftet.
Wenn vor erfolgter Eintragung in das Handelsregister im Namen der Gesellschaft gehandelt worden ist, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch.
Es können aber solche Verpflichtungen, sofern sie ausdrücklich im Namen der zu bildenden Aktiengesellschaft eingegangen wurden und nicht unter die Bestimmungen des Art. 619 fallen, innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der Eintragung in das Handelsregister von der Aktiengesellschaft übernommen werden, in welchem Falle den Gläubigern nur die Aktiengesellschaft haftet.
624. Wenn die Aktiengesellschaft in einem andern Bezirke eine Filiale hat, so ist diese in das dortige Handelsregister einzutragen, unter Bezugnahme auf die Eintragung der Hauptniederlassung.
Die Anmeldung geschieht durch die Geschäftsführer der Filiale.
625. Die Aktiengesellschaft hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte auch an Grundstücken erwerben; sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden.
Für die Geschäfte der Filiale kann sie auch vor den Gerichten desjenigen Bezirkes belangt werden, in welchem die Filiale sich befindet.
626. Über jeden Beschluss der Generalversammlung, welcher die Fortsetzung der Gesellschaft, eine Herabsetzung des Aktienkapitals oder eine Erhöhung desselben (weitere Emission) oder irgend eine andere Abänderung der Bestimmungen der Statuten zum Gegenstande hat, ist eine öffentliche oder eine von sämtlichen Personen, welche der Beschlussfassung zugestimmt haben, unterzeichnete Urkunde aufzunehmen.
Ein solcher Beschluss muss in gleicher Weise wie die ursprünglichen Statuten in das Handelsregister eingetragen und veröffentlicht werden.
Der Beschluss hat keine rechtliche Wirkung, bevor derselbe in das Handelsregister des Bezirkes, in welchem die Gesellschaft ihren Sitz hat, eingetragen ist.
627. Wohlerworbene Rechte der Aktionäre können denselben nicht durch Mehrheitsbeschlüsse der Generalversammlung entzogen werden.
Eine Erweiterung des Geschäftsbereiches der Gesellschaft durch Aufnahme verwandter Gegenstände oder eine Verengerung desselben oder eine Vereinigung (Fusion) mit einer andern Gesellschaft kann, wenn die Statuten nicht etwas anderes bestimmen, nur in einer Generalversammlung beschlossen werden, in welcher mindestens zwei Dritteile sämtlicher Aktien vertreten sind. Sollten in einer ersten Generalversammlung nicht zwei Dritteile sämtlicher Aktien vertreten sein, so kann auf einen mindestens dreißig Tage spätern Termin eine zweite Versammlung einberufen werden, in welcher die in diesem Artikel erwähnten Beschlüsse gefasst werden können, auch wenn nur ein Dritteil sämtlicher Aktien vertreten ist. Ein solcher Beschluss bedarf zu seiner Gültigkeit der Eintragung in das Handelsregister.
Eine Umwandlung des Gesellschaftszweckes kann der Minderheit durch die Mehrheit nicht aufgenötigt werden.
628. Die Aktiengesellschaft darf eigene Aktien nicht erwerben.
Von diesem Verbote findet eine Ausnahme statt:
1. wenn die Erwerbung zum Zwecke einer in den Statuten selbst vorbehaltenen Amortisation vorgenommen wird;
2. wenn dieselbe in Gemäßheit des Art. 670, Absatz l und 2, zum Zwecke der teilweisen Rückzahlung des Grundkapitals vorgenommen wird;
3. wenn dieselbe im Exekutionswege zur Befriedigung eigener Forderungen der Gesellschaft erfolgt;
4. wenn dieselbe mit dem Betriebe eines nach den Statuten zum Gegenstande des Unternehmens gehörigen Geschäftszweiges verbunden ist.
In den Fällen l und 2 sind die zurückerworbenen Aktien sofort für jede weitere Veräußerung unbrauchbar zu machen.
In den Fällen 3 und 4 müssen die erworbenen Aktien mit tunlichster Beschleunigung weiter veräußert und die im Laufe des Jahres erfolgten Erwerbungen und Veräußerungen von eigenen Aktien im Jahresberichte ersichtlich gemacht werden.
Die durch die Gesellschaft zurückerworbenen Aktien dürfen in den Generalversammlungen nicht vertreten sein.
II. Rechte und Pflichten der Aktionäre.
629. Solange die Gesellschaft besteht, hat jeder Aktionär einen Anspruch auf einen verhältnismäßigen Anteil an dem reinen Gewinn, soweit dieser nach den Statuten zur Verteilung unter die Aktionäre bestimmt ist.
Bei Auflösung der Gesellschaft hat er das Recht auf einen verhältnismäßigen Anteil an dem Ergebnis der Liquidation.
Ein Recht, den eingezahlten Betrag zurückzufordern, steht dem Aktionär weder vor noch bei der Auflösung der Gesellschaft zu.
630. Zinse dürfen für das Aktienkapital nicht bezahlt werden; Dividenden und Tantiemen nur aus dem reinen Gewinn, welcher sich aus der Jahresbilanz ergibt.
Jedoch können für den in den Statuten angegebenen Zeitraum, welchen die Vorbereitung des Unternehmens bis zum Anfange des vollen Betriebes erfordert, den Aktionären Zinse von bestimmter Höhe bedungen werden.
631. Die Dividende darf erst festgesetzt werden, nachdem die statutengemäße Ausstattung des Reservefonds vom Reingewinn in Abzug gebracht ist.
Die Generalversammlung ist befugt, vor Verteilung der Dividende auch solche Reserveanlagen, welche nicht in den Statuten vorgesehen sind, zu beschließen, sofern die Sicherstellung des Unternehmens es erfordert.
632. Der Aktionär ist in keinem Falle verpflichtet, die in gutem Glauben empfangenen Dividenden oder Zinse zurückzugehen.
633. Der Aktionär ist nicht schuldig, zu den Zwecken der Gesellschaft und zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten mehr beizutragen als den für die Aktie statutenmäßig festgesetzten Betrag.
634. Ein Aktionär, welcher den Betrag seiner Aktie nicht zur rechten Zeit einzahlt, ist von Rechts wegen zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet.
In den Statuten können für den Fall der verzögerten Einzahlung des gezeichneten Aktienbetrages oder eines Teiles desselben Konventionalstrafen festgesetzt werden; auch kann bestimmt werden, dass die säumigen Aktionäre ihrer Anrechte aus der Zeichnung der Aktien und der geleisteten Teilzahlungen zu Gunsten der Gesellschaft verlustig gehen.
Die Gesellschaft ist berechtigt, an Stelle der ausfallenden
neue Aktien auszugeben.
635. Ein Aktionär kann seines Anrechtes nicht verlustig erklärt werden, wenn nicht die Aufforderung zur Zahlung mindestens dreimal in den hiezu bestimmten öffentlichen Blättern, das letzte Mal mindestens vier Wochen vor dem für die Einzahlungen gesetzten Schlusstermine, bekannt gemacht worden ist.
Wenn die Aktien auf Namen lauten und ohne Anmeldung zum Aktienbuche der Gesellschaft nicht übertragbar sind, so hat die Mitteilung dieser drei Aufforderungen durch besondere Erlasse (rekommandierte Briefe) an die einzelnen Aktionäre zu geschehen. In diesem Falle bedarf es der öffentlichen Bekanntmachung nicht.
636. Auf Inhaber lautende Aktien, Promessen oder Interimsscheine dürfen nur nach Einzahlung von fünfzig Prozent des Nominalbetrages ausgegeben werden.
Der Zeichner einer Inhaberaktie bleibt bis zur Einzahlung von fünfzig Prozent des Nominalbetrages unbedingt haftbar, auch wenn er sein Anrecht auf einen Andern übertragen und dieser die Verbindlichkeit zur Einzahlung an seiner Stelle übernommen hat.
Auch nach Einzahlung von fünfzig Prozent des Nominalbetrages ist die Entlastung nur statthaft, sofern sie in den ursprünglichen Statuten vorgesehen war.
637. Wenn die Aktien auf Namen lauten, so sind der Name und der Wohnort des Aktionärs in das Aktienbuch der Gesellschaft einzutragen.
Die Namenaktien sind, wenn nicht die Statuten etwas anderes bestimmen, übertragbar.
Die Übertragung kann durch Indossament geschehen.
Der Erwerb der Namenaktie durch einen Andern ist zur Eintragung in das Aktienbuch anzumelden und zu diesem Behufe die Aktie vorzulegen und der Erwerb nachzuweisen.
Im Verhältnisse zu der Gesellschaft werden nur die im Aktienbuche verzeichneten Personen als Aktionäre betrachtet.
Zur Prüfung der Legitimation ist die Gesellschaft berechtigt, aber nicht verpflichtet.
Solange der Nominalbetrag der Aktie nicht vollständig einbezahlt ist, wird der Aktionär durch Übertragung seines Anrechtes von der Verbindlichkeit zur Zahlung des Rückstandes nur dann befreit, wenn die Gesellschaft den neuen Erwerber an seiner Stelle als Schuldner annimmt und ihn der Verbindlichkeit entlässt; doch auch in diesem Falle haftet der ursprüngliche Zeichner, wenn die Gesellschaft innerhalb eines Jahres seit seiner Entlassung in Konkurs gerät, subsidiär für den ganzen Rückstand bis zum Nominalbetrage.
638. Solange Aktien, seien es Inhaber- oder Namenaktien, nicht voll einbezahlt sind, ist auf jedem Titel der wirklich einbezahlte Betrag deutlich anzugeben. Auch ist bei allen öffentlichen Kundgebungen der Gesellschaft (Annoncen, Zirkularen, Berichten usw.), in welchen auf das Aktienkapital hingewiesen wird, deutlich hervorzuheben, wie viel von demselben wirklich einbezahlt ist.
639. Die Rechte, welche den Aktionären in den Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere in Beziehung auf die Führung der Geschäfte, die Prüfung der Bilanz, der Gewinnberechnung und der Vorschläge zur Gewinnverteilung zustehen, werden von der Gesamtheit der Aktionäre in der Generalversammlung ausgeübt.
640. Die Aktionäre üben ihr Stimmrecht in der Generalversammlung nach Verhältnis der Zahl der in ihrem Besitze befindlichen Aktien aus. Jeder Aktionär, auch wenn er nur eine Aktie besitzt, hat eine Stimme.
Vorbehalten bleibt der Gesellschaft, durch ihre Statuten die Stimmenzahl der Besitzer von mehreren Aktien zu beschränken. Keinenfalls darf ein einzelner Aktionär mehr als den fünften Teil der sämtlichen vertretenen Stimmrechte in sich vereinigen.
641. Spätestens acht Tage vor der Generalversammlung sind die Bilanz und die Rechnung über Gewinn und Verlust samt dem Revisionsbericht zur Einsicht der Aktionäre aufzulegen.
Wenn Inhaberaktien ausgegeben sind, so muss die Anzeige dieser Vorlage durch diejenigen öffentlichen Blätter bekannt gemacht werden, welche für Bekanntmachungen der Art bestimmt sind.
An die im Aktienbuch verzeichneten Namenaktionäre soll diese Anzeige durch Zustellung gegen Bescheinigung oder durch rekommandierte Briefe geschehen.
Die Aktionäre sind berechtigt, die Kontrollstelle auf zweifelhafte Ansätze aufmerksam zu machen und die erforderlichen Aufschlüsse zu begehren. Eine Einsicht in die Bücher und Korrespondenzen ist denselben nur infolge einer Ermächtigung der Generalversammlung oder einer Erlaubnis der Verwaltung oder einer gerichtlichen Anordnung gestattet; dabei ist aber die nötige Rücksicht auf das Geschäftsgeheimnis zu nehmen.
Diese Rechte der Aktionäre dürfen weder durch die Statuten noch durch Beschlüsse der Generalversammlung aufgehoben oder beschränkt werden.
III. Organe der Aktiengesellschaft.
642. Die notwendigen Organe einer Aktiengesellschaft sind:
1. die Generalversammlung der Aktionäre;
2. eine Verwaltung;
3. eine Kontrollstelle.
Generalversammlung.
643. Die Generalversammlung der Aktionäre ist das oberste Organ der Aktiengesellschaft.
644. Die Generalversammlung wird durch die Verwaltung und nötigenfalls durch die Kontrollstelle berufen.
Eine ordentliche Versammlung findet alljährlich innerhalb sechs Monaten nach dem Schlusse des Geschäftsjahres statt zur Abnahme der Bilanz, zur Beschlussfassung über deren Ergebnis und zur Festsetzung der Dividende. Die Beschlussfassung ist ungültig ohne vorhergehende Berichterstattung der Kontrollstelle.
Zu den ausschließlichen Befugnissen der Generalversammlung gehören ferner:
1. die Wahl der Verwaltung und die Besetzung der Kontrollstelle;
2. die Beschlussfassung über die Statuten und die Abänderung derselben;
3. die Beschlussfassung über die durch gesetzliche Bestimmungen oder durch die Statuten ihr vorbehaltenen Gegenstände.
Außerordentliche Versammlungen werden je nach Bedürfnis einberufen.
645. Die Generalversammlung muss auch dann berufen werden, wenn es von einem oder mehreren Aktionären, deren Aktien zusammen mindestens den zehnten Teil des Grundkapitals darstellen, in einer von ihnen unterzeichneten Eingabe, unter Anführung des Zweckes, verlangt wird.
646. Die Berufung der Generalversammlung hat in der durch die Statuten bestimmten Weise zu erfolgen.
Der Zweck der Generalversammlung muss jederzeit bei der Berufung bekannt gemacht werden. Über Gegenstände, deren Verhandlung nicht in dieser Weise angekündigt ist, können Beschlüsse nicht gefasst werden; hievon ist jedoch der Beschluss über den in einer Generalversammlung gestellten Antrag auf Berufung einer außerordentlichen Generalversammlung ausgenommen.
Zur Stellung von Anträgen und zu Verhandlungen ohne Beschlussfassung bedarf es der Ankündigung nicht.
647. Die Generalversammlung ist jederzeit berechtigt, die in Art. 644, Ziffer l, bezeichneten Mitglieder der Verwaltung und Kontrollstelle, sowie andere von ihr gewählte Bevollmächtigte und Beauftragte abzuberufen, immerhin unter Beachtung der Vorschriften des Art. 646 und unter Vorbehalt allfälliger Entschädigungsansprüche der Abberufenen.
648. Die Generalversammlung fasst ihre Beschlüsse und vollzieht ihre Wahlen, soweit das Gesetz oder die Statuten nicht etwas anderes bestimmen, mit absoluter Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen.
Die Verwaltung.
649. Die Verwaltung kann nur von Aktionären ausgeübt werden. Werden Nichtaktionäre gewählt, so können dieselben ihr Amt nur antreten, wenn sie zuvor durch Erwerb von Aktien Aktionäre geworden sind.
Die Verwaltung kann aus einem oder mehreren Mitgliedern bestehen.
Die Mitglieder der Verwaltung werden auf höchstens sechs Jahre gewählt und sind, wenn die Statuten nicht etwas anderes bestimmen, wieder wählbar.
Für die ersten drei Jahre können die Mitglieder der Verwaltung durch die Statuten bezeichnet werden, ohnedass eine Bestätigung durch die Generalversammlung nötig ist.
650. Die Statuten können bestimmen, dass die Geschäftsführung oder einzelne Zweige derselben von der Verwaltung an ein oder mehrere ihrer Mitglieder oder an einen oder mehrere Dritte, welche nicht Mitglieder der Gesellschaft zu sein brauchen, übertragen werden.
Die von der Verwaltung bestellten Ausschüsse, Geschäftsführer und Bevollmächtigten können von derselben unter Vorbehalt allfälliger Entschädigungsansprüche jederzeit ihrer Stellung enthoben werden.
651. Wenn die Statuten nicht etwas anderes darüber bestimmen, so ist zur Vertretung der Gesellschaft nach außen und zur verbindlichen Unterschrift namens derselben die Mitwirkung und die Unterschrift sämtlicher Mitglieder der Verwaltung erforderlich.
652. Die Zeichnung hat in der Weise zu geschehen, dass die Zeichnenden der Firma der Gesellschaft oder der Benennung der Verwaltung ihre Unterschriften beifügen.
653. Wer für die Gesellschaft die verbindliche Unterschrift führt, hat dieselbe in das Handelsregister eintragen zu lassen, unter Vorlage der Urkunde, welche ihn dazu ermächtigt.
Bei jeder in bezug auf die Führung der Unterschrift vorkommenden Änderung ist das gleiche Verfahren zu beobachten.
654. Die Gesellschaft wird durch die von ihren Vertretern innerhalb der Grenzen ihres Auftrages abgeschlossenen Rechtsgeschäfte verpflichtet.
Gutgläubigen Dritten gegenüber ist eine Beschränkung der Befugnis der Vertreter mit Bezug auf den Umfang, den Ort und die Zeit der einzelnen Rechtsgeschäfte rechtlich unwirksam. Wohl aber kann die Anordnung einer Kollektivunterschrift erlassen und können die Geschäftsführer einer Filiale mit einem besonderen Sitze auf die Vertretung der Filiale beschränkt werden.
655. Die Verwaltung hat dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Geschäftsbücher geführt werden. Sie muss den Aktionären innerhalb der gesetzlichen Frist die Bilanz des verflossenen Geschäftsjahres vorlegen.
Bei Beschlüssen über die Entlastung der Verwaltung betreffend die Geschäftsführung und Rechnungsablegung haben Personen, welche in irgend einer Weise an der Geschäftsführung teilgenommen haben, kein Stimmrecht.
Dieses Verbot bezieht sich nicht auf diejenigen, welche nur die Aufsicht über die Geschäftsführung ausüben.
656. Die Bilanz ist so klar und übersichtlich aufzustellen, dass die Aktionäre einen möglichst sichern Einblick in die wirkliche Vermögenslage der Gesellschaft erhalten.
Insbesondere sind dabei folgende Grundsätze zu beachten:
1. Gründungs-, Organisations- und Verwaltungskosten sind in der Jahresrechnung vollständig in Ausgabe zu bringen. Ausnahmsweise dürfen Organisationskosten, welche in den Statuten oder in den Beschlüssen der Generalversammlung, sei es für die ursprüngliche Einrichtung, sei es für einen später hinzugekommenen Geschäftszweig oder eine Geschäftsausdehnung, vorgesehen sind, auf einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren in dem Sinne verteilt werden, dass in jedem Jahre mindestens der entsprechende Bruchteil als Ausgabe zu verrechnen ist.
2. Grundstücke, Gebäude, Maschinen sind höchstens nach den Anschaffungskosten mit Abzug der erforderlichen und den Umständen angemessenen Abschreibungen anzusetzen. Überdies ist, wenn dieselben versichert sind, die Versicherungssumme anzumerken.
3. Kurshabende Papiere dürfen höchstens zu dem Kurswerte angesetzt werden, welchen dieselben durchschnittlich in dem letzten Monate vor dem Bilanztage gehabt haben.
4. Warenvorräte dürfen höchstens zum Kostenpreis und, falls dieser höher als der Marktpreis stehen sollte, höchstens zu diesem angesetzt werden.
5. Die Gesamtsumme der zweifelhaften Posten und die Gesamtsumme der vorgenommenen Abschreibungen sind anzugeben.
6. Der Betrag des Grundkapitals und der Reserve- und Erneuerungsfonds ist unter die Passiven aufzunehmen.
7. Von der Gesellschaft ausgegebene Obligationen sind zu dem vollen Betrage, zu welchem sie zurückbezahlt werden müssen, anzusetzen. Dagegen kann die Differenz zwischen dem Emissionskurse und dem Rückzahlungsbetrage, welche durch jährliche Abschreibungen bis zum Verfalltage zu amortisieren ist, unter die Aktiven aufgenommen werden.
657. Zeigt die letzte Bilanz, dass sich das Grundkapital um die Hälfte vermindert hat, so muss die Verwaltung unverzüglich eine Generalversammlung berufen und dieser von der Sachlage Anzeige machen.
Sobald die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger nicht mehr durch die Aktiven gedeckt sind, hat die Verwaltung hievon das Gericht behufs Eröffnung des Konkurses zu benachrichtigen.
Dem Gerichte bleibt jedoch überlassen, auf Antrag der Gläubiger oder eines zur Wahrung der gemeinsamen Interessen bestimmter Gläubigerklassen bestellten Kurators die Eröffnung des Konkurses aufzuschieben und inzwischen andere zur Erhaltung des Vermögens dienliche Anordnungen zu treffen.
658. Die Mitglieder der Verwaltung haben für die Dauer ihrer Verrichtungen die durch die Statuten bestimmte Anzahl von Aktien der Gesellschaft zu hinterlegen.
Die Kontrollstelle.
659. Die Generalversammlung bezeichnet einen oder mehrere Revisoren, welche nicht Mitglieder der Gesellschaft zu sein brauchen, mit dem Auftrage, der Generalversammlung einen Bericht über die Bilanz und die von der Verwaltung vorgelegten Rechnungen zu unterbreiten.
660. Die Revisoren sind berechtigt, die Vorlage der Bücher und Belege zu begehren und den Kassenbestand festzustellen.
661. Die Generalversammlung ist jederzeit berechtigt, zur Prüfung der Geschäftsführung und einzelner Teile derselben besondere Kommissäre oder Sachverständige zu ernennen.
662. Den Statuten bleibt vorbehalten, über die Organisation der Kontrollstelle andere Bestimmungen zu treffen und deren Befugnisse und Pflichten weiter auszudehnen.
663. Die Kontrollstelle kann das erste Mal nicht länger als für ein Jahr und später nicht länger als für fünf Jahre besetzt werden.
IV. Auflösung.
664. Die Aktiengesellschaft wird aufgelöst:
1. durch Ablauf der in den Statuten bestimmten Zeit;
2. durch einen Beschluss der Generalversammlung, über welchen eine öffentliche oder eine von allen Aktionären, welche dem Beschluss zugestimmt haben, unterzeichnete Urkunde aufzunehmen ist;
3. durch Eröffnung des Konkurses.
Wenn die Auflösung einer Aktiengesellschaft aus anderen Gründen erfolgt, so finden die Bestimmungen dieses Kapitels ebenfalls Anwendung.
665. Erfolgt die Auflösung der Gesellschaft nicht durch Konkurs, so ist sie von der Verwaltung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Sie muss zu drei verschiedenen Malen durch die für die Publikationen der Gesellschaft bestimmten öffentlichen Blätter bekannt gemacht werden mit der Aufforderung an die Gläubiger, ihre Ansprüche anzumelden.
666. Die Liquidation geschieht durch die Verwaltung, sofern sie nicht durch die Statuten oder einen Beschluss der Generalversammlung anderen Personen übertragen wird.
Die Bestimmungen des vierundzwanzigsten Titels über die Pflicht zur Einschreibung, über die Anmeldung und das Rechtsverhältnis der Liquidatoren kommen auch hier zur Anwendung, in der Meinung, dass die Anmeldungen behufs der Eintragung in das Handelsregister durch die Verwaltung erfolgen.
Die Bestellung der Liquidatoren kann jederzeit durch die Mehrheit sämtlicher Aktionäre oder auf Antrag eines oder mehrerer Aktionäre durch den Richter widerrufen werden.
667. Das Vermögen einer aufgelösten Aktiengesellschaft wird nach Tilgung ihrer Schulden unter die Aktionäre nach Verhältnis ihrer Aktien verteilt.
Die Verteilung darf nicht eher vollzogen werden als nach Ablauf eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Bekanntmachung in den hiezu bestimmten öffentlichen Blättern zum dritten Male erfolgt ist.
Die aus den Geschäftsbüchern ersichtlichen oder in anderer Weise bekannten Gläubiger sind durch besondere Erlasse (rekommandierte Briefe) zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern; unterlassen sie dieses, so ist der Betrag ihrer Forderungen gerichtlich zu hinterlegen.
Das Letztere muss auch in Ansehung der noch schwebenden oder streitigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft geschehen, sofern nicht die Verteilung des Gesellschaftsvermögens bis zu deren Erledigung ausgesetzt bleibt oder den Gläubigern eine angemessene Sicherheit bestellt wird.
Mitglieder der Verwaltung und Liquidatoren, welche diesen Vorschriften entgegenhandeln, sind den Gläubigern persönlich und solidarisch zur Erstattung der geleisteten Zahlungen verpflichtet.
668. Die Geschäftsbücher der aufgelösten Gesellschaft sind an einem von der Registerbehörde zu bestimmenden sicheren Orte zur Aufbewahrung auf die Dauer von zehn Jahren niederzulegen.
669. Bei Auflösung einer Aktiengesellschaft durch Vereinigung derselben mit einer anderen Aktiengesellschaft kommen folgende Bestimmungen zur Anwendung:
1. das Vermögen der aufzulösenden Gesellschaft ist so lange getrennt zu verwalten, bis die Befriedigung oder Sicherstellung ihrer Gläubiger erfolgt ist;
2. der bisherige Gerichtsstand der Gesellschaft bleibt für die Dauer der getrennten Vermögensverwaltung bestehen; dagegen wird die Verwaltung von der neuen Gesellschaft geführt;
3: die Verwalter der letzteren Gesellschaft sind den Gläubigern für die Ausführung der getrennten Verwaltung persönlich und solidarisch verantwortlich;
4. die Auflösung der Gesellschaft ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden;
5. die öffentliche Aufforderung der Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft kann verschoben werden. Jedoch ist die Vereinigung des Vermögens der beiden Gesellschaften erst in demjenigen Zeitpunkte zulässig, in welchem eine Verteilung des Vermögens einer aufgelösten Aktiengesellschaft unter die Aktionäre erfolgen darf.
670. Eine Rückzahlung des Grundkapitals an die Aktionäre oder eine Herabsetzung desselben kann nur auf Beschluss der Generalversammlung erfolgen.
Die Rückzahlung oder Herabsetzung kann nur unter Beobachtung derselben Bestimmungen erfolgen, welche für die Verteilung des Gesellschaftsvermögens im Falle der Auflösung maßgebend sind.
Die Mitglieder der Verwaltung, welche dieser Vorschrift entgegenhandeln, sind den Gläubigern der Gesellschaft persönlich und solidarisch verhaftet.
Von diesen Bestimmungen wird nicht berührt der in Artikel 628, Ziffer l, erwähnte Fall der Amortisation von Aktien, welche in den Statuten selbst vorbehalten ist.
V. Verantwortlichkeit.
671. Wer bei der Gründung einer Aktiengesellschaft tätig war, haftet sowohl der Gesellschaft selbst als den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für Schadenersatz:
1. wenn er wissentlich unwahre Angaben in Prospekten oder Zirkularen gemacht oder verbreitet hat;
2. wenn er wissentlich dabei mitgewirkt hat, dass eine Einlage oder die Übernahme von Vermögensstücken oder eine Begünstigung einzelner Aktionäre oder anderen Personen entgegen der Bestimmung des Artikels 619, Absatz l, in den Statuten verschwiegen oder verschleiert worden ist;
3. wenn er wissentlich dazu beigetragen hat, dass die Eintragung der Aktiengesellschaft im Handelsregister auf Grund einer Bescheinigung oder Urkunde vorgenommen worden ist, welche tatsächlich unwahre Angaben enthält.
672. Hat eine bereits konstituierte Aktiengesellschaft eine Emission von Aktien oder Obligationen, sei es für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter, vorgenommen, so haftet jeder, welcher dabei tätig war, den einzelnen Aktionären oder Obligationären für Schadenersatz, wenn er wissentlich unwahre Angaben in Prospekten oder Zirkularen gemacht oder verbreitet hat.
673. Der Aktiengesellschaft sind die mit der Verwaltung und Kontrolle betrauten Personen solidarisch für denjenigen Schaden verantwortlich, welchen die Gesellschaft infolge Verletzung oder Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten erleidet.
674. Den einzelnen Aktionären und den Gesellschaftsgläubigern sind die mit der Verwaltung und Kontrolle betrauten Personen solidarisch für allen Schaden verantwortlich, welchen sie jenen durch absichtliche Verletzung der ihnen obliegenden Verwaltungs- und Aufsichtspflichten verursacht haben.
675. Dem in Artikel 671, 672 und 674 einem jeden einzelnen Aktionär eingeräumten Klagerechte steht ein Beschluss der Generalversammlung, welcher die schadenersatzpflichtigen Personen von ihrer Verantwortlichkeit entbindet, nur entgegen, wenn der Aktionär der Beschlussfassung zugestimmt oder nicht binnen sechs Monaten nach erlangter Kenntnis dagegen Einsprache erhoben oder wenn er die Aktien seither in Kenntnis der Schlussnahme erworben hat.
Das in den angeführten Artikeln den Gesellschaftsgläubigern eingeräumte Klagerecht kann nur geltend gemacht werden, wenn über die Aktiengesellschaft Konkurs eröffnet worden ist, es sei denn, dass es sich um Forderungen aus Inhaberpapieren handle.
VI. Kommanditaktiengesellschaft.
676. Wird ein Kommanditkapital in Aktien zerlegt, so kommen für diese Gesellschaft (Kommanditaktiengesellschaft) im allgemeinen die Bestimmungen des gegenwärtigen Titels zur Anwendung, jedoch mit folgenden Abänderungen:
1. die unbeschränkt haftenden Mitglieder bilden für sich allein jederzeit den Vorstand, welcher die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt;
2. die Mitglieder des Vorstandes haften den Gesellschaftsgläubigern mit ihrem ganzen Vermögen und solidarisch gleich den unbeschränkt haftenden Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft;
3. den Vorstandsmitgliedern kann die Vollmacht zur Führung der Firma nur unter denselben Voraussetzungen entzogen werden, unter welchen es einem geschäftsführenden Kollektivgesellschafter gegenüber geschehen darf;
4. die unbeschränkt haftenden Mitglieder des Vorstandes sind verpflichtet, die statutenmäßig bestimmte Anzahl von Gesellschaftsaktien zu hinterlegen, und dürfen dieselben, solange sie der Gesellschaft verantwortlich bleiben, nicht veräußern;
5. für die Kommanditaktiengesellschaft ist ein Aufsichtsrat notwendig. Derselbe kann namens der Gesellschaft die Mitglieder des Vorstandes zur Rechenschaft ziehen und nötigenfalls vor Gericht belangen. Soweit seine eigene Verantwortlichkeit reicht oder bei arglistigem Verhalten von Vorstandsmitgliedern ist er zur Einleitung und Durchführung von Prozessen wider dieselben sogar gegen den Willen der Generalversammlung berechtigt;
6. zur Prozessführung namens der Gesellschaft gegen die Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrates kann die Generalversammlung Bevollmächtigte ernennen;
7. die Kommanditaktiengesellschaft wird beendigt, wenn sämtliche Mitglieder des Vorstandes durch Austritt, Tod oder eingetretene Handlungsunfähigkeit verhindert werden, die Geschäfte fortzuführen. Die Auflösung muss der Registerbehörde angemeldet werden.
677. Wird ein Kommanditkapital lediglich in dem Sinne in Teile zerlegt, dass diese das Maß der Beteiligung mehrerer Kommanditäre regeln, nicht aber als Aktien behandelt werden oder übertragbar sein sollen, so kommen die Vorschriften des vorigen, nicht diejenigen des gegenwärtigen Titels zur Anwendung.
Siebenundzwanzigster Titel.
Genossenschaften.
I. Entstehung.
678. Personenverbände, welche, ohne zu den in dem vierundzwanzigsten bis sechsundzwanzigsten Titel normierten Gesellschaften zu gehören, gemeinsame Zwecke des wirtschaftlichen Verkehres verfolgen, müssen sich, um als Genossenschaften das Recht der Persönlichkeit zu erwerben, nach Maßgabe der folgenden Artikel in das Handelsregister eintragen lassen.
679. Die Statuten einer solchen Genossenschaft (Gründungsvertrag) müssen in Schrift verfasst und von mindesten sieben Genossenschaftern unterzeichnet sein.
680. Die Eintragung der Genossenschaft in das Handelsregister hat da zu geschehen, wo sie ihren Sitz hat. Dieselbe darf nur stattfinden, wenn die Statuten mit gehöriger Beglaubigung der nach Art. 679 erforderlichen Unterzeichnungen unter Angabe der Namen und Wohnorte der Zeichner der Registerbehörde eingereicht werden und über die nachfolgenden Punkte Bestimmungen enthalten:
1. den Namen (die Firma) der Genossenschaft;
2. den Sitz der Genossenschaft und allfälliger Filialen;
3. den Zweck der Vereinigung;
4. die Bedingungen des Ein- und Austrittes der Genossenschafter;
5. die Art und Große der von ihnen zu leistenden Beiträge;
6. die Organisation der Genossenschaft, die Bildung des Vorstandes, die Stellvertretung der Genossenschaft und die Zeichnung für dieselbe;
7. die Berechnung und Verteilung des Gewinnes, wenn ein solcher beabsichtigt wird.
681. Die Statuten sind entweder ihrem ganzen Inhalte nach oder in einem Auszuge durch das Handelsamtsblatt zu veröffentlichen. In letzterem Falle sind die Bestimmungen über die in Artikel 680 angegebenen Punkte und außerdem die Namen und Wohnorte der zur Vertretung der Genossenschaft ermächtigten Personen, sowie eine allfällige Ausschließung der persönlichen Haftbarkeit der einzelnen Genossenschafter in die Bekanntmachung aufzunehmen.
682. Sofern die Statuten nicht etwas anderes bestimmen, können Abänderungen derselben nur mit Zustimmung sämtlicher Genossenschafter vorgenommen werden. Diese Abänderungen sind in gleicher Weise wie die ursprünglichen Statuten in das Handelsregister einzutragen und zu veröffentlichen.
II. Rechte und Pflichten der Genossenschafter.
683. Sofern die Statuten nicht etwas anderes bestimmen, können in eine bestehende Genossenschaft jederzeit neue Mitglieder aufgenommen werden.
Zum Beitritt derselben genügt eine schriftliche Erklärung.
684. Solange die Auflösung der Genossenschaft nicht beschlossen ist, steht jedem Genossenschafter der Austritt frei.
Ein statutarisches Verbot des Austrittes oder ein vertragsmäßiger Verzicht auf denselben ist ungültig.
Ist über die Kündigungsfrist und den Zeitpunkt des Austrittes in den Statuten nichts festgesetzt, so kann der Austritt nur am Schlusse des Geschäftsjahres nach mindestens vierwöchentlicher Kündigung stattfinden.
685. Auch wenn die Statuten über die Ausschließung von Genossenschaftern keine oder abweichende Bestimmungen enthalten, kann ein Mitglied der Genossenschaft auf Begehren jedes andern aus wichtigen Gründen durch Urteil des Richters ausgeschlossen werden.
686. Beim Mangel abweichender Bestimmungen der Statuten erlischt die Mitgliedschaft durch den Tod.
687. Die Statuten bestimmen, ob und welche Ansprüche an das Vermögen der Genossenschaft dem ausscheidenden Mitgliede, beziehungsweise seinen Erben zukommen. Ist nicht etwas anderes vorgeschrieben, so besteht ein Anspruch auf einen Kopfteil an dem Genossenschaftsvermögen für den Fall, dass die Genossenschaft sich innerhalb eines Jahres seit der Ausscheidung oder dem Tode eines Genossenschafters auflöst und das Vermögen zur Verteilung kommt.
688. In den Statuten kann jede persönliche Haftbarkeit der einzelnen Genossenschafter für Verbindlichkeiten der Genossenschaft ausgeschlossen und bestimmt werden, dass dafür nur das Vermögen der Genossenschaft haftbar sei.
Diese Ausschließung der Haftbarkeit der einzelnen Mitglieder muss durch das Handelsamtsblatt veröffentlicht werden. Unter dieser Voraussetzung können die einzelnen Genossenschafter aus Genossenschaftsschulden nicht belangt werden.
689. Ist eine Bestimmung, durch welche die persönliche Haftbarkeit der einzelnen Genossenschafter ausgeschlossen wird, in den Statuten nicht enthalten oder nicht gehörig veröffentlicht worden, so haften sämtliche Mitglieder solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen. Diese Haftbarkeit ist eine subsidiäre, in dem Sinne, dass die Genossenschafter so weit haften, als die Gläubiger in dem Genossenschaftskonkurse zu Verlust gekommen sind.
690. Wer in eine Genossenschaft eintritt, für deren Verbindlichkeiten die Genossenschafter persönlich einstehen müssen, haftet gleich den anderen auch für die vor seinem Eintritte eingegangenen Schulden.
Eine entgegenstehende Vereinbarung ist gegenüber Dritten ohne Wirkung.
691. Wenn ein persönlich haftbarer Genossenschafter durch Tod oder in anderer Weise ausscheidet, so dauert die Haftbarkeit für die vor seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten fort, sofern die Genossenschaft innerhalb zweier Jahre seit der Eintragung des Ausscheidens in das Handelsregister in Konkurs gerät.
692. Wenn nicht innerhalb zweier Jahre, seitdem die Auflösung der Genossenschaft in das Handelsregister eingetragen ist, der Konkurs über das Vermögen der Genossenschaft eröffnet wird, so erlischt die persönliche Haftbarkeit sämtlicher Mitglieder.
693. Die Klagerechte aus der persönlichen Haftbarkeit einzelner Mitglieder, sofern sie nach Artikel 691 und 692 nicht schon vorher erloschen sind, verjähren in einem Jahre, von dem Tage an gerechnet, an welchem der Konkurs über das Vermögen der Genossenschaft beendigt worden ist.
694. Die Privatgläubiger eines Genossenschafters sind nicht befugt, die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Sachen, Forderungen oder Rechte zum Behufe ihrer Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen. Gegenstand der Exekution oder der Beschlagnahme kann für sie nur dasjenige sein, was der Genossenschafter selbst an Zinsen, Dividenden oder Anteilen im Liquidationsfalle zu fordern berechtigt ist.
III. Organe der Genossenschaft.
695. Jede Genossenschaft muss einen Vorstand (Direktion) haben, welcher dieselbe im Verkehr mit dritten Personen und vor Gericht vertritt.
Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Dieselben können Mitglieder der Genossenschaft oder Nichtmitglieder, besoldet oder unbesoldet sein.
696. Die jeweiligen Mitglieder des Vorstandes müssen alsbald nach ihrer Bestellung in das Handelsregister eingetragen werden.
Diejenigen Mitglieder, welche zur Zeichnung namens der Genossenschaft berechtigt sind, haben ihre Unterschrift vor der kompetenten Behörde zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen.
697. Der Vorstand soll in der durch die Statuten bestimmten Form für die Genossenschaft handeln und zeichnen.
Ist nicht etwas anderes darüber bestimmt, so ist die Zeichnung durch sämtliche Mitglieder des Vorstandes, beziehungsweise deren Stellvertreter erforderlich.
698. Die Genossenschaft wird durch die vom Vorstande für dieselbe geschlossenen Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet. Es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der Genossenschaft geschlossen worden ist, oder ob diese Absicht aus den Umständen hervorgeht.
699. Der Genossenschaft gegenüber richtet sich die Befugnis des Vorstandes zur Geschäftsführung nach den Statuten und den Beschlüssen der Genossenschaft.
Sofern diese nicht etwas anderes verfügen, gilt der Vorstand als ermächtigt, alle Handlungen vorzunehmen, welche der Zweck der Genossenschaft mit sich bringt.
700. Gegenüber dritten Personen gilt der Vorstand als ermächtigt, alle Arten von Geschäften und Rechtshandlungen für die Genossenschaft vorzunehmen, welche in den Bereich ihres genossenschaftlichen Zweckes gehören.
Gegen gutgläubige dritte Personen hat eine Beschränkung dieser Befugnis keine rechtliche Wirkung.
701. Der Vorstand ist für die regelmäßige Führung der Bücher und der Protokolle über die Beschlüsse der Genossenschaftsorgane verantwortlich.
702. Wenn die Genossenschafter für die Genossenschaftsschulden persönlich haftbar sind, so ist der Vorstand verpflichtet, ein Verzeichnis sämtlicher Mitglieder der Registerbehörde einzureichen und spätestens innerhalb dreier Monate jeden Austritt oder Eintritt anzumelden. Das Verzeichnis der Mitglieder im Handelsregister steht jedermann zur Einsicht offen.
Überdies steht jedem ausgetretenen oder ausgeschlossenen Mitgliede, sowie den Erben eines durch Tod ausgeschiedenen Mitgliedes die Befugnis zu, die Eintragung des Austrittes, Ausschlusses oder Todesfalles ohne Vermittlung des Vorstandes in das Handelsregister vornehmen zu lassen.
Von einer solchen Erklärung hat jedoch die Registerbehörde dem Vorstande sofort Kenntnis zu geben.
703. Bei Genossenschaften, welche einen Gewinn beabsichtigen, ist der Vorstand verpflichtet, Rechnung und Bilanz des verflossenen Geschäftsjahres spätestens in den ersten sechs Monaten nach Ablauf desselben zu veröffentlichen.
704. Ergibt sich, dass die Forderungen der Genossenschaftsgläubiger nicht mehr durch die Aktiven gedeckt sind, so liegt dem Vorstande, beziehungsweise den Liquidatoren die Verpflichtung ob, die Zahlungen sofort einzustellen und dem Gerichte behufs Eröffnung des Konkurses hievon Anzeige zu machen.
Dem Gerichte bleibt jedoch überlassen, auf Antrag der Gläubiger oder eines zur Wahrung ihrer Interessen bestellten Kurators die Eröffnung des Konkurses aufzuschieben und inzwischen andere zur Erhaltung des Vermögens dienliche Anordnungen zu treffen.
705. Die Genossenschaft kann dem Vorstande einen Ausschuss sowohl zur Überwachung der Geschäftsführung (Aufsichtsrat) als nach Umständen zur Mitwirkung bei wichtigen Geschäften (Verwaltungsrat) beiordnen oder die Kontrolle einem oder mehreren Sachverständigen übertragen.
Wer als Mitglied des Vorstandes oder eines Ausschusses oder als Bevollmächtigter für die Genossenschaft handelt, darf, wenn die Prüfung dieser Geschäfte und Kontrollmaßregeln in Frage stehen, nicht mitstimmen.
706. Die Generalversammlung der Genossenschafter wird durch den Vorstand oder ein anderes nach den Statuten dazu befugtes Organ der Genossenschaft (Aufsichtsrat usf.) berufen.
Sie muss berufen werden, wenn mindestens der zehnte Teil der Genossenschafter oder bei Genossenschaften von weniger als dreißig Mitgliedern mindestens drei Genossenschafter es verlangen.
707. Beim Mangel abweichender Bestimmungen der Statuten hat in der Generalversammlung jeder Genossenschafter eine Stimme und werden die Beschlüsse derselben mit absoluter Mehrheit der Stimmenden gefasst.
708. Die Generalversammlung ist, wenn nicht die Statuten die Abberufung anders ordnen oder ganz untersagen, jederzeit berechtigt, sowohl die Mitglieder des Vorstandes als die Mitglieder des Aufsichtsrates, unbeschadet allfälliger Entschädigungsansprüche derselben, abzuberufen.
In allen Fällen, auch wenn die Statuten die Abberufung untersagen, kann das Gericht auf den Antrag eines oder mehrerer Genossenschafter Vorstandsmitglieder, welche die ihnen obliegenden Pflichten versäumen oder zu erfüllen außer stande sind, abberufen, eine Neuwahl durch die zuständigen Genossenschaftsorgane verfügen und für die Zwischenzeit die geeigneten Anordnungen für einstweilige Besetzung des Vorstandes treffen.
IV. Auflösung und Liquidation.
709. Die Genossenschaft wird aufgelöst:
1. durch Beschluss eines nach den Statuten kompetenten Genossenschaftsorganes (Generalversammlung, Aufsichtsrat usw.);
2. durch Ablauf der in den Statuten bestimmten Zeitdauer, wenn nicht die Fortdauer der Genossenschaft beschlossen oder dieselbe tatsächlich fortgesetzt wird;
3. durch Eröffnung des Konkurses über die Genossenschaft. Überdies können die Statuten noch andere Gründe der Auflösung aufstellen.
710. Eine Genossenschaft kann außerdem durch richterliches Urteil auf Antrag eines Genossenschafters, eines Gläubigers oder einer zuständigen öffentlichen Amtsstelle aufgelöst werden:
1. wenn sie unerlaubte oder unsittliche Zwecke verfolgt oder wenn sie unerlaubte oder unsittliche Mittel anwendet;
2. wenn die statutenmäßige Besetzung des Vorstandes oder anderer in den Statuten als notwendig vorausgesetzter Organe aus Mangel an der erforderlichen Mitgliederzahl oder aus anderen Gründen unmöglich geworden ist.
711. Von der Auflösung durch Konkurs hat das Gericht der Registerbehörde behufs Eintragung in das Handelsregister von Amts wegen Mitteilung zu machen.
Sofern die Auflösung der Genossenschaft in anderer Weise als durch Konkurs erfolgt, hat der Vorstand und in Ermangelung eines solchen das Gericht der Registerbehörde behufs Eintragung der Auflösung in das Handelsregister Anzeige zu machen. Zugleich sind durch die dazu kompetenten Genossenschaftsorgane (Generalversammlung, Aufsichtsrat usw.) und in Ermangelung solcher durch das Gericht Liquidatoren zu ernennen.
712. Sofern die Liquidatoren nicht gemäß Artikel 704 veranlasst sind, die Eröffnung des Konkurses zu beantragen, haben sie die Gläubiger der Genossenschaft durch das Handelsamtsblatt zur Geltendmachung ihrer Ansprüche aufzufordern.
Die aus den Geschäftsbüchern ersichtlichen oder in anderer Weise bekannten Gläubiger sind außerdem durch besondere Erlasse (rekommandierte Briefe) zur Anmeldung aufzufordern.
713. Nach Tilgung der Schulden wird das Vermögen der aufgelösten Genossenschaft, sofern die Statuten oder besondere stiftungsmäßige Anordnungen nicht etwas anderes festsetzen, unter die zur Zeit der Auflösung vorhandenen, beziehungsweise die während des letzten Jahres ausgeschiedenen Genossenschafter nach Köpfen verteilt.
Diese Verteilung darf nicht eher vollzogen werden als nach Ablauf von sechs Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Aufforderung an die Gläubiger in dem Handelsamtsblatte erschienen ist.
In der Zwischenzeit sind die eingegangenen Gelder in einer öffentlichen Kasse innerhalb des Kantons zu hinterlegen.
Haben einzelne den Liquidatoren bekannte Gläubiger der Genossenschaft ihre Forderungen nicht vor der Verteilung geltend gemacht, so soll zu ihren Gunsten ein entsprechender Teil des Genossenschaftsvermögens während drei Jahren unverteilt bleiben.
714. Bei Verletzung der Bestimmungen des Artikels 704 und der Artikel 712 und 713 haften der Vorstand, beziehungsweise die Liquidatoren den Mitgliedern und Gläubigern der Genossenschaft persönlich und solidarisch für den entstandenen Schaden.
715. In Beziehung auf die Verantwortlichkeit der Mitglieder des Vorstandes und eines allfällig vorhandenen Aufsichtsrates, sowie der Genossenschaft als solcher, kommen die Bestimmungen der Artikel 55, 99 und 101 zur Anwendung.
Achtundzwanzigster Titel (später aufgehoben durch das Zivilgesetzbuch)
Vereine.
716. Vereine, welche wohlthätige,
gesellige, religiöse, wissenschaftliche, künstlerische oder andere ideale
Zwecke verfolgen, können das Recht der Persönlichkeit, auch wenn sie bisher
darauf nach kantonalem Rechte keinen Anspruch hatten, dadurch erwerben, dass
sie sich in das Handelsregister eintragen lassen.
Die
Eintragung und die Veröffentlichung in dem Handelsamtsblatte hat den Namen, den
Siz, den Zweck und die Organisation des Vereins, insbesondere die Bildung des
Vorstandes und die Stellvertretung im Verkehre anzugeben.
Wenn
solche Vereine sich auflösen und die Statuten oder besondere stiftungsmäßige
Anordnungen nicht etwas Anderes bestimmen, so kann die Generalversammlung mit
Stimmenmehrheit beschließen, daß das Vermögen nicht unter die Mitglieder
vertheilt, sondern einer anerkannten öffentlichen Anstalt des Kantones oder des
Bundes zugewendet werde, welche für dieselben oder ähnliche Zwecke sorgt.
Wird
ein solcher Verein durch Urtheil des Gerichtes aufgelöst, weil er unerlaubte
oder unsittliche Zwecke verfolgt oder unerlaubte oder unsittliche Mittel
anwendet, so kann das Gericht, wenn die Statuten nicht etwas Anderes bestimmen,
eine derartige Zuwendung anordnen. Verfolgt der Verein einen Zweck von
öffentlichem Interesse, so muss das Gericht diese Zuwendung verfügen.
717. Wirthschaftlichen Vereinen,
welche sich nicht in das Handelsregister haben eintragen lassen, desgleichen
Vereinen für ideale Zwecke, welche weder nach kantonalem Rechte als juristische
Personen anerkannt sind noch sich in das Handelsregister haben eintragen
lassen, steht kein Recht der Persönlichkeit zu.
Wenn
im Namen solcher Vereine Rechtshandlungen gegenüber Dritten vorgenommen werden,
so sind die Handelnden persönlich und solidarisch den Dritten verantwortlich,
mit Vorbehalt ihres Rückgriffes auf die übrigen Vereinsmitglieder.
718. In allen Fällen bleiben die
Vorschriften vorbehalten, welche aus Gründen des öffentlichen Rechtes des
Bundes und der Kantone bestimmte Arten von Personenverbänden beschränken oder
untersagen.
719. Das kantonale Recht ordnet die
Entstehung und die Verhältnisse der Körperschaften des öffentlichen Rechtes,
der Stiftungen und anderer juristischer Personen (Allmendgenossenschaften
u. s. f.).
Neunundzwanzigster Titel.
Der Wechsel.
I. Wechselfähigkeit.
720. Wechselfähig ist jeder, welcher sich durch Verträge verpflichten kann.
Dagegen bleiben die Bestimmungen des Artikels 812 dieses Gesetzes, sowie die in anderen eidgenössischen oder kantonalen Gesetzen für Wechselexekution und Wechselprozess enthaltenen besonderen Vorschriften auf diejenigen Personen und Gesellschaften beschränkt, welche im Handelsregister eingetragen sind.
721. Finden sich auf einem Wechsel Unterschriften von Personen, welche eine Wechselverbindlichkeit nicht eingehen können, so hat dieses auf die Verbindlichkeit der übrigen Wechselverpflichteten keinen Einfluss.
II. Erfordernisse des gezogenen Wechsels.
722. Die wesentlichen Erfordernisse eines gezogenen Wechsels sind:
1. die in den Wechsel
selbst aufzunehmende Bezeichnung als Wechsel (de change, cambio);
2. die Angabe der zu zahlenden Geldsumme, im Kontexte mit Buchstaben geschrieben;
3. der Name der Person oder die Firma, an welche oder an deren Ordre gezahlt werden soll (des Wechselnehmers, Remittenten);
4. die Angabe der Zeit, zu welcher gezahlt werden soll; die Zahlungszeit kann für die gesamte Geldsumme nur eine und dieselbe sein und nur festgesetzt werden:
auf einen bestimmten Tag, auf Sicht (Vorzeigung, a vista etc.) oder auf eine bestimmte Zeit nach Sicht,
auf eine bestimmte Zeit nach dem Tage der Ausstellung (nach dato),
auf eine Messe oder einen Markt (Mess- oder Marktwechsel);
5. die Unterschrift des Ausstellers (Trassanten) mit seinem Namen oder seiner Firma;
6. die Angabe des Ortes, Monatstages und Jahres der Ausstellung;
7. der Name der Person oder der Firma, welche die Zahlung leisten soll (des Bezogenen oder Trassaten);
8. die Angabe des Ortes, wo die Zahlung geschehen soll; der bei dem Namen oder der Firma des Bezogenen angegebene Ort gilt für den Wechsel, insofern nicht ein eigener Zahlungsort angegeben ist, als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Bezogenen.
723. Ist die Summe mehrmals mit Buchstaben geschrieben, so gilt bei Abweichungen die geringere Summe.
724. Der Aussteller kann sich selbst als Wechselnehmer bezeichnen (Wechsel an eigene Ordre).
Desgleichen kann der Aussteller sich selbst als Bezogenen bezeichnen, sofern die Zahlung an einem anderen Orte als dem der Ausstellung geschehen soll (trassiert eigene Wechsel).
725. Aus einer Schrift, welcher eines der wesentlichen Erfordernisse eines Wechsels fehlt, entsteht keine wechselmäßige Verbindlichkeit. Auch haben die auf eine solche Schrift gesetzten Erklärungen (Indossament, Akzept, Aval) keine Wechselkraft.
Das in einem Wechsel enthaltene Zinsversprechen gilt als nicht geschrieben.
III. Verpflichtung des Ausstellers.
726. Der Aussteller eines Wechsels haftet für dessen Annahme und Zahlung wechselmäßig.
IV. Indossament.
727. Der Wechselnehmer kann den Wechsel an einen Anderen durch Indossament (Giro) übertragen.
Hat jedoch der Aussteller die Übertragung im Wechsel durch die Worte „nicht an Ordre“ oder durch einen gleichbedeutenden Ausdruck untersagt, so hat das Indossament keine wechselrechtliche Wirkung.
728. Durch das Indossament gehen alle Rechte aus dem Wechsel auf den Indossatar über, insbesondere auch die Befugnis, den Wechsel weiter zu indossieren. Auch an den Aussteller, Bezogenen, Akzeptanten oder einen früheren Indossanten kann der Wechsel gültig indossiert und von denselben weiter indossiert werden.
729. Das Indossament muss auf den Wechsel, eine Kopie desselben oder ein mit dem Wechsel oder der Kopie verbundenes Blatt (Allonge) geschrieben werden.
730. Ein Indossament ist gültig, wenn der Indossant auch nur seinen Namen oder seine Firma auf die Rückseite des Wechsels oder der Kopie oder auf die Allonge schreibt (Blanko-Indossament).
731. Jeder Inhaber eines Wechsels ist befugt, die auf demselben befindlichen Blanko-Indossamente auszufüllen; er kann den Wechsel aber auch ohne diese Ausfüllung weiter indossieren.
732. Der Indossant haftet jedem späteren Inhaber des Wechsels für dessen Annahme und Zahlung wechselmäßig. Hat er aber dem Indossamente die Bemerkung „ohne Gewährleistung“, „ohne Obligo“ oder einen gleichbedeutenden Vorbehalt hinzugefügt, so ist er von der Verbindlichkeit aus seinem Indossamente befreit.
733. Ist in dem Indossamente die Weiterbegebung durch die Worte „nicht an Ordre“ oder durch einen gleichbedeutenden Ausdruck verboten, so haben diejenigen, an welche der Wechsel aus der Hand des Indossatars gelangt, gegen den Indossanten keinen Regress.
734. Wenn ein Wechsel indossiert wird, nachdem die für die Protesterhebung mangels Zahlung bestimmte Frist abgelaufen ist, so erlangt der Indossatar die Rechte aus dem etwa vorhandenen Akzepte gegen den Bezogenen und Regressrechte gegen diejenigen, welche den Wechsel nach Ablauf dieser Frist indossiert haben.
Ein solcher Wechsel ist, sofern er bereits akzeptiert war, binnen drei Jahren, vom Verfalltage an gerechnet, sofern er dagegen nicht akzeptiert war, innerhalb eines Jahres vom Datum des ersten Nachindossamentes an wie ein Sichtwechsel zur Zahlung zu präsentieren.
Ist aber der Wechsel vor dem Indossamente bereits mangels Zahlung protestiert worden, so hat der Indossatar nur die Rechte seines Indossanten gegen den Akzeptanten, den Aussteller und diejenigen, welche den Wechsel bis zur Protesterhebung indossiert haben. Auch ist in einem solchen Falle der Indossant nicht wechselmäßig verpflichtet.
735. Ist dem Indossamente die Bemerkung „zur Einkassierung“, „in procura“ oder eine andere die Bevollmächtigung ausdrückende Formel beigefügt worden, so überträgt das Indossament das Eigentum an dem Wechsel nicht, ermächtigt aber den Indossatar zur Einziehung der Wechselforderung und zur Protesterhebung, sowie zur Einklagung der nicht bezahlten und zur Erhebung der deponierten Wechselschuld.
Ein solcher Indossatar ist auch berechtigt, diese Befugnis durch ein weiteres Prokura-Indossament einem Anderen zu übertragen.
Dagegen ist derselbe zur weiteren Begebung durch eigentliches Indossament selbst dann nicht befugt, wenn dem Prokura-Indossamente der Zusatz „oder Ordre“ hinzugefügt ist.
V. Präsentation zur Annahme.
736. Der Inhaber eines Wechsels ist berechtigt, den Wechsel dem Bezogenen sofort zur Annahme zu präsentieren und, wenn die Annahme nicht binnen vierundzwanzig Stunden erfolgt, Protest erheben zu lassen. Eine entgegenstehende Übereinkunft hat keine wechselrechtliche Wirkung.
Nur bei Mess- oder Marktwechseln findet eine Ausnahme dahin statt, dass solche Wechsel erst in der an dem Mess- oder Marktorte gesetzlich bestimmten Präsentationszeit zur Annahme präsentiert und in Ermangelung derselben protestiert werden können.
Der bloße Besitz des Wechsels ermächtigt zur Präsentation des Wechsels und zur Erhebung des Protestes mangels Annahme, nicht aber zur Gestattung einer nachträglichen Wiederaufhebung (Streichung) oder Einschränkung eines bereits geschriebenen Akzeptes.
737. Eine Verpflichtung des Inhabers, den Wechsel zur Annahme zu präsentieren, findet nur bei Wechseln statt, welche auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lauten.
Solche Wechsel müssen, bei Verlust des wechselmäßigen Anspruches gegen die Indossanten und den Aussteller, nach Maßgabe der besonderen im Wechsel enthaltenen Bestimmung und in Ermangelung derselben innerhalb eines Jahres nach der Ausstellung zur Annahme präsentiert werden.
Hat ein Indossant auf einem Wechsel dieser Art seinem Indossamente eine besondere Präsentationsfrist hinzugefügt, so erlischt seine wechselmäßige Verpflichtung, wenn der Wechsel nicht innerhalb dieser Frist zur Annahme präsentiert worden ist.
738. Wenn die Annahme eines auf bestimmte Zeit nach Sicht gestellten Wechsels nicht zu erhalten ist oder der Bezogene die Datierung seines Akzeptes verweigert, so muss der Inhaber bei Verlust des wechselmäßigen Anspruches gegen die Indossanten und den Aussteller die rechtzeitige Präsentation des Wechsels durch einen innerhalb der Präsentationsfrist erhobenen Protest feststellen lassen.
Der Protesttag gilt in diesem Falle für den Tag der Präsentation.
Ist die Protesterhebung unterblieben, so wird gegen den Akzeptanten, welcher die Datierung seines Akzeptes unterlassen hat, die Verfallzeit des Wechsels vom letzten Tage der Präsentationsfrist an gerechnet.
VI. Annahme (Akzeptation).
739. Die Annahme des Wechsels muss auf dem Wechsel schriftlich geschehen.
Jede auf den Wechsel geschriebene und von dem Bezogenen unterschriebene Erklärung gilt für eine unbeschränkte Annahme, sofern nicht in derselben ausdrücklich ausgesprochen ist, dass der Bezogene entweder überhaupt nicht oder nur unter gewissen Einschränkungen annehmen wolle.
Gleichergestalt gilt es für eine unbeschränkte Annahme, wenn der Bezogene ohne weiteren Beisatz seinen Namen oder seine Firma auf die Vorderseite des Wechsels schreibt.
740. Die einmal erfolgte Annahme kann nachträglich, auch wenn der Wechsel von dem Bezogenen noch nicht an den präsentierenden Inhaber zurückgegeben ist, weder ganz zurückgenommen noch in irgend einer Weise beschränkt werden.
Auf den Nachweis, dass der Eigentümer des Wechsels zur nachträglichen Wiederaufhebung (Durchstreichung) oder Beschränkung der Annahme seine Zustimmung gegeben habe, kann sich der Akzeptant nur dem Zustimmenden selbst, nicht aber anderen Wechselberechtigten gegenüber berufen.
741. Der Bezogene kann die Annahme auf einen Teil der im Wechsel verschriebenen Summe beschränken.
Werden dem Akzepte andere Einschränkungen beigefügt, so wird der Wechsel einem solchen gleich geachtet, dessen Annahme gänzlich verweigert worden ist, der Akzeptant haftet aber nach dem Inhalte seines Akzeptes wechselmäßig.
742. Der Bezogene wird durch die Annahme wechselmäßig verpflichtet, die von ihm akzeptierte Summe zur Verfallzeit zu zahlen.
Auch dem Aussteller haftet der Bezogene aus dem Akzepte wechselmäßig.
Dagegen steht dem Bezogenen kein Wechselrecht gegen den Aussteller zu.
743. Ist in dem Wechsel ein vom Wohnorte des Bezogenen verschiedener Zahlungsort angegeben (Domizilwechsel), so ist, insofern der Wechsel nicht schon ergibt, durch wen die Zahlung am Zahlungsorte erfolgen soll, dieses vom Bezogenen bei der Annahme auf dem Wechsel zu bemerken.
Ist dieses nicht geschehen, so wird angenommen, dass der Bezogene selbst die Zahlung am Zahlungsorte leisten wolle.
Der Aussteller eines Domizilwechsels kann in demselben die Präsentation zur Annahme vorschreiben.
Die Nichtbeobachtung dieser Vorschrift hat den Verlust des Regresses gegen den Aussteller und die Indossanten zur Folge.
VII. Regress auf Sicherstellung.
Wegen nicht erhaltener
Annahme.
744. Wenn die Annahme eines Wechsels überhaupt nicht oder unter Einschränkungen oder nur auf eine geringere Summe erfolgt ist, so sind die Indossanten und der Aussteller wechselmäßig verpflichtet, gegen Aushändigung des mangels Annahme aufgenommenen Protestes genügende Sicherheit dahin zu leisten, dass die Bezahlung der im Wechsel verschriebenen Summe oder des nicht angenommenen Betrages, sowie die Erstattung der durch die Nichtannahme veranlassten Kosten am Verfalltage erfolgen werde.
Jedoch sind diese Personen auch befugt, auf ihre Kosten die schuldige Summe bei Gericht oder bei einer anderen zur Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt niederzulegen.
745. Der Wechselnehmer, sowie jeder Indossatar wird durch den Besitz des mangels Annahme aufgenommenen Protestes ermächtigt, von dem Aussteller und den übrigen Vormännern Sicherheit zu begehren und im Wege der wechselmäßigen Exekution oder des Wechselprozesses beizutreiben oder einzuklagen.
Der Regressnehmer ist hiebei an die Folgeordnung der Indossamente und die einmal getroffene Wahl nicht gebunden.
Der Beibringung des Wechsels und des Nachweises, dass der Regressnehmer seinen Nachmännern selbst Sicherheit bestellt habe, bedarf es nicht.
746. Die bestellte Sicherheit haftet nicht bloß dem Regressnehmer, sondern auch allen übrigen Nachmännern des Bestellers, insofern sie gegen ihn den Regress auf Sicherstellung nehmen.
Dieselben sind weitere Sicherheit zu verlangen nur in dem Falle berechtigt, wenn sie gegen die Art oder Größe der bestellten Sicherheit Einwendungen zu begründen vermögen.
747. Die bestellte Sicherheit muss zurückgegeben werden:
1. sobald die vollständige Annahme des Wechsels nachträglich erfolgt ist;
2. wenn gegen den Regresspflichtigen, welcher sie bestellt hat, binnen Jahresfrist, vom Verfalltage des Wechsels an gerechnet, auf Zahlung aus dem Wechsel nicht geklagt worden ist;
3. wenn die Zahlung des Wechsels erfolgt oder die Wechselkraft desselben erloschen ist.
Wegen Unsicherheit des Akzeptanten.
748. Ist ein Wechsel ganz oder teilweise angenommen worden, so kann in betreff der akzeptierten Summe Sicherheit nur gefordert werden:
1. wenn über das Vermögen des Akzeptanten der Konkurs (Debitverfahren, Falliment) eröffnet ist;
2. wenn der Akzeptant auch nur seine Zahlungen eingestellt hat;
3. wenn nach Ausstellung des Wechsels eine Exekution wegen irgend einer Zahlungsverpflichtung des Akzeptanten vollstreckt worden und ganz oder teilweise erfolglos geblieben ist.
Wenn in diesen Fällen die Sicherheit von dem Akzeptanten nicht bestellt und dieserhalb Protest erhoben wird, auch von den auf dem Wechsel etwa benannten Notadressen die Annahme nach Ausweis des Protestes nicht zu erhalten ist, so kann der Wechselnehmer sowie jeder Indossatar gegen Auslieferung des Protestes von seinen Vormännern Sicherheitsbestellung fordern.
Der bloße Besitz des Wechsels vertritt die Stelle einer Vollmacht, in den in Ziffer l, 2 und 3 genannten Fällen von dem Akzeptanten Sicherheitsbestellung zu begehren und, wenn solche nicht zu erhalten ist, Protest erheben zu lassen.
Der als Eigentümer des Wechsels legitimierte Inhaber ist berechtigt, in den in Ziffer 2 und 3 genannten Fällen auch von dem Akzeptanten im Wege der wechselmäßigen Exekution oder des Wechselprozesses Sicherheitsbestellung beizutreiben oder einzuklagen.
VIII. Erfüllung der Wechselverbindlichkeit.
Zahlungstag.
749. Ist in dem Wechsel ein bestimmter Tag als Zahlungstag bezeichnet, so tritt die Verfallzeit an diesem Tage ein.
Ist die Zahlungszeit auf Anfang oder auf Ende eines Monates gesetzt worden, so ist darunter der erste oder der letzte Tag des Monates zu verstehen.
Ist die Zahlungszeit auf die Mitte eines Monates gesetzt worden, so ist der Wechsel am fünfzehnten dieses Monates fällig.
750. Ein auf Sicht gestellter Wechsel ist bei der Vorzeigung fällig.
Ein solcher Wechsel muss bei Verlust des wechselmäßigen Anspruches gegen die Indossanten und den Aussteller nach Maßgabe der besonderen im Wechsel enthaltenen Bestimmung und in Ermangelung derselben innerhalb eines Jahres nach der Ausstellung zur Zahlung präsentiert werden.
Hat ein Indossant auf einem Wechsel dieser Art seinem Indossamente eine besondere Präsentationsfrist hinzugefügt, so erlischt seine wechselmäßige Verpflichtung, wenn der Wechsel nicht innerhalb dieser Frist präsentiert worden ist.
Ist ein auf Sicht gestellter Wechsel ohne Angabe eines Datums akzeptiert worden, so gilt in Ermangelung eines die Präsentation konstatierenden Protestes der letzte Tag der Präsentationsfrist als Verfalltag.
751. Bei Wechseln, welche mit dem Ablaufe einer bestimmten Frist nach Sicht oder nach Dato zahlbar sind, tritt die Verfallzeit ein:
1. wenn die Frist nach Tagen bestimmt ist, an dem letzten Tage der Frist; bei Berechnung der Frist wird der Tag, an welchem der nach Dato zahlbare Wechsel ausgestellt oder der nach Sicht zahlbare zur Annahme präsentiert ist, nicht mitgerechnet; geht die Frist auf acht oder fünfzehn Tage, so werden darunter nicht eine oder zwei Wochen, sondern volle acht oder fünfzehn Tage verstanden;
2. wenn die Frist nach Wochen bestimmt ist, an demjenigen Tage der Zahlungswoche, welcher durch seine Benennung dem Tage der Ausstellung oder Präsentation entspricht;
3. wenn die Frist nach Monaten oder einem mehrere Monate umfassenden Zeitraume (Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr) bestimmt ist, an demjenigen Tage des Zahlungsmonates, welcher durch seine Zahl dem Tage der Ausstellung oder Präsentation entspricht; fehlt dieser Tag in dem Zahlungsmonate, so tritt die Verfallzeit am letzten Tage des Zahlungsmonates ein.
Der Ausdruck „halber Monat“ wird einem Zeitraume von fünfzehn Tagen gleichgeachtet. Ist der Wechsel auf einen oder mehrere ganze Monate und einen halben Monat gestellt, so sind die fünfzehn Tage zuletzt zu zählen.
752. Respekttage finden nicht statt.
753. Ist in einem Lande, in welchem nach altem Stile gerechnet wird, ein im Inlande zahlbarer Wechsel nach Dato ausgestellt und dabei nicht bemerkt, dass der Wechsel nach neuem Stile datiert sei, oder ist derselbe nach beiden Stilen datiert, so wird der Verfalltag nach demjenigen Kalendertage des neuen Stiles berechnet, welcher dem nach altem Stile sich ergebenden Tage der Ausstellung entspricht.
754. Mess- oder Marktwechsel werden zu der durch die Gesetze des Mess- oder Marktortes bestimmten Zahlungszeit und in Ermangelung einer solchen Festsetzung an dem Tage vor dem gesetzlichen Schlusse der Messe oder des Marktes fällig.
Dauert die Messe oder der Markt nur einen Tag, so tritt die Verfallzeit des Wechsels an diesem Tage ein.
Zahlung.
755. Der Inhaber eines indossierten Wechsels wird durch eine zusammenhängende, bis auf ihn hinuntergehende Reihe von Indossamenten als Eigentümer des Wechsels legitimiert.
Das erste Indossament muss demnach mit dem Namen des Wechselnehmers, jedes folgende Indossament mit dem Namen desjenigen unterzeichnet sein, welchen das unmittelbar vorhergehende Indossament als Indossatar benennt.
Wenn auf ein Blanko-Indossament ein weiteres Indossament folgt, so wird angenommen, dass der Aussteller des letzteren den Wechsel durch das Blanko-Indossament erworben hat.
Ausgestrichene Indossamente werden bei Prüfung der Legitimation als nicht geschrieben angesehen.
Die Echtheit der Indossamente zu prüfen, ist der Zahlende nicht verpflichtet.
756. Lautet ein Wechsel auf eine Münzsorte, welche am Zahlungsorte keinen Umlauf hat, oder auf eine Rechnungswährung, so kann die Wechselsumme nach ihrem Werte zur Verfallzeit in der Landesmünze gezahlt werden, sofern nicht der Aussteller durch den Gebrauch des Wortes „effektiv“ oder eines ähnlichen Zusatzes die Zahlung in der im Wechsel benannten Münzsorte ausdrücklich bestimmt hat.
757. Der Inhaber des Wechsels darf eine ihm angebotene Teilzahlung selbst dann nicht zurückweisen, wenn die Annahme auf den ganzen Betrag der verschriebenen Summe erfolgt ist.
758. Der Wechselschuldner ist nur gegen Aushändigung des quittierten Wechsels zu zahlen verpflichtet.
Hat der Wechselschuldner eine Teilzahlung geleistet, so kann derselbe nur verlangen, dass die Zahlung auf dem Wechsel abgeschrieben und ihm Quittung auf einer Abschrift des Wechsels erteilt werde.
759. Wird die Zahlung des Wechsels zur Verfallzeit nicht gefordert, so ist der Akzeptant nach Ablauf der für die Protesterhebung mangels Zahlung bestimmten Frist befugt, die Wechselsumme auf Gefahr und Kosten des Inhabers bei Gericht oder bei einer anderen zur Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt niederzulegen. Der Vorladung des Inhabers bedarf es nicht.
760. Vor dem Verfalltage ist kein Wechselinhaber verpflichtet, Zahlung anzunehmen; insofern eine solche stattfindet, ist sie auf Gefahr des Zahlenden geleistet.
761. Gewährt der Wechselinhaber dem Akzeptanten eine Prolongation der Verfallzeit, so verliert er seine Rechte gegen diejenigen Vormänner, welche zu dieser Prolongation nicht eingewilligt haben.
IX. Regress mangels Zahlung.
762. Zur Ausübung des bei nicht erlangter Zahlung statthaften Regresses gegen den Aussteller und die Indossanten ist erforderlich:
1. dass der Wechsel zur Zahlung präsentiert worden ist, und
2. dass sowohl diese Präsentation als die Nichterlangung der Zahlung durch einen rechtzeitig darüber aufgenommenen Protest dargetan wird.
Die Erhebung des Protestes ist am Zahlungstage nicht zulässig, sie muss aber spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstage geschehen.
763. Die Aufforderung, keinen Protest erheben zu lassen („ohne Protest“, „ohne Kosten“ etc.), gilt als Erlass des Protestes, nicht aber als Erlass der Pflicht zur rechtzeitigen Präsentation.
Der Wechselverpflichtete, von welchem jene Aufforderung ausgeht, muss die Beweislast übernehmen, wenn er die rechtzeitig geschehene Präsentation in Abrede stellt.
Gegen die Pflicht zum Ersatze der Protestkosten schützt jene Aufforderung nicht.
764. Domizilierte Wechsel sind dem Domiziliaten oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, dem Bezogenen selbst an demjenigen Orte, wohin der Wechsel domiziliert ist, zur Zahlung zu präsentieren und, wenn die Zahlung unterbleibt, dort zu protestieren.
Wird die rechtzeitige Protesterhebung bei einem vom Bezogenen verschiedenen Domiziliaten verabsäumt, so geht dadurch der wechselmäßige Anspruch nicht nur gegen den Aussteller und die Indossanten, sondern auch gegen den Akzeptanten verloren.
765. Zur Erhaltung des Wechselrechtes gegen den Akzeptanten bedarf es, mit Ausnahme des im Art. 764, Absatz 2, erwähnten Falles, weder der Präsentation am Zahlungstage noch der Erhebung eines Protestes.
766. Jeder Wechselschuldner hat das Recht, gegen Erstattung der Wechselsumme nebst Zinsen und Kosten die Auslieferung des quittierten Wechsels und des wegen Nichtzahlung erhobenen Protestes von dem Inhaber zu fordern.
767. Der Inhaber eines mangels Zahlung protestierten Wechsels kann die Wechselforderung gegen alle Wechselverpflichtete oder auch nur gegen einige oder einen derselben rechtlich geltend machen, ohne dadurch seinen Anspruch gegen die nicht in Anspruch genommenen Verpflichteten zu verlieren. Derselbe ist an die Reihenfolge der Indossamente nicht gebunden.
768. Die Regressansprüche des Inhabers, welcher den Wechsel mangels Zahlung hat protestieren lassen, beschränken sich auf:
1. die nicht bezahlte Wechselsumme nebst sechs Prozent jährlicher Zinse vom Verfalltage ab;
2. die Protestkosten und andere Auslagen;
3. eine Provision von einem Drittel Prozent.
Die vorstehenden Beträge müssen, wenn der Regresspflichtige an einem anderen Orte als dem Zahlungsorte wohnt, zu demjenigen Kurse gezahlt werden, welchen ein vom Zahlungsorte auf den Wohnort des Regresspflichtigen gezogener Wechsel auf Sicht hat.
Besteht am Zahlungsorte kein Kurs auf jenen Wohnort, so wird der Kurs nach demjenigen Platze genommen, welcher dem Wohnorte des Regresspflichtigen am nächsten liegt.
Der Kurs ist auf Verlangen des Regresspflichtigen durch einen unter öffentlicher Autorität ausgestellten Kurszettel oder durch das Attest eines Mäklers oder, in Ermangelung derselben, durch ein Attest zweier Kaufleute zu bescheinigen.
769. Der Indossant, welcher den Wechsel eingelöst oder als Rimesse erhalten hat, ist von einem früheren Indossanten oder von dem Aussteller zu fordern berechtigt:
1. die von ihm gezahlte oder durch Rimesse berichtigte Summe nebst sechs Prozent jährlicher Zinse vom Tage der Zahlung;
2. die ihm entstandenen Kosten;
3. eine Provision von Zwei pro mille.
Die vorstehenden Beträge müssen, wenn der Regresspflichtige an einem andern Orte als der Regressnehmer wohnt, zu demjenigen Kurse gezahlt werden, welchen ein vom Wohnorte des Regressnehmers auf den Wohnort des Regresspflichtigen gezogener Wechsel auf Sicht hat.
Besteht im Wohnorte des Regressnehmers kein Kurs auf den Wohnort des Regresspflichtigen, so wird der Kurs nach demjenigen Platze genommen, welcher dem Wohnorte des Regresspflichtigen am nächsten liegt.
Wegen der Bescheinigung des Kurses kommt die Bestimmung des Art. 768 zur Anwendung.
770. Durch die Bestimmungen der Art. 768 und 769, Ziffer l und 3, wird bei einem Regresse auf einen ausländischen Ort die Berechnung höherer, dort zulässiger Sätze nicht ausgeschlossen.
771. Der Regressnehmer kann über den Betrag seiner Forderungen einen Rückwechsel auf den Regresspflichtigen ziehen.
Der Forderung treten in diesem Falle noch die Mäklergebühren für Negozierung des Rückwechsels sowie die etwaigen Stempelgebühren hinzu.
Der Rückwechsel muss auf Sicht zahlbar und unmittelbar (a drittura) gestellt werden.
772. Der Regresspflichtige ist nur gegen Auslieferung des Wechsels, des Protestes und einer quittierten Retourrechnung Zahlung zu leisten verbunden; der Wechsel darf keine Veränderung enthalten, welche den weiteren Rückgriff des Regresspflichtigen beeinträchtigen könnte.
773. Jeder Indossant,
welcher einen seiner Nachmänner befriedigt hat, kann sein eigenes und seiner
Nachmänner Indossament ausstreichen.
X. Intervention.
Ehrenannahme.
774. Befindet sich auf einem mangels Annahme protestierten Wechsel eine auf den Zahlungsort lautende Notadresse, so muss, ehe Sicherstellung verlangt werden kann, die Annahme von der Notadresse gefordert werden.
Unter mehreren Notadressen gebührt derjenigen der Vorzug, durch deren Zahlung die meisten Verpflichteten befreit werden.
775. Die Ehrenannahme von Seiten einer nicht auf dem Wechsel als Notadresse benannten Person braucht der Inhaber nicht zuzulassen.
776. Der Ehrenakzeptant muss sich den Protest mangels Annahme gegen Erstattung der Kosten aushändigen und in einem Anhange zu demselben die Ehrenannahme bemerken lassen.
Er muss den Honoraten unter Übersendung des Protestes von der geschehenen Intervention benachrichtigen und diese Benachrichtigung mit dem Proteste innerhalb zweier Tage nach dem Tage der Protesterhebung zur Post geben.
Unterlässt er dieses, so haftet er für den durch die Unterlassung entstehenden Schaden.
777. Wenn der Ehrenakzeptant unterlassen hat, in seinem Akzepte zu bemerken, zu wessen Ehren die Annahme geschieht, so wird der Aussteller als Honorat angesehen.
778. Der Ehrenakzeptant wird den sämtlichen Nachmännern des Honoraten durch die Annahme wechselmäßig verpflichtet.
Diese Verpflichtung erlischt, wenn dem Ehrenakzeptanten der Wechsel nicht spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstage zur Zahlung vorgelegt wird.
Die rechtzeitige Vorlegung kann nur durch Protest festgestellt werden.
779. Wenn der Wechsel von einer Notadresse oder einem andern Intervenienten zu Ehren angenommen wird, so haben der Inhaber und die Nachmänner des Honoraten keinen Regress auf Sicherstellung.
Derselbe kann aber von dem Honoraten und dessen Vormännern geltend gemacht werden.
Ehrenzahlung.
780. Befinden sich auf dem von dem Bezogenen nicht eingelösten Wechsel oder der Kopie Notadressen oder ein Ehrenakzept, welche auf den Zahlungsort lauten, so muss der Inhaber den Wechsel spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstag den sämtlichen Notadressen und dem Ehrenakzeptanten zur Zahlung vorlegen und den Erfolg im Proteste mangels Zahlung oder in einem Anhange zu demselben bemerken lassen.
Unterlässt er dieses, so verliert er den Regress gegen den Adressanten oder Honoraten und deren Nachmänner.
Weist der Inhaber die von einem andern Intervenienten angebotene Ehrenzahlung zurück, so verliert er den Regress gegen die Nachmänner des Honoraten.
781. Der Ehrenzahler muss sich den Wechsel und den Protest mangels Zahlung gegen Erstattung der Kosten aushändigen lassen. Er muss den Honoraten unter Übersendung des Protestes vom der geschehenen Ehrenzahlung benachrichtigen und diese Benachrichtigung mit dem Proteste binnen zwei Tagen nach dem Tage der Protesterhebung zur Post geben. Unterlässt er dieses, so haftet er für den durch die Unterlassung entstehenden Schaden.
Der Ehrenzahler tritt durch die Ehrenzahlung in die Rechte des Inhabers gegen den Honoraten, dessen Vormänner und den Akzeptanten.
782. Unter Mehreren, welche sich zur Ehrenzahlung erbieten, gebührt Demjenigen der Vorzug, durch dessen Zahlung die meisten Wechselverpflichteten befreit werden.
Ein Intervenient, welcher zahlt, obgleich aus dem Wechsel oder Proteste ersichtlich ist, dass ein Anderer, dem er hienach nachstehen müsste, den Wechsel einzulösen bereit war, hat keinen Regress gegen diejenigen Indossanten, welche durch Leistung der von dem Andern angebotenen Zahlung befreit worden wären.
XI. Vervielfältigung eines Wechsels.
Wechselduplikate.
783. Der Aussteller eines gezogenen Wechsels ist verpflichtet, dem Wechselnehmer auf Verlangen mehrere gleichlautende Exemplare des Wechsels zu überliefern.
Dieselben müssen im Kontexte als Prima, Sekunda, Tertia usw. bezeichnet sein, widrigenfalls jedes Exemplar als ein für sich bestehender Wechsel (Sola-Wechsel) erachtet wird.
Auch ein Indossatar kann ein Duplikat des Wechsels verlangen.
Er muss sich dieserhalb an seinen unmittelbaren Vormann wenden, welcher wieder an seinen Vormann zurückgehen muss, bis die Anforderung an den Aussteller gelangt.
Jeder Indossatar kann von seinem Vormanne verlangen, dass die früheren Indossamente auf dem Duplikate wiederholt werden.
784. Ist von mehreren ausgefertigten Exemplaren das eine bezahlt, so verlieren dadurch die andern ihre Kraft.
Jedoch bleiben aus den übrigen Exemplaren verhaftet:
1. der Indossant, welcher mehrere Exemplare desselben Wechsels an verschiedene Personen indossiert hat, und alle späteren Indossanten, deren Unterschriften sich auf den bei der Zahlung nicht zurückgegebenen Exemplaren befinden, aus ihren Indossamenten;
2. der Akzeptant, welcher mehrere Exemplare desselben Wechsels akzeptiert hat, aus den Akzepten auf den bei der Zahlung nicht zurückgegebenen Exemplaren.
785. Wer eines von mehreren Exemplaren eines Wechsels zur Annahme versandt hat, muss auf den übrigen Exemplaren bemerken, bei wem das von ihm zur Annahme versandte Exemplar anzutreffen ist.
Das Unterlassen dieser Bemerkung entzieht jedoch dem Wechsel nicht die Wechselkraft.
Der Verwahrer des zum Akzepte versandten Exemplares ist verpflichtet, dasselbe demjenigen auszuliefern, der sich als Indossatar oder auf andere Weise zur Empfangnahme legitimiert.
786. Der Inhaber eines Duplikates, auf welchem angegeben ist, bei wem das zum Akzepte versandte Exemplar sich befindet, kann mangels Annahme desselben den Regress auf Sicherstellung und mangels Zahlung den Regress auf Zahlung nicht eher nehmen, als bis er durch Protest hat feststellen lassen:
1. dass das zum Akzepte versandte Exemplar ihm vom Verwahrer nicht verabfolgt worden ist;
2. dass auch auf das Duplikat die Annahme oder die Zahlung nicht zu erlangen gewesen.
Wechselkopien.
787. Wechselkopien müssen eine Abschrift des Wechsels und der darauf befindlichen Indossamente und Vermerke enthalten und mit der Erklärung: „bis hieher Abschrift
(Kopie)“ oder mit einer ähnlichen Bezeichnung versehen sein.
In der Kopie ist zu bemerken, bei wem das zur Annahme versandte oder in Verwahrung gegebene Original des Wechsels anzutreffen ist.
Das Unterlassen dieses Vermerkes entzieht jedoch der indossierten Kopie nicht ihre wechselmäßige Kraft.
788. Jedes auf einer Kopie befindliche Original-Indossament verpflichtet den Indossanten ebenso, als wenn es auf einem Originalwechsel stünde.
789. Der Verwahrer des Originalwechsels ist verpflichtet, denselben dem Besitzer einer mit einem oder mehreren Original-Indossamenten versehenen Kopie auszuliefern, sofern sich derselbe als Indossatar oder auf andere Weise zur Empfangnahme legitimiert.
Wird der Originalwechsel vom Verwahrer nicht ausgeliefert, so ist der Inhaber der Wechselkopie nur nach Aufnahme des im Art. 786, Ziffer l, erwähnten Protestes Regress auf Sicherstellung und nach Eintritt des in der Kopie angegebenen Verfalltages Regress auf Zahlung gegen diejenigen Indossanten zu nehmen berechtigt, deren Original-Indossamente auf der Kopie befindlich sind.
XII. Abhanden gekommene Wechsel.
790. Der nach den Bestimmungen des Art. 755 legitimierte Besitzer eines Wechsels kann nur dann zur Herausgabe des Wechsels, beziehungsweise des Betrages, welchen er durch Einkassierung oder Weiterbegebung empfangen hat, angehalten werden, wenn er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm bei der Erwerbung des Wechsels eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.
791. Derjenige, welchem ein Wechsel abhanden gekommen ist, kann bei dem zuständigen Richter beantragen, dass dem Bezogenen die Bezahlung des Wechsels untersagt und derselbe ermächtigt werde, am Verfalltage, den Betrag bei Gericht oder bei einer andern zur Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt zu hinterlegen.
792. Ist der neue Erwerber des Wechsels bekannt, so hat der Antragende gegen ihn binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist die Klage auf Herausgabe des Wechsels zu erheben, widrigenfalls das an den Bezogenen erlassene Verbot aufgehoben wird.
793. Ist der Inhaber des Wechsels unbekannt, so tritt das Amortisationsverfahren ein.
794. Wer die Amortisation begehrt, muss eine Abschrift des Wechsels beibringen oder den wesentlichen Inhalt desselben angeben, sowie den Besitz und Verlust glaubhaft machen.
795. Hierauf wird der Richter durch öffentliche Bekanntmachung den unbekannten Inhaber auffordern, binnen einer zu bestimmenden Frist den Wechsel vorzulegen, bei Vermeidung der Amortisation.
796. Die Anmeldungsfrist ist auf mindestens drei Monate und höchstens ein Jahr zu bestimmen.
Bei verfallenen Wechseln ist die Frist von dem Tage an, unter welchem die erste Aufforderung erscheint, bei noch nicht verfallenen Wechseln erst von der Verfallzeit an zu berechnen.
Eine kürzere Frist als drei Monate ist bei verfallenen Wechseln zulässig, wenn und soweit die Verjährung schon früher eintreten würde.
797. Die Aufforderung muss dreimal in dem Handelsamtsblatte bekannt gemacht werden.
Es ist in das Ermessen des Richters gestellt, noch in anderer Weise für angemessene Veröffentlichung eines Amortisationsbegehrens zu sorgen.
798. Wenn innerhalb der bestimmten Frist der Wechsel dem Gerichte nicht vorgelegt worden ist, so wird derselbe als kraftlos erklärt.
799. War der Wechsel akzeptiert, so kann der Richter, bei welchem das Amortisationsverfahren eingeleitet ist, dem Akzeptanten schon vor der Amortisationserklärung die Deposition und gegen Sicherheitsstellung sogar die Zahlung des Wechselbetrages auferlegen.
800. Wird der Wechsel, ehe die Amortisation ausgesprochen worden ist, vorgelegt, so ist dem Beantragenden eine angemessene Frist zur Anhebung der Klage auf Herausgabe des Wechsels zu setzen. Wird diese Frist versäumt, so ist der vorgelegte Wechsel dem neuen Erwerber zurückzugeben und das an den Bezogenen erlassene Zahlungsverbot aufzuheben.
XIII. Fälschungen und Veränderungen.
801. Falsche oder gefälschte Unterschriften auf einem Wechsel sind ohne Einfluss auf die Wechselkraft der darauf befindlichen echten Unterschriften.
802. Ist der Inhalt eines Wechsels (Summe, Verfallzeit usw.) nach der Ausstellung und Begebung verändert worden, so haften alle diejenigen, welche den Wechsel erst nach der Veränderung als Wechselschuldner (Indossanten, Akzeptanten, Ehrenakzeptanten, Mitzeichner) gezeichnet haben, in Gemäßheit des veränderten Inhalts wechselmäßig.
Ist nicht erweislich, ob die Zeichnung vor oder nach der Veränderung stattgefunden habe, so wird angenommen, dass sie schon vor derselben erfolgt sei.
XIV. Wechselverjährung.
803. Der wechselmäßige Anspruch gegen den Akzeptanten verjährt in drei Jahren, vom Verfalltage des Wechsels an gerechnet.
Ist der Wechsel prolongiert worden, so wird die Verjährungsfrist von dem Tage der abgelaufenen Prolongation an berechnet.
804. Die Regressansprüche des Inhabers gegen den Aussteller und die übrigen Vormänner verjähren:
1. in einem Monate, wenn der Wechsel in der Schweiz zahlbar war;
2. in drei Monaten, wenn der Wechsel in Europa mit Ausnahme von Island und den Faröern, in den Küstenländern von Asien und Afrika längs des Mittelländischen und Schwarzen Meeres oder in den dazu gehörigen Inseln zahlbar war;
3. in zwölf Monaten, wenn der Wechsel in einem andern außereuropäischen Lande oder in Island oder den Faröern zahlbar war.
Die Verjährung beginnt gegen den Inhaber mit dem Tage des erhobenen Protestes.
805. Die Regressansprüche des Indossanten gegen den Aussteller und die übrigen Vormänner verjähren:
1. in einem Monate, wenn der Regressnehmer in der Schweiz wohnt;
2. in drei Monaten, wenn der Regressnehmer in Europa mit Ausnahme von Island und den Faröern, in den Küstenländern von Asien und Afrika längs des Mittelländischen und Schwarzen Meeres oder in den dazu gehörigen Inseln wohnt;
3. in zwölf Monaten, wenn der Regressnehmer in einem andern außereuropäischen Lande oder in Island oder den Faröern wohnt.
Gegen den Indossanten läuft die Frist von dem Zeitpunkte an, wo er den Wechsel eingelöst oder im Regresswege zurückerhalten hat, wenn aber gegen ihn Klage oder Schuldbetreibung angehoben worden ist, schon von dem Zeitpunkte an, wo ihm die Vorladung oder der Schuldbetreibungsakt zugestellt worden ist.
806. Die Verjährung wird nur durch Anhebung der Betreibung oder der Klage oder durch Eingabe im Konkurs unterbrochen und nur in Beziehung auf denjenigen, gegen welchen die Geltendmachung gerichtet ist. Jedoch vertritt in dieser Hinsicht die von dem Verklagten oder Betriebenen geschehene Streitverkündung die Stelle der Klage oder Betreibung.
807. Mit der Unterbrechung der Wechselverjährung beginnt eine neue dreijährige Verjährung.
XV. Klagerecht des Wechselgläubigers.
808. Die wechselmäßige Verpflichtung trifft den Aussteller, Akzeptanten und Indossanten des Wechsels, sowie einen jeden, welcher den Wechsel, die Wechselkopie, das Akzept oder das Indossament mitunterzeichnet hat, selbst dann, wenn er sich dabei nur als Bürge (per aval) benannt hat.
Die Verpflichtung dieser Personen erstreckt sich auf alles, was der Wechselinhaber wegen Nichterfüllung der Wechselverbindlichkeit zu fordern hat.
Der Wechselinhaber kann sich wegen seiner ganzen Forderung an jeden Einzelnen halten; es steht in seiner Wahl, welchen Wechselverpflichteten er zuerst in Anspruch nehmen will.
809. Die Regressansprüche eines Mitunterzeichners, welcher sich als Bürge bezeichnet hat, gegen denjenigen, für welchen er sich verbürgt hat, sowie gegen allfällige Mitbürgen sind nach den Bestimmungen über Bürgschaft zu beurteilen.
810. Sind Regress pflichtige in Konkurs geraten, so ist der Regressnehmer berechtigt, bei jeder Konkursmasse seine ganze Forderung an Kapital, Zinsen, Auslagen usw. geltend zu machen.
Solange der Gesamtbetrag der Summen, welche aus den Massen verteilt werden, den Betrag der Forderung des Regressnehmers nicht übersteigt, haben die einzelnen Konkursmassen wegen der geleisteten Teilzahlungen keinen Regress gegeneinander.
Ergeben die Teilzahlungen zusammen einen Überschuss, so fällt derselbe nach der Reihenfolge der Regresspflichtigen vom letzten Indossanten an gerechnet an die Massen, welche Teilzahlungen geleistet haben, bis zum Betrag der Teilzahlungen.
Der Wechsel, der Protest, die Retourrechnung und sonstigen Belege sind der Masse des letzten Indossanten, durch dessen Teilzahlung die vollständige Befriedigung des Wechselgläubigers bewirkt wurde, zum Zwecke des Rückgriffes gegen dessen Vormänner und den allfälligen Akzeptanten herauszugeben.
811. Der Wechselschuldner kann sich nur solcher Einreden bedienen, welche aus dem Wechselrecht selbst hervorgehen oder ihm unmittelbar gegen den jedesmaligen Kläger zustehen.
812. Bei allen nach Artikel 811 zulässigen Einreden soll der Richter, wenn ihm die vorgebrachten Tatsachen unglaubhaft erscheinen, sofortige vorläufige Exekution, nötigenfalls unter Kautionsauflage, verfügen.
813. Durch Verjährung oder durch Nichtbeobachtung einer zur Erhaltung des Wechselrechtes vorgeschriebenen Frist oder Formalität erlöschen die wechselrechtlichen Verbindlichkeiten aus dem Wechsel selbst dann, wenn die Verjährung oder Versäumnis durch höhere Gewalt oder sonst ohne eigenes Verschulden des Wechselgläubigers herbeigeführt worden ist.
Der Akzeptant und der Aussteller bleiben jedoch auch nach ihrer Befreiung durch Verjährung oder Versäumnis dem Wechseleigentümer im gewöhnlichen Prozesse insoweit verpflichtet, als sie sich mit dessen Schaden bereichern würden.
Auch gegen den Trassaten, den Domiziliaten oder denjenigen, für dessen Rechnung der Aussteller den Wechsel gezogen hat, ist ein solcher Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung zulässig.
XVI. Protest.
814. Jeder Protest muss durch einen Notar oder eine andere obrigkeitlich dazu ermächtigte Person aufgenommen werden. Der Zuziehung von Zeugen oder eines Protokollführers bedarf es dabei nicht.
815. Der Protest muss enthalten:
1. eine wörtliche Abschrift des Wechsels oder der Kopie und aller darauf befindlichen Indossamente und Bemerkungen;
2. den Namen oder die Firma der Personen, für welche und gegen welche der Protest erhoben wird;
3. die an die Person, gegen welche protestiert wird, gestellte Aufforderung, ihre Antwort oder die Bemerkung, dass sie keine gegeben habe oder nicht anzutreffen gewesen sei;
4. die Angabe des Ortes, sowie des Kalendertages, Monates und Jahres, an welchem die vorerwähnte Aufforderung geschehen oder ohne Erfolg versucht worden ist;
5. im Falle einer Ehrenannahme oder einer Ehrenzahlung die Erwähnung, von wem, für wen und wie sie angeboten und geleistet wird;
6. die Unterschrift desjenigen, welcher den Protest verfasst hat.
816. Muss eine wechselrechtliche Leistung von mehreren Personen verlangt werden, so ist über die mehrfache Aufforderung nur eine Protesturkunde erforderlich.
817. Die Proteste sind ihrem ganzen Inhalte nach Tag für Tag und nach Ordnung des Datums in ein besonderes Register einzutragen, das von Blatt zu Blatt mit fortlaufenden Zahlen versehen ist.
XVII. Ort und Zeit der Präsentation und anderer Handlungen.
818. Die Präsentation zur Annahme oder Zahlung, die Protesterhebung, die Abforderung eines Wechselduplikates, sowie alle sonstigen bei einer bestimmten Person vorzunehmenden Akte müssen in deren Geschäftslokal oder in Ermangelung eines solchen in deren Wohnung vorgenommen werden.
An einem anderen Orte, z. B. an der Börse, kann dieses nur mit beiderseitigem Einverständnisse geschehen.
Dass das Geschäftslokal oder die Wohnung nicht zu ermitteln sei, ist erst dann als festgestellt anzunehmen, wenn auch eine dieserhalb bei der Polizeibehörde oder der Poststelle des Ortes geschehene Nachfrage der Person, welche den Protest verfasst, fruchtlos geblieben ist, was im Proteste bemerkt werden muss.
819. Verfällt der Wechsel an einem Sonntage oder einem staatlich anerkannten Feiertage, so ist der nächste Werktag der Zahlungstag.
Auch die Herausgabe eines Wechselduplikates, die Erklärung über die Annahme, sowie jede andere Handlung, können nur an einem Werktage gefordert werden.
Fällt der Zeitpunkt, in welchem die Vornahme einer der vorstehenden Handlungen spätestens gefordert werden musste, auf einen Sonntag oder staatlich anerkannten Feiertag, so muss diese Handlung am nächsten Werktage gefordert werden.
Dieselbe Bestimmung findet auch auf die Protesterhebung Anwendung.
XVIII. Mangelhafte Unterschriften.
820. Wechselerklärungen, welche statt des Namens mit Kreuzen oder anderen Zeichen vollzogen sind, haben selbst dann, wenn diese Zeichen amtlich oder notarialisch beglaubigt worden, keine Wechselkraft.
821. Wer eine Wechselerklärung als Bevollmächtigter eines Anderen unterzeichnet, ohne dazu Vollmacht zu haben, haftet persönlich in gleicher Weise, wie der angebliche Vollmachtgeber gehaftet haben würde, wenn die Vollmacht erteilt gewesen wäre. Dasselbe gilt von Vormündern und anderen Vertretern, welche mit Überschreitung ihrer Befugnisse Wechselerklärungen ausstellen.
XIX. Ausländische Gesetzgebung.
822. Die Fähigkeit von Ausländern, wechselmäßige Verpflichtungen zu übernehmen, richtet sich nach dem Rechte des Staates, dem sie angehören.
Wenn jedoch ein nach dem Rechte seines Landes nicht wechselfähiger Ausländer in der Schweiz Wechselverbindlichkeiten eingeht, so wird er verpflichtet, insofern er nach dem schweizerischen Gesetze wechselfähig wäre.
Für die Wechselfähigkeit von Schweizern, seien sie im Inlande oder Auslande wohnhaft, gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes.
823. Die wesentlichen Erfordernisse eines im Auslande ausgestellten Wechsels, sowie jeder andern im Auslande ausgestellten Wechselerklärung, werden nach den Gesetzen des Ortes beurteilt, an welchem die Erklärung erfolgt ist.
Entsprechen jedoch die im Auslande geschehenen Wechselerklärungen den Anforderungen des schweizerischen Gesetzes, so kann daraus, dass sie nach ausländischen Gesetzen mangelhaft sind, kein Einwand gegen die Rechtsverbindlichkeit der später in der Schweiz auf den Wechsel gesetzten Erklärungen entnommen werden.
Ebenso haben Wechselerklärungen, wodurch sich ein Schweizer einem andern Schweizer im Auslande verpflichtet, Wechselkraft, wenn sie auch nur den Anforderungen der schweizerischen Gesetzgebung entsprechen.
824. Über die Form der mit einem Wechsel an einem ausländischen Platze zur Ausübung oder Erhaltung des Wechselrechtes vorzunehmenden Handlungen entscheidet das dort geltende Recht.
XX. Der eigene Wechsel.
825. Die wesentlichen Erfordernisse eines eigenen (trockenen) Wechsels sind:
1. die in den Wechsel selbst aufzunehmende Bezeichnung als Wechsel (de change, cambio);
2. die Angabe der zu zahlenden Geldsumme, im Kontexte mit Buchstaben geschrieben;
3. der Name der Person oder die Firma, an welche oder an deren Ordre der Aussteller Zahlung leisten will;
4. die Bestimmung der Zeit, zu welcher gezahlt werden soll, nach Maßgabe des Artikels 722, Ziffer 4;
5. die Unterschrift des Ausstellers mit seinem Namen oder seiner Firma;
6. die Angabe des Ortes, Monatstages und Jahres der Ausstellung.
826. Der Ort der Ausstellung gilt für den eigenen Wechsel, insofern nicht ein besonderer Zahlungsort angegeben ist, als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Ausstellers.
827. Nachstehende in diesem Gesetze für gezogene Wechsel gegebene Vorschriften gelten auch für eigene Wechsel:
1. die Artikel 720 und 721 über die Wechselfähigkeit;
2. die Artikel 723 und 725 über die Form des Wechsels;
3. die Artikel 727 bis 735 über das Indossament;
4. die Artikel 737 und 738 über die Präsentation der Wechsel auf eine Zeit nach Sicht mit der Maßgabe, dass der Wechsel dem Aussteller zur Beurkundung des Datums der Vorzeigung (Sicht) zu präsentieren ist und dass durch Versäumnis der Präsentationsfrist nicht der Aussteller, sondern nur die Indossanten befreit werden;
5. der Artikel 748 über den Sicherheitsregress mit der Maßgabe, dass derselbe im Falle der Unsicherheit des Ausstellers stattfindet und dass der Aussteller selbst nur in dem in Artikel 748, Ziffer 3, erwähnten Falle auf Sicherheitsbestellung gerichtlich belangt oder betrieben werden kann;
6. die Artikel 749 bis 761 über die Zahlung und die Befugnis zur Deposition des fälligen Wechselbetrages mit der Maßgabe, dass letztere durch den Aussteller geschehen kann und dass im Falle der Versäumnis der im Artikel 750 erwähnten Präsentationsfrist nur die Indossanten befreit werden, der Aussteller selbst dagegen noch während der vom Ablaufe der Präsentationsfrist an zu berechnenden Verjährungszeit behaftet bleibt;
7. die Artikel 762 und 763, sowie die Artikel 766 bis 773 über den Regress mangels Zahlung gegen die Indossanten;
8. die Artikel 774, Absatz 2, 775 und 778 bis 782 über Ehrenannahme und Ehrenzahlung mit der Maßgabe, dass der Inhaber die Ehrenannahme eines Notadressaten nur im Falle der Unsicherheit des Ausstellers anzunehmen braucht und dass in Ermangelung einer Benennung des Honoraten bei der Ehrenakzeptation eines indossierten Eigenwechsels der erste Indossant
als Honorat anzusehen ist;
9. die Artikel 787 bis 789 über die Kopien;
10. die Artikel 790 bis 802 über abhanden gekommene, falsche und veränderte Wechsel mit der Maßgabe, dass im Falle des Artikels 799 die Deposition und Zahlung durch den Aussteller erfolgen muss;
11. die Artikel 804 bis 812, und 814 bis 824 über die allgemeinen Grundsätze der Wechselverjährung, die Verjährung der Regressansprüche gegen die Indossanten, das Klagerecht des Wechselgläubigers, den Protest, den Ort und die Zeit für die Präsentation und andere im Wechselverkehre vorkommende Handlungen, sowie über mangelhafte Unterschriften und die ausländische Gesetzgebung;
12. der Artikel 813 mit der Maßgabe, dass bei indossierten Eigenwechseln nicht bloß der Aussteller, sondern auch der erste Indossant im gewöhnlichen Prozesse dem Wechselinhaber insoweit verbindlich bleibt, als er sich mit dessen Schaden bereichern würde.
828. Eigene domizilierte Wechsel sind dem Domiziliaten oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, dem Aussteller selbst an demjenigen Orte, wohin der Wechsel domiziliert ist, zur Zahlung au präsentieren und, wenn die Zahlung unterbleibt, dort zu protestieren.
Wird die rechtzeitige Protesterhebung bei einem vom Aussteller verschiedenen Domiziliaten verabsäumt, so geht dadurch der wechselmäßige Anspruch nicht nur gegen die Indossanten, sondern auch gegen den Aussteller verloren.
Mit Ausnahme dieses Falles bedarf es zur Erhaltung des Wechselrechtes gegen den Aussteller weder der Präsentation am Zahlungstage noch der Erhebung eines Protestes.
829. Der wechselmäßige Anspruch gegen den Aussteller eines eigenen Wechsels verjährt in drei Jahren, vom Verfalltage des Wechsels an gerechnet.
Ist der Wechsel prolongiert worden, so wird die Verjährungsfrist vom Tage der abgelaufenen Prolongation an berechnet
Dreißigster Titel.
Der Check.
830. Die wesentlichen Erfordernisse eines Check sind:
1. die Bezeichnung als „Check“;
2. die mit Worten auszusetzende Angabe der Geldsumme;
3. die Unterschrift des Ausstellers mit seinem Namen oder seiner Firma;
4. die Angabe des Ortes, des Jahres und des Monatstages der Ausstellung, letzterer mit Worten ausgedrückt;
5. der Name der Person oder der Firma, welche die Zahlung leisten soll (des Bezogenen);
6. die Angabe des Ortes, wo die Zahlung geschehen soll; der bei dem Namen oder der Firma des Bezogenen angegebene Ort gilt für den Check als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Bezogenen.
831. Ein Check darf nur ausgestellt werden, wenn der Aussteller über den angewiesenen Betrag bei dem Bezogenen sofort zu verfügen das Recht hat.
832. Die Ausstellung des Check kann an den Inhaber, an eine bestimmte Person oder an deren Ordre geschehen.
Ist niemand genannt, an den bezahlt werden soll, so wird Ausstellung auf den Inhaber angenommen.
833. Der Check ist auch dann auf Sicht zahlbar, wenn er eine andere oder keine Bestimmung über die Verfallzeit enthält.
834. Die Präsentation zur Annahme und die Annahme finden bei dem Check nicht statt.
Die Frist für Präsentation zur Zahlung beträgt bei dem Check, welcher am Ausstellungsort zahlbar ist, fünf Tage, bei einem solchen, welcher an einem andern Orte zahlbar ist, acht Tage.
835. Wird der Check innerhalb der vorgenannten Frist nicht präsentiert, so erlischt das Regressrecht gegen die Indossanten und auch gegen den Aussteller, insofern letzterer durch die nicht erfolgte Präsentation dem Bezogenen gegenüber in Verlust gekommen ist.
836. Die Bestimmungen über den gezogenen Wechsel gelten, soweit sie mit denjenigen dieses Titels nicht in Widerspruch stehen, auch für den Check.
837. Wer einen Check ausstellt, ohne bei dem Bezogenen für den angewiesenen Betrag Deckung zu besitzen, hat dem Inhaber des Check außer dem verursachten Schaden fünf Prozent der angewiesenen Summe zu vergüten.
Einunddreißigster Titel.
Wechselähnliche und andere Ordre-Papiere.
I. Wechselähnliche Papiere.
838. Zahlungsversprechen, welche nicht im Kontexte als Wechsel bezeichnet sind, aber ausdrücklich an Ordre lauten und im übrigen den im Artikel 825 vorgeschriebenen Erfordernissen des Eigenwechsels entsprechen (billets à ordre), stehen, soweit nicht die Artikel 840 und 842 eine Ausnahme feststellen, den eigenen Wechseln gleich.
839. Anweisungen, welche weder im Kontexte als Wechsel noch als Checks bezeichnet sind, aber ausdrücklich an Ordre lauten und im übrigen den im Artikel 722 vorgeschriebenen Erfordernissen des gezogenen Wechsels entsprechen, stehen bis auf die in Artikel 841 und 842 genannten Ausnahmen den gezogenen Wechseln gleich.
840. Auf die im Artikel 838 bezeichneten Zahlungsversprechen an Ordre (billets à ordre) sind die nach Maßgabe der Ziffer 5 und 8 des Artikels 827 für Eigenwechsel geltenden Bestimmungen über den Sicherheitsregress, die Ehrenannahme und die Ehrenzahlung nicht anwendbar.
841. Die in Artikel 839 bezeichneten Anweisungen an Ordre werden nicht zur Annahme präsentiert. Geschieht es, so ist der zur Zahlung Angewiesene nicht verpflichtet, sich über Annahme oder Verweigerung derselben zu erklären, und der Inhaber nicht berechtigt, wegen Verweigerung der Annahme oder einer Erklärung darüber Protest erheben zu lassen und Regress zu nehmen.
Wird eine solche Anweisung an Ordre freiwillig akzeptiert, so entsteht für den Akzeptanten die gleiche Verbindlichkeit, wie aus der Annahme eines gezogenen Wechsels. Es können jedoch weder vom ersten Erwerber noch von irgend einem Indossatar die im Artikel 748 normierten Befugnisse geltend gemacht werden.
842. Die Bestimmungen des Artikels 812 dieses Gesetzes, sowie die in anderen eidgenössischen oder kantonalen Gesetzen für Wechselexekution und Wechselprozess enthaltenen besonderen Vorschriften finden bei der Geltendmachung der Forderungen aus den das Wort „Wechsel“ oder „Check“ nicht enthaltenden Urkunden keine Anwendung.
II. Andere indossable Papiere.
843. Urkunden, in welchen der Zeichner sich verpflichtet, nach Ort, Zeit und Summe bestimmte Geldzahlungen zu leisten oder ebenso bestimmte Quantitäten vertretbarer Sachen zu liefern, können, wenn sie ausdrücklich an Ordre lauten, durch Indossament übertragen werden.
Der Verpflichtete kann sich nur solcher Einreden bedienen, welche ihm nach dem Inhalte der Urkunde oder unmittelbar gegen den jedesmaligen Kläger zustehen.
Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung des quittierten Ordre-Papieres zur Erfüllung verpflichtet.
844. Für die im vorigen Artikel erwähnten Ordre-Papiere, sowie für andere indossable Papiere (Lagerscheine, Warrants, Ladescheine usw.), kommen in betreff der Form des Indossamentes, der Legitimation des Inhabers, der Amortisation, sowie in betreff der Verpflichtung des Besitzers zur Herausgabe die für Wechsel geltenden Bestimmungen zur Anwendung.
Für Amortisation indossabler Aktien kommen jedoch, sofern die Statuten der Gesellschaft kein besonderes Verfahren vorschreiben, die Bestimmungen über Inhaberpapiere zur Anwendung.
845. Die Bestimmungen über den Wechselregress kommen bei Ordre- oder anderen indossablen Papieren, welche nicht den Erfordernissen für Wechsel, Check oder wechselähnliche Ordre-Papiere entsprechen, nicht zur Anwendung.
Vorbehalten bleiben Bestimmungen der Kantonalgesetze über Regress bei Warrants.
Zweiunddreißigster Titel.
Inhaberpapiere.
846. Ist in einer Urkunde eine Leistung an den Inhaber versprochen, so gilt dieser als forderungsberechtigt.
Der Schuldner darf jedoch nicht mehr bezahlen, wenn
ein gerichtliches oder polizeiliches Zahlungsverbot an ihn erlassen worden ist.
847. Der Schuldner kann der Forderung aus einem Inhaberpapiere nur solche Einreden entgegensetzen, welche gegen die Gültigkeit der Urkunde gerichtet sind oder aus der Urkunde selbst hervorgehen.
848. Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Erfüllung an den Inhaber verpflichtet, es sei denn die Urkunde amortisiert.
849. Bei Inhaberpapieren, welche mit Couponsbogen oder Talons (Bezugscheine für Couponsbogen) versehen sind oder den Inhaber der Urkunde selbst zum Bezuge von wiederkehrenden Leistungen (Zinsen, Dividenden, Renten, Ratenzahlungen) berechtigen, findet das Amortisationsverfahren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen statt.
850. Der Gesuchsteller hat den Besitz und Verlust des Papieres dem Richter des Wohnsitzes des Schuldners glaubhaft zu machen.
Ist dem Inhaber eines mit Couponsbogen oder Talon versehenen Papieres bloß der Couponsbogen oder Talon abhanden gekommen, so genügt zur Begründung des Amortisationsantrages die Vorzeigung der Haupturkunde.
851. Erachtet der Richter die Darstellung über den Besitz und Verlust des Papieres für glaubhaft, so fordert er durch öffentliche Bekanntmachung den unbekannten Inhaber auf, das Papier binnen einer Frist von mindestens drei Jahren, vom Tage der ersten Bekanntmachung an gerechnet, vorzulegen, widrigenfalls die Amortisation ausgesprochen werde.
Dem Schuldner des Papieres kann auf Verlangen des Antragstellers die Einlösung bei Vermeidung nochmaliger Zahlung untersagt werden.
Handelt es sich um die Amortisation von Couponsbogen, so findet in bezug auf die während des Verfahrens verfallenden einzelnen Coupons die Bestimmung des Artikels 857 entsprechende Anwendung.
852. Die Aufforderung zur Anmeldung muss dreimal durch das Handelsamtsblatt bekannt gemacht werden.
Es ist in das Ermessen des Richters gestellt, noch in anderer Weise für angemessene Veröffentlichung eines Amortisationsbegehrens zu sorgen.
853. Wird das abhanden gekommene Inhaberpapier infolge der Ausschreibung vorgelegt, so ist demjenigen, welcher die Amortisation beantragt hatte, eine angemessene Frist zur Prüfung der Identität und Echtheit der vorgelegten Urkunde, sowie zur Stellung sachbezüglicher Anträge, namentlich auf provisorische Verfügungen im, Interesse eines von ihm einzuleitenden Vindikationsprozesses oder Strafverfahrens anzusetzen.
Werden innerhalb dieser Frist keinerlei Anträge gestellt, durch welche sich der Richter zu weiteren Schritten veranlasst sieht, so ist die vorgelegte Urkunde zurückzugeben, das an den Aussteller erlassene Zahlungsverbot aufzuheben und das Amortisationsbegehren abzuweisen.
854. Wenn die in der öffentlichen Aufforderung angesetzte Frist abgelaufen ist, ohne dass innerhalb derselben die abhanden gekommene Urkunde vorgelegt wurde, so kann der Richter die Urkunde als kraftlos erklären oder je nach Umständen weitere Anordnungen treffen.
855. Die Amortisation einer Urkunde auf den Inhaber ist sofort durch das Handelsamtsblatt und nach Ermessen des Richters anderweitig zu veröffentlichen.
856. Nach erfolgter Amortisation ist der Gesuchsteller berechtigt, auf seine Kosten die Ausfertigung einer neuen Urkunde und je nach Umständen die Ausfertigung eines neuen Couponsbogens oder, sofern die Leistung bereits fällig ist, deren Erfüllung zu fordern.
857. Sind einzelne Coupons oder andere Inhaberpapiere, welche weder den Inhaber, selbst zum Empfange wiederkehrender Leistungen berechtigen noch auch mit Couponsbogen oder Talon versehen sind, abhanden gekommen, so kann der Richter des Wohnsitzes des Schuldners auf Antrag Desjenigen, der den Besitz und Verlust des Papieres glaubhaft zu machen vermag, verfügen, dass das Schuldobjekt nach Ablauf des Verfalltages oder, sofern das Papier bereits verfallen ist, sofort gerichtlich deponiert und nach Ablauf der Verjährungszeit, wenn sich auch dann noch kein Berechtigter zum Bezuge gemeldet haben sollte, an den Antragsteller herausgegeben werde.
858. Bei Banknoten und ähnlichen in größerer Anzahl emittierten, auf Sicht zahlbaren selbständigen Inhaberpapieren mit bestimmter Summe (Kassascheinen des Staates, der Gemeinden usw.) findet weder ein Amortisationsverfahren noch das in Art. 857 angeordnete Verfahren statt.
Dreiunddreißigster Titel.
Handelsregister. Geschäftsfirmen. Geschäftsbücher.
I. Handelsregister.
859. In jedem Kantone wird ein Handelsregister geführt, in welchem die in diesem oder anderen Gesetzen des Bundes vorgeschriebenen Eintragungen zu geschehen haben.
Die Kantonalgesetzgebung hat die Behörden zu bestimmen, welchen die Führung des Handelsregisters und die Aufsicht über dasselbe obliegt.
Es steht jedem Kantone frei, für einzelne Bezirke besondere Handelsregister und besondere Behörden für deren Führung und Beaufsichtigung einzuführen.
Der Bundesrat erlässt die Vorschriften über Einrichtung, Führung und Beaufsichtigung der Handelsregister, über das bei den Eintragungen zu beobachtende Verfahren, die zu entrichtenden Taxen und die Besehwerdeführung sowie über die Einrichtung des Handelsamtsblattes.
860. Wenn der zu einer Eintragung in das Handelsregister Verpflichtete dieselbe unterlässt, so hat er für den allfälligen Schaden, der durch die Unterlassung der Eintragung veranlasst wurde, einzustehen.
861. Wenn bezüglich einer Tatsache, deren Eintragung in das Handelsregister vorgeschrieben ist, eine Veränderung eintritt, so muss auch diese eingetragen werden.
Ist dieses geschehen, so kann ein Dritter, sofern die Eintragung ihm gegenüber nach Maßgabe des Art. 863 wirksam geworden, sich nicht auf Unkenntnis der Veränderung berufen.
Wurde dagegen die Eintragung unterlassen, so kann Derjenige, bei welchem die Veränderung eintrat, dieselbe einem Dritten nur insofern entgegenhalten, als er beweist, dass sie demselben ohnehin bekannt war.
862. Die Eintragungen in das Handelsregister sollen ihrem ganzen Inhalte nach ohne Verzug durch das Handelsamtsblatt bekannt gemacht werden.
Eine nur teilweise oder auszugsweise Bekanntmachung ist nur in den Fällen statthaft, wo dieses durch das Gesetz bestimmt wird.
Die Registerbehörde hat von Amts wegen für die Vollziehung dieser Vorschriften zu sorgen und gegen Verzögerungen einzuschreiten.
863. Die Eintragungen in das Handelsregister werden gegenüber dritten Personen in dem Zeitpunkte wirksam, in welchem sie durch die amtliche Bekanntmachung zur Kenntnis derselben gelangt sein können.
Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen, wonach unmittelbar mit der Eintragung selbst auch Dritten gegenüber Rechtswirkungen verbunden sind.
864. Wo das Gesetz die Beteiligten zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet, hat die Registerbehörde von Amts wegen gegen die Fehlbaren mit Ordnungsbußen im Betrage von 10 bis 500 Franken einzuschreiten.
Wenn eine zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtete Person oder Gesellschaft dieser Obliegenheit nicht nachkommt, so soll der Registerführer von Amts wegen oder auf Begehren eines Dritten die Eintragung vollziehen.
II. Geschäftsfirmen.
865. Wer sich durch Verträge verpflichten kann, hat das Recht, sich in das Handelsregister seines Wohnortes eintragen zu lassen.
Wer unter einer Firma ein Geschäft betreibt, ist befugt, dieselbe in das Handelsregister des Ortes, wo er seine Hauptniederlassung hat, eintragen zu lassen.
Hat er an einem anderen Orte eine Zweigniederlassung (Filiale, Succursale), so kann er an diesem Orte die Firma eintragen lassen, nachdem sie zuvor am Orte der Hauptniederlassung eingetragen worden ist.
Wer ein Handels-, Fabrikations- oder anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt, ist verpflichtet, sich am Orte seiner Hauptniederlassung in das Handelsregister eintragen zu lassen. Hat er an einem an deren Orte eine Zweigniederlassung, so ist auch an diesem die Eintragung vorzunehmen. Der Bundesrat trifft die erforderlichen Verfügungen, damit die Verpflichtung zur Eintragung in das Handelsregister überall gleichmäßig erfüllt werde.
866. Wenn das Geschäft, für welches eine Firma eingetragen ist, aufhört, so liegt dem bisherigen Inhaber oder, wenn er verstorben ist, seinen Erben ob, die Eintragung löschen zu lassen.
Geht das Geschäft auf eine andere Person über, so haben der bisherige Inhaber oder dessen Erben ebenso für die Löschung zu sorgen.
867. Wer ein Geschäft ohne Beteiligung eines Kollektivgesellschafters oder Kommanditärs betreibt, darf nur seinen Familiennamen (bürgerlichen Namen) mit oder ohne Vornamen als Firma führen.
Er darf der Firma keinen Zusatz beifügen, welcher ein Gesellschaftsverhältnis andeutet. Dagegen sind andere Zusätze gestattet, welche zu einer näheren Bezeichnung der Person oder des Geschäftes dienen.
868. Eine in dem Handelsregister eingetragene Firma darf an demselben Orte von keinem anderen als Firma benutzt werden, selbst dann nicht, wenn der neue Geschäftsinhaber denselben bürgerlichen Namen hat, mit welchem die ältere Firma bezeichnet wird. In einem solchen Falle hat jener seinem Namen in der Firma einen Zusatz beizufügen, durch welchen, dieselbe deutlich von der älteren Firma unterschieden wird.
869. Die Firma einer Kollektivgesellschaft muss, sofern in dieselbe nicht die Namen sämtlicher Gesellschafter aufgenommen sind, den Namen wenigstens eines der Gesellschafter mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusätze enthalten.
870. Die Firma einer Kommanditgesellschaft muss den Namen wenigstens eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusätze enthalten.
871. Die Namen anderer Personen als der unbeschränkt haftenden Gesellschafter dürfen in die Firma einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft nicht aufgenommen werden; auch darf eine Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft sich nicht als Aktiengesellschaft bezeichnen, selbst wenn das Gesellschaftskapital ganz oder teilweise in Aktien zerlegt ist.
872. Wenn eine Person, deren Namen in der Firma einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft enthalten ist, aufhört, Mitglied der Gesellschaft zu sein, so darf auch mit Einwilligung dieser Person oder ihrer Erben die bisherige Gesellschaftsfirma nicht beibehalten werden.
873. Aktiengesellschaften und Genossenschaften können ihre Firma frei wählen; nur muss sich dieselbe von jeder bereits eingetragenen Firma deutlich unterscheiden und darf keinen Namen einer bestimmten lebenden Person enthalten.
874. Auch der Erwerber oder Übernehmer eines bestehenden Geschäftes ist an die obigen Vorschriften über Führung einer Firma gebunden. Er kann jedoch, wenn der frühere Inhaber oder dessen Erben ausdrücklich oder tatsächlich dazu einwilligen, seiner Firma einen das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatz beifügen.
875. Die Registerbehörden sind verpflichtet, von Amts wegen die Beteiligten zur Beobachtung der vorstehenden Bestimmungen über Eintragung, Löschung und Änderung einer Firma anzuhalten.
876. Die Firma eines einzelnen Geschäftsinhabers oder einer Gesellschaft, welche gemäß den Vorschriften dieses Titels in das Handelsregister eingetragen und in dem Handelsamtsblatte veröffentlicht ist, steht dem Berechtigten zu ausschließlichem Gebrauche zu.
Wer durch den unbefugten Gebrauch einer Firma beeinträchtigt wird, kann den Unberechtigten auf Unterlassung der weiteren Führung der Firma und auf Schadenersatz belangen.
Der Bundesgesetzgebung bleibt vorbehalten, noch weitere Bestimmungen zum Schutze der an die Führung einer Firma sich anknüpfenden Verhältnisse aufzustellen.
III. Geschäftsbücher.
877. Wer verpflichtet ist, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen, ist auch zu ordnungsgemäßer Führung von Geschäftsbüchern verhalten, aus welchen die Vermögenslage des Geschäftsinhabers und die einzelnen mit dem Geschäftsbetriebe zusammenhängenden Schuld- und Forderungsverhältnisse ersehen werden können.
878. Wer zur Führung von Geschäftsbüchern verpflichtet ist, hat dieselben während zehn Jahren von dem Tage der letzten Eintragung an aufzubewahren.
Während derselben Zeitdauer, vom Tage ihres Einganges an berechnet, sind auch die empfangenen Geschäftsbriefe und Telegramme aufzubewahren.
879. Bei Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, welche aus dem Betriebe eines Geschäftes herrühren, können diejenigen, welche zur Führung von Geschäftsbüchern verpflichtet sind, zur Vorlegung derselben, sowie der empfangenen Geschäftsbriefe und Telegramme angehalten werden.
880. Strafbestimmungen wegen Verletzung der in Art. 877 und 878 enthaltenen Verpflichtungen bleiben der Kantonalgesetzgebung vorbehalten.
Übergangsbestimmungen.
I. Der Schlusstitel des schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 wird abgeändert wie folgt:
Die Art. 58 und 59 sind aufgehoben.
Die Art. 60 und 61 werden zu Art. 58 und 59.
Art. 62 wird zu Art. 60 und erhält folgende Fassung:
Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind die damit im Widerspruch stehenden zivilrechtlichen Bestimmungen des Bundes aufgehoben.
Insbesondere sind aufgehoben:
Das Bundesgesetz betreffend Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes und die Ehe vom 24. Dezember 1874.
Das Bundesgesetz betreffend die persönliche Handlungsfähigkeit vom 22. Juni 1881.
Das Bundesgesetz über das Obligationenrecht vom 14. Juni 1881.
In Geltung bleiben die Spezialgesetze betreffend das Eisenbahn-, Dampfschiff-, Post-, Telegraphen- und Telephonrecht, die Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen, diejenigen betreffend die Fabrikarbeit und die Haftbarkeit aus Fabrikbetrieb und aus andern Unternehmungen, sowie alle Bundesgesetze über Gegenstände des Obligationenrechts, die neben,
dem Bundesgesetz über das Obligationenrecht erlassen worden sind.
Art. 63, erster und zweiter Absatz, wird zu Art. 61.
II. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1912 in Kraft.
Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten.
Also beschlossen vom Nationalrate,
Bern, den 30. März 1911.
Der Präsident: J. Kuntschen.
Der Protokollführer: Schatzmann.
Also beschlossen vom Ständerate,
Bern, den 30. März 1911.
Der Präsident: J. Winiger.
Der Protokollführer: David.
Der schweizerische Bundesrat beschließt:
Das vorstehende Bundesgesetz ist zu veröffentlichen.
Bern, den 30. März 1911.
Im Namen des Schweiz(erischen) Bundesrates,
Der Bundespräsident:
Buchet.
Der Kanzler der Eidgenossenschaft:
Schatzmann.
Datum der Veröffentlichung: 5. April 1911.
Ablauf der Referendumsfrist: 4. Juli 1911.
Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des schweizerischen
Zivilgesetzbuches (Fünfter
Teil: Obligationenrecht). (Vom 30. März 1911.)
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Heft 14
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Datum 05. 04. 1911
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Seite 355-634
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