Hugo, Gustav, Institutionen des heutigen Römischen Rechts,
1789
(2)
(3) Vorrede
Ein Buch, wie das gegenwärtige, müßte schon wegen seines
Planes manchem scheinbaren und aufrichtigen Tadel ausgesetzt seyn, auch wenn es
in den Augen des Verfassers ganz vollendet, und diesem Plane ganz entsprechend
wäre. Wie viel weniger läßt sich also auf ausgebreiteten Beyfall bey diesem
ersten Versuche rechnen, der die Zeichen des ersten Versuchs so unverkennbar an
sich trägt, daß er gewiß nicht im Publicum erscheinen würde, wenn bey
öffentlichen Vorlesungen nicht jeder gedruckte Leitfaden viel besser wäre, als
gar keiner, und wenn ich nicht zuverlässig hoffte, durch künftige
Verbesserungen
(4) diesen ersten Versuch ganz vergessen zu machen.
Man wird gewiß über Neuerungen klagen, nicht sowohl in
einzelnen Sätzen, weil das Buch überhaupt wenig Detail enthält, als vielmehr in
der ganzen Art die Wissenschaft zu behandeln. Und es ist augenscheinlich, daß
diese von den gangbarsten juristischen Handbüchern sich merklich unterscheidet.
Indessen würde man sich doch sehr irren, wenn man alle diese Abweichungen für
meine Erfindung halten wollte. Ich weiß keine einzige von Belang, die ich
nicht, wenn es doch auf Autoritäten ankommen soll, mit dem Beyspiele alter und
neuer Rechtsgelehrten von erstem Range, oder mit der heutigen Behandlungsart
aller andern, dem Civilrechte noch so ähnlichen, Theile der Gelehrsamkeit
rechtfertigen kann.
Wer weiß es nicht, wie alt die Grundlage fast aller
civilistischen Lehrbücher für den ersten Unterricht ist, wie wenig sie für uns
paßt,
(5) wie äußerst zufällig wir dazu gekommen sind, wie oft man
schon über sie geklagt hat? In welcher andern Wissenschaft trägt man dem
Anfänger bey jeder Lehre alle ihre Veränderungen vor, wer wird zum allerersten
Cursus in der Geographie den Strabo wählen, und den heutigen Zustand der Länder
als vsus modernus anhängen? Ich gestehe, daß ich keinen wesentlichen Umstand
sehe, worin die gewöhnlichen Institutionen- und Pandecten-Collegien von einem
solchen geographischen Unterrichte verschieden wären.
Man glaubt freylich diesem Fehler abzuhelfen, wenn man die
Antiquitäten so kurz, als möglich, abhandelt. Aber theils ist ja doch nun
einmahl der ganze Zuschnitt nach den Antiquitäten gemacht, und warum will man
den Vortheil für gar nichts achten, den man davon hat, wenn das Mechanische,
der körperliche Eindruck des Compendiums, die neuen Abschnitte, die Zahl der
Paragraphen u. s. w., mit der Ausführlichkeit oder Kürze des mündlichen Vortrags
übereinstimmt. Theils dünkt
(6) es mich eine unvermeidliche Folge dieser Methode zu
seyn, daß den Zuhörern das alte Recht zum Eckel wird, und wer will es ihnen,
beym ersten Unterrichte, übel nehmen, wenn sie zuweilen irre werden, und in
Hoffnung auf die Absolution im letzten Paragraphen, manches ohne Interesse
anhören, wovon der letzte Paragraph sie nachher doch nicht absolvirt?
Außer der Scheidung, über deren Nothwendigkeit jetzt so
ziemlich nur eine Stimme ist, außer der Scheidung des römischen und
nichtrömischen Rechts, halte ich eine andere beym Unterrichte (aber ja nicht
bey dem Lehrer selbst) für eben so nützlich: die Scheidung des ganzen alten
Römischen Rechts, von dem heut zu Tage anwendbaren Römischen Privatrechte. Das
Nichtrömische Recht habe ich ganz aus dem Cirkel meiner eigentlichen
Beschäfftigungen ausgeschlossen, weil ich zwischen dem Umfange der bloß
civilistischen Studien und meinen Kräften, ein solches Verhältniß sehe, daß ich
alle Hoffnung
(7) ganz aufgeben müßte, mein Ideal von einem Civilisten,
auch nur so weit es mir sonst möglich wäre, je zu erreichen, wenn ich zu
gleicher Zeit ein Publicist, Germanist, Canonist u. s. w. werden wollte. Ich
werde mich also immer bemühen, nur so viel an dem Gebäude der ganzen
practischen Rechtskunde aufzuführen, als eigentlich meines Amtes ist. Das
allgemeine Deutsche Privatrecht und das Studium der Provinzialgesetze müssen
die Lücken ausfüllen, die ich absichtlich gelassen habe. Meiner Ansicht nach
ist es also kein Fehler, wenn ich gerade die Materien recht sehr kurz abhandle,
worüber die Provinzialgesetze fast überall am ausführlichsten disponiren.
Freylich ist mein Buch jetzt noch überhaupt zu kurz, aber da
man Compendien von mehreren Alphabeten hat, so muß es wohl der Wahl eines jeden
Lehrers überlassen bleiben, was er hierin für die nützlichste Mittelstraaße
hält. Vergrößert sollen diese Institutionen
(8) bey einer künftigen Ausgabe werden, aber ein Handbuch
zum Nachschlagen will ich nie daraus machen. Wenn ich je einmahl ein solches
Werk versuche, so wird der ganze Zuschnitt anders. Hier wünsche ich nie mehr
vorzutragen, als was der juristische Geschäfftsmann durchaus nie vergessen
darf, was er immer gegenwärtig haben muß. Darunter rechne ich aber Controversen
keineswegs, denn da in der Rechtspflege ist es ganz einerley, ob man gar keine
Meynung gelernt hat, oder ein halbes Dutzend, wovon jede sich für die
einzigwahre ausgibt, und alle andern widerlegt. In beyden Fällen trit eigene
Prüfung des Juristen ein, und wenn im Compendium eine Meynung vorgetragen wird,
so ist dieß eine einzige Stimme mehr.
Bey der Absicht das Ganze des heutigen Römischen Rechts
einzuprägen, hauptsächlich „das Gröbste im Gesetz“ recht anschaulich zu machen,
werde ich das ganz specielle Detail immer, nur etwas weniger, als jetzt,
(9) vermeiden, und nur etwas seltener, als jetzt, mich
begnügen, mit einem einzelen Worte an Fragen zu erinnern, worüber ganze Bände
entweder geschrieben sind, oder sich mit leichter Mühe schreiben lassen.
Ob auch Beweisstellen in Zukunft dieses Buch vergrößern
werden, weiß ich nicht, ich habe Gründe dafür und Gründe dawider. Aber das weiß
ich gewiß, daß man den Mangel an Beweisstellen in einer positiven Wissenschaft
für einen unerhörten Fehler halten wird. Und doch stößt sich niemand daran,
wenn in einem historischen Lehrbuche oder Vortrage keine Urkunde angeführt
wird, um zu beweisen, daß der Westphälische Friede gewiß und wahrhaftig 1648
geschlossen worden sey. Wie wenige juristische Sätze beruhen so ganz auf
Zeugnissen, als dieser historische, und doch hat man noch keinem Historiker den
Vorwurf gemacht, daß er nur sklavische Nachbeter ziehen wolle, weil man ihm
solche Hauptfacta fürs Erste noch ohne allen Beweis glauben müsse.
(10) Aber man kann ja dieses Compendium vollkommen inne
haben, und doch nicht im Stande seyn, eine Seite im Corpus Juris zu verstehen.
Dieß ist sehr wahr; nur bin ich überzeugt, daß es bey den gewöhnlichen Institutionen
eben so sehr der Fall ist. Man lernt die Diplomatik nicht in der
Reichsgeschichte -, aber wenn man nur beyde lernt, so dürfen es wohl zwey
verschiedene Collegien seyn.
Also ein juristisches Collegium mehr? Nicht genug, daß man
zweymahl Institutionen und dreymahl die Pandecten in drey täglichen Portionen
gehört hat, den kleinen Struv nicht einmahl zu rechnen, so soll man nun auch
noch, um die bloße Theorie des Römischen Rechts vollständig zu lernen, sich das
reine und ganze Pandecten-Recht d. h. das Römische Recht, wie es etwa zur Zeit
Marc Aurel’s in seinem höchsten Flore war, vortragen lassen? Woher soll die
Zeit, woher die Gedult kommen, wenn man nicht ein Civiliste von Profession
werden will?
(11) Es ist hier nicht der Ort, diesen Zustand des
civilistischen Studiums, der wenigstens den Fehler hat, daß er fast allen
künftigen Juristen eine Abneigung gegen dieses Fach einflößt, zu prüfen oder zu
rechtfertigen. Auf die Trennung des heutigen und des alten Römischen Rechts
fällt ohnehin verhältnismäßig die geringste Schuld. Aber meiner Einsicht nach
ist es nicht einmahl nöthig, daß alle Studierenden, die jetzt gewöhnlich die
Institutionen besuchen, auch das alte Recht lernen. Sie werden alsdann nie
selbst Recherchen über das Römische Recht anstellen können, sie werden Gefahr
laufen, mancher Stelle aus den classischen Juristen einen ganz falschen Sinn
beyzulegen -, aber dieß ist doch immer der Fall wenn man die Rechtswissenschaft
nicht zu seinen Hauptstudien macht, und wegen seiner Bestimmung, oder wegen der
erforderlichen Vorkenntnisse, oft auch nicht einmahl machen kann. Selbst ein
eigener Cursus über das alte Römische Recht würde nicht immer zureichen, aber
noch viel
(12) mehr sind alsdann die unter das heutige Recht
gemischten Fragmente des alten entbehrlich.
Allein von jedem eigentlichen Juristen, auch wenn er nicht
daran denkt, je die Ausbildung und den Vortrag des Studiums zu seiner
Bestimmung zu wählen, von jedem künftigen juristischen Geschäfftsmanne ist es,
wie ich glaube, nicht zu viel verlangt, wenn er die Quellen selbst studieren
und absichtlich dazu einen eigenen halbjährigen Cursus machen soll. Ich weiß
zwar wohl, daß man den Vorschlag gethan hat, in allen Fächern den größern Theil
der Studierenden nur auf das schlechterdings Unentbehrliche, auf das was man
alle Tage braucht, einzuschränken, und freylich so gut man zur Noth ohne
Quellenstudium predigen kann, so gut kann man auch ohne Quellenstudium
Klaglibelle und Relationen machen. Ja man will sogar bemerkt haben, daß
Klaglibelle und Relationen nur um so größer und, den
Allegaten nach, gelehrter werden, je weniger man die
(13) Quellen kennt. - Indessen ist es schon öfters gesagt
worden, daß derjenige, welcher viel gelernt hat, immer auch das Wenigere weiß,
daß aber wer sich vornimmt nicht viel zu lernen, gar oft auch das Wenigere
nicht lernt.
Höchstwahrscheinlich wird mir auch daraus ein Vorwurf
gemacht werden, daß ich Deutsch schreibe über eine Wissenschaft, die ganz aus
Römischen Schriftstellern genommen ist. Aber warum stößt man sich denn auf
keiner protestantischen Universität mehr daran, daß die Collegien über das
Römische Recht auf deutsch gelesen werden? Ich bedaure
den Zuhörer, dessen lateinische Lectüre sich auf das Compendium einschränkt,
denn ich glaube, daß er dadurch mit manchen Ausdrücken in einem ganz andern
Sinne bekannt wird, als der ist, welchen sie in den juristischen und
nichtjuristischen Classikern haben.
Göttingen im März 1789.
(14) Inhalt.
Einleitung.
I. Realrechte.
II. Persönliche Obligationen.
III. Familienrechte.
IV. Verlassenschaften.
V. Proceß.
(15) Einleitung.
§. 1. Einer der wichtigsten Zwecke jeder bürgerlichen
Gesellschaft ist Sicherheit und Gewißheit des Mein und Dein, theils gegen
offenbar widerrechtliche Gewalt, theils gegen scheinbare Ansprüche oder Weigerungen.
Letzteres ist der Gegenstand der bürgerlichen Rechtspflege, oder der
Einrichtung, daß wenn Personen über ihre Rechte uneinig sind, ein zum voraus
vom Staate bestellter, unpartheyischer, Dritter vorhanden ist, um die Sache zu
untersuchen, zu entscheiden, und seiner Entscheidung Nachdruck zu geben.
§. 2. Der Richter soll nach Vernunft und Gewissen handeln,
aber eben deswegen muß er sich nicht blos unmittelbar nach diesen, sondern auch
nach den Vorschriften richten, welche ihm der Staat zum voraus gegeben hat.
(16) Sind aber keine solche Gesetze da, so hat der Richter
nur diejenigen nähern Vorschriften zu befolgen, die sich aus der Natur seines
Amtes, bey welchem es auf Zwang ankommt, und fast immer ein Theil verliert, was
der andere gewinnt, sehr leicht herleiten lassen. Auch ergibt sich von selbst,
in wie weit Ansehen der Person Statt finde oder nicht.
§ 3. Bey einer vollkommenen Justiz würde jede Rechtssache
von einem Richter, in demselben Staate, geleitet und entschieden werden, wie
von dem andern; und aller Verdacht von Partheylichkeit würde wegfallen, wenn
jeder Schritt des Richters, schlechterdings schon zum voraus bestimmt wäre.
Dieß ist aber nicht nur nicht möglich, sondern es kann auch sehr gefährlich
seyn, wenn man sich dieser Vollkommenheit einseitig nähern will. Es ist sehr
leicht, eine Menge Rechtssätze zu bestimmen, und dem Richter als Gesetze
vorzuschreiben; allein je mehr dieß geschieht, desto schwehrer wird es alle
Gesetze zu kennen, und desto weniger ist der Rechtsgelehrte im Stande, sich da
zu helfen, wo die Gesetze ihn verlassen, was bey dem ungeheuersten Gesetzbuche
doch täglich geschehen muß.
(17) §. 4. Im deutschen Reiche, und in den einzelen
deutschen Staaten, sind die Richter, in Ermanglung näherer
Entscheidungsquellen*, an das Römische Recht gewiesen. Die Römer nämlich, von
welchen, oder durch welche, wir unsere Cultur erhalten haben, erreichten unter
mannichfaltigen begünstigenden Umständen, in den zwey ersten Jahrhunderten nach
unserer Zeitrechnung, die höchste Stufe von Ausbildung in der Jurisprudenz.
Wenig willkührliche Gesetze, aber desto mehr juristisches Billigkeitsgefühl,
und Raisonnement aus Begriffen und Grundsätzen, die freylich an sich auch
anders hätten seyn können, die aber nun einmahl nicht anders waren, und oft
auch nach den Umständen so seyn mußten, zeichneten die classischen
Rechtsgelehrten der Römer vorzüglich aus.
*Die allernächste ist die Uebereinkunft der Partheyen. Aber
in welchen Fällen hat diese Statt? da, wo die allgemeine Regel nur in der
Absicht gemacht ist, daß sie den Mangel einer Uebereinkunft ersetzen soll. –
Diese Antwort ist zwar richtig, aber nicht sonderlich befriedigend.
§. 5. Von diesen Schriften haben wir aber fast nichts als
Excerpten, die, unter mannichfaltigen
(18) nachtheiligen Umständen, im sechsten Jahrhundert
gemacht, und den Unterthanen des griechischen Reichs als Gesetze vorgeschrieben
worden sind. Justinian ließ zu gleicher Zeit die Belehrungen, Aussprüche und
Gesetze der vorigen Kaiser, mit seinen eigenen, sammeln und aus einem alten Compendium
ein neues machen. Eine Menge spätherer Gesetze von ihm stehen auch noch im
Corpus Iuris.
§. 6. Ein sehr großer Theil dieser Rechtssätze und Gesetze
ist für uns in den Gerichten unbrauchbar, weil wir die Rechtsgeschäffte nicht
mehr haben, auf welche sie gehen; über die Auslegung und Anwendung eines
beynahe noch größern Theils wird gestritten, so daß auf jeder Seite sich
respectable Auctoritäten finden. Von dem Uebrigen sollen die ersten Begriffe
hier vorgetragen werden.
§. 7. Einige dieser Wahrheiten lassen sich anwenden unter
Personen, die in den Thatsachen ganz einig sind, und etwa nur unter sich wissen
wollen, was Rechtens sey; andere betreffen den Proceß, und setzen also voraus,
daß ein Theil sich an den Richter wendet
(19) (V). Um jene wieder zu vereinfachen, kann man die
vorausschicken, welche Statt fänden, wenn immer dieselben Menschen lebten, und
in keinem Verhältnisse miteinander stünden, das sich nicht hauptsächlich auf
Mein und Dein bezöge; so trennt sich die Lehre von den Familienverbindungen –
(III) und die von den Verlassenschaften – (IV). Unter den übrigen Rechten sind
einige, welche zunächst an eine Sache zustehen – (I), und andere betreffen eine
Person, die zu etwas verbindlich gemacht worden ist – (II).
Anm. Beym Vortrage des alten Römischen Rechts in seinem
ganzen Umfange, oder des deutschen Privatrechts kommt aus dem sogenannten jus
personarum bey weitem nicht bloß der status familiae vor. Eben so sind hier
noch mehrere Lehren übergangen, die die Römer hatten und die wir auch haben, die
aber bey uns ganz anders sind.
(20)
(21) I.
Ius in Rem.
Eigenthum §. 11.
Servitut §. 19.
Pfandrecht §. 27.
(22)
(23) Ius in Rem.
§. 8.
An einer Sache selbst, ohne alle Rücksicht auf eine
bestimmte Person, kann man dreyerley Rechte haben. Denn entweder darf man mit
der Sache, der Regel nach, anfangen, was sich nur irgend damit anfangen läßt,
sie ausschliessend besitzen, gebrauchen, verändern, veräussern: res propria §
11. -; oder man hat nur das Recht, sie zu gebrauchen, und oft nur auf eine bestimmte
Art zu gebrauchen: res serviens §. 19. – oder die Sache haftet für eine
Forderung, die auch ohne sie besteht, res obligata §. 27.
Anm. 1. Diese drey Rechte lassen sich noch mannichfaltig mit
einander combiniren.
Anm. 2. Sie stehen (ihrer Natur nach oder zufällig) auf
immer oder nur auf eine Zeitlang zu.
Anm. 3. Dieselben Eintheilungen passen auch auf die
rechtlichen Verhältnisse zu menschlichen Wesen, nicht blos in so ferne diese
als Sachen angesehen werden.
§. 9. Die Sache, woran jemand ein Recht zusteht, kann res
singula, oder universalis, - beweglich oder unbeweglich, - fungibilis
(24) oder non fungibilis *, - körperlich oder unkörperlich
seyn.
*Ausdrücklich kommt dieser Unterschied nur bey beweglichen
Dingen vor. Aber das Wesentliche dabey ist, daß die Sache sich nicht ersetzt,
und immer nur in so ferne zu gebrauchen ist, als man sie zerstört oder
veräussert.
§ 10. Jedes dieser Rechte kann einem oder mehrern einzelen
Menschen, es kann aber auch einer moralischen Person * (collegium, vniversitas)
zustehen. Sind jene noch zu jung (impuberes und minores XXV. annis), oder sind
es Wahnsinnige, so läßt sie der Staat ihre Rechte nicht nach Willkühr ausüben.
Dieselbe Vorsicht braucht er auch bey einzelen Verschwendern, wenn nicht schon
durch Familienverhältnisse auch hier gesorgt ist, (III).
* Bey vielen der folgenden Lehren ist der Unterschied
wichtig.
§ 11. Das Eigenthum (dominium, proprietas) erwirbt man
dadurch, daß man sich in Besitz einer herrenlosen § 12. oder dem Feinde
gehörigen §. 13. Sache setzt, - oder durch fortgesetzten Besitz §. 14., oder
dadurch,
(25) daß eine Sache, gleich bey ihrer Entstehung, ein Theil
von einer andern eigenthümlichen Sache ist §. 15. – oder daß jene mit dieser
unzertrennbar verbunden wird §. 16., - oder durch Besitzergreifung in Gemäßheit
einer Uebergabe des vorigen Eigenthümers (II.) oder durch Familienverhältnisse
(III.) oder durch einen Todesfall (IV.) – oder durch einen Ausspruch des
Richters (V.).
§ 12. Durch Besitzergreifung (occupatio) wird man
Eigenthümer, wenn man die Absicht dazu hat, und körperlich den Besitz ergreift.
Die Sache muß nie einen Herrn gehabt haben *, oder dieser muß sich nicht mehr
beweisen lassen **, oder sie muß von ihm aufgegeben worden seyn (res
derelicta.)
.* Z.
B. ein Thier in seiner natürlichen Freyheit, da wir hier nichts von
Jagdgerechtigkeit wissen.
** Z. B. ein Schatz, doch gehört die Hälfte davon dem Herrn
des Grundstücks, worin er sich findet §. 15.
§. 13. Zur Beute gehört wenigstens ein rechtlicher Krieg und
daß die Sache beweglich sey.
(26) §. 14. Der Besitz, durch dessen ununterbrochene
Fortsetzung man Herr werden soll, muß rechtmässig (justo titulo) erlangt seyn,
und der Besitzer muß nicht wissen, daß ein anderer der wahre Eigenthümer ist
(bona fides). So wird man durch vsucapio oder longi temporis possessio Herr
einer beweglichen Sache in 3 Jahren, einer unbeweglichen in 10 Jahren. Die
Zeit, während welcher der vorige Eigenthümer der unbeweglichen Sache an einem
andern Ort wohnt, wird aber nur halb angerechnet.
Anm. 1. weder durch vsurpatio naturalis noch durch
interpellatio muß der Besitz unterbrochen seyn.
Anm. 2. Diese vsucapio geht nicht auf entwendete Sachen.
§. 15. Eine Sache gehört dem, von dessen Sachen sie, gleich
bey ihrer Entstehung, als ein Theil angesehen wird, z. B. die Jungen eines
Thiers, die Früchte eines Grundstücks, * die Erde welche allmählig sich ansetzt
u. s. w.
* Das Recht, Eigenthümer der Früchte zu werden, hat aber oft
auch der, welcher nicht Herr der Sache selbst ist, und dabey kommt es auf
perceptio an. – De glande legenda.
(27) §. 16. Wenn die Sachen zweyer Herrn unzertrennlich mit
einander verbunden werden, oder wenn jemand aus der Sache des Andern etwas
macht, so wird derjenige Eigenthümer, der das Meiste beygetragen hat, und der
Andere wird entschädigt. Auch kommt es darauf an, von wem und in welcher
Absicht diese Verbindung geschehen ist.
§. 17. Man verliert das Eigenthum, wenn es ein Anderer
erlangt, - oder wenn die Sache herrenlos wird.
Anm. exceptio rei venditae &
traditae.
§. 18. Man verfolgt sein Eigenthum gegen jeden, der einen
darinn stöhrt. Die ordentliche Klage heißt rei vindicatio oder publiciana in
rem actio.
§. 19. Wenn man nicht Eigenthümer einer Sache ist, so kann
man doch das Recht haben, sie ganz oder gewissermaßen zu benutzen. Geht dieses
Recht gegen jeden Besitzer, so ist es ein jus reale, und heißt servitus.
Anm. Der Eigenthümer muß entweder leiden, oder nicht thun.
(28) §. 20. Die Servitut steht entweder einer bestimmten
Person zu (personalis), oder, wie nur bey Grundstücken geschehen kann, jedem
Besitzer eines bestimmten andern Grundstücks (realis oder schlechthin
servitus).
§. 21. Eine servitus realis heißt vsus fructus, wenn sie zu
allen Früchten und Nutzungen; vsus, wenn sie zu einem eingeschränkten
Gebrauche; und habitatio, wenn sie nur zur Wohnung berechtigt.
§. 22. Die servitutes reales beziehen sich entweder auf
Gebäude * (serv. praediorum vrbanorum), oder auf die Landwirthschaft ** (serv.
praediorum rusticorum oder fundorum).
* z. B. servitus altius non tollendi,
altius tollendi u. s. w.
** z. B. ein Fußpfad oder Fahrweg.
§. 23. Erworben wird eine servitus durch Verjährung §. 14.
und nach II. III. IV und V. wie § 11.
(29) §. 24. Eine Servitut geht verlohren, wenn der
Eigenthümer der Sache die Befreyung davon erwirbt, - oder wenn der, welcher zur
Servitut berechtigt war, Eigenthümer der Sache selbst wird (confusio) * - oder
auf die Arten, welche sich ohnehin verstehen z. B. durch den Tod desjenigen,
der nur auf seine Lebenszeit berechtigt war.
* Dieß ist deswegen wichtig, weil die
Servitut auch in der Folge nicht wieder auflebt.
§. 25. Die Klage dessen, der eine
Servitut ausspricht heißt confessoria, die des Eigenthümers, der ihr
widerspricht, negatoria.
Anm. refectio.
§. 26. Einigermaßen kann man auch die superficies und die
emphyteusis §. 55. zu den Servituten rechnen.
§. 27. Das Pfandrecht (pignus, hypotheca) geht ebenfalls
gegen jeden Besitzer. Es setzt eine obligatio voraus, zu deren Sicherheit dem
Gläubiger eine Sache oder ein Recht eingeräumt ist, oder eingeräumt werden
soll.
(30) §. 28. Ein Pfandrecht wird erworben durch Uebergabe in
Gemäßheit einer Verabredung §. 49. durch eine Verabredung ohne Uebergabe §. 60.
– durch die Haupt-obligatio, womit es schon den Rechten nach verbunden ist
(pignus tacitum) und nach III. IV. und V.
§. 29. Das Pfandrecht erlöscht mit der obligatio, auf die es
sich bezieht, - oder durch Vernachläßigung von 30 Jahren gegen einen Dritten,
und von 40 gegen den Eigenthümer selbst, - oder endlich indem es seinen letzten
Zweck erfüllt d. h. indem der Pfandgläubiger daraus befriediget wird.
§. 30. Die Klage heißt Serviana, quasi Serviana, oder
hypothecaria und interdictum Salvianum.
(31) II. Obligatio. Ius in personam.
1. Verhältnis zum jus in rem §. 31.
2. Quellen der obligatio,
Von Willensäußerungen überhaupt. § 35.
Realcontracte §. 45.
Consensualcontracte §. 51.
obligatio ex delicto & variis causarum figuris §. 61.
3. Ende der obligatio, §. 74.
(32)
(33) Ius in personam.
§. 31. Obligatio heißt durchaus nicht jede allgemeine
Pflicht z. B. kein jus in rem zu verletzen, keine strafbare Handlung zu begehen
u. s. w. sondern sie setzt eine Person voraus, welche einer andern, zu einem
bestimmten Thun oder Geben verbindlich gemacht worden ist, meist durch ihre
eigene, zuweilen durch die Handlung eines Dritten, und in einigen Fällen
unmittelbar durch ein Gesetz. Eine obligatio ist also von einem jus in rem der
Regel nach unabhängig, und gibt kein Recht gegen andere Menschen.
§. 32. 1. Bey einer obligatio ad faciendum ist gar von
keinem jus in rem die Rede.
2. Bey andern Obligationen kann ein jus in rem vorher da
seyn, aber es ist nicht wesentlich.
3. Bey dem pactum hypothecae entsteht ein jus in rem, wie
sonst eine bloße obligatio entsteht.
4. Wo pignus tacitum Statt findet, da entsteht, neben der
obligatio, ein jus in rem.
(34) 5. Sehr oft geht die obligatio darauf, daß ein jus in
rem entweder aus ihr entstehen, oder von der persona obligata auf den, welcher
so lange ein jus in personam hat, übergehen soll.
§. 33. In diesem letzten Falle entsteht das neue jus in rem
nicht eher, bis der debitor die Sache dem creditor wirklich abliefert
(traditio). Daß diese Ablieferung, dieses Mitgeben allein, wenn die obligatio
nicht wäre, kein jus in rem übertragen könnte, ist sehr natürlich, - und die
causa muß praecedens seyn in so ferne, daß wenn sonst alles, und nur die
Ablieferung nicht, geschehen wäre, der vorige Eigenthümer eine obligatio auf
sich hätte.
Anm. Diese Lehre dünkt mich im Römischen Rechte viel
simpler, als wenn man durchaus bey allen Arten ein jus in rem zu erlangen, den
modus adquirendi (ein neues Kunstwort) dem titulus entgegensetzt, da doch das
Wort titulus gar nicht blos hierher gehört, und bey der Lehre vom Besitz der
titulus justus nichts anders ist, als gerade der sogenannte modus adquirendi
selbst, nur daß man bey der traditio nicht sie, weil sie allein nicht beweist,
sondern die causa praecedens als titulus anführt.
(35) §. 34. Die Ablieferung selbst ist nach der
Verschiedenheit der Sachen sehr mannichfaltig, weil die körperliche Uebergabe
oft unmöglich und oft überflüssig ist. Ein Recht wird übergeben, indem der
Berechtigte es ausübt, und der Andere nichts dagegen hat.
Anm. Man führt an: traditio longa manu,
brevi manu, symbolica u. s. w.
§ 35. Die meisten obligationes entstehen aus einer Handlung
§. 31. Entweder ist diese von der Art, daß man vernünftiger Weise annehmen
kann, der debitor (die persona obligata) hat eine obligatio übernehmen wollen –
ex contractu; oder er muß eine übernehmen, auch wenn er nicht dieß, sondern
etwa nur was anderes, will. Hier sind 3 Fälle, 1. eine andere erlaubte Handlung
des debitor bringt die obligatio mit sich – quasi ex contractu; 2. seine
strafbare Handlung bringt sie mit sich – ex delicto; 3. die strafbare Handlung
eines Dritten, oder seine eigene, nicht ganz rechtmäßige, macht ihn verbindlich
– quasi ex delicto.
(36)
Anm. 1. Die obligationes immediatae ex lege §. 31.
quasi ex contractu und quasi ex delicto heißen ex variis causarum figuris.
Anm. 2. Unerlaubte Handlungen betrachten wir hier nur, in so
ferne sie einem einzelen Theile des Staats eine Forderung geben. Die Anstalten,
künftige Verbrechen zu verhüten, worunter ich auch die Bestrafung der schon
begangenen rechne, gehören wenigstens nicht in das Privatrecht.
Anm. 3. Auch diese Quellen der obligatio fließen oft in
einander. §. 72.
§. 36. Wenn eine obligatio oder eine andere rechtliche
Wirkung * durch eine Willensäußerung hervorgebracht werden soll, so ist
erforderlich, daß die Person nicht nur überhaupt § 10. sondern auch gerade zu
dieser Zeit den Gebrauch ihrer Vernunft habe.
* z. B. die Auflösung einer obligatio, das Entstehen eines
Familienverhältnisses, ein letzter Wille, ein Urtheil u. s. w. Die Lehre von
den Willensäußerungen erstreckt sich also sehr weit.
§. 37. Durch eine unerlaubte Handlung kann der Handelnde
kein Recht erlangen; wer auf diese Art den Andern zu einer Willensäußerung
durch Betrug oder Zwang bringt, gegen
(37) den entsteht keine obligatio. Aber in wie weit ein
simpler Irrthum die Willensäußerung unkräftig mache, läßt sich im Allgemeinen
nicht bestimmen.
Anm. Es wird als ein Betrug angesehen, wenn bey einem
Vertrage, nach den Umständen, ein Theil gar zu sehr zu kurz kommt.
§. 38. In vielen Fällen ist es einerley, ob die
Willensäußerung schon an sich völlig bestimmt ist, oder ob sie sich auf die
Handlungen oder Willensäußerungen eines Andern bezieht, die man sich zum voraus
oder hinten nach zueignet, - Vollmacht oder ratihabitio.
§. 39. Die meisten Willensäußerungen können mannichfaltig
bestimmt werden. Bey Contracten ist aber Uebereinkunft beyder Theile dazu
nöthig. Hieher gehört
1. eine conditio, ein Umstand, der erst, wenn er eintrift,
die Gültigkeit des Geschäffts bewirkt, der also, wenn er fehlschlägt, alles in
dem Stande läßt, wie wenn von keiner rechtlichen Wirkung die Rede gewesen wäre.
(38) 2. ein dies, ein Termin, der allein, er mag bestimmt
seyn wie er will (certus oder incertus), nicht hindert, daß das Geschäfft schon
jetzt vollendet ist, der aber die Forderung hinaussetzt (dies a quo), - oder
das übertragene Recht wieder aufhebt (dies in quem).
3. ein modus daß der, welcher ein Recht erhält, auch eine
Pflicht übernehmen soll, - nicht gerade eine obligatio.
Anm. Eigentlich heißt eine Willensäußerung pura, sobald sie
nicht sub conditione eingegangen ist, wenn gleich das Geschäfft durch eine
conditio wieder aufgelöst werden kann.
§. 40. In Ansehung des Gegenstandes einer Willensäußerung
ist weiter nichts erforderlich, als daß die Erfüllung physisch möglich, und
nicht widerrechtlich oder gar strafbar sey. Uebrigens kann nicht nur über alle
Arten von Sachen §. 9. und über alle Rechte an Sachen, sondern auch über
Handlungen disponirt werden. Beyspiele sind genus, species, spes, nomen,
hereditas, quantitas mit oder ohne Rücksicht auf ihre eigentliche Größe.
(39) §. 41. Wenn eine obligatio blos durch die Erklärung des
debitor, daß er eine übernehmen will, entstehen soll, § 35. so muß diese von
dem creditor angenommen werden *. Es ist aber weder nöthig, daß dieser zuerst
rede (keine praevia interrogatio), noch daß man überhaupt dabey spreche,
sondern eine schriftliche Erklärung, oder auch consensus tacitus sind
hinreichend. Aber actus continuus ist in gewissem Sinne auch hier
unentbehrlich.
* Ausgenommen sind pollicitationes, gegen eine Gemeinde,
oder gegen jeden, der etwas leistet, oder über eine dos.
§. 42. Nach diesen Grundsätzen, die aus dem deutschen Rechte
geborgt werden müssen, ist jeder an sich nicht fehlerhafte Vertrag (pactum,
conventio, pactio, constitutum) vollkommen obligatorisch, und ein Contract, so
gut als eine stipulatio. Deswegen kann man für die Rechtspflege eine Menge
Unterscheidungen entbehren, die man durchaus wissen muß, um ein Rechtsgelehrter
zu seyn, und die Quellen selbst zu studiren.
Anm. Der Begriff von einem Contracte, so wie der von einer
obligatio und unzählige andere, ist historisch, und jede ganz schulgerechte
Definition, wo man blos auf wesentliche
(40) Kennzeichen sehen wollte, würde falsch seyn. Ein
Rechtsgeschäfft, wodurch ein Familienverhältniß
entsteht, ist kein Contract.
§. 43. Durch Verträge machen sich entweder beyde Theile
verbindlich (bilaterales), oder nur einer (unilaterales). Letzteres ist z. B.
bey der simplen Schenkung, ihrer Natur nach, der Fall; aber in der Sprache der
Römischen Juristen gehörten dahin auch diejenigen Rechtsgeschäffte, die dadurch
erst verbindlich wurden, daß der eine Theil sein Versprechen erfüllt hatte, z.
B. commodatum. Aber auch derjenige, der verspricht, daß er etwas leihen wolle,
konnte bey den Römern oft, und kann bey uns immer,
dazu angehalten werden.
§. 44. Mann kann immer den Ersatz des Schadens fordern, den
man zum Vortheil des Andern gelitten §. 63., oder den der Andere vorsätzlich
(dolo), oder durch verhältnismäßige Unvorsichtigkeit (culpa) zugefügt hat §.
61. Bey Contracten muß jeder um so sorgfältiger seyn,
je vortheilhafter ihm, der Regel nach, der Contract ist. Hat man ohnehin schon
eine Klage aus dem Contracte, so geht
(41) sie auch auf diesen Schadensersatz, hat man keine, so
entsteht oft eine besondre ad indemnitatem, die den Nahmen contraria führt.
§. 45. Contracte, welche ihren Nahmen (aber nicht ihre ganze
Kraft §. 43.) erst erhalten, wenn schon etwas geleistet ist (contractus
reales), sind mutuum, commodatum, depositum und pignus.
§. 46. Das mutuum (Darleihen) erfordert res fungibiles, bey
welchen der Gebrauch nicht ohne das Eigenthum übergehen kann §. 9. – Der
Schuldner muß eben so viel von derselben Art wieder geben, aber Zinsen können
nicht gefordert werden, wenn sie nicht versprochen sind, und auch dann kommen,
so wie bey diesem ganzen Geschäffte, Polizeymäßige Einschränkungen vor *.
Condictio certi ex mutuo.
* Zinsfuß. – Zins von Zins. – SC. Macedonianum, daß Personen
welche in väterlicher Gewalt stehen kein mutuum als Schuldner eingehen dürfen
(III).
§. 47. Das commodatum unterscheidet sich dadurch, daß eine res
non fungibilis zum Gebrauche
(42), also nicht zum Veräussern, gegeben wird, und daß der
commodans keinen Vortheil dabey haben darf. – Actio commodati dir. und contr.
§. 48. Bey dem depositum geht nur die Aufbewahrung der Sache
über, und sie muß unentgeldlich seyn. – Actio depositi dir. und contr.
Anm. 1. Hierher gehört auch das sequestrum einer im Processe
stehenden Sache (V.).
Anm. 2. depositum irregulare, und dep(ositum) miserabile.
§. 49. Im pignus wird auch die Aufbewahrung einer Sache
übertragen, aber zum Besten dessen, der sie bekommt, und der dadurch für seine
Forderung gesichert wird §. 27. – Actio pignoratitia dir. und contr.
Anm. Erhält der creditor pignoraticius zugleich das
Benutzungsrecht der Sache statt der Zinsen, so heißt diese Verabredung pactum
antichreticum. Der Mißbrauch davon §. 46 * und das pactum commissorium sind
verboten.
(43) §. 50. Von der Menge anderer Real-Contracte, zeichnen
sich aus:
1. permutatio, Waare gegen Waare, und zwar eigenthümliche
Waare.
2. contractus aestimatorius, der Trödel-Contract, wodurch
man sich verbindet, einen gewissen Preiß zu schaffen, oder die Sache selbst
wieder zu geben,
3. precarium.
Die Klage aus solchen Real-Contracten heißt actio praescriptis
verbis.
§. 51. Die übrigen Contracte erfordern zu ihrem Wesen nur
die Einwilligung beyder Theile. Aber im engern Sinne heißen contractus
consensuales diejenigen, welche von jeher diese Eigenschaft hatten, nämlich
emtio venditio, - locatio conductio, - contractus emphyteuticus, - societas,
und mandatum.
§ 52. Der Kauf erfordert Waare und Geld. Ist man über diese
bestimmt einig, so wird der Käufer zwar in so ferne für den Eigenthümer
(44) der Sache angesehen, daß sie ganz auf seinen Gewinn und
auf seine Gefahr steht, aber sein jus in rem erhält er erst durch wirkliche
Uebergabe, und auf diese kann er nicht klagen, ehe er bezahlt hat, wenn er
sogleich bezahlen soll. – Actio empti und A. venditi.
Anm. Eine eigene Art zu verkaufen ist licitatio.
§. 53. Mehrere Verabredungen zwischen Käufer und Verkäufer
haben eigene Nahmen: Verkauf auf die Probe (sub conditione oder pure) – arrha,
- pactum addictionis in diem, wo auf melior conditio gesehen wird, - legis
commissoriae, daß die Erfüllung in einer bestimmten Zeit zum Wesen des
Contracts gehören soll, - de retrovendendo, der Regel nach um den vorigen
Preiß, - protimiseos, Vorkauf, - reservati dominii, - constituti possessorii u.
s. w.
Anm. Bey andern Contracten können aber die meisten dieser
Verabredungen auch vorkommen.
§. 54. Locatio conductio betrifft den Gebrauch einer res non
fungibilis, und einen Ersatz an Gelde (merces). – Sie heißt Pacht,
(45) bey Dingen, wo der conductor auf Revenüen sieht;
Miethe, wo nur auf den Gebrauch; locatio cond. operarum bey Arbeitern, und
operis bey einer Entreprise. – Actio locati und A. conducti.
Anm. Remission, pignus tacitum, relocatio tacita, und
zufälliges Ende der locatio.
§. 55. Der contract. emphyteut. ist eine uneigentliche Pacht
auf ewig oder auf lange Zeit, und der Pachtzins heißt hier canon. Der
emphyteuta (ErbenzinsMann) ist in mancher Rücksicht als dominus anzusehen, er
hat Realklagen gegen jedermann §. 26. Auf die Erfüllung eines Contracts,
wodurch eine Emphyteuse entstehen soll, klagt man mit der actio emphyteuticaria.
§. 56. Bey der societas geht die Absicht meist auf Profit,
der aus gemeinschaftlichen Sachen, oder Bemühungen entstehen soll. – Einseitige
Aufkündigung – Actio pro socio (verschieden von communi dividundo.)
§. 57. Im mandatum wird von dem mandatarius die unentgeldliche
Besorgung eines Geschäffts
(46), oder der Geschäffte, des mandans übernommen. Der
mandatarius in gerichtlichen Sachen heißt procurator. Actio mandati directa und
contraria.
Anm. Hierher gehört die assignatio, und zuweilen die
praepositio, ferner die Annahme eines syndicus.
§. 58. Von den zahllosen übrigen Rechtsgeschäfften, die auch
durch die Uebereinkunft beyder Theile vollzogen werden, und die eine obligatio
bewirken, kommen besonders folgende vor:
1. Eine versprochene Schenkung; sehr oft geht aber vor der
Uebergabe kein Versprechen vorher. – Insinuation der Schenkung über 500
Ducaten. – Ursachen der Revocation -.
Als Arten der Schenkung kann man ansehen: das honorarium –
die dos (III.) die donatio mortis caussa(!) (IV.) und noch uneigentlicher die
remissio §. 80.
§. 59. Bürgschafft – (fidejussio und constitutum) die
Uebernahme einer fremden Schuld, auf den Fall, daß sie vom ersten
(47) Schuldner nicht wohl eingetrieben werden kann. Hierbey
kommen vor: beneficium ordinis, divisionis und cedendarum actionum.
Bey der expromissio wird der erste Schuldner frey.
§. 60.
3. Wetten.
4. pactum hypothecae, wodurch sogleich ein jus reale
übertragen wird.
5. Bey Processen: Vergleiche (transactiones) – Eidesdelation
– Compromisse auf einen Schiedsrichter, und receptum auf Seiten des letztern.
§. 61. Wer eine unerlaubte Handlung begeht, übernimmt
dadurch die obligatio, den zugefügten Schaden (damnum injuria datum) zu
ersetzen. Der Beschädigte hat gegen ihn die actio ex lege Aquilia, de dolo, und
in factum, und wenn er eine entwendete Sache zurückfordert, die condictio
furtiva.
Anm. Hierher gehört die actio injuriarum aestimatoria bey
Beschimpfungen oder Mißhandlungen.
(48) §. 62. Auch ohne seine eigene Schuld wird man auf
Schadensersatz belangt
1. durch die actio de pauperie, wo der Eigenthümer aber das
Thier selbst überlassen kann, und de pastu,
2. durch die actio de effusis & dejectis als Bewohner
eines Gebäudes,
3. als Wirth oder Herr eines Schiffes, von demjenigen,
welchem etwas weggekommen oder beschädigt worden ist, actio de receptis.
§. 63. Ohne Contract und ohne widerrechtliche Beschädigung
entsteht eine obligatio
1. aus der gestio negotiorum alterius ignorantis, so wie bey
einem mandatum §. 57., eine directa und contraria.
Anm. Mit letzterer hat Aehnlichkeit die actio ex lege Rhodia
de jactu, - die funeraria, - und die Klage auf die impensae in rem alienam
factae, wobey auch darauf gesehen wird, ob mit diesem Aufwande ein Schaden
verhütet, - oder eine Revenüe verschafft, - oder endlich nur sonst etwas
verbessert worden ist, - necessariae, vtiles, und voluptuariae.
(49) §. 64. 2. Aus der Tutel und Curatel, - actio tutelae directa und
contraria, - pignus tacitum.
Anm. Die Pflichten des Staats, tüchtige Vormünder zu setzen,
für die Sicherheit ihrer Untergebenen zu sorgen und gewisse Stände oder
Personen von dieser Last zu befreyen, (excusationes tutorum vel curatorum) sind
eigentlich keine Sache des Privatrechts, welches blos die Rechte eines
Staatsgliedes gegen das andere bestimmt. – Eben so die venia aetatis.
§. 65. 3. aus der Antretung einer Erbschaft (hereditatis
aditio) entsteht eine obligatio gegen alle diejenigen, welche aus dem letzten
Willen des Erblassers etwas zu fordern haben, actio personalis ex testamento
mit pignus tacitum.
Anm. Aehnlichkeit hat damit die Verbindlichkeit anderer
Personen, welche etwas aus einem letzten Willen annehmen, auch das zu thun, was
ihnen darin auferlegt ist.
§. 66. 4. aus der Annahme einer Sache, woran man kein Recht
hat, entsteht eine obligatio sie zurückzugeben, oder ihren Werth zu ersetzen.
(50) Der Andere hat die condictio indebiti, wenn er geglaubt
hat, daß er oder ein Anderer die Sache schuldig sey, und er hat sich geirrt; -
condictio ob causam datorum, wenn der Empfänger seine Verbindlichkeit nicht
erfüllt; - ob turpem causam, wenn der Geber unschuldig ist, - ob injustam
causam, - sine causa u. s. w.
§. 67. 5. daraus daß man dem andern eine Sache – aber nicht
als Geschenk – gegeben hat, welche entweder von einem Dritten gerichtlich
weggenommen wird, - praestatio evictionis, oder so fehlerhaft ist, daß actio
redhibitoria und quanti minoris entsteht, - jene währt 2, und diese 4 Jahre.
§. 68. Ohne ein besonderes factum ist eine obligatio
gegründet
1. daß jeder Besitzer eine Sache vorzeigen muß, wenn einem
Andern daran liegt (ad exhibendum und ad edendum). Es versteht sich aber, daß
der Richter vorsichtig seyn muß., weil dieß erstaunend
gemißbraucht werden könnte.
2. daß ein Vater seine Tochter dotirt (III).
(51) 3. bey einer actio in rem scripta, welche gegen jeden
Besitzer geht z. B. actio quod metus caussa,
4. daß man eine gemeinschaftliche Sache theilen lassen muß,
sobald der Andere es verlangt.
§. 69. Die Pflicht, das jus reale eines Andern nicht zu
kränken, ist zwar keine obligatio, §. 31. aber es entsteht sehr leicht eine
obligatio daraus, welcher nichts als der Nahme fehlt. Jede actio realis kann
zugleich auf eine obligatio gehen, und oft geht sie blos auf eine obligatio.
Anm. Die Ausdrücke sind: teneri, restituere debere, necesse
habere u. s. w.
§. 70. Bey einer Realklage fordert man zugleich Dinge,
worauf man noch kein jus reale hat, als fructus, damnum expensae. Je
unschuldiger der Besitzer ist, desto gelinder verfährt man mit ihm.
In so ferne kann jede actio realis auch mixta d. h. zugleich
personalis ex obligatione seyn. Aber mixtae actiones heißen nur die, welche auf
Auseinandersetzung einer Gemeinschaft
(52) gehen, weil hier, vor dem Ausspruche des Richters,
keiner sich von einem bestimmten Theile den alleinigen Eigenthümer nennen kann:
- familiae erciscundae unter Miterben, communi dividundo unter socii; finium
regundorum unter Nachbarn.
§. 71. Eine actio realis geht zufällig blos auf obligationes
1. wenn der Beklagte liti se obtulit, sich muthwillig für
den Besitzer ausgegeben hat,
2. wenn er dolo desiit possidere, - er hat die Sache
veräussert oder vernichtet.
§. 72. Eben so kann an die Stelle einer obligatio eine
andere ad id quod interest kommen, und noch häufiger mit der Haupt-obligatio
eine neu sich vereinigen. – Hierher gehören auch vsurae morae.
§. 73. Endlich entstehen obligationes aus rechtskräftigen
Urtheilen (V) – actio judicati, und aus Befehlen der Obrigkeit u. s. w.
(53) §. 74. Eine obligatio hört auf, wenn sie erfüllt wird
§. 75. – wenn die Erfüllung unmöglich wird §. 79. – wenn creditor und debitor
übereinkommen, daß sie nicht erfüllt werden soll §. 80. – oder wenn ihre
Erfüllung nicht erzwungen werden darf, und sich der debitor darauf beruft §.
81. – oder nach V.
§. 75. Die natürliche Erfüllung einer obligatio, die
solutio, geschieht durch Leistung dessen, was man leisten soll, bey Sachen also
durch die wirkliche Ablieferung (traditio) §. 34.
Anm. Datio in solutum gehört hierher, aber auch zu §. 80.
§. 76. In Ansehung des Schuldners, wird die solutio für
geschehen genommen, wenn er die Sache gerichtlich deponirt, und der creditor
widerrechtlich sich weigert, sie anzunehmen, (obsignatio & depositio rei
debitae).
§. 77. Auch ist eine obligatio solvirt, in so ferne der
Schuldner eine Forderung derselben Art gegen seinen Gläubiger erlangt
(compensatio).
(54) Beyde Forderungen müssen aber liquid seyn, und keine
auf ein bestimmtes Individuum (species) gehen.
§. 78. Eine obligatio, die den creditor gar nichts gekostet
hat (ex causa lucrativa) ist erfüllt, wenn er die Sache auf eben diese Art,
wenn gleich von einem Dritten, erhält, (concursus causarum lucrativarum).
§. 79. Eine obligatio erlöscht, weil sie nicht erfüllt
werden kann,
1. wenn Forderung und Schuld sich in derselben Person
vereinigen (confusio).
2. wenn eine species debita ohne alle Schuld des debitor zu
Grunde geht §. 52.
§. 80. Durch Uebereinkunft beyder Theile kann eine obligatio
aufgehoben werden, weil ja dadurch auch eine entstehen kann. Ist die Absicht
den debitor etwas zu schenken: pactum de non petendo, acceptilatio; - entsteht
aber bey Tilgung der ersten obligatio gleich eine neue: novatio, und diese
heißt delegatio,
(55) wenn die neue obligatio nicht unter den beyden vorigen
Personen entsteht; bey einem contractus bilateralis heißt die entgegengesetzte
Uebereinkunft mutuus dissensus.
§. 81. Ope exceptionis erlöscht eine obligatio
1. nach dem SC. Macedonianum, wenn ein filius fam. aus einem
mutuum eine eingegangen hat, §. 46.
2. nach dem SC. Vellejanum, wenn eine Weibsperson zum Besten
eines Dritten eine obligatio übernommen hat, es sey eine fidejusssio,
expromissio &c.
(56)
(57) III. Familien-Rechte.
Ehe §. 83.
Väterliche Gewalt §. 91.
(58)
(59) Familien-Rechte
§. 82. Das Wesen der Ehe und der väterlichen Gewalt, ist vom
Mein und Dein unabhängig; aber den Rechten nach haben diese persönlichen
Verhältnisse auf Eigenthum und Forderungen großen Einfluß und besonders wichtig
sind sie bey der Frage, wer das Vermögen eines Verstorbenen bekommt (IV).
§. 83. Eine Ehe lässt sich recht gut ohne die Absicht, und
selbst ohne die Möglichkeit, Kinder zu erzeugen, gedenken: aber nothwendig
gehört dazu die von beyden Theilen erklärte Absicht, eine Ehe schon jetzt *
einzugehen. Jeder Beyschlaf der Frau mit einem Dritten wird durch diese
Erklärung ein schwehres Verbrechen (adulterium).
* im Gegensatze von Sponsalien.
§. 84. In Ansehung der Personen gehören zur Ehe eben die
Eigenschaften wie zu einer andern Willensäußerung §. 36. Es ist aber auch die
Einwilligung der Personen erforderlich,
(60) welche einen der beyden Ehegatten in ihrer väterlichen
Gewalt haben §. 94.
§. 85. Eine Ehe kann auch deswegen nichtig seyn, weil sie
ein Verbrechen wäre, (nuptiae incestae) entweder weil beyde Personen von
einander, oder weil sie von einem nahen gemeinschaftlichen Stamme entsprungen
sind, (consanguinitas, linea recta und collateralis.) oder weil die Eine mit
dem gewesenen Ehegatten der Andern in diesem Verhältnisse steht (affinitas).
§. 86. Bey einer rechtmäßigen Ehe entsteht gewöhnlich eine
dos. Diese zu geben kann der Vater der Frau gezwungen werden §. 68, aber die
Frau selbst, oder ein Dritter nicht anders, als wenn sie sie, wenigstens
einseitig, versprochen haben §. 41 *.
§. 87. Auf jeden Fall ist der Mann, so lange die Ehe besteht,
Eigenthümer der dos; aber veräussern oder verpfänden darf er nur res fungibiles
und res aestimatas. – Stirbt die Frau während der Ehe, so kann ihr Vater
(61) die dos, welche er gegeben hat (profectitia)
zurückfordern; sonst fällt die dos an die Erben der Frau. Wird die Ehe auf eine
andere Art getrennt, so fordert die Frau ihre dos zurück.
Anm. 1. pignus tacitum.
Anm. 2. zuweilen wird die dos auch während der Ehe
zurückgefordert.
§. 88. Das Vermögen der Frau, welches nicht dos ist, heißt
bona paraphernalia. Sie sowohl, als die dos selbst, können durch die pacta
dotalia mannichfaltige Bestimmungen erhalten.
§. 89. Schenkungen unter Eheleuten sind widerruflich bis der
schenkende Theil gestorbnen ist.
§. 90. Die zweyte Ehe eines Wittwers oder einer Wittwe ist,
zum Vortheile der schon vorhandenen Kinder, nichts weniger als begünstigt.
§. 91. Kinder, welche während der Ehe erzeugt oder gebohren
sind, oder zwischen deren Erzeugung
(62) und Geburt die Aeltern verheurathet waren, heißen
legitimi. Andere haben zwar eine Mutter, aber nach dem Civilrechte keinen
Vater, - pater est quem justae nuptiae demonstrant.
§. 92. Kinder, welche vor der Ehe gebohren sind, werden
durch die nachfolgende Ehe ihrer Aeltern legitimirt, wenn sie nicht im Ehebruch
erzeugt waren.
§. 93. Kinder, welche, der Zeit ihrer Geburt nach, vom
Ehemanne erzeugt worden seyn können *, sind legitimirt, wenn gleich ein
Ehebruch bewiesen ist, aus welchem sie eben sowohl erzeugt seyn könnten.
* Dieß müssen in jedem einzelen streitigen Falle die
Umstände bestimmen.
§. 94. Nur legitime oder §. 92. legitimirte Kinder stehen in
der patria postestas. Doch kann der Souverain dieses Verhältniß auch zwischen
andern Personen bestimmen (adoptio und arrogatio oder legitimatio per
rescriptum principis).
(63) §. 95. Ein Kind in väterlicher Gewalt (filius-familias)
hat kein Eigenthum an dem, was ihm der Vater zu administriren gibt (peculium
profectitium). Im peculium adventitium hat der Vater der Regel nach, den
vsusfructus §. 21. und nur im peculium castrense und quasi castrense, welches
durch Militair- oder Civildienste erworben wird, ist der Sohn als ein
paterfamilias anzusehen.
Anm. 1. Alimente sind von der väterlichen Gewalt ganz
unabhängig.
Anm. 2. Ueber die Person des filiusfamil. §. 84.
§. 96. Die väterliche Gewalt kann durch eine gerichtliche
Erklärung des Vaters erlöschen, (emancipatio).
(64)
(65) IV. Rechte, welche einen Todesfall voraussetzen.
1. Erbschaft überhaupt §. 97.
2. Erbschaft ab intestato §. 102.
3. Letzte Willen §. 107.
Erbes-Einsetzung §. 113.
Andere Verordnungen §. 117.
(66)
(67) Rechte, welche einen Todesfall voraussetzen.
§. 97. Die Familienrechte des Verstorbenen gehen durch
seinen Tod auf niemand über, und eben so erlöschen einige Real-Rechte, einige
Forderungen, und einige obligationes. Bey allen übrigen entsteht die Frage: wem
sie nun zustehen oder obliegen?
Anm. Die obligationes aus §. 61. gehören auch unter die
Lasten der Erbschafts-Masse.
§. 98. Das Recht, an die Stelle des Verstorbenen zu treten,
ist entweder in einem letzten Willen gegründet: successio testamentaria, oder
in einem Familien-Verhältnisse zu ihm, womit dieses Recht verbunden ist:
successio ab intestato, hereditas legitima.
§. 99. In beyden Fällen wird der, welcher das Recht hat Erbe
zu werden, in einen Inbegriff von Rechten und obligationes einzutreten,
entweder für den wirklichen Erben angesehen, sobald er nicht das Gegentheil
erklärt
(68), - oder er ist nicht eher Erbe, bis er sich erklärt.
§. 100. Wer ipso jure Erbe ist, und nur das beneficium
abstinendi hat, so lange er sich nicht immiscirt, heißt heres suus und muß in
der unmittelbaren patria postestas des Verstorbenen gestanden haben -. Jeder
andere heißt heres extraneus und voluntarius, und kann weder die jura in rem,
noch in personam, ausüben, welche der Verstorbene hatte, ist aber auch mit
keiner obligatio verhaftet, - wenn er nicht ausdrücklich sich erklärt, Erbe
seyn zu wollen (hereditatis aditio), oder durch deutliche Handlungen diesen
Willen zu erkennen gibt (pro herede gestio).
Anm. 1. bonorum possessio.
Anm. 2. Der Antheil dessen, der nicht Erbe geworden ist,
accrescirt seinen Miterben, und wenn keine da sind, treten andere an die
Stelle. Auf seine Erben transmittirt er, der Regel nach, noch nicht.
§. 101. Um den Erben auf den Fall zu sichern, daß der
Verstorbene mehr Schulden, als Vermögen, hinterlassen hätte, ist das beneficium
inventarii eingeführt. Der Erbe braucht für
(69) nicht mehr zu haften, als sich in der Verlassenschaft
findet, wenn er dieses ordnungsmäßig aufzeichnet. Auch behält er dadurch die
Rechte, welche er gegen den Verstorbenen schon vorher hatte.
§. 102. Das Recht, ab intestato Erbe zu werden, haben zuerst
die Descendenten des Verstorbenen, sie mögen in seiner väterlichen Gewalt
gewesen und geblieben seyn, oder nicht. So viele Kinder, oder von so vielen
verstorbenen Kindern er Enkel u. s. w. hinterläßt, so viele Theile gibt es,
(successio in stirpes).
§. 103. Wenn die Descendenten von dem Verstorbenen bey
seinen Lebzeiten etwas erhalten haben, so müssen sie dieses einander, der Regel
nach, conferiren d. h. es mit in die Masse der Erbschaft einwerfen.
§. 104. In Ermanglung der Descendenten, können die
Ascendenten des Verstorbenen, seine vollbürtigen Geschwister, oder deren
Kinder, in lineas und stirpes Erben werden. Es ist
(70) hier, wie in der ganzen Erbfolge, kein Vorzug des
männlichen Geschlechts, noch der Verwandten durch Mannspersonen (agnati), und
auch kein Unterschied, wo das Vermögen des Verstorbenen herrührte, wenn es nur
völlig sein gewesen ist.
§. 105. Der Nähere schließt immer den Entferntern aus, wenn
jener zwischen diesem und dem Verstorbenen steht; bey den Ascendenten schließt
aber auch der Nähere jeden Entferntern aus, z. B. der Vater den mütterlichen
Grosvater.
§. 106. Nach den Ascendenten und denen, welche mit diesen
concurriren, kommen die halbbürtigen Geschwister und deren Kinder. Dieß ist der
letzte Fall, wo jus repraesentationis Statt hat, denn bey allen folgenden
Verwandten wird blos darauf gesehen, wer dem Grade nach der Nächste ist, das
heißt, zwischen wem und dem Verstorbenen die Verwandschaft durch die wenigsten
Zeugungen erklärt werden kann.
Anm. Erbrecht der Ehegatten, mit oder ohne Rücksicht auf
ihre Armuth.
(71) §. 107. Ist ein letzter Wille vorhanden, so muß diesen
der Regel nach, der Letztverstorbene gemacht haben. Aber man kann bey dem Tode
des Einen eigentlich einem Andern succediren; man kann sogar kraft einer
Verordnung des Vaters, der aber auch für sich selbst testirt haben muß, seinem
unmündigen Kinde in den Gütern succediren, welche nicht vom Vater herkommen
(substitutio pupillaris).
Anm. Aehnlichkeit damit hat die substitutio exemplaris.
§. 108. Der letzte Wille ist entweder die Haupt-Regel der
Erbschaft (testamentum), oder er setzt eine andere voraus (codicilli). Diese
andere Hauptregel ist entweder die Intestat-Erbfolge, oder ein Testament, und
ein letzter Wille, der die Hauptregel seyn soll, kann bestimmt seyn, wenigstens
als Codicill zu gelten (clausula codicillaris).
§. 109. Testamente oder Codicille unterscheiden sich von
andern Willensäußerungen dadurch, daß sie einseitig gemacht werden und daß die
(72) Rechte daraus erst nach dem Tode dessen, welcher sie
errichtet, zustehen. (rumpitur testamentum mutatione, cancellatione, inductione
&c. Legata transferuntur, adimuntur &c.)
§. 110. Auch bey letzten Willen haben die Bestimmungen aus
§. 39. Statt *; besonders ist jede institutio heredis secundi oder substitutio
immer conditionata. Auf eine ihrer Natur nach unmögliche Bedingung wird gar
nicht geachtet.
* cautio Muciana.
§. 111. Außer den Erfordernissen aus §. 36., deren Mangel
hier durch den tutor oder curator nicht ersetzt wird, ist noch nöthig
1. daß der Testirer paterfamilias sey, doch mit der Ausnahme
§. 95. Aendert sich dieß erst hernach: testamentum irritum.
2. bey einem Testamente die Gegenwart von 7 tüchtigen (§.
136.) männlichen, und, weder mit dem Testirer noch mit dem Erben, durch patria
potestas verbundenen Zeugen *.
*Bey dem testamentum militis ist gar keine solennitas
nöthig, und auch in andern Fällen sind einzele nachgelassen.
(73) §. 112. Bey einem testamentum scriptum ist es nicht
nöthig, daß die Zeugen den genauen Inhalt wissen; es muß aber von dem Testirer
unterschrieben und von den Zeugen unterschrieben und besiegelt werden. Bey
einem nuncupativum ist es gerade umgekehrt, wenn dieses gleich auch oft
niedergeschrieben wird.
§. 113. In Ansehung des Inhalts gehört weiter nichts zum
Wesen eines jeden Testaments, als daß ein Erbe eingesetzt wird. Hinterläßt aber
der Verstorbene Descendenten, welche sui sind, oder wären, so gilt das
Testament gar nicht, wenn diese nicht eingesetzt oder ausdrücklich
ausgeschlossen worden sind (ruptum und nullum).
§. 114. Ascendenten und Descendenten haben wenn ihrer
weniger als 5 sind 1/3 (ein Drittel); und wenn ihrer 5 oder mehr sind die
Hälfte ihres Antheils, als legitima, zu fordern. Ist ihnen diese nur verkürzt,
so klagen sie mit der condictio ex lege ad supplementum legitimae. Ist sie
ihnen in einem sonst gültigen Testamente ganz entzogen, so haben sie binnen 5
(74) Jahren die querela inofficiosi, wodurch die ganze
Erbeseinsetzung * vernichtet wird (testamentum rescissum), wenn nicht eine
rechtmäßige Ursache der Enterbung im Testament angeführt, und vom eingesetzten
Erben bewiesen worden ist.
* nicht das ganze Testament, wie im vorigen §. Doch wird
auch über diesen Unterschied gestritten, auch dieser Streit lässt sich nicht
mit völliger Gewißheit entscheiden, und man läuft auf beyden Seiten Gefahr,
Unrecht zu behalten.
§. 114. Kann oder will keiner der eingesetzten Erben die
Erbschaft antreten, so verliert das Testament auch in den andern Punkten seine
Kraft, als destitutum. Aber der eingesetzte Intestaterbe darf nicht das
Vermögen behalten, und das Testament fahren lassen.
§. 116. Testamentarische und Intestaterbfolge können nicht
zu gleicher Zeit Statt haben. Daher
kommt das jus accrescendi, wenn nicht ein vulgariter substitutus da ist.
(75) §. 117. In einem Testamente, aber auch ohne Testament,
kann dem Erben aufgetragen werden, die ganze Erbschaft, oder einen Theil davon,
mit oder ohne Nutzungen, jemand anders herauszugeben (fideicommissum
universale). Der heres fiduciarius darf aber so viel behalten, daß er
wenigstens vom Verstorbenen 1 hat, wenn der fideicommissarius 3 bekommt (quarta
Trebellianica). Eben so sind die obligationes unter ihnen getheilt.
§. 118. Auch braucht es nicht gerade ein Testament, wenn der
Erblasser durch einen Erben, oder durch einen Dritten, den er bedacht hat,
jemand etwas zuwenden will, der nicht Erbe werden soll (legatum oder
fideicommissum singulare). Der Erbe muß aber die quarta Falcidia frey behalten,
und hat deswegen das interdictum quod legatorum §. 128. – Der legatarius
erwirbt sein Recht ipso jure *, doch kann er es repudiiren.
* Hierauf beruht die transmissio ad heredes legatarii, wenn
dieser nur erlebt, daß dies cedit, wenn gleich nicht venit.
§. 119. Bey Legaten richtet sich das jus accrescendi nach
dem vermutheten Willen des
(76) Verstorbenen, der überhaupt, so viel möglich, nach den
gebrauchten Ausdrücken zu bestimmen ist *.
* so z. B. bey einer falsa demonstratio oder causa.
§. 120. In Ansehung des Gegenstandes zeichnen sich aus:
legatum speciei propriae, das sogleich das jus in rem überträgt, - legatum rei
alienae, oder ihres billigen Werths, - annui reditus, - alimentorum, - nominis,
- liberationis, - debiti, - optionis, - partitionis, - vsusfructus, wobey
Sicherheit geleistet werden muß, besonders wenn es ein quasi vsusfructus ist,
d. h. earum rerum, quae in abvsu continentur.
Anm. Executoren eines letzten Willens.
§. 121. Aehnlichkeit mit einem Legate hat die donatio mortis
causa, und die donatio inter virum & vxorem §. 89. weil beyde erst durch
den Tod des donans unwiderruflich werden.
(77) V. Proceß.
1. Proceß überhaupt §. 122.
2. Beweise §. 132.
3. Besondere Arten des Processes §. 140.
(78)
(79) Proceß.
§. 122. Wenn Personen über ihre gegenseitigen Zwangsrechte
verschiedener Meynung sind, so können sie zwar darüber Verträge eingehen,
wodurch entweder beyde (transactio), oder nur einer (remissio), von seinem
vermeynten Rechte etwas nachläßt; und dahin gehört denn auch ein Compromiß auf
den Ausspruch eines arbiter; aber zu keinem dieser Mittel können sie gezwungen
werden, sondern nur zu dem vom Staate verordneten Richter §. 1.
§. 123. Nur derjenige kann einen Proceß als Kläger oder
Beklagter anfangen, der sich durch seine Willensäußerung verbindlich machen
kann §. 36. Jeder darf seine Sache selbst oder durch Bevollmächtigte führen §.
38 und 57, nur muß im letztern Falle der Gegner gesichert werden, daß er sich
nicht vergeblich bemüht, - mandatum procuratorium oder cautio ratam rem haberi.
§. 124. Jedermann im Staate hat seinen gewöhnlichen Richter,
vor dem er belangt werden kann.
(80) Wenn aber mit diesem das forum contractus, rei sitae,
gestae administrationis u. s. w. concurrirt, so hat Prävention Statt.
Anm. Actor sequitur forum rei, wenn nicht eine prorogatio
dieß ändert, wie bey der reconventio.
§. 125. Gewöhnlich klagt der, welchem daran liegt, daß die
Sache nicht so bleibe wie sie jetzt ist. Oft §. 68, 4. ist dieß der Fall bey
beyden; und zuweilen ist es dem, der nur behalten will, was er schon hat, darum
zu thun, künftigen Stöhrungen zuvorzukommen: provocatio ad agendum ex lege si
contendat und ex lege diffamari.
§. 126. Sehr häufig gesteht jemand, daß ein dem strengen
Rechte nach gültiges factum, wofür auch eine Unterlassung gilt, vorgegangen
sey, und er dadurch sein Recht verlohren, oder eine Verbindlichkeit übernommen
habe. Er führt aber Ursachen an, warum, auf seine Bitte, der Richter das factum
für nicht geschehen annehmen könne – restitutio in integrum. Dieses Gesuch kann
der Anfang, aber auch die Folge eines Processes seyn.
(81) §. 127. Dieses Rechtsmittel wird summarisch behandelt,
und hat nur Statt, wenn der Schaden der Parthey (laesio) nicht anders verhütet
werden kann. Die gewöhnlichsten Fälle sind bey Personen, welche das 25ste Jahr
noch nicht zurückgelegt haben * (minores XXV annis), bey Abwesenden u. s. w.
* Sie müssen sich aber in den ersten 4 Jahren nach erlangter
Volljährigkeit melden.
§. 128. Oft hat die Parthey, welche etwas, nicht aus einem
jus in personam, sucht, das Recht zu fordern, daß sie vorläufig in Besitz
gesetzt werde, so lange der Proceß währt (interdictum) *. Natürlich ist dieß
nur alsdann der Fall wenn sie eine sehr große Wahrscheinlichkeit für sich hat
**, und darüber wird oft der Gegner summarisch gehört.
* z. B. interdictum quorum bonorum, wie es ausgedehnt worden
ist.
** z. B. der Andere hat sie mit Gewalt aus dem Besitze
vertrieben – interdictum vnde vi. Natürlich ist es noch mehr das Amt der
Obrigkeit, Gewaltthätigkeiten zuvorzukommen.
Anm. Oft kommt es nur darauf an, einstweilen Alimente zu
erhalten.
(82) §. 129. Aber im gewöhnlichen Gange des Processes ist
das Erste, daß der Kläger um Vorladung des Beklagten
bittet (citatio). Ist diese, so wie sie gerade der Fall mit sich bringt,
geschehen, so kann dem Kläger der Ungehorsam seines Gegners nicht schaden, aber
auch umgekehrt.
§. 130. Erscheinen beyde Theile vor dem Richter, und der
Beklagte hat keine Einwendung welche ihn davon befreyt (exceptio dilatoria), so
muß er sich auf die Klage einlassen (litem contestari) und dieß thut er
entweder negative, daß er behauptet, der Kläger habe falsche Thatsachen
vorgetragen, oder affirmative, die Erzählung des Klägers sey nicht vollständig,
weil darin Thatsachen übergangen oder nicht genug bedacht worden seyen,
(exceptiones peremtoriae) welche das Klagerecht wieder zerstörten. Oft werden
beyde Arten sich zu vertheidigen verbunden.
§. 131. Vorzüglich gehört hierher die Einwendung, daß der
Kläger wenigstens jetzt nicht mehr klagen könne, da er so lange geschwiegen
habe, als man den Rechten nach nicht
(83) schweigen dürfe, ohne schon blos dadurch seine
Ansprüche zu verlieren * (praescriptio oder exceptio temporis). Dagegen
replicirt der Beklagte entweder mit Anwendung der Regel non valenti agere non
currit praescriptio, oder mit §. 126.
* Der Regel nach sind 30 Jahre bestimmt.
§. 132. Aus der litis contestatio ergibt sich, in welchen
Thatsachen die Partheyen uneinig sind. Natürlich muß jeder Theil die Thatsachen
beweisen, welche nicht präsumirt und vom Gegner auch nicht eingestanden werden,
und die, wenn sie nicht wahr gemacht werden können, den ganzen Streit gleich
zum Vortheile des Gegners entscheiden.
§. 133. Die Beweismittel sind der Eyd einer Parthey, die
Aussage von Zeugen, schriftliche Urkunden und Augenschein.
§. 134. Durch einen Eyd kann man nicht anders beweisen, als
wenn der Gegner sich erklärt, es darauf ankommen zu lassen (jusjurandum
(84) delatum wohin auch relatum gehört), oder wenn der
Richter im Nothfalle darauf spricht (jusjurandum suppletorium oder purgatorium)
*.
* eine besondere Art heißt in litem jurare.
§. 135. Zeugen werden endlich vernommen und derjenige, gegen
welchen man sich auf sie beruft, hat das Recht ihnen Fragen vorzulegen, und
ihre Glaubwürdigkeit verdächtig zu machen.
§. 136. Die Erinnerungen gegen die Zeugen, wegen welcher sie
oft gar nicht abgehört werden, sind theils von ihrer Partheylichkeit, theils
von ihren geringen Einsichten, und theils von ihrer schlechten Aufführung
hergenommen. Der höchste Grad von Letzterer heißt Infamie *.
Aus dem Privatrechte entsteht sie bey depositum, mandatum,
societas, tutela.
§. 137. Urkunden sind entweder mit öffentlicher Auctorität
versehen (instrumenta publica), oder nicht, (instrumenta privata). Wenn
letzteres Quittungen (apochae), oder überhaupt
(85) Empfangscheine (cautiones) sind, so haben sie ihre
Beweiskraft nicht eher, bis eine bestimmte Zeit verflossen ist (exceptio non
numeratae pecuniae).
§. 138. In Augenschein nimmt der Richter eine Sache entweder
selbst, oder durch Kunstverständige. Zur letztern Art gehören gerichtliche
Taxationen.
§. 139. Bey jedem Processe kommt wenigstens am Ende ein
Ausspruch des Richters vor (sententia definitiva), oft aber schon vorher
mehrere, um den Proceß zu leiten (sententia interlocutoria). Jeder Ausspruch
eines Richters wird der Regel nach * unter den Partheyen rechtskräftig (res
judicata), wenn man sich binnen 10 Tagen nicht erklärt, daß man appeliren d. h.
bey der unmittelbar höhern Instanz sich darüber beschwehren wolle. Auch ein
Dritter darf dieß thun, und man kann neue Beweise vorbringen.
* wenn nicht die Nullität es hindert.
§. 140. Der Regel nach ist der Proceß über Realrechte
zwischen dem, welcher behauptet, daß
(86) ihm eines zustehe, und dem, welcher es leugnet und die
Sache besitzt §. 71. Ein Proceß über persönliche Rechte zwischen dem, welcher
ein jus in personam behauptet, und dem welcher obligatus seyn soll.
* Wenn Real- oder persönliche Rechte sich in einem
Familienverhältnisse gründen, so heißt der Streit über dieses causa
praejudicialis. Die actio ist affirmativa und negativa. – Hierauf bezieht sich
die bonorum possessio Carboniana.
§. 141. Die hereditaria petitio geht gegen alle diejenigen,
welche etwas herausgeben müssen, sobald der Kläger wirklich Erbe ist, sie mögen
sich selbst für Erben ausgeben (titulo pro herede besitzen) oder nicht (titulo
pro possessore).
§. 142. Eine Klage geht oft gegen denjenigen, der zunächst
nicht obligatus ist, der sich aber der obligatio eines Andern theilhaftig
gemacht hat. Zu der eigentlichen Klage kommt noch ein Zusatz (adjectitia
qualitas), und sie wird quod jussu, exercitoria, institoria, de in rem verso.
§. 143. Oft ist bey einem Processe noch ein dritter Mann
(tertius interveniens), der entweder
(87) keiner von beyden Partheyen beytritt (principalis),
oder diejenige unterstützt, die ihren Regreß an ihn hat (evictionis
praestatio). Zuweilen ist es nöthig, daß dieser Dritte vom Processe
benachrichtigt wird (litis denunciatio).
§. 144. Ein ganz besonderer Proceß ist es, wenn nicht der,
von welchem etwas erfordert wird, widerspricht, sondern wenn mehrere Kläger
gegen einander deswegen verfahren, weil der Schuldner nicht im Stande ist, sie
alle zu befriedigen (concursus creditorum). Es sind aber nicht bloße actiones
personales gegen einander im Streite.
§. 145. Dabey kommt vor die cessio bonorum, woraus der
Vortheil, daß der Schuldner in Zukunft nur in quantum facere potest gehalten
ist, entsteht, - der curator bonorum, - die actio Pauliana um die alienationes
in fraudem creditorum factas wieder aufzuheben, - und eine doppelte separatio,
der Eigenthümer, und der Gläubiger eines Erblassers.
(88) §. 146. Unter den Forderungen selbst werden einige
vorgezogen, weil sie vor den Pfändern, andere, weil sie bey ihren Pfändern, und
noch andere, weil sie nach den Pfändern ein Vorrecht haben.