(Reichsgesetzblatt
1896, S. 195, Nr. 21, ausgegeben am 24. 08. 1896, in Kraft seit 01. 01. 1900)
(121. Fassung –
Bundesgesetzblatt I 1990, S. 1727, Nr. 41, ausgegeben am 18. 08. 1990, in Kraft
seit 30. 05. 1990 – Entscheidung BVerfG)
Bürgerliches Gesetzbuch. Vom 18.
August 1896.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von
Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
Erstes Buch.
Allgemeiner Theil.
Erster Abschnitt.
Personen.
Erster Titel.
Natürliche Personen.
§. 1. Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der
Vollendung der Geburt.
§. 2. Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des
achtzehnten Lebensjahres ein.
§. 3. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, Bundesgesetzblatt I 1974, S. 1713, Nr. 87,
ausgegeben am 08. 08. 1974, in Kraft seit 01. 01. 1975.
§. 4. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, Bundesgesetzblatt I 1974, S. 1713, Nr. 87,
ausgegeben am 08. 08. 1974, in Kraft seit 01. 01. 1975.
§. 5. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, Bundesgesetzblatt I 1974, S. 1713, Nr. 87,
ausgegeben am 08. 08. 1974, in Kraft seit 01. 01. 1975.
§. 6. Entmündigt kann werden:
1. wer in Folge von Geisteskrankheit
oder von Geistesschwäche seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag;
2. wer durch Verschwendung sich
oder seine Familie der Gefahr des Nothstandes aussetzt;
3. wer in Folge von Trunksucht oder
Rauschgiftsucht seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder
seine Familie der Gefahr des Nothstandes aussetzt oder die Sicherheit Anderer
gefährdet.
Die Entmündigung ist wiederaufzuheben, wenn der Grund der
Entmündigung wegfällt.
§. 7. Wer sich an einem Orte ständig niederläßt, begründet
an diesem Orte seinen Wohnsitz.
Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.
Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem
Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.
§. 8. Wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt ist, kann ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters einen
Wohnsitz weder begründen noch aufheben.
Ein Minderjähriger, der verheiratet ist oder war, kann
selbständig einen Wohnsitz begründen und aufheben.
§. 9. Ein Soldat hat seinen Wohnsitz am Standort. Als
Wohnsitz eines Soldaten, der im Inland keinen Standort hat, gilt der letzte
inländische Standort.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Soldaten, die
nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten oder die nicht selbständig
einen Wohnsitz begründen können.
§. 10. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 11. Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz der
Eltern; es teilt nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für
die Person des Kindes zu sorgen. Steht keinem Elternteil das Recht zu, für die
Person des Kindes zu sorgen, so teilt das Kind den Wohnsitz desjenigen, dem
dieses Recht zusteht. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig
aufhebt.
§. 12. Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem
Berechtigten von einem Anderen bestritten oder wird das Interesse des
Berechtigten dadurch verletzt, daß ein Anderer unbefugt den gleichen Namen
gebraucht, so kann der Berechtigte von dem Anderen Beseitigung der
Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so
kann er auf Unterlassung klagen.
§. 13. Anm.:
Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S. 1186, Nr. 120, ausgegeben
am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 – VerschG.
§. 14. Anm.:
Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S. 1186, Nr. 120, ausgegeben
am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 – VerschG.
§. 15. Anm.:
Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S. 1186, Nr. 120, ausgegeben
am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 – VerschG.
§. 16. Anm.:
Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S. 1186, Nr. 120, ausgegeben
am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 – VerschG.
§. 17. Anm.:
Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S. 1186, Nr. 120, ausgegeben
am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 – VerschG.
§. 18. Anm.:
Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S. 1186, Nr. 120, ausgegeben
am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 – VerschG.
§. 19. Anm.:
Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S. 1186, Nr. 120, ausgegeben
am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 – VerschG.
§. 20. Anm.:
Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S. 1186, Nr. 120, ausgegeben
am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 – VerschG.
Zweiter Titel.
Juristische Personen.
I. Vereine
1. Allgemeine Vorschriften
§. 21. Ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen
wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch
Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts.
§. 22. Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirthschaftlichen
Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer
reichsgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung.
Die Verleihung steht dem Bundesstaate zu, in dessen Gebiete der Verein seinen
Sitz hat.
§. 23. Einem Vereine, der seinen Sitz nicht in einem
Bundesstaate hat, kann in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher
Vorschriften Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Bundesraths verliehen werden. 12
§. 24. Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein Anderes
bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.
§. 25. Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird,
soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht, durch die
Vereinssatzung bestimmt.
§. 26. Der Verein muß einen Vorstand haben. Der Vorstand
kann aus mehreren Personen bestehen.
Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und
außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang
seiner Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte
beschränkt werden.
§. 27. Die Bestellung des Vorstandes erfolgt durch Beschluß
der Mitgliederversammlung.
Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des
Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die
Satzung auf den Fall beschränkt werden, daß ein wichtiger Grund für den
Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung
oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Auf die Geschäftsführung des Vorstandes finden die für den
Auftrag geltenden Vorschriften der §§. 664 bis 670 entsprechende Anwendung.
§. 28. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so
erfolgt die Beschlußfassung nach den für die Beschlüsse der Mitglieder des
Vereins geltenden Vorschriften der §§. 32, 34.
Ist eine Willenserklärung dem Vereine gegenüber abzugeben,
so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitgliede des Vorstandes.
§. 29. Soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes
fehlen, sind sie in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels
auf Antrag eines Beteiligten von dem Amtsgericht zu bestellen, das für den
Bezirk, in dem der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt.
§. 30. Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß neben dem
Vorstande für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die
Vertretungsmacht eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel auf alle
Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich
bringt.
§. 31. Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den
der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig
berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen
begangene, zum Schadensersatze verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
§. 32. Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie
nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgane zu besorgen sind, durch
Beschlußfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit
des Beschlusses ist erforderlich, daß der Gegenstand bei der Berufung
bezeichnet wird. Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der
erschienenen Mitglieder.
Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluß
gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschlusse schriftlich
erklären.
§. 33. Zu einem Beschlusse, der eine Aenderung der Satzung
enthält, ist eine Mehrheit von drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder
erforderlich. Zur Aenderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller
Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muß
schriftlich erfolgen.
Beruht die Rechtsfähigkeit des Vereins auf Verleihung, so
ist zu jeder Aenderung der Satzung staatliche Genehmigung oder, falls die
Verleihung durch den Bundesrath erfolgt ist, die Genehmigung des Bundesraths
erforderlich. 12
§. 34. Ein Mitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die
Beschlußfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung
oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Vereine betrifft.
§. 35. Sonderrechte eines Mitglieds können nicht ohne dessen
Zustimmung durch Beschluß der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden.
§. 36. Die Mitgliederversammlung ist in den durch die
Satzung bestimmten Fällen sowie dann zu berufen, wenn das Interesse des Vereins
es erfordert.
§. 37. Die Mitgliederversammlung ist zu berufen, wenn der
durch die Satzung bestimmte Theil oder in Ermangelung einer Bestimmung der
zehnte Theil der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes
und der Gründe verlangt.
Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das
Amtsgericht die Mitglieder, die das Verlangen gestellt haben, zur Berufung der
Versammlung ermächtigen; es kann Anordnungen über die Führung des Vorsitzes in
der Versammlung treffen. Zuständig ist das Amtsgericht, das für den Bezirk, in
dem der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt. Auf die Ermächtigung
muß bei der Berufung der Versammlung Bezug genommen werden.
§. 38. Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar und nicht
vererblich. Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte kann nicht einem Anderen
überlassen werden.
§. 39. Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Vereine
berechtigt.
Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß der Austritt nur
am Schlusse eines Geschäftsjahrs oder erst nach dem Ablauf einer
Kündigungsfrist zulässig ist; die Kündigungsfrist kann höchstens zwei Jahre
betragen.
§. 40. Die Vorschriften des §. 27 Abs. 1, 3, des §. 28 Abs.
1 und der §§. 32, 33, 38 finden insoweit keine Anwendung, als die Satzung ein
Anderes bestimmt.
§. 41. Der Verein kann durch Beschluß der
Mitgliederversammlung aufgelöst werden. Zu dem Beschluß ist eine Mehrheit von
drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder erforderlich, wenn nicht die
Satzung ein Anderes bestimmt.
§. 42. Der Verein verliert die Rechtsfähigkeit durch die
Eröffnung des Konkurses.
Der Vorstand hat im Falle der Ueberschuldung die Eröffnung
des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu
beantragen. Wird die Stellung des Antrags verzögert, so sind die
Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für
den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie haften als
Gesammtschuldner.
§. 43. Dem Vereine kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden,
wenn er durch einen gesetzwidrigen Beschluß der Mitgliederversammlung oder
durch gesetzwidriges Verhalten des Vorstandes das Gemeinwohl gefährdet.
Einem Vereine, dessen Zweck nach der Satzung nicht auf einen
wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, kann die Rechtsfähigkeit
entzogen werden, wenn er einen solchen Zweck verfolgt.
Einem Vereine, dessen Rechtsfähigkeit auf Verleihung beruht,
kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen anderen als den in der
Satzung bestimmten Zweck verfolgt.
§. 44. Die Zuständigkeit und das Verfahren bestimmen sich in
den Fällen des § 43 nach dem Recht des Landes, in dem der Verein seinen Sitz
hat.
Beruht die Rechtsfähigkeit auf Verleihung durch den
Bundesrath, so erfolgt die Entziehung durch Beschluß des Bundesraths. 12
§. 45. Mit der Auflösung des Vereins oder der Entziehung der
Rechtsfähigkeit fällt das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen.
Durch die Satzung kann vorgeschrieben werden, daß die
Anfallberechtigten durch Beschluß der Mitgliederversammlung oder eines anderen
Vereinsorgans bestimmt werden. Ist der Zweck des Vereins nicht auf einen
wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, so kann die Mitgliederversammlung
auch ohne eine solche Vorschrift das Vermögen einer öffentlichen Stiftung oder
Anstalt zuweisen.
Fehlt es an einer Bestimmung der Anfallberechtigten, so
fällt das Vermögen, wenn der Verein nach der Satzung ausschließlich den
Interessen seiner Mitglieder diente, an die zur Zeit der Auflösung oder der
Entziehung der Rechtsfähigkeit vorhandenen Mitglieder zu gleichen Theilen,
anderenfalls an den Fiskus des Bundesstaats, in dessen Gebiete der Verein
seinen Sitz hatte.
§. 46. Fällt das Vereinsvermögen an den Fiskus, so finden
die Vorschriften über eine dem Fiskus als gesetzlichem Erben anfallende
Erbschaft entsprechende Anwendung. Der Fiskus hat das Vermögen thunlichst in
einer den Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwenden.
§. 47. Fällt das Vereinsvermögen nicht an den Fiskus, so muß
eine Liquidation stattfinden.
§. 48. Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand. Zu
Liquidatoren können auch andere Personen bestellt werden; für die Bestellung
sind die für die Bestellung des Vorstandes geltenden Vorschriften maßgebend.
Die Liquidatoren haben die rechtliche Stellung des
Vorstandes, soweit sich nicht aus dem Zwecke der Liquidation ein Anderes
ergiebt.
Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so ist für ihre
Beschlüsse Uebereinstimmung aller erforderlich, sofern nicht ein Anderes
bestimmt ist.
§. 49. Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu
beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen,
die Gläubiger zu befriedigen und den Ueberschuß den Anfallberechtigten
auszuantworten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren
auch neue Geschäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die
Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese
Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Vertheilung des
Ueberschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind.
Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidation als
fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert.
§. 50. Die Auflösung des Vereins oder die Entziehung der
Rechtsfähigkeit ist durch die Liquidatoren öffentlich bekannt zu machen. In der
Bekanntmachung sind die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern.
Die Bekanntmachung erfolgt durch das in der Satzung für Veröffentlichungen
bestimmte Blatt, in Ermangelung eines solchen durch dasjenige Blatt, welches
für Bekanntmachungen des Amtsgerichts bestimmt ist, in dessen Bezirke der
Verein seinen Sitz hatte. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablaufe des zweiten
Tages nach der Einrückung oder der ersten Einrückung als bewirkt.
Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur
Anmeldung aufzufordern.
§. 51. Das Vermögen darf den Anfallberechtigten nicht vor
dem Ablauf eines Jahres nach der Bekanntmachung der Auflösung des Vereins oder
der Entziehung der Rechtsfähigkeit ausgeantwortet werden.
§. 52. Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der
geschuldete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für
den Gläubiger zu hinterlegen.
Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht
ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf das Vermögen den
Anfallberechtigten nur ausgeantwortet werden, wenn dem Gläubiger Sicherheit
geleistet ist.
§. 53. Liquidatoren, welche die ihnen nach dem § 42 Abs. 2
und den §§. 50 bis 52 obliegenden Verpflichtungen verletzen oder vor der
Befriedigung der Gläubiger Vermögen den Anfallberechtigten ausantworten, sind,
wenn ihnen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus
entstehenden Schaden verantwortlich; sie haften als Gesamtschuldner.
§. 54. Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden die
Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäfte, das im
Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet
der Handelnde persönlich; handeln Mehrere, so haften sie als Gesammtschuldner.
2. Eingetragene Vereine
§. 55. Die Eintragung eines Vereins der im §. 21
bezeichneten Art in das Vereinsregister hat bei dem Amtsgerichte zu geschehen,
in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat.
Die Landesjustizverwaltungen können die Vereinssachen einem
Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zuweisen.
§. 56. Die Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Zahl der
Mitglieder mindestens sieben beträgt.
§. 57. Die Satzung muß den Zweck, den Namen und den Sitz des
Vereins enthalten und ergeben, daß der Verein eingetragen werden soll.
Der Name soll sich von den Namen der an demselben Orte oder
in derselben Gemeinde bestehenden eingetragenen Vereine deutlich unterscheiden.
§. 58. Die Satzung soll Bestimmungen enthalten:
1. über den Eintritt und Austritt
der Mitglieder;
2. darüber, ob und welche Beiträge
von den Mitgliedern zu leisten sind;
3. über die Bildung des Vorstandes;
4. über die Voraussetzungen, unter
denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist, über die Form der Berufung und
über die Beurkundung der Beschlüsse.
§. 59. Der Vorstand hat den Verein zur Eintragung
anzumelden.
Der Anmeldung sind beizufügen:
1. die Satzung in Urschrift und
Abschrift;
2. eine Abschrift der Urkunden über
die Bestellung des Vorstandes.
Die Satzung soll von mindestens sieben Mitgliedern
unterzeichnet sein und die Angabe des Tages der Errichtung enthalten.
§. 60. Die Anmeldung ist, wenn den Erfordernissen der §§. 56
bis 59 nicht genügt ist, von dem Amtsgericht unter Angabe der Gründe
zurückzuweisen.
§. 61. Wird die Anmeldung zugelassen, so hat das Amtsgericht
sie der zuständigen Verwaltungsbehörde mitzutheilen.
Die Verwaltungsbehörde kann gegen die Eintragung Einspruch
erheben, wenn der Verein nach dem öffentlichen Vereinsrecht unerlaubt ist oder
verboten werden kann.
§. 62. Erhebt die Verwaltungsbehörde Einspruch, so hat das
Amtsgericht den Einspruch dem Vorstande mitzutheilen.
§. 63. Die Eintragung darf, sofern nicht die
Verwaltungsbehörde dem Amtsgericht mitteilt, daß Einspruch nicht erhoben werde,
erst erfolgen, wenn seit der Mitteilung der Anmeldung an die Verwaltungsbehörde
sechs Wochen verstrichen sind und Einspruch nicht erhoben ist oder wenn der
erhobene Einspruch seine Wirksamkeit verloren hat.
Der Einspruch ist unwirksam, wenn die nach den Bestimmungen
des Vereinsgesetzes zuständige Behörde nicht binnen eines Monats nach
Einspruchserhebung ein Verbot des Vereins ausgesprochen hat oder wenn das
rechtzeitig ausgesprochene Verbot zurückgenommen oder unanfechtbar aufgehoben
worden ist.
§. 64. Bei der Eintragung sind der Name und der Sitz des
Vereins, der Tag der Errichtung der Satzung sowie die Mitglieder des Vorstandes
im Vereinsregister anzugeben. Bestimmungen, die den Umfang der Vertretungsmacht
des Vorstandes beschränken oder die Beschlußfassung des Vorstandes abweichend
von der Vorschrift des §. 28 Abs. 1 regeln, sind gleichfalls einzutragen.
§. 65. Mit der Eintragung erhält der Name des Vereins den
Zusatz „eingetragener Verein“.
§. 66. Das Amtsgericht hat die Eintragung durch das für
seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen.
Die Urschrift der Satzung ist mit der Bescheinigung der
Eintragung zu versehen und zurückzugeben. Die Abschrift wird von dem
Amtsgerichte beglaubigt und mit den übrigen Schriftstücken aufbewahrt.
§. 67 Jede Änderung des Vorstands ist von dem Vorstand zur
Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunde über die
Änderung beizufügen.
Die Eintragung gerichtlich bestellter Vorstandsmitglieder
erfolgt von Amtswegen.
§. 68. Wird zwischen den bisherigen Mitgliedern des
Vorstandes und einem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen, so kann die
Aenderung des Vorstandes dem Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn sie zur
Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts im Vereinsregister eingetragen oder dem
Dritten bekannt ist. Ist die Aenderung eingetragen, so braucht der Dritte sie
nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie nicht kennt, seine Unkenntniß
auch nicht auf Fahrlässigkeit beruht.
§. 69. Der Nachweis, daß der Vorstand aus den im Register
eingetragenen Personen besteht, wird Behörden gegenüber durch ein Zeugniß des
Amtsgerichts über die Eintragung geführt.
§. 70. Die Vorschriften des §. 68 gelten auch für
Bestimmungen, die den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes beschränken
oder die Beschlußfassung des Vorstandes abweichend von der Vorschrift des §. 28
Abs. 1 regeln.
§. 71. Aenderungen der Satzung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit
der Eintragung in das Vereinsregister. Die Aenderung ist von dem Vorstande zur
Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist der die Aenderung enthaltende Beschluß
in Urschrift und Abschrift beizufügen.
Die Vorschriften der §§. 60 bis 64 und des §. 66 Abs. 2
finden entsprechende Anwendung.
§ 72. Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Verlangen
jederzeit eine von ihm vollzogene Bescheinigung über die Zahl der
Vereinsmitglieder einzureichen.
§. 73. Sinkt die Zahl der Vereinsmitglieder unter drei
herab, so hat das Amtsgericht auf Antrag des Vorstandes und, wenn der Antrag
nicht binnen drei Monaten gestellt wird, von Amtswegen nach Anhörung des
Vorstandes dem Vereine die Rechtsfähigkeit zu entziehen.
§. 74. Die Auflösung des Vereins sowie die Entziehung der
Rechtsfähigkeit ist in das Vereinsregister einzutragen. Im Falle der Eröffnung
des Konkurses unterbleibt die Eintragung.
Wird der Verein durch Beschluß der Mitgliederversammlung
oder durch den Ablauf der für die Dauer des Vereins bestimmten Zeit aufgelöst,
so hat der Vorstand die Auflösung zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist
im ersteren Falle eine Abschrift des
Auflösungsbeschlusses beizufügen.
Wird dem Verein auf Grund des § 43 die Rechtsfähigkeit
entzogen, so erfolgt die Eintragung auf Anzeige der zuständigen Behörde.
§. 75. Die Eröffnung des Konkurses ist von Amtswegen
einzutragen. Das Gleiche gilt von der Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses.
§. 76. Die Liquidatoren sind in das Vereinsregister einzutragen.
Das Gleiche gilt von Bestimmungen, welche die Beschlußfassung der Liquidatoren
abweichend von der Vorschrift des §. 48 Abs. 3 regeln.
Die Anmeldung hat durch den Vorstand, bei späteren
Aenderungen durch die Liquidatoren zu erfolgen. Der Anmeldung der durch
Beschluß der Mitgliederversammlung bestellten Liquidatoren ist eine Abschrift
des Beschlusses, der Anmeldung einer Bestimmung über die Beschlußfassung der
Liquidatoren eine Abschrift der die Bestimmung enthaltenden Urkunde beizufügen.
Die Eintragung gerichtlich bestellter Liquidatoren geschieht
von Amtswegen.
§. 77. Die Anmeldungen zum Vereinsregister sind von den
Mitgliedern des Vorstandes sowie von den Liquidatoren mittelst öffentlich
beglaubigter Erklärung zu bewirken.
§. 78. Das Amtsgericht kann die Mitglieder des Vorstandes
zur Befolgung der Vorschriften des §. 67 Abs. 1, des §. 71 Abs. 1, des §. 72,
des §. 74 Abs. 2 und des §. 76 durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten.
In gleicher Weise können die Liquidatoren zur Befolgung der
Vorschriften des §. 76 angehalten werden.
§. 79. Die Einsicht des Vereinsregisters sowie der von dem
Vereine bei dem Amtsgericht eingereichten Schriftstücke ist Jedem gestattet.
Von den Eintragungen kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist
auf Verlangen zu beglaubigen.
II. Stiftungen
§. 80. Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung ist außer
dem Stiftungsgeschäfte die Genehmigung des Bundesstaats erforderlich, in dessen
Gebiete die Stiftung ihren Sitz haben soll. Soll die Stiftung ihren Sitz nicht
in einem Bundesstaate haben, so ist die Genehmigung des Bundesraths
erforderlich. Als Sitz der Stiftung gilt, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist,
der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird. 12
§. 81. Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden bedarf der schriftlichen
Form.
Bis zur Ertheilung der Genehmigung ist der Stifter zum
Widerrufe berechtigt. Ist die Genehmigung bei der zuständigen Behörde
nachgesucht, so kann der Widerruf nur dieser gegenüber erklärt werden. Der Erbe
des Stifters ist zum Widerrufe nicht berechtigt, wenn der Stifter das Gesuch
bei der zuständigen Behörde eingereicht oder im Falle der notariellen
Beurkundung des Stiftungsgeschäfts den Notar bei oder nach der Beurkundung mit
der Einreichung betraut hat.
§. 82. Wird die Stiftung genehmigt, so ist der Stifter
verpflichtet, das in dem Stiftungsgeschäfte zugesicherte Vermögen auf die
Stiftung zu übertragen. Rechte, zu deren Uebertragung der Abtretungsvertrag
genügt, gehen mit der Genehmigung auf die Stiftung über, sofern nicht aus dem
Stiftungsgeschäfte sich ein anderer Wille des Stifters ergiebt.
§. 83. Besteht das Stiftungsgeschäft in einer Verfügung von
Todeswegen, so hat das Nachlaßgericht die Genehmigung einzuholen, sofern sie
nicht von dem Erben oder dem Testamentsvollstrecker nachgesucht wird.
§. 84. Wird die Stiftung erst nach dem Tode des Stifters
genehmigt, so gilt sie für die Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen
Tode entstanden.
§. 85. Die Verfassung einer Stiftung wird, soweit sie nicht
auf Reichs- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt.
§. 86. Die Vorschriften des §. 26, des §. 27 Abs. 3 und der
§§. 28 bis 31, 42 finden auf Stiftungen entsprechende Anwendung, die
Vorschriften des §. 27 Abs. 3 und des §. 28 Abs. 1 jedoch nur insoweit, als
sich nicht aus der Verfassung, insbesondere daraus, daß die Verwaltung der
Stiftung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, ein Anderes ergiebt. Die
Vorschriften des §. 28 Abs. 2 und des §. 29 finden auf Stiftungen, deren
Verwaltung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, keine Anwendung.
§. 87. Ist die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich
geworden oder gefährdet sie das Gemeinwohl, so kann die zuständige Behörde der
Stiftung eine andere Zweckbestimmung geben oder sie aufheben.
Bei der Umwandlung des Zweckes ist die Absicht des Stifters
thunlichst zu berücksichtigen, insbesondere dafür Sorge zu tragen, daß die
Erträge des Stiftungsvermögens dem Personenkreise, dem sie zu Statten kommen
sollten, im Sinne des Stifters thunlichst erhalten bleiben. Die Behörde kann
die Verfassung der Stiftung ändern, soweit die Umwandlung des Zweckes es
erfordert.
Vor der Umwandlung des Zweckes und der Aenderung der
Verfassung soll der Vorstand der Stiftung gehört werden.
§. 88. Mit dem Erlöschen der Stiftung fällt das Vermögen an
die in der Verfassung bestimmten Personen. Die Vorschriften der §§. 46 bis 53
finden entsprechende Anwendung.
III. Juristische Personen des öffentlichen Rechtes
§. 89. Die Vorschrift des §. 31 findet auf den Fiskus sowie
auf die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes
entsprechende Anwendung.
Das Gleiche gilt, soweit bei Körperschaften, Stiftungen und
Anstalten des öffentlichen Rechtes der Konkurs zulässig ist, von der Vorschrift
des §. 42 Abs. 2.
Zweiter Abschnitt.
Sachen.
§. 90. Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche
Gegenstände.
§. 91. Vertretbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind
bewegliche Sachen, die im Verkehre nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu
werden pflegen.
§. 92. Verbrauchbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind
bewegliche Sachen, deren bestimmungsmäßiger Gebrauch in dem Verbrauch oder in
der Veräußerung besteht.
Als verbrauchbar gelten auch bewegliche Sachen, die zu einem
Waarenlager oder zu einem sonstigen Sachinbegriffe gehören, dessen bestimmungsmäßiger
Gebrauch in der Veräußerung der einzelnen Sachen besteht.
§. 93. Bestandtheile einer Sache, die von einander nicht
getrennt werden können, ohne daß der eine oder der andere zerstört oder in
seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandtheile), können nicht
Gegenstand besonderer Rechte sein.
§. 94. Zu den wesentlichen Bestandtheilen eines Grundstücks
gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere
Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen.
Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze mit dem Einpflanzen wesentlicher
Bestandtheil des Grundstücks.
Zu den wesentlichen Bestandtheilen eines Gebäudes gehören
die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.
§. 95. Zu den Bestandtheilen eines Grundstücks gehören
solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und
Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werke,
das in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstücke von dem Berechtigten
mit dem Grundstücke verbunden worden ist.
Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke in ein
Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandtheilen des Gebäudes.
§. 96. Rechte, die mit dem Eigenthum an einem Grundstücke
verbunden sind, gelten als Bestandtheile des Grundstücks.
§. 97. Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne
Bestandtheile der Hauptsache zu sein, dem wirthschaftlichen Zwecke der
Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung
entsprechenden räumlichen Verhältnisse stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör,
wenn sie im Verkehre nicht als Zubehör angesehen wird.
Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den
wirthschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft.
Die vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die
Zubehöreigenschaft nicht auf.
§. 98. Dem wirthschaftlichen Zwecke der Hauptsache sind zu
dienen bestimmt:
1. bei einem Gebäude, das für einen
gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist, insbesondere bei einer Mühle,
einer Schmiede, einem Brauhaus, einer Fabrik, die zu dem Betriebe bestimmten
Maschinen und sonstigen Geräthschaften;
2. bei einem Landgute das zum
Wirthschaftsbetriebe bestimmte Geräth und Vieh, die landwirthschaftlichen
Erzeugnisse, soweit sie zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit
erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich
gewonnen werden, sowie der vorhandene auf dem Gute gewonnene Dünger.
§. 99. Früchte einer Sache sind die Erzeugnisse der Sache
und die sonstige Ausbeute, welche aus der Sache ihrer Bestimmung gemäß gewonnen
wird.
Früchte eines Rechtes sind die Erträge, welche das Recht
seiner Bestimmung gemäß gewährt, insbesondere bei einem Rechte auf Gewinnung
von Bodenbestandtheilen die gewonnenen Bestandtheile.
Früchte sind auch die Erträge, welche eine Sache oder ein
Recht vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt.
§. 100. Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines
Rechtes sowie die Vortheile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechtes
gewährt.
§. 101. Ist Jemand berechtigt, die Früchte einer Sache oder
eines Rechtes bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu
beziehen, so gebühren ihm, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist:
1. die im §. 99 Abs. 1 bezeichneten
Erzeugnisse und Bestandtheile, auch wenn er sie als Früchte eines Rechtes zu
beziehen hat, insoweit, als sie während der Dauer der Berechtigung von der
Sache getrennt werden;
2. andere Früchte insoweit, als sie
während der Dauer der Berechtigung fällig werden; bestehen jedoch die Früchte
in der Vergütung für die Ueberlassung des Gebrauchs oder des Fruchtgenusses, in
Zinsen, Gewinnantheilen oder anderen regelmäßig wiederkehrenden Erträgen, so
gebührt dem Berechtigten ein der Dauer seiner Berechtigung entsprechender
Theil.
§. 102. Wer zur Herausgabe von Früchten verpflichtet ist,
kann Ersatz der auf die Gewinnung der Früchte verwendeten Kosten insoweit
verlangen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth
der Früchte nicht übersteigen.
§. 103. Wer verpflichtet ist, die Lasten einer Sache oder
eines Rechtes bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu
tragen, hat, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, die regelmäßig
wiederkehrenden Lasten nach dem Verhältnisse der Dauer seiner Verpflichtung,
andere Lasten insoweit zu tragen, als sie während der Dauer seiner
Verpflichtung zu entrichten sind.
Dritter Abschnitt.
Rechtsgeschäfte.
Erster Titel.
Geschäftsfähigkeit.
§. 104. Geschäftsunfähig ist:
1. wer nicht das siebente
Lebensjahr vollendet hat;
2. wer sich in einem die freie
Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der
Geistesthätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein
vorübergehender ist;
3. wer wegen Geisteskrankheit
entmündigt ist.
§. 105. Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist
nichtig.
Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustande der
Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistesthätigkeit abgegeben
wird.
§. 106. Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr
vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§. 107 bis 113 in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt.
§. 107. Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung,
durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vortheil erlangt, der
Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
§. 108. Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die
erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die
Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab.
Fordert der andere Theil den Vertreter zur Erklärung über
die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor
der Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder
Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum
Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird
sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden,
so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters.
§. 109. Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere
Theil zum Widerrufe berechtigt. Der Widerruf kann auch dem Minderjährigen
gegenüber erklärt werden.
Hat der andere Theil die Minderjährigkeit gekannt, so kann
er nur widerrufen, wenn der Minderjährige der Wahrheit zuwider die Einwilligung
des Vertreters behauptet hat; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen,
wenn ihm das Fehlen der Einwilligung bei dem Abschlusse des Vertrags bekannt
war.
§. 110. Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam,
wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm
zu diesem Zwecke oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung
von einem Dritten überlassen worden sind.
§. 111. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der
Minderjährige ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
vornimmt, ist unwirksam. Nimmt der Minderjährige mit dieser Einwilligung ein solches
Rechtsgeschäft einem Anderen gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft
unwirksam, wenn der Minderjährige die Einwilligung nicht in schriftlicher Form
vorlegt und der Andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich
zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vertreter den
Anderen von der Einwilligung in Kenntniß gesetzt hatte.
§. 112. Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts den Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines
Erwerbsgeschäfts, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte
unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt.
Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu denen der Vertreter der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts bedarf.
Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts zurückgenommen werden.
§. 113. Ermächtigt der gesetzliche Vertreter den
Minderjährigen, in Dienst oder in Arbeit zu treten, so ist der Minderjährige
für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung
oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder
die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältniß ergebenden Verpflichtungen
betreffen. Ausgenommen sind Verträge, zu denen der Vertreter der Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts bedarf.
Die Ermächtigung kann von dem Vertreter zurückgenommen oder
eingeschränkt werden.
Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so kann die
Ermächtigung, wenn sie von ihm verweigert wird, auf Antrag des Minderjährigen
durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Das Vormundschaftsgericht hat
die Ermächtigung zu ersetzen, wenn sie im Interesse des Mündels liegt.
Die für einen einzelnen Fall ertheilte Ermächtigung gilt im
Zweifel als allgemeine Ermächtigung zur Eingehung von Verhältnissen derselben
Art.
§. 114. Wer wegen Geistesschwäche, Verschwendung, Trunksucht
oder Rauschgiftsucht entmündigt oder wer nach §. 1906 unter vorläufige
Vormundschaft gestellt ist, steht in Ansehung der Geschäftsfähigkeit einem
Minderjährigen gleich, der das siebente Lebensjahr vollendet hat.
§. 115. Wird ein die Entmündigung aussprechender Beschluß in
Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben, so kann die Wirksamkeit der von oder
gegenüber dem Entmündigten vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht auf Grund des
Beschlusses in Frage gestellt werden. Auf die Wirksamkeit der von oder
gegenüber dem gesetzlichen Vertreter vorgenommenen Rechtsgeschäfte hat die
Aufhebung keinen Einfluß.
Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn im
Falle einer vorläufigen Vormundschaft der Antrag auf Entmündigung
zurückgenommen oder rechtskräftig abgewiesen oder der die Entmündigung
aussprechende Beschluß in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben wird.
Zweiter Titel.
Willenserklärung.
§. 116. Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig,
weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die
Erklärung ist nichtig, wenn sie einem Anderen gegenüber abzugeben ist und
dieser den Vorbehalt kennt.
§. 117. Wird eine Willenserklärung, die einem Anderen
gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnisse nur zum Schein abgegeben,
so ist sie nichtig.
Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft
verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften
Anwendung.
§. 118. Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die
in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht
verkannt werden, ist nichtig.
§. 119. Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren
Inhalt im Irrthume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht
abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, daß er sie
bei Kenntniß der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht
abgegeben haben würde.
Als Irrthum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der
Irrthum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als
wesentlich angesehen werden.
§. 120. Eine Willenserklärung, welche durch die zur
Uebermittlung verwendete Person oder Anstalt unrichtig übermittelt worden ist,
kann unter der gleichen Voraussetzung angefochten werden wie nach §. 119 eine
irrthümlich abgegebene Willenserklärung.
§. 121. Die Anfechtung muß in den Fällen der §§. 119, 120
ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der
Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Die
einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt,
wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der
Willenserklärung dreißig Jahre verstrichen sind.
§. 122. Ist eine Willenserklärung nach §. 118 nichtig oder
auf Grund der §§. 119, 120 angefochten, so hat der Erklärende, wenn die
Erklärung einem Anderen gegenüber abzugeben war, diesem, anderenfalls jedem
Dritten den Schaden zu ersetzen, den der Andere oder der Dritte dadurch
erleidet, daß er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut, jedoch nicht über
den Betrag des Interesses hinaus, welches der Andere oder der Dritte an der
Gültigkeit der Erklärung hat.
Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der
Beschädigte den Grund der Nichtigkeit oder der Anfechtbarkeit kannte oder in
Folge von Fahrlässigkeit nicht kannte (kennen mußte).
§. 123. Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch
arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist,
kann die Erklärung anfechten.
Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung,
die einem Anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die
Täuschung kannte oder kennen mußte. Soweit ein Anderer als derjenige, welchem
gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht
erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung
kannte oder kennen mußte.
§. 124. Die Anfechtung einer nach §. 123 anfechtbaren
Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im
Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den
Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften des §. 203
Abs. 2 und der §§. 206, 207 entsprechende Anwendung.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der
Willenserklärung dreißig Jahre verstrichen sind.
§. 125. Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz
vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch
Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur
Folge.
§. 126. Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben,
so muß die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder
mittelst notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
Bei einem Vertrage muß die Unterzeichnung der Parteien auf
derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende
Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei
bestimmte Urkunde unterzeichnet.
Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung
ersetzt.
§. 127. Die Vorschriften des §. 126 gelten im Zweifel auch
für die durch Rechtsgeschäft bestimmte schriftliche Form. Zur Wahrung der Form
genügt jedoch, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, telegraphische
Uebermittelung und bei einem Vertrage Briefwechsel; wird eine solche Form
gewählt, so kann nachträglich eine dem §. 126 entsprechende Beurkundung
verlangt werden.
§. 127a. Die notarielle Beurkundung wird bei einem
gerichtlichen Vergleich durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den
Vorschriften der Zivilprozeßordnung errichtetes Protokoll ersetzt.
§. 128. Ist durch Gesetz notarielle Beurkundung eines
Vertrags vorgeschrieben, so genügt es, wenn zunächst der Antrag und sodann die
Annahme des Antrags von einem Notar beurkundet wird.
§. 129. Ist durch Gesetz für eine Erklärung öffentliche
Beglaubigung vorgeschrieben, so muß die Erklärung schriftlich abgefaßt und die
Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden. Wird die
Erklärung von dem Aussteller mittelst Handzeichens unterzeichnet, so ist die im
§. 126 Abs. 1 vorgeschriebene Beglaubigung des Handzeichens erforderlich und
genügend.
Die öffentliche Beglaubigung wird durch die notarielle
Beurkundung der Erklärung ersetzt.
§. 130. Eine Willenserklärung, die einem Anderen gegenüber
abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem
Zeitpunkte wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem
Anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.
Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne
Einfluß, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.
Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die
Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.
§. 131. Wird die Willenserklärung einem Geschäftsunfähigen
gegenüber abgegeben, so wird sie nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen
Vertreter zugeht.
Das Gleiche gilt, wenn die Willenserklärung einer in der
Geschäftsfähigkeit beschränkten Person gegenüber abgegeben wird. Bringt die
Erklärung jedoch der in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person lediglich
einen rechtlichen Vortheil oder hat der gesetzliche Vertreter seine
Einwilligung ertheilt, so wird die Erklärung in dem Zeitpunkte wirksam, in
welchem sie ihr zugeht.
§. 132. Eine Willenserklärung gilt auch dann als zugegangen,
wenn sie durch Vermittelung eines Gerichtsvollziehers zugestellt worden ist.
Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung.
Befindet sich der Erklärende über die Person desjenigen,
welchem gegenüber die Erklärung abzugeben ist, in einer nicht auf
Fahrlässigkeit beruhenden Unkenntniß oder ist der Aufenthalt dieser Person
unbekannt, so kann die Zustellung nach den für die öffentliche Zustellung einer
Ladung geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung erfolgen. Zuständig für
die Bewilligung ist im ersteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke der
Erklärende seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes
seinen Aufenthalt hat, im letzteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke
die Person, welcher zuzustellen ist, den letzten Wohnsitz oder in Ermangelung
eines inländischen Wohnsitzes den letzten Aufenthalt hatte.
§. 133. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der
wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des
Ausdrucks zu haften.
§. 134. Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches
Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes
ergiebt.
§. 135. Verstößt die Verfügung über einen Gegenstand gegen
ein gesetzliches Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen
bezweckt, so ist sie nur diesen Personen gegenüber unwirksam. Der
rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die im Wege der
Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von
einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§. 136. Ein Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder
von einer anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht
einem gesetzlichen Veräußerungsverbote der im §. 135 bezeichneten Art gleich.
§. 137. Die Befugniß zur Verfügung über ein veräußerliches
Recht kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Die Wirksamkeit einer Verpflichtung, über ein solches Recht nicht zu verfügen,
wird durch diese Vorschrift nicht berührt.
§. 138. Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten
verstößt, ist nichtig.
Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das
jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an
Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder
einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren
läßt, die in einem auffälligen Mißverhältnis zu der Leistung stehen.
§. 139. Ist ein Theil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist
das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne
den nichtigen Theil vorgenommen sein würde.
§. 140. Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den
Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn
anzunehmen ist, daß dessen Geltung bei Kenntniß der Nichtigkeit gewollt sein
würde.
§. 141. Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen,
welcher es vorgenommen hat, bestätigt, so ist die Bestätigung als erneute
Vornahme zu beurtheilen.
Wird ein nichtiger Vertrag von den Parteien bestätigt, so
sind diese im Zweifel verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden,
wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre.
§. 142. Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so
ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.
Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen mußte, wird, wenn
die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des
Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.
§. 143. Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
Anfechtungsgegner.
Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrage der andere Theil,
im Falle des §. 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag
unmittelbar ein Recht erworben hat.
Bei einem einseitigen Rechtsgeschäfte, das einem Anderen
gegenüber vorzunehmen war, ist der Andere der Anfechtungsgegner. Das Gleiche
gilt bei einem Rechtsgeschäfte, das einem Anderen oder einer Behörde gegenüber
vorzunehmen war, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber
vorgenommen worden ist.
Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist
Anfechtungsgegner Jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen
rechtlichen Vortheil erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die
Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben war, durch Erklärung
gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen
mittheilen, welcher durch das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.
§. 144. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn das
anfechtbare Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird.
Die Bestätigung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft
bestimmten Form.
Dritter Titel.
Vertrag.
§. 145. Wer einem Anderen die Schließung eines Vertrags
anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, daß er die Gebundenheit
ausgeschlossen hat.
§. 146. Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden
gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber nach den §§. 147 bis
149 rechtzeitig angenommen wird.
§. 147. Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort
angenommen werden. Dies gilt auch von einem mittelst Fernsprechers von Person
zu Person gemachten Antrage.
Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem
Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort
unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.
§. 148. Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine
Frist bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Frist erfolgen.
§. 149. Ist eine dem Antragenden verspätet zugegangene
Annahmeerklärung dergestalt abgesendet worden, daß sie bei regelmäßiger
Beförderung ihm rechtzeitig zugegangen sein würde, und mußte der Antragende
dies erkennen, so hat er die Verspätung dem Annehmenden unverzüglich nach dem
Empfange der Erklärung anzuzeigen, sofern es nicht schon vorher geschehen ist.
Verzögert er die Absendung der Anzeige, so gilt die Annahme als nicht
verspätet.
§. 150. Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer
Antrag.
Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder
sonstigen Aenderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrage.
§. 151. Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zu
Stande, ohne daß die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden
braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten
ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der
Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu
entnehmenden Willen des Antragenden.
§. 152. Wird ein Vertrag notariell beurkundet, ohne daß
beide Theile gleichzeitig anwesend sind, so kommt der Vertrag mit der nach §.
128 erfolgten Beurkundung der Annahme zu Stande, wenn nicht ein Anderes
bestimmt ist. Die Vorschrift des §. 151 Satz 2 findet Anwendung.
§. 153. Das Zustandekommen des Vertrags wird nicht dadurch
gehindert, daß der Antragende vor der Annahme stirbt oder geschäftsunfähig
wird, es sei denn, daß ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist.
§. 154. Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte
eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer
Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag
nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht
bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.
Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet
worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung
erfolgt ist.
§. 155. Haben sich die Parteien bei einem Vertrage, den sie
als geschlossen ansehen, über einen Punkt, über den eine Vereinbarung getroffen
werden sollte, in Wirklichkeit nicht geeinigt, so gilt das Vereinbarte, sofern
anzunehmen ist, daß der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt
geschlossen sein würde.
§. 156. Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch
den Zuschlag zu Stande. Ein Gebot erlischt, wenn ein Uebergebot abgegeben oder
die Versteigerung ohne Ertheilung des Zuschlags geschlossen wird.
§. 157. Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben
mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Vierter Titel.
Bedingung. Zeitbestimmung.
§. 158. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden
Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung
mit dem Eintritte der Bedingung ein.
Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung
vorgenommen, so endigt mit dem Eintritte der Bedingung die Wirkung des
Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkte tritt der frühere Rechtszustand wieder
ein.
§. 159. Sollen nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts die an
den Eintritt der Bedingung geknüpften Folgen auf einen früheren Zeitpunkt
zurückbezogen werden, so sind im Falle des Eintritts der Bedingung die
Betheiligten verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn die
Folgen in dem früheren Zeitpunkt eingetreten wären.
§. 160. Wer unter einer aufschiebenden Bedingung berechtigt
ist, kann im Falle des Eintritts der Bedingung Schadensersatz von dem anderen
Theile verlangen, wenn dieser während der Schwebezeit das von der Bedingung
abhängige Recht durch sein Verschulden vereitelt oder beeinträchtigt.
Den gleichen Anspruch hat unter denselben Voraussetzungen
bei einem unter einer auflösenden Bedingung vorgenommenen Rechtsgeschäfte
derjenige, zu dessen Gunsten der frühere Rechtszustand wiedereintritt.
§. 161. Hat Jemand unter einer aufschiebenden Bedingung über
einen Gegenstand verfügt, so ist jede weitere Verfügung, die er während der
Schwebezeit über den Gegenstand trifft, im Falle des Eintritts der Bedingung
insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln
oder beeinträchtigen würde. Einer solchen Verfügung steht eine Verfügung
gleich, die während der Schwebezeit im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.
Dasselbe gilt bei einer auflösenden Bedingung von den
Verfügungen desjenigen, dessen Recht mit dem Eintritte der Bedingung endigt.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von
einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§. 162. Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu
deren Nachtheil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt
die Bedingung als eingetreten.
Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren
Vortheil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der
Eintritt als nicht erfolgt.
§. 163. Ist für die Wirkung eines Rechtsgeschäfts bei dessen
Vornahme ein Anfangs- oder ein Endtermin bestimmt worden, so finden im ersteren
Falle die für die aufschiebende, im letzteren Falle die für die auflösende
Bedingung geltenden Vorschriften der §§. 158, 160, 161 entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Vertretung. Vollmacht.
§. 164. Eine Willenserklärung, die Jemand innerhalb der ihm
zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgiebt, wirkt
unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die
Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände
ergeben, daß sie in dessen Namen erfolgen soll.
Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht
erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln,
nicht in Betracht.
Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung,
wenn eine gegenüber einem Anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter
gegenüber erfolgt.
§. 165. Die Wirksamkeit einer von oder gegenüber einem
Vertreter abgegebenen Willenserklärung wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß
der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist.
§. 166. Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung
durch Willensmängel oder durch die Kenntniß oder das Kennenmüssen gewisser
Umstände beeinflusßt werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern
die des Vertreters in Betracht.
Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft ertheilten
Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des
Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände,
die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntniß des Vertreters berufen. Dasselbe
gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen mußte, sofern das
Kennenmüssen der Kenntniß gleichsteht.
§. 167. Die Ertheilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung
gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die
Vertretung stattfinden soll.
Die Erklärung bedarf nicht der Form, welche für das
Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht.
§. 168. Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem
ihrer Ertheilung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse. Die Vollmacht ist auch
bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht
aus diesem ein Anderes ergiebt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die
Vorschrift des §. 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§. 169. Soweit nach den §§. 674, 729 die erloschene
Vollmacht eines Beauftragten oder eines geschäftsführenden Gesellschafters als
fortbestehend gilt, wirkt sie nicht zu Gunsten eines Dritten, der bei der
Vornahme eines Rechtsgeschäfts das Erlöschen kennt oder kennen muß.
§. 170. Wird die Vollmacht durch Erklärung gegenüber einem
Dritten ertheilt, so bleibt sie diesem gegenüber in Kraft, bis ihm das
Erlöschen von dem Vollmachtgeber angezeigt wird.
§. 171. Hat Jemand durch besondere Mittheilung an einen
Dritten oder durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, daß er einen Anderen
bevollmächtigt habe, so ist dieser auf Grund der Kundgebung im ersteren Falle
dem Dritten gegenüber, im letzteren Falle jedem Dritten gegenüber zur
Vertretung befugt.
Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Kundgebung in
derselben Weise, wie sie erfolgt ist, widerrufen wird.
§. 172. Der besonderen Mittheilung einer Bevollmächtigung
durch den Vollmachtgeber steht es gleich, wenn dieser dem Vertreter eine
Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt.
Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die
Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt
wird.
§. 173. Die Vorschriften des §. 170, des §. 171 Abs. 2 und
des §. 172 Abs. 2 finden keine Anwendung, wenn der Dritte das Erlöschen der
Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt oder kennen muß.
§. 174. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter
einem Anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine
Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der Andere das Rechtsgeschäft aus diesem
Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der
Vollmachtgeber den Anderen von der Bevollmächtigung in Kenntniß gesetzt hatte.
§. 175. Nach dem Erlöschen der Vollmacht hat der
Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückzugeben; ein
Zurückbehaltungsrecht steht ihm nicht zu.
§. 176. Der Vollmachtgeber kann die Vollmachtsurkunde durch
eine öffentliche Bekanntmachung für kraftlos erklären; die Kraftloserklärung
muß nach den für die öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden Vorschriften
der Zivilprozeßordnung veröffentlicht werden. Mit dem Ablauf eines Monats nach
der letzten Einrückung in die öffentlichen Blätter wird die Kraftloserklärung
wirksam.
Zuständig für die Bewilligung der Veröffentlichung ist
sowohl das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Vollmachtgeber seinen allgemeinen
Gerichtsstand hat, als das Amtsgericht, welches für die Klage auf Rückgabe der
Urkunde, abgesehen von dem Werthe des Streitgegenstandes, zuständig sein würde.
Die Kraftloserklärung ist unwirksam, wenn der Vollmachtgeber
die Vollmacht nicht widerrufen kann.
§. 177. Schließt Jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines
Anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den
Vertretenen von dessen Genehmigung ab.
Fordert der andere Theil den Vertretenen zur Erklärung über
die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor
der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung
der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von
zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht
erklärt, so gilt sie als verweigert.
§. 178. Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere
Theil zum Widerrufe berechtigt, es sei denn, daß er den Mangel der
Vertretungsmacht bei dem Abschlusse des Vertrags gekannt hat. Der Widerruf kann
auch dem Vertreter gegenüber erklärt werden.
§. 179. Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat,
ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Theile nach
dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatze verpflichtet, wenn der
Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert.
Hat der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht
gekannt, so ist er nur zum Ersatze desjenigen Schadens verpflichtet, welchen der
andere Theil dadurch erleidet, daß er auf die Vertretungsmacht vertraut, jedoch
nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Theil an der
Wirksamkeit des Vertrags hat.
Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Theil den Mangel
der Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte. Der Vertreter haftet auch dann
nicht, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, es sei denn, daß er
mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat.
§. 180. Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung
ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein
solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete
Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder
ist er damit einverstanden gewesen, daß der Vertreter ohne Vertretungsmacht
handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das
Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter
ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnisse vorgenommen wird.
§. 181. Ein Vertreter kann, soweit nicht ein Anderes ihm
gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als
Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, daß
das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit
besteht.
Sechster Titel.
Einwilligung. Genehmigung.
§. 182. Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines
einseitigen Rechtsgeschäfts, das einem Anderen gegenüber vorzunehmen ist, von
der Zustimmung eines Dritten ab, so kann die Ertheilung sowie die Verweigerung
der Zustimmung sowohl dem einen als dem anderen Theile gegenüber erklärt
werden.
Die Zustimmung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft
bestimmten Form.
Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von
der Zustimmung eines Dritten abhängt, mit Einwilligung des Dritten vorgenommen,
so finden die Vorschriften des §. 111 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung.
§. 183. Die vorherige Zustimmung (Einwilligung) ist bis zur
Vornahme des Rechtsgeschäfts widerruflich, soweit nicht aus dem ihrer
Ertheilung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt. Der
Widerruf kann sowohl dem einen als dem anderen Theile gegenüber erklärt werden.
§. 184. Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf
den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein Anderes
bestimmt ist.
Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam,
die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem
Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt sind.
§. 185. Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen
Gegenstand trifft, ist wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten
erfolgt.
Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie
genehmigt oder wenn der Verfügende den Gegenstand erwirbt oder wenn er von dem
Berechtigten beerbt wird und dieser für die Nachlaßverbindlichkeiten
unbeschränkt haftet. In den beiden letzteren Fällen wird, wenn über den
Gegenstand mehrere mit einander nicht in Einklang stehende Verfügungen
getroffen worden sind, nur die frühere Verfügung wirksam.
Vierter Abschnitt.
Fristen. Termine.
§. 186. Für die in Gesetzen, gerichtlichen Verfügungen und
Rechtsgeschäften enthaltenen Frist- und Terminsbestimmungen gelten die
Auslegungsvorschriften der §§. 187 bis 193.
§. 187. Ist für den Anfang einer Frist ein Ereigniß oder ein
in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung
der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereigniß oder der
Zeitpunkt fällt.
Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist
maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist
mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des
Lebensalters.
§. 188. Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem
Ablaufe des letzten Tages der Frist.
Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem
mehrere Monate umfassenden Zeitraume – Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr –
bestimmt ist, endigt im Falle des §. 187 Abs. 1 mit dem Ablaufe desjenigen
Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung
oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereigniß oder der Zeitpunkt fällt,
im Falle des §. 187 Abs. 2 mit dem Ablaufe desjenigen Tages der letzten Woche
oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung
oder seine Zahl dem Anfangstage der Frist entspricht.
Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten
Monate der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablaufe
des letzten Tages dieses Monats.
§. 189. Unter einem halben Jahre wird eine Frist von sechs
Monaten, unter einem Vierteljahre eine Frist von drei Monaten, unter einem
halben Monat eine Frist von fünfzehn Tagen verstanden.
Ist eine Frist auf einen oder mehrere ganze Monate und einen
halben Monat gestellt, so sind die fünfzehn Tage zuletzt zu zählen.
§. 190. Im Falle der Verlängerung einer Frist wird die neue
Frist von dem Ablaufe der vorigen Frist an berechnet.
§. 191. Ist ein Zeitraum nach Monaten oder nach Jahren in
dem Sinne bestimmt, daß er nicht zusammenhängend zu verlaufen braucht, so wird
der Monat zu dreißig, das Jahr zu dreihundertfünfundsechzig Tagen gerechnet.
§. 192. Unter Anfang des Monats wird der erste, unter Mitte
des Monats der fünfzehnte, unter Ende des Monats der letzte Tag des Monats
verstanden.
§. 193. Ist an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist
eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken, und fällt der
bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am
Erklärungs- oder Leistungsorte staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder
einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste
Werktag.
Fünfter Abschnitt.
Verjährung.
§. 194. Das Recht, von einem Anderen ein Thun oder ein
Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung.
Der Anspruch aus einem familienrechtlichen Verhältniß
unterliegt der Verjährung nicht, soweit er auf die Herstellung des dem
Verhältniß entsprechenden Zustandes für die Zukunft gerichtet ist.
§. 195. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt dreißig
Jahre.
§. 196. In zwei Jahren verjähren die Ansprüche:
1. der Kaufleute, Fabrikanten,
Handwerker und derjenigen, welche ein Kunstgewerbe betreiben, für Lieferung von
Waaren, Ausführung von Arbeiten und Besorgung fremder Geschäfte, mit Einschluß
der Auslagen, es sei denn, daß die Leistung für den Gewerbebetrieb des
Schuldners erfolgt;
2. derjenigen, welche Land- oder
Forstwirthschaft betreiben, für Lieferung von land- oder forstwirthschaftlichen
Erzeugnissen, sofern die Lieferung zur Verwendung im Haushalte des Schuldners
erfolgt;
3. der Eisenbahnunternehmungen,
Frachtfuhrleute, Schiffer, Lohnkutscher und Boten wegen des Fahrgeldes, der
Fracht, des Fuhr- und Botenlohns, mit Einschluß der Auslagen;
4. der Gastwirthe und derjenigen,
welche Speisen oder Getränke gewerbsmäßig verabreichen, für Gewährung von Wohnung
und Beköstigung sowie für andere den Gästen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse
gewährte Leistungen, mit Einschluß der Auslagen;
5. derjenigen, welche Lotterieloose
vertreiben, aus dem Vertriebe der Loose, es sei denn, daß die Loose zum
Weitervertriebe geliefert werden;
6. derjenigen, welche bewegliche
Sachen gewerbsmäßig vermiethen, wegen des Miethzinses;
7. derjenigen, welche, ohne zu den
in Nr. 1 bezeichneten Personen zu gehören, die Besorgung fremder Geschäfte oder
die Leistung von Diensten gewerbsmäßig betreiben, wegen der ihnen aus dem
Gewerbebetriebe gebührenden Vergütungen, mit Einschluß der Auslagen;
8. derjenigen, welche im
Privatdienste stehen, wegen des Gehalts, Lohnes oder anderer Dienstbezüge, mit
Einschluß der Auslagen, sowie der Dienstberechtigten wegen der auf solche
Ansprüche gewährten Vorschüsse;
9. der gewerblichen Arbeiter –
Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter –, der Tagelöhner und
Handarbeiter wegen des Lohnes und anderer an Stelle oder als Theil des Lohnes
vereinbarter Leistungen, mit Einschluß der Auslagen, sowie der Arbeitgeber
wegen der auf solche Ansprüche gewährten Vorschüsse;
10. der Lehrherren und Lehrmeister
wegen des Lehrgeldes und anderer im Lehrvertrage vereinbarter Leistungen sowie
wegen der für die Lehrlinge bestrittenen Auslagen;
11. der öffentlichen Anstalten,
welche dem Unterrichte, der Erziehung, Verpflegung oder Heilung dienen, sowie
der Inhaber von Privatanstalten solcher Art für Gewährung von Unterricht,
Verpflegung oder Heilung und für die damit zusammenhängenden Aufwendungen;
12. derjenigen, welche Personen zur
Verpflegung oder zur Erziehung aufnehmen, für Leistungen und Aufwendungen der
in Nr. 11 bezeichneten Art;
13. der öffentlichen Lehrer und der
Privatlehrer wegen ihrer Honorare, die Ansprüche der öffentlichen Lehrer jedoch
nicht, wenn sie auf Grund besonderer Einrichtungen gestundet sind;
14. der Aerzte, insbesondere auch
der Wundärzte, Geburtshelfer, Zahnärzte und Thierärzte, sowie der Hebammen für
ihre Dienstleistungen, mit Einschluß der Auslagen;
15. der Rechtsanwälte, Notare sowie
aller Personen, die zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt oder
zugelassen sind, wegen ihrer Gebühren und Auslagen, soweit nicht diese zur
Staatskasse fließen;
16. der Parteien wegen der ihren
Rechtsanwälten geleisteten Vorschüsse;
17. der Zeugen und Sachverständigen
wegen ihrer Gebühren und Auslagen.
Soweit die im Abs. 1 Nr. 1, 2, 5 bezeichneten Ansprüche
nicht der Verjährung von zwei Jahren unterliegen, verjähren sie in vier Jahren.
§. 197. In vier Jahren verjähren die Ansprüche auf
Rückstände von Zinsen, mit Einschluß der als Zuschlag zu den Zinsen zum Zwecke
allmählicher Tilgung des Kapitals zu entrichtenden Beträge, die Ansprüche auf
Rückstände von Mieth- und Pachtzinsen, soweit sie nicht unter die Vorschrift
des §. 196 Abs. 1 Nr. 6 fallen, und die Ansprüche auf Rückstände von Renten,
Auszugsleistungen, Besoldungen, Wartegeldern, Ruhegehalten, Unterhaltsbeiträgen
und allen anderen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen.
§. 198. Die Verjährung beginnt mit der Entstehung des
Anspruchs. Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so beginnt die Verjährung mit
der Zuwiderhandlung.
§. 199. Kann der Berechtigte die Leistung erst verlangen,
wenn er dem Verpflichteten gekündigt hat, so beginnt die Verjährung mit dem
Zeitpunkte, von welchem an die Kündigung zulässig ist. Hat der Verpflichtete
die Leistung erst zu bewirken, wenn seit der Kündigung eine bestimmte Frist
verstrichen ist, so wird der Beginn der Verjährung um die Dauer der Frist
hinausgeschoben.
§. 200. Hängt die Entstehung eines Anspruchs davon ab, daß
der Berechtigte von einem ihm zustehenden Anfechtungsrechte Gebrauch macht, so
beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkte, von welchem an die Anfechtung
zulässig ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Anfechtung sich auf ein
familienrechtliches Verhältniß bezieht.
§. 201. Die Verjährung der in den §§. 196, 197 bezeichneten
Ansprüche beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem der nach den §§. 198
bis 200 maßgebende Zeitpunkt eintritt. Kann die Leistung erst nach dem Ablauf
einer über diesen Zeitpunkt hinausreichenden Frist verlangt werden, so beginnt
die Verjährung mit dem Schlusse des Jahres, in welchem die Frist abläuft.
§. 202. Die Verjährung ist gehemmt, solange die Leistung
gestundet oder der Verpflichtete aus einem anderen Grunde vorübergehend zur
Verweigerung der Leistung berechtigt ist.
Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die Einrede des
Zurückbehaltungsrechts, des nicht erfüllten Vertrags, der mangelnden
Sicherheitsleistung, der Vorausklage sowie auf die nach §. 770 dem Bürgen und
nach den §§. 2014, 2015 dem Erben zustehenden Einreden.
§. 203. Die Verjährung ist gehemmt, solange der Berechtigte
durch Stillstand der Rechtspflege innerhalb der letzten sechs Monate der
Verjährungsfrist an der Rechtsverfolgung verhindert ist.
Das Gleiche gilt, wenn eine solche Verhinderung in anderer
Weise durch höhere Gewalt herbeigeführt wird.
§. 204. Die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten ist
gehemmt, solange die Ehe besteht. Das Gleiche gilt von Ansprüchen zwischen
Eltern und Kindern während der Minderjährigkeit der Kinder und von Ansprüchen
zwischen dem Vormund und dem Mündel während der Dauer des
Vormundschaftsverhältnisses.
§. 205. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt
ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
§. 206. Ist eine geschäftsunfähige oder in der
Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so wird die
gegen sie laufende Verjährung nicht vor dem Ablaufe von sechs Monaten nach dem
Zeitpunkte vollendet, in welchem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird
oder der Mangel der Vertretung aufhört. Ist die Verjährungsfrist kürzer als
sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle
der sechs Monate.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit eine in
der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person prozeßfähig ist.
§. 207. Die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem
Nachlasse gehört oder sich gegen einen Nachlaß richtet, wird nicht vor dem
Ablaufe von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet, in welchem die
Erbschaft von dem Erben angenommen oder der Konkurs über den Nachlaß eröffnet
wird oder von welchem an der Anspruch von einem Vertreter oder gegen einen
Vertreter geltend gemacht werden kann. Ist die Verjährungsfrist kürzer als
sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle
der sechs Monate.
§. 208. Die Verjährung wird unterbrochen, wenn der
Verpflichtete dem Berechtigten gegenüber den Anspruch durch Abschlagzahlung,
Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt.
§. 209. Die Verjährung wird unterbrochen, wenn der
Berechtigte auf Befriedigung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf
Ertheilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlassung des Vollstreckungsurtheils
Klage erhebt.
Der Erhebung der Klage stehen gleich:
1. die Zustellung eines
Mahnbescheids im Mahnverfahren;
1a. die Geltendmachung eines
Anspruchs durch Anbringung eines Güteantrags bei einer Gütestelle der im § 794
Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Art;
2. die Anmeldung des Anspruchs im
Konkurs oder im Seerechtlichen Verteilungsverfahren;
3. die Geltendmachung der
Aufrechnung des Anspruchs im Prozesse;
4. die Streitverkündung in dem
Prozesse, von dessen Ausgange der Anspruch abhängt;
5. die Vornahme einer
Vollstreckungshandlung und, soweit die Zwangsvollstreckung den Gerichten oder
anderen Behörden zugewiesen ist, die Stellung des Antrags auf
Zwangsvollstreckung.
§. 210. Hängt die Zulässigkeit des Rechtswegs von der
Vorentscheidung einer Behörde ab oder hat die Bestimmung des zuständigen
Gerichts durch ein höheres Gericht zu erfolgen, so wird die Verjährung durch
die Einreichung des Gesuchs an die Behörde oder das höhere Gericht in gleicher
Weise wie durch Klagerhebung oder durch Anbringung des Güteantrags
unterbrochen, wenn binnen drei Monaten nach der Erledigung des Gesuchs die
Klage erhoben oder der Güteantrag angebracht wird. Auf diese Frist finden die
Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
§. 211. Die Unterbrechung durch Klagerhebung dauert fort,
bis der Prozeß rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist.
Geräth der Prozeß in Folge einer Vereinbarung oder dadurch,
daß er nicht betrieben wird, in Stillstand, so endigt die Unterbrechung mit der
letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts. Die nach der Beendigung
der Unterbrechung beginnende neue Verjährung wird dadurch, daß eine der
Parteien den Prozeß weiter betreibt, in gleicher Weise wie durch Klagerhebung
unterbrochen.
§. 212. Die Unterbrechung durch Klagerhebung gilt als nicht
erfolgt, wenn die Klage zurückgenommen oder durch ein nicht in der Sache selbst
entscheidendes Urtheil rechtskräftig abgewiesen wird.
Erhebt der Berechtigte binnen sechs Monaten von neuem Klage,
so gilt die Verjährung als durch die Erhebung der ersten Klage unterbrochen.
Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende
Anwendung.
§. 212a. Die Unterbrechung durch Anbringung des Güteantrags
dauert bis zur Erledigung des Güteverfahrens und, wenn an dieses Verfahren sich
ein Streitverfahren unmittelbar anschließt, nach Maßgabe der §§ 211, 212 fort.
Gerät das Güteverfahren dadurch, daß es nicht betrieben wird, in Stillstand, so
finden die Vorschriften des § 211 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Wird der
Güteantrag zurückgenommen, so gilt die Unterbrechung der Verjährung als nicht
erfolgt.
§. 213. Auf die Unterbrechung durch Zustellung eines
Mahnbescheids im Mahnverfahren finden die Vorschriften des § 112a entsprechende
Anwendung. Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Mahnbescheid
seine Kraft verliert (§ 701 der Zivilprozeßordnung).
§. 214. Die Unterbrechung durch Anmeldung im Konkurse dauert
fort, bis der Konkurs beendigt ist.
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn die Anmeldung
zurückgenommen wird.
Wird bei der Beendigung des Konkurses für eine Forderung,
die in Folge eines bei der Prüfung erhobenen Widerspruchs in Prozeß befangen
ist, ein Betrag zurückbehalten, so dauert die Unterbrechung auch nach der
Beendigung des Konkurses fort; das Ende der Unterbrechung bestimmt sich nach
den Vorschriften des §. 211.
Auf die Unterbrechung durch Anmeldung im Seerechtlichen
Verteilungsverfahren sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
§. 215. Die Unterbrechung durch Geltendmachung der
Aufrechnung im Prozeß oder durch Streitverkündung dauert fort, bis der Prozeß
rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist; die Vorschriften des §.
211 Abs. 2 finden Anwendung.
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn nicht binnen
sechs Monaten nach der Beendigung des Prozesses Klage auf Befriedigung oder
Feststellung des Anspruchs erhoben wird. Auf diese Frist finden die
Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
§. 216. Die Unterbrechung durch Vornahme einer
Vollstreckungshandlung gilt als nicht erfolgt, wenn die Vollstreckungsmaßregel
auf Antrag des Berechtigten oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen
aufgehoben wird.
Die Unterbrechung durch Stellung des Antrags auf
Zwangsvollstreckung gilt als nicht erfolgt, wenn dem Antrage nicht stattgegeben
oder der Antrag vor der Vornahme der Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder
die erwirkte Vollstreckungsmaßregel nach Abs. 1 aufgehoben wird.
§. 217. Wird die Verjährung unterbrochen, so kommt die bis
zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht; eine neue Verjährung
kann erst nach der Beendigung der Unterbrechung beginnen.
§. 218. Ein rechtskräftig festgestellter Anspruch verjährt
in dreißig Jahren, auch wenn er an sich einer kürzeren Verjährung unterliegt.
Das Gleiche gilt von dem Anspruch aus einem vollstreckbaren Vergleich oder
einer vollstreckbaren Urkunde sowie von einem Anspruche, welcher durch die im
Konkurs erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden ist.
Soweit sich die Feststellung auf regelmäßig wiederkehrende,
erst künftig fällig werdende Leistungen bezieht, bewendet es bei der kürzeren
Verjährungsfrist.
§. 219. Als rechtskräftige Entscheidung im Sinne des §. 211
Abs. 1 und des §. 218 Abs. 1 gilt auch ein unter Vorbehalt ergangenes
rechtskräftiges Urtheil.
§. 220. Ist der Anspruch vor einem Schiedsgericht oder einem
besonderen Gerichte, vor einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde
geltend zu machen, so finden die Vorschriften der §§. 209 bis 213, 215, 216,
218, 219 entsprechende Anwendung.
Sind in dem Schiedsvertrage die Schiedsrichter nicht ernannt
oder ist die Ernennung eines Schiedsrichters aus einem anderen Grunde
erforderlich oder kann das Schiedsgericht erst nach der Erfüllung einer
sonstigen Voraussetzung angerufen werden, so wird die Verjährung schon dadurch
unterbrochen, daß der Berechtigte das zur Erledigung der Sache seinerseits
Erforderliche vornimmt.
§. 221. Gelangt eine Sache, in Ansehung deren ein dinglicher
Anspruch besteht, durch Rechtsnachfolge in den Besitz eines Dritten, so kommt
die während des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene Verjährungszeit dem
Rechtsnachfolger zu Statten.
§. 222. Nach der Vollendung der Verjährung ist der
Verpflichtete berechtigt, die Leistung zu verweigern.
Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete
kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn die Leistung in Unkenntniß der
Verjährung bewirkt worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen
Anerkenntnisse sowie einer Sicherheitsleistung des Verpflichteten.
§. 223. Die Verjährung eines Anspruchs, für den eine
Hypothek, eine Schiffshypothek oder ein Pfandrecht besteht, hindert den
Berechtigten nicht, seine Befriedigung aus dem verhafteten Gegenstande zu
suchen.
Ist zur Sicherung eines Anspruchs ein Recht übertragen
worden, so kann die Rückübertragung nicht auf Grund der Verjährung des
Anspruchs gefordert werden.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung bei der Verjährung
von Ansprüchen auf Rückstände von Zinsen oder anderen wiederkehrenden
Leistungen.
§. 224. Mit dem Hauptanspruche verjährt der Anspruch auf die
von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende
besondere Verjährung noch nicht vollendet ist.
§. 225. Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft weder
ausgeschlossen noch erschwert werden. Erleichterung der Verjährung,
insbesondere Abkürzung der Verjährungsfrist, ist zulässig.
Sechster Abschnitt.
Ausübung der Rechte. Selbstvertheidigung. Selbsthülfe.
§. 226. Die Ausübung eines Rechtes ist unzulässig, wenn sie nur
den Zweck haben kann, einem Anderen Schaden zuzufügen.
§. 227. Eine durch Nothwehr gebotene Handlung ist nicht
widerrechtlich.
Nothwehr ist diejenige Vertheidigung, welche erforderlich
ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem Anderen
abzuwenden.
§. 228. Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um
eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem Anderen abzuwenden, handelt
nicht widerrechtlich, wenn die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwendung
der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältniß zu der
Gefahr steht. Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum
Schadensersatze verpflichtet.
§. 229. Wer zum Zwecke der Selbsthülfe eine Sache wegnimmt,
zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthülfe einen
Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt oder den
Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden
verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche
Hülfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die
Gefahr besteht, daß die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich
erschwert werde.
§. 230. Die Selbsthülfe darf nicht weiter gehen, als zur
Abwendung der Gefahr erforderlich ist.
Im Falle der Wegnahme von Sachen ist, sofern nicht
Zwangsvollstreckung erwirkt wird, der dingliche Arrest zu beantragen.
Im Falle der Festnahme des Verpflichteten ist, sofern er
nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, der persönliche Sicherheitsarrest bei
dem Amtsgerichte zu beantragen, in dessen Bezirke die Festnahme erfolgt ist;
der Verpflichtete ist unverzüglich dem Gerichte vorzuführen.
Wird der Arrestantrag verzögert oder abgelehnt, so hat die
Rückgabe der weggenommenen Sachen und die Freilassung des Festgenommenen
unverzüglich zu erfolgen.
§. 231. Wer eine der im §. 229 bezeichneten Handlungen in
der irrigen Annahme vornimmt, daß die für den Ausschluß der Widerrechtlichkeit
erforderlichen Voraussetzungen vorhanden seien, ist dem anderen Theile zum Schadensersatze
verpflichtet, auch wenn der Irrthum nicht auf Fahrlässigkeit beruht.
Siebenter Abschnitt.
Sicherheitsleistung.
§. 232. Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies bewirken
durch Hinterlegung von Geld oder
Werthpapieren,
durch Verpfändung von Forderungen,
die in das Reichsschuldbuch oder in das Staatsschuldbuch eines Bundesstaats
eingetragen sind,
durch Verpfändung beweglicher
Sachen,
durch Bestellung von
Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen
Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind,
durch Bestellung von Hypotheken an
inländischen Grundstücken,
durch Verpfändung von Forderungen,
für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstücke besteht, oder durch
Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.
Kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden,
so ist die Stellung eines tauglichen Bürgen zulässig. 11 14 16
§. 233. Mit der Hinterlegung erwirbt der Berechtigte ein
Pfandrecht an dem hinterlegten Gelde oder an den hinterlegten Werthpapieren
und, wenn das Geld oder die Werthpapiere in das Eigenthum des Fiskus oder der
als Hinterlegungsstelle bestimmten Anstalt übergehen, ein Pfandrecht an der
Forderung auf Rückerstattung.
§. 234. Werthpapiere sind zur Sicherheitsleistung nur
geeignet, wenn sie auf den Inhaber lauten, einen Kurswerth haben und einer
Gattung angehören, in der Mündelgeld angelegt werden darf. Den Inhaberpapieren
stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind.
Mit den Werthpapieren sind die Zins-, Renten-,
Gewinnantheil- und Erneuerungsscheine zu hinterlegen.
Mit Werthpapieren kann Sicherheit nur in Höhe von drei
Viertheilen des Kurswerths geleistet werden.
§. 235. Wer durch Hinterlegung von Geld oder von
Werthpapieren Sicherheit geleistet hat, ist berechtigt, das hinterlegte Geld
gegen geeignete Werthpapiere, die hinterlegten Werthpapiere gegen andere
geeignete Werthpapiere oder gegen Geld umzutauschen.
§. 236. Mit einer Buchforderung gegen das Reich oder gegen
einen Bundesstaat kann Sicherheit nur in Höhe von drei Viertheilen des
Kurswerths der Werthpapiere geleistet werden, deren Aushändigung der Gläubiger
gegen Löschung seiner Forderung verlangen kann.
§. 237. Mit einer beweglichen Sache kann Sicherheit nur in Höhe
von zwei Drittheilen des Schätzungswerths geleistet werden. Sachen, deren
Verderb zu besorgen oder deren Aufbewahrung mit besonderen Schwierigkeiten
verbunden ist, können zurückgewiesen werden.
§. 238. Eine Hypothekenforderung, eine Grundschuld oder eine
Rentenschuld ist zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie den
Voraussetzungen entspricht, unter denen am Orte der Sicherheitsleistung
Mündelgeld in Hypothekenforderungen, Grundschulden oder Rentenschulden angelegt
werden darf.
Eine Forderung, für die eine Sicherungshypothek besteht, ist
zur Sicherheitsleistung nicht geeignet.
§. 239. Ein Bürge ist tauglich, wenn er ein der Höhe der zu
leistenden Sicherheit angemessenes Vermögen besitzt und seinen allgemeinen
Gerichtsstand im Inlande hat.
Die Bürgschaftserklärung muß den Verzicht auf die Einrede
der Vorausklage enthalten.
§. 240. Wird die geleistete Sicherheit ohne Verschulden des
Berechtigten unzureichend, so ist sie zu ergänzen oder anderweitige Sicherheit
zu leisten.
Zweites Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
Erster Abschnitt.
Inhalt der Schuldverhältnisse.
Erster Titel.
Verpflichtung zur Leistung.
§. 241. Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger
berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch
in einem Unterlassen bestehen.
§. 242. Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu
bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es
erfordern.
§. 243. Wer eine nur der Gattung nach bestimmte Sache
schuldet, hat eine Sache von mittlerer Art und Güte zu leisten.
Hat der Schuldner das zur Leistung einer solchen Sache
seinerseits Erforderliche gethan, so beschränkt sich das Schuldverhältniß auf
diese Sache.
§. 244. Ist eine in ausländischer Währung ausgedrückte
Geldschuld im Inlande zu zahlen, so kann die Zahlung in Reichswährung erfolgen,
es sei denn, daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen ist.
Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswerthe, der zur Zeit der
Zahlung für den Zahlungsort maßgebend ist.
§. 245. Ist eine Geldschuld in einer bestimmten Münzsorte zu
zahlen, die sich zur Zeit der Zahlung nicht mehr im Umlaufe befindet, so ist
die Zahlung so zu leisten, wie wenn die Münzsorte nicht bestimmt wäre.
§. 246. Ist eine Schuld nach Gesetz oder Rechtsgeschäft zu
verzinsen, so sind vier vom Hundert für das Jahr zu entrichten, sofern nicht
ein Anderes bestimmt ist.
§. 247. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 5, Z. 1, Bundesgesetzblatt I 1986, S. 1169, Nr. 38,
ausgegeben am 31. 07. 1986, in Kraft seit 01. 01. 1987.
§. 248. Eine im voraus getroffene Vereinbarung, daß fällige
Zinsen wieder Zinsen tragen sollen, ist nichtig.
Sparkassen, Kreditanstalten und Inhaber von Bankgeschäften
können im voraus vereinbaren, daß nicht erhobene Zinsen von Einlagen als neue
verzinsliche Einlagen gelten sollen. Kreditanstalten, die berechtigt sind, für
den Betrag der von ihnen gewährten Darlehen verzinsliche Schuldverschreibungen
auf den Inhaber auszugeben, können sich bei solchen Darlehen die Verzinsung
rückständiger Zinsen im voraus versprechen lassen.
§. 249. Wer zum Schadensersatze verpflichtet ist, hat den
Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende
Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen
Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt
der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.
§. 250. Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur
Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die
Herstellung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist kann
der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung
rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.
§. 251. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung
des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in
Geld zu entschädigen.
Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld
entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnißmäßigen Aufwendungen
möglich ist.
§. 252. Der zu ersetzende Schaden umfaßt auch den
entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem
gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere
nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet
werden konnte.
§. 253. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden
ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen
gefordert werden.
§. 254. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden
des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatze sowie der
Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab,
inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Theile
verursacht worden ist.
Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des
Beschädigten darauf beschränkt, daß er unterlassen hat, den Schuldner auf die
Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der
Schuldner weder kannte noch kennen mußte, oder daß er unterlassen hat, den
Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des §. 278 findet
entsprechende Anwendung.
§. 255. Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechtes
Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatze nur gegen Abtretung der
Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigenthums an
der Sache oder auf Grund des Rechtes gegen Dritte zustehen.
§. 256. Wer zum Ersatze von Aufwendungen verpflichtet ist,
hat den aufgewendeten Betrag oder, wenn andere Gegenstände als Geld aufgewendet
worden sind, den als Ersatz ihres Werthes zu zahlenden Betrag von der Zeit der
Aufwendung an zu verzinsen. Sind Aufwendungen auf einen Gegenstand gemacht
worden, der dem Ersatzpflichtigen herauszugeben ist, so sind Zinsen für die
Zeit, für welche dem Ersatzberechtigten die Nutzungen oder die Früchte des
Gegenstandes ohne Vergütung verbleiben, nicht zu entrichten.
§. 257. Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu
verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen
Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit
verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der
Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
§. 258. Wer berechtigt ist, von einer Sache, die er einem
Anderen herauszugeben hat, eine Einrichtung wegzunehmen, hat im Falle der
Wegnahme die Sache auf seine Kosten in den vorigen Stand zu setzen. Erlangt der
Andere den Besitz der Sache, so ist er verpflichtet, die Wegnahme der
Einrichtung zu gestatten; er kann die Gestattung verweigern, bis ihm für den
mit der Wegnahme verbundenen Schaden Sicherheit geleistet wird.
§. 259. Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder
Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten
eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende
Rechnung mitzutheilen und, soweit Belege ertheilt zu werden pflegen, Belege
vorzulegen.
Besteht Grund zu der Annahme, daß die in der Rechnung
enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt
gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an
Eides Statt zu versichern:
daß er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig
angegeben habe,
als er dazu im Stande sei.
In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine
Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
§. 260. Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von
Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs
Auskunft zu ertheilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichniß des Bestandes
vorzulegen.
Besteht Grund zu der Annahme, daß das Verzeichniß nicht mit
der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete
auf Verlangen zu Protokoll an Eides Statt zu versichern:
daß er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig
angegeben habe,
als er dazu im Stande sei.
Die Vorschrift des §. 259 Abs. 3 findet Anwendung.
§. 261. Die eidesstattliche Versicherung ist, sofern sie
nicht vor dem Vollstreckungsgericht abzugeben ist, vor dem Amtsgericht des
Ortes abzugeben, an welchem die Verpflichtung zur Rechnungslegung oder zur
Vorlegung des Verzeichnisses zu erfüllen ist. Hat der Verpflichtete seinen
Wohnsitz oder seinen Aufenthalt im Inlande, so kann er die Versicherung vor dem
Amtsgericht des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts abgeben.
Das Gericht kann eine den Umständen entsprechende Änderung
der eidesstattlichen Versicherung beschließen.
Die Kosten der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung hat
derjenige zu tragen, welcher die Abgabe der Versicherung verlangt.
§. 262. Werden mehrere Leistungen in der Weise geschuldet,
daß nur die eine oder die andere zu bewirken ist, so steht das Wahlrecht im
Zweifel dem Schuldner zu.
§. 263. Die Wahl erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
anderen Theile.
Die gewählte Leistung gilt als die von Anfang an allein
geschuldete.
§. 264. Nimmt der wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht
vor dem Beginne der Zwangsvollstreckung vor, so kann der Gläubiger die
Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder auf die andere Leistung
richten; der Schuldner kann sich jedoch, solange nicht der Gläubiger die
gewählte Leistung ganz oder zum Theil empfangen hat, durch eine der übrigen
Leistungen von seiner Verbindlichkeit befreien.
Ist der wahlberechtigte Gläubiger im Verzuge, so kann der Schuldner
ihn unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Vornahme der Wahl auffordern.
Mit dem Ablaufe der Frist geht das Wahlrecht auf den Schuldner über, wenn nicht
der Gläubiger rechtzeitig die Wahl vornimmt.
§. 265. Ist eine der Leistungen von Anfang an unmöglich oder
wird sie später unmöglich, so beschränkt sich das Schuldverhältniß auf die
übrigen Leistungen. Die Beschränkung tritt nicht ein, wenn die Leistung in
Folge eines Umstandes unmöglich wird, den der nicht wahlberechtigte Theil zu
vertreten hat.
§. 266. Der Schuldner ist zu Theilleistungen nicht
berechtigt.
§. 267. Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so
kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners
ist nicht erforderlich.
Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner
widerspricht.
§. 268. Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in
einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand, so ist Jeder, der Gefahr läuft,
durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstande zu verlieren, berechtigt,
den Gläubiger zu befriedigen. Das gleiche Recht steht dem Besitzer einer Sache
zu, wenn er Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu
verlieren.
Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung oder durch
Aufrechnung erfolgen.
Soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt, geht die
Forderung auf ihn über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Gläubigers
geltend gemacht werden.
§. 269. Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus
den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu
entnehmen, so hat die Leistung an dem Orte zu erfolgen, an welchem der
Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz
hatte.
Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetriebe des Schuldners
entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an
einem anderen Orte hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des
Wohnsitzes.
Aus dem Umstand allein, daß der Schuldner die Kosten der
Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, daß der Ort, nach welchem
die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.
§. 270. Geld hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr
und seine Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln.
Ist die Forderung im Gewerbebetriebe des Gläubigers entstanden,
so tritt, wenn der Gläubiger seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen
Orte hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.
Erhöhen sich in Folge einer nach der Entstehung des
Schuldverhältnisses eintretenden Aenderung des Wohnsitzes oder der gewerblichen
Niederlassung des Gläubigers die Kosten oder die Gefahr der Uebermittelung, so
hat der Gläubiger im ersteren Falle die Mehrkosten, im letzteren Falle die
Gefahr zu tragen.
Die Vorschriften über den Leistungsort bleiben unberührt.
§. 271. Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch
aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort
verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß
der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber
sie vorher bewirken kann.
§. 272. Bezahlt der Schuldner eine unverzinsliche Schuld vor
der Fälligkeit, so ist er zu einem Abzuge wegen der Zwischenzinsen nicht
berechtigt.
§. 273. Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen
Verhältniß, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen
den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnisse sich ein
Anderes ergiebt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende
Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
Wer zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist, hat
das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den
Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es
sei denn, daß er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte
Handlung erlangt hat.
Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts
durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist
ausgeschlossen.
§. 274. Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die
Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, daß der Schuldner
zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug)
zu verurtheilen ist. Auf Grund einer solchen Verurtheilung kann der Gläubiger
seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der
Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Schuldner im Verzuge der Annahme ist.
§. 275. Der Schuldner wird von der Verpflichtung zur
Leistung frei, soweit die Leistung in Folge eines nach der Entstehung des
Schuldverhältnisses eintretenden Umstandes, den er nicht zu vertreten hat,
unmöglich wird.
Einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses
eintretenden Unmöglichkeit steht das nachträglich eintretende Unvermögen des
Schuldners zur Leistung gleich.
§. 276. Der Schuldner hat, sofern nicht ein Anderes bestimmt
ist, Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im
Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt. Die Vorschriften der §§. 827,
828 finden Anwendung.
Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im
voraus erlassen werden.
§. 277. Wer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat,
welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, ist von der Haftung
wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit.
§. 278. Der Schuldner hat ein Verschulden seines
gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner
Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfange zu vertreten wie eigenes
Verschulden. Die Vorschrift des §. 276 Abs. 2 findet keine Anwendung.
§. 279. Ist der geschuldete Gegenstand nur der Gattung nach
bestimmt, so hat der Schuldner, solange die Leistung aus der Gattung möglich
ist, sein Unvermögen zur Leistung auch dann zu vertreten, wenn ihm ein
Verschulden nicht zur Last fällt.
§. 280. Soweit die Leistung in Folge eines von dem Schuldner
zu vertretenden Umstandes unmöglich wird, hat der Schuldner dem Gläubiger den
durch die Nichterfüllung entstehenden Schaden zu ersetzen.
Im Falle theilweiser Unmöglichkeit kann der Gläubiger unter
Ablehnung des noch möglichen Theiles der Leistung Schadensersatz wegen
Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit verlangen, wenn die theilweise
Erfüllung für ihn kein Interesse hat. Die für das vertragsmäßige
Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§. 346 bis 356 finden entsprechende
Anwendung.
§. 281. Erlangt der Schuldner in Folge des Umstandes,
welcher die Leistung unmöglich macht, für den geschuldeten Gegenstand einen
Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als
Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.
Hat der Gläubiger Anspruch auf Schadensersatz wegen
Nichterfüllung, so mindert sich, wenn er von dem im Abs. 1 bestimmten Rechte
Gebrauch macht, die ihm zu leistende Entschädigung um den Werth des erlangten
Ersatzes oder Ersatzanspruchs.
§. 282. Ist streitig, ob die Unmöglichkeit der Leistung die
Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ist, so trifft die
Beweislast den Schuldner.
§. 283. Ist der Schuldner rechtskräftig verurtheilt, so kann
der Gläubiger ihm zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der
Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist
ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist kann der Gläubiger Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen, soweit nicht die Leistung rechtzeitig bewirkt wird;
der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Die Verpflichtung zum
Schadensersatze tritt nicht ein, wenn die Leistung in Folge eines Umstandes
unmöglich wird, den der Schuldner nicht zu vertreten hat.
Wird die Leistung bis zum Ablaufe der Frist nur theilweise
nicht bewirkt, so steht dem Gläubiger auch das im §. 280 Abs. 2 bestimmte Recht
zu.
§. 284. Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des
Gläubigers nicht, die nach dem Eintritte der Fälligkeit erfolgt, so kommt er
durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung steht die Erhebung der Klage auf die
Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
Ist für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt,
so kommt der Schuldner ohne Mahnung in Verzug, wenn er nicht zu der bestimmten
Zeit leistet. Das Gleiche gilt, wenn der Leistung eine Kündigung vorauszugehen
hat und die Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, daß sie sich von
der Kündigung ab nach dem Kalender berechnen läßt.
§. 285. Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die
Leistung in Folge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
§. 286. Der Schuldner hat dem Gläubiger den durch den Verzug
entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hat die Leistung in Folge des Verzugs für den Gläubiger kein
Interesse, so kann dieser unter Ablehnung der Leistung Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden
Vorschriften der §§. 346 bis 356 finden entsprechende Anwendung.
§. 287. Der Schuldner hat während des Verzugs jede
Fahrlässigkeit zu vertreten. Er ist auch für die während des Verzugs durch
Zufall eintretende Unmöglichkeit der Leistung verantwortlich, es sei denn, daß
der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.
§. 288. Eine Geldschuld ist während des Verzugs mit vier vom
Hundert für das Jahr zu verzinsen. Kann der Gläubiger aus einem anderen
Rechtsgrunde höhere Zinsen verlangen, so sind diese fortzuentrichten.
Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht
ausgeschlossen.
§. 289. Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten.
Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens
bleibt unberührt.
§. 290. Ist der Schuldner zum Ersatze des Werthes eines
Gegenstandes verpflichtet, der während des Verzugs untergegangen ist oder aus
einem während des Verzugs eingetretenen Grunde nicht herausgegeben werden kann,
so kann der Gläubiger Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an
verlangen, welcher der Bestimmung des Werthes zu Grunde gelegt wird. Das
Gleiche gilt, wenn der Schuldner zum Ersatze der Minderung des Werthes eines
während des Verzugs verschlechterten Gegenstandes verpflichtet ist.
§. 291. Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritte
der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird
die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen.
Die Vorschriften des §. 288 Abs. 1 und des §. 289 Satz 1 finden entsprechende
Anwendung.
§. 292. Hat der Schuldner einen bestimmten Gegenstand
herauszugeben, so bestimmt sich von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an der
Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Unterganges
oder einer aus einem anderen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe
nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und
dem Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an
gelten, soweit nicht aus dem Schuldverhältniß oder dem Verzuge des Schuldners
sich zu Gunsten des Gläubigers ein Anderes ergiebt.
Das Gleiche gilt von dem Anspruche des Gläubigers auf
Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruche des Schuldners
auf Ersatz von Verwendungen.
Zweiter Titel.
Verzug des Gläubigers.
§. 293. Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm
angebotene Leistung nicht annimmt.
§. 294. Die Leistung muß dem Gläubiger so, wie sie zu
bewirken ist, thatsächlich angeboten werden.
§. 295. Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn
der Gläubiger ihm erklärt hat, daß er die Leistung nicht annehmen werde, oder
wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist,
insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem
Angebote der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die
erforderliche Handlung vorzunehmen.
§. 296. Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung
eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der
Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der
Handlung eine Kündigung vorauszugehen hat und die Zeit für die Handlung in der
Weise bestimmt ist, daß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender
berechnen läßt.
§. 297. Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der
Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des §. 296 zu der für die
Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu
bewirken.
§. 298. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des
Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er
zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung
aber nicht anbietet.
§. 299. Ist die Leistungszeit nicht bestimmt oder ist der Schuldner
berechtigt, vor der bestimmten Zeit zu leisten, so kommt der Gläubiger nicht
dadurch in Verzug, daß er vorübergehend an der Annahme der angebotenen Leistung
verhindert ist, es sei denn, daß der Schuldner ihm die Leistung eine
angemessene Zeit vorher angekündigt hat.
§. 300. Der Schuldner hat während des Verzugs des Gläubigers
nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Sache geschuldet,
so geht die Gefahr mit dem Zeitpunkt auf den Gläubiger über, in welchem er
dadurch in Verzug kommt, daß er die angebotene Sache nicht annimmt.
§. 301. Von einer verzinslichen Geldschuld hat der Schuldner
während des Verzugs des Gläubigers Zinsen nicht zu entrichten.
§. 302. Hat der Schuldner die Nutzungen eines Gegenstandes
herauszugeben oder zu ersetzen, so beschränkt sich seine Verpflichtung während
des Verzugs des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er zieht.
§. 303. Ist der Schuldner zur Herausgabe eines Grundstücks
oder eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks verpflichtet, so kann er
nach dem Eintritte des Verzugs des Gläubigers den Besitz aufgeben. Das Aufgeben
muß dem Gläubiger vorher angedroht werden, es sei denn, daß die Androhung
unthunlich ist.
§. 304. Der Schuldner kann im Falle des Verzugs des Gläubigers
Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für das erfolglose Angebot sowie
für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstandes machen mußte.
Zweiter Abschnitt.
Schuldverhältnisse aus Verträgen.
Erster Titel.
Begründung. Inhalt des Vertrags.
§. 305. Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch
Rechtsgeschäft sowie zur Aenderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist
ein Vertrag zwischen den Betheiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein
Anderes vorschreibt.
§. 306. Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag
ist nichtig.
§. 307. Wer bei der Schließung eines Vertrags, der auf eine
unmögliche Leistung gerichtet ist, die Unmöglichkeit der Leistung kennt oder
kennen muß, ist zum Ersatze des Schadens verpflichtet, den der andere Theil
dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut, jedoch nicht
über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Theil an der
Gültigkeit des Vertrags hat. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der andere
Theil die Unmöglichkeit kennt oder kennen muß.
Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn die
Leistung nur theilweise unmöglich und der Vertrag in Ansehung des möglichen
Theiles gültig ist oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen
unmöglich ist.
§. 308. Die Unmöglichkeit der Leistung steht der Gültigkeit
des Vertrags nicht entgegen, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der
Vertrag für den Fall geschlossen ist, daß die Leistung möglich wird.
Wird eine unmögliche Leistung unter einer anderen
aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins
versprochen, so ist der Vertrag gültig, wenn die Unmöglichkeit vor dem
Eintritte der Bedingung oder des Termins behoben wird.
§. 309. Verstößt ein Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot,
so finden die Vorschriften der §§. 307, 308 entsprechende Anwendung.
§. 310. Ein Vertrag, durch den sich der eine Theil
verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchtheil seines künftigen
Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauche zu belasten, ist nichtig.
§. 311. Ein Vertrag, durch den sich der eine Theil
verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchtheil seines
gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauche zu belasten,
bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 312. Ein Vertrag über den Nachlaß eines noch lebenden
Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichttheil
oder ein Vermächtniß aus dem Nachlaß eines noch lebenden Dritten.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf einen Vertrag,
der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbtheil oder den
Pflichttheil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der
notariellen Beurkundung.
§. 313. Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet,
das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der
notariellen Beurkundung. Ein ohne Beobachtung dieser Form geschlossener Vertrag
wird seinem ganzen Inhalte nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung
in das Grundbuch erfolgen.
§. 314. Verpflichtet sich Jemand zur Veräußerung oder
Belastung einer Sache, so erstreckt sich die Verpflichtung im Zweifel auch auf
das Zubehör der Sache.
§. 315. Soll die Leistung durch einen der
Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die
Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen
Theile.
Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die
getroffene Bestimmung für den anderen Theil nur verbindlich, wenn sie der
Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die
Bestimmung durch Urtheil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung
verzögert wird.
§. 316. Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen
Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen
Theile zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
§. 317. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten
überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach billigem Ermessen zu
treffen ist.
Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im
Zweifel Uebereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden,
so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die
Durchschnittssumme maßgebend.
§. 318. Die einem Dritten überlassene Bestimmung der
Leistung erfolgt durch Erklärung gegenüber einem der Vertragschließenden.
Die Anfechtung der getroffenen Bestimmung wegen Irrthums,
Drohung oder arglistiger Täuschung steht nur den Vertragschließenden zu;
Anfechtungsgegner ist der andere Theil. Die Anfechtung muß unverzüglich
erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß
erlangt hat. Sie ist ausgeschlossen, wenn dreißig Jahre verstrichen sind,
nachdem die Bestimmung getroffen worden ist.
§. 319. Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen
bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht
verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem
Falle durch Urtheil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht
treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen,
so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann
oder will oder wenn er sie verzögert.
Zweiter Titel.
Gegenseitiger Vertrag.
§. 320. Wer aus einem gegenseitigen Vertrage verpflichtet
ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung
verweigern, es sei denn, daß er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung
an Mehrere zu erfolgen, so kann dem Einzelnen der ihm gebührende Theil bis zur
Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des §. 273
Abs. 3 findet keine Anwendung.
Ist von der einen Seite theilweise geleistet worden, so kann
die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach
den Umständen, insbesondere wegen verhältnißmäßiger Geringfügigkeit des
rückständigen Theiles, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
§. 321. Wer aus einem gegenseitigen Vertrage vorzuleisten
verpflichtet ist, kann, wenn nach dem Abschlusse des Vertrags in den
Vermögensverhältnissen des anderen Theiles eine wesentliche Verschlechterung
eintritt, durch die der Anspruch auf die Gegenleistung gefährdet wird, die ihm
obliegende Leistung verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit
für sie geleistet wird.
§. 322. Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrage der eine
Theil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem
anderen Theile zustehenden Rechtes, die Leistung bis zur Bewirkung der
Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung, daß der andere Theil zur
Erfüllung Zug um Zug zu verurtheilen ist.
Hat der klagende Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der
andere Theil im Verzuge der Annahme ist, auf Leistung nach Empfang der
Gegenleistung klagen.
Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des §. 274
Abs. 2 Anwendung.
§. 323. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen
Theile obliegende Leistung in Folge eines Umstandes unmöglich, den weder er
noch der andere Theil zu vertreten hat, so verliert er den Anspruch auf die
Gegenleistung; bei theilweiser Unmöglichkeit mindert sich die Gegenleistung
nach Maßgabe der §§. 472, 473.
Verlangt der andere Theil nach §. 281 Herausgabe des für den
geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs,
so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet; diese mindert sich jedoch nach
Maßgabe der §§. 472, 473 insoweit, als der Werth des Ersatzes oder des
Ersatzanspruchs hinter dem Werthe der geschuldeten Leistung zurückbleibt.
Soweit die nach diesen Vorschriften nicht geschuldete
Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden.
§. 324. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen
Theile obliegende Leistung in Folge eines Umstandes, den der andere Theil zu
vertreten hat, unmöglich, so behält er den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muß
sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er in Folge der Befreiung von der
Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt
oder zu erwerben böswillig unterläßt.
Das Gleiche gilt, wenn die dem einen Theile obliegende Leistung
in Folge eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes zu einer Zeit unmöglich
wird, zu welcher der andere Theil im Verzuge der Annahme ist.
§. 325. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen
Theile obliegende Leistung in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat,
unmöglich, so kann der andere Theil Schadensersatz wegen Nichterfüllung
verlangen oder von dem Vertrage zurücktreten. Bei theilweiser Unmöglichkeit ist
er, wenn die theilweise Erfüllung des Vertrags für ihn kein Interesse hat,
berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit nach
Maßgabe des §. 280 Abs. 2 zu verlangen oder von dem ganzen Vertrage
zurückzutreten. Statt des Anspruchs auf Schadensersatz und des Rücktrittsrechts
kann er auch die für den Fall des §. 323 bestimmten Rechte geltend machen.
Das Gleiche gilt in dem Falle des §. 283, wenn nicht die
Leistung bis zum Ablaufe der Frist bewirkt wird oder wenn zu dieser Zeit
theilweise nicht bewirkt ist.
§. 326. Ist bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil
mit der ihm obliegenden Leistung im Verzuge, so kann ihm der andere Theil zur
Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß
er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem
Ablaufe der Frist ist er berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu
verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten, wenn nicht die Leistung
rechtzeitig erfolgt ist; der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Wird
die Leistung bis zum Ablaufe der Frist theilweise nicht bewirkt, so findet die
Vorschrift des §. 325 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung.
Hat die Erfüllung des Vertrags in Folge des Verzugs für den
anderen Theil kein Interesse, so stehen ihm die im Abs. 1 bezeichneten Rechte
zu, ohne daß es der Bestimmung einer Frist bedarf.
§. 327. Auf das in den §§. 325, 326 bestimmte
Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden
Vorschriften der §§. 346 bis 356 entsprechende Anwendung. Erfolgt der Rücktritt
wegen eines Umstandes, den der andere Theil nicht zu vertreten hat, so haftet
dieser nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung.
Dritter Titel.
Versprechen der Leistung an einen Dritten.
§. 328. Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten
mit der Wirkung bedungen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt,
die Leistung zu fordern.
In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den
Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der
Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter
gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugniß
vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben
oder zu ändern.
§. 329. Verpflichtet sich in einem Vertrage der eine Theil
zur Befriedigung eines Gläubigers des anderen Theiles, ohne die Schuld zu
übernehmen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß der Gläubiger unmittelbar
das Recht erwerben soll, die Befriedigung von ihm zu fordern.
§. 330. Wird in einem Lebensversicherungs- oder einem
Leibrentenvertrage die Zahlung der Versicherungssumme oder der Leibrente an
einen Dritten bedungen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Dritte
unmittelbar das Recht erwerben soll, die Leistung zu fordern. Das Gleiche gilt,
wenn bei einer unentgeltlichen Zuwendung dem Bedachten eine Leistung an einen
Dritten auferlegt oder bei einer Vermögens- oder Gutsübernahme von dem
Uebernehmer eine Leistung an einen Dritten zum Zwecke der Abfindung versprochen
wird.
§. 331. Soll die Leistung an den Dritten nach dem Tode
desjenigen erfolgen, welchem sie versprochen wird, so erwirbt der Dritte das
Recht auf die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Versprechensempfängers.
Stirbt der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten,
so kann das Versprechen, an den Dritten zu leisten, nur dann noch aufgehoben
oder geändert werden, wenn die Befugniß dazu vorbehalten worden ist.
§. 332. Hat sich der Versprechensempfänger die Befugniß
vorbehalten, ohne Zustimmung des Versprechenden an die Stelle des in dem
Vertrage bezeichneten Dritten einen Anderen zu setzen, so kann dies im Zweifel
auch in einer Verfügung von Todeswegen geschehen.
§. 333. Weist der Dritte das aus dem Vertrag erworbene Recht
dem Versprechenden gegenüber zurück, so gilt das Recht als nicht erworben.
§. 334. Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem
Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu.
§. 335. Der Versprechensempfänger kann, sofern nicht ein
anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist, die Leistung an den
Dritten auch dann fordern, wenn diesem das Recht auf die Leistung zusteht.
Vierter Titel.
Draufgabe. Vertragsstrafe.
§. 336. Wird bei der Eingehung eines Vertrags etwas als
Draufgabe gegeben, so gilt dies als Zeichen des Abschlusses des Vertrags.
Die Draufgabe gilt im Zweifel nicht als Reugeld.
§. 337. Die Draufgabe ist im Zweifel auf die von dem Geber
geschuldete Leistung anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der
Erfüllung des Vertrags zurückzugeben. Wird der Vertrag wiederaufgehoben, so ist
die Draufgabe zurückzugeben.
§. 338. Wird die von dem Geber geschuldete Leistung in Folge
eines Umstandes, den er zu vertreten hat, unmöglich oder verschuldet der Geber
die Wiederaufhebung des Vertrags, so ist der Empfänger berechtigt, die
Draufgabe zu behalten. Verlangt der Empfänger Schadensersatz wegen
Nichterfüllung, so ist die Draufgabe im Zweifel anzurechnen oder, wenn dies
nicht geschehen kann, bei der Leistung des Schadensersatzes zurückzugeben.
§. 339. Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall,
daß er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die
Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in
Verzug kommt. Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt
die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein.
§. 340. Hat der Schuldner die Strafe für den Fall
versprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so kann der Gläubiger
die verwirkte Strafe statt der Erfüllung verlangen. Erklärt der Gläubiger dem
Schuldner, daß er die Strafe verlange, so ist der Anspruch auf Erfüllung
ausgeschlossen.
Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen
Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens
verlangen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§. 341. Hat der Schuldner die Strafe für den Fall
versprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht in gehöriger Weise,
insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfüllt, so kann der Gläubiger die
verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen.
Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen
der nicht gehörigen Erfüllung zu, so finden die Vorschriften des §. 340 Abs. 2
Anwendung.
Nimmt der Gläubiger die Erfüllung an, so kann er die Strafe
nur verlangen, wenn er sich das Recht dazu bei der Annahme vorbehält.
§. 342. Wird als Strafe eine andere Leistung als die Zahlung
einer Geldsumme versprochen, so finden die Vorschriften der §§. 339 bis 341
Anwendung; der Anspruch auf Schadensersatz ist ausgeschlossen, wenn der
Gläubiger die Strafe verlangt.
§. 343. Ist eine verwirkte Strafe unverhältnißmäßig hoch, so
kann sie auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag
herabgesetzt werden. Bei der Beurtheilung der Angemessenheit ist jedes
berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht blos das Vermögensinteresse, in
Betracht zu ziehen. Nach der Entrichtung der Strafe ist die Herabsetzung
ausgeschlossen.
Das Gleiche gilt auch außer den Fällen der §§. 339, 342,
wenn Jemand eine Strafe für den Fall verspricht, daß er eine Handlung vornimmt
oder unterläßt.
§. 344. Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung
für unwirksam, so ist auch die für den Fall der Nichterfüllung des Versprechens
getroffene Vereinbarung einer Strafe unwirksam, selbst wenn die Parteien die
Unwirksamkeit des Versprechens gekannt haben.
§. 345. Bestreitet der Schuldner die Verwirkung der Strafe,
weil er seine Verbindlichkeit erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu
beweisen, sofern nicht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht.
Fünfter Titel.
Rücktritt.
§. 346. Hat sich in einem Vertrag ein Theil den Rücktritt
vorbehalten, so sind die Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, verpflichtet, einander
die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Für geleistete Dienste sowie für
die Ueberlassung der Benutzung einer Sache ist der Werth zu vergüten oder,
falls in dem Vertrag eine Gegenleistung in Geld bestimmt ist, diese zu
entrichten.
§. 347. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen
Verschlechterung, Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde eintretenden
Unmöglichkeit der Herausgabe bestimmt sich im Falle des Rücktritts von dem
Empfange der Leistung an nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß
zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer von dem Eintritte der
Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten. Das Gleiche gilt von dem
Anspruch auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruch auf
Ersatz von Verwendungen. Eine Geldsumme ist von der Zeit des Empfanges an zu
verzinsen.
§. 348. Die sich aus dem Rücktritt ergebenden
Verpflichtungen der Parteien sind Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der
§§. 320, 322 finden entsprechende Anwendung.
§. 349. Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
anderen Theile.
§. 350. Der Rücktritt wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß
der Gegenstand, welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall
untergegangen ist.
§. 351. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte
eine wesentliche Verschlechterung, den Untergang oder die anderweitige
Unmöglichkeit der Herausgabe des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat. Der
Untergang eines erheblichen Theiles steht einer wesentlichen Verschlechterung
des Gegenstandes, das von dem Berechtigten nach §. 278 zu vertretende
Verschulden eines Anderen steht dem eigenen Verschulden des Berechtigten
gleich.
§. 352. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der
Berechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache
anderer Art umgestaltet hat.
§. 353. Hat der Berechtigte den empfangenen Gegenstand oder
einen erheblichen Theil des Gegenstandes veräußert oder mit dem Rechte eines
Dritten belastet, so ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn bei demjenigen,
welcher den Gegenstand in Folge der Verfügung erlangt hat, die Voraussetzungen
des §. 351 oder des §. 352 eingetreten sind.
Einer Verfügung des Berechtigten steht eine Verfügung
gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder
durch den Konkursverwalter erfolgt.
§. 354. Kommt der Berechtigte mit der Rückgewähr des
empfangenen Gegenstandes oder eines erheblichen Theiles des Gegenstandes in
Verzug, so kann ihm der andere Theil eine angemessene Frist mit der Erklärung
bestimmen, daß er die Annahme nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Der Rücktritt
wird unwirksam, wenn nicht die Rückgewähr vor dem Ablaufe der Frist erfolgt.
§. 355. Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist
nicht vereinbart, so kann dem Berechtigten von dem anderen Theile für die
Ausübung eine angemessene Frist bestimmt werden. Das Rücktrittsrecht erlischt,
wenn nicht der Rücktritt vor dem Ablaufe der Frist erklärt wird.
§. 356. Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der
anderen Seite Mehrere betheiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und
gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der
Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen.
§. 357. Hat sich der eine Theil den Rücktritt für den Fall
vorbehalten, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist
der Rücktritt unwirksam, wenn der andere Theil sich von der Verbindlichkeit
durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach dem Rücktritte die
Aufrechnung erklärt.
§. 358. Hat sich der eine Theil den Rücktritt für den Fall
vorbehalten, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, und
bestreitet dieser die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er erfüllt
habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, sofern nicht die geschuldete
Leistung in einem Unterlassen besteht.
§. 359. Ist der Rücktritt gegen Zahlung eines Reugeldes
vorbehalten, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn das Reugeld nicht vor oder
bei der Erklärung entrichtet wird und der andere Theil aus diesem Grunde die
Erklärung unverzüglich zurückweist. Die Erklärung ist jedoch wirksam, wenn das
Reugeld unverzüglich nach der Zurückweisung entrichtet wird.
§. 360. Ist ein Vertrag mit dem Vorbehalte geschlossen, daß
der Schuldner seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein soll, wenn er seine
Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Gläubiger bei dem Eintritte dieses
Falles zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt.
§. 361. Ist in einem gegenseitigen Vertrage vereinbart, daß
die Leistung des einen Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb
einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen,
daß der andere Theil zum Rücktritte berechtigt sein soll, wenn die Leistung
nicht zu der bestimmten Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt.
Dritter Abschnitt.
Erlöschen der Schuldverhältnisse.
Erster Titel.
Erfüllung.
§. 362. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete
Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so
finden die Vorschriften des §. 185 Anwendung.
§. 363. Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene
Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die
Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als
die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei.
§. 364. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger
eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungsstatt annimmt.
Uebernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers
diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen,
daß er die Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt übernimmt.
§. 365. Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten
oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt gegeben, so hat der Schuldner wegen
eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der Sache in gleicher Weise
wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten.
§. 366. Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren
Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von
ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämmtlicher Schulden aus, so wird diejenige
Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.
Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die
fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem
Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem
Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei
gleichem Alter jede Schuld verhältnißmäßig getilgt.
§. 367. Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und
Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht
ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt
auf die Hauptleistung angerechnet.
Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der
Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.
§. 368. Der Gläubiger hat gegen Empfang der Leistung auf
Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntniß (Quittung) zu ertheilen. Hat der
Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form ertheilt
wird, so kann er die Ertheilung in dieser Form verlangen.
§. 369. Die Kosten der Quittung hat der Schuldner zu tragen
und vorzuschießen, sofern nicht aus dem zwischen ihm und dem Gläubiger
bestehenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt.
Treten in Folge einer Uebertragung der Forderung oder im
Wege der Erbfolge an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers mehrere
Gläubiger, so fallen die Mehrkosten den Gläubigern zur Last.
§. 370. Der Ueberbringer einer Quittung gilt als ermächtigt,
die Leistung zu empfangen, sofern nicht die dem Leistenden bekannten Umstände
der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen.
§. 371. Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt
worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins
verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außer Stande zu sein, so kann
der Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntniß verlangen, daß die Schuld
erloschen sei.
Zweiter Titel.
Hinterlegung.
§. 372. Geld, Werthpapiere und sonstige Urkunden sowie
Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle
für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzuge der Annahme ist.
Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des
Gläubigers liegenden Grunde oder in Folge einer nicht auf Fahrlässigkeit
beruhenden Ungewißheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit
nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.
§. 373. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers
zu leisten verpflichtet, so kann er das Recht des Gläubigers zum Empfange der
hinterlegten Sache von der Bewirkung der Gegenleistung abhängig machen.
§. 374. Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des
Leistungsorts zu erfolgen; hinterlegt der Schuldner bei einer anderen Stelle,
so hat er dem Gläubiger den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Der Schuldner hat dem Gläubiger die Hinterlegung
unverzüglich anzuzeigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze
verpflichtet. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist.
§. 375. Ist die hinterlegte Sache der Hinterlegungsstelle
durch die Post übersendet worden, so wirkt die Hinterlegung auf die Zeit der
Aufgabe der Sache zur Post zurück.
§. 376. Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache
zurückzunehmen.
Die Rücknahme ist ausgeschlossen:
1. wenn der Schuldner der
Hinterlegungsstelle erklärt, daß er auf das Recht zur Rücknahme verzichte;
2. wenn der Gläubiger der
Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt;
3. wenn der Hinterlegungsstelle ein
zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urtheil
vorgelegt wird, das die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt.
§. 377. Das Recht zur Rücknahme ist der Pfändung nicht
unterworfen.
Wird über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet,
so kann während des Konkurses das Recht zur Rücknahme auch nicht von dem
Schuldner ausgeübt werden.
§. 378. Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache
ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit
in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den
Gläubiger geleistet hätte.
§. 379. Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache nicht
ausgeschlossen, so kann der Schuldner den Gläubiger auf die hinterlegte Sache
verweisen.
Solange die Sache hinterlegt ist, trägt der Gläubiger die
Gefahr und ist der Schuldner nicht verpflichtet, Zinsen zu zahlen oder Ersatz
für nicht gezogene Nutzungen zu leisten.
Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache zurück, so gilt
die Hinterlegung als nicht erfolgt.
§. 380. Soweit nach den für die Hinterlegungsstelle
geltenden Bestimmungen zum Nachweise der Empfangsberechtigung des Gläubigers
eine diese Berechtigung anerkennende Erklärung des Schuldners erforderlich oder
genügend ist, kann der Gläubiger von dem Schuldner die Abgabe der Erklärung
unter denselben Voraussetzungen verlangen, unter denen er die Leistung zu
fordern berechtigt sein würde, wenn die Hinterlegung nicht erfolgt wäre.
§. 381. Die Kosten der Hinterlegung fallen dem Gläubiger zur
Last, sofern nicht der Schuldner die hinterlegte Sache zurücknimmt.
§. 382. Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag
erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Empfange der Anzeige von
der Hinterlegung, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der
Hinterlegungsstelle meldet; der Schuldner ist zur Rücknahme berechtigt, auch
wenn er auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat.
§. 383. Ist die geschuldete bewegliche Sache zur
Hinterlegung nicht geeignet, so kann der Schuldner sie im Falle des Verzugs des
Gläubigers am Leistungsorte versteigern lassen und den Erlös hinterlegen. Das
Gleiche gilt in den Fällen des §. 372 Satz 2, wenn der Verderb der Sache zu
besorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden ist.
Ist von der Versteigerung am Leistungsort ein angemessener
Erfolg nicht zu erwarten, so ist die Sache an einem geeigneten anderen Orte zu
versteigern.
Die Versteigerung hat durch einen für den Versteigerungsort
bestellten Gerichtsvollzieher oder zu Versteigerungen befugten anderen Beamten
oder öffentlich angestellten Versteigerer öffentlich zu erfolgen (öffentliche
Versteigerung). Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner
Bezeichnung der Sache öffentlich bekannt zu machen.
Die Vorschriften der Abs. 1 bis 3 gelten nicht für
eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke.
§. 384. Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem sie dem
Gläubiger angedroht worden ist; die Androhung darf unterbleiben, wenn die Sache
dem Verderb ausgesetzt und mit dem Aufschube der Versteigerung Gefahr verbunden
ist.
Der Schuldner hat den Gläubiger von der Versteigerung
unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum
Schadensersatze verpflichtet.
Die Androhung und die Benachrichtigung dürfen unterbleiben,
wenn sie unthunlich sind.
§. 385. Hat die Sache einen Börsen- oder Marktpreis, so kann
der Schuldner den Verkauf aus freier Hand durch einen zu solchen Verkäufen
öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur öffentlichen
Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise bewirken.
§. 386. Die Kosten der Versteigerung oder des nach §. 385
erfolgten Verkaufs fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner
den hinterlegten Erlös zurücknimmt.
Dritter Titel.
Aufrechnung.
§. 387. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die
ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, so kann jeder Theil seine Forderung
gegen die Forderung des anderen Theiles aufrechnen, sobald er die ihm
gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
§. 388. Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber
dem anderen Theile. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung
oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.
§. 389. Die Aufrechnung bewirkt, daß die Forderungen, soweit
sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur
Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.
§. 390. Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann
nicht aufgerechnet werden. Die Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus,
wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere
Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
§. 391. Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen,
daß für die Forderungen verschiedene Leistungs- oder Ablieferungsorte bestehen.
Der aufrechnende Theil hat jedoch den Schaden zu ersetzen, den der andere Theil
dadurch erleidet, daß er in Folge der Aufrechnung die Leistung nicht an dem
bestimmten Orte erhält oder bewirken kann.
Ist vereinbart, daß die Leistung zu einer bestimmten Zeit an
einem bestimmten Orte erfolgen soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die
Aufrechnung einer Forderung, für die ein anderer Leistungsort besteht,
ausgeschlossen sein soll.
§. 392. Durch die Beschlagnahme einer Forderung wird die
Aufrechnung einer dem Schuldner gegen den Gläubiger zustehenden Forderung nur
dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner seine Forderung nach der Beschlagnahme
erworben hat oder wenn seine Forderung erst nach der Beschlagnahme und später
als die in Beschlag genommene Forderung fällig geworden ist.
§. 393. Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich
begangenen unerlaubten Handlung ist die Aufrechnung nicht zulässig.
§. 394. Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen
ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus
Kranken-, Hülfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und
Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch
geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.
§. 395. Gegen eine Forderung des Reichs oder eines
Bundesstaats sowie gegen eine Forderung einer Gemeinde oder eines anderen
Kommunalverbandes ist die Aufrechnung nur zulässig, wenn die Leistung an
dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus der die Forderung des Aufrechnenden zu
berichtigen ist.
§. 396. Hat der eine oder der andere Theil mehrere zur
Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Theil die
Forderungen bestimmen, die gegen einander aufgerechnet werden sollen. Wird die
Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt oder widerspricht der andere
Theil unverzüglich, so findet die Vorschrift des §. 366 Abs. 2 entsprechende
Anwendung.
Schuldet der aufrechnende Theil dem anderen Theile außer der
Hauptleistung Zinsen und Kosten, so finden die Vorschriften des §. 367
entsprechende Anwendung.
Vierter Titel.
Erlaß.
§. 397. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger
dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erläßt.
Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem
Schuldner anerkennt, daß das Schuldverhältniß nicht bestehe.
Vierter Abschnitt.
Uebertragung der Forderung.
§. 398. Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag
mit einem Anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschlusse
des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.
§. 399. Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn
die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne
Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch
Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist.
§. 400. Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, soweit
sie der Pfändung nicht unterworfen ist.
§. 401. Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypotheken,
Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus
einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über.
Ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvollstreckung
oder des Konkurses verbundenes Vorzugsrecht kann auch der neue Gläubiger
geltend machen.
§. 402. Der bisherige Gläubiger ist verpflichtet, dem neuen
Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nöthige Auskunft zu ertheilen
und ihm die zum Beweise der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in
seinem Besitze befinden, auszuliefern.
§. 403. Der bisherige Gläubiger hat dem neuen Gläubiger auf
Verlangen eine öffentlich beglaubigte Urkunde über die Abtretung auszustellen.
Die Kosten hat der neue Gläubiger zu tragen und vorzuschießen.
§. 404. Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die
Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den
bisherigen Gläubiger begründet waren.
§. 405. Hat der Schuldner eine Urkunde über die Schuld
ausgestellt, so kann er sich, wenn die Forderung unter Vorlegung der Urkunde
abgetreten wird, dem neuen Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, daß die
Eingehung oder Anerkennung des Schuldverhältnisses nur zum Schein erfolgt oder
daß die Abtretung durch Vereinbarung mit dem ursprünglichen Gläubiger
ausgeschlossen sei, es sei denn, daß der neue Gläubiger bei der Abtretung den
Sachverhalt kannte oder kennen mußte.
§. 406. Der Schuldner kann eine ihm gegen den bisherigen
Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen,
es sei denn, daß er bei dem Erwerbe der Forderung von der Abtretung Kenntniß
hatte oder daß die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntniß und später
als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.
§. 407. Der neue Gläubiger muß eine Leistung, die der
Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen Gläubiger bewirkt, sowie jedes
Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem
bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich
gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei der Leistung
oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt.
Ist in einem nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und
dem bisherigen Gläubiger anhängig gewordenen Rechtsstreit ein rechtskräftiges
Urtheil über die Forderung ergangen, so muß der neue Gläubiger das Urtheil
gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei dem
Eintritte der Rechtshängigkeit gekannt hat.
§. 408. Wird eine abgetretene Forderung von dem bisherigen
Gläubiger nochmals an einen Dritten abgetreten, so finden, wenn der Schuldner
an den Dritten leistet oder wenn zwischen dem Schuldner und dem Dritten ein
Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Rechtsstreit anhängig wird, zu Gunsten des
Schuldners die Vorschriften des §. 407 dem früheren Erwerber gegenüber
entsprechende Anwendung.
Das Gleiche gilt, wenn die bereits abgetretene Forderung
durch gerichtlichen Beschluß einem Dritten überwiesen wird oder wenn der
bisherige Gläubiger dem Dritten gegenüber anerkennt, daß die bereits
abgetretene Forderung kraft Gesetzes auf den Dritten übergegangen sei.
§. 409. Zeigt der Gläubiger dem Schuldner an, daß er die
Forderung abgetreten habe, so muß er dem Schuldner gegenüber die angezeigte
Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht
wirksam ist. Der Anzeige steht es gleich, wenn der Gläubiger eine Urkunde über
die Abtretung dem in der Urkunde bezeichneten neuen Gläubiger ausgestellt hat
und dieser sie dem Schuldner vorlegt.
Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen
zurückgenommen werden, welcher als der neue Gläubiger bezeichnet worden ist.
§. 410. Der Schuldner ist dem neuen Gläubiger gegenüber zur
Leistung nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die
Abtretung ausgestellten Urkunde verpflichtet. Eine Kündigung oder eine Mahnung
des neuen Gläubigers ist unwirksam, wenn sie ohne Vorlegung einer solchen
Urkunde erfolgt und der Schuldner sie aus diesem Grunde unverzüglich
zurückweist.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der
bisherige Gläubiger dem Schuldner die Abtretung schriftlich angezeigt hat.
§. 411. Tritt eine Militärperson, ein Beamter, ein
Geistlicher oder ein Lehrer an einer öffentlichen Unterrichtsanstalt den
übertragbaren Theil des Diensteinkommens, des Wartegeldes oder des Ruhegehalts
ab, so ist die auszahlende Kasse durch Aushändigung einer von dem bisherigen
Gläubiger ausgestellten, öffentlich oder amtlich beglaubigten Urkunde von der
Abtretung zu benachrichtigen. Bis zur Benachrichtigung gilt die Abtretung als
der Kasse nicht bekannt.
§. 412. Auf die Uebertragung einer Forderung kraft Gesetzes
finden die Vorschriften der §§. 399 bis 404, 406 bis 410 entsprechende
Anwendung.
§. 413. Die Vorschriften über die Uebertragung von
Forderungen finden auf die Uebertragung anderer Rechte entsprechende Anwendung,
soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt.
Fünfter Abschnitt.
Schuldübernahme.
§. 414. Eine Schuld kann von einem Dritten durch Vertrag mit
dem Gläubiger in der Weise übernommen werden, daß der Dritte an die Stelle des
bisherigen Schuldners tritt.
§. 415. Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit dem
Schuldner vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Genehmigung des
Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der
Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitgetheilt hat. Bis zur Genehmigung
können die Parteien den Vertrag ändern oder aufheben.
Wird die Genehmigung verweigert, so gilt die Schuldübernahme
als nicht erfolgt. Fordert der Schuldner oder der Dritte den Gläubiger unter
Bestimmung einer Frist zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die
Genehmigung nur bis zum Ablaufe der Frist erklärt werden; wird sie nicht
erklärt, so gilt sie als verweigert.
Solange nicht der Gläubiger die Genehmigung ertheilt hat,
ist im Zweifel der Uebernehmer dem Schuldner gegenüber verpflichtet, den
Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger die
Genehmigung verweigert.
§. 416. Uebernimmt der Erwerber eines Grundstücks durch
Vertrag mit dem Veräußerer eine Schuld des Veräußerers, für die eine Hypothek
an dem Grundstücke besteht, so kann der Gläubiger die Schuldübernahme nur
genehmigen, wenn der Veräußerer sie ihm mittheilt. Sind seit dem Empfange der
Mittheilung sechs Monate verstrichen, so gilt die Genehmigung als ertheilt,
wenn nicht der Gläubiger sie dem Veräußerer gegenüber vorher verweigert hat;
die Vorschrift des §. 415 Abs. 2 Satz 2 findet keine Anwendung.
Die Mittheilung des Veräußerers kann erst erfolgen, wenn der
Erwerber als Eigenthümer im Grundbuch eingetragen ist. Sie muß schriftlich
geschehen und den Hinweis enthalten, daß der Uebernehmer an die Stelle des
bisherigen Schuldners tritt, wenn nicht der Gläubiger die Verweigerung
innerhalb der sechs Monate erklärt.
Der Veräußerer hat auf Verlangen des Erwerbers dem Gläubiger
die Schuldübernahme mitzutheilen. Sobald die Ertheilung oder Verweigerung der
Genehmigung feststeht, hat der Veräußerer den Erwerber zu benachrichtigen.
§. 417. Der Uebernehmer kann dem Gläubiger die Einwendungen
entgegensetzen, welche sich aus dem Rechtsverhältnisse zwischen dem Gläubiger
und dem bisherigen Schuldner ergeben. Eine dem bisherigen Schuldner zustehende
Forderung kann er nicht aufrechnen.
Aus dem der Schuldübernahme zu Grunde liegenden
Rechtsverhältnisse zwischen dem Uebernehmer und dem bisherigen Schuldner kann
der Uebernehmer dem Gläubiger gegenüber Einwendungen nicht herleiten.
§. 418. In Folge der Schuldübernahme erlöschen die für die
Forderung bestellten Bürgschaften und Pfandrechte. Besteht für die Forderung
eine Hypothek oder eine Schiffshypothek, so tritt das Gleiche ein, wie wenn der
Gläubiger auf die Hypothek oder die Schiffshypothek verzichtet. Diese
Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Bürge oder derjenige, welchem der
verhaftete Gegenstand zur Zeit der Schuldübernahme gehört, in diese einwilligt.
Ein mit der Forderung für den Fall des Konkurses verbundenes
Vorzugsrecht kann nicht im Konkurs über das Vermögen des Uebernehmers geltend
gemacht werden.
§. 419. Uebernimmt Jemand durch Vertrag das Vermögen eines
Anderen, so können dessen Gläubiger, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des
bisherigen Schuldners, von dem Abschlusse des Vertrags an ihre zu dieser Zeit
bestehenden Ansprüche auch gegen den Uebernehmer geltend machen.
Die Haftung des Uebernehmers beschränkt sich auf den Bestand
des übernommenen Vermögens und die ihm aus dem Vertrage zustehenden Ansprüche.
Beruft sich der Uebernehmer auf die Beschränkung seiner Haftung, so finden die
für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991
entsprechende Anwendung.
Die Haftung des Uebernehmers kann nicht durch Vereinbarung
zwischen ihm und dem bisherigen Schuldner ausgeschlossen oder beschränkt
werden.
Sechster Abschnitt.
Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern.
§. 420. Schulden Mehrere eine theilbare Leistung oder haben
Mehrere eine theilbare Leistung zu fordern, so ist im Zweifel jeder Schuldner
nur zu einem gleichen Antheile verpflichtet, jeder Gläubiger nur zu einem
gleichen Antheile berechtigt.
§. 421. Schulden Mehrere eine Leistung in der Weise, daß
jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die
Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesammtschuldner), so kann der
Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder
zu einem Theile fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämmtliche
Schuldner verpflichtet.
§. 422. Die Erfüllung durch einen Gesammtschuldner wirkt
auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an
Erfüllungsstatt, der Hinterlegung und der Aufrechnung.
Eine Forderung, die einem Gesammtschuldner zusteht, kann
nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet werden.
§. 423. Ein zwischen dem Gläubiger und einem
Gesammtschuldner vereinbarter Erlaß wirkt auch für die übrigen Schuldner, wenn
die Vertragschließenden das ganze Schuldverhältniß aufheben wollten.
§. 424. Der Verzug des Gläubigers gegenüber einem
Gesammtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner.
§. 425. Andere als die in den §§. 422 bis 424 bezeichneten
Thatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältniß ein Anderes
ergiebt, nur für und gegen den Gesammtschuldner, in dessen Person sie
eintreten.
Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzuge, dem
Verschulden, von der Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines
Gesammtschuldners, von der Verjährung, deren Unterbrechung und Hemmung, von der
Vereinigung der Forderung mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urtheile.
§. 426. Die Gesammtschuldner sind im Verhältnisse zu
einander zu gleichen Antheilen verpflichtet, soweit nicht ein Anderes bestimmt
ist. Kann von einem Gesammtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht
erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung
verpflichteten Schuldnern zu tragen.
Soweit ein Gesammtschuldner den Gläubiger befriedigt und von
den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des
Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Uebergang kann nicht
zum Nachtheile des Gläubigers geltend gemacht werden.
§. 427. Verpflichten sich Mehrere durch Vertrag
gemeinschaftlich zu einer theilbaren Leistung, so haften sie im Zweifel als
Gesammtschuldner.
§. 428. Sind Mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern
berechtigt, daß jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die
Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesammtgläubiger), so kann
der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt
auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.
§. 429. Der Verzug eines Gesammtgläubigers wirkt auch gegen
die übrigen Gläubiger.
Vereinigen sich Forderung und Schuld in der Person eines
Gesammtgläubigers, so erlöschen die Rechte der übrigen Gläubiger gegen den
Schuldner.
Im Uebrigen finden die Vorschriften der §§. 422, 423, 425
entsprechende Anwendung. Insbesondere bleiben, wenn ein Gesammtgläubiger seine
Forderung auf einen Anderen überträgt, die Rechte der übrigen Gläubiger
unberührt.
§. 430. Die Gesammtgläubiger sind im Verhältnisse zu
einander zu gleichen Antheilen berechtigt, soweit nicht ein Anderes bestimmt
ist.
§. 431. Schulden Mehrere eine untheilbare Leistung, so
haften sie als Gesammtschuldner.
§. 432. Haben Mehrere eine untheilbare Leistung zu fordern,
so kann, sofern sie nicht Gesammtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle
gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern.
Jeder Gläubiger kann verlangen, daß der Schuldner die geschuldete Sache für
alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an
einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
Im Uebrigen wirkt eine Thatsache, die nur in der Person
eines der Gläubiger eintritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger.
Siebenter Abschnitt.
Einzelne Schuldverhältnisse.
Erster Titel.
Kauf. Tausch.
I. Allgemeine Vorschriften
§. 433. Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache
verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigenthum an der Sache
zu verschaffen. Der Verkäufer eines Rechtes ist verpflichtet, dem Käufer das
Recht zu verschaffen und, wenn das Recht zum Besitz einer Sache berechtigt, die
Sache zu übergeben.
Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten
Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
§. 434. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer den
verkauften Gegenstand frei von Rechten zu verschaffen, die von Dritten gegen
den Käufer geltend gemacht werden können.
§. 435. Der Verkäufer eines Grundstücks oder eines Rechtes
an einem Grundstück ist verpflichtet, im Grundbuch eingetragene Rechte, die
nicht bestehen, auf seine Kosten zur Löschung zu bringen, wenn sie im Falle
ihres Bestehens das dem Käufer zu verschaffende Recht beeinträchtigen würden.
Das Gleiche gilt beim Verkauf eines eingetragenen Schiffs
oder Schiffsbauwerks oder einer Schiffshypothek für die im Schiffsregister
eingetragenen Rechte.
§. 436. Der Verkäufer eines Grundstücks haftet nicht für die
Freiheit des Grundstücks von öffentlichen Abgaben und von anderen öffentlichen
Lasten, die zur Eintragung in das Grundbuch nicht geeignet sind.
§. 437. Der Verkäufer einer Forderung oder eines sonstigen Rechtes
haftet für den rechtlichen Bestand der Forderung oder des Rechtes.
Der Verkäufer eines Werthpapiers haftet auch dafür, daß es
nicht zum Zwecke der Kraftloserklärung aufgeboten ist.
§. 438. Uebernimmt der Verkäufer einer Forderung die Haftung
für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners, so ist die Haftung im Zweifel nur auf
die Zahlungsfähigkeit zur Zeit der Abtretung zu beziehen.
§. 439. Der Verkäufer hat einen Mangel im Rechte nicht zu
vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlusse des Kaufes kennt.
Eine Hypothek, eine Grundschuld, eine Rentenschuld, eine
Schiffshypothek oder ein Pfandrecht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn
der Käufer die Belastung kennt. Das Gleiche gilt von einer Vormerkung zur
Sicherung des Anspruchs auf Bestellung eines dieser Rechte.
§. 440. Erfüllt der Verkäufer die ihm nach den §§. 433 bis
437, 439 obliegenden Verpflichtungen nicht, so bestimmen sich die Rechte des
Käufers nach den Vorschriften der §§. 320 bis 327.
Ist eine bewegliche Sache verkauft und dem Käufer zum Zwecke
der Eigenthumsübertragung übergeben worden, so kann der Käufer wegen des
Rechtes eines Dritten, das zum Besitze der Sache berechtigt, Schadensersatz
wegen Nichterfüllung nur verlangen, wenn er die Sache dem Dritten mit Rücksicht
auf dessen Recht herausgegeben hat oder sie dem Verkäufer zurückgewährt oder
wenn die Sache untergegangen ist.
Der Herausgabe der Sache an den Dritten steht es gleich,
wenn der Dritte den Käufer oder dieser den Dritten beerbt oder wenn der Käufer
das Recht des Dritten anderweit erwirbt oder den Dritten abfindet.
Steht dem Käufer ein Anspruch auf Herausgabe gegen einen
Anderen zu, so genügt an Stelle der Rückgewähr die Abtretung des Anspruchs.
§. 441. Die Vorschriften des §. 440 Abs. 2 bis 4 gelten auch
dann, wenn ein Recht an einer beweglichen Sache verkauft ist, das zum Besitze
der Sache berechtigt.
§. 442. Bestreitet der Verkäufer den vom Käufer geltend
gemachten Mangel im Rechte, so hat der Käufer den Mangel zu beweisen.
§. 443. Eine Vereinbarung, durch welche die nach den §§. 433
bis 437, 439 bis 442 wegen eines Mangels im Rechte dem Verkäufer obliegende
Verpflichtung zur Gewährleistung erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig,
wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt.
§. 444. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer über die
den verkauften Gegenstand betreffenden rechtlichen Verhältnisse, insbesondere
im Falle des Verkaufs eines Grundstücks über die Grenzen, Gerechtsame und
Lasten, die nöthige Auskunft zu ertheilen und ihm die zum Beweise des Rechtes dienenden
Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitze befinden, auszuliefern. Erstreckt
sich der Inhalt einer solchen Urkunde auch auf andere Angelegenheiten, so ist
der Verkäufer nur zur Ertheilung eines öffentlich beglaubigten Auszugs
verpflichtet.
§. 445. Die Vorschriften der §§. 433 bis 444 finden auf
andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes gegen
Entgelt gerichtet sind, entsprechende Anwendung.
§. 446. Mit der Uebergabe der verkauften Sache geht die
Gefahr des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Verschlechterung auf den
Käufer über. Von der Uebergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt
er die Lasten der Sache.
Wird der Käufer eines Grundstücks oder eines eingetragenen
Schiffs oder Schiffsbauwerks vor der Übergabe als Eigentümer in das Grundbuch,
das Schiffsregister oder das Schiffsbauregister eingetragen, so treten diese
Wirkungen mit der Eintragung ein.
§. 447. Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers
die verkaufte Sache nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte, so geht die
Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem
Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person
oder Anstalt ausgeliefert hat.
Hat der Käufer eine besondere Anweisung über die Art der
Versendung ertheilt und weicht der Verkäufer ohne dringenden Grund von der
Anweisung ab, so ist der Verkäufer dem Käufer für den daraus entstehenden
Schaden verantwortlich.
§. 448. Die Kosten der Uebergabe der verkauften Sache,
insbesondere die Kosten des Messens und Wägens, fallen dem Verkäufer, die
Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache nach einem anderen Orte als dem
Erfüllungsorte fallen dem Käufer zur Last.
Ist ein Recht verkauft, so fallen die Kosten der Begründung
oder Uebertragung des Rechtes dem Verkäufer zur Last.
§. 449. Der Käufer eines Grundstücks hat die Kosten der
Auflassung und der Eintragung, der Käufer eines Rechtes an einem Grundstücke
hat die Kosten der zur Begründung oder Uebertragung des Rechtes nöthigen Eintragung
in das Grundbuch, mit Einschluß der Kosten der zu der Eintragung erforderlichen
Erklärungen, zu tragen. Dem Käufer fallen in beiden Fällen auch die Kosten der
Beurkundung des Kaufes zur Last.
Der Käufer eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks
hat die Kosten der Eintragung des Eigentumsübergangs, der Käufer eines Rechts
an einem eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk hat die Kosten einer zur
Begründung oder Übertragung nötigen Eintragung in das Schiffsregister oder das
Schiffsbauregister mit Einschluß der Kosten der zur Eintragung erforderlichen
Erklärungen zu tragen.
§. 450. Ist vor der Uebergabe der verkauften Sache die
Gefahr auf den Käufer übergegangen und macht der Verkäufer vor der Uebergabe
Verwendungen auf die Sache, die nach dem Uebergange der Gefahr nothwendig
geworden sind, so kann er von dem Käufer Ersatz verlangen, wie wenn der Käufer
ihn mit der Verwaltung der Sache beauftragt hätte.
Die Verpflichtung des Käufers zum Ersatze sonstiger
Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne
Auftrag.
§. 451. Ist ein Recht an einer Sache verkauft, das zum
Besitze der Sache berechtigt, so finden die Vorschriften der §§. 446 bis 450
entsprechende Anwendung.
§. 452. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufpreis von dem
Zeitpunkt an zu verzinsen, von welchem an die Nutzungen des gekauften
Gegenstandes ihm gebühren, sofern nicht der Kaufpreis gestundet ist.
§. 453. Ist als Kaufpreis der Marktpreis bestimmt, so gilt
im Zweifel der für den Erfüllungsort zur Erfüllungszeit maßgebende Marktpreis
als vereinbart.
§. 454. Hat der Verkäufer den Vertrag erfüllt und den
Kaufpreis gestundet, so steht ihm das im §. 325 Abs. 2 und im §. 326 bestimmte
Rücktrittsrecht nicht zu.
§. 455. Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das
Eigenthum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß die Uebertragung des Eigenthums unter der aufschiebenden
Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises erfolgt und daß der Verkäufer
zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung
in Verzug kommt.
§. 456. Bei einem Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung
dürfen der mit der Vornahme oder Leitung des Verkaufs Beauftragte und die von ihm
zugezogenen Gehülfen, mit Einschluß des Protokollführers, den zum Verkaufe
gestellten Gegenstand weder für sich persönlich oder durch einen Anderen noch
als Vertreter eines Anderen kaufen.
§. 457. Die Vorschrift des §. 456 gilt auch bei einem
Verkauf außerhalb der Zwangsvollstreckung, wenn der Auftrag zu dem Verkauf auf
Grund einer gesetzlichen Vorschrift ertheilt worden ist, die den Auftraggeber
ermächtigt, den Gegenstand für Rechnung eines Anderen verkaufen zu lassen,
insbesondere in den Fällen des Pfandverkaufs und des in den §§. 383, 385
zugelassenen Verkaufs, sowie bei einem Verkaufe durch den Konkursverwalter.
§. 458. Die Wirksamkeit eines den Vorschriften der §§. 456,
457 zuwider erfolgten Kaufes und der Uebertragung des gekauften Gegenstandes
hängt von der Zustimmung der bei dem Verkauf als Schuldner, Eigenthümer oder
Gläubiger Betheiligten ab. Fordert der Käufer einen Betheiligten zur Erklärung
über die Genehmigung auf, so finden die Vorschriften des §. 177 Abs. 2
entsprechende Anwendung.
Wird in Folge der Verweigerung der Genehmigung ein neuer
Verkauf vorgenommen, so hat der frühere Käufer für die Kosten des neuen
Verkaufs sowie für einen Mindererlös aufzukommen.
II. Gewährleistung wegen Mängel der Sache
§. 459. Der Verkäufer einer Sache haftet dem Käufer dafür,
daß sie zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergeht, nicht mit
Fehlern behaftet ist, die den Werth oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen
oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Eine
unerhebliche Minderung des Werthes oder der Tauglichkeit kommt nicht in
Betracht.
Der Verkäufer haftet auch dafür, daß die Sache zur Zeit des
Ueberganges der Gefahr die zugesicherten Eigenschaften hat.
§. 460. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache
nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlusse des Kaufes
kennt. Ist dem Käufer ein Mangel der im §. 459 Abs. 1 bezeichneten Art in Folge
grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so haftet der Verkäufer, sofern er
nicht die Abwesenheit des Fehlers zugesichert hat, nur, wenn er den Fehler
arglistig verschwiegen hat.
§. 461. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache
nicht zu vertreten, wenn die Sache auf Grund eines Pfandrechts in öffentlicher
Versteigerung unter der Bezeichnung als Pfand verkauft wird.
§. 462. Wegen eines Mangels, den der Verkäufer nach den
Vorschriften der §§. 459, 460 zu vertreten hat, kann der Käufer
Rückgängigmachung des Kaufes (Wandelung) oder Herabsetzung des Kaufpreises
(Minderung) verlangen.
§. 463. Fehlt der verkauften Sache zur Zeit des Kaufes eine
zugesicherte Eigenschaft, so kann der Käufer statt der Wandelung oder der
Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Das Gleiche gilt, wenn
der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat.
§. 464. Nimmt der Käufer eine mangelhafte Sache an, obschon
er den Mangel kennt, so stehen ihm die in den §§. 462, 463 bestimmten Ansprüche
nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehält.
§. 465. Die Wandelung oder die Minderung ist vollzogen, wenn
sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit ihr einverstanden erklärt.
§. 466. Behauptet der Käufer dem Verkäufer gegenüber einen
Mangel der Sache, so kann der Verkäufer ihn unter dem Erbieten zur Wandelung
und unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auffordern,
ob er Wandelung verlange. Die Wandelung kann in diesem Falle nur bis zum
Ablaufe der Frist verlangt werden.
§. 467. Auf die Wandelung finden die für das vertragsmäßige
Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§. 346 bis 348, 350 bis 354, 356
entsprechende Anwendung; im Falle des §. 352 ist jedoch die Wandelung nicht
ausgeschlossen, wenn der Mangel sich erst bei der Umgestaltung der Sache
gezeigt hat. Der Verkäufer hat dem Käufer auch die Vertragskosten zu ersetzen.
§. 468. Sichert der Verkäufer eines Grundstücks dem Käufer
eine bestimmte Größe des Grundstücks zu, so haftet er für die Größe wie für
eine zugesicherte Eigenschaft. Der Käufer kann jedoch wegen Mangels der
zugesicherten Größe Wandelung nur verlangen, wenn der Mangel so erheblich ist,
daß die Erfüllung des Vertrags für den Käufer kein Interesse hat.
§. 469. Sind von mehreren verkauften Sachen nur einzelne
mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung verlangt werden, auch wenn
ein Gesammtpreis für alle Sachen festgesetzt ist. Sind jedoch die Sachen als
zusammengehörend verkauft, so kann jeder Theil verlangen, daß die Wandelung auf
alle Sachen erstreckt wird, wenn die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachtheil
für ihn von den übrigen getrennt werden können.
§. 470. Die Wandelung wegen eines Mangels der Hauptsache
erstreckt sich auch auf die Nebensache. Ist die Nebensache mangelhaft, so kann
nur in Ansehung dieser Wandelung verlangt werden.
§. 471. Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für
einen Gesammtpreis die Wandelung nur in Ansehung einzelner Sachen statt, so ist
der Gesammtpreis in dem Verhältnisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des
Verkaufs der Gesammtwerth der Sachen in mangelfreiem Zustande zu dem Werthe der
von der Wandelung nicht betroffenen Sachen gestanden haben würde.
§. 472. Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem
Verhältnisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Werth der
Sache in mangelfreiem Zustande zu dem wirklichen Werthe gestanden haben würde.
Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für einen
Gesammtpreis die Minderung nur wegen einzelner Sachen statt, so ist bei der
Herabsetzung des Preises der Gesammtwerth aller Sachen zu Grunde zu legen.
§. 473. Sind neben dem in Geld festgesetzten Kaufpreise
Leistungen bedungen, die nicht vertretbare Sachen zum Gegenstande haben, so
sind diese Leistungen in den Fällen der §§. 471, 472 nach dem Werthe zur Zeit
des Verkaufs in Geld zu veranschlagen. Die Herabsetzung der Gegenleistung des
Käufers erfolgt an dem in Geld festgesetzten Preise; ist dieser geringer als
der abzusetzende Betrag, so hat der Verkäufer den überschießenden Betrag dem
Käufer zu vergüten.
§. 474. Sind auf der einen oder der anderen Seite Mehrere
betheiligt, so kann von jedem und gegen jeden Minderung verlangt werden.
Mit der Vollziehung der von einem der Käufer verlangten
Minderung ist die Wandelung ausgeschlossen.
§. 475. Durch die wegen eines Mangels erfolgte Minderung
wird das Recht des Käufers, wegen eines anderen Mangels Wandelung oder von
neuem Minderung zu verlangen, nicht ausgeschlossen.
§. 476. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung
des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache erlassen oder
beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig
verschweigt.
§. 476a. Ist an Stelle des Rechts des Käufers auf Wandlung
oder Minderung ein Recht auf Nachbesserung vereinbart, so hat der zur
Nachbesserung verpflichtete Verkäufer auch die zum Zwecke der Nachbesserung
erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und
Materialkosten, zu tragen. Dies gilt nicht, soweit die Aufwendungen sich
erhöhen, weil die gekaufte Sache nach der Lieferung an einen anderen Ort als
den Wohnsitz oder die gewerbliche Niederlassung des Empfängers verbracht worden
ist, es sei denn, das Verbringen entspricht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der
Sache.
§. 477. Der Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung sowie
der Anspruch auf Schadensersatz wegen Mangels einer zugesicherten Eigenschaft
verjährt, sofern nicht der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei
beweglichen Sachen in sechs Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken in
einem Jahre von der Uebergabe an. Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag
verlängert werden.
Beantragt der Käufer gerichtliche Beweisaufnahme zur
Sicherung des Beweises, so wird die Verjährung unterbrochen. Die Unterbrechung
dauert bis zur Beendigung des Verfahrens fort. Die Vorschriften des §. 211 Abs.
2 und des §. 212 finden entsprechende Anwendung.
Die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung eines der im
Abs. 1 bezeichneten Ansprüche bewirkt auch die Hemmung oder Unterbrechung der
Verjährung der anderen Ansprüche.
§. 478. Hat der Käufer den Mangel dem Verkäufer angezeigt
oder die Anzeige an ihn abgesendet, bevor der Anspruch auf Wandelung oder auf
Minderung verjährt war, so kann er auch nach der Vollendung der Verjährung die
Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern, als er auf Grund der Wandelung
oder der Minderung dazu berechtigt sein würde. Das Gleiche gilt, wenn der
Käufer vor der Vollendung der Verjährung gerichtliche Beweisaufnahme zur
Sicherung des Beweises beantragt oder in einem zwischen ihm und einem späteren
Erwerber der Sache wegen des Mangels anhängigen Rechtsstreite dem Verkäufer den
Streit verkündet hat.
Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so
bedarf es der Anzeige oder einer ihr nach Abs. 1 gleichstehenden Handlung
nicht.
§. 479. Der Anspruch auf Schadensersatz kann nach der
Vollendung der Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn der Käufer vorher eine
der im §. 478 bezeichneten Handlungen vorgenommen hat. Diese Beschränkung tritt
nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
§. 480. Der Käufer einer nur der Gattung nach bestimmten
Sache kann statt der Wandelung oder der Minderung verlangen, daß ihm an Stelle
der mangelhaften Sache eine mangelfreie geliefert wird. Auf diesen Anspruch
finden die für die Wandelung geltenden Vorschriften der §§. 464 bis 466, des §.
467 Satz 1 und der §§. 469, 470, 474 bis 479 entsprechende Anwendung.
Fehlt der Sache zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den
Käufer übergeht, eine zugesicherte Eigenschaft oder hat der Verkäufer einen
Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Käufer statt der Wandelung, der
Minderung oder der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen.
§. 481. Für den Verkauf von Pferden, Eseln, Mauleseln und
Maulthieren, von Rindvieh, Schafen und Schweinen gelten die Vorschriften der
§§. 459 bis 467, 469 bis 480 nur insoweit, als sich nicht aus den §§. 482 bis
492 ein Anderes ergiebt.
§. 482. Der Verkäufer hat nur bestimmte Fehler (Hauptmängel)
und diese nur dann zu vertreten, wenn sie sich innerhalb bestimmter Fristen
(Gewährfristen) zeigen.
Die Hauptmängel und die Gewährfristen werden durch eine mit
Zustimmung des Bundesraths zu erlassende Kaiserliche Verordnung bestimmt. Die
Bestimmung kann auf demselben Wege ergänzt und abgeändert werden.
§. 483. Die Gewährfrist beginnt mit dem Ablaufe des Tages,
an welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht.
§. 484. Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der
Gewährfrist, so wird vermuthet, daß der Mangel schon zu der Zeit vorhanden
gewesen sei, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist.
§. 485. Der Käufer verliert die ihm wegen des Mangels
zustehenden Rechte, wenn er nicht spätestens zwei Tage nach dem Ablaufe der
Gewährfrist oder, falls das Thier vor dem Ablaufe der Frist getödtet worden
oder sonst verendet ist, nach dem Tode des Thieres den Mangel dem Verkäufer anzeigt
oder die Anzeige an ihn absendet oder wegen des Mangels Klage gegen den
Verkäufer erhebt oder diesem den Streit verkündet oder gerichtliche
Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt. Der Rechtsverlust tritt
nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
§. 486. Die Gewährfrist kann durch Vertrag verlängert oder
abgekürzt werden. Die vereinbarte Frist tritt an die Stelle der gesetzlichen
Frist.
§. 487. Der Käufer kann nur Wandelung, nicht Minderung
verlangen.
Die Wandelung kann auch in den Fällen der §§. 351 bis 353,
insbesondere wenn das Thier geschlachtet ist, verlangt werden; an Stelle der
Rückgewähr hat der Käufer den Werth des Thieres zu vergüten. Das Gleiche gilt
in anderen Fällen, in denen der Käufer in Folge eines Umstandes, den er zu
vertreten hat, insbesondere einer Verfügung über das Thier, außer Stande ist,
das Thier zurückzugewähren.
Ist vor der Vollziehung der Wandelung eine unwesentliche
Verschlechterung des Thieres in Folge eines von dem Käufer zu vertretenden
Umstandes eingetreten, so hat der Käufer die Werthminderung zu vergüten.
Nutzungen hat der Käufer nur insoweit zu ersetzen, als er
sie gezogen hat.
§. 488. Der Verkäufer hat im Falle der Wandelung dem Käufer
auch die Kosten der Fütterung und Pflege, die Kosten der thierärztlichen
Untersuchung und Behandlung sowie die Kosten der nothwendig gewordenen Tödtung
und Wegschaffung des Thieres zu ersetzen.
§. 489. Ist über den Anspruch auf Wandelung ein Rechtsstreit
anhängig, so ist auf Antrag der einen oder der anderen Partei die öffentliche
Versteigerung des Thieres und die Hinterlegung des Erlöses durch einstweilige
Verfügung anzuordnen, sobald die Besichtigung des Thieres nicht mehr
erforderlich ist.
§. 490. Der Anspruch auf Wandelung sowie der Anspruch auf Schadensersatz
wegen eines Hauptmangels, dessen Nichtvorhandensein der Verkäufer zugesichert
hat, verjährt in sechs Wochen von dem Ende der Gewährfrist an. Im Uebrigen
bleiben die Vorschriften des §. 477 unberührt.
An die Stelle der in den §§. 210, 212, 215 bestimmten
Fristen tritt eine Frist von sechs Wochen.
Der Käufer kann auch nach der Verjährung des Anspruchs auf
Wandelung die Zahlung des Kaufpreises verweigern. Die Aufrechnung des Anspruchs
auf Schadensersatz unterliegt nicht der im §. 479 bestimmten Beschränkung.
§. 491. Der Käufer eines nur der Gattung nach bestimmten
Thieres kann statt der Wandelung verlangen, daß ihm an Stelle des mangelhaften
Thieres ein mangelfreies geliefert wird. Auf diesen Anspruch finden die
Vorschriften der §§. 488 bis 490 entsprechende Anwendung.
§. 492. Uebernimmt der Verkäufer die Gewährleistung wegen
eines nicht zu den Hauptmängeln gehörenden Fehlers oder sichert er eine
Eigenschaft des Thieres zu, so finden die Vorschriften der §§. 487 bis 491 und,
wenn eine Gewährfrist vereinbart wird, auch die Vorschriften der §§. 483 bis
485 entsprechende Anwendung. Die im §. 490 bestimmte Verjährung beginnt, wenn
eine Gewährfrist nicht vereinbart wird, mit der Ablieferung des Thieres.
§. 493. Die Vorschriften über die Verpflichtung des
Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache finden auf andere
Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung einer Sache gegen Entgelt
gerichtet sind, entsprechende Anwendung.
III. Besondere Arten des Kaufes
1. Kauf nach Probe. Kauf auf Probe.
§. 494. Bei einem Kaufe nach Probe oder nach Muster sind die
Eigenschaften der Probe oder des Musters als zugesichert anzusehen.
§. 495. Bei einem Kaufe auf Probe oder auf Besicht steht die
Billigung des gekauften Gegenstandes im Belieben des Käufers. Der Kauf ist im
Zweifel unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung geschlossen.
Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die Untersuchung
des Gegenstandes zu gestatten.
§. 496. Die Billigung eines auf Probe oder auf Besicht
gekauften Gegenstandes kann nur innerhalb der vereinbarten Frist und in
Ermangelung einer solchen nur bis zum Ablauf einer dem Käufer von dem Verkäufer
bestimmten angemessenen Frist erklärt werden. War die Sache dem Käufer zum
Zwecke der Probe oder der Besichtigung übergeben, so gilt sein Schweigen als
Billigung.
2. Wiederkauf.
§. 497. Hat sich der Verkäufer in dem Kaufvertrage das Recht
des Wiederkaufs vorbehalten, so kommt der Wiederkauf mit der Erklärung des
Verkäufers gegenüber dem Käufer, daß er das Wiederkaufsrecht ausübe, zu Stande.
Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form. Der Preis,
zu welchem verkauft worden ist, gilt im Zweifel auch für den Wiederkauf.
§. 498. Der Wiederverkäufer ist verpflichtet, dem
Wiederkäufer den gekauften Gegenstand nebst Zubehör herauszugeben.
Hat der Wiederverkäufer vor der Ausübung des
Wiederkaufsrechts eine Verschlechterung, den Untergang oder eine aus einem
anderen Grunde eingetretene Unmöglichkeit der Herausgabe des gekauften
Gegenstandes verschuldet oder den Gegenstand wesentlich verändert, so ist er
für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. Ist der Gegenstand ohne
Verschulden des Wiederverkäufers verschlechtert oder ist er nur unwesentlich
verändert, so kann der Wiederkäufer Minderung des Kaufpreises nicht verlangen.
§. 499. Hat der Wiederverkäufer vor der Ausübung des
Wiederkaufsrechts über den gekauften Gegenstand verfügt, so ist er
verpflichtet, die dadurch begründeten Rechte Dritter zu beseitigen. Einer
Verfügung des Wiederverkäufers steht eine Verfügung gleich, die im Wege der
Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter
erfolgt.
§. 500. Der Wiederverkäufer kann für Verwendungen, die er
auf den gekauften Gegenstand vor dem Wiederkaufe gemacht hat, insoweit Ersatz
verlangen, als der Werth des Gegenstandes durch die Verwendungen erhöht ist.
Eine Einrichtung, mit der er die herauszugebende Sache versehen hat, kann er
wegnehmen.
§. 501. Ist als Wiederkaufpreis der Schätzungswerth
vereinbart, den der gekaufte Gegenstand zur Zeit des Wiederkaufs hat, so ist
der Wiederverkäufer für eine Verschlechterung, den Untergang oder die aus einem
anderen Grunde eingetretene Unmöglichkeit der Herausgabe des Gegenstandes nicht
verantwortlich, der Wiederkäufer zum Ersatze von Verwendungen nicht verpflichtet.
§. 502. Steht das Wiederkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich
zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten
erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen
berechtigt, das Wiederkaufsrecht im Ganzen auszuüben.
§. 503. Das Wiederkaufsrecht kann bei Grundstücken nur bis
zum Ablaufe von dreißig, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablaufe von drei
Jahren nach der Vereinbarung des Vorbehalts ausgeübt werden. Ist für die
Ausübung eine Frist bestimmt, so tritt diese an die Stelle der gesetzlichen
Frist.
3. Vorkauf.
§. 504. Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkaufe
berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit
einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.
§. 505. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch
Erklärung gegenüber dem Verpflichteten. Die Erklärung bedarf nicht der für den
Kaufvertrag bestimmten Form.
Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen
dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zu Stande,
welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat.
§. 506. Eine Vereinbarung des Verpflichteten mit dem
Dritten, durch welche der Kauf von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts
abhängig gemacht oder dem Verpflichteten für den Fall der Ausübung des
Vorkaufsrechts der Rücktritt vorbehalten wird, ist dem Vorkaufsberechtigten
gegenüber unwirksam.
§. 507. Hat sich der Dritte in dem Vertrage zu einer
Nebenleistung verpflichtet, die der Vorkaufsberechtigte zu bewirken außer
Stande ist, so hat der Vorkaufsberechtigte statt der Nebenleistung ihren Werth
zu entrichten. Läßt sich die Nebenleistung nicht in Geld schätzen, so ist die
Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen; die Vereinbarung der Nebenleistung
kommt jedoch nicht in Betracht, wenn der Vertrag mit dem Dritten auch ohne sie
geschlossen sein würde.
§. 508. Hat der Dritte den Gegenstand, auf den sich das
Vorkaufsrecht bezieht, mit anderen Gegenständen zu einem Gesammtpreise gekauft,
so hat der Vorkaufsberechtigte einen verhältnißmäßigen Theil des Gesammtpreises
zu entrichten. Der Verpflichtete kann verlangen, daß der Vorkauf auf alle
Sachen erstreckt wird, die nicht ohne Nachtheil für ihn getrennt werden können.
§. 509. Ist dem Dritten in dem Vertrage der Kaufpreis
gestundet worden, so kann der Vorkaufsberechtigte die Stundung nur in Anspruch
nehmen, wenn er für den gestundeten Betrag Sicherheit leistet.
Ist ein Grundstück Gegenstand des Vorkaufs, so bedarf es der
Sicherheitsleistung insoweit nicht, als für den gestundeten Kaufpreis die
Bestellung einer Hypothek an dem Grundstücke vereinbart oder in Anrechnung auf
den Kaufpreis eine Schuld, für die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht,
übernommen worden ist.
Entsprechendes gilt, wenn ein eingetragenes Schiff oder
Schiffsbauwerk Gegenstand des Vorkaufs ist.
§. 510. Der Verpflichtete hat dem Vorkaufsberechtigten den
Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags unverzüglich mitzutheilen.
Die Mittheilung des Verpflichteten wird durch die Mittheilung des Dritten
ersetzt.
Das Vorkaufsrecht kann bei Grundstücken nur bis zum Ablaufe
von zwei Monaten, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablauf einer Woche nach
dem Empfange der Mittheilung ausgeübt werden. Ist für die Ausübung eine Frist
bestimmt, so tritt diese an die Stelle der gesetzlichen Frist.
§. 511. Das Vorkaufsrecht erstreckt sich im Zweifel nicht
auf einen Verkauf, der mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht an einen
gesetzlichen Erben erfolgt.
§. 512. Das Vorkaufsrecht ist ausgeschlossen, wenn der
Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Konkursverwalter
erfolgt.
§. 513. Steht das Vorkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich
zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten
erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen
berechtigt, das Vorkaufsrecht im Ganzen auszuüben.
§. 514. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar und geht
nicht auf die Erben des Berechtigten über, sofern nicht ein Anderes bestimmt
ist. Ist das Recht auf eine bestimmte Zeit beschränkt, so ist es im Zweifel
vererblich.
IV. Tausch
§. 515. Auf den Tausch finden die Vorschriften über den Kauf
entsprechende Anwendung.
Zweiter Titel.
Schenkung.
§. 516. Eine Zuwendung, durch die Jemand aus seinem Vermögen
einen Anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Theile darüber einig sind,
daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
Ist die Zuwendung ohne den Willen des Anderen erfolgt, so
kann ihn der Zuwendende unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung
über die Annahme auffordern. Nach dem Ablaufe der Frist gilt die Schenkung als
angenommen, wenn nicht der Andere sie vorher abgelehnt hat. Im Falle der
Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.
§. 517. Eine Schenkung liegt nicht vor, wenn Jemand zum
Vortheil eines Anderen einen Vermögenserwerb unterläßt oder auf ein
angefallenes, noch nicht endgültig erworbenes Recht verzichtet oder eine
Erbschaft oder ein Vermächtniß ausschlägt.
§. 518. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine
Leistung schenkweise versprochen wird, ist die notarielle Beurkundung des
Versprechens erforderlich. Das Gleiche gilt, wenn ein Schuldversprechen oder
ein Schuldanerkenntniß der in den §§. 780, 781 bezeichneten Art schenkweise
ertheilt wird, von dem Versprechen oder der Anerkennungserklärung.
Der Mangel der Form wird durch die Bewirkung der
versprochenen Leistung geheilt.
§. 519. Der Schenker ist berechtigt, die Erfüllung eines
schenkweise ertheilten Versprechens zu verweigern, soweit er bei
Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, das
Versprechen zu erfüllen, ohne daß sein angemessener Unterhalt oder die
Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet
wird.
Treffen die Ansprüche mehrerer Beschenkten zusammen, so geht
der früher entstandene Anspruch vor.
§. 520. Verspricht der Schenker eine in wiederkehrenden
Leistungen bestehende Unterstützung, so erlischt die Verbindlichkeit mit seinem
Tode, sofern nicht aus dem Versprechen sich ein Anderes ergiebt.
§. 521. Der Schenker hat nur Vorsatz und grobe
Fahrlässigkeit zu vertreten.
§. 522. Zur Entrichtung von Verzugszinsen ist der Schenker
nicht verpflichtet.
§. 523. Verschweigt der Schenker arglistig einen Mangel im
Rechte, so ist er verpflichtet, dem Beschenkten den daraus entstehenden Schaden
zu ersetzen.
Hatte der Schenker die Leistung eines Gegenstandes
versprochen, den er erst erwerben sollte, so kann der Beschenkte wegen eines Mangels
im Rechte Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Mangel dem
Schenker bei dem Erwerbe der Sache bekannt gewesen oder in Folge grober
Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Die für die Gewährleistungspflicht des
Verkäufers geltenden Vorschriften des §. 433 Abs. 1, der §§. 434 bis 437, des
§. 440 Abs. 2 bis 4 und der §§. 441 bis 444 finden entsprechende Anwendung.
§. 524. Verschweigt der Schenker arglistig einen Fehler der
verschenkten Sache, so ist er verpflichtet, dem Beschenkten den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hatte der Schenker die Leistung einer nur der Gattung nach
bestimmten Sache versprochen, die er erst erwerben sollte, so kann der
Beschenkte, wenn die geleistete Sache fehlerhaft und der Mangel dem Schenker
bei dem Erwerbe der Sache bekannt gewesen oder in Folge grober Fahrlässigkeit
unbekannt geblieben ist, verlangen, daß ihm an Stelle der fehlerhaften Sache
eine fehlerfreie geliefert wird. Hat der Schenker den Fehler arglistig
verschwiegen, so kann der Beschenkte statt der Lieferung einer fehlerfreien
Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Auf diese Ansprüche finden
die für die Gewährleistung wegen Fehler einer verkauften Sache geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung.
§. 525. Wer eine Schenkung unter einer Auflage macht, kann
die Vollziehung der Auflage verlangen, wenn er seinerseits geleistet hat.
Liegt die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse,
so kann nach dem Tode des Schenkers auch die zuständige Behörde die Vollziehung
verlangen.
§. 526. Soweit in Folge eines Mangels im Rechte oder eines
Mangels der verschenkten Sache der Werth der Zuwendung die Höhe der zur
Vollziehung der Auflage erforderlichen Aufwendungen nicht erreicht, ist der
Beschenkte berechtigt, die Vollziehung der Auflage zu verweigern, bis der durch
den Mangel entstandene Fehlbetrag ausgeglichen wird. Vollzieht der Beschenkte
die Auflage ohne Kenntniß des Mangels, so kann er von dem Schenker Ersatz der
durch die Vollziehung verursachten Aufwendungen insoweit verlangen, als sie in
Folge des Mangels den Werth der Zuwendung übersteigen.
§. 527. Unterbleibt die Vollziehung der Auflage, so kann der
Schenker die Herausgabe des Geschenkes unter den für das Rücktrittsrecht bei
gegenseitigen Verträgen bestimmten Voraussetzungen nach den Vorschriften über
die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung insoweit fordern, als das
Geschenk zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter berechtigt
ist, die Vollziehung der Auflage zu verlangen.
§. 528. Soweit der Schenker nach der Vollziehung der
Schenkung außer Stande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die
ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten oder seinem früheren Ehegatten
gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem
Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Beschenkte kann
die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags
abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten finden die Vorschriften des §.
760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des
§. 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschriften des §. 1615
entsprechende Anwendung.
Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur
insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.
§. 529. Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist
ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch
grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner
Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre
verstrichen sind.
Das Gleiche gilt, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung
seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, das Geschenk herauszugeben,
ohne daß sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft
Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird.
§. 530. Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der
Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen
Angehörigen des Schenkers groben Undankes schuldig macht.
Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu,
wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getödtet oder
am Widerrufe gehindert hat.
§. 531. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
Beschenkten.
Ist die Schenkung widerrufen, so kann die Herausgabe des
Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung gefordert werden.
§. 532. Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn der Schenker
dem Beschenkten verziehen hat oder wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem der
Widerrufsberechtigte von dem Eintritte der Voraussetzungen seines Rechtes
Kenntniß erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist. Nach dem Tode des Beschenkten
ist der Widerruf nicht mehr zulässig.
§. 533. Auf das Widerrufsrecht kann erst verzichtet werden,
wenn der Undank dem Widerrufsberechtigten bekannt geworden ist.
§. 534. Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder
einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, unterliegen
nicht der Rückforderung und dem Widerrufe.
Dritter Titel.
Miethe. Pacht.
I. Miethe
§. 535. Durch den Miethvertrag wird der Vermiether
verpflichtet, dem Miether den Gebrauch der vermietheten Sache während der
Miethzeit zu gewähren. Der Miether ist verpflichtet, dem Vermiether den
vereinbarten Miethzins zu entrichten.
§. 536. Der Vermiether hat die vermiethete Sache dem Miether
in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zustande zu überlassen und
sie während der Miethzeit in diesem Zustande zu erhalten.
§. 537. Ist die vermiethete Sache zur Zeit der Ueberlassung
an den Miether mit einem Fehler behaftet, der ihre Tauglichkeit zu dem
vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder mindert, oder entsteht im Laufe der
Miethe ein solcher Fehler, so ist der Miether für die Zeit, während deren die
Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung des Miethzinses befreit, für
die Zeit, während deren die Tauglichkeit gemindert ist, nur zur Entrichtung
eines nach den §§. 472, 473 zu bemessenden Theiles des Miethzinses
verpflichtet. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit kommt nicht in
Betracht.
Absatz 1 Satz 1 gilt auch, wenn eine zugesicherte
Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Bei der Vermiethung eines Grundstücks
steht die Zusicherung einer bestimmten Größe der Zusicherung einer Eigenschaft
gleich.
Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil
des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
§. 538. Ist ein Mangel der im § 537 bezeichneten Art bei dem
Abschluß des Vertrages vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später
infolge eines Umstandes, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der
Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter
unbeschadet der im § 537 bestimmten Rechte Schadenersatz wegen Nichterfüllung
verlangen.
Im Falle des Verzugs des Vermiethers kann der Miether den
Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.
§. 539. Kennt der Miether bei dem Abschlusse des Vertrags
den Mangel der gemietheten Sache, so stehen ihm die in den §§. 537, 538
bestimmten Rechte nicht zu. Ist dem Miether ein Mangel der im §. 537 Abs. 1
bezeichneten Art in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben oder nimmt
er eine mangelhafte Sache an, obschon er den Mangel kennt, so kann er diese
Rechte nur unter den Voraussetzungen geltend machen, unter welchen dem Käufer
einer mangelhaften Sache nach den §§. 460, 464 Gewähr zu leisten ist.
§. 540. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung
des Vermiethers zur Vertretung von Mängeln der vermietheten Sache erlassen oder
beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Vermiether den Mangel arglistig
verschweigt.
§. 541. Wird durch das Recht eines Dritten dem Miether der
vertragsmäßige Gebrauch der gemietheten Sache ganz oder zum Theil entzogen, so
finden die Vorschriften der §§. 537, 538, des §. 539 Satz 1 und des §. 540
entsprechende Anwendung.
§. 541a. Der Mieter von Räumen hat Einwirkungen auf die
Mietsache zu dulden, die zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes
erforderlich sind.
§. 541b. Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume
oder sonstiger Teile des Gebäudes oder zur Einsparung von Heizenergie hat der
Mieter zu dulden, es sei denn, daß die Maßnahme insbesondere unter
Berücksichtigung der vorzunehmenden Arbeiten, der baulichen Folgen,
vorausgegangener Verwendungen des Mieters oder der zu erwartenden Erhöhung des
Mietzinses für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die
auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer
Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist; die zu erwartende Erhöhung
des Mietzinses ist nicht zu berücksichtigen, wenn die gemieteten Räume oder
sonstigen Teile des Gebäudes lediglich in einen Zustand versetzt werden, wie er
allgemein üblich ist.
Der Vermieter hat dem Mieter zwei Monate vor dem Beginn der
Maßnahme deren Art, Umfang, Beginn und voraussichtliche Dauer sowie die zu
erwartende Erhöhung des Mietzinses schriftlich mitzuteilen. Der Mieter ist
berechtigt, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Mitteilung folgt,
für den Ablauf des nächsten Monats zu kündigen. Hat der Mieter gekündigt, ist
die Maßnahme bis zum Ablauf der Mietzeit zu unterlassen. Diese Vorschriften
gelten nicht bei Maßnahmen, die mit keiner oder nur mit einer unerheblichen
Einwirkung auf die vermieteten Räume verbunden sind und zu keiner oder nur zu
einer unerheblichen Erhöhung des Mietzinses führen.
Aufwendungen, die der Mieter infolge der Maßnahme machen
mußte, hat der Vermieter in einem den Umständen nach angemessenen Umfang zu
ersetzen; auf Verlangen hat der Vermieter Vorschuß zu leisten.
Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil
des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
§. 542. Wird dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch der
gemietheten Sache ganz oder zum Theil nicht rechtzeitig gewährt oder
wiederentzogen, so kann der Miether ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das
Miethverhältniß kündigen. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Vermiether
eine ihm von dem Miether bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen,
ohne Abhülfe zu schaffen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die
Erfüllung des Vertrags in Folge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes
für den Miether kein Interesse hat.
Wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des
Gebrauchs ist die Kündigung nur zulässig, wenn sie durch ein besonderes
Interesse des Miethers gerechtfertigt wird.
Bestreitet der Vermiether die Zulässigkeit der erfolgten
Kündigung, weil er den Gebrauch der Sache rechtzeitig gewährt oder vor dem
Ablaufe der Frist die Abhülfe bewirkt habe, so trifft ihn die Beweislast.
§. 543. Auf das dem Miether nach §. 542 zustehende
Kündigungsrecht finden die Vorschriften der §§. 539 bis 541 sowie die für die
Wandelung bei dem Kaufe geltenden Vorschriften der §§. 469 bis 471
entsprechende Anwendung. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine
Vereinbarung, durch die das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder eingeschränkt
wird, unwirksam.
§. 544. Ist eine Wohnung oder ein anderer zum Aufenthalte
von Menschen bestimmter Raum so beschaffen, daß die Benutzung mit einer erheblichen
Gefährdung der Gesundheit verbunden ist, so kann der Miether das
Miethverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, auch wenn er
die gefahrbringende Beschaffenheit bei dem Abschlusse des Vertrags gekannt oder
auf die Geltendmachung der ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte
verzichtet hat.
§. 545. Zeigt sich im Laufe der Miethe ein Mangel der
gemietheten Sache oder wird eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine
nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich, so hat der Miether dem Vermiether
unverzüglich Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt, wenn sich ein Dritter ein
Recht an der Sache anmaßt.
Unterläßt der Miether die Anzeige, so ist er zum Ersatze des
daraus entstehenden Schadens verpflichtet; er ist, soweit der Vermiether in
Folge der Unterlassung der Anzeige Abhülfe zu schaffen außer Stande war, nicht
berechtigt, die im §. 537 bestimmten Rechte geltend zu machen oder nach §. 542
Abs. 1 Satz 3 ohne Bestimmung einer Frist zu kündigen oder Schadensersatz wegen
Nichterfüllung zu verlangen.
§. 546. Die auf der vermietheten Sache ruhenden Lasten hat
der Vermiether zu tragen.
§. 547. Der Vermiether ist verpflichtet, dem Miether die auf
die Sache gemachten nothwendigen Verwendungen zu ersetzen. Der Miether eines
Thieres hat jedoch die Fütterungskosten zu tragen.
Die Verpflichtung des Vermiethers zum Ersatze sonstiger
Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne
Auftrag.
§. 547a. Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung, mit
der er die Sache versehen hat, wegzunehmen.
Der Vermieter von Räumen kann die Ausübung des
Wegnahmerechts des Mieters durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung
abwenden, es sei denn, daß der Mieter ein berechtigtes Interesse an der
Wegnahme hat.
Eine Vereinbarung, durch die das Wegnahmerecht des Mieters
von Wohnraum ausgeschlossen wird, ist nur wirksam, wenn ein angemessener
Ausgleich vorgesehen ist.
§. 548. Veränderungen oder Verschlechterungen der
gemietheten Sache, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden,
hat der Miether nicht zu vertreten.
§. 549. Der Miether ist ohne die Erlaubniß des Vermiethers
nicht berechtigt, den Gebrauch der gemietheten Sache einem Dritten zu
überlassen, insbesondere die Sache weiter zu vermiethen. Verweigert der
Vermiether die Erlaubniß, so kann der Miether das Miethverhältniß unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des
Dritten ein wichtiger Grund vorliegt.
Entsteht für den Mieter von Wohnraum nach dem Abschluß des
Mietvertrages ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem
Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis
hierzu verlangen; dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger
Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder sonst dem Vermieter
die Überlassung nicht zugemutet werden kann. Ist dem Vermieter die Überlassung
nur bei einer angemessenen Erhöhung des Mietzinses zuzumuten, so kann er die
Erlaubnis davon abhängig machen, daß der Mieter sich mit einer solchen Erhöhung
einverstanden erklärt. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung
ist unwirksam.
Ueberläßt der Miether den Gebrauch einem Dritten, so hat er
ein dem Dritten bei dem Gebrauche zur Last fallendes Verschulden zu vertreten,
auch wenn der Vermiether die Erlaubniß zur Ueberlassung ertheilt hat.
§. 550. Macht der Miether von der gemietheten Sache einen
vertragswidrigen Gebrauch und setzt er den Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung
des Vermiethers fort, so kann der Vermiether auf Unterlassung klagen.
§. 550a. Eine Vereinbarung, durch die sich der Vermieter von
Wohnraum eine Vertragsstrafe vom Mieter versprechen läßt, ist unwirksam.
§. 550b. Hat bei einem Mietverhältnis über Wohnraum der
Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Verpflichtungen Sicherheit zu
leisten, so darf diese das Dreifache des auf einen Monat entfallenden
Mietzinses vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 Satz 3 nicht übersteigen.
Nebenkosten, über die gesondert abzurechnen ist, bleiben unberücksichtigt. Ist
eine Geldsumme bereitzustellen, so ist der Mieter zu drei gleichen monatlichen
Teilleistungen berechtigt; die erste Teilleistung ist zu Beginn des
Mietverhältnisses fällig.
Ist bei einem Mietverhältnis über Wohnraum eine als
Sicherheit bereitzustellende Geldsumme dem Vermieter zu überlassen, so hat er
sie von seinem Vermögen getrennt bei einer öffentlichen Sparkasse oder bei
einer Bank zu dem für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist üblichen
Zinssatz anzulegen. Die Zinsen stehen dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit.
Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist
unwirksam.
Bei Wohnraum, der Teil eines Studenten- oder Jugendwohnheims
ist, besteht für den Vermieter keine Verpflichtung, die Sicherheitsleistung zu
verzinsen.
§. 551. Der Miethzins ist am Ende der Miethzeit zu
entrichten. Ist der Miethzins nach Zeitabschnitten bemessen, so ist er nach dem
Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
Der Miethzins für ein Grundstück ist, sofern er nicht nach
kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, nach dem Ablaufe je eines
Kalendervierteljahrs am ersten Werktage des folgenden Monats zu entrichten.
§. 552. Der Miether wird von der Entrichtung des Miethzinses
nicht dadurch befreit, daß er durch einen in seiner Person liegenden Grund an
der Ausübung des ihm zustehenden Gebrauchsrechts verhindert wird. Der
Vermiether muß sich jedoch den Werth der ersparten Aufwendungen sowie
derjenigen Vortheile anrechnen lassen, welche er aus einer anderweitigen
Verwerthung des Gebrauchs erlangt. Solange der Vermiether in Folge der
Ueberlassung des Gebrauchs an einen Dritten außer Stande ist, dem Miether den
Gebrauch zu gewähren, ist der Miether zur Entrichtung des Miethzinses nicht
verpflichtet.
§. 552a. Der Mieter von Wohnraum kann entgegen einer
vertraglichen Bestimmung gegen eine Mietzinsforderung mit einer Forderung auf
Grund des § 538 aufrechnen oder wegen einer solchen Forderung ein
Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens
einen Monat vor der Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angezeigt hat.
§. 553. Der Vermiether kann ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist das Miethverhältniß kündigen, wenn der Miether oder derjenige,
welchem der Miether den Gebrauch der gemietheten Sache überlassen hat,
ungeachtet einer Abmahnung des Vermiethers einen vertragswidrigen Gebrauch der
Sache fortsetzt, der die Rechte des Vermiethers in erheblichem Maße verletzt,
insbesondere einem Dritten den ihm unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt, oder
die Sache durch Vernachlässigung der dem Miether obliegenden Sorgfalt erheblich
gefährdet.
§. 554. Der Vermieter kann das Mietverhältnis ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn der Mieter
1. für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung
des Mietzinses oder eines nicht unerheblichen Teils des Mietzinses im Verzug
ist, oder
2. in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine
erstreckt, mit der Entrichtung des Mietzinses in Höhe eines Betrages in Verzug
gekommen ist, der den Mietzins für zwei Monate erreicht.
Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher
befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld
durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die
Aufrechnung erklärt.
Ist Wohnraum vermietet, so gelten ergänzend die folgenden
Vorschriften:
1. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 ist der rückständige
Teil des Mietzinses nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er den
Mietzins für einen Monat übersteigt; dies gilt jedoch nicht, wenn der Wohnraum zu
nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist.
2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn bis zum
Ablauf eines Monats nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs
hinsichtlich des fälligen Mietzinses und der fälligen Entschädigung nach § 557
Abs. 1 Satz 1 der Vermieter befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich
zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht
länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksame Kündigung
vorausgegangen ist.
3. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung
ist unwirksam.
§. 554a. Ein Mietverhältnis über Räume kann ohne Einhaltung
einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein Vertragsteil schuldhaft in
solchem Maße seine Verpflichtungen verletzt, insbesondere den Hausfrieden so
nachhaltig stört, daß dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses
nicht zugemutet werden kann. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist unwirksam.
§. 554b. Eine Vereinbarung, nach welcher der Vermieter von
Wohnraum zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus anderen als
den im Gesetz genannten Gründen berechtigt sein soll, ist unwirksam.
§. 555. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, Bundesgesetzblatt I 1964, S. 457, Nr. 35,
ausgegeben am 17. 07. 1964, in Kraft seit 01. 08. 1964.
§. 556. Der Miether ist verpflichtet, die gemiethete Sache
nach der Beendigung des Miethverhältnisses zurückzugeben.
Dem Miether eines Grundstücks steht wegen seiner Ansprüche
gegen den Vermiether ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu.
Hat der Miether den Gebrauch der Sache einem Dritten
überlassen, so kann der Vermiether die Sache nach der Beendigung des
Miethverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.
§. 556a. Der Mieter kann der Kündigung eines
Mietverhältnisses über Wohnraum widersprechen und vom Vermieter die Fortsetzung
des Mietverhältnisses verlangen, wenn die vertragsmäßige Beendigung des
Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeuten würde,
die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu
rechtfertigen ist. Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum
zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. Bei der Würdigung der
berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem
Kündigungsschreiben nach § 564a Abs. 1 Satz 2 angegebenen Gründe
berücksichtigt, soweit nicht die Gründe nachträglich entstanden sind.
Im Falle des Absatzes 1 kann der Mieter verlangen, daß das
Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung aller
Umstände angemessen ist. Ist dem Vermieter nicht zuzumuten, das Mietverhältnis
nach den bisher geltenden Vertragsbedingungen fortzusetzen, so kann der Mieter
nur verlangen, daß es unter einer angemessenen Änderung der Bedingungen
fortgesetzt wird.
Kommt keine Einigung zustande, so wird über eine Fortsetzung
des Mietverhältnisses und über deren Dauer sowie über die Bedingungen, nach
denen es fortgesetzt wird, durch Urteil Bestimmung getroffen. Ist ungewiß, wann
voraussichtlich die Umstände wegfallen, auf Grund deren die Beendigung des
Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeutet, so
kann bestimmt werden, daß das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt
wird.
Der Mieter kann eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht
verlangen,
1. wenn er das Mietverhältnis gekündigt hat;
2. wenn ein Grund vorliegt, aus dem der Vermieter zur
Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist;
Die Erklärung des Mieters, mit der er der Kündigung
widerspricht und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt, bedarf der
schriftlichen Form.
Verlangen des Vermieters soll der Mieter über die Gründe des
Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen.
Der Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses
ablehnen, wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der
Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt hat. Hat der
Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist den in § 564a Abs.
2 bezeichneten Hinweis erteilt, so kann der Mieter den Widerspruch noch im
ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären.
Eine entgegenstehende Vereinbarung ist unwirksam.
Diese Vorschriften gelten nicht für Mietverhältnisse der in
§ 564b Abs. 7 Nr. 1, 2, 4 und 5 genannten Art.
§. 556b. Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte
Zeit eingegangen, so kann der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses
verlangen, wenn sie auf Grund des § 556a im Falle einer Kündigung verlangt
werden könnte. Im übrigen gilt § 556a sinngemäß.
Hat der Mieter die Umstände, welche das Interesse des
Vermieters an der fristgemäßen Rückgabe des Wohnraums begründen, bei Abschluß
des Mietvertrages gekannt, so sind zugunsten des Mieters nur Umstände zu
berücksichtigen, die nachträglich eingetreten sind.
§. 556c. Ist auf Grund der §§ 556a, 556b durch Einigung oder
Urteil bestimmt worden, daß das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit fortgesetzt
wird, so kann der Mieter dessen weitere Fortsetzung nach diesen Vorschriften
nur verlangen, wenn dies durch eine wesentliche Änderung der Umstände gerechtfertigt
ist oder wenn Umstände nicht eingetreten sind, deren vorgesehener Eintritt für
die Zeitdauer der Fortsetzung bestimmend gewesen war.
Kündigt der Vermieter ein Mietverhältnis, dessen Fortsetzung
auf unbestimmte Zeit durch Urteil bestimmt worden ist, so kann der Mieter der
Kündigung widersprechen und vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis auf
unbestimmte Zeit fortzusetzen. Haben sich Umstände, die für die Fortsetzung
bestimmend gewesen waren, verändert, so kann der Mieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses
nur nach § 556a verlangen; unerhebliche Veränderungen bleiben außer Betracht.
§. 557. Gibt der Mieter die gemietete Sache nach der
Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter für die
Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Mietzins verlangen;
bei einem Mietverhältnis über Räume kann er anstelle dessen als Entschädigung
den Mietzins verlangen, der für vergleichbare Räume ortsüblich ist. Die
Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
Der Vermieter von Wohnraum kann jedoch einen weiteren
Schaden nur geltend machen, wenn die Rückgabe infolge von Umständen
unterblieben ist, die der Mieter zu vertreten hat; der Schaden ist nur insoweit
zu ersetzen, als den Umständen nach die Billigkeit eine Schadloshaltung
erfordert. Dies gilt nicht, wenn der Mieter gekündigt hat.
Wird dem Mieter von Wohnraum nach § 721 oder § 794a der
Zivilprozeßordnung eine Räumungsfrist gewährt, so ist er für die Zeit von der
Beendigung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Räumungsfrist zum Ersatz
eines weiteren Schadens nicht verpflichtet.
Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den
Absätzen 2 oder 3 abweicht, ist unwirksam.
§. 557a. Ist der Mietzins für eine Zeit nach der Beendigung
des Mietverhältnisses im voraus entrichtet, so hat ihn der Vermieter nach
Maßgabe des § 347 oder, wenn die Beendigung wegen eines Umstandes erfolgt, den
er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.
Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil
des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
§. 558. Die Ersatzansprüche des Vermiethers wegen
Veränderungen oder Verschlechterungen der vermietheten Sache sowie die Ansprüche
des Miethers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer
Einrichtung verjähren in sechs Monaten.
Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermiethers beginnt
mit dem Zeitpunkt, in welchem er die Sache zurückerhält, die Verjährung der
Ansprüche des Miethers beginnt mit der Beendigung des Miethverhältnisses.
Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermiethers auf
Rückgabe der Sache verjähren auch die Ersatzansprüche des Vermiethers.
§. 559. Der Vermiether eines Grundstücks hat für seine
Forderungen aus dem Miethverhältniß ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen
des Miethers. Für künftige Entschädigungsforderungen und für den Miethzins für
eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Miethjahr kann das
Pfandrecht nicht geltend gemacht werden. Es erstreckt sich nicht auf die der
Pfändung nicht unterworfenen Sachen.
§. 560. Das Pfandrecht des Vermiethers erlischt mit der
Entfernung der Sachen von dem Grundstück, es sei denn, daß die Entfernung ohne
Wissen oder unter Widerspruch des Vermiethers erfolgt. Der Vermiether kann der
Entfernung nicht widersprechen, wenn sie im regelmäßigen Betriebe des Geschäfts
des Miethers oder den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entsprechend erfolgt
oder wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermiethers offenbar
ausreichen.
§. 561. Der Vermiether darf die Entfernung der seinem
Pfandrecht unterliegenden Sachen, soweit er ihr zu widersprechen berechtigt
ist, auch ohne Anrufen des Gerichts verhindern und, wenn der Miether auszieht,
die Sachen in seinen Besitz nehmen.
Sind die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des
Vermiethers entfernt worden, so kann er die Herausgabe zum Zwecke der
Zurückschaffung in das Grundstück und, wenn der Miether ausgezogen ist, die
Ueberlassung des Besitzes verlangen. Das Pfandrecht erlischt mit dem Ablauf
eines Monats, nachdem der Vermiether von der Entfernung der Sachen Kenntniß
erlangt hat, wenn nicht der Vermiether diesen Anspruch vorher gerichtlich
geltend gemacht hat.
§. 562. Der Miether kann die Geltendmachung des Pfandrechts
des Vermiethers durch Sicherheitsleistung abwenden; er kann jede einzelne Sache
dadurch von dem Pfandrechte befreien, daß er in Höhe ihres Werthes Sicherheit
leistet.
§. 563. Wird eine dem Pfandrechte des Vermiethers
unterliegende Sache für einen anderen Gläubiger gepfändet, so kann diesem
gegenüber das Pfandrecht nicht wegen des Miethzinses für eine frühere Zeit als
das letzte Jahr vor der Pfändung geltend gemacht werden.
§. 564. Das Miethverhältniß endigt mit dem Ablaufe der Zeit,
für die es eingegangen ist.
Ist die Miethzeit nicht bestimmt, so kann jeder Theil das
Miethverhältniß nach den Vorschriften des §. 565 kündigen.
§. 564a. Die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum
bedarf der schriftlichen Form. In dem Kündigungsschreiben sollen die Gründe der
Kündigung angegeben werden.
Der Vermieter von Wohnraum soll den Mieter auf die
Möglichkeit des Widerspruchs nach § 556a sowie auf die Form und die Frist des
Widerspruchs rechtzeitig hinweisen.
Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Mietverhältnisse der in
§ 564b Abs. 7 Nr. 1 und 2 genannten Art. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 gelten
nicht für Mietverhältnisse der in § 564b Abs. 7 Nr. 4 und 5 genannten Art.
§. 564b. Ein Mietverhältnis über Wohnraum kann der Vermieter
vorbehaltlich der Regelung in Absatz 4 nur kündigen, wenn er ein berechtigtes
Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat.
Als ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der
Beendigung des Mietverhältnisses ist es insbesondere anzusehen, wenn
1. der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft
nicht unerheblich verletzt hat;
2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, die zu
seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt.
Ist an den vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter
Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann
sich der Erwerber auf berechtigte Interessen im Sinne des Satzes 1 nicht vor
Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung an ihn berufen. Ist die
ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen
Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet,
so verlängert sich die Frist nach Satz 2 auf fünf Jahre. Diese Gebiete werden
durch Rechtsverordnung der Landesregierungen für die Dauer von jeweils
höchstens fünf Jahren bestimmt;
3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses
an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und
dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Die Möglichkeit, im Falle einer
anderweitigen Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt
dabei außer Betracht. Der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, daß er
die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an
den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will. Ist an den
vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum
begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich der Erwerber
in Gebieten, die die Landesregierung nach Nummer 2 Satz 4 bestimmt hat, nicht
vor Ablauf von fünf Jahren seit der Veräußerung an ihn darauf berufen, daß er
die Mieträume veräußern will.
4. der Vermieter nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume eines
Gebäudes in zulässiger Weise zu Wohnraum zum Zwecke der Vermietung ausbauen
will, die Kündigung auf diese Räume beschränkt und sie dem Mieter vor dem 1.
Juni 1995 mitteilt. Der Mieter kann eine angemessene Herabsetzung des
Mietzinses verlangen. Verzögert sich der Beginn der Ausbauarbeiten, kann der
Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um einen entsprechenden Zeitraum
verlangen.
Als berechtigte Interessen des Vermieters werden nur die
Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind, soweit
sie nicht nachträglich entstanden sind.
Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter
selbst bewohnten Wohngebäude
1. mit nicht mehr als zwei Wohnungen oder
2. mit drei Wohnungen, wenn mindestens eine der Wohnungen
durch Ausbau oder Erweiterung eines vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäudes
nach dem 31. Mai 1990 und vor dem 1. Juni 1995 fertiggestellt worden ist,
kann der Vermieter kündigen, auch wenn die Voraussetzungen des
Absatzes 1 nicht vorliegen, im Falle der Nummer 2 beim Abschluß eines
Mietvertrages nach Fertigstellung der Wohnung jedoch nur, wenn er den Mieter
bei Vertragsschluß auf diese Kündigungsmöglichkeit hingewiesen hat.
Weitergehende Schutzrechte des Mieters bleiben unberührt.
Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist
unwirksam.
Diese Vorschriften gelten nicht für Mietverhältnisse:
1. über Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch
vermietet ist,
2. über Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst
bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit
Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum nicht zum
dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist,
3. über Wohnraum, der Teil eines Studenten- oder
Jugendwohnheims ist.
4. über Wohnraum in Ferienhäusern und Ferienwohnungen in
Ferienhausgebieten, der vor dem 1. Juni 1995 dem Mieter überlassen worden ist,
wenn der Vermieter den Mieter bei Vertragsschluß auf die Zweckbestimmung des
Wohnraums und die Ausnahme von den Absätzen 1 bis 6 hingewiesen hat,
5. über Wohnraum, den eine juristische Person des
öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben
angemietet hat, um ihn Personen mit dringendem Wohnungsbedarf oder in
Ausbildung befindlichen Personen zu überlassen, wenn sie den Wohnraum dem
Mieter vor dem 1. Juni 1995 überlassen und ihn bei Vertragsschluß auf die
Zweckbestimmung des Wohnraums und die Ausnahme von den Absätzen 1 bis 6
hingewiesen hat.
§. 564c. Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte
Zeit eingegangen, so kann der Mieter spätestens zwei Monate vor der Beendigung
des Mietverhältnisses durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vermieter die
Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit verlangen, wenn nicht
der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des
Mietverhältnisses hat. § 564b gilt entsprechend.
Der Mieter kann keine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach
Absatz 1 oder nach § 556b verlangen, wenn
1. das Mietverhältnis für nicht mehr als fünf Jahre
eingegangen ist,
2. der Vermieter
a) die Räume als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand
gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen nutzen will oder
b) in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder so
wesentlich verändern oder instandsetzen will, daß die Maßnahmen durch eine
Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden,
3. der Vermieter dem Mieter diese Absicht bei Vertragsschluß
schriftlich mitgeteilt hat und
4. der Vermieter dem Mieter drei Monate vor Ablauf der
Mietzeit schriftlich mitgeteilt hat, daß diese Verwendungsabsicht noch besteht.
Verzögert sich die vom Vermieter beabsichtigte Verwendung
der Räume ohne sein Verschulden, kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses
um einen entsprechenden Zeitraum verlangen; würde durch diese Verlängerung die
Dauer des Mietverhältnisses fünf Jahre übersteigen, kann der Mieter die
Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit nach Absatz 1 verlangen.
§. 565. Bei einem Mietverhältnis über Grundstücke, Räume
oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe ist die Kündigung zulässig,
1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag
für den Ablauf des folgenden Tages;
2. wenn der Mietzins nach Wochen bemessen ist, spätestens am
ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends;
3. wenn der Mietzins nach Monaten oder längeren
Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Werktag eines
Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats, bei einem Mietverhältnis
über Geschäftsräume, gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke oder im
Schiffsregister eingetragene Schiffe jedoch nur für den Ablauf eines
Kalendervierteljahres.
Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist die Kündigung
spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des
übernächsten Monats zulässig. Nach fünf, acht und zehn Jahren seit der
Überlassung des Wohnraums verlängert sich die Kündigungsfrist um jeweils drei
Monate. Eine Vereinbarung, nach welcher der Vermieter zur Kündigung unter
Einhaltung einer kürzeren Frist berechtigt sein soll, ist nur wirksam, wenn der
Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist. Eine Vereinbarung, nach
der die Kündigung nur für den Schluß bestimmter Kalendermonate zulässig sein
soll, ist unwirksam.
Ist Wohnraum, den
der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten
hat, Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, jedoch nicht zum
dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen, so ist die Kündigung zulässig,
1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag
für den Ablauf des folgenden Tages,
2. wenn der Mietzins nach Wochen bemessen ist, spätestens am
ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends,
3. wenn der Mietzins nach Monaten oder längeren
Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am Fünfzehnten eines Monats für den
Ablauf dieses Monats.
Bei einem Mietverhältnis über bewegliche Sachen ist die
Kündigung zulässig,
1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag
für den Ablauf des folgenden Tages,
2. wenn der Mietzins nach längeren Zeitabschnitten bemessen
ist, spätestens am dritten Tag vor dem Tag, mit dessen Ablauf das
Mietverhältnis endigen soll.
Absatz 1 Nr. 3, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Nr. 3, Absatz 4
Nr. 2 sind auch anzuwenden, wenn ein Mietverhältnis unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden kann.
§. 565a. Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte
Zeit eingegangen und ist vereinbart, daß es sich mangels Kündigung verlängert,
so tritt die Verlängerung ein, wenn es nicht nach den Vorschriften des § 565
gekündigt wird.
Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum unter einer auflösenden
Bedingung geschlossen, so gilt es nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte
Zeit verlängert. Kündigt der Vermieter nach Eintritt der Bedingung und verlangt
der Mieter auf Grund des § 556a die Fortsetzung des Mietverhältnisses, so sind
zu seinen Gunsten nur Umstände zu berücksichtigen, die nach Abschluß des
Mietvertrages eingetreten sind.
Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist
nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist
oder es sich um ein Mietverhältnis der in § 565 Abs. 3 genannten Art handelt.
§. 565b. Ist Wohnraum mit Rücksicht auf das Bestehen eines
Dienstverhältnisses vermietet, so gelten die besonderen Vorschriften der §§
565c und 565d.
§. 565c. Ist das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit
eingegangen, so ist nach Beendigung des Dienstverhältnisses eine Kündigung des
Vermieters zulässig
1. spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für
den Ablauf des nächsten Monats, wenn der Wohnraum weniger als zehn Jahre
überlassen war und für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten dringend
benötigt wird;
2. spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für
den Ablauf dieses Monats, wenn das Dienstverhältnis seiner Art nach die
Überlassung des Wohnraums, der in unmittelbarer Beziehung oder Nähe zur Stätte
der Dienstleistung steht, erfordert hat und der Wohnraum aus dem gleichen
Grunde für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten benötigt wird.
Im übrigen bleibt § 565 unberührt.
§. 565d. Bei Anwendung der §§ 556a, 556b sind auch die
Belange des Dienstberechtigten zu berücksichtigen.
Hat der Vermieter nach § 565c Satz 1 Nr. 1 gekündigt, so
gilt § 556a mit der Maßgabe, daß der Vermieter die Einwilligung zur Fortsetzung
des Mietverhältnisses verweigern kann, wenn der Mieter den Widerspruch nicht
spätestens einen Monat vor der Beendigung des Mietverhältnisses erklärt hat.
Die §§ 556a, 556b gelten nicht, wenn
1. der Vermieter nach § 565c Satz 1 Nr. 2 gekündigt hat;
2. der Mieter das Dienstverhältnis gelöst hat, ohne daß ihm
von dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeter Anlaß gegeben war, oder der
Mieter durch sein Verhalten dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeten Anlaß
zur Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat.
§. 565e. Ist Wohnraum im Rahmen eines Dienstverhältnisses
überlassen, so gelten für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich
des Wohnraums die Vorschriften über die Miete entsprechend, wenn der zur
Dienstleistung Verpflichtete den Wohnraum ganz oder überwiegend mit
Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat oder in dem Wohnraum mit seiner
Familie einen eigenen Hausstand führt.
§. 566. Ein Miethvertrag über ein Grundstück, der für
längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, bedarf der schriftlichen Form. Wird
die Form nicht beobachtet, so gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit
geschlossen; die Kündigung ist jedoch nicht für eine frühere Zeit als für den
Schluß des ersten Jahres zulässig.
§. 567. Wird ein Miethvertrag für eine längere Zeit als
dreißig Jahre geschlossen, so kann nach dreißig Jahren jeder Theil das
Miethverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung
ist unzulässig, wenn der Vertrag für die Lebenszeit des Vermiethers oder des
Miethers geschlossen ist.
§. 568. Wird nach dem Ablaufe der Miethzeit der Gebrauch der
Sache von dem Miether fortgesetzt, so gilt das Miethverhältniß als auf unbestimmte
Zeit verlängert, sofern nicht der Vermiether oder der Miether seinen
entgegenstehenden Willen binnen einer Frist von zwei Wochen dem anderen Theile
gegenüber erklärt. Die Frist beginnt für den Miether mit der Fortsetzung des
Gebrauchs, für den Vermiether mit dem Zeitpunkt, in welchem er von der
Fortsetzung Kenntniß erlangt.
§. 569. Stirbt der Miether, so ist sowohl der Erbe als der
Vermiether berechtigt, das Miethverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen
Frist zu kündigen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für
den sie zulässig ist.
Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten nicht, wenn die
Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 569a
oder 569b gegeben sind.
§. 569a. In ein Mietverhältnis über Wohnraum, in dem der
Mieter mit seinem Ehegatten den gemeinsamen Hausstand führt, tritt mit dem Tode
des Mieters der Ehegatte ein. Erklärt der Ehegatte binnen eines Monats, nachdem
er von dem Tode des Mieters Kenntnis erlangt hat, dem Vermieter gegenüber, daß
er das Mietverhältnis nicht fortsetzen will, so gilt sein Eintritt in das
Mietverhältnis als nicht erfolgt; § 206 gilt entsprechend.
Wird in dem Wohnraum ein gemeinsamer Hausstand mit einem
oder mehreren anderen Familienangehörigen geführt, so treten diese mit dem Tode
des Mieters in das Mietverhältnis ein. Das gleiche gilt, wenn der Mieter einen
gemeinsamen Hausstand mit seinem Ehegatten und einem oder mehreren anderen
Familienangehörigen geführt hat und der Ehegatte in das Mietverhältnis nicht
eintritt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechen; bei mehreren Familienangehörigen
kann jeder die Erklärung für sich abgeben. Sind mehrere Familienangehörige in
das Mietverhältnis eingetreten, so können sie die Rechte aus dem Mietverhältnis
nur gemeinsam ausüben. Für die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis haften
sie als Gesamtschuldner.
Der Ehegatte oder die Familienangehörigen haften, wenn sie
in das Mietverhältnis eingetreten sind, neben dem Erben für die bis zum Tode
des Mieters entstandenen Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner; im Verhältnis
zu dem Ehegatten oder den Familienangehörigen haftet der Erbe allein.
Hat der Mieter den Mietzins für einen nach seinem Tode
liegenden Zeitraum im voraus entrichtet und treten sein Ehegatte oder
Familienangehörige in das Mietverhältnis ein, so sind sie verpflichtet, dem
Erben dasjenige herauszugeben, was sie infolge der Vorausentrichtung des
Mietzinses ersparen oder erlangen.
Der Vermieter kann das Mietverhältnis unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Ehegatten oder
Familienangehörigen, der in das Mietverhältnis eingetreten ist, ein wichtiger
Grund vorliegt; die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den
sie zulässig ist. § 556a ist entsprechend anzuwenden.
Treten in ein Mietverhältnis über Wohnraum der Ehegatte oder
andere Familienangehörige nicht ein, so wird es mit dem Erben fortgesetzt.
Sowohl der Erbe als der Vermieter sind berechtigt, das Mietverhältnis unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen; die Kündigung kann nur für den
ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist.
Eine von den Absätzen 1, 2 oder 5 abweichende Vereinbarung
ist unwirksam.
§. 569b. Ein Mietverhältnis über Wohnraum, den Eheleute
gemeinschaftlich gemietet haben und in dem sie den gemeinsamen Hausstand
führen, wird beim Tode eines Ehegatten mit dem überlebenden Ehegatten
fortgesetzt. § 569a Abs. 3, 4 gilt entsprechend. Der überlebende Ehegatte kann
das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen; die
Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist.
§. 570. Militärpersonen, Beamte, Geistliche und Lehrer an
öffentlichen Unterrichtsanstalten können im Falle der Versetzung nach einem
anderen Orte das Miethverhältniß in Ansehung der Räume, welche sie für sich oder
ihre Familie an dem bisherigen Garnison- oder Wohnorte gemiethet haben, unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung kann nur für den
ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist.
§. 570a. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum gelten, wenn
der Wohnraum an den Mieter überlassen ist, für ein vereinbartes Rücktrittsrecht
die Vorschriften dieses Titels über die Kündigung und ihre Folgen entsprechend.
§. 571. Wird das vermiethete Grundstück nach der
Ueberlassung an den Miether von dem Vermiether an einen Dritten veräußert, so
tritt der Erwerber an Stelle des Vermiethers in die sich während der Dauer
seines Eigenthums aus dem Miethverhältniß ergebenden Rechte und Verpflichtungen
ein.
Erfüllt der Erwerber die Verpflichtungen nicht, so haftet
der Vermiether für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge,
der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Miether von dem
Uebergange des Eigenthums durch Mittheilung des Vermiethers Kenntniß, so wird
der Vermiether von der Haftung befreit, wenn nicht der Miether das
Miethverhältniß für den ersten Termin kündigt, für den die Kündigung zulässig
ist.
§. 572. Hat der Miether des veräußerten Grundstücks dem
Vermiether für die Erfüllung seiner Verpflichtungen Sicherheit geleistet, so
tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte ein. Zur Rückgewähr der
Sicherheit ist er nur verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt wird oder wenn er
dem Vermiether gegenüber die Verpflichtung zur Rückgewähr übernimmt.
§. 573. Hat der Vermieter vor dem Übergang des Eigentums
über den Mietzins, der auf die Zeit der Berechtigung des Erwerbers entfällt,
verfügt, so ist die Verfügung insoweit wirksam, als sie sich auf den Mietzins
für den zur Zeit des Übergangs des Eigentums laufenden Kalendermonat bezieht;
geht das Eigentum nach dem fünfzehnten Tage des Monats über, so ist die
Verfügung auch insoweit wirksam, als sie sich auf den Mietzins für den
folgenden Kalendermonat bezieht. Eine Verfügung über den Miethzins für eine
spätere Zeit muß der Erwerber gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur Zeit
des Ueberganges des Eigenthums kennt.
§. 574. Ein Rechtsgeschäft, das zwischen dem Mieter und dem
Vermieter in Ansehung der Mietzinsforderung vorgenommen wird, insbesondere die
Entrichtung des Mietzinses, ist dem Erwerber gegenüber wirksam, soweit es sich
nicht auf den Mietzins für eine spätere Zeit als den Kalendermonat bezieht, in
welchem der Mieter von dem Übergang des Eigentums Kenntnis erlangt; erlangt der
Mieter die Kenntnis nach dem fünfzehnten Tage des Monats, so ist das
Rechtsgeschäft auch insoweit wirksam, als es sich auf den Mietzins für den
folgenden Kalendermonat bezieht. Ein Rechtsgeschäft, das nach dem Uebergange
des Eigenthums vorgenommen wird, ist jedoch unwirksam, wenn der Miether bei der
Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Uebergange des Eigenthums Kenntniß hat.
§. 575. Soweit die Entrichtung des Miethzinses an den
Vermiether nach §. 574 dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann der Miether
gegen die Miethzinsforderung des Erwerbers eine ihm gegen den Vermiether
zustehende Forderung aufrechnen. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn der
Miether die Gegenforderung erworben hat, nachdem er von dem Uebergange des
Eigenthums Kenntniß erlangt hat, oder wenn die Gegenforderung erst nach der
Erlangung der Kenntniß und später als der Miethzins fällig geworden ist.
§. 576. Zeigt der Vermiether dem Miether an, daß er das
Eigenthum an dem vermietheten Grundstück auf einen Dritten übertragen habe, so
muß er in Ansehung der Miethzinsforderung die angezeigte Uebertragung dem
Miether gegenüber gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder
nicht wirksam ist.
Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen
zurückgenommen werden, welcher als der neue Eigenthümer bezeichnet worden ist.
§. 577. Wird das vermiethete Grundstück nach der
Ueberlassung an den Miether von dem Vermiether mit dem Rechte eines Dritten
belastet, so finden die Vorschriften der §§. 571 bis 576 entsprechende
Anwendung, wenn durch die Ausübung des Rechtes dem Miether der vertragsmäßige
Gebrauch entzogen wird. Hat die Ausübung des Rechtes nur eine Beschränkung des
Miethers in dem vertragsmäßigen Gebrauche zur Folge, so ist der Dritte dem
Miether gegenüber verpflichtet, die Ausübung zu unterlassen, soweit sie den
vertragsmäßigen Gebrauch beeinträchtigen würde.
§. 578. Hat vor der Ueberlassung des vermietheten
Grundstücks an den Miether der Vermiether das Grundstück an einen Dritten
veräußert oder mit einem Rechte belastet, durch dessen Ausübung der
vertragsmäßige Gebrauch dem Miether entzogen oder beschränkt wird, so gilt das
Gleiche wie in den Fällen des §. 571 Abs. 1 und des §. 577, wenn der Erwerber
dem Vermiether gegenüber die Erfüllung der sich aus dem Miethverhältniß ergebenden
Verpflichtungen übernommen hat.
§. 579. Wird das vermiethete Grundstück von dem Erwerber
weiter veräußert oder belastet, so finden die Vorschriften des §. 571 Abs. 1
und der §§. 572 bis 578 entsprechende Anwendung. Erfüllt der neue Erwerber die
sich aus dem Miethverhältniß ergebenden Verpflichtungen nicht, so haftet der
Vermiether dem Miether nach §. 571 Abs. 2.
§. 580. Die Vorschriften über die Miete von Grundstücken
gelten, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, auch für die Miete von
Wohnräumen und anderen Räumen.
§. 580a. Die Vorschriften der §§ 571, 572, 576 bis 579
gelten im Fall der Veräußerung oder Belastung eines im Schiffsregister
eingetragenen Schiffs sinngemäß.
Eine Verfügung, die der Vermieter vor dem Übergang des
Eigentums über den auf die Zeit der Berechtigung des Erwerbers entfallenden
Mietzins getroffen hat, ist dem Erwerber gegenüber wirksam. Das Gleiche gilt
von einem Rechtsgeschäft, das zwischen dem Mieter und dem Vermieter über die
Mietzinsforderung vorgenommen wird, insbesondere von der Entrichtung des
Mietzinses; ein Rechtsgeschäft, das nach dem Übergang des Eigentums vorgenommen
wird, ist jedoch unwirksam, wenn der Mieter bei der Vornahme des
Rechtsgeschäfts von dem Übergang des Eigentums Kenntnis hat. § 575 gilt
sinngemäß.
II. Pacht
§. 581. Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter
verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstandes und den
Genuß der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft
als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist
verpflichtet, dem Verpächter den vereinbarten Pachtzins zu entrichten.
Auf die Pacht mit Ausnahme der Landpacht sind, soweit sich
nicht aus den §§ 582 bis 584b etwas anderes ergibt, die Vorschriften über die
Miete entsprechend anzuwenden.
§. 582. Wird ein Grundstück mit Inventar verpachtet, so
obliegt dem Pächter die Erhaltung der einzelnen Inventarstücke.
Der Verpächter ist verpflichtet, Inventarstücke zu ersetzen,
die infolge eines vom Pächter nicht zu vertretenden Umstandes in Abgang kommen.
Der Pächter hat jedoch den gewöhnlichen Abgang der zum Inventar gehörenden
Tiere insoweit zu ersetzen, als dies einer ordnungsmäßigen Wirtschaft
entspricht.
§. 582a. Übernimmt der Pächter eines Grundstücks das
Inventar zum Schätzwert mit der Verpflichtung, es bei Beendigung der Pacht zum
Schätzwert zurückzugewähren, so trägt er die Gefahr des zufälligen Untergangs
und der zufälligen Verschlechterung des Inventars. Innerhalb der Grenzen einer
ordnungsmäßigen Wirtschaft kann er über die einzelnen Inventarstücke verfügen.
Der Pächter hat das Inventar in dem Zustand zu erhalten und
in dem Umfang laufend zu ersetzen, der den Regeln einer ordnungsmäßigen
Wirtschaft entspricht. Die von ihm angeschafften Stücke werden mit der
Einverleibung in das Inventar Eigentum des Verpächters.
Bei Beendigung der Pacht hat der Pächter das vorhandene
Inventar dem Verpächter zurückzugewähren. Der Verpächter kann die Übernahme
derjenigen von dem Pächter angeschafften Inventarstücke ablehnen, welche nach
den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft für das Grundstück überflüssig oder
zu wertvoll sind; mit der Ablehnung geht das Eigentum an den abgelehnten
Stücken auf den Pächter über. Besteht zwischen dem Gesamtschätzwert des
übernommenen und dem des zurückzugewährenden Inventars ein Unterschied, so ist
dieser in Geld auszugleichen. Den Schätzwerten sind die Preise im Zeitpunkt der
Beendigung der Pacht zugrunde zu legen.
§. 583. Dem Pächter eines Grundstücks steht für die
Forderungen gegen den Verpächter, die sich auf das mitgepachtete Inventar
beziehen, ein Pfandrecht an den in seinen Besitz gelangten Inventarstücken zu.
Der Verpächter kann die Geltendmachung des Pfandrechts des
Pächters durch Sicherheitsleistung abwenden. Er kann jedes einzelne
Inventarstück dadurch von dem Pfandrecht befreien, daß er in Höhe des Wertes
Sicherheit leistet.
§. 583a. Vertragsbestimmungen, die den Pächter eines
Betriebes verpflichten, nicht oder nicht ohne Einwilligung des Verpächters über
Inventarstücke zu verfügen oder Inventar an den Verpächter zu veräußern, sind
nur wirksam, wenn sich der Verpächter verpflichtet, das Inventar bei der
Beendigung des Pachtverhältnisses zum Schätzwert zu erwerben.
§. 584. Ist bei der Pacht eines Grundstücks oder eines
Rechts die Pachtzeit nicht bestimmt, so ist die Kündigung nur für den Schluß
eines Pachtjahres zulässig; sie hat spätestens am dritten Werktag des halben
Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll.
Diese Vorschriften gelten bei der Pacht eines Grundstücks
oder eines Rechts auch für die Fälle, in denen das Pachtverhältnis unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden kann.
§. 584a. Dem Pächter steht das in § 549 Abs. 1 bestimmte
Kündigungsrecht nicht zu.
Der Verpächter ist nicht berechtigt, das Pachtverhältnis
nach § 569 zu kündigen.
Eine Kündigung des Pachtverhältnisses nach § 570 findet
nicht statt.
§. 584b. Gibt der Pächter den gepachteten Gegenstand nach
der Beendigung des Pachtverhältnisses nicht zurück, so kann der Verpächter für die
Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Pachtzins nach dem
Verhältnis verlangen, in dem die Nutzungen, die der Pächter während dieser Zeit
gezogen hat oder hätte ziehen können, zu den Nutzungen des ganzen Pachtjahres
stehen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
III. Landpacht
§. 585. Durch den Landpachtvertrag wird ein Grundstück mit
den seiner Bewirtschaftung dienenden Wohn- oder Wirtschaftsgebäuden (Betrieb)
oder ein Grundstück ohne solche Gebäude überwiegend zur Landwirtschaft
verpachtet. Landwirtschaft sind die Bodenbewirtschaftung und die mit der
Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse
zu gewinnen, sowie die gartenbauliche Erzeugung.
Für Landpachtverträge gelten § 581 Abs. 1 und die §§ 582 bis
583a sowie die nachfolgenden besonderen Vorschriften.
Die Vorschriften über Landpachtverträge gelten auch für die
Pacht forstwirtschaftlicher Grundstücke, wenn die Grundstücke zur Nutzung in
einem überwiegend landwirtschaftlichen Betrieb verpachtet werden.
§. 585a. Ein Landpachtvertrag, der für länger als zwei Jahre
geschlossen wird, bedarf der schriftlichen Form. Wird die Form nicht beachtet,
so gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen.
§. 585b. Der Verpächter und der Pächter sollen bei Beginn
des Pachtverhältnisses gemeinsam eine Beschreibung der Pachtsache anfertigen,
in der ihr Umfang sowie der Zustand, in dem sie sich bei der Überlassung
befindet, festgestellt werden. Dies gilt für die Beendigung des Pachtverhältnisses
entsprechend. Die Beschreibung soll mit der Angabe des Tages der Anfertigung
versehen werden und ist von beiden Teilen zu unterschreiben.
Weigert sich ein Vertragsteil, bei der Anfertigung einer
Beschreibung mitzuwirken, oder ergeben sich bei der Anfertigung
Meinungsverschiedenheiten tatsächlicher Art, so kann jeder Vertragsteil
verlangen, daß eine Beschreibung durch einen Sachverständigen angefertigt wird,
es sei denn, daß seit der Überlassung der Pachtsache mehr als neun Monate oder
seit der Beendigung des Pachtverhältnisses mehr als drei Monate verstrichen
sind; der Sachverständige wird auf Antrag durch das Landwirtschaftsgericht
ernannt. Die insoweit entstehenden Kosten trägt jeder Vertragsteil zur Hälfte.
Ist eine Beschreibung der genannten Art angefertigt, so wird
im Verhältnis der Vertragsteile zueinander vermutet, daß sie richtig ist.
§. 586. Der Verpächter hat die Pachtsache dem Pächter in
einem zu der vertragsmäßigen Nutzung geeigneten Zustand zu überlassen und sie
während der Pachtzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Pächter hat jedoch die
gewöhnlichen Ausbesserungen der Pachtsache, insbesondere die der Wohn- und
Wirtschaftsgebäude, der Wege, Gräben, Dränungen und Einfriedigungen, auf seine
Kosten durchzuführen. Er ist zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache
verpflichtet.
Für die Haftung des Verpächters für Sach- und Rechtsmängel
der Pachtsache sowie für die Rechte und Pflichten des Pächters wegen solcher
Mängel gelten die Vorschriften des § 537 Abs. 1 und 2, der §§ 538 bis 541 sowie
des § 545 entsprechend.
§. 586a. Der Verpächter hat die auf der Pachtsache ruhenden
Lasten zu tragen.
§. 587. Der Pachtzins ist am Ende der Pachtzeit zu
entrichten. Ist der Pachtzins nach Zeitabschnitten bemessen, so ist er am
ersten Werktag nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
Der Pächter wird von der Entrichtung des Pachtzinses nicht
dadurch befreit, daß er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der
Ausübung des ihm zustehenden Nutzungsrechts verhindert wird. Die Vorschriften
des § 552 Satz 2 und 3 gelten entsprechend.
§. 588. Der Pächter hat Einwirkungen auf die Pachtsache zu
dulden, die zu ihrer Erhaltung erforderlich sind.
Maßnahmen zur Verbesserung der Pachtsache hat der Pächter zu
dulden, es sei denn, daß die Maßnahme für ihn eine Härte bedeuten würde, die
auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Verpächters nicht zu
rechtfertigen ist. Der Verpächter hat die dem Pächter durch die Maßnahme
entstandenen Aufwendungen und entgangenen Erträge in einem den Umständen nach
angemessenen Umfang zu ersetzen. Auf Verlangen hat der Verpächter Vorschuß zu
leisten.
Soweit der Pächter infolge von Maßnahmen nach Absatz 2 Satz
1 höhere Erträge erzielt oder bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung erzielen
könnte, kann der Verpächter verlangen, daß der Pächter in eine angemessene
Erhöhung des Pachtzinses einwilligt, es sei denn, daß dem Pächter eine Erhöhung
des Pachtzinses nach den Verhältnissen des Betriebes nicht zugemutet werden
kann.
Über Streitigkeiten nach den Absätzen 1 und 2 entscheidet
auf Antrag das Landwirtschaftsgericht. Verweigert der Pächter in den Fällen des
Absatzes 3 seine Einwilligung, so kann sie das Landwirtschaftsgericht auf
Antrag des Verpächters ersetzen.
§. 589. Der Pächter ist ohne Erlaubnis des Verpächters nicht
berechtigt,
1. die Nutzung der Pachtsache einem Dritten zu überlassen,
insbesondere die Sache weiter zu verpachten,
2. die Pachtsache ganz oder teilweise einem
landwirtschaftlichen Zusammenschluß zum Zwecke der gemeinsamen Nutzung zu
überlassen.
Überläßt der Pächter die Nutzung der Pachtsache einem
Dritten, so hat er ein Verschulden, das dem Dritten bei der Nutzung zur Last
fällt, zu vertreten, auch wenn der Verpächter die Erlaubnis zur Überlassung
erteilt hat.
§. 590. Der Pächter darf die landwirtschaftliche Bestimmung
der Pachtsache nur mit vorheriger Erlaubnis des Verpächters ändern.
Zur Änderung der bisherigen Nutzung der Pachtsache ist die
vorherige Erlaubnis des Verpächters nur dann erforderlich, wenn durch die
Änderung die Art der Nutzung über die Pachtzeit hinaus beeinflußt wird. Der
Pächter darf Gebäude nur mit vorheriger Erlaubnis des Verpächters errichten.
Verweigert der Verpächter die Erlaubnis, so kann sie auf Antrag des Pächters
durch das Landwirtschaftsgericht ersetzt werden, soweit die Änderung zur
Erhaltung oder nachhaltigen Verbesserung der Rentabilität des Betriebes
geeignet erscheint und dem Verpächter bei Berücksichtigung seiner berechtigten
Interessen zugemutet werden kann. Dies gilt nicht, wenn der Pachtvertrag
gekündigt ist oder das Pachtverhältnis in weniger als drei Jahren endet. Das
Landwirtschaftsgericht kann die Erlaubnis unter Bedingungen und Auflagen
ersetzen, insbesondere eine Sicherheitsleistung anordnen sowie Art und Umfang
der Sicherheit bestimmen. Ist die Veranlassung für die Sicherheitsleistung
weggefallen, so entscheidet auf Antrag das Landwirtschaftsgericht über die
Rückgabe der Sicherheit; § 109 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.
Hat der Pächter das nach § 582a zum Schätzwert übernommene
Inventar im Zusammenhang mit einer Änderung der Nutzung der Pachtsache
wesentlich vermindert, so kann der Verpächter schon während der Pachtzeit einen
Geldausgleich in entsprechender Anwendung des § 582a Abs. 3 verlangen, es sei
denn, daß der Erlös der veräußerten Inventarstücke zu einer zur Höhe des
Erlöses in angemessenem Verhältnis stehenden Verbesserung der Pachtsache nach §
591 verwendet worden ist.
§. 590a. Macht der Pächter von der Pachtsache einen
vertragswidrigen Gebrauch und setzt er den Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung
des Verpächters fort, so kann der Verpächter auf Unterlassung klagen.
§. 590b. Der Verpächter ist verpflichtet, dem Pächter die
notwendigen Verwendungen auf die Pachtsache zu ersetzen.
§. 591. Andere als notwendige Verwendungen, denen der Verpächter
zugestimmt hat, hat er dem Pächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses zu
ersetzen, soweit die Verwendungen den Wert der Pachtsache über die Pachtzeit
hinaus erhöhen (Mehrwert).
Weigert sich der Verpächter, den Verwendungen zuzustimmen,
so kann die Zustimmung auf Antrag des Pächters durch das Landwirtschaftsgericht
ersetzt werden, soweit die Verwendungen zur Erhaltung oder nachhaltigen
Verbesserung der Rentabilität des Betriebes geeignet sind und dem Verpächter
bei Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen zugemutet werden können.
Dies gilt nicht, wenn der Pachtvertrag gekündigt ist oder das Pachtverhältnis
in weniger als drei Jahren endet. Das Landwirtschaftsgericht kann die
Zustimmung unter Bedingungen und Auflagen ersetzen.
Das Landwirtschaftsgericht kann auf Antrag auch über den
Mehrwert Bestimmung treffen und ihn festsetzen. Es kann bestimmen, daß der
Verpächter den Mehrwert nur in Teilbeträgen zu ersetzen hat, und kann
Bedingungen für die Bewilligung solcher Teilzahlungen festsetzen. Ist dem
Verpächter ein Ersatz des Mehrwerts bei Beendigung des Pachtverhältnisses auch
in Teilbeträgen nicht zuzumuten, so kann der Pächter nur verlangen, daß das
Pachtverhältnis zu den bisherigen Bedingungen so lange fortgesetzt wird, bis der
Mehrwert der Pachtsache abgegolten ist-. Kommt keine Einigung zustande, so
entscheidet auf Antrag das Landwirtschaftsgericht über eine Fortsetzung des
Pachtverhältnisses.
§. 591a. Der Pächter ist berechtigt, eine Einrichtung, mit
der er die Sache versehen hat, wegzunehmen. Der Verpächter kann die Ausübung
des Wegnahmerechts durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, es
sei denn, daß der Pächter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat. Eine
Vereinbarung, durch die das Wegnahmerecht des Pächters ausgeschlossen wird, ist
nur wirksam, wenn ein angemessener Ausgleich vorgesehen ist.
§. 591b. Die Ersatzansprüche des Verpächters wegen
Veränderung oder Verschlechterung der verpachteten Sache sowie die Ansprüche
des Pächters auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer
Einrichtung verjähren in sechs Monaten.
Die Verjährung der Ersatzansprüche des Verpächters beginnt
mit dem Zeitpunkt, in welchem er die Sache zurückerhält. Die Verjährung der
Ansprüche des Pächters beginnt mit der Beendigung des Pachtverhältnisses.
Mit der Verjährung des Anspruchs des Verpächters auf
Rückgabe der Sache verjähren auch die Ersatzansprüche des Verpächters.
§. 592. Der Verpächter hat für seine Forderungen aus dem
Pachtverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Pächters sowie
an den Früchten der Pachtsache. Für künftige Entschädigungsforderungen kann das
Pfandrecht nicht geltend gemacht werden. Mit Ausnahme der in § 811 Nr. 4 der
Zivilprozeßordnung genannten Sachen erstreckt sich das Pfandrecht nicht auf
Sachen, die der Pfändung nicht unterworfen sind. Die Vorschriften der §§ 560
bis 562 gelten entsprechend.
§. 593. Haben sich nach Abschluß des Pachtvertrages die
Verhältnisse, die für die Festsetzung der Vertragsleistungen maßgebend waren,
nachhaltig so geändert, daß die gegenseitigen Verpflichtungen in ein grobes
Mißverhältnis zueinander geraten sind, so kann jeder Vertragsteil eine Änderung
des Vertrages mit Ausnahme der Pachtdauer verlangen. Verbessert oder
verschlechtert sich infolge der Bewirtschaftung der Pachtsache durch den
Pächter deren Ertrag, so kann, soweit nichts anderes vereinbart ist, eine
Änderung des Pachtzinses nicht verlangt werden.
Eine Änderung kann frühestens zwei Jahre nach Beginn der
Pacht oder nach dem Wirksamwerden der letzten Änderung der Vertragsleistungen
verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn verwüstende Naturereignisse, gegen die
ein Versicherungsschutz nicht üblich ist, das Verhältnis der Vertragsleistungen
grundlegend und nachhaltig verändert haben.
Die Änderung kann nicht für eine frühere Zeit als für das
Pachtjahr verlangt werden, in dem das Änderungsverlangen erklärt wird.
Weigert sich ein Vertragsteil, in eine Änderung des
Vertrages einzuwilligen, so kann der andere Teil die Entscheidung des
Landwirtschaftsgerichts beantragen.
Auf das Recht, eine Änderung des Vertrages nach den Absätzen
1 bis 4 zu verlangen, kann nicht verzichtet werden. Eine Vereinbarung, daß
einem Vertragsteil besondere Nachteile oder Vorteile erwachsen sollen, wenn er
die Rechte nach den Absätzen 1 bis 4 ausübt oder nicht ausübt, ist unwirksam.
§. 593a. Wird bei der Übergabe eines Betriebes im Wege der
vorweggenommenen Erbfolge ein zugepachtetes Grundstück, das der Landwirtschaft
dient, mit übergeben, so tritt der Übernehmer anstelle des Pächters in den
Pachtvertrag ein. Der Verpächter ist von der Betriebsübergabe jedoch
unverzüglich zu benachrichtigen. Ist die ordnungsmäßige Bewirtschaftung der
Pachtsache durch den Übernehmer nicht gewährleistet, so ist der Verpächter
berechtigt, das Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen
Kündigungsfrist zu kündigen.
§. 593b. Wird das verpachtete Grundstück veräußert oder mit
dem Recht eines Dritten belastet, so gelten die §§ 571 bis 579 entsprechend.
§. 594. Das Pachtverhältnis endet mit dem Ablauf der Zeit,
für die es eingegangen ist. Es verlängert sich bei Pachtverträgen, die auf
mindestens drei Jahre geschlossen worden sind, auf unbestimmte Zeit, wenn auf
die Anfrage eines Vertragsteils, ob der andere Teil zur Fortsetzung des
Pachtverhältnisses bereit ist, dieser nicht binnen einer Frist von drei Monaten
die Fortsetzung ablehnt. Die Anfrage und die Ablehnung bedürfen der
schriftlichen Form. Die Anfrage ist ohne Wirkung, wenn in ihr nicht auf die
Folge der Nichtbeachtung ausdrücklich hingewiesen wird und wenn sie nicht
innerhalb des drittletzten Pachtjahres gestellt wird.
§. 594a. Ist die Pachtzeit nicht bestimmt, so kann jeder
Vertragsteil das Pachtverhältnis spätestens am dritten Werktag eines
Pachtjahres für den Schluß des nächsten Pachtjahres kündigen. Im Zweifel gilt
das Kalenderjahr als Pachtjahr. Die Vereinbarung einer kürzeren Frist bedarf
der Schriftform.
Für die Fälle, in denen das Pachtverhältnis unter Einhaltung
der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden kann, ist die Kündigung nur
für den Schluß eines Pachtjahres zulässig; sie hat spätestens am dritten
Werktag des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll.
§. 594b. Wird ein Pachtvertrag für eine längere Zeit als
dreißig Jahre geschlossen, so kann nach dreißig Jahren jeder Vertragsteil das
Pachtverhältnis spätestens am dritten Werktag eines Pachtjahres für den Schluß
des nächsten Pachtjahres kündigen. Die Kündigung ist nicht zulässig, wenn der
Vertrag für die Lebenszeit des Verpächters oder des Pächters geschlossen ist.
§. 594c. Ist der Pächter berufsunfähig im Sinne der
Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung geworden, so kann er das
Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen,
wenn der Verpächter der Überlassung der Pachtsache zur Nutzung an einen
Dritten, der eine ordnungsmäßige Bewirtschaftung gewährleistet, widerspricht.
Eine abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
§. 594d. Stirbt der Pächter, so sind sowohl seine Erben als
auch der Verpächter berechtigt, das Pachtverhältnis mit einer Frist von sechs
Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres zu kündigen. Die Kündigung kann
nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist.
Die Erben können der Kündigung des Verpächters widersprechen
und die Fortsetzung des Pachtverhältnisses verlangen, wenn die ordnungsmäßige
Bewirtschaftung der Pachtsache durch sie oder durch einen von ihnen
beauftragten Miterben oder Dritten gewährleistet erscheint. Der Verpächter kann
die Fortsetzung des Pachtverhältnisses ablehnen, wenn die Erben den Widerspruch
nicht spätestens drei Monate vor Ablauf des Pachtverhältnisses erklärt und die
Umstände mitgeteilt haben, nach denen die weitere ordnungsmäßige
Bewirtschaftung der Pachtsache gewährleistet erscheint. Die Widerspruchserklärung
und die Mitteilung bedürfen der schriftlichen Form. Kommt keine Einigung
zustande, so entscheidet auf Antrag das Landwirtschaftsgericht.
Gegenüber einer Kündigung des Verpächters nach Absatz 1 ist
ein Fortsetzungverlangen des Erben nach § 595 ausgeschlossen.
§. 594e. Ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist ist die
Kündigung des Pachtverhältnisses in entsprechender Anwendung der §§ 542 bis
544, 553 und 554a zulässig.
Der Verpächter kann das Pachtverhältnis ohne Einhaltung
einer Kündigungsfrist auch kündigen, wenn der Pächter mit der Entrichtung des
Pachtzinses oder eines nicht unerheblichen Teiles des Pachtzinses länger als
drei Monate in Verzug ist. Ist der Pachtzins nach Zeitabschnitten von weniger
als einem Jahr bemessen, so ist die Kündigung erst zulässig, wenn der Pächter
für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung des Pachtzinses oder
eines nicht unerheblichen Teiles des Pachtzinses in Verzug ist. Die Kündigung
ist ausgeschlossen, wenn der Verpächter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam,
wenn sich der Pächter durch Aufrechnung von seiner Schuld befreien konnte und
die Aufrechnung unverzüglich nach der Kündigung erklärt.
§. 594f. Die Kündigung bedarf der schriftlichen Form.
§. 595. Der Pächter kann vom Verpächter die Fortsetzung des
Pachtverhältnisses verlangen, wenn
1. bei der Betriebspacht der Betrieb seine wirtschaftliche
Lebensgrundlage bildet,
2. bei der Pacht eines Grundstücks der Pächter auf dieses
Grundstück zur Aufrechterhaltung seines Betriebes, der seine wirtschaftliche
Lebensgrundlage bildet, angewiesen ist
und die vertragsmäßige Beendigung des Pachtverhältnisses für
den Pächter oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter
Würdigung der berechtigten Interessen des Verpächters nicht zu rechtfertigen
ist. Die Fortsetzung kann unter diesen Voraussetzungen wiederholt verlangt
werden.
Im Falle des Absatzes 1 kann der Pächter verlangen, daß das
Pachtverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung
aller Umstände angemessen ist. Ist dem Verpächter nicht zuzumuten, das
Pachtverhältnis nach den bisher geltenden Vertragsbedingungen fortzusetzen, so
kann der Pächter nur verlangen, daß es unter einer angemessenen Änderung der
Bedingungen fortgesetzt wird.
Der Pächter kann die Fortsetzung des Pachtverhältnisses
nicht verlangen, wenn
1. er das Pachtverhältnis gekündigt hat;
2. der Verpächter zur Kündigung ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist oder im Falle des § 593a zur vorzeitigen Kündigung unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist berechtigt ist;
3. die Laufzeit des Vertrages bei der Pacht eines Betriebes,
der Zupacht von Grundstücken, durch die ein Betrieb entsteht, oder bei der
Pacht von Moor- und Ödland, das vom Pächter kultiviert worden ist, auf
mindestens achtzehn Jahre, bei der Pacht anderer Grundstücke auf mindestens
zwölf Jahre vereinbart ist;
4. der Verpächter die nur vorübergehend verpachtete Sache in
eigene Nutzung nehmen oder zur Erfüllung gesetzlicher oder sonstiger
öffentlicher Aufgaben verwenden will.
Die Erklärung des Pächters, mit der er die Fortsetzung des
Pachtverhältnisses verlangt, bedarf der schriftlichen Form. Auf Verlangen des
Verpächters soll der Pächter über die Gründe des Fortsetzungsverlangens
unverzüglich Auskunft erteilen.
Der Verpächter kann die Fortsetzung des Pachtverhältnisses
ablehnen, wenn der Pächter die Fortsetzung nicht mindestens ein Jahr vor
Beendigung des Pachtverhältnisses vom Verpächter verlangt oder auf eine Anfrage
des Verpächters nach § 594 die Fortsetzung abgelehnt hat. Ist eine
zwölfmonatige oder kürzere Kündigungsfrist vereinbart, so genügt es, wenn das
Verlangen innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung erklärt wird.
Kommt keine Einigung zustande, so entscheidet auf Antrag das
Landwirtschaftsgericht über eine Fortsetzung und über die Dauer des
Pachtverhältnisses sowie über die Bedingungen, zu denen es fortgesetzt wird.
Das Gericht kann die Fortsetzung des Pachtverhältnisses jedoch nur bis zu einem
Zeitpunkt anordnen, der die in Absatz 3 Nr. 3 genannten Fristen, ausgehend vom
Beginn des laufenden Pachtverhältnisses, nicht übersteigt. Die Fortsetzung kann
auch auf einen Teil der Pachtsache beschränkt werden.
Der Pächter hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung
spätestens neun Monate vor Beendigung des Pachtverhältnisses und im Falle einer
zwölfmonatigen oder kürzeren Kündigungsfrist zwei Monate nach Zugang der
Kündigung bei dem Landwirtschaftsgericht zu stellen. Das Gericht kann den
Antrag nachträglich zulassen, wenn es zur Vermeidung einer unbilligen Härte
geboten erscheint und der Pachtvertrag noch nicht abgelaufen ist.
Auf das Recht, die Verlängerung eines Pachtverhältnisses
nach den Absätzen 1 bis 7 zu verlangen, kann nur verzichtet werden, wenn der
Verzicht zur Beilegung eines Pachtstreits vor Gericht oder vor einer
berufsständischen Pachtschlichtungsstelle erklärt wird. Eine Vereinbarung, daß
einem Vertragsteil besondere Nachteile oder besondere Vorteile erwachsen
sollen, wenn er die Rechte nach den Absätzen 1 bis 7 ausübt oder nicht ausübt,
ist unwirksam.
§. 595a. Soweit die Vertragsteile zur vorzeitigen Kündigung
eines Landpachtvertrages berechtigt sind, steht ihnen dieses Recht auch nach
Verlängerung des Landpachtverhältnisses oder Änderung des Landpachtvertrages
zu.
Auf Antrag eines Vertragsteiles kann das
Landwirtschaftsgericht Anordnungen über die Abwicklung eines vorzeitig
beendeten oder eines teilweise beendeten Landpachtvertrages treffen. Wird die
Verlängerung eines Landpachtvertrages auf einen Teil der Pachtsache beschränkt,
kann das Landwirtschaftsgericht den Pachtzins für diesen Teil festsetzen.
Der Inhalt von Anordnungen des Landwirtschaftsgerichts gilt
unter den Vertragsteilen als Vertragsinhalt. Über Streitigkeiten, die diesen
Vertragsinhalt betreffen, entscheidet auf Antrag das Landwirtschaftsgericht.
§. 596. Der Pächter ist verpflichtet, die Pachtsache nach
Beendigung des Pachtverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis
zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht.
Dem Pächter steht wegen seiner Ansprüche gegen den
Verpächter ein Zurückbehaltungsrecht am Grundstück nicht zu.
Hat der Pächter die Nutzung der Pachtsache einem Dritten
überlassen, so kann der Verpächter die Sache nach Beendigung des
Pachtverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.
§. 596a. Endet das Pachtverhältnis im Laufe eines
Pachtjahres, so hat der Verpächter dem Pächter den Wert der noch nicht
getrennten, jedoch nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung vor
dem Ende des Pachtjahres zu trennenden Früchte zu ersetzen. Dabei ist das
Ernterisiko angemessen zu berücksichtigen.
Läßt sich der in Absatz 1 bezeichnete Wert aus
jahreszeitlich bedingten Gründen nicht feststellen, so hat der Verpächter dem
Pächter die Aufwendungen auf diese Früchte insoweit zu ersetzen, als sie einer
ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entsprechen.
Absatz 1 gilt auch für das zum Einschlag vorgesehene, aber
noch nicht eingeschlagene Holz. Hat der Pächter mehr Holz eingeschlagen, als
bei ordnungsmäßiger Nutzung zulässig war, so hat er dem Verpächter den Wert der
die normale Nutzung übersteigenden Holzmenge zu ersetzen. Die Geltendmachung
eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§. 596b. Der Pächter eines Betriebes hat von den bei
Beendigung des Pachtverhältnisses vorhandenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen
so viel zurückzulassen, wie zur Fortführung der Wirtschaft bis zur nächsten
Ernte nötig ist, auch wenn er bei Antritt der Pacht solche Erzeugnisse nicht
übernommen hat.
Soweit der Pächter nach Absatz 1 Erzeugnisse in größerer
Menge oder besserer Beschaffenheit zurückzulassen verpflichtet ist, als er bei
Antritt der Pacht übernommen hat, kann er vom Verpächter Ersatz des Wertes
verlangen.
§. 597. Gibt der Pächter die Pachtsache nach Beendigung des
Pachtverhältnisses nicht zurück, so kann der Verpächter für die Dauer der
Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Pachtzins verlangen. Die
Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
Vierter Titel.
Leihe.
§. 598. Durch den Leihvertrag wird der Verleiher einer Sache
verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten.
§. 599. Der Verleiher hat nur Vorsatz und grobe
Fahrlässigkeit zu vertreten.
§. 600. Verschweigt der Verleiher arglistig einen Mangel im
Rechte oder einen Fehler der verliehenen Sache, so ist er verpflichtet, dem
Entleiher den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
§. 601. Der Entleiher hat die gewöhnlichen Kosten der
Erhaltung der geliehenen Sache, bei der Leihe eines Thieres insbesondere die
Fütterungskosten, zu tragen.
Die Verpflichtung des Verleihers zum Ersatz anderer
Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne
Auftrag. Der Entleiher ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache
versehen hat, wegzunehmen.
§. 602. Veränderungen oder Verschlechterungen der geliehenen
Sache, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der
Entleiher nicht zu vertreten.
§. 603. Der Entleiher darf von der geliehenen Sache keinen
anderen als den vertragsmäßigen Gebrauch machen. Er ist ohne die Erlaubniß des
Verleihers nicht berechtigt, den Gebrauch der Sache einem Dritten zu
überlassen.
§. 604. Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache
nach dem Ablaufe der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben.
Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache
zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem Zwecke der Leihe
ergebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher
zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, daß der Entleiher den
Gebrauch hätte machen können.
Ist die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zwecke
zu entnehmen, so kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern.
Ueberläßt der Entleiher den Gebrauch der Sache einem
Dritten, so kann der Verleiher sie nach der Beendigung der Leihe auch von dem
Dritten zurückfordern.
§. 605. Der Verleiher kann die Leihe kündigen:
1. wenn er in Folge eines nicht
vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf;
2. wenn der Entleiher einen
vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den
Gebrauch einem Dritten überläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm
obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet;
3. wenn der Entleiher stirbt.
§. 606. Die Ersatzansprüche des Verleihers wegen
Veränderungen oder Verschlechterungen der verliehenen Sache sowie die Ansprüche
des Entleihers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme
einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Vorschriften des §. 558 Abs.
2, 3 finden entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Darlehen.
§. 607. Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen
empfangen hat, ist verpflichtet, dem Darleiher das Empfangene in Sachen von
gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten.
Wer Geld oder andere vertretbare Sachen aus einem anderen
Grunde schuldet, kann mit dem Gläubiger vereinbaren, daß das Geld oder die
Sachen als Darlehen geschuldet werden sollen.
§. 608. Sind für ein Darlehen Zinsen bedungen, so sind sie,
sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, nach dem Ablaufe je eines Jahres und,
wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuerstatten ist, bei der
Rückerstattung zu entrichten.
§. 609. Ist für die Rückerstattung eines Darlehens eine Zeit
nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, daß der Gläubiger oder der
Schuldner kündigt.
Die Kündigungsfrist beträgt bei Darlehen von mehr als
dreihundert Deutsche Mark drei Monate, bei Darlehen von geringerem Betrag einen
Monat.
Sind Zinsen nicht bedungen, so ist der Schuldner auch ohne
Kündigung zur Rückerstattung berechtigt.
§. 609a. Der Schuldner kann ein Darlehen, bei dem für einen
bestimmten Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart ist, ganz oder teilweise
kündigen,
1. wenn die Zinsbindung vor der für die Rückzahlung
bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Zinssatz getroffen
ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den
Ablauf des Tages, an dem die Zinsbindung endet; ist eine Anpassung des
Zinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der
Schuldner jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Zinsbindung endet,
kündigen;
2. wenn das Darlehen einer natürlichen Person gewährt und
nicht durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, nach Ablauf von
sechs Monaten nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von drei Monaten; dies gilt nicht, wenn das Darlehen ganz oder
überwiegend für Zwecke einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit bestimmt
war;
3. in jedem Falle nach Ablauf von zehn Jahren nach dem
vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten;
wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der
Rückzahlung oder den Zinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser
Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts der Auszahlung.
Der Schuldner kann ein Darlehen mit veränderlichem Zinssatz
jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.
Das Kündigungsrecht des Schuldners nach den Absätzen 1 und 2
kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht
bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine
Gemeinde oder einen Gemeindeverband.
§. 610. Wer die Hingabe eines Darlehens verspricht, kann im
Zweifel das Versprechen widerrufen, wenn in den Vermögensverhältnissen des
anderen Theiles eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der
Anspruch auf die Rückerstattung gefährdet wird.
Sechster Titel.
Dienstvertrag.
§. 611. Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste
zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Theil zur Gewährung
der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.
§. 611a. Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer
Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des
Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer
Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Eine unterschiedliche
Behandlung wegen des Geschlechts ist jedoch zulässig, soweit eine Vereinbarung
oder eine Maßnahme die Art der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zum
Gegenstand hat und ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für
diese Tätigkeit ist. Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft
macht, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, trägt
der Arbeitgeber die Beweislast dafür, daß nicht auf das Geschlecht bezogene,
sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder das
Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist.
Ist ein Arbeitsverhältnis wegen eines von dem Arbeitgeber zu
vertretenden Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 nicht
begründet worden, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der
Arbeitnehmer dadurch erleidet, daß er darauf vertraut, die Begründung des
Arbeitsverhältnisses werde nicht wegen eines solchen Verstoßes unterbleiben.
Satz 1 gilt beim beruflichen Aufstieg entsprechend, wenn auf den Aufstieg kein
Anspruch besteht.
Der Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Verstoßes gegen
das Benachteiligungsverbot verjährt in zwei Jahren. § 201 ist entsprechend
anzuwenden.
§. 611b. Der Arbeitgeber soll einen Arbeitsplatz weder
öffentlich noch innerhalb des Betriebs nur für Männer oder nur für Frauen
ausschreiben, es sei denn, daß ein Fall des § 611a Abs. 1 Satz 2 vorliegt.
§. 612. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart,
wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten
ist.
Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem
Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die
übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
Bei einem Arbeitsverhältnis darf für gleiche oder für
gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers eine
geringere Vergütung vereinbart werden als bei einem Arbeitnehmer des anderen
Geschlechts. Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung wird nicht dadurch
gerechtfertigt, daß wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers besondere
Schutzvorschriften gelten. § 611a Abs. 1 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.
§. 612a. Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer
Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in
zulässiger Weise seine Rechte ausübt.
§. 613. Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste
im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel
nicht übertragbar.
§. 613a. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch
Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte
und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden
Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen
eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden
sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem
Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des
Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht,
wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines
anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt
werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten
geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr
gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich
eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem
Arbeitnehmer vereinbart wird.
Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für
Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs
entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig
werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt
des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in
dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres
Bemessungszeitraums entspricht.
Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person durch
Verschmelzung oder Umwandlung erlischt; § 8 des Umwandlungsgesetzes in der
Fassung der Bekanntmachung vom 6. November 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 2081)
bleibt unberührt.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers
durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des
Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur
Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.
§. 614. Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu
entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach
dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
§. 615. Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der
Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die in Folge des Verzugs nicht
geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung
verpflichtet zu sein. Er muß sich jedoch den Werth desjenigen anrechnen lassen,
was er in Folge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch
anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig
unterläßt.
§. 616. Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des
Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, daß er für eine
verhältnißmäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden
Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muß sich
jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung
aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder
Unfallversicherung zukommt. Der Anspruch kann nicht durch Vertrag
ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Der Anspruch eines Angestellten auf Vergütung kann für den
Krankheitsfall sowie für die Fälle der Sterilisation und des Abbruchs der
Schwangerschaft durch einen Arzt nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder
beschränkt werden. Hierbei gilt als verhältnismäßig nicht erheblich eine Zeit
von sechs Wochen, wenn nicht durch Tarifvertrag eine andere Dauer bestimmt ist.
Eine nicht rechtswidrige
Sterilisation und ein nicht rechtswidriger Abbruch der Schwangerschaft durch
einen Arzt gelten als unverschuldete Verhinderung an der Dienstleistung. Der
Angestellte behält diesen Anspruch auch dann, wenn der Arbeitgeber das
Arbeitsverhältnis aus Anlaß des Krankheitsfalls kündigt. Angestellte im Sinne
dieses Absatzes sind Arbeitnehmer, die eine Beschäftigung ausüben, die für die
Zuständigkeitsaufteilung unter den Rentenversicherungsträgern nach dem Sechsten
Buch Sozialgesetzbuch als Angestelltentätigkeit bezeichnet wird.
Ist der zur Dienstleistung Verpflichtete Arbeiter im Sinne
des Lohnfortzahlungsgesetzes, so bestimmen sich seine Ansprüche nur nach dem
Lohnfortzahlungsgesetz, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit,
infolge Sterilisation oder Abbruchs der Schwangerschaft durch einen Arzt oder
durch eine Kur im Sinne des § 7 des Lohnfortzahlungsgesetzes an der
Dienstleistung verhindert ist.
§. 617. Ist bei einem dauernden Dienstverhältnisse, welches
die Erwerbsthätigkeit des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in
Anspruch nimmt, der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so
hat der Dienstberechtigte ihm im Falle der Erkrankung die erforderliche
Verpflegung und ärztliche Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen, jedoch
nicht über die Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus, zu gewähren, sofern
nicht die Erkrankung von dem Verpflichteten vorsätzlich oder durch grobe
Fahrlässigkeit herbeigeführt worden ist. Die Verpflegung und ärztliche
Behandlung kann durch Aufnahme des Verpflichteten in eine Krankenanstalt
gewährt werden. Die Kosten können auf die für die Zeit der Erkrankung
geschuldete Vergütung angerechnet werden. Wird das Dienstverhältniß wegen der
Erkrankung von dem Dienstberechtigten nach §. 626 gekündigt, so bleibt die
dadurch herbeigeführte Beendigung des Dienstverhältnisses außer Betracht.
Die Verpflichtung des Dienstberechtigten tritt nicht ein,
wenn für die Verpflegung und ärztliche Behandlung durch eine Versicherung oder
durch eine Einrichtung der öffentlichen Krankenpflege Vorsorge getroffen ist.
§. 618. Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder
Geräthschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so
einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner
Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, daß der
Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als
die Natur der Dienstleistung es gestattet.
Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft
aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohn- und
Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit diejenigen
Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit Rücksicht auf die
Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Verpflichteten erforderlich
sind.
Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens
und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so
finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatze die für unerlaubte
Handlungen geltenden Vorschriften der §§. 842 bis 846 entsprechende Anwendung.
§. 619. Die dem Dienstberechtigten nach den §§. 617, 618
obliegenden Verpflichtungen können nicht im voraus durch Vertrag aufgehoben
oder beschränkt werden.
§. 620. Das Dienstverhältniß endigt mit dem Ablaufe der
Zeit, für die es eingegangen ist.
Ist die Dauer des Dienstverhältnisses weder bestimmt noch
aus der Beschaffenheit oder dem Zwecke der Dienste zu entnehmen, so kann jeder
Theil das Dienstverhältniß nach Maßgabe der §§ 621, 622 kündigen.
§. 621. Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis
im Sinne des § 622 ist, ist die Kündigung zulässig,
1. wenn die Vergütung nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag
für den Ablauf des folgenden Tages;
2. wenn die Vergütung nach Wochen bemessen ist, spätestens
am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends;
3. wenn die Vergütung nach Monaten bemessen ist, spätestens
am fünfzehnten eines Monats für den Schluß des Kalendermonats;
4. wenn die Vergütung nach Vierteljahren oder längeren
Zeitabschnitten bemessen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs
Wochen für den Schluß eines Kalendervierteljahres;
5. wenn die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen
ist, jederzeit; bei einem die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig
oder hauptsächlich in Anspruch nehmenden Dienstverhältnis ist jedoch eine
Kündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten.
§. 622. Das Arbeitsverhältnis eines Angestellten kann unter
Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Schluß eines
Kalendervierteljahres gekündigt werden. Eine kürzere Kündigungsfrist kann
einzelvertraglich nur vereinbart werden, wenn sie einen Monat nicht
unterschreitet und die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendermonats
zugelassen wird.
Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters kann unter Einhaltung
einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden. Hat das
Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen fünf Jahre bestanden,
so erhöht sich die Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende, hat es zehn
Jahre bestanden, so erhöht sich die Kündigungsfrist auf zwei Monate zum
Monatsende, hat es zwanzig Jahre bestanden, so erhöht sich die Kündigungsfrist
auf drei Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres; bei der Berechnung der
Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des fünfundzwanzigsten
Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt.
Kürzere als die in den Absätzen 1 und 2 genannten
Kündigungsfristen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im
Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages gelten die abweichenden
tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
Ist ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe
eingestellt, so können kürzere als die in Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1
genannten Kündigungsfristen auch einzelvertraglich vereinbart werden; dies gilt
nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus
fortgesetzt wird.
Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den
Arbeitnehmer darf einzelvertraglich keine längere Frist vereinbart werden als
für die Kündigung durch den Arbeitgeber. 27
§. 623. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 2, Z. 5, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1106, Nr. 75,
ausgegeben am 16. 08. 1969, in Kraft seit 01. 09. 1969.
§. 624. Ist das Dienstverhältniß für die Lebenszeit einer
Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem
Verpflichteten nach dem Ablaufe von fünf Jahren gekündigt werden. Die
Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.
§. 625. Wird das Dienstverhältniß nach dem Ablaufe der
Dienstzeit von dem Verpflichteten mit Wissen des anderen Theiles fortgesetzt,
so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der andere Theil
unverzüglich widerspricht.
§. 626. Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus
wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn
Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider
Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der
Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses
nicht zugemutet werden kann.
Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den
für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muß
dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich
mitteilen.
§. 627. Bei einem Dienstverhältnis, das kein
Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 ist, ist die Kündigung auch ohne die im §
626 bezeichnete Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung
Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu
stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens
übertragen zu werden pflegen.
Der Verpflichtete darf nur in der Art kündigen, daß sich der
Dienstberechtigte die Dienste anderweit beschaffen kann, es sei denn, daß ein
wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen
Grund zur Unzeit, so hat er dem Dienstberechtigten den daraus entstehenden
Schaden zu ersetzen.
§. 628. Wird nach dem Beginne der Dienstleistung das
Dienstverhältniß auf Grund des §. 626 oder des §. 627 gekündigt, so kann der
Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Theil der
Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des
anderen Theiles dazu veranlaßt zu sein, oder veranlaßt er durch sein
vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Theiles, so steht ihm ein
Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen
in Folge der Kündigung für den anderen Theil kein Interesse haben. Ist die
Vergütung für eine spätere Zeit im voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete
sie nach Maßgabe des §. 347 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstandes
erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.
Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des
anderen Theiles veranlaßt, so ist dieser zum Ersatze des durch die Aufhebung
des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.
§. 629. Nach der Kündigung eines dauernden
Dienstverhältnisses hat der Dienstberechtigte dem Verpflichteten auf Verlangen
angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren.
§. 630. Bei der Beendigung eines dauernden
Dienstverhältnisses kann der Verpflichtete von dem anderen Theile ein
schriftliches Zeugniß über das Dienstverhältniß und dessen Dauer fordern. Das
Zeugniß ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienste zu
erstrecken.
Siebenter Titel.
Werkvertrag.
§. 631. Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur
Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der
vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder
Veränderung einer Sache als ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung
herbeizuführender Erfolg sein.
§. 632. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart,
wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu
erwarten ist.
Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem
Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die
übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
§. 633. Der Unternehmer ist verpflichtet, das Werk so
herzustellen, daß es die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern
behaftet ist, die den Werth oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem
nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern.
Ist das Werk nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der
Besteller die Beseitigung des Mangels verlangen. § 476a gilt entsprechend. Der
Unternehmer ist berechtigt, die Beseitigung zu verweigern, wenn sie einen
unverhältnißmäßigen Aufwand erfordert.
Ist der Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels im
Verzuge, so kann der Besteller den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der
erforderlichen Aufwendungen verlangen.
§. 634. Zur Beseitigung eines Mangels der im §. 633
bezeichneten Art kann der Besteller dem Unternehmer eine angemessene Frist mit
der Erklärung bestimmen, daß er die Beseitigung des Mangels nach dem Ablaufe
der Frist ablehne. Zeigt sich schon vor der Ablieferung des Werkes ein Mangel,
so kann der Besteller die Frist sofort bestimmen; die Frist muß so bemessen
werden, daß sie nicht vor der für die Ablieferung bestimmten Frist abläuft.
Nach dem Ablaufe der Frist kann der Besteller Rückgängigmachung des Vertrags
(Wandelung) oder Herabsetzung der Vergütung (Minderung) verlangen, wenn nicht
der Mangel rechtzeitig beseitigt worden ist; der Anspruch auf Beseitigung des
Mangels ist ausgeschlossen.
Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die
Beseitigung des Mangels unmöglich ist oder von dem Unternehmer verweigert wird
oder wenn die sofortige Geltendmachung des Anspruchs auf Wandelung oder auf
Minderung durch ein besonderes Interesse des Bestellers gerechtfertigt wird.
Die Wandelung ist ausgeschlossen, wenn der Mangel den Werth
oder die Tauglichkeit des Werkes nur unerheblich mindert.
Auf die Wandelung und die Minderung finden die für den Kauf
geltenden Vorschriften der §§. 465 bis 467, 469 bis 475 entsprechende
Anwendung.
§. 635. Beruht der Mangel des Werkes auf einem Umstande, den
der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Besteller statt der Wandelung
oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
§. 636. Wird das Werk ganz oder zum Theil nicht rechtzeitig
hergestellt, so finden die für die Wandelung geltenden Vorschriften des §. 634
Abs. 1 bis 3 entsprechende Anwendung; an die Stelle des Anspruchs auf Wandelung
tritt das Recht des Bestellers, nach §. 327 von dem Vertrage zurückzutreten.
Die im Falle des Verzugs des Unternehmers dem Besteller zustehenden Rechte
bleiben unberührt.
Bestreitet der Unternehmer die Zulässigkeit des erklärten
Rücktritts, weil er das Werk rechtzeitig hergestellt habe, so trifft ihn die
Beweislast.
§. 637. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung
des Unternehmers, einen Mangel des Werkes zu vertreten, erlassen oder
beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Unternehmer den Mangel arglistig
verschweigt.
§. 638. Der Anspruch des Bestellers auf Beseitigung eines
Mangels des Werkes sowie die wegen des Mangels dem Besteller zustehenden
Ansprüche auf Wandelung, Minderung oder Schadensersatz verjähren, sofern nicht
der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat, in sechs Monaten, bei
Arbeiten an einem Grundstück in einem Jahre, bei Bauwerken in fünf Jahren. Die
Verjährung beginnt mit der Abnahme des Werkes.
Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden.
§. 639. Auf die Verjährung der im §. 638 bezeichneten
Ansprüche des Bestellers finden die für die Verjährung der Ansprüche des
Käufers geltenden Vorschriften des §. 477 Abs. 2, 3 und der §§. 478, 479
entsprechende Anwendung.
Unterzieht sich der Unternehmer im Einverständnisse mit dem
Besteller der Prüfung des Vorhandenseins des Mangels oder der Beseitigung des
Mangels, so ist die Verjährung so lange gehemmt, bis der Unternehmer das
Ergebniß der Prüfung dem Besteller mittheilt oder ihm gegenüber den Mangel für
beseitigt erklärt oder die Fortsetzung der Beseitigung verweigert.
§. 640. Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig
hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes
die Abnahme ausgeschlossen ist.
Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk ab, obschon er den
Mangel kennt, so stehen ihm die in den §§. 633, 634 bestimmten Ansprüche nur
zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.
§. 641. Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu
entrichten. Ist das Werk in Theilen abzunehmen und die Vergütung für die
einzelnen Theile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Theil bei dessen Abnahme
zu entrichten.
Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von
der Abnahme des Werkes an zu verzinsen, sofern nicht die Vergütung gestundet
ist.
§. 642. Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des
Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das
Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene
Entschädigung verlangen.
Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der
Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach
demjenigen, was der Unternehmer in Folge des Verzugs an Aufwendungen erspart
oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.
§. 643. Der Unternehmer ist im Falle des §. 642 berechtigt,
dem Besteller zur Nachholung der Handlung eine angemessene Frist mit der
Erklärung zu bestimmen, daß er den Vertrag kündige, wenn die Handlung nicht bis
zum Ablaufe der Frist vorgenommen werde. Der Vertrag gilt als aufgehoben, wenn
nicht die Nachholung bis zum Ablaufe der Frist erfolgt.
§. 644. Der Unternehmer trägt die Gefahr bis zur Abnahme des
Werkes. Kommt der Besteller in Verzug der Annahme, so geht die Gefahr auf ihn
über. Für den zufälligen Untergang und eine zufällige Verschlechterung des von
dem Besteller gelieferten Stoffes ist der Unternehmer nicht verantwortlich.
Versendet der Unternehmer das Werk auf Verlangen des
Bestellers nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte, so finden die für
den Kauf geltenden Vorschriften des §. 447 entsprechende Anwendung.
§. 645. Ist das Werk vor der Abnahme in Folge eines Mangels
des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder in Folge einer von dem Besteller
für die Ausführung ertheilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder
unausführbar geworden, ohne daß ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer
zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit
entsprechenden Theil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht
inbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag in
Gemäßheit des §. 643 aufgehoben wird.
Eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens
bleibt unberührt.
§. 646. Ist nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme
ausgeschlossen, so tritt in den Fällen der §§. 638, 641, 644, 645 an die Stelle
der Abnahme die Vollendung des Werkes.
§. 647. Der Unternehmer hat für seine Forderungen aus dem
Vertrag ein Pfandrecht an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten
beweglichen Sachen des Bestellers, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zwecke
der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind.
§. 648. Der Unternehmer eines Bauwerkes oder eines einzelnen
Theiles eines Bauwerkes kann für seine Forderungen aus dem Vertrage die
Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstücke des Bestellers verlangen.
Ist das Werk noch nicht vollendet, so kann er die Einräumung der
Sicherungshypothek für einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Theil der
Vergütung und für die in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen.
Der Inhaber einer Schiffswerft kann für seine Forderungen
aus dem Bau oder der Ausbesserung eines Schiffs die Einräumung einer
Schiffshypothek an dem Schiffsbauwerk oder dem Schiff des Bestellers verlangen;
Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. § 647 findet keine Anwendung.
§. 649. Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes
jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer
berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muß sich jedoch
dasjenige anrechnen lassen, was er in Folge der Aufhebung des Vertrags an
Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft
erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt.
§. 650. Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zu Grunde gelegt
worden, ohne daß der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags
übernommen hat, und ergiebt sich, daß das Werk nicht ohne eine wesentliche
Ueberschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn
der Besteller den Vertrag aus diesem Grunde kündigt, nur der im §. 645 Abs. 1
bestimmte Anspruch zu.
Ist eine solche Ueberschreitung des Anschlags zu erwarten,
so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
§. 651. Verpflichtet sich der Unternehmer, das Werk aus
einem von ihm zu beschaffenden Stoffe herzustellen, so hat er dem Besteller die
hergestellte Sache zu übergeben und das Eigenthum an der Sache zu verschaffen.
Auf einen solchen Vertrag finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung; ist
eine nicht vertretbare Sache herzustellen, so treten an die Stelle des §. 433,
des §. 446 Abs. 1 Satz 1 und der §§. 447, 459, 460, 462 bis 464, 477 bis 479
die Vorschriften über den Werkvertrag mit Ausnahme der §§. 647, 648.
Verpflichtet sich der Unternehmer nur zur Beschaffung von
Zuthaten oder sonstigen Nebensachen, so finden ausschließlich die Vorschriften
über den Werkvertrag Anwendung.
II. Reisevertrag
§. 651a. Durch den Reisevertrag wird der Reiseveranstalter
verpflichtet, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu
erbringen. Der Reisende ist verpflichtet, dem Reiseveranstalter den
vereinbarten Reisepreis zu zahlen.
Die Erklärung, nur Verträge mit den Personen zu vermitteln,
welche die einzelnen Reiseleistungen ausführen sollen (Leistungsträger), bleibt
unberücksichtigt, wenn nach den sonstigen Umständen der Anschein begründet
wird, daß der Erklärende vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener
Verantwortung erbringt.
§. 651b. Bis zum Reisebeginn kann der Reisende verlangen,
daß statt seiner ein Dritter an der Reise teilnimmt. Der Reiseveranstalter kann
der Teilnahme des Dritten widersprechen, wenn dieser den besonderen
Reiseerfordernissen nicht genügt oder seiner Teilnahme gesetzliche Vorschriften
oder behördliche Anordnungen entgegenstehen.
Der Reiseveranstalter kann vom Reisenden die durch die
Teilnahme des Dritten entstehenden Mehrkosten verlangen.
§. 651c. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise
so zu erbringen, daß sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit
Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen
oder nach dem Vertrage vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.
Ist die Reise nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der
Reisende Abhilfe verlangen. Der Reiseveranstalter kann die Abhilfe verweigern,
wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.
Leistet der Reiseveranstalter nicht innerhalb einer vom
Reisenden bestimmten angemessenen Frist Abhilfe, so kann der Reisende selbst
Abhilfe schaffen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Der
Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Abhilfe von dem
Reiseveranstalter verweigert wird oder wenn die sofortige Abhilfe durch ein
besonderes Interesse des Reisenden geboten wird.
§. 651d. Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1
mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach
Maßgabe des § 472.
Die Minderung tritt nicht ein, soweit es der Reisende
schuldhaft unterläßt, den Mangel anzuzeigen.
§. 651e. Wird die Reise infolge eines Mangels der in § 651c
bezeichneten Art erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende den Vertrag
kündigen. Dasselbe gilt, wenn ihm die Reise infolge eines solchen Mangels aus
wichtigem, dem Reiseveranstalter erkennbaren Grund nicht zuzumuten ist.
Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Reiseveranstalter
eine ihm vom Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen,
ohne Abhilfe zu leisten. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die
Abhilfe unmöglich ist oder vom Reiseveranstalter verweigert wird oder wenn die
sofortige Kündigung des Vertrages durch ein besonderes Interesse des Reisenden
gerechtfertigt wird.
Wird der Vertrag gekündigt, so verliert der
Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Er kann jedoch
für die bereits erbrachten oder zur Beendigung der Reise noch zu erbringenden
Reiseleistungen eine nach § 471 zu bemessende Entschädigung verlangen. Dies
gilt nicht, soweit diese Leistungen infolge der Aufhebung des Vertrags für den
Reisenden kein Interesse haben.
Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die infolge der
Aufhebung des Vertrags notwendigen Maßnahmen zu treffen, insbesondere, falls
der Vertrag die Rückbeförderung umfaßte, den Reisenden zurückzubefördern. Die
Mehrkosten fallen dem Reiseveranstalter zur Last.
§. 651f. Beruht der Mangel der Reise auf einem Umstand, den
der Reiseveranstalter zu vertreten hat, so kann der Reisende unbeschadet der
Minderung oder der Kündigung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
Wird die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, so
kann der Reisende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene
Entschädigung in Geld verlangen.
§. 651g. Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f hat der
Reisende innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung
der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen. Nach Ablauf der
Frist kann der Reisende Ansprüche nur geltend machen, wenn er ohne Verschulden
an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist.
Ansprüche des Reisenden nach den §§ 651c bis 651f verjähren
in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an dem die Reise dem
Vertrage nach enden sollte. Hat der Reisende solche Ansprüche geltend gemacht,
so ist die Verjährung bis zu dem Tage gehemmt, an dem der Reiseveranstalter die
Ansprüche schriftlich zurückweist.
§. 651h. Der Reiseveranstalter kann durch Vereinbarung mit
dem Reisenden seine Haftung auf den dreifachen Reisepreis beschränken,
1. soweit ein Schaden des Reisenden weder vorsätzlich noch
grob fahrlässig herbeigeführt wird, oder
2. soweit der Reiseveranstalter für einen dem Reisenden
entstehenden Schaden allein wegen eines Verschuldens eines Leistungsträgers
verantwortlich ist.
Gelten für eine von einem Leistungsträger zu erbringende
Reiseleistung gesetzliche Vorschriften, nach denen ein Anspruch auf Schadensersatz
nur unter bestimmten Voraussetzungen oder Beschränkungen entsteht oder geltend
gemacht werden kann oder unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen ist,
so kann sich auch der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden hierauf
berufen.
§. 651i. Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom
Vertrag zurücktreten.
Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, so verliert der
Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Er kann jedoch
eine angemessene Entschädigung verlangen. Die Höhe der Entschädigung bestimmt
sich nach dem Reisepreis unter Abzug des Wertes der vom Reiseveranstalter
ersparten Aufwendungen sowie dessen, was er durch anderweitige Verwendung der
Reiseleistungen erwerben kann.
Im Vertrage kann für jede Reiseart unter Berücksichtigung
der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwendung der
Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerbs ein Vomhundertsatz des
Reisepreises als Entschädigung festgesetzt werden.
§. 651j. Wird die Reise infolge bei Vertragsabschluß nicht
voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder
beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende
den Vertrag kündigen.
Wird der Vertrag nach Absatz 1 gekündigt, so finden die
Vorschriften des § 651e Abs. 3 Sätze 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 Anwendung. Die
Mehrkosten für die Rückbeförderung sind von den Parteien je zur Hälfte zu
tragen. Im übrigen fallen die Mehrkosten dem Reisenden zur Last.
§. 651k. Von den Vorschriften der §§ 651a bis 651j kann nicht
zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden.
Achter Titel.
Mäklervertrag.
§. 652. Wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß
eines Vertrags oder für die Vermittelung eines Vertrags einen Mäklerlohn
verspricht, ist zur Entrichtung des Lohnes nur verpflichtet, wenn der Vertrag
in Folge des Nachweises oder in Folge der Vermittelung des Mäklers zu Stande
kommt. Wird der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so
kann der Mäklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung eintritt.
Aufwendungen sind dem Mäkler nur zu ersetzen, wenn es
vereinbart ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Vertrag nicht zu Stande kommt.
§. 653. Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend vereinbart,
wenn die dem Mäkler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine
Vergütung zu erwarten ist.
Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem
Bestehen einer Taxe der taxmäßige Lohn, in Ermangelung einer Taxe der übliche
Lohn als vereinbart anzusehen.
§. 654. Der Anspruch auf den Mäklerlohn und den Ersatz von
Aufwendungen ist ausgeschlossen, wenn der Mäkler dem Inhalte des Vertrags
zuwider auch für den anderen Theil thätig gewesen ist.
§. 655. Ist für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß
eines Dienstvertrags oder für die Vermittelung eines solchen Vertrags ein
unverhältnißmäßig hoher Mäklerlohn vereinbart worden, so kann er auf Antrag des
Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Nach
der Entrichtung des Lohnes ist die Herabsetzung ausgeschlossen.
§. 656. Durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis
der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittelung des
Zustandekommens einer Ehe wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf
Grund des Versprechens Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden,
weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.
Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch
die der andere Theil zum Zwecke der Erfüllung des Versprechens dem Mäkler
gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntniß.
Neunter Titel.
Auslobung.
§. 657. Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung
für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines
Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten,
welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf
die Auslobung gehandelt hat.
§. 658. Die Auslobung kann bis zur Vornahme der Handlung
widerrufen werden. Der Widerruf ist nur wirksam, wenn er in derselben Weise wie
die Auslobung bekannt gemacht wird oder wenn er durch besondere Mittheilung
erfolgt.
Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet
werden; ein Verzicht liegt im Zweifel in der Bestimmung einer Frist für die
Vornahme der Handlung.
§. 659. Ist die Handlung, für welche die Belohnung
ausgesetzt ist, mehrmals vorgenommen worden, so gebührt die Belohnung
demjenigen, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat.
Ist die Handlung von Mehreren gleichzeitig vorgenommen
worden, so gebührt jedem ein gleicher Theil der Belohnung. Läßt sich die
Belohnung wegen ihrer Beschaffenheit nicht theilen oder soll nach dem Inhalte
der Auslobung nur Einer die Belohnung erhalten, so entscheidet das Loos.
§. 660. Haben Mehrere zu dem Erfolge mitgewirkt, für den die
Belohnung ausgesetzt ist, so hat der Auslobende die Belohnung unter
Berücksichtigung des Antheils eines jeden an dem Erfolge nach billigem Ermessen
unter sie zu vertheilen. Die Vertheilung ist nicht verbindlich, wenn sie
offenbar unbillig ist; sie erfolgt in einem solchen Falle durch Urtheil.
Wird die Vertheilung des Auslobenden von einem der
Betheiligten nicht als verbindlich anerkannt, so ist der Auslobende berechtigt,
die Erfüllung zu verweigern, bis die Betheiligten den Streit über ihre
Berechtigung unter sich ausgetragen haben; jeder von ihnen kann verlangen, daß
die Belohnung für alle hinterlegt wird.
Die Vorschrift des §. 659 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.
§. 661. Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande
hat, ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung
bestimmt wird.
Die Entscheidung darüber, ob eine innerhalb der Frist
erfolgte Bewerbung der Auslobung entspricht oder welche von mehreren
Bewerbungen den Vorzug verdient, ist durch die in der Auslobung bezeichnete
Person, in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden zu treffen. Die
Entscheidung ist für die Betheiligten verbindlich.
Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die
Zuertheilung des Preises die Vorschriften des §. 659 Abs. 2 Anwendung.
Die Uebertragung des Eigenthums an dem Werke kann der
Auslobende nur verlangen, wenn er in der Auslobung bestimmt hat, daß die
Uebertragung erfolgen soll.
Zehnter Titel.
Auftrag.
§. 662. Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich
der Beauftragte, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen
unentgeltlich zu besorgen.
§. 663. Wer zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich
bestellt ist oder sich öffentlich erboten hat, ist, wenn er einen auf solche
Geschäfte gerichteten Auftrag nicht annimmt, verpflichtet, die Ablehnung dem
Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem
Auftraggeber gegenüber zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat.
§. 664. Der Beauftragte darf im Zweifel die Ausführung des
Auftrags nicht einem Dritten übertragen. Ist die Uebertragung gestattet, so hat
er nur ein ihm bei der Uebertragung zur Last fallendes Verschulden zu
vertreten. Für das Verschulden eines Gehülfen ist er nach §. 278 verantwortlich.
Der Anspruch auf Ausführung des Auftrags ist im Zweifel
nicht übertragbar.
§. 665. Der Beauftragte ist berechtigt, von den Weisungen
des Auftraggebers abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß
der Auftraggeber bei Kenntniß der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der
Beauftragte hat vor der Abweichung dem Auftraggeber Anzeige zu machen und
dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschube Gefahr verbunden
ist.
§. 666. Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber
die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des
Geschäfts Auskunft zu ertheilen und nach der Ausführung des Auftrags
Rechenschaft abzulegen.
§. 667. Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber
Alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der
Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
§. 668. Verwendet der Beauftragte Geld für sich, das er dem
Auftraggeber herauszugeben oder für ihn zu verwenden hat, so ist er
verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
§. 669. Für die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen
Aufwendungen hat der Auftraggeber dem Beauftragten auf Verlangen Vorschuß zu
leisten.
§. 670. Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des
Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf,
so ist der Auftraggeber zum Ersatze verpflichtet.
§. 671. Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit
widerrufen, von dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden.
Der Beauftragte darf nur in der Art kündigen, daß der
Auftraggeber für die Besorgung des Geschäfts anderweit Fürsorge treffen kann,
es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt.
Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Auftraggeber den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen.
Liegt ein wichtiger Grund vor, so ist der Beauftragte zur
Kündigung auch dann berechtigt, wenn er auf das Kündigungsrecht verzichtet hat.
§. 672. Der Auftrag erlischt im Zweifel nicht durch den Tod
oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers. Erlischt der
Auftrag, so hat der Beauftragte, wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist,
die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Erbe oder der
gesetzliche Vertreter des Auftraggebers anderweit Fürsorge treffen kann; der
Auftrag gilt insoweit als fortbestehend.
§. 673. Der Auftrag erlischt im Zweifel durch den Tod des
Beauftragten. Erlischt der Auftrag, so hat der Erbe des Beauftragten den Tod
dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschube Gefahr
verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der
Auftraggeber anderweit Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als
fortbestehend.
§. 674. Erlischt der Auftrag in anderer Weise als durch
Widerruf, so gilt er zu Gunsten des Beauftragten gleichwohl als fortbestehend,
bis der Beauftragte von dem Erlöschen Kenntniß erlangt oder das Erlöschen
kennen muß.
§. 675. Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der
eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§.
663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht,
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des §.
671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
§. 676. Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung
ertheilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältniß oder einer
unerlaubten Handlung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatze des aus der
Befolgung des Rathes oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht
verpflichtet.
Elfter Titel.
Geschäftsführung ohne Auftrag.
§. 677. Wer ein Geschäft für einen Anderen besorgt, ohne von
ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das
Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf
dessen wirklichen oder muthmaßlichen Willen es erfordert.
§. 678. Steht die Uebernahme der Geschäftsführung mit dem
wirklichen oder dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch und mußte
der Geschäftsführer dies erkennen, so ist er dem Geschäftsherrn zum Ersatze des
aus der Geschäftsführung entstehenden Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm
ein sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt.
§. 679. Ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des
Geschäftsherrn kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Geschäftsführung eine
Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt,
oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig
erfüllt werden würde.
§. 680. Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer
dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§. 681. Der Geschäftsführer hat die Uebernahme der Geschäftsführung,
sobald es thunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn nicht mit dem
Aufschube Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten. Im Uebrigen
finden auf die Verpflichtungen des Geschäftsführers die für einen Beauftragten
geltenden Vorschriften der §§. 666 bis 668 entsprechende Anwendung.
§. 682. Ist der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist er nur nach den Vorschriften über den
Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen und über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung verantwortlich.
§. 683. Entspricht die Uebernahme der Geschäftsführung dem
Interesse und dem wirklichen oder dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn,
so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen
verlangen. In den Fällen des §. 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer
zu, auch wenn die Uebernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des
Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
§. 684. Liegen die Voraussetzungen des §. 683 nicht vor, so
ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer Alles, was er durch die
Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die
Geschäftsführung, so steht dem Geschäftsführer der im §. 683 bestimmte Anspruch
zu.
§. 685. Dem Geschäftsführer steht ein Anspruch nicht zu,
wenn er nicht die Absicht hatte, von dem Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen.
Gewähren Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese
jenen Unterhalt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht fehlt, von dem
Empfänger Ersatz zu verlangen.
§. 686. Ist der Geschäftsführer über die Person des
Geschäftsherrn im Irrthume, so wird der wirkliche Geschäftsherr aus der
Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet.
§. 687. Die Vorschriften der §§. 677 bis 686 finden keine
Anwendung, wenn Jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, daß es sein
eigenes sei.
Behandelt Jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes,
obwohl er weiß, daß er nicht dazu berechtigt ist, so kann der Geschäftsherr die
sich aus den §§. 677, 678, 681, 682 ergebenden Ansprüche geltend machen. Macht
er sie geltend, so ist er dem Geschäftsführer nach §. 684 Satz 1 verpflichtet.
Zwölfter Titel.
Verwahrung.
§. 688. Durch den Verwahrungsvertrag wird der Verwahrer
verpflichtet, eine ihm von dem Hinterleger übergebene bewegliche Sache
aufzubewahren.
§. 689. Eine Vergütung für die Aufbewahrung gilt als
stillschweigend vereinbart, wenn die Aufbewahrung den Umständen nach nur gegen
eine Vergütung zu erwarten ist.
§. 690. Wird die Aufbewahrung unentgeltlich übernommen, so
hat der Verwahrer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen
Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§. 691. Der Verwahrer ist im Zweifel nicht berechtigt, die
hinterlegte Sache bei einem Dritten zu hinterlegen. Ist die Hinterlegung bei
einem Dritten gestattet, so hat der Verwahrer nur ein ihm bei dieser
Hinterlegung zur Last fallendes Verschulden zu vertreten. Für das Verschulden
eines Gehülfen ist er nach §. 278 verantwortlich.
§. 692. Der Verwahrer ist berechtigt, die vereinbarte Art
der Aufbewahrung zu ändern, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß der
Hinterleger bei Kenntniß der Sachlage die Aenderung billigen würde. Der
Verwahrer hat vor der Aenderung dem Hinterleger Anzeige zu machen und dessen
Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§. 693. Macht der Verwahrer zum Zwecke der Aufbewahrung
Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist
der Hinterleger zum Ersatze verpflichtet.
§. 694. Der Hinterleger hat den durch die Beschaffenheit der
hinterlegten Sache dem Verwahrer entstehenden Schaden zu ersetzen, es sei denn,
daß er die gefahrdrohende Beschaffenheit der Sache bei der Hinterlegung weder
kennt noch kennen muß oder daß er sie dem Verwahrer angezeigt oder dieser sie
ohne Anzeige gekannt hat.
§. 695. Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache jederzeit
zurückfordern, auch wenn für die Aufbewahrung eine Zeit bestimmt ist.
§. 696. Der Verwahrer kann, wenn eine Zeit für die
Aufbewahrung nicht bestimmt ist, jederzeit die Rücknahme der hinterlegten Sache
verlangen. Ist eine Zeit bestimmt, so kann er die vorzeitige Rücknahme nur
verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
§. 697. Die Rückgabe der hinterlegten Sache hat an dem Orte
zu erfolgen, an welchem die Sache aufzubewahren war; der Verwahrer ist nicht
verpflichtet, die Sache dem Hinterleger zu bringen.
§. 698. Verwendet der Verwahrer hinterlegtes Geld für sich,
so ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
§. 699. Der Hinterleger hat die vereinbarte Vergütung bei
der Beendigung der Aufbewahrung zu entrichten. Ist die Vergütung nach
Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablaufe der einzelnen
Zeitabschnitte zu entrichten.
Endigt die Aufbewahrung vor dem Ablaufe der für sie
bestimmten Zeit, so kann der Verwahrer einen seinen bisherigen Leistungen
entsprechenden Theil der Vergütung verlangen, sofern nicht aus der Vereinbarung
über die Vergütung sich ein Anderes ergiebt.
§. 700. Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, daß
das Eigenthum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll,
Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden die
Vorschriften über das Darlehen Anwendung. Gestattet der Hinterleger dem
Verwahrer, hinterlegte vertretbare Sachen zu verbrauchen, so finden die
Vorschriften über das Darlehen von dem Zeitpunkt an Anwendung, in welchem der
Verwahrer sich die Sachen aneignet. In beiden Fällen bestimmen sich jedoch Zeit
und Ort der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften über den
Verwahrungsvertrag.
Bei der Hinterlegung von Werthpapieren ist eine Vereinbarung
der im Abs. 1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrücklich getroffen
wird.
Dreizehnter Titel.
Einbringung von Sachen bei Gastwirthen.
§. 701. Ein Gastwirt, der gewerbsmäßig Fremde zur
Beherbergung aufnimmt, hat den Schaden zu ersetzen, der durch den Verlust, die
Zerstörung oder die Beschädigung von Sachen entsteht, die ein im Betrieb dieses
Gewerbes aufgenommener Gast eingebracht hat.
Als eingebracht gelten
1. Sachen, welche in der Zeit, in der der Gast zur
Beherbergung aufgenommen ist, in die Gastwirtschaft oder an einen von dem
Gastwirt oder dessen Leuten angewiesenen oder von dem Gastwirt allgemein hierzu
bestimmten Ort außerhalb der Gastwirtschaft gebracht oder sonst außerhalb der
Gastwirtschaft von dem Gastwirt oder dessen Leuten in Obhut genommen sind;
2. Sachen, welche innerhalb einer angemessenen Frist vor
oder nach der Zeit, in der der Gast zur Beherbergung aufgenommen war, von dem
Gastwirt oder seinen Leuten in Obhut genommen sind.
Im Falle einer Anweisung oder Übernahme der Obhut durch
Leute des Gastwirts gilt dies jedoch nur, wenn sie dazu bestellt oder nach den
Umständen als dazu bestellt anzusehen waren.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verlust, die
Zerstörung oder die Beschädigung von dem Gast, einem Begleiter des Gastes oder
einer Person, die der Gast bei sich aufgenommen hat, oder durch die
Beschaffenheit der Sache oder durch höhere Gewalt verursacht wird.
Die Ersatzpflicht erstreckt sich nicht auf Fahrzeuge, auf
Sachen, die in einem Fahrzeug belassen worden sind, und auf lebende Tiere.
§. 702. Der Gastwirt haftet auf Grund des § 701 nur bis zu
einem Betrage, der dem Hundertfachen des Beherbergungspreises für einen Tag
entspricht, jedoch mindestens bis zu dem Betrage von eintausend Deutsche Mark
und höchstens bis zu dem Betrage von sechstausend Deutsche Mark; für Geld,
Wertpapiere und Kostbarkeiten tritt an die Stelle von sechstausend Deutsche
Mark der Betrag von eintausendfünfhundert Deutsche Mark.
Die Haftung des Gastwirts ist unbeschränkt,
1. wenn der Verlust, die Zerstörung oder die Beschädigung
von ihm oder seinen Leuten verschuldet ist;
2. wenn es sich um eingebrachte Sachen handelt, die er zur
Aufbewahrung übernommen oder deren Übernahme zur Aufbewahrung er entgegen der
Vorschrift des Absatzes 3 abgelehnt hat.
Der Gastwirt ist verpflichtet, Geld, Wertpapiere,
Kostbarkeiten und andere Wertsachen zur Aufbewahrung zu übernehmen, es sei
denn, daß sie im Hinblick auf die Größe oder den Rang der Gastwirtschaft von
übermäßigem Wert oder Umfang oder daß sie gefährlich sind. Er kann verlangen,
daß sie in einem verschlossenen oder versiegelten Behältnis übergeben werden.
§. 702a. Die Haftung des Gastwirts kann im voraus nur
erlassen werden, soweit sie den nach § 702 Abs. 1 maßgeblichen Höchstbetrag
übersteigt. Auch insoweit kann sie nicht erlassen werden für den Fall, daß der
Verlust, die Zerstörung oder die Beschädigung von dem Gastwirt oder von Leuten
des Gastwirts vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wird oder daß es sich
um Sachen handelt, deren Übernahme zur Aufbewahrung der Gastwirt entgegen der
Vorschrift des § 702 Abs. 3 abgelehnt hat.
§. 703. Der dem Gast auf Grund der §§ 701, 702 zustehende
Anspruch erlischt, wenn nicht der Gast unverzüglich, nachdem er von dem
Verlust, der Zerstörung oder der Beschädigung Kenntnis erlangt hat, dem
Gastwirt Anzeige macht. Dies gilt nicht, wenn die Sachen von dem Gastwirt zur
Aufbewahrung übernommen waren oder wenn der Verlust, die Zerstörung oder die
Beschädigung von ihm oder seinen Leuten verschuldet ist.
§. 704. Der Gastwirth hat für seine Forderungen für Wohnung
und andere dem Gaste zur Befriedigung seiner Bedürfnisse gewährte Leistungen,
mit Einschluß der Auslagen, ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des
Gastes. Die für das Pfandrecht des Vermiethers geltenden Vorschriften des §.
559 Satz 3 und der §§. 560 bis 563 finden entsprechende Anwendung.
Vierzehnter Titel.
Gesellschaft.
§. 705. Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die
Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der
durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten
Beiträge zu leisten.
§. 706. Die Gesellschafter haben in Ermangelung einer
anderen Vereinbarung gleiche Beiträge zu leisten.
Sind vertretbare oder verbrauchbare Sachen beizutragen, so
ist im Zweifel anzunehmen, daß sie gemeinschaftliches Eigenthum der
Gesellschafter werden sollen. Das Gleiche gilt von nicht vertretbaren und nicht
verbrauchbaren Sachen, wenn sie nach einer Schätzung beizutragen sind, die
nicht blos für die Gewinnvertheilung bestimmt ist.
Der Beitrag eines Gesellschafters kann auch in der Leistung
von Diensten bestehen.
§. 707. Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur
Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht
verpflichtet.
§. 708. Ein Gesellschafter hat bei der Erfüllung der ihm
obliegenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er
in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§. 709. Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den
Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung
aller Gesellschafter erforderlich.
Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen
zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter
zu berechnen.
§. 710. Ist in dem Gesellschaftsvertrage die Führung der
Geschäfte einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so
sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Ist
die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern übertragen, so finden die
Vorschriften des §. 709 entsprechende Anwendung.
§. 711. Steht nach dem Gesellschaftsvertrage die Führung der
Geschäfte allen oder mehreren Gesellschaftern in der Art zu, daß jeder allein
zu handeln berechtigt ist, so kann jeder der Vornahme eines Geschäfts durch den
anderen widersprechen. Im Falle des Widerspruchs muß das Geschäft unterbleiben.
§. 712. Die einem Gesellschafter durch den
Gesellschaftsvertrag übertragene Befugniß zur Geschäftsführung kann ihm durch
einstimmigen Beschluß oder, falls nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit
der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter
entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist
insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen
Geschäftsführung.
Der Gesellschafter kann auch seinerseits die Geschäftsführung
kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; die für den Auftrag geltenden
Vorschriften des §. 671 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§. 713. Die Rechte und Verpflichtungen der
geschäftsführenden Gesellschafter bestimmen sich nach den für den Auftrag
geltenden Vorschriften der §§. 664 bis 670, soweit sich nicht aus dem
Gesellschaftsverhältniß ein Anderes ergiebt.
§. 714. Soweit einem Gesellschafter nach dem
Gesellschaftsvertrage die Befugniß zur Geschäftsführung zusteht, ist er im
Zweifel auch ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu
vertreten.
§. 715. Ist im Gesellschaftsvertrag ein Gesellschafter
ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten, so kann
die Vertretungsmacht nur nach Maßgabe des §. 712 Abs. 1 und, wenn sie in
Verbindung mit der Befugniß zur Geschäftsführung ertheilt worden ist, nur mit
dieser entzogen werden.
§. 716. Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der
Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft
persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft
einsehen und sich aus ihnen eine Uebersicht über den Stand des
Gesellschaftsvermögens anfertigen.
Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende
Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechtes nicht entgegen, wenn Grund zu
der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.
§. 717. Die Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem
Gesellschaftsverhältnisse gegen einander zustehen, sind nicht übertragbar.
Ausgenommen sind die einem Gesellschafter aus seiner Geschäftsführung
zustehenden Ansprüche, soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung
verlangt werden kann, sowie die Ansprüche auf einen Gewinnantheil oder auf
dasjenige, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt.
§. 718. Die Beiträge der Gesellschafter und die durch die
Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden
gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen).
Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch, was auf Grund
eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die
Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesellschaftsvermögen
gehörenden Gegenstandes erworben wird.
§. 719. Ein Gesellschafter kann nicht über seinen Antheil an
dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen
verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen.
Gegen eine Forderung, die zum Gesellschaftsvermögen gehört,
kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter
zustehende Forderung aufrechnen.
§. 720. Die Zugehörigkeit einer nach §. 718 Abs. 1
erworbenen Forderung zum Gesellschaftsvermögen hat der Schuldner erst dann
gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt;
die Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.
§. 721. Ein Gesellschafter kann den Rechnungsabschluß und
die Vertheilung des Gewinns und Verlustes erst nach der Auflösung der
Gesellschaft verlangen.
Ist die Gesellschaft von längerer Dauer, so hat der
Rechnungsabschluß und die Gewinnvertheilung im Zweifel am Schlusse jedes
Geschäftsjahrs zu erfolgen.
§. 722. Sind die Antheile der Gesellschafter am Gewinn und
Verluste nicht bestimmt, so hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art
und die Größe seines Beitrags einen gleichen Antheil am Gewinn und Verluste.
Ist nur der Antheil am Gewinn oder am Verluste bestimmt, so
gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust.
§. 723. Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit
eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine
Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablaufe der Zeit zulässig,
wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere
vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem
Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus
grober Fahrlässigkeit verletzt oder wenn die Erfüllung einer solchen
Verpflichtung unmöglich wird. Unter der gleichen Voraussetzung ist, wenn eine
Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig.
Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen, es sei denn,
daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt ein
Gesellschafter ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er den übrigen
Gesellschaftern den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht
ausgeschlossen oder diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig.
§. 724. Ist eine Gesellschaft für die Lebenszeit eines
Gesellschafters eingegangen, so kann sie in gleicher Weise gekündigt werden wie
eine für unbestimmte Zeit eingegangene Gesellschaft. Dasselbe gilt, wenn eine
Gesellschaft nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt
wird.
§. 725. Hat ein Gläubiger eines Gesellschafters die Pfändung
des Antheils des Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen erwirkt, so kann
er die Gesellschaft ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, sofern der
Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist.
Solange die Gesellschaft besteht, kann der Gläubiger die
sich aus dem Gesellschaftsverhältniß ergebenden Rechte des Gesellschafters, mit
Ausnahme des Anspruchs auf einen Gewinnantheil, nicht geltend machen.
§. 726. Die Gesellschaft endigt, wenn der vereinbarte Zweck
erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist.
§. 727. Die Gesellschaft wird durch den Tod eines der
Gesellschafter aufgelöst, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage sich ein
Anderes ergiebt.
Im Falle der Auflösung hat der Erbe des verstorbenen
Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen
und, wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist, die seinem Erblasser durch
den Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter
in Gemeinschaft mit ihm anderweit Fürsorge treffen können. Die übrigen
Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der ihnen
übertragenen Geschäfte verpflichtet. Die Gesellschaft gilt insoweit als
fortbestehend.
§. 728. Die Gesellschaft wird durch die Eröffnung des
Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Die Vorschriften
des §. 727 Abs. 2 Satz 2, 3 finden Anwendung.
§. 729. Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch
Kündigung aufgelöst, so gilt die einem Gesellschafter durch den
Gesellschaftsvertrag übertragene Befugniß zur Geschäftsführung zu seinen
Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntniß erlangt
oder die Auflösung kennen muß.
§. 730. Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in
Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den
Gesellschaftern statt.
Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu
erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung
des Gesellschaftsvermögens gilt die Gesellschaft als fortbestehend, soweit der
Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem
Gesellschaftsvertrage zustehende Befugniß zur Geschäftsführung erlischt jedoch,
wenn nicht aus dem Vertrage sich ein Anderes ergiebt, mit der Auflösung der
Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von der Auflösung an allen
Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.
§. 731. Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer
anderen Vereinbarung in Gemäßheit der §§. 732 bis 735. Im Uebrigen gelten für
die Theilung die Vorschriften über die Gemeinschaft.
§. 732. Gegenstände, die ein Gesellschafter der Gesellschaft
zur Benutzung überlassen hat, sind ihm zurückzugeben. Für einen durch Zufall in
Abgang gekommenen oder verschlechterten Gegenstand kann er nicht Ersatz
verlangen.
§. 733. Aus dem Gesellschaftsvermögen sind zunächst die
gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen zu berichtigen, welche den
Gläubigern gegenüber unter den Gesellschaftern getheilt sind oder für welche
einem Gesellschafter die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften. Ist eine
Schuld noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung
Erforderliche zurückzubehalten.
Aus dem nach der Berichtigung der Schulden übrig bleibenden
Gesellschaftsvermögen sind die Einlagen zurückzuerstatten. Für Einlagen, die
nicht in Geld bestanden haben, ist der Werth zu ersetzen, den sie zur Zeit der
Einbringung gehabt haben. Für Einlagen, die in der Leistung von Diensten oder
in der Ueberlassung der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, kann
nicht Ersatz verlangt werden.
Zur Berichtigung der Schulden und zur Rückerstattung der
Einlagen ist das Gesellschaftsvermögen, soweit erforderlich, in Geld
umzusetzen.
§. 734. Verbleibt nach der Berichtigung der
gemeinschaftlichen Schulden und der Rückerstattung der Einlagen ein Ueberschuß,
so gebührt er den Gesellschaftern nach dem Verhältniß ihrer Antheile am
Gewinne.
§. 735. Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung
der gemeinschaftlichen Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht aus,
so haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältniß aufzukommen,
nach welchem sie den Verlust zu tragen haben. Kann von einem Gesellschafter der
auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so haben die übrigen
Gesellschafter den Ausfall nach dem gleichen Verhältnisse zu tragen.
§. 736. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein
Gesellschafter kündigt oder stirbt oder wenn der Konkurs über sein Vermögen
eröffnet wird, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen
soll, so scheidet bei dem Eintritt eines solchen Ereignisses der
Gesellschafter, in dessen Person es eintritt, aus der Gesellschaft aus.
§. 737. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein
Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern
fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen
Gesellschafter nach §. 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand
eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht
steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.
§. 738. Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft
aus, so wächst sein Antheil am Gesellschaftsvermögen den übrigen
Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die
Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe
des §. 732 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien
und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde,
wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind
gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen
Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
Der Werth des Gesellschaftsvermögens ist, soweit
erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln.
§. 739. Reicht der Werth des Gesellschaftsvermögens zur
Deckung der gemeinschaftlichen Schulden und der Einlagen nicht aus, so hat der
Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem
Verhältnisse seines Antheils am Verlust aufzukommen.
§. 740. Der Ausgeschiedene nimmt an dem Gewinn und dem
Verluste Theil, welcher sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden
Geschäften ergiebt. Die übrigen Gesellschafter sind berechtigt, diese Geschäfte
so zu beendigen, wie es ihnen am vortheilhaftesten erscheint.
Der Ausgeschiedene kann am Schlusse jedes Geschäftsjahrs
Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung des ihm
gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte
verlangen.
Fünfzehnter Titel.
Gemeinschaft.
§. 741. Steht ein Recht Mehreren gemeinschaftlich zu, so
finden, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt, die Vorschriften
der §§. 742 bis 758 Anwendung (Gemeinschaft nach Bruchtheilen).
§. 742. Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern
gleiche Antheile zustehen.
§. 743. Jedem Theilhaber gebührt ein seinem Antheil
entsprechender Bruchtheil der Früchte.
Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen
Gegenstandes insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber
beeinträchtigt wird.
§. 744. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes
steht den Theilhabern gemeinschaftlich zu.
Jeder Theilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des
Gegenstandes nothwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Theilhaber zu
treffen; er kann verlangen, daß diese ihre Einwilligung zu einer solchen
Maßregel im voraus ertheilen.
§. 745. Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit
des gemeinschaftlichen Gegenstandes entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und
Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der
Antheile zu berechnen.
Jeder Theilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und
Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluß geregelt ist, eine
dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung
und Benutzung verlangen.
Eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes kann nicht
beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Theilhabers auf einen
seinem Antheil entsprechenden Bruchtheil der Nutzungen kann nicht ohne seine Zustimmung
beeinträchtigt werden.
§. 746. Haben die Theilhaber die Verwaltung und Benutzung
des gemeinschaftlichen Gegenstandes geregelt, so wirkt die getroffene
Bestimmung auch für und gegen die Sondernachfolger.
§. 747. Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil verfügen.
Ueber den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen können die Theilhaber nur
gemeinschaftlich verfügen.
§. 748. Jeder Theilhaber ist den anderen Theilhabern
gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstandes sowie
die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung
nach dem Verhältnisse seines Antheils zu tragen.
§. 749. Jeder Theilhaber kann jederzeit die Aufhebung der
Gemeinschaft verlangen.
Wird das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vereinbarung
für immer oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl
verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen
Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt wird, die Aufhebung ohne
Einhaltung der Frist verlangt werden.
Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu
verlangen, diesen Vorschriften zuwider ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist
nichtig.
§. 750. Haben die Theilhaber das Recht, die Aufhebung der
Gemeinschaft zu verlangen, auf Zeit ausgeschlossen, so tritt die Vereinbarung
im Zweifel mit dem Tode eines Theilhabers außer Kraft.
§. 751. Haben die Theilhaber das Recht, die Aufhebung der
Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine
Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt die Vereinbarung auch für und gegen die
Sondernachfolger. Hat ein Gläubiger die Pfändung des Antheils eines Theilhabers
erwirkt, so kann er ohne Rücksicht auf die Vereinbarung die Aufhebung der
Gemeinschaft verlangen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig
vollstreckbar ist.
§. 752. Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt durch
Theilung in Natur, wenn der gemeinschaftliche Gegenstand oder, falls mehrere
Gegenstände gemeinschaftlich sind, diese sich ohne Verminderung des Werthes in
gleichartige, den Antheilen der Theilhaber entsprechende Theile zerlegen
lassen. Die Vertheilung gleicher Theile unter die Theilhaber geschieht durch
das Loos.
§. 753. Ist die Theilung in Natur ausgeschlossen, so erfolgt
die Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen
Gegenstandes nach den Vorschriften über den Pfandverkauf, bei Grundstücken
durch Zwangsversteigerung, und durch Theilung des Erlöses. Ist die Veräußerung
an einen Dritten unstatthaft, so ist der Gegenstand unter den Theilhabern zu
versteigern.
Hat der Versuch, den Gegenstand zu verkaufen, keinen Erfolg,
so kann jeder Theilhaber die Wiederholung verlangen; er hat jedoch die Kosten
zu tragen, wenn der wiederholte Versuch mißlingt.
§. 754. Der Verkauf einer gemeinschaftlichen Forderung ist
nur zulässig, wenn sie noch nicht eingezogen werden kann. Ist die Einziehung
möglich, so kann jeder Theilhaber gemeinschaftliche Einziehung verlangen.
§. 755. Haften die Theilhaber als Gesammtschuldner für eine
Verbindlichkeit, die sie in Gemäßheit des §. 748 nach dem Verhältniß ihrer
Antheile zu erfüllen haben oder die sie zum Zwecke der Erfüllung einer solchen
Verbindlichkeit eingegangen sind, so kann jeder Theilhaber bei der Aufhebung
der Gemeinschaft verlangen, daß die Schuld aus dem gemeinschaftlichen
Gegenstande berichtigt wird.
Der Anspruch kann auch gegen die Sondernachfolger geltend
gemacht werden.
Soweit zur Berichtigung der Schuld der Verkauf des
gemeinschaftlichen Gegenstandes erforderlich ist, hat der Verkauf nach §. 753
zu erfolgen.
§. 756. Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber
eine Forderung, die sich auf die Gemeinschaft gründet, so kann er bei der
Aufhebung der Gemeinschaft die Berichtigung seiner Forderung aus dem auf den
Schuldner entfallenden Theile des gemeinschaftlichen Gegenstandes verlangen.
Die Vorschriften des §. 755 Abs. 2, 3 finden Anwendung.
§. 757. Wird bei der Aufhebung der Gemeinschaft ein
gemeinschaftlicher Gegenstand einem der Theilhaber zugetheilt, so hat wegen
eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der Sache jeder der übrigen
Theilhaber zu seinem Antheil in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu
leisten.
§. 758. Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft
unterliegt nicht der Verjährung.
Sechzehnter Titel.
Leibrente.
§. 759. Wer zur Gewährung einer Leibrente verpflichtet ist,
hat die Rente im Zweifel für die Lebensdauer des Gläubigers zu entrichten.
Der für die Rente bestimmte Betrag ist im Zweifel der
Jahresbetrag der Rente.
§. 760. Die Leibrente ist im voraus zu entrichten.
Eine Geldrente ist für drei Monate vorauszuzahlen; bei einer
anderen Rente bestimmt sich der Zeitabschnitt, für den sie im voraus zu
entrichten ist, nach der Beschaffenheit und dem Zwecke der Rente.
Hat der Gläubiger den Beginn des Zeitabschnitts erlebt, für
den die Rente im voraus zu entrichten ist, so gebührt ihm der volle auf den
Zeitabschnitt entfallende Betrag.
§. 761. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine
Leibrente versprochen wird, ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben
ist, schriftliche Ertheilung des Versprechens erforderlich.
Siebzehnter Titel.
Spiel. Wette.
§. 762. Durch Spiel oder durch Wette wird eine
Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete
kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht
bestanden hat.
Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch
die der verlierende Theil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer
Wettschuld dem gewinnenden Theile gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht,
insbesondere für ein Schuldanerkenntniß.
§. 763. Ein Lotterievertrag oder ein Ausspielvertrag ist
verbindlich, wenn die Lotterie oder die Ausspielung staatlich genehmigt ist.
Anderenfalls finden die Vorschriften des §. 762 Anwendung.
§. 764. Wird ein auf Lieferung von Waaren oder Werthpapieren
lautender Vertrag in der Absicht geschlossen, daß der Unterschied zwischen dem
vereinbarten Preise und dem Börsen- oder Marktpreise der Lieferungszeit von dem
verlierenden Theile an den gewinnenden gezahlt werden soll, so ist der Vertrag
als Spiel anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn nur die Absicht des einen
Theiles auf die Zahlung des Unterschieds gerichtet ist, der andere Theil aber
diese Absicht kennt oder kennen muß.
Achtzehnter Titel.
Bürgschaft.
§. 765. Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der
Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der
Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.
Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine
bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.
§. 766. Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist
schriftliche Ertheilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Soweit der Bürge
die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt.
§. 767. Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige
Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn
die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners
geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der
Uebernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht
erweitert.
Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem
Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.
§. 768. Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden
Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge
nicht darauf berufen, daß der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt
haftet.
Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, daß der
Hauptschuldner auf sie verzichtet.
§. 769. Verbürgen sich Mehrere für dieselbe Verbindlichkeit,
so haften sie als Gesammtschuldner, auch wenn sie die Bürgschaft nicht
gemeinschaftlich übernehmen.
§. 770. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers
verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner
Verbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.
Die gleiche Befugniß hat der Bürge, solange sich der
Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners
befriedigen kann.
§. 771. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers
verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den
Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage).
§. 772. Besteht die Bürgschaft für eine Geldforderung, so
muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners an
seinem Wohnsitz und, wenn der Hauptschuldner an einem anderen Orte eine
gewerbliche Niederlassung hat, auch an diesem Orte, in Ermangelung eines
Wohnsitzes und einer gewerblichen Niederlassung an seinem Aufenthaltsorte
versucht werden.
Steht dem Gläubiger ein Pfandrecht oder ein
Zurückbehaltungsrecht an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners zu, so muß
er auch aus dieser Sache Befriedigung suchen. Steht dem Gläubiger ein solches
Recht an der Sache auch für eine andere Forderung zu, so gilt dies nur, wenn
beide Forderungen durch den Werth der Sache gedeckt werden.
§. 773. Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen:
1. wenn der Bürge auf die Einrede
verzichtet, insbesondere wenn er sich als Selbstschuldner verbürgt hat;
2. wenn die Rechtsverfolgung gegen
den Hauptschuldner in Folge einer nach der Uebernahme der Bürgschaft
eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes, der gewerblichen Niederlassung oder des
Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist;
3. wenn über das Vermögen des
Hauptschuldners der Konkurs eröffnet ist;
4. wenn anzunehmen ist, daß die
Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners nicht zur Befriedigung
des Gläubigers führen wird.
In den Fällen der Nr. 3, 4 ist die Einrede insoweit
zulässig, als sich der Gläubiger aus einer beweglichen Sache des
Hauptschuldners befriedigen kann, an der er ein Pfandrecht oder ein
Zurückbehaltungsrecht hat; die Vorschrift des §. 772 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.
§. 774. Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die
Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Der Uebergang
kann nicht zum Nachtheile des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des
Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden
Rechtsverhältnisse bleiben unberührt.
Mitbürgen haften einander nur nach §. 426.
§. 775. Hat sich der Bürge im Auftrage des Hauptschuldners
verbürgt oder stehen ihm nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne
Auftrag wegen der Uebernahme der Bürgschaft die Rechte eines Beauftragten gegen
den Hauptschuldner zu, so kann er von diesem Befreiung von der Bürgschaft
verlangen:
1. wenn sich die
Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners wesentlich verschlechtert haben;
2. wenn die Rechtsverfolgung gegen
den Hauptschuldner in Folge einer nach der Uebernahme der Bürgschaft
eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes, der gewerblichen Niederlassung oder des
Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist;
3. wenn der Hauptschuldner mit der
Erfüllung seiner Verbindlichkeit im Verzug ist;
4. wenn der Gläubiger gegen den
Bürgen ein vollstreckbares Urtheil auf Erfüllung erwirkt hat.
Ist die Hauptverbindlichkeit noch nicht fällig, so kann der
Hauptschuldner dem Bürgen, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
§. 776. Giebt der Gläubiger ein mit der Forderung
verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder
Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen
Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen
Rechte nach §. 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das
aufgegebene Recht erst nach der Uebernahme der Bürgschaft entstanden ist.
§. 777. Hat sich der Bürge für eine bestehende
Verbindlichkeit auf bestimmte Zeit verbürgt, so wird er nach dem Ablaufe der
bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger die Einziehung der Forderung
unverzüglich nach Maßgabe des §. 772 betreibt, das Verfahren ohne wesentliche
Verzögerung fortsetzt und unverzüglich nach der Beendigung des Verfahrens dem
Bürgen anzeigt, daß er ihn in Anspruch nehme. Steht dem Bürgen die Einrede der
Vorausklage nicht zu, so wird er nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit frei,
wenn nicht der Gläubiger ihm unverzüglich diese Anzeige macht.
Erfolgt die Anzeige rechtzeitig, so beschränkt sich die
Haftung des Bürgen im Falle des Abs. 1 Satz 1 auf den Umfang, den die
Hauptverbindlichkeit zur Zeit der Beendigung des Verfahrens hat, im Falle des
Abs. 1 Satz 2 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit bei dem Ablaufe der
bestimmten Zeit hat.
§. 778. Wer einen Anderen beauftragt, im eigenen Namen und
auf eigene Rechnung einem Dritten Kredit zu geben, haftet dem Beauftragten für
die aus der Kreditgewährung entstehende Verbindlichkeit des Dritten als Bürge.
Neunzehnter Titel.
Vergleich.
§. 779. Ein Vertrag, durch den der Streit oder die
Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältniß im Wege gegenseitigen
Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalte
des Vertrags als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit
nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntniß der Sachlage
nicht entstanden sein würde.
Der Ungewißheit über ein Rechtsverhältniß steht es gleich,
wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
Zwanzigster Titel.
Schuldversprechen. Schuldanerkenntniß.
§. 780. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine
Leistung in der Weise versprochen wird, daß das Versprechen die Verpflichtung
selbständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere
Form vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung des Versprechens erforderlich.
§. 781. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das
Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntniß), ist
schriftliche Ertheilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Ist für die
Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere
Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.
§. 782. Wird ein Schuldversprechen oder ein
Schuldanerkenntniß auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs
ertheilt, so ist die Beobachtung der in den §§. 780, 781 vorgeschriebenen
schriftlichen Form nicht erforderlich.
Einundzwanzigster Titel.
Anweisung.
§. 783. Händigt Jemand eine Urkunde, in der er einen Anderen
anweist, Geld, Werthpapiere oder andere vertretbare Sachen an einen Dritten zu
leisten, dem Dritten aus, so ist dieser ermächtigt, die Leistung bei dem
Angewiesenen im eigenen Namen zu erheben; der Angewiesene ist ermächtigt, für
Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten.
§. 784. Nimmt der Angewiesene die Anweisung an, so ist er
dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet; er kann ihm nur solche
Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme betreffen oder
sich aus dem Inhalte der Anweisung oder dem Inhalte der Annahme ergeben oder
dem Angewiesenen unmittelbar gegen den Anweisungsempfänger zustehen.
Die Annahme erfolgt durch einen schriftlichen Vermerk auf
der Anweisung. Ist der Vermerk auf die Anweisung vor der Aushändigung an den
Anweisungsempfänger gesetzt worden, so wird die Annahme diesem gegenüber erst
mit der Aushändigung wirksam.
§. 785. Der Angewiesene ist nur gegen Aushändigung der
Anweisung zur Leistung verpflichtet.
§. 786. Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den
Angewiesenen aus der Annahme verjährt in drei Jahren.
§. 787. Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der
Angewiesene durch die Leistung in deren Höhe von der Schuld befreit.
Zur Annahme der Anweisung oder zur Leistung an den
Anweisungsempfänger ist der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber nicht schon
deshalb verpflichtet, weil er Schuldner des Anweisenden ist.
§. 788. Ertheilt der Anweisende die Anweisung zu dem Zwecke,
um seinerseits eine Leistung an den Anweisungsempfänger zu bewirken, so wird
die Leistung, auch wenn der Angewiesene die Anweisung annimmt, erst mit der
Leistung des Angewiesenen an den Anweisungsempfänger bewirkt.
§. 789. Verweigert der Angewiesene vor dem Eintritte der
Leistungszeit die Annahme der Anweisung oder verweigert er die Leistung, so hat
der Anweisungsempfänger dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu machen. Das
Gleiche gilt, wenn der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen
kann oder will.
§. 790. Der Anweisende kann die Anweisung dem Angewiesenen
gegenüber widerrufen, solange nicht der Angewiesene sie dem Anweisungsempfänger
gegenüber angenommen oder die Leistung bewirkt hat. Dies gilt auch dann, wenn
der Anweisende durch den Widerruf einer ihm gegen den Anweisungsempfänger
obliegenden Verpflichtung zuwiderhandelt.
§. 791. Die Anweisung erlischt nicht durch den Tod oder den
Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines der Betheiligten.
§. 792. Der Anweisungsempfänger kann die Anweisung durch
Vertrag mit einem Dritten auf diesen übertragen, auch wenn sie noch nicht
angenommen worden ist. Die Uebertragungserklärung bedarf der schriftlichen
Form. Zur Uebertragung ist die Aushändigung der Anweisung an den Dritten
erforderlich.
Der Anweisende kann die Uebertragung ausschließen. Die
Ausschließung ist dem Angewiesenen gegenüber nur wirksam, wenn sie aus der
Anweisung zu entnehmen ist oder wenn sie von dem Anweisenden dem Angewiesenen
mitgetheilt wird, bevor dieser die Anweisung annimmt oder die Leistung bewirkt.
Nimmt der Angewiesene die Anweisung dem Erwerber gegenüber
an, so kann er aus einem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden
Rechtsverhältniß Einwendungen nicht herleiten. Im Uebrigen finden auf die
Uebertragung der Anweisung die für die Abtretung einer Forderung geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung.
Zweiundzwanzigster Titel.
Schuldverschreibung auf den Inhaber.
§. 793. Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in der er dem
Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den
Inhaber), so kann der Inhaber von ihm die Leistung nach Maßgabe des
Versprechens verlangen, es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde
nicht berechtigt ist. Der Aussteller wird jedoch auch durch die Leistung an
einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit.
Die Gültigkeit der Unterzeichnung kann durch eine in die
Urkunde aufgenommene Bestimmung von der Beobachtung einer besonderen Form
abhängig gemacht werden. Zur Unterzeichnung genügt eine im Wege der
mechanischen Vervielfältigung hergestellte Namensunterschrift.
§. 794. Der Aussteller wird aus einer Schuldverschreibung
auf den Inhaber auch dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen worden oder
verloren gegangen oder wenn sie sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt
ist.
Auf die Wirksamkeit einer Schuldverschreibung auf den
Inhaber ist es ohne Einfluß, wenn die Urkunde ausgegeben wird, nachdem der
Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig geworden ist.
§. 795. Im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den
Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird,
dürfen nur mit staatlicher Genehmigung in den Verkehr gebracht werden, soweit
nicht Ausnahmen zugelassen sind. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
Eine ohne die erforderliche staatliche Genehmigung in den
Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller hat dem
Inhaber den durch die Ausgabe verursachten Schaden zu ersetzen.
§. 796. Der Aussteller kann dem Inhaber der
Schuldverschreibung nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die
Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder sich aus der Urkunde ergeben oder dem
Aussteller unmittelbar gegen den Inhaber zustehen.
§. 797. Der Aussteller ist nur gegen Aushändigung der
Schuldverschreibung zur Leistung verpflichtet. Mit der Aushändigung erwirbt er
das Eigenthum an der Urkunde, auch wenn der Inhaber zur Verfügung über sie
nicht berechtigt ist.
§. 798. Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber in
Folge einer Beschädigung oder einer Verunstaltung zum Umlaufe nicht mehr
geeignet, so kann der Inhaber, sofern ihr wesentlicher Inhalt und ihre
Unterscheidungsmerkmale noch mit Sicherheit erkennbar sind, von dem Aussteller
die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber gegen
Aushändigung der beschädigten oder verunstalteten verlangen.
Die Kosten hat er zu tragen und vorzuschießen.
§. 799. Eine abhanden gekommene oder vernichtete
Schuldverschreibung auf den Inhaber kann, wenn nicht in der Urkunde das
Gegentheil bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt
werden. Ausgenommen sind Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine sowie die auf
Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen.
Der Aussteller ist verpflichtet, dem bisherigen Inhaber auf
Verlangen die zur Erwirkung des Aufgebots oder der Zahlungssperre erforderliche
Auskunft zu ertheilen und die erforderlichen Zeugnisse auszustellen. Die Kosten
der Zeugnisse hat der bisherige Inhaber zu tragen und vorzuschießen.
§. 800. Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber für
kraftlos erklärt, so kann derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat,
von dem Aussteller, unbeschadet der Befugniß, den Anspruch aus der Urkunde
geltend zu machen, die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den
Inhaber an Stelle der für kraftlos erklärten verlangen. Die Kosten hat er zu
tragen und vorzuschießen.
§. 801. Der Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf den
Inhaber erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Eintritte der für
die Leistung bestimmten Zeit, wenn nicht die Urkunde vor dem Ablaufe der
dreißig Jahre dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt wird. Erfolgt die
Vorlegung, so verjährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der
Vorlegungsfrist an. Der Vorlegung steht die gerichtliche Geltendmachung des
Anspruchs aus der Urkunde gleich.
Bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen beträgt die
Vorlegungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in
welchem die für die Leistung bestimmte Zeit eintritt.
Die Dauer und der Beginn der Vorlegungsfrist können von dem
Aussteller in der Urkunde anders bestimmt werden.
§. 802. Der Beginn und der Lauf der Vorlegungsfrist sowie
der Verjährung werden durch die Zahlungssperre zu Gunsten des Antragstellers
gehemmt. Die Hemmung beginnt mit der Stellung des Antrags auf Zahlungssperre;
sie endigt mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens und, falls die
Zahlungssperre vor der Einleitung des Verfahrens verfügt worden ist, auch dann,
wenn seit der Beseitigung des der Einleitung entgegenstehenden Hindernisses
sechs Monate verstrichen sind und nicht vorher die Einleitung beantragt worden
ist. Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§. 203, 206, 207
entsprechende Anwendung.
§. 803. Werden für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber
Zinsscheine ausgegeben, so bleiben die Scheine, sofern sie nicht eine
gegentheilige Bestimmung enthalten, in Kraft, auch wenn die Hauptforderung
erlischt oder die Verpflichtung zur Verzinsung aufgehoben oder geändert wird.
Werden solche Zinsscheine bei der Einlösung der
Hauptschuldverschreibung nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller berechtigt,
den Betrag zurückzubehalten, den er nach Abs. 1 für die Scheine zu zahlen
verpflichtet ist.
§. 804. Ist ein Zins-, Renten- oder Gewinnantheilschein abhanden
gekommen oder vernichtet und hat der bisherige Inhaber den Verlust dem
Aussteller vor dem Ablaufe der Vorlegungsfrist angezeigt, so kann der bisherige
Inhaber nach dem Ablaufe der Frist die Leistung von dem Aussteller verlangen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der abhanden gekommene Schein dem
Aussteller zur Einlösung vorgelegt oder der Anspruch aus dem Scheine
gerichtlich geltend gemacht worden ist, es sei denn, daß die Vorlegung oder die
gerichtliche Geltendmachung nach dem Ablaufe der Frist erfolgt ist. Der
Anspruch verjährt in vier Jahren.
In dem Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine kann der im
Abs. 1 bestimmte Anspruch ausgeschlossen werden.
§. 805. Neue Zins- oder Rentenscheine für eine
Schuldverschreibung auf den Inhaber dürfen an den Inhaber der zum Empfange der
Scheine ermächtigenden Urkunde (Erneuerungsschein) nicht ausgegeben werden,
wenn der Inhaber der Schuldverschreibung der Ausgabe widersprochen hat. Die
Scheine sind in diesem Falle dem Inhaber der Schuldverschreibung auszuhändigen,
wenn er die Schuldverschreibung vorlegt.
§. 806. Die Umschreibung einer auf den Inhaber lautenden
Schuldverschreibung auf den Namen eines bestimmten Berechtigten kann nur durch
den Aussteller erfolgen. Der Aussteller ist zur Umschreibung nicht verpflichtet.
§. 807. Werden Karten, Marken oder ähnliche Urkunden, in
denen ein Gläubiger nicht bezeichnet ist, von dem Aussteller unter Umständen
ausgegeben, aus welchen sich ergiebt, daß er dem Inhaber zu einer Leistung
verpflichtet sein will, so finden die Vorschriften des §. 793 Abs. 1 und der
§§. 794, 796, 797 entsprechende Anwendung.
§. 808. Wird eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt
ist, mit der Bestimmung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene
Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die
Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit. Der Inhaber ist nicht berechtigt,
die Leistung zu verlangen.
Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur
Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so
kann sie, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens
für kraftlos erklärt werden. Die im §. 802 für die Verjährung gegebenen
Vorschriften finden Anwendung.
§. 808a. Im Inland ausgestellte Orderschuldverschreibungen,
in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen, wenn
sie Teile einer Gesamtemission darstellen, nur mit staatlicher Genehmigung in
den Verkehr gebracht werden, soweit nicht Ausnahmen zugelassen sind. Das Nähere
bestimmt ein Bundesgesetz. Die Vorschriften des § 795 Abs. 2 sind entsprechend
anzuwenden.
Dreiundzwanzigster Titel.
Vorlegung von Sachen.
§. 809. Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in
Ansehung der Sache hat oder sich Gewißheit verschaffen will, ob ihm ein solcher
Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für
ihn von Interesse ist, verlangen, daß der Besitzer ihm die Sache zur
Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.
§. 810. Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in
fremdem Besitze befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die
Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse
errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem Anderen bestehendes
Rechtsverhältniß beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein
Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem Anderen oder zwischen einem
von beiden und einem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind.
§. 811. Die Vorlegung hat in den Fällen der §§. 809, 810 an
dem Orte zu erfolgen, an welchem sich die vorzulegende Sache befindet. Jeder
Theil kann die Vorlegung an einem anderen Orte verlangen, wenn ein wichtiger
Grund vorliegt.
Die Gefahr und die Kosten hat derjenige zu tragen, welcher
die Vorlegung verlangt. Der Besitzer kann die Vorlegung verweigern, bis ihm der
andere Theil die Kosten vorschießt und wegen der Gefahr Sicherheit leistet.
Vierundzwanzigster Titel.
Ungerechtfertigte Bereicherung.
§. 812. Wer durch die Leistung eines Anderen oder in sonstiger
Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur
Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der
rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalte
des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte
Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
§. 813. Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit
Geleistete kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine
Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd
ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des §. 222 Abs. 2 bleibt unberührt.
Wird eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist
die Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht
verlangt werden.
§. 814. Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit
Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewußt hat,
daß er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer
sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
§. 815. Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer
Leistung bezweckten Erfolges ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolges
von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewußt hat oder wenn der
Leistende den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert hat.
§. 816. Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine
Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem
Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet.
Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so trifft die gleiche Verpflichtung
denjenigen, welcher auf Grund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen
Vortheil erlangt.
Wird an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die
dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist der Nichtberechtigte dem
Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten verpflichtet.
§. 817. War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt,
daß der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen
die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe
verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden
gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, daß die Leistung
in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen
Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.
§. 818. Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf
die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines
erlangten Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder
Entziehung des erlangten Gegenstandes erwirbt.
Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten
nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe
außer Stande, so hat er den Werth zu ersetzen.
Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatze des
Werthes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
Von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an haftet der
Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
§. 819. Kennt der Empfänger den
Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so
ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntniß an zur Herausgabe
verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig
geworden wäre.
Verstößt der Empfänger durch die
Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten,
so ist er von dem Empfange der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
§. 820. War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen
Eintritt nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als ungewiß angesehen wurde, so
ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eintritt, zur Herausgabe so
verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfanges
rechtshängig geworden wäre. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem
Rechtsgrunde, dessen Wegfall nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als möglich
angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt.
Zinsen hat der Empfänger erst von dem Zeitpunkt an zu
entrichten, in welchem er erfährt, daß der Erfolg nicht eingetreten oder daß
der Rechtsgrund weggefallen ist; zur Herausgabe von Nutzungen ist er insoweit
nicht verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr bereichert ist.
§. 821. Wer ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit
eingeht, kann die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf
Befreiung von der Verbindlichkeit verjährt ist.
§. 822. Wendet der Empfänger das Erlangte unentgeltlich
einem Dritten zu, so ist, soweit in Folge dessen die Verpflichtung des
Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen ist, der Dritte zur
Herausgabe verpflichtet, wie wenn er die Zuwendung von dem Gläubiger ohne
rechtlichen Grund erhalten hätte.
Fünfundzwanzigster Titel.
Unerlaubte Handlungen.
§. 823. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den
Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigenthum oder ein sonstiges Recht
eines Anderen widerrechtlich verletzt, ist dem Anderen zum Ersatze des daraus
entstehenden Schadens verpflichtet.
Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen
ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalte
des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt
die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
§. 824. Wer der Wahrheit zuwider eine Thatsache behauptet
oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines Anderen zu gefährden oder sonstige
Nachtheile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem Anderen
den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit
zwar nicht kennt, aber kennen muß.
Durch eine Mittheilung, deren Unwahrheit dem Mittheilenden
unbekannt ist, wird dieser nicht zum Schadensersatze verpflichtet, wenn er oder
der Empfänger der Mittheilung an ihr ein berechtigtes Interesse hat.
§. 825. Wer eine Frauensperson durch Hinterlist, durch
Drohung oder unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung
der außerehelichen Beiwohnung bestimmt, ist ihr zum Ersatze des daraus
entstehenden Schadens verpflichtet.
§. 826. Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden
Weise einem Anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem Anderen zum Ersatze des
Schadens verpflichtet.
§. 827. Wer im Zustande der Bewußtlosigkeit oder in einem
die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der
Geistesthätigkeit einem Anderen Schaden zufügt, ist für den Schaden nicht
verantwortlich. Hat er sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in
einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen Schaden,
den er in diesem Zustande widerrechtlich verursacht, in gleicher Weise
verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele; die
Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er ohne Verschulden in den Zustand
gerathen ist.
§. 828. Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist
für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich.
Wer das siebente, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr
vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht
verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die
zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Das Gleiche
gilt von einem Taubstummen.
§. 829. Wer in einem der in den §§. 823 bis 826 bezeichneten
Fälle für einen von ihm verursachten Schaden auf Grund der §§. 827, 828 nicht
verantwortlich ist, hat gleichwohl, sofern der Ersatz des Schadens nicht von
einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann, den Schaden insoweit zu
ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den
Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht
die Mittel entzogen werden, deren er zum angemessenen Unterhalte sowie zur
Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.
§. 830. Haben Mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene
unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden
verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln läßt, wer von
mehreren Betheiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.
Anstifter und Gehülfen stehen Mitthätern gleich.
§. 831. Wer einen Anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist
zum Ersatze des Schadens verpflichtet, den der Andere in Ausführung der
Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht
ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern
er Vorrichtungen oder Geräthschaften zu beschaffen oder die Ausführung der
Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung
dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher
für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Abs. 1 Satz 2 bezeichneten
Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
§. 832. Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über
eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres
geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, ist zum
Ersatze des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten
widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner
Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger
Aufsichtsführung entstanden sein würde.
Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher
die Führung der Aufsicht durch Vertrag übernimmt.
§. 833. Wird durch ein Thier ein Mensch getödtet oder der
Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt,
so ist derjenige, welcher das Thier hält, verpflichtet, dem Verletzten den
daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein,
wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Berufe, der
Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalte des Tierhalters zu dienen bestimmt ist,
und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser
Sorgfalt entstanden sein würde.
§. 834. Wer für denjenigen, welcher ein Thier hält, die
Führung der Aufsicht über das Thier durch Vertrag übernimmt, ist für den
Schaden verantwortlich, den das Thier einem Dritten in der im §. 833 bezeichneten
Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung
der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der
Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
§. 835. Anm.:
Aufgehoben durch § 46, Bundesgesetzblatt I 1952, S. 780, Nr. 51, ausgegeben am
02. 12. 1952, in Kraft seit 01. 04. 1953 - Bundesjagdgesetz.
§. 836. Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines
anderen mit einem Grundstücke verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von
Theilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getödtet, der Körper oder die
Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der
Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge
fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem
Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt
nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.
Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden
verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach
der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, daß er während seines
Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer
Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können.
Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer.
§. 837. Besitzt Jemand auf einem fremden Grundstück in
Ausübung eines Rechtes ein Gebäude oder ein anderes Werk, so trifft ihn an
Stelle des Besitzers des Grundstücks die im §. 836 bestimmte
Verantwortlichkeit.
§. 838. Wer die Unterhaltung eines Gebäudes oder eines mit
einem Grundstücke verbundenen Werkes für den Besitzer übernimmt oder das
Gebäude oder das Werk vermöge eines ihm zustehenden Nutzungsrechts zu
unterhalten hat, ist für den durch den Einsturz oder die Ablösung von Theilen
verursachten Schaden in gleicher Weise verantwortlich wie der Besitzer.
§. 839. Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die
ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den
daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit
zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte
nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache
seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann
verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine
pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes findet
diese Vorschrift keine Anwendung.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte
vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels
abzuwenden.
§. 840. Sind für den aus einer unerlaubten Handlung
entstehenden Schaden Mehrere neben einander verantwortlich, so haften sie als
Gesammtschuldner.
Ist neben demjenigen, welcher nach den §§. 831, 832 zum
Ersatze des von einem Anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der
Andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander
der Andere allein, im Falle des §. 829 der Aufsichtspflichtige allein
verpflichtet.
Ist neben demjenigen, welcher nach den §§. 833 bis 838 zum
Ersatze des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden
verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Dritte allein
verpflichtet.
§. 841. Ist ein Beamter, der vermöge seiner Amtspflicht
einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder eine
solche Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder durch Genehmigung von
Rechtsgeschäften bei ihr mitzuwirken hat, wegen Verletzung dieser Pflichten
neben dem Anderen für den von diesem verursachten Schaden verantwortlich, so
ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere allein verpflichtet.
§. 842. Die Verpflichtung zum Schadensersatze wegen einer
gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die
Nachtheile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des
Verletzten herbeiführt.
§. 843. Wird in Folge einer Verletzung des Körpers oder der
Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder
tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch
Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.
Auf die Rente finden die Vorschriften des §. 760 Anwendung.
Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu
leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.
Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital
verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein
Anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.
§. 844. Im Falle der Tödtung hat der Ersatzpflichtige die
Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, welchem die Verpflichtung
obliegt, diese Kosten zu tragen.
Stand der Getödtete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten
in einem Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig
war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der
Tödtung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem
Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten,
als der Getödtete während der muthmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung
des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die Vorschriften des §. 843
Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung. Die Ersatzpflicht tritt auch dann
ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren
war.
§. 845. Im Falle der Tödtung, der Verletzung des Körpers
oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der
Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung
von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für
die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten.
Die Vorschriften des §. 843 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung.
§. 846. Hat in den Fällen der §§. 844, 845 bei der
Entstehung des Schadens, den der Dritte erleidet, ein Verschulden des
Verletzten mitgewirkt, so finden auf den Anspruch des Dritten die Vorschriften
des §. 254 Anwendung.
§. 847. Im Falle der Verletzung des Körpers oder der
Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung kann der Verletzte auch wegen
des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in
Geld verlangen.
Ein gleicher Anspruch steht einer Frauensperson zu, gegen die
ein Verbrechen oder Vergehen wider die Sittlichkeit begangen oder die durch
Hinterlist, durch Drohung oder unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses
zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt wird.
§. 848. Wer zur Rückgabe einer Sache verpflichtet ist, die
er einem Anderen durch eine unerlaubte Handlung entzogen hat, ist auch für den
zufälligen Untergang, eine aus einem anderen Grunde eintretende zufällige
Unmöglichkeit der Herausgabe oder eine zufällige Verschlechterung der Sache verantwortlich,
es sei denn, daß der Untergang, die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe
oder die Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten sein würde.
§. 849. Ist wegen der Entziehung einer Sache der Werth oder
wegen der Beschädigung einer Sache die Werthminderung zu ersetzen, so kann der
Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen,
welcher der Bestimmung des Werthes zu Grunde gelegt wird.
§. 850. Macht der zur Herausgabe einer entzogenen Sache
Verpflichtete Verwendungen auf die Sache, so stehen ihm dem Verletzten
gegenüber die Rechte zu, die der Besitzer dem Eigenthümer gegenüber wegen
Verwendungen hat.
§. 851. Leistet der wegen der Entziehung oder Beschädigung
einer beweglichen Sache zum Schadensersatze Verpflichtete den Ersatz an
denjenigen, in dessen Besitze sich die Sache zur Zeit der Entziehung oder der
Beschädigung befunden hat, so wird er durch die Leistung auch dann befreit,
wenn ein Dritter Eigenthümer der Sache war oder ein sonstiges Recht an der
Sache hatte, es sei denn, daß ihm das Recht des Dritten bekannt oder in Folge
grober Fahrlässigkeit unbekannt ist.
§. 852. Der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten
Handlung entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in
welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen
Kenntniß erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren von der
Begehung der Handlung an.
Schweben zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem
Ersatzberechtigten Verhandlungen über den zu leistenden Schadensersatz, so ist
die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der
Verhandlungen verweigert.
Hat der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung auf
Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach der Vollendung der
Verjährung zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.
§. 853. Erlangt Jemand durch eine von ihm begangene
unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten, so kann der Verletzte
die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Aufhebung der
Forderung verjährt ist.
Drittes Buch.
Sachenrecht.
Erster Abschnitt.
Besitz.
§. 854. Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der
thatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.
Die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers
genügt zum Erwerbe, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die
Sache auszuüben.
§. 855. Uebt Jemand die thatsächliche Gewalt über eine Sache
für einen Anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem
ähnlichen Verhältniß aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden
Weisungen des Anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der Andere Besitzer.
§. 856. Der Besitz wird dadurch beendigt, daß der Besitzer
die thatsächliche Gewalt über die Sache aufgiebt oder in anderer Weise
verliert.
Durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in
der Ausübung der Gewalt wird der Besitz nicht beendigt.
§. 857. Der Besitz geht auf den Erben über.
§. 858. Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz
entzieht oder ihn im Besitze stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die
Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist
fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muß der Nachfolger im Besitze gegen sich
gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des
Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerbe kennt.
§. 859. Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit
Gewalt erwehren.
Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittelst verbotener
Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer That betroffenen oder
verfolgten Thäter mit Gewalt wiederabnehmen.
Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch
verbotene Eigenmacht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des
Besitzes durch Entsetzung des Thäters wiederbemächtigen.
Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu,
welcher nach §. 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten
lassen muß.
§. 860. Zur Ausübung der dem Besitzer nach §. 859
zustehenden Rechte ist auch derjenige befugt, welcher die thatsächliche Gewalt
nach §. 855 für den Besitzer ausübt.
§. 861. Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer
entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen
verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz
dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war
und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.
§. 862. Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht im
Besitze gestört, so kann er von dem Störer die Beseitigung der Störung
verlangen. Sind weitere Störungen zu besorgen, so kann der Besitzer auf
Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer dem
Störer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft besitzt und der Besitz
in dem letzten Jahre vor der Störung erlangt worden ist.
§. 863. Gegenüber den in den §§. 861, 862 bestimmten
Ansprüchen kann ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung
nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, daß die Entziehung
oder die Störung des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sei.
§. 864. Ein nach den §§. 861, 862 begründeter Anspruch
erlischt mit dem Ablauf eines Jahres nach der Verübung der verbotenen
Eigenmacht, wenn nicht vorher der Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht
wird.
Das Erlöschen tritt auch dann ein, wenn nach der Verübung
der verbotenen Eigenmacht durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt wird, daß
dem Thäter ein Recht an der Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung
eines seiner Handlungsweise entsprechenden Besitzstandes verlangen kann.
§. 865. Die Vorschriften der §§. 858 bis 864 gelten auch zu
Gunsten desjenigen, welcher nur einen Theil einer Sache, insbesondere
abgesonderte Wohnräume oder andere Räume, besitzt.
§. 866. Besitzen Mehrere eine Sache gemeinschaftlich, so
findet in ihrem Verhältnisse zu einander ein Besitzschutz insoweit nicht statt,
als es sich um die Grenzen des den Einzelnen zustehenden Gebrauchs handelt.
§. 867. Ist eine Sache aus der Gewalt des Besitzers auf ein
im Besitz eines Anderen befindliches Grundstück gelangt, so hat ihm der Besitzer
des Grundstücks die Aufsuchung und die Wegschaffung zu gestatten, sofern nicht
die Sache inzwischen in Besitz genommen worden ist. Der Besitzer des
Grundstücks kann Ersatz des durch die Aufsuchung und die Wegschaffung
entstehenden Schadens verlangen. Er kann, wenn die Entstehung eines Schadens zu
besorgen ist, die Gestattung verweigern, bis ihm Sicherheit geleistet wird; die
Verweigerung ist unzulässig, wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§. 868. Besitzt Jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger,
Pächter, Miether, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnisse, vermöge
dessen er einem Anderen gegenüber auf Zeit zum Besitze berechtigt oder
verpflichtet ist, so ist auch der Andere Besitzer (mittelbarer Besitz).
§. 869. Wird gegen den Besitzer verbotene Eigenmacht verübt,
so stehen die in den §§. 861, 862 bestimmten Ansprüche auch dem mittelbaren
Besitzer zu. Im Falle der Entziehung des Besitzes ist der mittelbare Besitzer
berechtigt, die Wiedereinräumung des Besitzes an den bisherigen Besitzer zu
verlangen; kann oder will dieser den Besitz nicht wiederübernehmen, so kann der
mittelbare Besitzer verlangen, daß ihm selbst der Besitz eingeräumt wird. Unter
der gleichen Voraussetzung kann er im Falle des §. 867 verlangen, daß ihm die
Aufsuchung und Wegschaffung der Sache gestattet wird.
§. 870. Der mittelbare Besitz kann dadurch auf einen Anderen
übertragen werden, daß diesem der Anspruch auf Herausgabe der Sache abgetreten
wird.
§. 871. Steht der mittelbare Besitzer zu einem Dritten in
einem Verhältnisse der im §. 868 bezeichneten Art, so ist auch der Dritte
mittelbarer Besitzer.
§. 872. Wer eine Sache als ihm gehörend besitzt, ist
Eigenbesitzer.
Zweiter Abschnitt.
Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.
§. 873. Zur Uebertragung des Eigenthums an einem
Grundstücke, zur Belastung eines Grundstücks mit einem Rechte sowie zur
Uebertragung oder Belastung eines solchen Rechtes ist die Einigung des
Berechtigten und des anderen Theiles über den Eintritt der Rechtsänderung und
die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich, soweit nicht
das Gesetz ein Anderes vorschreibt.
Vor der Eintragung sind die Betheiligten an die Einigung nur
gebunden, wenn die Erklärungen notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt
abgegeben oder bei diesem eingereicht sind oder wenn der Berechtigte dem
anderen Theile eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende
Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat.
§. 874. Bei der Eintragung eines Rechtes, mit dem ein
Grundstück belastet wird, kann zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechtes
auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden, soweit nicht das Gesetz
ein Anderes vorschreibt.
§. 875. Zur Aufhebung eines Rechtes an einem Grundstück ist,
soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, die Erklärung des
Berechtigten, daß er das Recht aufgebe, und die Löschung des Rechtes im
Grundbuch erforderlich. Die Erklärung ist dem Grundbuchamt oder demjenigen
gegenüber abzugeben, zu dessen Gunsten sie erfolgt.
Vor der Löschung ist der Berechtigte an seine Erklärung nur
gebunden, wenn er sie dem Grundbuchamte gegenüber abgegeben oder demjenigen, zu
dessen Gunsten sie erfolgt, eine den Vorschriften der Grundbuchordnung
entsprechende Löschungsbewilligung ausgehändigt hat.
§. 876. Ist ein Recht an einem Grundstücke mit dem Rechte
eines Dritten belastet, so ist zur Aufhebung des belasteten Rechtes die
Zustimmung des Dritten erforderlich. Steht das aufzuhebende Recht dem
jeweiligen Eigenthümer eines anderen Grundstücks zu, so ist, wenn dieses
Grundstück mit dem Rechte eines Dritten belastet ist, die Zustimmung des
Dritten erforderlich, es sei denn, daß dessen Recht durch die Aufhebung nicht
berührt wird. Die Zustimmung ist dem Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber zu
erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.
§. 877. Die Vorschriften der §§. 873, 874, 876 finden auch
auf Aenderungen des Inhalts eines Rechtes an einem Grundstück Anwendung.
§. 878. Eine von dem Berechtigten in Gemäßheit der §§. 873,
875, 877 abgegebene Erklärung wird nicht dadurch unwirksam, daß der Berechtigte
in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend
geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamte gestellt worden
ist.
§. 879. Das Rangverhältniß unter mehreren Rechten, mit denen
ein Grundstück belastet ist, bestimmt sich, wenn die Rechte in derselben
Abtheilung des Grundbuchs eingetragen sind, nach der Reihenfolge der
Eintragungen. Sind die Rechte in verschiedenen Abtheilungen eingetragen, so hat
das unter Angabe eines früheren Tages eingetragene Recht den Vorrang; Rechte,
die unter Angabe desselben Tages eingetragen sind, haben gleichen Rang.
Die Eintragung ist für das Rangverhältniß auch dann
maßgebend, wenn die nach §. 873 zum Erwerbe des Rechtes erforderliche Einigung
erst nach der Eintragung zu Stande gekommen ist.
Eine abweichende Bestimmung des Rangverhältnisses bedarf der
Eintragung in das Grundbuch.
§. 880. Das Rangverhältniß kann nachträglich geändert
werden.
Zu der Rangänderung ist die Einigung des zurücktretenden und
des vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Aenderung in das Grundbuch
erforderlich; die Vorschriften des §. 873 Abs. 2 und des §. 878 finden
Anwendung. Soll eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld
zurücktreten, so ist außerdem die Zustimmung des Eigenthümers erforderlich. Die
Zustimmung ist dem Grundbuchamt oder einem der Betheiligten gegenüber zu
erklären; sie ist unwiderruflich.
Ist das zurücktretende Recht mit dem Rechte eines Dritten
belastet, so finden die Vorschriften des §. 876 entsprechende Anwendung.
Der dem vortretenden Rechte eingeräumte Rang geht nicht
dadurch verloren, daß das zurücktretende Recht durch Rechtsgeschäft aufgehoben
wird.
Rechte, die den Rang zwischen dem zurücktretenden und dem
vortretenden Rechte haben, werden durch die Rangänderung nicht berührt.
§. 881. Der Eigenthümer kann sich bei der Belastung des
Grundstücks mit einem Rechte die Befugniß vorbehalten, ein anderes, dem Umfange
nach bestimmtes Recht mit dem Range vor jenem Rechte eintragen zu lassen.
Der Vorbehalt bedarf der Eintragung in das Grundbuch; die
Eintragung muß bei dem Rechte erfolgen, das zurücktreten soll.
Wird das Grundstück veräußert, so geht die vorbehaltene
Befugniß auf den Erwerber über.
Ist das Grundstück vor der Eintragung des Rechtes, dem der
Vorrang beigelegt ist, mit einem Rechte ohne einen entsprechenden Vorbehalt
belastet worden, so hat der Vorrang insoweit keine Wirkung, als das mit dem
Vorbehalt eingetragene Recht in Folge der inzwischen eingetretenen Belastung
eine über den Vorbehalt hinausgehende Beeinträchtigung erleiden würde.
§. 882. Wird ein Grundstück mit einem Rechte belastet, für
welches nach den für die Zwangsversteigerung geltenden Vorschriften dem
Berechtigten im Falle des Erlöschens durch den Zuschlag der Werth aus dem
Erlöse zu ersetzen ist, so kann der Höchstbetrag des Ersatzes bestimmt werden.
Die Bestimmung bedarf der Eintragung in das Grundbuch.
§. 883. Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder
Aufhebung eines Rechtes an einem Grundstück oder an einem das Grundstück
belastenden Rechte oder auf Aenderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen
Rechtes kann eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Die
Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines
bedingten Anspruchs zulässig.
Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über
das Grundstück oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie
den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die
Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch
den Konkursverwalter erfolgt.
Der Rang des Rechtes, auf dessen Einräumung der Anspruch
gerichtet ist, bestimmt sich nach der Eintragung der Vormerkung.
§. 884. Soweit der Anspruch durch die Vormerkung gesichert
ist, kann sich der Erbe des Verpflichteten nicht auf die Beschränkung seiner
Haftung berufen.
§. 885. Die Eintragung einer Vormerkung erfolgt auf Grund
einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund der Bewilligung desjenigen, dessen
Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird. Zur Erlassung
der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des zu
sichernden Anspruchs glaubhaft gemacht wird.
Bei der Eintragung kann zur näheren Bezeichnung des zu
sichernden Anspruchs auf die einstweilige Verfügung oder die
Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
§. 886. Steht demjenigen, dessen Grundstück oder dessen
Recht von der Vormerkung betroffen wird, eine Einrede zu, durch welche die
Geltendmachung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs dauernd
ausgeschlossen wird, so kann er von dem Gläubiger die Beseitigung der
Vormerkung verlangen.
§. 887. Ist der Gläubiger, dessen Anspruch durch die
Vormerkung gesichert ist, unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens
mit seinem Rechte ausgeschlossen werden, wenn die im §. 1170 für die
Ausschließung eines Hypothekengläubigers bestimmten Voraussetzungen vorliegen.
Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erlischt die Wirkung der Vormerkung.
§. 888. Soweit der Erwerb eines eingetragenen Rechtes oder
eines Rechtes an einem solchen Rechte gegenüber demjenigen, zu dessen Gunsten
die Vormerkung besteht, unwirksam ist, kann dieser von dem Erwerber die
Zustimmung zu der Eintragung oder der Löschung verlangen, die zur Verwirklichung
des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich ist.
Das Gleiche gilt, wenn der Anspruch durch ein
Veräußerungsverbot gesichert ist.
§. 889. Ein Recht an einem fremden Grundstück erlischt nicht
dadurch, daß der Eigenthümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das
Eigenthum an dem Grundstück erwirbt.
§. 890. Mehrere Grundstücke können dadurch zu einem
Grundstücke vereinigt werden, daß der Eigenthümer sie als ein Grundstück in das
Grundbuch eintragen läßt.
Ein Grundstück kann dadurch zum Bestandtheil eines anderen
Grundstücks gemacht werden, daß der Eigenthümer es diesem im Grundbuche
zuschreiben läßt.
§. 891. Ist im Grundbuche für Jemand ein Recht eingetragen,
so wird vermuthet, daß ihm das Recht zustehe.
Ist im Grundbuch ein eingetragenes Recht gelöscht, so wird
vermuthet, daß das Recht nicht bestehe.
§. 892. Zu Gunsten desjenigen, welcher ein Recht an einem
Grundstück oder ein Recht an einem solchen Rechte durch Rechtsgeschäft erwirbt,
gilt der Inhalt des Grundbuchs als richtig, es sei denn, daß ein Widerspruch
gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt
ist. Ist der Berechtigte in der Verfügung über ein im Grundbuch eingetragenes
Recht zu Gunsten einer bestimmten Person beschränkt, so ist die Beschränkung
dem Erwerber gegenüber nur wirksam, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich oder
dem Erwerber bekannt ist.
Ist zu dem Erwerbe des Rechtes die Eintragung erforderlich,
so ist für die Kenntniß des Erwerbers die Zeit der Stellung des Antrags auf
Eintragung oder, wenn die nach §. 873 erforderliche Einigung erst später zu
Stande kommt, die Zeit der Einigung maßgebend.
§. 893. Die Vorschriften des §. 892 finden entsprechende
Anwendung, wenn an denjenigen, für welchen ein Recht im Grundbuch eingetragen
ist, auf Grund dieses Rechtes eine Leistung bewirkt oder wenn zwischen ihm und
einem Anderen in Ansehung dieses Rechtes ein nicht unter die Vorschriften des
§. 892 fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das eine Verfügung über das
Recht enthält.
§. 894. Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines
Rechtes an dem Grundstück, eines Rechtes an einem solchen Rechte oder einer
Verfügungsbeschränkung der im §. 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen
Rechtslage nicht im Einklange, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht
richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung
oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des
Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung
betroffen wird.
§. 895. Kann die Berichtigung des Grundbuchs erst erfolgen,
nachdem das Recht des nach §. 894 Verpflichteten eingetragen worden ist, so hat
dieser auf Verlangen sein Recht eintragen zu lassen.
§. 896. Ist zur Berichtigung des Grundbuchs die Vorlegung
eines Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefs erforderlich, so kann
derjenige, zu dessen Gunsten die Berichtigung erfolgen soll, von dem Besitzer
des Briefes verlangen, daß der Brief dem Grundbuchamte vorgelegt wird.
§. 897. Die Kosten der Berichtigung des Grundbuchs und der
dazu erforderlichen Erklärungen hat derjenige zu tragen, welcher die
Berichtigung verlangt, sofern nicht aus einem zwischen ihm und dem
Verpflichteten bestehenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt.
§. 898. Die in den §§. 894 bis 896 bestimmten Ansprüche
unterliegen nicht der Verjährung.
§. 899. In den Fällen des §. 894 kann ein Widerspruch gegen
die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen werden.
Die Eintragung erfolgt auf Grund einer einstweiligen
Verfügung oder auf Grund einer Bewilligung desjenigen, dessen Recht durch die
Berichtigung des Grundbuchs betroffen wird. Zur Erlassung der einstweiligen
Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des Rechtes des
Widersprechenden glaubhaft gemacht wird.
§. 900. Wer als Eigenthümer eines Grundstücks im Grundbuch
eingetragen ist, ohne daß er das Eigenthum erlangt hat, erwirbt das Eigenthum,
wenn die Eintragung dreißig Jahre bestanden und er während dieser Zeit das
Grundstück im Eigenbesitze gehabt hat. Die dreißigjährige Frist wird in
derselben Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen
Sache. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange ein Widerspruch gegen die
Richtigkeit der Eintragung im Grundbuch eingetragen ist.
Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn für
Jemand ein ihm nicht zustehendes anderes Recht im Grundbuch eingetragen ist,
das zum Besitze des Grundstücks berechtigt oder dessen Ausübung nach den für
den Besitz geltenden Vorschriften geschützt ist. Für den Rang des Rechtes ist
die Eintragung maßgebend.
§. 901. Ist ein Recht an einem fremden Grundstück im
Grundbuche mit Unrecht gelöscht, so erlischt es, wenn der Anspruch des
Berechtigten gegen den Eigenthümer verjährt ist. Das Gleiche gilt, wenn ein kraft
Gesetzes entstandenes Recht an einem fremden Grundstücke nicht in das Grundbuch
eingetragen worden ist.
§. 902. Die Ansprüche aus eingetragenen Rechten unterliegen
nicht der Verjährung. Dies gilt nicht für Ansprüche, die auf Rückstände
wiederkehrender Leistungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind.
Ein Recht, wegen dessen ein Widerspruch gegen die
Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist, steht einem eingetragenen Rechte
gleich.
Dritter Abschnitt.
Eigenthum.
Erster Titel.
Inhalt des Eigenthums.
§. 903. Der Eigenthümer einer Sache kann, soweit nicht das
Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben
verfahren und Andere von jeder Einwirkung ausschließen.
§. 904. Der Eigenthümer einer Sache ist nicht berechtigt,
die Einwirkung eines Anderen auf die Sache zu verbieten, wenn die Einwirkung
zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr nothwendig und der drohende Schaden
gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigenthümer entstehenden Schaden
unverhältnißmäßig groß ist. Der Eigenthümer kann Ersatz des ihm entstehenden
Schadens verlangen.
§. 905. Das Recht des Eigenthümers eines Grundstücks
erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der
Oberfläche. Der Eigenthümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in
solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, daß er an der Ausschließung kein
Interesse hat.
§. 906. Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung
von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und
ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht
verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur
unwesentlich beeinträchtigt.
Das gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche
Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks
herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die
Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach
eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks
einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine
ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare
Maß hinaus beeinträchtigt.
Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.
§. 907. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann verlangen,
daß auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden,
von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß ihr Bestand oder ihre Benutzung
eine unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat. Genügt eine
Anlage den landesgesetzlichen Vorschriften, die einen bestimmten Abstand von
der Grenze oder sonstige Schutzmaßregeln vorschreiben, so kann die Beseitigung
der Anlage erst verlangt werden, wenn die unzulässige Einwirkung thatsächlich
hervortritt.
Bäume und Sträucher gehören nicht zu den Anlagen im Sinne
dieser Vorschriften.
§. 908. Droht einem Grundstücke die Gefahr, daß es durch den
Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen Werkes, das mit einem
Nachbargrundstücke verbunden ist, oder durch die Ablösung von Theilen des
Gebäudes oder des Werkes beschädigt wird, so kann der Eigenthümer von
demjenigen, welcher nach dem §. 836 Abs. 1 oder den §§. 837, 838 für den
eintretenden Schaden verantwortlich sein würde, verlangen, daß er die zur Abwendung
der Gefahr erforderliche Vorkehrung trifft.
§. 909. Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft
werden, daß der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert,
es sei denn, daß für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist.
§. 910. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines
Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind,
abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn
der Eigenthümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur
Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
Dem Eigenthümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln
oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.
§. 911. Früchte, die von einem Baume oder einem Strauche auf
ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks.
Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Nachbargrundstück dem
öffentlichen Gebrauche dient.
§. 912. Hat der Eigenthümer eines Grundstücks bei der
Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne daß ihm Vorsatz oder
grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Ueberbau zu dulden,
es sei denn, daß er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch
erhoben hat.
Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für
die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.
§. 913. Die Rente für den Ueberbau ist dem jeweiligen
Eigenthümer des Nachbargrundstücks von dem jeweiligen Eigenthümer des anderen
Grundstücks zu entrichten.
Die Rente ist jährlich im voraus zu entrichten.
§. 914. Das Recht auf die Rente geht allen Rechten an dem
belasteten Grundstück, auch den älteren, vor. Es erlischt mit der Beseitigung
des Ueberbaues.
Das Recht wird nicht in das Grundbuch eingetragen. Zum
Verzicht auf das Recht sowie zur Feststellung der Höhe der Rente durch Vertrag
ist die Eintragung erforderlich.
Im Uebrigen finden die Vorschriften Anwendung, die für eine
zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks bestehende Reallast
gelten.
§. 915. Der Rentenberechtigte kann jederzeit verlangen, daß
der Rentenpflichtige ihm gegen Uebertragung des Eigenthums an dem überbauten
Theile des Grundstücks den Werth ersetzt, den dieser Theil zur Zeit der
Grenzüberschreitung gehabt hat. Macht er von dieser Befugniß Gebrauch, so
bestimmen sich die Rechte und Verpflichtungen beider Theile nach den
Vorschriften über den Kauf.
Für die Zeit bis zur Uebertragung des Eigenthums ist die
Rente fortzuentrichten.
§. 916. Wird durch den Ueberbau ein Erbbaurecht oder eine
Dienstbarkeit an dem Nachbargrundstücke beeinträchtigt, so finden zu Gunsten
des Berechtigten die Vorschriften der §§. 912 bis 914 entsprechende Anwendung.
§. 917. Fehlt einem Grundstücke die zur ordnungsmäßigen
Benutzung nothwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der
Eigenthümer von den Nachbarn verlangen, daß sie bis zur Hebung des Mangels die
Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung
dulden. Die Richtung des Nothwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden
erforderlichen Falles durch Urtheil bestimmt.
Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Nothweg führt, sind
durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des §. 912 Abs. 2 Satz 2
und der §§. 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
§. 918. Die Verpflichtung zur Duldung des Nothwegs tritt
nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen
Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigenthümers aufgehoben wird.
Wird in Folge der Veräußerung eines Theiles des Grundstücks
der veräußerte oder der zurückbehaltene Theil von der Verbindung mit dem
öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigenthümer desjenigen Theiles,
über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Nothweg zu dulden.
Der Veräußerung eines Theiles steht die Veräußerung eines von mehreren
demselben Eigenthümer gehörenden Grundstücken gleich.
§. 919. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann von dem
Eigenthümer eines Nachbargrundstücks verlangen, daß dieser zur Errichtung
fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenzzeichen verrückt oder unkenntlich
geworden ist, zur Wiederherstellung mitwirkt.
Die Art der Abmarkung und das Verfahren bestimmen sich nach
den Landesgesetzen; enthalten diese keine Vorschriften, so entscheidet die
Ortsüblichkeit.
Die Kosten der Abmarkung sind von den Betheiligten zu
gleichen Theilen zu tragen, sofern nicht aus einem zwischen ihnen bestehenden
Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt.
§. 920. Läßt sich im Falle einer Grenzverwirrung die
richtige Grenze nicht ermitteln, so ist für die Abgrenzung der Besitzstand
maßgebend. Kann der Besitzstand nicht festgestellt werden, so ist jedem der
Grundstücke ein gleich großes Stück der streitigen Fläche zuzutheilen.
Soweit eine diesen Vorschriften entsprechende Bestimmung der
Grenze zu einem Ergebnisse führt, das mit den ermittelten Umständen,
insbesondere mit der feststehenden Größe der Grundstücke, nicht übereinstimmt,
ist die Grenze so zu ziehen, wie es unter Berücksichtigung dieser Umstände der
Billigkeit entspricht.
§. 921. Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum,
Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung,
die zum Vortheile beider Grundstücke dient, von einander geschieden, so wird
vermuthet, daß die Eigenthümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung
gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf
hinweisen, daß die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.
§. 922. Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der im §. 921
bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu
dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergiebt, insoweit benutzen, als nicht
die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind
von den Nachbarn zu gleichen Theilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an
dem Fortbestande der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine
Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Uebrigen bestimmt sich das
Rechtsverhältniß zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die
Gemeinschaft.
§. 923. Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die
Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen
Theilen.
Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes
verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Theilen
zur Last. Der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten
allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht an dem Baume verzichtet; er
erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das Alleineigenthum. Der Anspruch auf
die Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und
den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt
werden kann.
Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze
stehenden Strauch.
§. 924. Die Ansprüche, die sich aus den §§. 907 bis 909,
915, dem §. 917 Abs. 1, dem §. 918 Abs. 2, den §§. 919, 920 und dem §. 923 Abs.
2 ergeben, unterliegen nicht der Verjährung.
Zweiter Titel.
Erwerb und Verlust des Eigenthums an Grundstücken.
§. 925. Die zur Übertragung des Eigentums an einem
Grundstück nach § 873 erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung)
muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle
erklärt werden. Zur Entgegennahme der Auflassung ist, unbeschadet der
Zuständigkeit weiterer Stellen, jeder Notar zuständig. Eine Auflassung kann
auch in einem gerichtlichen Vergleich erklärt werden.
Eine Auflassung, die unter einer Bedingung oder einer
Zeitbestimmung erfolgt, ist unwirksam.
§. 925a. Die Erklärung einer Auflassung soll nur
entgegengenommen werden, wenn die nach § 313 Satz 1 erforderliche Urkunde über
den Vertrag vorgelegt oder gleichzeitig errichtet wird.
§. 926. Sind der Veräußerer und der Erwerber darüber einig,
daß sich die Veräußerung auf das Zubehör des Grundstücks erstrecken soll, so
erlangt der Erwerber mit dem Eigenthum an dem Grundstück auch das Eigenthum an
den zur Zeit des Erwerbes vorhandenen Zubehörstücken, soweit sie dem Veräußerer
gehören. Im Zweifel ist anzunehmen, daß sich die Veräußerung auf das Zubehör
erstrecken soll.
Erlangt der Erwerber auf Grund der Veräußerung den Besitz
von Zubehörstücken, die dem Veräußerer nicht gehören oder mit Rechten Dritter
belastet sind, so finden die Vorschriften der §§. 932 bis 936 Anwendung; für
den guten Glauben des Erwerbers ist die Zeit der Erlangung des Besitzes
maßgebend.
§. 927. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann, wenn das
Grundstück seit dreißig Jahren im Eigenbesitz eines Anderen ist, im Wege des
Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden. Die Besitzzeit
wird in gleicher Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen
Sache. Ist der Eigenthümer im Grundbuch eingetragen, so ist das
Aufgebotsverfahren nur zulässig, wenn er gestorben oder verschollen ist und
eine Eintragung in das Grundbuch, die der Zustimmung des Eigenthümers bedurfte,
seit dreißig Jahren nicht erfolgt ist.
Derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, erlangt
das Eigenthum dadurch, daß er sich als Eigenthümer in das Grundbuch eintragen
läßt.
Ist vor der Erlassung des Ausschlußurtheils ein Dritter als
Eigenthümer oder wegen des Eigenthums eines Dritten ein Widerspruch gegen die
Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen worden, so wirkt das Urtheil nicht gegen
den Dritten.
§. 928. Das Eigenthum an einem Grundstücke kann dadurch
aufgegeben werden, daß der Eigenthümer den Verzicht dem Grundbuchamte gegenüber
erklärt und der Verzicht in das Grundbuch eingetragen wird.
Das Recht zur Aneignung des aufgegebenen Grundstücks steht
dem Fiskus des Bundesstaats zu, in dessen Gebiete das Grundstück liegt. Der
Fiskus erwirbt das Eigenthum dadurch, daß er sich als Eigenthümer in das
Grundbuch eintragen läßt.
Dritter Titel.
Erwerb und Verlust des Eigenthums an beweglichen Sachen.
I. Uebertragung.
§. 929. Zur Uebertragung des Eigenthums an einer beweglichen
Sache ist erforderlich, daß der Eigenthümer die Sache dem Erwerber übergiebt
und beide darüber einig sind, daß das Eigenthum übergehen soll. Ist der
Erwerber im Besitze der Sache, so genügt die Einigung über den Uebergang des
Eigenthums.
§. 929a. Zur Übertragung des Eigentums an einem Seeschiff,
das nicht im Schiffsregister eingetragen ist, oder an einem Anteil an einem
solchen Schiff ist die Übergabe nicht erforderlich, wenn der Eigentümer und der
Erwerber darüber einig sind, daß das Eigentum sofort übergehen soll.
Jeder Teil kann verlangen, daß ihm auf seine Kosten eine
öffentlich beglaubigte Urkunde über die Veräußerung erteilt wird.
§. 930. Ist der Eigenthümer im Besitze der Sache, so kann
die Uebergabe dadurch ersetzt werden, daß zwischen ihm und dem Erwerber ein
Rechtsverhältniß vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren
Besitz erlangt.
§. 931. Ist ein Dritter im Besitze der Sache, so kann die
Uebergabe dadurch ersetzt werden, daß der Eigenthümer dem Erwerber den Anspruch
auf Herausgabe der Sache abtritt.
§. 932. Durch eine nach §. 929 erfolgte Veräußerung wird der
Erwerber auch dann Eigenthümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es
sei denn, daß er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigenthum
erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des §. 929 Satz 2 gilt
dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt
hatte.
Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt
oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, daß die Sache nicht dem
Veräußerer gehört.
§. 932a. Gehört ein nach § 929a veräußertes Schiff nicht dem
Veräußerer, so wird der Erwerber Eigentümer, wenn ihm das Schiff vom Veräußerer
übergeben wird, es sei denn, daß er zu dieser Zeit nicht in gutem Glauben ist;
ist ein Anteil an einem Schiff Gegenstand der Veräußerung, so tritt an die
Stelle der Übergabe die Einräumung des Mitbesitzes an dem Schiff.
§. 933. Gehört eine nach §. 930 veräußerte Sache nicht dem
Veräußerer, so wird der Erwerber Eigenthümer, wenn ihm die Sache von dem
Veräußerer übergeben wird, es sei denn, daß er zu dieser Zeit nicht in gutem
Glauben ist.
§. 934. Gehört eine nach §. 931 veräußerte Sache nicht dem
Veräußerer, so wird der Erwerber, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer der
Sache ist, mit der Abtretung des Anspruchs, anderenfalls dann Eigenthümer, wenn
er den Besitz der Sache von dem Dritten erlangt, es sei denn, daß er zur Zeit
der Abtretung oder des Besitzerwerbes nicht in gutem Glauben ist.
§. 935. Der Erwerb des Eigenthums auf Grund der §§. 932 bis
934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigenthümer gestohlen worden, verloren
gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der
Eigenthümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer
abhanden gekommen war.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder
Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung
veräußert werden.
§. 936. Ist eine veräußerte Sache mit dem Rechte eines
Dritten belastet, so erlischt das Recht mit dem Erwerbe des Eigenthums. In dem
Falle des §. 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz
von dem Veräußerer erlangt hatte. Erfolgt die Veräußerung nach § 929a oder §
930 oder war die nach §. 931 veräußerte Sache nicht im mittelbaren Besitze des
Veräußerers, so erlischt das Recht des Dritten erst dann, wenn der Erwerber auf
Grund der Veräußerung den Besitz der Sache erlangt.
Das Recht des Dritten erlischt nicht, wenn der Erwerber zu
der nach Abs. 1 maßgebenden Zeit in Ansehung des Rechtes nicht in gutem Glauben
ist.
Steht im Falle des §. 931 das Recht dem dritten Besitzer zu,
so erlischt es auch dem gutgläubigen Erwerber gegenüber nicht.
II. Ersitzung.
§. 937. Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitze
hat, erwirbt das Eigenthum (Ersitzung).
Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem
Erwerbe des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später
erfährt, daß ihm das Eigenthum nicht zusteht.
§. 938. Hat Jemand eine Sache am Anfang und am Ende eines
Zeitraums im Eigenbesitze gehabt, so wird vermuthet, daß sein Eigenbesitz auch
in der Zwischenzeit bestanden habe.
§. 939. Die Ersitzung kann nicht beginnen und, falls sie
begonnen hat, nicht fortgesetzt werden, solange die Verjährung des
Eigenthumsanspruchs gehemmt ist oder ihrer Vollendung die Vorschriften der §§.
206, 207 entgegenstehen.
§. 940. Die Ersitzung wird durch den Verlust des
Eigenbesitzes unterbrochen.
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der
Eigenbesitzer den Eigenbesitz ohne seinen Willen verloren und ihn binnen Jahresfrist
oder mittelst einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage wiedererlangt hat.
§. 941. Die Ersitzung wird unterbrochen, wenn der
Eigenthumsanspruch gegen den Eigenbesitzer oder im Falle eines mittelbaren
Eigenbesitzes gegen den Besitzer gerichtlich geltend gemacht wird, der sein
Recht zum Besitze von dem Eigenbesitzer ableitet; die Unterbrechung tritt
jedoch nur zu Gunsten desjenigen ein, welcher sie herbeiführt. Die für die
Verjährung geltenden Vorschriften der §§. 209 bis 212, 216, 219, 220 finden
entsprechende Anwendung.
§. 942. Wird die Ersitzung unterbrochen, so kommt die bis
zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht; eine neue Ersitzung kann
erst nach der Beendigung der Unterbrechung beginnen.
§. 943. Gelangt die Sache durch Rechtsnachfolge in den
Eigenbesitz eines Dritten, so kommt die während des Besitzes des
Rechtsvorgängers verstrichene Ersitzungszeit dem Dritten zu Statten.
§. 944. Die Ersitzungszeit, die zu Gunsten eines
Erbschaftsbesitzers verstrichen ist, kommt dem Erben zu Statten.
§. 945. Mit dem Erwerbe des Eigenthums durch Ersitzung
erlöschen die an der Sache vor dem Erwerbe des Eigenbesitzes begründeten Rechte
Dritter, es sei denn, daß der Eigenbesitzer bei dem Erwerbe des Eigenbesitzes
in Ansehung dieser Rechte nicht in gutem Glauben ist oder ihr Bestehen später
erfährt. Die Ersitzungsfrist muß auch in Ansehung des Rechtes des Dritten
verstrichen sein; die Vorschriften der §§. 939 bis 944 finden entsprechende
Anwendung.
III. Verbindung. Vermischung. Verarbeitung.
§. 946. Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstücke
dergestalt verbunden, daß sie wesentlicher Bestandtheil des Grundstücks wird,
so erstreckt sich das Eigenthum an dem Grundstück auf diese Sache.
§. 947. Werden bewegliche Sachen mit einander dergestalt
verbunden, daß sie wesentliche Bestandtheile einer einheitlichen Sache werden,
so werden die bisherigen Eigenthümer Miteigenthümer dieser Sache; die Antheile
bestimmen sich nach dem Verhältnisse des Werthes, den die Sachen zur Zeit der
Verbindung haben.
Ist eine der Sachen als die Hauptsache anzusehen, so erwirbt
ihr Eigenthümer das Alleineigenthum.
§. 948. Werden bewegliche Sachen mit einander untrennbar
vermischt oder vermengt, so finden die Vorschriften des §. 947 entsprechende
Anwendung.
Der Untrennbarkeit steht es gleich, wenn die Trennung der
vermischten oder vermengten Sachen mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden
sein würde.
§. 949. Erlischt nach den §§. 946 bis 948 das Eigenthum an
einer Sache, so erlöschen auch die sonstigen an der Sache bestehenden Rechte.
Erwirbt der Eigenthümer der belasteten Sache Miteigenthum, so bestehen die
Rechte an dem Antheile fort, der an die Stelle der Sache tritt. Wird der
Eigenthümer der belasteten Sache Alleineigenthümer, so erstrecken sich die
Rechte auf die hinzutretende Sache.
§. 950. Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder
mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigenthum an
der neuen Sache, sofern nicht der Werth der Verarbeitung oder der Umbildung
erheblich geringer ist als der Werth des Stoffes. Als Verarbeitung gilt auch
das Schreiben, Zeichnen, Malen, Drucken, Graviren oder eine ähnliche
Bearbeitung der Oberfläche.
Mit dem Erwerbe des Eigenthums an der neuen Sache erlöschen
die an dem Stoffe bestehenden Rechte.
§. 951. Wer in Folge der Vorschriften der §§. 946 bis 950
einen Rechtsverlust erleidet, kann von demjenigen, zu dessen Gunsten die
Rechtsänderung eintritt, Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Die Wiederherstellung
des früheren Zustandes kann nicht verlangt werden.
Die Vorschriften über die Verpflichtung zum Schadensersatze
wegen unerlaubter Handlungen sowie die Vorschriften über den Ersatz von
Verwendungen und über das Recht zur Wegnahme einer Einrichtung bleiben
unberührt. In den Fällen der §§. 946, 947 ist die Wegnahme nach den für das
Wegnahmerecht des Besitzers gegenüber dem Eigenthümer geltenden Vorschriften
auch dann zulässig, wenn die Verbindung nicht von dem Besitzer der Hauptsache
bewirkt worden ist.
§. 952. Das Eigenthum an dem über eine Forderung
ausgestellten Schuldscheine steht dem Gläubiger zu. Das Recht eines Dritten an
der Forderung erstreckt sich auf den Schuldschein.
Das Gleiche gilt für Urkunden über andere Rechte, kraft
deren eine Leistung gefordert werden kann, insbesondere für Hypotheken-,
Grundschuld- und Rentenschuldbriefe.
IV. Erwerb von Erzeugnissen und sonstigen Bestandtheilen
einer Sache.
§. 953. Erzeugnisse und sonstige Bestandtheile einer Sache
gehören auch nach der Trennung dem Eigenthümer der Sache, soweit sich nicht aus
den §§. 954 bis 957 ein Anderes ergiebt.
§. 954. Wer vermöge eines Rechtes an einer fremden Sache
befugt ist, sich Erzeugnisse oder sonstige Bestandtheile der Sache anzueignen,
erwirbt das Eigenthum an ihnen, unbeschadet der Vorschriften der §§. 955 bis
957, mit der Trennung.
§. 955. Wer eine Sache im Eigenbesitze hat, erwirbt das
Eigenthum an den Erzeugnissen und sonstigen zu den Früchten der Sache gehörenden
Bestandtheilen, unbeschadet der Vorschriften der §§. 956, 957, mit der
Trennung. Der Erwerb ist ausgeschlossen, wenn der Eigenbesitzer nicht zum
Eigenbesitz oder ein Anderer vermöge eines Rechtes an der Sache zum
Fruchtbezuge berechtigt ist und der Eigenbesitzer bei dem Erwerbe des
Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder vor der Trennung den Rechtsmangel
erfährt.
Dem Eigenbesitzer steht derjenige gleich, welcher die Sache
zum Zwecke der Ausübung eines Nutzungsrechts an ihr besitzt.
Auf den Eigenbesitz und den ihm gleichgestellten Besitz
findet die Vorschrift des §. 940 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
§. 956. Gestattet der Eigenthümer einem Anderen, sich
Erzeugnisse oder sonstige Bestandtheile der Sache anzueignen, so erwirbt dieser
das Eigenthum an ihnen, wenn der Besitz der Sache ihm überlassen ist, mit der
Trennung, anderenfalls mit der Besitzergreifung. Ist der Eigenthümer zu der
Gestattung verpflichtet, so kann er sie nicht widerrufen, solange sich der
Andere in dem ihm überlassenen Besitze der Sache befindet.
Das Gleiche gilt, wenn die Gestattung nicht von dem
Eigenthümer, sondern von einem Anderen ausgeht, dem Erzeugnisse oder sonstige
Bestandtheile einer Sache nach der Trennung gehören.
§. 957. Die Vorschriften des §. 956 finden auch dann
Anwendung, wenn derjenige, welcher die Aneignung einem Anderen gestattet,
hierzu nicht berechtigt ist, es sei denn, daß der Andere, falls ihm der Besitz
der Sache überlassen wird, bei der Ueberlassung, anderenfalls bei der
Ergreifung des Besitzes der Erzeugnisse oder der sonstigen Bestandtheile nicht
in gutem Glauben ist oder vor der Trennung den Rechtsmangel erfährt.
V. Aneignung.
§. 958. Wer eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz
nimmt, erwirbt das Eigenthum an der Sache.
Das Eigenthum wird nicht erworben, wenn die Aneignung
gesetzlich verboten ist oder wenn durch die Besitzergreifung das
Aneignungsrecht eines Anderen verletzt wird.
§. 959. Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der
Eigenthümer in der Absicht, auf das Eigenthum zu verzichten, den Besitz der
Sache aufgiebt.
§. 960. Wilde Thiere sind herrenlos, solange sie sich in der
Freiheit befinden. Wilde Thiere in Thiergärten und Fische in Teichen oder
anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos.
Erlangt ein gefangenes wildes Thier die Freiheit wieder, so
wird es herrenlos, wenn nicht der Eigenthümer das Thier unverzüglich verfolgt
oder wenn er die Verfolgung aufgiebt.
Ein gezähmtes Thier wird herrenlos, wenn es die Gewohnheit
ablegt, an den ihm bestimmten Ort zurückzukehren.
§. 961. Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos,
wenn nicht der Eigenthümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigenthümer
die Verfolgung aufgiebt.
§. 962. Der Eigenthümer des Bienenschwarmes darf bei der
Verfolgung fremde Grundstücke betreten. Ist der Schwarm in eine fremde nicht
besetzte Bienenwohnung eingezogen, so darf der Eigenthümer des Schwarmes zum
Zwecke des Einfangens die Wohnung öffnen und die Waben herausnehmen oder
herausbrechen. Er hat den entstehenden Schaden zu ersetzen.
§. 963. Vereinigen sich ausgezogene Bienenschwärme mehrerer
Eigenthümer, so werden die Eigenthümer, welche ihre Schwärme verfolgt haben,
Miteigenthümer des eingefangenen Gesammtschwarmes; die Antheile bestimmen sich
nach der Zahl der verfolgten Schwärme.
§. 964. Ist ein Bienenschwarm in eine fremde besetzte
Bienenwohnung eingezogen, so erstrecken sich das Eigenthum und die sonstigen
Rechte an den Bienen, mit denen die Wohnung besetzt war, auf den eingezogenen
Schwarm. Das Eigenthum und die sonstigen Rechte an dem eingezogenen Schwarme
erlöschen.
VI. Fund.
§. 965. Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt,
hat dem Verlierer oder dem Eigenthümer oder einem sonstigen
Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen.
Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm
ihr Aufenthalt unbekannt, so hat er den Fund und die Umstände, welche für die
Ermittelung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der
zuständigen Behörde anzuzeigen. Ist die Sache nicht mehr als zehn Deutsche Mark
werth, so bedarf es der Anzeige nicht.
§. 966. Der Finder ist zur Verwahrung der Sache
verpflichtet.
Ist der Verderb der Sache zu besorgen oder ist die
Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden, so hat der Finder die
Sache öffentlich versteigern zu lassen. Vor der Versteigerung ist der
zuständigen Behörde Anzeige zu machen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.
§. 967. Der Finder ist berechtigt und auf Anordnung der
zuständigen Behörde verpflichtet, die Sache oder den Versteigerungserlös an die
zuständige Behörde abzuliefern.
§. 968. Der Finder hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
zu vertreten.
§. 969. Der Finder wird durch die Herausgabe der Sache an
den Verlierer auch den sonstigen Empfangsberechtigten gegenüber befreit.
§. 970. Macht der Finder zum Zwecke der Verwahrung oder
Erhaltung der Sache oder zum Zwecke der Ermittelung eines Empfangsberechtigten
Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so kann
er von dem Empfangsberechtigten Ersatz verlangen.
§. 971. Der Finder kann von dem Empfangsberechtigten einen
Finderlohn verlangen. Der Finderlohn beträgt von dem Wert der Sache bis zu
eintausend Deutsche Mark fünf vom Hundert, von dem Mehrwert drei vom Hundert,
bei Tieren drei vom Hundert. Hat die Sache nur für den Empfangsberechtigten
einen Werth, so ist der Finderlohn nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Finder die
Anzeigepflicht verletzt oder den Fund auf Nachfrage verheimlicht.
§. 972. Auf die in den §§. 970, 971 bestimmten Ansprüche
finden die für die Ansprüche des Besitzers gegen den Eigenthümer wegen
Verwendungen geltenden Vorschriften der §§. 1000 bis 1002 entsprechende
Anwendung.
§. 973. Mit dem Ablauf von sechs Monaten nach der Anzeige des
Fundes bei der zuständigen Behörde erwirbt der Finder das Eigenthum an der
Sache, es sei denn, daß vorher ein Empfangsberechtigter dem Finder bekannt
geworden ist oder sein Recht bei der Polizeibehörde angemeldet hat. Mit dem
Erwerbe des Eigenthums erlöschen die sonstigen Rechte an der Sache.
Ist die Sache nicht mehr als zehn Deutsche Mark wert, so
beginnt die sechsmonatige Frist mit dem Fund. Der Finder erwirbt das Eigenthum
nicht, wenn er den Fund auf Nachfrage verheimlicht. Die Anmeldung eines Rechtes
bei der zuständigen Behörde steht dem Erwerbe des Eigenthums nicht entgegen.
§. 974. Sind vor dem Ablauf der sechsmonatigen Frist
Empfangsberechtigte dem Finder bekannt geworden oder haben sie bei einer Sache,
die mehr als zehn Deutsche Mark wert ist, ihre Rechte bei der zuständigen
Behörde rechtzeitig angemeldet, so kann der Finder die Empfangsberechtigten
nach den Vorschriften des §. 1003 zur Erklärung über die ihm nach den §§. 970
bis 972 zustehenden Ansprüche auffordern. Mit dem Ablaufe der für die Erklärung
bestimmten Frist erwirbt der Finder das Eigenthum und erlöschen die sonstigen
Rechte an der Sache, wenn nicht die Empfangsberechtigten sich rechtzeitig zu
der Befriedigung der Ansprüche bereit erklären.
§. 975. Durch die Ablieferung der Sache oder des
Versteigerungserlöses an die zuständige Behörde werden die Rechte des Finders
nicht berührt. Läßt die zuständige Behörde die Sache versteigern, so tritt der
Erlös an die Stelle der Sache. Die zuständige Behörde darf die Sache oder den
Erlös nur mit Zustimmung des Finders einem Empfangsberechtigten herausgeben.
§. 976. Verzichtet der Finder der zuständigen Behörde
gegenüber auf das Recht zum Erwerbe des Eigenthums an der Sache, so geht sein
Recht auf die Gemeinde des Fundorts über.
Hat der Finder nach der Ablieferung der Sache oder des
Versteigerungserlöses an die zuständige Behörde auf Grund der Vorschriften der
§§. 973, 974 das Eigenthum erworben, so geht es auf die Gemeinde des Fundorts
über, wenn nicht der Finder vor dem Ablauf einer ihm von der zuständigen
Behörde bestimmten Frist die Herausgabe verlangt.
§. 977. Wer in Folge der Vorschriften der §§. 973, 974, 976
einen Rechtsverlust erleidet, kann in den Fällen der §§. 973, 974 von dem
Finder, in den Fällen des §. 976 von der Gemeinde des Fundorts die Herausgabe
des durch die Rechtsänderung Erlangten nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Anspruch erlischt
mit dem Ablaufe von drei Jahren nach dem Uebergange des Eigenthums auf den
Finder oder die Gemeinde, wenn nicht die gerichtliche Geltendmachung vorher
erfolgt.
§. 978. Wer eine Sache in den Geschäftsräumen oder den
Beförderungsmitteln einer öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen
Verkehre dienenden Verkehrsanstalt findet und an sich nimmt, hat die Sache
unverzüglich an die Behörde oder die Verkehrsanstalt oder an einen ihrer
Angestellten abzuliefern. Die Vorschriften der §§ 965 bis 967 und 969 bis 977
finden keine Anwendung.
Ist die Sache nicht weniger als einhundert Deutsche Mark
wert, so kann der Finder von dem Empfangsberechtigten einen Finderlohn
verlangen. Der Finderlohn besteht in der Hälfte des Betrages, der sich bei
Anwendung des § 971 Abs. 1 Satz 2, 3 ergeben würde. Der Anspruch ist
ausgeschlossen, wenn der Finder Bediensteter der Behörde oder der
Verkehrsanstalt ist oder der Finder die Ablieferungspflicht verletzt. Die für
die Ansprüche des Besitzers gegen den Eigentümer wegen Verwendungen geltende
Vorschrift des § 1001 findet auf den Finderlohnanspruch entsprechende
Anwendung. Besteht ein Anspruch auf Finderlohn, so hat die Behörde oder die
Verkehrsanstalt dem Finder die Herausgabe der Sache an einen
Empfangsberechtigten anzuzeigen.
Fällt der Versteigerungserlös oder gefundenes Geld an den
nach § 981 Abs. 1 Berechtigten, so besteht ein Anspruch auf Finderlohn nach
Absatz 2 Satz 1 bis 3 gegen diesen. Der Anspruch erlischt mit dem Ablauf von
drei Jahren nach seiner Entstehung gegen den in Satz 1 bezeichneten
Berechtigten.
§. 979. Die Behörde oder die Verkehrsanstalt kann die an sie
abgelieferte Sache öffentlich versteigern lassen. Die öffentlichen Behörden und
die Verkehrsanstalten des Reichs, der Bundesstaaten und der Gemeinden können
die Versteigerung durch einen ihrer Beamten vornehmen lassen.
Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.
§. 980. Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem die
Empfangsberechtigten in einer öffentlichen Bekanntmachung des Fundes zur
Anmeldung ihrer Rechte unter Bestimmung einer Frist aufgefordert worden sind
und die Frist verstrichen ist; sie ist unzulässig, wenn eine Anmeldung
rechtzeitig erfolgt ist.
Die Bekanntmachung ist nicht erforderlich, wenn der Verderb
der Sache zu besorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten
verbunden ist.
§. 981. Sind seit dem Ablaufe der in der öffentlichen Bekanntmachung
bestimmten Frist drei Jahre verstrichen, so fällt der Versteigerungserlös, wenn
nicht ein Empfangsberechtigter sein Recht angemeldet hat, bei Reichsbehörden
und Reichsanstalten an den Reichsfiskus, bei Landesbehörden und Landesanstalten
an den Fiskus des Bundesstaats, bei Gemeindebehörden und Gemeindeanstalten an
die Gemeinde, bei Verkehrsanstalten, die von einer Privatperson betrieben
werden, an diese.
Ist die Versteigerung ohne die öffentliche Bekanntmachung
erfolgt, so beginnt die dreijährige Frist erst, nachdem die
Empfangsberechtigten in einer öffentlichen Bekanntmachung des Fundes zur
Anmeldung ihrer Rechte aufgefordert worden sind. Das Gleiche gilt, wenn
gefundenes Geld abgeliefert worden ist.
Die Kosten werden von dem herauszugebenden Betrag abgezogen.
§. 982. Die in den §§. 980, 981 vorgeschriebene
Bekanntmachung erfolgt bei Reichsbehörden und Reichsanstalten nach den von dem
Bundesrath, in den übrigen Fällen nach den von der Zentralbehörde des
Bundesstaats erlassenen Vorschriften.
§. 983. Ist eine öffentliche Behörde im Besitz einer Sache,
zu deren Herausgabe sie verpflichtet ist, ohne daß die Verpflichtung auf
Vertrag beruht, so finden, wenn der Behörde der Empfangsberechtigte oder dessen
Aufenthalt unbekannt ist, die Vorschriften der §§. 979 bis 982 entsprechende
Anwendung.
§. 984. Wird eine Sache, die so lange verborgen gelegen hat,
daß der Eigenthümer nicht mehr zu ermitteln ist (Schatz), entdeckt und in Folge
der Entdeckung in Besitz genommen, so wird das Eigenthum zur Hälfte von dem Entdecker,
zur Hälfte von dem Eigenthümer der Sache erworben, in welcher der Schatz
verborgen war.
Vierter Titel.
Ansprüche aus dem Eigenthume.
§. 985. Der Eigenthümer kann von dem Besitzer die Herausgabe
der Sache verlangen.
§. 986. Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache
verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum
Besitz ableitet, dem Eigenthümer gegenüber zum Besitze berechtigt ist. Ist der
mittelbare Besitzer dem Eigenthümer gegenüber zur Ueberlassung des Besitzes an den
Besitzer nicht befugt, so kann der Eigenthümer von dem Besitzer die Herausgabe
der Sache an den mittelbaren Besitzer oder, wenn dieser den Besitz nicht
wiederübernehmen kann oder will, an sich selbst verlangen.
Der Besitzer einer Sache, die nach §. 931 durch Abtretung
des Anspruchs auf Herausgabe veräußert worden ist, kann dem neuen Eigenthümer
die Einwendungen entgegensetzen, welche ihm gegen den abgetretenen Anspruch
zustehen.
§. 987. Der Besitzer hat dem Eigenthümer die Nutzungen
herauszugeben, die er nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit zieht.
Zieht der Besitzer nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit
Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft
ziehen könnte, so ist er dem Eigenthümer zum Ersatze verpflichtet, soweit ihm
ein Verschulden zur Last fällt.
§. 988. Hat ein Besitzer, der die Sache als ihm gehörig oder
zum Zwecke der Ausübung eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden
Nutzungsrechts an der Sache besitzt, den Besitz unentgeltlich erlangt, so ist
er dem Eigenthümer gegenüber zur Herausgabe der Nutzungen, die er vor dem
Eintritte der Rechtshängigkeit zieht, nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.
§. 989. Der Besitzer ist von dem Eintritte der Rechtshängigkeit
an dem Eigenthümer für den Schaden verantwortlich, der dadurch entsteht, daß in
Folge seines Verschuldens die Sache verschlechtert wird, untergeht oder aus
einem anderen Grunde von ihm nicht herausgegeben werden kann.
§. 990. War der Besitzer bei dem Erwerbe des Besitzes nicht
in gutem Glauben, so haftet er dem Eigenthümer von der Zeit des Erwerbes an
nach den §§. 987, 989. Erfährt der Besitzer später, daß er zum Besitze nicht
berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntniß
an.
Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs
bleibt unberührt.
§. 991. Leitet der Besitzer das Recht zum Besitze von einem
mittelbaren Besitzer ab, so finden die Vorschriften des §. 990 in Ansehung der
Nutzungen nur Anwendung, wenn die Voraussetzungen des §. 990 auch bei dem
mittelbaren Besitzer vorliegen oder diesem gegenüber die Rechtshängigkeit
eingetreten ist.
War der Besitzer bei dem Erwerbe des Besitzes in gutem
Glauben, so hat er gleichwohl von dem Erwerb an den im §. 989 bezeichneten
Schaden dem Eigenthümer gegenüber insoweit zu vertreten, als er dem mittelbaren
Besitzer verantwortlich ist.
§. 992. Hat sich der Besitzer durch verbotene Eigenmacht
oder durch eine Straftat den Besitz verschafft, so haftet er dem Eigenthümer nach
den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen.
§. 993. Liegen die in den §§. 987 bis 992 bezeichneten
Voraussetzungen nicht vor, so hat der Besitzer die gezogenen Früchte, soweit
sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft nicht als Ertrag der
Sache anzusehen sind, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben; im Uebrigen ist er weder zur
Herausgabe von Nutzungen noch zum Schadensersatze verpflichtet.
Für die Zeit, für welche dem Besitzer die Nutzungen
verbleiben, finden auf ihn die Vorschriften des §. 101 Anwendung.
§. 994. Der Besitzer kann für die auf die Sache gemachten
nothwendigen Verwendungen von dem Eigenthümer Ersatz verlangen. Die
gewöhnlichen Erhaltungskosten sind ihm jedoch für die Zeit, für welche ihm die
Nutzungen verbleiben, nicht zu ersetzen.
Macht der Besitzer nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit
oder nach dem Beginne der im §. 990 bestimmten Haftung nothwendige
Verwendungen, so bestimmt sich die Ersatzpflicht des Eigenthümers nach den
Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
§. 995. Zu den nothwendigen Verwendungen im Sinne des §. 994
gehören auch die Aufwendungen, die der Besitzer zur Bestreitung von Lasten der
Sache macht. Für die Zeit, für welche dem Besitzer die Nutzungen verbleiben,
sind ihm nur die Aufwendungen für solche außerordentliche Lasten zu ersetzen,
die als auf den Stammwerth der Sache gelegt anzusehen sind.
§. 996. Für andere als nothwendige Verwendungen kann der
Besitzer Ersatz nur insoweit verlangen, als sie vor dem Eintritte der
Rechtshängigkeit und vor dem Beginne der im §. 990 bestimmten Haftung gemacht
werden und der Werth der Sache durch sie noch zu der Zeit erhöht ist, zu
welcher der Eigenthümer die Sache wiedererlangt.
§. 997. Hat der Besitzer mit der Sache eine andere Sache als
wesentlichen Bestandtheil verbunden, so kann er sie abtrennen und sich
aneignen. Die Vorschriften des §. 258 finden Anwendung.
Das Recht zur Abtrennung ist ausgeschlossen, wenn der
Besitzer nach §. 994 Abs. 1 Satz 2 für die Verwendung Ersatz nicht verlangen
kann oder die Abtrennung für ihn keinen Nutzen hat oder ihm mindestens der
Werth ersetzt wird, den der Bestandtheil nach der Abtrennung für ihn haben
würde.
§. 998. Ist ein landwirthschaftliches Grundstück
herauszugeben, so hat der Eigenthümer die Kosten, die der Besitzer auf die noch
nicht getrennten, jedoch nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor
dem Ende des Wirthschaftsjahrs zu trennenden Früchte verwendet hat, insoweit zu
ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth
dieser Früchte nicht übersteigen.
§. 999. Der Besitzer kann für die Verwendungen eines
Vorbesitzers, dessen Rechtsnachfolger er geworden ist, in demselben Umfang
Ersatz verlangen, in welchem ihn der Vorbesitzer fordern könnte, wenn er die
Sache herauszugeben hätte.
Die Verpflichtung des Eigenthümers zum Ersatze von
Verwendungen erstreckt sich auch auf die Verwendungen, die gemacht worden sind,
bevor er das Eigenthum erworben hat.
§. 1000. Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache
verweigern, bis er wegen der ihm zu ersetzenden Verwendungen befriedigt wird.
Das Zurückbehaltungsrecht steht ihm nicht zu, wenn er die Sache durch eine
vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
§. 1001. Der Besitzer kann den Anspruch auf den Ersatz der
Verwendungen nur geltend machen, wenn der Eigenthümer die Sache wiedererlangt
oder die Verwendungen genehmigt. Bis zur Genehmigung der Verwendungen kann sich
der Eigenthümer von dem Anspruche dadurch befreien, daß er die wiedererlangte
Sache zurückgiebt. Die Genehmigung gilt als ertheilt, wenn der Eigenthümer die
ihm von dem Besitzer unter Vorbehalt des Anspruchs angebotene Sache annimmt.
§. 1002. Giebt der Besitzer die Sache dem Eigenthümer heraus,
so erlischt der Anspruch auf den Ersatz der Verwendungen mit dem Ablauf eines
Monats, bei einem Grundstücke mit dem Ablaufe von sechs Monaten nach der
Herausgabe, wenn nicht vorher die gerichtliche Geltendmachung erfolgt oder der
Eigenthümer die Verwendungen genehmigt.
Auf diese Fristen finden die für die Verjährung geltenden
Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
§. 1003. Der Besitzer kann den Eigenthümer unter Angabe des
als Ersatz verlangten Betrags auffordern, sich innerhalb einer von ihm
bestimmten angemessenen Frist darüber zu erklären, ob er die Verwendungen
genehmige. Nach dem Ablaufe der Frist ist der Besitzer berechtigt, Befriedigung
aus der Sache nach den Vorschriften über den Pfandverkauf, bei einem
Grundstücke nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das
unbewegliche Vermögen zu suchen, wenn nicht die Genehmigung rechtzeitig
erfolgt.
Bestreitet der Eigenthümer den Anspruch vor dem Ablaufe der
Frist, so kann sich der Besitzer aus der Sache erst dann befriedigen, wenn er
nach rechtskräftiger Feststellung des Betrags der Verwendungen den Eigenthümer
unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung aufgefordert hat und
die Frist verstrichen ist; das Recht auf Befriedigung aus der Sache ist
ausgeschlossen, wenn die Genehmigung rechtzeitig erfolgt.
§. 1004. Wird das Eigenthum in anderer Weise als durch
Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der
Eigenthümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind
weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigenthümer auf
Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigenthümer zur
Duldung verpflichtet ist.
§. 1005. Befindet sich eine Sache auf einem Grundstücke, das
ein Anderer als der Eigenthümer der Sache besitzt, so steht diesem gegen den
Besitzer des Grundstücks der im §. 867 bestimmte Anspruch zu.
§. 1006. Zu Gunsten des Besitzers einer beweglichen Sache
wird vermuthet, daß er Eigenthümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem
früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen
oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, daß es sich um Geld oder
Inhaberpapiere handelt.
Zu Gunsten eines früheren Besitzers wird vermuthet, daß er
während der Dauer seines Besitzes Eigenthümer der Sache gewesen sei.
Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermuthung für
den mittelbaren Besitzer.
§. 1007. Wer eine bewegliche Sache im Besitze gehabt hat,
kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerbe
des Besitzes nicht in gutem Glauben war.
Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden,
verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so kann er die Herausgabe auch
von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, daß dieser Eigenthümer
der Sache ist oder die Sache ihm vor der Besitzzeit des früheren Besitzers
abhanden gekommen war. Auf Geld und Inhaberpapiere findet diese Vorschrift
keine Anwendung.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer
bei dem Erwerbe des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er den Besitz
aufgegeben hat. Im Uebrigen finden die Vorschriften der §§. 986 bis 1003
entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Miteigenthum.
§. 1008. Steht das Eigenthum an einer Sache Mehreren nach
Bruchtheilen zu, so gelten die Vorschriften der §§. 1009 bis 1011.
§. 1009. Die gemeinschaftliche Sache kann auch zu Gunsten
eines Miteigenthümers belastet werden.
Die Belastung eines gemeinschaftlichen Grundstücks zu
Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines anderen Grundstücks sowie die
Belastung eines anderen Grundstücks zu Gunsten der jeweiligen Eigenthümer des
gemeinschaftlichen Grundstücks wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß das
andere Grundstück einem Miteigenthümer des gemeinschaftlichen Grundstücks
gehört.
§. 1010. Haben die Miteigenthümer eines Grundstücks die
Verwaltung und Benutzung geregelt oder das Recht, die Aufhebung der
Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine
Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt die getroffene Bestimmung gegen den
Sondernachfolger eines Miteigenthümers nur, wenn sie als Belastung des Antheils
im Grundbuch eingetragen ist.
Die in den §§. 755, 756 bestimmten Ansprüche können gegen
den Sondernachfolger eines Miteigenthümers nur geltend gemacht werden, wenn sie
im Grundbuch eingetragen sind.
§. 1011. Jeder Miteigenthümer kann die Ansprüche aus dem
Eigenthume Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den
Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des §. 432.
Vierter Abschnitt.
Erbbaurecht.
§. 1012. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S. 72, ausgegeben am 22. 01.
1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1013. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S. 72, ausgegeben am 22. 01. 1919,
in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1014. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S. 72, ausgegeben am 22. 01.
1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1015. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S. 72, ausgegeben am 22. 01.
1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1016. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S. 72, ausgegeben am 22. 01.
1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1017. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S. 72, ausgegeben am 22. 01.
1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
Fünfter Abschnitt.
Dienstbarkeiten.
Erster Titel.
Grunddienstbarkeiten.
§. 1018. Ein Grundstück kann zu Gunsten des jeweiligen
Eigenthümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, daß dieser
das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder daß auf dem
Grundstücke gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder daß die
Ausübung eines Rechtes ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigenthum an dem
belasteten Grundstücke dem anderen Grundstücke gegenüber ergiebt
(Grunddienstbarkeit).
§. 1019. Eine Grunddienstbarkeit kann nur in einer Belastung
bestehen, die für die Benutzung des Grundstücks des Berechtigten Vortheil
bietet. Ueber das sich hieraus ergebende Maß hinaus kann der Inhalt der
Dienstbarkeit nicht erstreckt werden.
§. 1020. Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der
Berechtigte das Interesse des Eigenthümers des belasteten Grundstücks
thunlichst zu schonen. Hält er zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem
belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustande zu
erhalten, soweit das Interesse des Eigenthümers es erfordert.
§. 1021. Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine
Anlage auf dem belasteten Grundstücke, so kann bestimmt werden, daß der
Eigenthümer dieses Grundstücks die Anlage zu unterhalten hat, soweit das
Interesse des Berechtigten es erfordert. Steht dem Eigenthümer das Recht zur
Mitbenutzung der Anlage zu, so kann bestimmt werden, daß der Berechtigte die
Anlage zu unterhalten hat, soweit es für das Benutzungsrecht des Eigenthümers
erforderlich ist.
Auf eine solche Unterhaltungspflicht finden die Vorschriften
über die Reallasten entsprechende Anwendung.
§. 1022. Besteht die Grunddienstbarkeit in dem Rechte, auf
einer baulichen Anlage des belasteten Grundstücks eine bauliche Anlage zu
halten, so hat, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, der Eigenthümer des
belasteten Grundstücks seine Anlage zu unterhalten, soweit das Interesse des
Berechtigten es erfordert. Die Vorschrift des §. 1021 Abs. 2 gilt auch für
diese Unterhaltungspflicht.
§. 1023. Beschränkt sich die jeweilige Ausübung einer
Grunddienstbarkeit auf einen Theil des belasteten Grundstücks, so kann der
Eigenthümer die Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten
ebenso geeignete Stelle verlangen, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle
für ihn besonders beschwerlich ist; die Kosten der Verlegung hat er zu tragen
und vorzuschießen. Dies gilt auch dann, wenn der Theil des Grundstücks, auf den
sich die Ausübung beschränkt, durch Rechtsgeschäft bestimmt ist.
Das Recht auf die Verlegung kann nicht durch Rechtsgeschäft
ausgeschlossen oder beschränkt werden.
§. 1024. Trifft eine Grunddienstbarkeit mit einer anderen
Grunddienstbarkeit oder einem sonstigen Nutzungsrecht an dem Grundstücke
dergestalt zusammen, daß die Rechte nebeneinander nicht oder nicht vollständig
ausgeübt werden können, und haben die Rechte gleichen Rang, so kann jeder
Berechtigte eine den Interessen aller Berechtigten nach billigem Ermessen
entsprechende Regelung der Ausübung verlangen.
§. 1025. Wird das Grundstück des Berechtigten getheilt, so
besteht die Grunddienstbarkeit für die einzelnen Theile fort; die Ausübung ist
jedoch im Zweifel nur in der Weise zulässig, daß sie für den Eigenthümer des
belasteten Grundstücks nicht beschwerlicher wird. Gereicht die Dienstbarkeit
nur einem der Theile zum Vortheile, so erlischt sie für die übrigen Theile.
§. 1026. Wird das belastete Grundstück getheilt, so werden,
wenn die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Theil des
belasteten Grundstücks beschränkt ist, die Theile, welche außerhalb des
Bereichs der Ausübung liegen, von der Dienstbarkeit frei.
§. 1027. Wird eine Grunddienstbarkeit beeinträchtigt, so
stehen dem Berechtigten die im §. 1004 bestimmten Rechte zu.
§. 1028. Ist auf dem belasteten Grundstück eine Anlage,
durch welche die Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird, errichtet worden, so
unterliegt der Anspruch des Berechtigten auf Beseitigung der Beeinträchtigung
der Verjährung, auch wenn die Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. Mit
der Verjährung des Anspruchs erlischt die Dienstbarkeit, soweit der Bestand der
Anlage mit ihr in Widerspruch steht.
Die Vorschriften des §. 892 finden keine Anwendung.
§. 1029. Wird der Besitzer eines Grundstücks in der Ausübung
einer für den Eigenthümer im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit
gestört, so finden die für den Besitzschutz geltenden Vorschriften
entsprechende Anwendung, soweit die Dienstbarkeit innerhalb eines Jahres vor
der Störung, sei es auch nur einmal, ausgeübt worden ist.
Zweiter Titel.
Nießbrauch.
I. Nießbrauch an Sachen.
§. 1030. Eine Sache kann in der Weise belastet werden, daß
derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die
Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch).
Der Nießbrauch kann durch den Ausschluß einzelner Nutzungen
beschränkt werden.
§. 1031. Mit dem Nießbrauch an einem Grundstück erlangt der
Nießbraucher den Nießbrauch an dem Zubehöre nach den für den Erwerb des
Eigenthums geltenden Vorschriften des §. 926.
§. 1032. Zur Bestellung des Nießbrauchs an einer beweglichen
Sache ist erforderlich, daß der Eigenthümer die Sache dem Erwerber übergiebt
und beide darüber einig sind, daß diesem der Nießbrauch zustehen soll. Die
Vorschriften des § 929 Satz 2, der §§ 930 bis 932 und der §§ 933 bis 936 finden
entsprechende Anwendung; in den Fällen des §. 936 tritt nur die Wirkung ein,
daß der Nießbrauch dem Rechte des Dritten vorgeht.
§. 1033. Der Nießbrauch an einer beweglichen Sache kann
durch Ersitzung erworben werden. Die für den Erwerb des Eigenthums durch
Ersitzung geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.
§. 1034. Der Nießbraucher kann den Zustand der Sache auf
seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen. Das gleiche Recht steht dem
Eigenthümer zu.
§. 1035. Bei dem Nießbrauch an einem Inbegriffe von Sachen
sind der Nießbraucher und der Eigenthümer einander verpflichtet, zur Aufnahme
eines Verzeichnisses der Sachen mitzuwirken. Das Verzeichniß ist mit der Angabe
des Tages der Aufnahme zu versehen und von beiden Theilen zu unterzeichnen;
jeder Theil kann verlangen, daß die Unterzeichnung öffentlich beglaubigt wird.
Jeder Theil kann auch verlangen, daß das Verzeichniß durch die zuständige
Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird. Die
Kosten hat derjenige zu tragen und vorzuschießen, welcher die Aufnahme oder die
Beglaubigung verlangt.
§. 1036. Der Nießbraucher ist zum Besitze der Sache
berechtigt.
Er hat bei der Ausübung des Nutzungsrechts die bisherige wirthschaftliche
Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft zu verfahren.
§. 1037. Der Nießbraucher ist nicht berechtigt, die Sache
umzugestalten oder wesentlich zu verändern.
Der Nießbraucher eines Grundstücks darf neue Anlagen zur
Gewinnung von Steinen, Kies, Sand, Lehm, Thon, Mergel, Torf und sonstigen
Bodenbestandtheilen errichten, sofern nicht die wirthschaftliche Bestimmung des
Grundstücks dadurch wesentlich verändert wird.
§. 1038. Ist ein Wald Gegenstand des Nießbrauchs, so kann
sowohl der Eigenthümer als der Nießbraucher verlangen, daß das Maß der Nutzung
und die Art der wirthschaftlichen Behandlung durch einen Wirthschaftsplan
festgestellt werden. Tritt eine erhebliche Aenderung der Umstände ein, so kann
jeder Theil eine entsprechende Aenderung des Wirthschaftsplans verlangen. Die
Kosten hat jeder Theil zur Hälfte zu tragen.
Das Gleiche gilt, wenn ein Bergwerk oder eine andere auf
Gewinnung von Bodenbestandtheilen gerichtete Anlage Gegenstand des Nießbrauchs
ist.
§. 1039. Der Nießbraucher erwirbt das Eigenthum auch an
solchen Früchten, die er den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zuwider
oder die er deshalb im Uebermaße zieht, weil dies in Folge eines besonderen Ereignisses
nothwendig geworden ist. Er ist jedoch, unbeschadet seiner Verantwortlichkeit
für ein Verschulden, verpflichtet, den Werth der Früchte dem Eigenthümer bei
der Beendigung des Nießbrauchs zu ersetzen und für die Erfüllung dieser
Verpflichtung Sicherheit zu leisten. Sowohl der Eigenthümer als der
Nießbraucher kann verlangen, daß der zu ersetzende Betrag zur Wiederherstellung
der Sache insoweit verwendet wird, als es einer ordnungsmäßigen Wirthschaft
entspricht.
Wird die Verwendung zur Wiederherstellung der Sache nicht
verlangt, so fällt die Ersatzpflicht weg, soweit durch den ordnungswidrigen
oder den übermäßigen Fruchtbezug die dem Nießbraucher gebührenden Nutzungen
beeinträchtigt werden.
§. 1040. Das Recht des Nießbrauchers erstreckt sich nicht
auf den Antheil des Eigenthümers an einem Schatze, der in der Sache gefunden
wird.
§. 1041. Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache in
ihrem wirthschaftlichen Bestande zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen
liegen ihm nur insoweit ob, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache
gehören.
§. 1042. Wird die Sache zerstört oder beschädigt oder wird
eine außergewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung der Sache oder eine
Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich,
so hat der Nießbraucher dem Eigenthümer unverzüglich Anzeige zu machen. Das
Gleiche gilt, wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt.
§. 1043. Nimmt der Nießbraucher eines Grundstücks eine
erforderlich gewordene außergewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung selbst
vor, so darf er zu diesem Zwecke innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft auch Bestandtheile des Grundstücks verwenden, die nicht zu den ihm
gebührenden Früchten gehören.
§. 1044. Nimmt der Nießbraucher eine erforderlich gewordene
Ausbesserung oder Erneuerung der Sache nicht selbst vor, so hat er dem
Eigenthümer die Vornahme und, wenn ein Grundstück Gegenstand des Nießbrauchs
ist, die Verwendung der im §. 1043 bezeichneten Bestandtheile des Grundstücks
zu gestatten.
§. 1045. Der Nießbraucher hat die Sache für die Dauer des
Nießbrauchs gegen Brandschaden und sonstige Unfälle auf seine Kosten unter
Versicherung zu bringen, wenn die Versicherung einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft entspricht. Die Versicherung ist so zu nehmen, daß die Forderung
gegen den Versicherer dem Eigenthümer zusteht.
Ist die Sache bereits versichert, so fallen die für die
Versicherung zu leistenden Zahlungen dem Nießbraucher für die Dauer des
Nießbrauchs zur Last, soweit er zur Versicherung verpflichtet sein würde.
§. 1046. An der Forderung gegen den Versicherer steht dem
Nießbraucher der Nießbrauch nach den Vorschriften zu, die für den Nießbrauch an
einer auf Zinsen ausstehenden Forderung gelten.
Tritt ein unter die Versicherung fallender Schaden ein, so
kann sowohl der Eigenthümer als der Nießbraucher verlangen, daß die
Versicherungssumme zur Wiederherstellung der Sache oder zur Beschaffung eines
Ersatzes insoweit verwendet wird, als es einer ordnungsmäßigen Wirthschaft
entspricht. Der Eigenthümer kann die Verwendung selbst besorgen oder dem
Nießbraucher überlassen.
§. 1047. Der Nießbraucher ist dem Eigenthümer gegenüber
verpflichtet, für die Dauer des Nießbrauchs die auf der Sache ruhenden
öffentlichen Lasten mit Ausschluß der außerordentlichen Lasten, die als auf den
Stammwerth der Sache gelegt anzusehen sind, sowie diejenigen privatrechtlichen
Lasten zu tragen, welche schon zur Zeit der Bestellung des Nießbrauchs auf der
Sache ruhten, insbesondere die Zinsen der Hypothekenforderungen und Grundschulden
sowie die auf Grund einer Rentenschuld zu entrichtenden Leistungen.
§. 1048. Ist ein Grundstück sammt Inventar Gegenstand des
Nießbrauchs, so kann der Nießbraucher über die einzelnen Stücke des Inventars
innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft verfügen. Er hat für
den gewöhnlichen Abgang sowie für die nach den Regeln einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft ausscheidenden Stücke Ersatz zu beschaffen; die von ihm
angeschafften Stücke werden mit der Einverleibung in das Inventar Eigenthum
desjenigen, welchem das Inventar gehört.
Übernimmt der Nießbraucher das Inventar zum Schätzwert mit
der Verpflichtung, es bei der Beendigung des Nießbrauchs zum Schätzwert
zurückzugewähren, so finden die Vorschriften des § 582a entsprechende
Anwendung.
§. 1049. Macht der Nießbraucher Verwendungen auf die Sache,
zu denen er nicht verpflichtet ist, so bestimmt sich die Ersatzpflicht des
Eigenthümers nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
Der Nießbraucher ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der
er die Sache versehen hat, wegzunehmen.
§. 1050. Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache,
welche durch die ordnungsmäßige Ausübung des Nießbrauchs herbeigeführt werden,
hat der Nießbraucher nicht zu vertreten.
§. 1051. Wird durch das Verhalten des Nießbrauchers die
Besorgniß einer erheblichen Verletzung der Rechte des Eigenthümers begründet,
so kann der Eigenthümer Sicherheitsleistung verlangen.
§. 1052. Ist der Nießbraucher zur Sicherheitsleistung
rechtskräftig verurtheilt, so kann der Eigenthümer statt der
Sicherheitsleistung verlangen, daß die Ausübung des Nießbrauchs für Rechnung
des Nießbrauchers einem von dem Gerichte zu bestellenden Verwalter übertragen
wird. Die Anordnung der Verwaltung ist nur zulässig, wenn dem Nießbraucher auf
Antrag des Eigenthümers von dem Gericht eine Frist zur Sicherheitsleistung
bestimmt worden und die Frist verstrichen ist; sie ist unzulässig, wenn die
Sicherheit vor dem Ablaufe der Frist geleistet wird.
Der Verwalter steht unter der Aufsicht des Gerichts wie ein
für die Zwangsverwaltung eines Grundstücks bestellter Verwalter. Verwalter kann
auch der Eigenthümer sein.
Die Verwaltung ist aufzuheben, wenn die Sicherheit
nachträglich geleistet wird.
§. 1053. Macht der Nießbraucher einen Gebrauch von der
Sache, zu dem er nicht befugt ist, und setzt er den Gebrauch ungeachtet einer
Abmahnung des Eigenthümers fort, so kann der Eigenthümer auf Unterlassung
klagen.
§. 1054. Verletzt der Nießbraucher die Rechte des
Eigenthümers in erheblichem Maße und setzt er das verletzende Verhalten
ungeachtet einer Abmahnung des Eigenthümers fort, so kann der Eigenthümer die
Anordnung einer Verwaltung nach §. 1052 verlangen.
§. 1055. Der Nießbraucher ist verpflichtet, die Sache nach
der Beendigung des Nießbrauchs dem Eigenthümer zurückzugeben.
Bei dem Nießbrauch an einem landwirtschaftlichen Grundstück
finden die Vorschriften des § 596 Abs. 1 und des § 596a, bei dem Nießbrauch an
einem Landgut finden die Vorschriften des § 596 Abs. 1 und der §§ 596a, 596b
entsprechende Anwendung.
§. 1056. Hat der Nießbraucher ein Grundstück über die Dauer
des Nießbrauchs hinaus vermiethet oder verpachtet, so finden nach der
Beendigung des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung geltenden
Vorschriften der §§. 571, 572, des §. 573 Satz 1 und der §§. 574 bis 576, 579
entsprechende Anwendung.
Der Eigenthümer ist berechtigt, das Mieth- oder
Pachtverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen.
Verzichtet der Nießbraucher auf den Nießbrauch, so ist die Kündigung erst von der
Zeit an zulässig, zu welcher der Nießbrauch ohne den Verzicht erlöschen würde.
Der Miether oder der Pächter ist berechtigt, den Eigenthümer
unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber aufzufordern,
ob er von dem Kündigungsrechte Gebrauch mache. Die Kündigung kann nur bis zum
Ablaufe der Frist erfolgen.
§. 1057. Die Ersatzansprüche des Eigenthümers wegen
Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache sowie die Ansprüche des
Nießbrauchers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme
einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Vorschriften des §. 558 Abs.
2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§. 1058. Im Verhältnisse zwischen dem Nießbraucher und dem
Eigenthümer gilt zu Gunsten des Nießbrauchers der Besteller als Eigenthümer, es
sei denn, daß der Nießbraucher weiß, daß der Besteller nicht Eigenthümer ist.
§. 1059. Der Nießbrauch ist nicht übertragbar. Die Ausübung
des Nießbrauchs kann einem Anderen überlassen werden.
§. 1059a. Steht ein Nießbrauch einer juristischen Person zu,
so ist er nach Maßgabe der folgenden Vorschriften übertragbar:
1. Geht das Vermögen der juristischen Person auf dem Wege
der Gesamtrechtsnachfolge auf einen anderen über, so geht auch der Nießbrauch
auf den Rechtsnachfolger über, es sei denn, daß der Übergang ausdrücklich
ausgeschlossen ist.
2. Wird sonst ein von einer juristischen Person betriebenes
Unternehmen oder ein Teil eines solchen Unternehmens auf einen anderen
übertragen, so kann auf den Erwerber auch ein Nießbrauch übertragen werden, sofern
er den Zwecken des Unternehmens oder des Teiles des Unternehmens zu dienen
geeignet ist. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, wird durch eine Erklärung
der obersten Landesbehörde oder der von ihr ermächtigten Behörde festgestellt.
Die Erklärung bindet die Gerichte und die Verwaltungsbehörden.
§. 1059b. Ein Nießbrauch kann auf Grund der Vorschriften des
§ 1059a weder gepfändet noch verpfändet noch mit einem Nießbrauch belastet
werden.
§. 1059c. Im Falle des Übergangs oder der Übertragung des
Nießbrauchs tritt der Erwerber an Stelle des bisherigen Berechtigten in die mit
dem Nießbrauch verbundenen Rechte und Verpflichtungen gegenüber dem Eigentümer
ein. Sind in Ansehung dieser Rechte und Verpflichtungen Vereinbarungen zwischen
dem Eigentümer und dem Berechtigten getroffen worden, so wirken sie auch für
und gegen den Erwerber.
Durch den Übergang oder die Übertragung des Nießbrauchs wird
ein Anspruch auf Entschädigung weder für den Eigentümer noch für sonstige
dinglich Berechtigte begründet.
§. 1059d. Hat der bisherige Berechtigte das mit dem
Nießbrauch belastete Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet
oder verpachtet, so sind nach der Übertragung des Nießbrauchs die für den Fall
der Veräußerung geltenden Vorschriften der §§ 571 bis 576, 578 und 579
entsprechend anzuwenden.
§. 1059e. Steht ein Anspruch auf Einräumung eines
Nießbrauchs einer juristischen Person zu, so gelten die Vorschriften der §§
1059a bis 1059d entsprechend.
§. 1060. Trifft ein Nießbrauch mit einem anderen Nießbrauch
oder mit einem sonstigen Nutzungsrecht an der Sache dergestalt zusammen, daß
die Rechte neben einander nicht oder nicht vollständig ausgeübt werden können,
und haben die Rechte gleichen Rang, so findet die Vorschrift des §. 1024
Anwendung.
§. 1061. Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des
Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person zu, so erlischt
er mit dieser.
§. 1062. Wird der Nießbrauch an einem Grundstücke durch
Rechtsgeschäft aufgehoben, so erstreckt sich die Aufhebung im Zweifel auf den
Nießbrauch an dem Zubehöre.
§. 1063. Der Nießbrauch an einer beweglichen Sache erlischt,
wenn er mit dem Eigenthum in derselben Person zusammentrifft.
Der Nießbrauch gilt als nicht erloschen, soweit der
Eigenthümer ein rechtliches Interesse an dem Fortbestehen des Nießbrauchs hat.
§. 1064. Zur Aufhebung des Nießbrauchs an einer beweglichen
Sache durch Rechtsgeschäft genügt die Erklärung des Nießbrauchers gegenüber dem
Eigenthümer oder dem Besteller, daß er den Nießbrauch aufgebe.
§. 1065. Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so
finden auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem
Eigenthume geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§. 1066. Besteht ein Nießbrauch an dem Antheil eines
Miteigenthümers, so übt der Nießbraucher die Rechte aus, die sich aus der
Gemeinschaft der Miteigenthümer in Ansehung der Verwaltung der Sache und der
Art ihrer Benutzung ergeben.
Die Aufhebung der Gemeinschaft kann nur von dem
Miteigenthümer und dem Nießbraucher gemeinschaftlich verlangt werden.
Wird die Gemeinschaft aufgehoben, so gebührt dem
Nießbraucher der Nießbrauch an den Gegenständen, welche an die Stelle des
Antheils treten.
§. 1067. Sind verbrauchbare Sachen Gegenstand des
Nießbrauchs, so wird der Nießbraucher Eigenthümer der Sachen; nach der
Beendigung des Nießbrauchs hat er dem Besteller den Werth zu ersetzen, den die
Sachen zur Zeit der Bestellung hatten. Sowohl der Besteller als der
Nießbraucher kann den Werth auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen
lassen.
Der Besteller kann Sicherheitsleistung verlangen, wenn der
Anspruch auf Ersatz des Werthes gefährdet ist.
II. Nießbrauch an Rechten.
§. 1068. Gegenstand des Nießbrauchs kann auch ein Recht
sein.
Auf den Nießbrauch an Rechten finden die Vorschriften über
den Nießbrauch an Sachen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§.
1069 bis 1084 ein Anderes ergiebt.
§. 1069. Die Bestellung des Nießbrauchs an einem Rechte
erfolgt nach den für die Uebertragung des Rechtes geltenden Vorschriften.
An einem Rechte, das nicht übertragbar ist, kann ein
Nießbrauch nicht bestellt werden.
§. 1070. Ist ein Recht, kraft dessen eine Leistung gefordert
werden kann, Gegenstand des Nießbrauchs, so finden auf das Rechtsverhältniß
zwischen dem Nießbraucher und dem Verpflichteten die Vorschriften entsprechende
Anwendung, welche im Falle der Uebertragung des Rechtes für das
Rechtsverhältniß zwischen dem Erwerber und dem Verpflichteten gelten.
Wird die Ausübung des Nießbrauchs nach §. 1052 einem
Verwalter übertragen, so ist die Uebertragung dem Verpflichteten gegenüber erst
wirksam, wenn er von der getroffenen Anordnung Kenntniß erlangt oder wenn ihm
eine Mittheilung von der Anordnung zugestellt wird. Das Gleiche gilt von der
Aufhebung der Verwaltung.
§. 1071. Ein dem Nießbrauch unterliegendes Recht kann durch
Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Nießbrauchers aufgehoben werden. Die
Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt;
sie ist unwiderruflich. Die Vorschrift des §. 876 Satz 3 bleibt unberührt.
Das Gleiche gilt im Falle einer Aenderung des Rechtes,
sofern sie den Nießbrauch beeinträchtigt.
§. 1072. Die Beendigung des Nießbrauchs tritt nach den
Vorschriften der §§. 1063, 1064 auch dann ein, wenn das dem Nießbrauch
unterliegende Recht nicht ein Recht an einer beweglichen Sache ist.
§. 1073. Dem Nießbraucher einer Leibrente, eines Auszugs
oder eines ähnlichen Rechtes gebühren die einzelnen Leistungen, die auf Grund
des Rechtes gefordert werden können.
§. 1074. Der Nießbraucher einer Forderung ist zur Einziehung
der Forderung und, wenn die Fälligkeit von einer Kündigung des Gläubigers
abhängt, zur Kündigung berechtigt. Er hat für die ordnungsmäßige Einziehung zu
sorgen. Zu anderen Verfügungen über die Forderung ist er nicht berechtigt.
§. 1075. Mit der Leistung des Schuldners an den Nießbraucher
erwirbt der Gläubiger den geleisteten Gegenstand und der Nießbraucher den
Nießbrauch an dem Gegenstande.
Werden verbrauchbare Sachen geleistet, so erwirbt der
Nießbraucher das Eigenthum; die Vorschriften des §. 1067 finden entsprechende
Anwendung.
§. 1076. Ist eine auf Zinsen ausstehende Forderung
Gegenstand des Nießbrauchs, so gelten die Vorschriften der §§. 1077 bis 1079.
§. 1077. Der Schuldner kann das Kapital nur an den
Nießbraucher und den Gläubiger gemeinschaftlich zahlen. Jeder von beiden kann
verlangen, daß an sie gemeinschaftlich gezahlt wird; jeder kann statt der
Zahlung die Hinterlegung für beide fordern.
Der Nießbraucher und der Gläubiger können nur
gemeinschaftlich kündigen. Die Kündigung des Schuldners ist nur wirksam, wenn
sie dem Nießbraucher und dem Gläubiger erklärt wird.
§. 1078. Ist die Forderung fällig, so sind der Nießbraucher
und der Gläubiger einander verpflichtet, zur Einziehung mitzuwirken. Hängt die
Fälligkeit von einer Kündigung ab, so kann jeder Theil die Mitwirkung des
anderen zur Kündigung verlangen, wenn die Einziehung der Forderung wegen
Gefährdung ihrer Sicherheit nach den Regeln einer ordnungsmäßigen
Vermögensverwaltung geboten ist.
§. 1079. Der Nießbraucher und der Gläubiger sind einander
verpflichtet, dazu mitzuwirken, daß das eingezogene Kapital nach den für die
Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften verzinslich angelegt und
gleichzeitig dem Nießbraucher der Nießbrauch bestellt wird. Die Art der Anlegung
bestimmt der Nießbraucher.
§. 1080. Die Vorschriften über den Nießbrauch an einer
Forderung gelten auch für den Nießbrauch an einer Grundschuld und an einer
Rentenschuld.
§. 1081. Ist ein Inhaberpapier oder ein Orderpapier, das mit
Blankoindossament versehen ist, Gegenstand des Nießbrauchs, so steht der Besitz
des Papiers und des zu dem Papiere gehörenden Erneuerungsscheins dem
Nießbraucher und dem Eigenthümer gemeinschaftlich zu. Der Besitz der zu dem
Papiere gehörenden Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine steht dem
Nießbraucher zu.
Zur Bestellung des Nießbrauchs genügt an Stelle der
Uebergabe des Papiers die Einräumung des Mitbesitzes.
§. 1082. Das Papier ist nebst dem Erneuerungsschein auf
Verlangen des Nießbrauchers oder des Eigenthümers bei einer Hinterlegungsstelle
mit der Bestimmung zu hinterlegen, daß die Herausgabe nur von dem Nießbraucher
und dem Eigenthümer gemeinschaftlich verlangt werden kann. Der Nießbraucher
kann auch Hinterlegung bei der Reichsbank, bei der Deutschen
Zentralgenossenschaftskasse oder bei der Deutschen Girozentrale (Deutschen
Kommunalbank) verlangen. 18
§. 1083. Der Nießbraucher und der Eigenthümer des Papiers
sind für einander verpflichtet, zur Einziehung des fälligen Kapitals, zur
Beschaffung neuer Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine sowie zu sonstigen
Maßnahmen mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung erforderlich
sind.
Im Falle der Einlösung des Papiers finden die Vorschriften
des §. 1079 Anwendung. Eine bei der Einlösung gezahlte Prämie gilt als Theil
des Kapitals.
§. 1084. Gehört ein Inhaberpapier oder ein Orderpapier, das
mit Blankoindossament versehen ist, nach §. 92 zu den verbrauchbaren Sachen, so
bewendet es bei den Vorschriften des §. 1067.
III. Nießbrauch an einem Vermögen.
§. 1085. Der Nießbrauch an dem Vermögen einer Person kann
nur in der Weise bestellt werden, daß der Nießbraucher den Nießbrauch an den
einzelnen zu dem Vermögen gehörenden Gegenständen erlangt. Soweit der
Nießbrauch bestellt ist, gelten die Vorschriften der §§. 1086 bis 1088.
§. 1086. Die Gläubiger des Bestellers können, soweit ihre
Forderungen vor der Bestellung entstanden sind, ohne Rücksicht auf den
Nießbrauch Befriedigung aus den dem Nießbrauch unterliegenden Gegenständen
verlangen. Hat der Nießbraucher das Eigenthum an verbrauchbaren Sachen erlangt,
so tritt an die Stelle der Sachen der Anspruch des Bestellers auf Ersatz des
Werthes; der Nießbraucher ist den Gläubigern gegenüber zum sofortigen Ersatze
verpflichtet.
§. 1087. Der Besteller kann, wenn eine vor der Bestellung
entstandene Forderung fällig ist, von dem Nießbraucher Rückgabe der zur
Befriedigung des Gläubigers erforderlichen Gegenstände verlangen. Die Auswahl
steht ihm zu; er kann jedoch nur die vorzugsweise geeigneten Gegenstände
auswählen. Soweit die zurückgegebenen Gegenstände ausreichen, ist der Besteller
dem Nießbraucher gegenüber zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet.
Der Nießbraucher kann die Verbindlichkeit durch Leistung des
geschuldeten Gegenstandes erfüllen. Gehört der geschuldete Gegenstand nicht zu
dem Vermögen, das dem Nießbrauch unterliegt, so ist der Nießbraucher
berechtigt, zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers einen zu dem Vermögen
gehörenden Gegenstand zu veräußern, wenn die Befriedigung durch den Besteller
nicht ohne Gefahr abgewartet werden kann. Er hat einen vorzugsweise geeigneten
Gegenstand auszuwählen. Soweit er zum Ersatze des Werthes verbrauchbarer Sachen
verpflichtet ist, darf er eine Veräußerung nicht vornehmen.
§. 1088. Die Gläubiger des Bestellers, deren Forderungen
schon zur Zeit der Bestellung verzinslich waren, können die Zinsen für die
Dauer des Nießbrauchs auch von dem Nießbraucher verlangen. Das Gleiche gilt von
anderen wiederkehrenden Leistungen, die bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den
Einkünften des Vermögens bestritten werden, wenn die Forderung vor der
Bestellung des Nießbrauchs entstanden ist.
Die Haftung des Nießbrauchers kann nicht durch Vereinbarung
zwischen ihm und dem Besteller ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Der Nießbraucher ist dem Besteller gegenüber zur
Befriedigung der Gläubiger wegen der im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche
verpflichtet. Die Rückgabe von Gegenständen zum Zwecke der Befriedigung kann
der Besteller nur verlangen, wenn der Nießbraucher mit der Erfüllung dieser
Verbindlichkeit in Verzug kommt.
§. 1089. Die Vorschriften der §§. 1085 bis 1088 finden auf
den Nießbrauch an einer Erbschaft entsprechende Anwendung.
Dritter Titel.
Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten.
§. 1090. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden,
daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das
Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder daß ihm eine sonstige
Befugniß zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte
persönliche Dienstbarkeit).
Die Vorschriften der §§. 1020 bis 1024, 1026 bis 1029, 1061
finden entsprechende Anwendung.
§. 1091. Der Umfang einer beschränkten persönlichen
Dienstbarkeit bestimmt sich im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten.
§. 1092. Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist
nicht übertragbar. Die Ausübung der Dienstbarkeit kann einem Anderen nur
überlassen werden, wenn die Ueberlassung gestattet ist.
Steht eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit oder der Anspruch
auf Einräumung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit einer juristischen
Person zu, so gelten die Vorschriften der §§ 1059a bis 1059d entsprechend.
§. 1093. Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch
das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Theil eines Gebäudes unter
Ausschluß des Eigenthümers als Wohnung zu benutzen. Auf dieses Recht finden die
für den Nießbrauch geltenden Vorschriften der §§. 1031, 1034, 1036, des §. 1037
Abs. 1 und der §§. 1041, 1042, 1044, 1049, 1050, 1057, 1062 entsprechende
Anwendung.
Der Berechtigte ist befugt, seine Familie sowie die zur
standesmäßigen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung
aufzunehmen.
Ist das Recht auf einen Theil des Gebäudes beschränkt, so
kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauche der Bewohner
bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen.
Sechster Abschnitt.
Vorkaufsrecht.
§. 1094. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden,
daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, dem Eigenthümer
gegenüber zum Vorkaufe berechtigt ist.
Das Vorkaufsrecht kann auch zu Gunsten des jeweiligen
Eigenthümers eines anderen Grundstücks bestellt werden.
§. 1095. Ein Bruchtheil eines Grundstücks kann mit dem
Vorkaufsrechte nur belastet werden, wenn er in dem Antheil eines
Miteigenthümers besteht.
§. 1096. Das Vorkaufsrecht kann auf das Zubehör erstreckt
werden, das mit dem Grundstücke verkauft wird. Im Zweifel ist anzunehmen, daß
sich das Vorkaufsrecht auf dieses Zubehör erstrecken soll.
§. 1097. Das Vorkaufsrecht beschränkt sich auf den Fall des
Verkaufs durch den Eigenthümer, welchem das Grundstück zur Zeit der Bestellung
gehört, oder durch dessen Erben; es kann jedoch auch für mehrere oder für alle
Verkaufsfälle bestellt werden.
§. 1098. Das Rechtsverhältniß zwischen dem Berechtigten und
dem Verpflichteten bestimmt sich nach den Vorschriften der §§. 504 bis 514. Das
Vorkaufsrecht kann auch dann ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem
Konkursverwalter aus freier Hand verkauft wird.
Dritten gegenüber hat das Vorkaufsrecht die Wirkung einer
Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Rechtes entstehenden
Anspruchs auf Uebertragung des Eigenthums.
Steht ein nach § 1094 Abs. 1 begründetes Vorkaufsrecht einer
juristischen Person zu, so gelten, wenn seine Übertragbarkeit nicht vereinbart
ist, für die Übertragung des Rechts die Vorschriften der §§ 1059a bis 1059d
entsprechend.
§. 1099. Gelangt das Grundstück in das Eigenthum eines
Dritten, so kann dieser in gleicher Weise wie der Verpflichtete dem
Berechtigten den Inhalt des Kaufvertrags mit der im §. 510 Abs. 2 bestimmten
Wirkung mittheilen.
Der Verpflichtete hat den neuen Eigenthümer zu
benachrichtigen, sobald die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt oder
ausgeschlossen ist.
§. 1100. Der neue Eigenthümer kann, wenn er der Käufer oder
ein Rechtsnachfolger des Käufers ist, die Zustimmung zur Eintragung des
Berechtigten als Eigenthümer und die Herausgabe des Grundstücks verweigern, bis
ihm der zwischen dem Verpflichteten und dem Käufer vereinbarte Kaufpreis,
soweit er berichtigt ist, erstattet wird. Erlangt der Berechtigte die
Eintragung als Eigenthümer, so kann der bisherige Eigenthümer von ihm die
Erstattung des berichtigten Kaufpreises gegen Herausgabe des Grundstücks
fordern.
§. 1101. Soweit der Berechtigte nach §. 1100 dem Käufer oder
dessen Rechtsnachfolger den Kaufpreis zu erstatten hat, wird er von der
Verpflichtung zur Zahlung des aus dem Vorkaufe geschuldeten Kaufpreises frei.
§. 1102. Verliert der Käufer oder sein Rechtsnachfolger in Folge
der Geltendmachung des Vorkaufsrechts das Eigenthum, so wird der Käufer, soweit
der von ihm geschuldete Kaufpreis noch nicht berichtigt ist, von seiner
Verpflichtung frei; den berichtigten Kaufpreis kann er nicht zurückfordern.
§. 1103. Ein zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines
Grundstücks bestehendes Vorkaufsrecht kann nicht von dem Eigenthum an diesem
Grundstücke getrennt werden.
Ein zu Gunsten einer bestimmten Person bestehendes
Vorkaufsrecht kann nicht mit dem Eigenthum an einem Grundstücke verbunden
werden.
§. 1104. Ist der Berechtigte unbekannt, so kann er im Wege
des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden, wenn die im §.
1170 für die Ausschließung eines Hypothekengläubigers bestimmten
Voraussetzungen vorliegen. Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erlischt das
Vorkaufsrecht.
Auf ein Vorkaufsrecht, das zu Gunsten des jeweiligen
Eigenthümers eines Grundstücks besteht, finden diese Vorschriften keine
Anwendung.
Siebenter Abschnitt.
Reallasten.
§. 1105. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden,
daß an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wiederkehrende
Leistungen aus dem Grundstücke zu entrichten sind (Reallast).
Die Reallast kann auch zu Gunsten des jeweiligen
Eigenthümers eines anderen Grundstücks bestellt werden.
§. 1106. Ein Bruchtheil eines Grundstücks kann mit einer
Reallast nur belastet werden, wenn er in dem Antheil eines Miteigenthümers
besteht.
§. 1107. Auf die einzelnen Leistungen finden die für die
Zinsen einer Hypothekenforderung geltenden Vorschriften entsprechende
Anwendung.
§. 1108. Der Eigenthümer haftet für die während der Dauer
seines Eigenthums fällig werdenden Leistungen auch persönlich, soweit nicht ein
Anderes bestimmt ist.
Wird das Grundstück getheilt, so haften die Eigenthümer der
einzelnen Theile als Gesammtschuldner.
§. 1109. Wird das Grundstück des Berechtigten getheilt, so
besteht die Reallast für die einzelnen Theile fort. Ist die Leistung theilbar,
so bestimmen sich die Antheile der Eigenthümer nach dem Verhältnisse der Größe
der Theile; ist sie nicht theilbar, so finden die Vorschriften des §. 432
Anwendung. Die Ausübung des Rechtes ist im Zweifel nur in der Weise zulässig,
daß sie für den Eigenthümer des belasteten Grundstücks nicht beschwerlicher
wird.
Der Berechtigte kann bestimmen, daß das Recht nur mit einem
der Theile verbunden sein soll. Die Bestimmung hat dem Grundbuchamte gegenüber
zu erfolgen und bedarf der Eintragung in das Grundbuch; die Vorschriften der
§§. 876, 878 finden entsprechende Anwendung. Veräußert der Berechtigte einen
Theil des Grundstücks, ohne eine solche Bestimmung zu treffen, so bleibt das
Recht mit dem Theile verbunden, den er behält. Gereicht die Reallast nur einem
der Theile zum Vortheile, so bleibt sie mit diesem Theile allein verbunden.
§. 1110. Eine zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines
Grundstücks bestehende Reallast kann nicht von dem Eigenthum an diesem
Grundstücke getrennt werden.
§. 1111. Eine zu Gunsten einer bestimmten Person bestehende
Reallast kann nicht mit dem Eigenthum an einem Grundstücke verbunden werden.
Ist der Anspruch auf die einzelne Leistung nicht
übertragbar, so kann das Recht nicht veräußert oder belastet werden.
§. 1112. Ist der Berechtigte unbekannt, so finden auf die
Ausschließung seines Rechtes die Vorschriften des §. 1104 entsprechende
Anwendung.
Achter Abschnitt.
Hypothek. Grundschuld. Rentenschuld.
Erster Titel.
Hypothek.
§. 1113. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden,
daß an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte
Geldsumme zur Befriedigung wegen einer ihm zustehenden Forderung aus dem
Grundstücke zu zahlen ist (Hypothek).
Die Hypothek kann auch für eine künftige oder eine bedingte
Forderung bestellt werden.
§. 1114. Ein Bruchtheil eines Grundstücks kann mit einer
Hypothek nur belastet werden, wenn er in dem Antheil eines Miteigenthümers
besteht.
§. 1115. Bei der Eintragung der Hypothek müssen der
Gläubiger, der Geldbetrag der Forderung und, wenn die Forderung verzinslich
ist, der Zinssatz, wenn andere Nebenleistungen zu entrichten sind, ihr
Geldbetrag im Grundbuch angegeben werden; im Uebrigen kann zur Bezeichnung der
Forderung auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
Bei der Eintragung der Hypothek für ein Darlehen einer
Kreditanstalt, deren Satzung von der zuständigen Behörde öffentlich bekannt
gemacht worden ist, genügt zur Bezeichnung der außer den Zinsen satzungsgemäß
zu entrichtenden Nebenleistungen die Bezugnahme auf die Satzung.
§. 1116. Ueber die Hypothek wird ein Hypothekenbrief
ertheilt.
Die Ertheilung des Briefes kann ausgeschlossen werden. Die
Ausschließung kann auch nachträglich erfolgen. Zu der Ausschließung ist die
Einigung des Gläubigers und des Eigenthümers sowie die Eintragung in das
Grundbuch erforderlich; die Vorschriften des §. 873 Abs. 2 und der §§. 876, 878
finden entsprechende Anwendung.
Die Ausschließung der Ertheilung des Briefes kann aufgehoben
werden; die Aufhebung erfolgt in gleicher Weise wie die Ausschließung.
§. 1117. Der Gläubiger erwirbt, sofern nicht die Ertheilung
des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, die Hypothek erst, wenn ihm der Brief
von dem Eigenthümer des Grundstücks übergeben wird. Auf die Uebergabe finden
die Vorschriften des §. 929 Satz 2 und der §§. 930, 931 Anwendung.
Die Uebergabe des Briefes kann durch die Vereinbarung
ersetzt werden, daß der Gläubiger berechtigt sein soll, sich den Brief von dem
Grundbuchamt aushändigen zu lassen.
Ist der Gläubiger im Besitze des Briefes, so wird vermuthet,
daß die Uebergabe erfolgt sei.
§. 1118. Kraft der Hypothek haftet das Grundstück auch für
die gesetzlichen Zinsen der Forderung sowie für die Kosten der Kündigung und
der die Befriedigung aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung.
§. 1119. Ist die Forderung unverzinslich oder ist der
Zinssatz niedriger als fünf vom Hundert, so kann die Hypothek ohne Zustimmung
der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten dahin erweitert werden,
daß das Grundstück für Zinsen bis zu fünf vom Hundert haftet.
Zu einer Aenderung der Zahlungszeit und des Zahlungsorts ist
die Zustimmung dieser Berechtigten gleichfalls nicht erforderlich.
§. 1120. Die Hypothek erstreckt sich auf die von dem
Grundstücke getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandtheile, soweit sie
nicht mit der Trennung nach den §§. 954 bis 957 in das Eigenthum eines Anderen
als des Eigenthümers oder des Eigenbesitzers des Grundstücks gelangt sind,
sowie auf das Zubehör des Grundstücks mit Ausnahme der Zubehörstücke, welche
nicht in das Eigenthum des Eigenthümers des Grundstücks gelangt sind.
§. 1121. Erzeugnisse und sonstige Bestandtheile des
Grundstücks sowie Zubehörstücke werden von der Haftung frei, wenn sie veräußert
und von dem Grundstück entfernt werden, bevor sie zu Gunsten des Gläubigers in
Beschlag genommen worden sind.
Erfolgt die Veräußerung vor der Entfernung, so kann sich der
Erwerber dem Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, daß er in Ansehung der
Hypothek in gutem Glauben gewesen sei. Entfernt der Erwerber die Sache von dem
Grundstücke, so ist eine vor der Entfernung erfolgte Beschlagnahme ihm gegenüber
nur wirksam, wenn er bei der Entfernung in Ansehung der Beschlagnahme nicht in
gutem Glauben ist.
§. 1122. Sind die Erzeugnisse oder Bestandtheile innerhalb
der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft von dem Grundstücke getrennt
worden, so erlischt ihre Haftung auch ohne Veräußerung, wenn sie vor der
Beschlagnahme von dem Grundstück entfernt werden, es sei denn, daß die
Entfernung zu einem vorübergehenden Zwecke erfolgt.
Zubehörstücke werden ohne Veräußerung von der Haftung frei,
wenn die Zubehöreigenschaft innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft vor der Beschlagnahme aufgehoben wird.
§. 1123. Ist das Grundstück vermiethet oder verpachtet, so
erstreckt sich die Hypothek auf die Mieth- oder Pachtzinsforderung.
Soweit die Forderung fällig ist, wird sie mit dem Ablauf
eines Jahres nach dem Eintritte der Fälligkeit von der Haftung frei, wenn nicht
vorher die Beschlagnahme zu Gunsten des Hypothekengläubigers erfolgt. Ist der
Miet- oder Pachtzins im voraus zu entrichten, so erstreckt sich die Befreiung
nicht auf den Miet- oder Pachtzins für eine spätere Zeit als den zur Zeit der
Beschlagnahme laufenden Kalendermonat; erfolgt die Beschlagnahme nach dem
fünfzehnten Tage des Monats, so erstreckt sich die Befreiung auch auf den Miet-
oder Pachtzins für den folgenden Kalendermonat.
§. 1124. Wird der Mieth- oder Pachtzins eingezogen, bevor er
zu Gunsten des Hypothekengläubigers in Beschlag genommen worden ist, oder wird
vor der Beschlagnahme in anderer Weise über ihn verfügt, so ist die Verfügung
dem Hypothekengläubiger gegenüber wirksam. Besteht die Verfügung in der
Uebertragung der Forderung auf einen Dritten, so erlischt die Haftung der
Forderung; erlangt ein Dritter ein Recht an der Forderung, so geht es der
Hypothek im Range vor.
Die Verfügung ist dem Hypothekengläubiger gegenüber
unwirksam, soweit sie sich auf den Miet- oder Pachtzins für eine spätere Zeit
als den zur Zeit der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat bezieht; erfolgt die
Beschlagnahme nach dem fünfzehnten Tage des Monats, so ist die Verfügung jedoch
insoweit wirksam, als sie sich auf den Miet- oder Pachtzins für den folgenden
Kalendermonat bezieht.
Der Uebertragung der Forderung auf einen Dritten steht es
gleich, wenn das Grundstück ohne die Forderung veräußert wird.
§. 1125. Soweit die Einziehung des Mieth- oder Pachtzinses
dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam ist, kann der Miether oder der
Pächter nicht eine ihm gegen den Vermiether oder den Verpächter zustehende
Forderung gegen den Hypothekengläubiger aufrechnen.
§. 1126. Ist mit dem Eigenthum an dem Grundstück ein Recht
auf wiederkehrende Leistungen verbunden, so erstreckt sich die Hypothek auf die
Ansprüche auf diese Leistungen. Die Vorschriften des §. 1123 Abs. 2 Satz 1, des
§. 1124 Abs. 1, 3 und des §. 1125 finden entsprechende Anwendung. Eine vor der
Beschlagnahme erfolgte Verfügung über den Anspruch auf eine Leistung, die erst
drei Monate nach der Beschlagnahme fällig wird, ist dem Hypothekengläubiger
gegenüber unwirksam.
§. 1127. Sind Gegenstände, die der Hypothek unterliegen, für
den Eigenthümer oder den Eigenbesitzer des Grundstücks unter Versicherung
gebracht, so erstreckt sich die Hypothek auf die Forderung gegen den
Versicherer.
Die Haftung der Forderung gegen den Versicherer erlischt,
wenn der versicherte Gegenstand wiederhergestellt oder Ersatz für ihn beschafft
ist.
§. 1128. Ist ein Gebäude versichert, so kann der Versicherer
die Versicherungssumme mit Wirkung gegen den Hypothekengläubiger an den
Versicherten erst zahlen, wenn er oder der Versicherte den Eintritt des
Schadens dem Hypothekengläubiger angezeigt hat und seit dem Empfange der
Anzeige ein Monat verstrichen ist. Der Hypothekengläubiger kann bis zum Ablaufe
der Frist dem Versicherer gegenüber der Zahlung widersprechen. Die Anzeige darf
unterbleiben, wenn sie unthunlich ist; in diesem Falle wird der Monat von dem
Zeitpunkt an berechnet, in welchem die Versicherungssumme fällig wird.
Hat der Hypothekengläubiger seine Hypothek dem Versicherer
angemeldet, so kann der Versicherer mit Wirkung gegen den Hypothekengläubiger
an den Versicherten nur zahlen, wenn der Hypothekengläubiger der Zahlung
schriftlich zugestimmt hat.
Im Uebrigen finden die für eine verpfändete Forderung
geltenden Vorschriften Anwendung; der Versicherer kann sich jedoch nicht darauf
berufen, daß er eine aus dem Grundbuch ersichtliche Hypothek nicht gekannt
habe.
§. 1129. Ist ein anderer Gegenstand als ein Gebäude
versichert, so bestimmt sich die Haftung der Forderung gegen den Versicherer nach
den Vorschriften des §. 1123 Abs. 2 Satz 1 und des §. 1124 Abs. 1, 3.
§. 1130. Ist der Versicherer nach den
Versicherungsbestimmungen nur verpflichtet, die Versicherungssumme zur
Wiederherstellung des versicherten Gegenstandes zu zahlen, so ist eine diesen
Bestimmungen entsprechende Zahlung an den Versicherten dem Hypothekengläubiger
gegenüber wirksam.
§. 1131. Wird ein Grundstück nach §. 890 Abs. 2 einem
anderen Grundstück im Grundbuche zugeschrieben, so erstrecken sich die an
diesem Grundstücke bestehenden Hypotheken auf das zugeschriebene Grundstück.
Rechte, mit denen das zugeschriebene Grundstück belastet ist, gehen diesen
Hypotheken im Range vor.
§. 1132. Besteht für die Forderung eine Hypothek an mehreren
Grundstücken (Gesammthypothek), so haftet jedes Grundstück für die ganze
Forderung. Der Gläubiger kann die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem
der Grundstücke ganz oder zu einem Theile suchen.
Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der Forderung auf
die einzelnen Grundstücke in der Weise zu vertheilen, daß jedes Grundstück nur
für den zugetheilten Betrag haftet. Auf die Vertheilung finden die Vorschriften
der §§. 875, 876, 878 entsprechende Anwendung.
§. 1133. Ist in Folge einer Verschlechterung des Grundstücks
die Sicherheit der Hypothek gefährdet, so kann der Gläubiger dem Eigenthümer
eine angemessene Frist zur Beseitigung der Gefährdung bestimmen. Nach dem
Ablaufe der Frist ist der Gläubiger berechtigt, sofort Befriedigung aus dem
Grundstücke zu suchen, wenn nicht die Gefährdung durch Verbesserung des
Grundstücks oder durch anderweitige Hypothekenbestellung beseitigt worden ist.
Ist die Forderung unverzinslich und noch nicht fällig, so gebührt dem Gläubiger
nur die Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von
der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrage der Forderung gleichkommt.
§. 1134. Wirkt der Eigenthümer oder ein Dritter auf das
Grundstück in solcher Weise ein, daß eine die Sicherheit der Hypothek
gefährdende Verschlechterung des Grundstücks zu besorgen ist, so kann der
Gläubiger auf Unterlassung klagen.
Geht die Einwirkung von dem Eigenthümer aus, so hat das
Gericht auf Antrag des Gläubigers die zur Abwendung der Gefährdung
erforderlichen Maßregeln anzuordnen. Das Gleiche gilt, wenn die
Verschlechterung deshalb zu besorgen ist, weil der Eigenthümer die
erforderlichen Vorkehrungen gegen Einwirkungen Dritter oder gegen andere
Beschädigungen unterläßt.
§. 1135. Einer Verschlechterung des Grundstücks im Sinne der
§§. 1133, 1134 steht es gleich, wenn Zubehörstücke, auf die sich die Hypothek
erstreckt, verschlechtert oder den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft
zuwider von dem Grundstück entfernt werden.
§. 1136. Eine Vereinbarung, durch die sich der Eigenthümer
dem Gläubiger gegenüber verpflichtet, das Grundstück nicht zu veräußern oder
nicht weiter zu belasten, ist nichtig.
§. 1137. Der Eigenthümer kann gegen die Hypothek die dem
persönlichen Schuldner gegen die Forderung sowie die nach §. 770 einem Bürgen
zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der persönliche Schuldner, so kann
sich der Eigenthümer nicht darauf berufen, daß der Erbe für die Schuld nur
beschränkt haftet.
Ist der Eigenthümer nicht der persönliche Schuldner, so
verliert er eine Einrede nicht dadurch, daß dieser auf sie verzichtet.
§. 1138. Die Vorschriften der §§. 891 bis 899 gelten für die
Hypothek auch in Ansehung der Forderung und der dem Eigenthümer nach §. 1137
zustehenden Einreden.
§. 1139. Ist bei der Bestellung einer Hypothek für ein
Darlehen die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen worden, so genügt
zur Eintragung eines Widerspruchs, der sich darauf gründet, daß die Hingabe des
Darlehens unterblieben sei, der von dem Eigenthümer an das Grundbuchamt
gerichtete Antrag, sofern er vor dem Ablauf eines Monats nach der Eintragung
der Hypothek gestellt wird. Wird der Widerspruch innerhalb des Monats
eingetragen, so hat die Eintragung die gleiche Wirkung, wie wenn der
Widerspruch zugleich mit der Hypothek eingetragen worden wäre.
§. 1140. Soweit die Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem
Hypothekenbrief oder einem Vermerk auf dem Briefe hervorgeht, ist die Berufung
auf die Vorschriften der §§. 892, 893 ausgeschlossen. Ein Widerspruch gegen die
Richtigkeit des Grundbuchs, der aus dem Briefe oder einem Vermerk auf dem
Briefe hervorgeht, steht einem im Grundbuch eingetragenen Widerspruche gleich.
§. 1141. Hängt die Fälligkeit der Forderung von einer
Kündigung ab, so ist die Kündigung für die Hypothek nur wirksam, wenn sie von
dem Gläubiger dem Eigenthümer oder von dem Eigenthümer dem Gläubiger erklärt
wird. Zu Gunsten des Gläubigers gilt derjenige, welcher im Grundbuch als
Eigenthümer eingetragen ist, als der Eigenthümer.
Hat der Eigenthümer keinen Wohnsitz im Inland oder liegen
die Voraussetzungen des §. 132 Abs. 2 vor, so hat auf Antrag des Gläubigers das
Amtsgericht, in dessen Bezirke das Grundstück liegt, dem Eigenthümer einen
Vertreter zu bestellen, dem gegenüber die Kündigung des Gläubigers erfolgen
kann.
§. 1142. Der Eigenthümer ist berechtigt, den Gläubiger zu
befriedigen, wenn die Forderung ihm gegenüber fällig geworden oder wenn der
persönliche Schuldner zur Leistung berechtigt ist.
Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung oder durch
Aufrechnung erfolgen.
§. 1143. Ist der Eigenthümer nicht der persönliche
Schuldner, so geht, soweit er den Gläubiger befriedigt, die Forderung auf ihn
über. Die für einen Bürgen geltenden Vorschriften des §. 774 Abs. 1 finden
entsprechende Anwendung.
Besteht für die Forderung eine Gesammthypothek, so gelten
für diese die Vorschriften des §. 1173.
§. 1144. Der Eigenthümer kann gegen Befriedigung des
Gläubigers die Aushändigung des Hypothekenbriefs und der sonstigen Urkunden
verlangen, die zur Berichtigung des Grundbuchs oder zur Löschung der Hypothek
erforderlich sind.
§. 1145. Befriedigt der Eigenthümer den Gläubiger nur
theilweise, so kann er die Aushändigung des Hypothekenbriefs nicht verlangen.
Der Gläubiger ist verpflichtet, die theilweise Befriedigung auf dem Briefe zu
vermerken und den Brief zum Zwecke der Berichtigung des Grundbuchs oder der Löschung
dem Grundbuchamt oder zum Zwecke der Herstellung eines Theilhypothekenbriefs
für den Eigenthümer der zuständigen Behörde oder einem zuständigen Notare
vorzulegen.
Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 gilt für Zinsen und andere
Nebenleistungen nur, wenn sie später als in dem Kalendervierteljahr, in welchem
der Gläubiger befriedigt wird, oder dem folgenden Vierteljahre fällig werden.
Auf Kosten, für die das Grundstück nach §. 1118 haftet, findet die Vorschrift
keine Anwendung.
§. 1146. Liegen dem Eigenthümer gegenüber die
Voraussetzungen vor, unter denen ein Schuldner in Verzug kommt, so gebühren dem
Gläubiger Verzugszinsen aus dem Grundstücke.
§. 1147. Die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück
und den Gegenständen, auf die sich die Hypothek erstreckt, erfolgt im Wege der
Zwangsvollstreckung.
§. 1148. Bei der Verfolgung des Rechtes aus der Hypothek
gilt zu Gunsten des Gläubigers derjenige, welcher im Grundbuch als Eigenthümer
eingetragen ist, als der Eigenthümer. Das Recht des nicht eingetragenen Eigenthümers,
die ihm gegen die Hypothek zustehenden Einwendungen geltend zu machen, bleibt
unberührt.
§. 1149. Der Eigenthümer kann, solange nicht die Forderung
ihm gegenüber fällig geworden ist, dem Gläubiger nicht das Recht einräumen, zum
Zwecke der Befriedigung die Uebertragung des Eigenthums an dem Grundstücke zu
verlangen oder die Veräußerung des Grundstücks auf andere Weise als im Wege der
Zwangsvollstreckung zu bewirken.
§. 1150. Verlangt der Gläubiger Befriedigung aus dem
Grundstücke, so finden die Vorschriften der §§. 268, 1144, 1145 entsprechende
Anwendung.
§. 1151. Wird die Forderung getheilt, so ist zur Aenderung
des Rangverhältnisses der Theilhypotheken unter einander die Zustimmung des
Eigenthümers nicht erforderlich.
§. 1152. Im Falle einer Theilung der Forderung kann, sofern
nicht die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, für jeden Theil
ein Theilhypothekenbrief hergestellt werden; die Zustimmung des Eigenthümers
des Grundstücks ist nicht erforderlich. Der Theilhypothekenbrief tritt für den
Theil, auf den er sich bezieht, an die Stelle des bisherigen Briefes.
§. 1153. Mit der Uebertragung der Forderung geht die
Hypothek auf den neuen Gläubiger über.
Die Forderung kann nicht ohne die Hypothek, die Hypothek
kann nicht ohne die Forderung übertragen werden.
§. 1154. Zur Abtretung der Forderung ist Ertheilung der
Abtretungserklärung in schriftlicher Form und Uebergabe des Hypothekenbriefs
erforderlich; die Vorschriften des §. 1117 finden Anwendung. Der bisherige
Gläubiger hat auf Verlangen des neuen Gläubigers die Abtretungserklärung auf
seine Kosten öffentlich beglaubigen zu lassen.
Die schriftliche Form der Abtretungserklärung kann dadurch
ersetzt werden, daß die Abtretung in das Grundbuch eingetragen wird.
Ist die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen, so
finden auf die Abtretung der Forderung die Vorschriften der §§. 873, 878
entsprechende Anwendung.
§. 1155. Ergiebt sich das Gläubigerrecht des Besitzers des
Hypothekenbriefs aus einer zusammenhängenden, auf einen eingetragenen Gläubiger
zurückführenden Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen, so
finden die Vorschriften der §§. 891 bis 899 in gleicher Weise Anwendung, wie
wenn der Besitzer des Briefes als Gläubiger im Grundbuch eingetragen wäre.
Einer öffentlich beglaubigten Abtretungserklärung steht gleich ein
gerichtlicher Ueberweisungsbeschluß und das öffentlich beglaubigte Anerkenntniß
einer kraft Gesetzes erfolgten Uebertragung der Forderung.
§. 1156. Die für die Uebertragung der Forderung geltenden
Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden auf das Rechtsverhältniß zwischen dem
Eigenthümer und dem neuen Gläubiger in Ansehung der Hypothek keine Anwendung.
Der neue Gläubiger muß jedoch eine dem bisherigen Gläubiger gegenüber erfolgte
Kündigung des Eigenthümers gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß die
Uebertragung zur Zeit der Kündigung dem Eigenthümer bekannt oder im Grundbuch
eingetragen ist.
§. 1157. Eine Einrede, die dem Eigenthümer auf Grund eines
zwischen ihm und dem bisherigen Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisses gegen
die Hypothek zusteht, kann auch dem neuen Gläubiger entgegengesetzt werden. Die
Vorschriften der §§. 892, 894 bis 899, 1140 gelten auch für diese Einrede.
§. 1158. Soweit die Forderung auf Zinsen oder andere
Nebenleistungen gerichtet ist, die nicht später als in dem Kalendervierteljahr,
in welchem der Eigenthümer von der Uebertragung Kenntniß erlangt, oder dem
folgenden Vierteljahre fällig werden, finden auf das Rechtsverhältniß zwischen
dem Eigenthümer und dem neuen Gläubiger die Vorschriften der §§. 406 bis 408
Anwendung; der Gläubiger kann sich gegenüber den Einwendungen, welche dem
Eigenthümer nach den §§. 404, 406 bis 408, 1157 zustehen, nicht auf die
Vorschriften des §. 892 berufen.
§. 1159. Soweit die Forderung auf Rückstände von Zinsen oder
anderen Nebenleistungen gerichtet ist, bestimmt sich die Uebertragung sowie das
Rechtsverhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem neuen Gläubiger nach den für
die Uebertragung von Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften. Das
Gleiche gilt für den Anspruch auf Erstattung von Kosten, für die das Grundstück
nach §. 1118 haftet.
Die Vorschriften des §. 892 finden auf die im Abs. 1
bezeichneten Ansprüche keine Anwendung.
§. 1160. Der Geltendmachung der Hypothek kann, sofern nicht
die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, widersprochen werden,
wenn der Gläubiger nicht den Brief vorlegt; ist der Gläubiger nicht im
Grundbuch eingetragen, so sind auch die im §. 1155 bezeichneten Urkunden
vorzulegen.
Eine dem Eigenthümer gegenüber erfolgte Kündigung oder
Mahnung ist unwirksam, wenn der Gläubiger die nach Abs. 1 erforderlichen
Urkunden nicht vorlegt und der Eigenthümer die Kündigung oder die Mahnung aus
diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
Diese Vorschriften gelten nicht für die im §. 1159
bezeichneten Ansprüche.
§. 1161. Ist der Eigenthümer der persönliche Schuldner, so
finden die Vorschriften des §. 1160 auch auf die Geltendmachung der Forderung
Anwendung.
§. 1162. Ist der Hypothekenbrief abhanden gekommen oder
vernichtet, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt
werden.
§. 1163. Ist die Forderung, für welche die Hypothek bestellt
ist, nicht zur Entstehung gelangt, so steht die Hypothek dem Eigenthümer zu.
Erlischt die Forderung, so erwirbt der Eigenthümer die Hypothek.
Eine Hypothek, für welche die Ertheilung des
Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen ist, steht bis zur Uebergabe des Briefes
an den Gläubiger dem Eigenthümer zu.
§. 1164. Befriedigt der persönliche Schuldner den Gläubiger,
so geht die Hypothek insoweit auf ihn über, als er von dem Eigenthümer oder
einem Rechtsvorgänger des Eigenthümers Ersatz verlangen kann. Ist dem Schuldner
nur theilweise Ersatz zu leisten, so kann der Eigenthümer die Hypothek, soweit
sie auf ihn übergegangen ist, nicht zum Nachtheile der Hypothek des Schuldners
geltend machen.
Der Befriedigung des Gläubigers steht es gleich, wenn sich
Forderung und Schuld in einer Person vereinigen.
§. 1165. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek oder hebt
er sie nach §. 1183 auf oder räumt er einem anderen Rechte den Vorrang ein, so
wird der persönliche Schuldner insoweit frei, als er ohne diese Verfügung nach
§. 1164 aus der Hypothek hätte Ersatz erlangen können.
§. 1166. Ist der persönliche Schuldner berechtigt, von dem
Eigenthümer Ersatz zu verlangen, falls er den Gläubiger befriedigt, so kann er,
wenn der Gläubiger die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreibt, ohne ihn
unverzüglich zu benachrichtigen, die Befriedigung des Gläubigers wegen eines
Ausfalls bei der Zwangsversteigerung insoweit verweigern, als er in Folge der
Unterlassung der Benachrichtigung einen Schaden erleidet. Die Benachrichtigung
darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist.
§. 1167. Erwirbt der persönliche Schuldner, falls er den
Gläubiger befriedigt, die Hypothek oder hat er im Falle der Befriedigung ein
sonstiges rechtliches Interesse an der Berichtigung des Grundbuchs, so stehen
ihm die in den §§. 1144, 1145 bestimmten Rechte zu.
§. 1168. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek, so
erwirbt sie der Eigenthümer.
Der Verzicht ist dem Grundbuchamt oder dem Eigenthümer
gegenüber zu erklären und bedarf der Eintragung in das Grundbuch. Die
Vorschriften des §. 875 Abs. 2 und der §§. 876, 878 finden entsprechende
Anwendung.
Verzichtet der Gläubiger für einen Theil der Forderung auf
die Hypothek, so stehen dem Eigenthümer die im §. 1145 bestimmten Rechte zu.
§. 1169. Steht dem Eigenthümer eine Einrede zu, durch welche
die Geltendmachung der Hypothek dauernd ausgeschlossen wird, so kann er
verlangen, daß der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet.
§. 1170. Ist der Gläubiger unbekannt, so kann er im Wege des
Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden, wenn seit der
letzten sich auf die Hypothek beziehenden Eintragung in das Grundbuch zehn Jahre
verstrichen sind und das Recht des Gläubigers nicht innerhalb dieser Frist von
dem Eigenthümer in einer nach §. 208 zur Unterbrechung der Verjährung
geeigneten Weise anerkannt worden ist. Besteht für die Forderung eine nach dem
Kalender bestimmte Zahlungszeit, so beginnt die Frist nicht vor dem Ablaufe des
Zahlungstags.
Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erwirbt der
Eigenthümer die Hypothek. Der dem Gläubiger ertheilte Hypothekenbrief wird
kraftlos.
§. 1171. Der unbekannte Gläubiger kann im Wege des
Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte auch dann ausgeschlossen werden, wenn der
Eigenthümer zur Befriedigung des Gläubigers oder zur Kündigung berechtigt ist
und den Betrag der Forderung für den Gläubiger unter Verzicht auf das Recht zur
Rücknahme hinterlegt. Die Hinterlegung von Zinsen ist nur erforderlich, wenn
der Zinssatz im Grundbuch eingetragen ist; Zinsen für eine frühere Zeit als das
vierte Kalenderjahr vor der Erlassung des Ausschlußurtheils sind nicht zu
hinterlegen.
Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils gilt der Gläubiger
als befriedigt, sofern nicht nach den Vorschriften über die Hinterlegung die
Befriedigung schon vorher eingetreten ist. Der dem Gläubiger ertheilte
Hypothekenbrief wird kraftlos.
Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag
erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach der Erlassung des
Ausschlußurtheils, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der
Hinterlegungsstelle meldet; der Hinterleger ist zur Rücknahme berechtigt, auch
wenn er auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat.
§. 1172. Eine Gesammthypothek steht in den Fällen des §.
1163 den Eigenthümern der belasteten Grundstücke gemeinschaftlich zu.
Jeder Eigenthümer kann, sofern nicht ein Anderes vereinbart
ist, verlangen, daß die Hypothek an seinem Grundstück auf den Theilbetrag, der
dem Verhältnisse des Werthes seines Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen
Grundstücke entspricht, nach §. 1132 Abs. 2 beschränkt und in dieser
Beschränkung ihm zugetheilt wird. Der Werth wird unter Abzug der Belastungen
berechnet, die der Gesammthypothek im Range vorgehen.
§. 1173. Befriedigt der Eigenthümer eines der mit einer
Gesammthypothek belasteten Grundstücke den Gläubiger, so erwirbt er die
Hypothek an seinem Grundstücke; die Hypothek an den übrigen Grundstücken
erlischt. Der Befriedigung des Gläubigers durch den Eigenthümer steht es
gleich, wenn das Gläubigerrecht auf den Eigenthümer übertragen wird oder wenn
sich Forderung und Schuld in der Person des Eigenthümers vereinigen.
Kann der Eigenthümer, der den Gläubiger befriedigt, von dem
Eigenthümer eines der anderen Grundstücke oder einem Rechtsvorgänger dieses
Eigenthümers Ersatz verlangen, so geht in Höhe des Ersatzanspruchs auch die
Hypothek an dem Grundstücke dieses Eigenthümers auf ihn über; sie bleibt mit
der Hypothek an seinem eigenen Grundstücke Gesammthypothek.
§. 1174. Befriedigt der persönliche Schuldner den Gläubiger,
dem eine Gesammthypothek zusteht, oder vereinigen sich bei einer
Gesammthypothek Forderung und Schuld in einer Person, so geht, wenn der
Schuldner nur von dem Eigenthümer eines der Grundstücke oder von einem
Rechtsvorgänger des Eigenthümers Ersatz verlangen kann, die Hypothek an diesem
Grundstück auf ihn über; die Hypothek an den übrigen Grundstücken erlischt.
Ist dem Schuldner nur theilweise Ersatz zu leisten und geht
deshalb die Hypothek nur zu einem Theilbetrag auf ihn über, so hat sich der
Eigenthümer diesen Betrag auf den ihm nach §. 1172 gebührenden Theil des
übrigbleibenden Betrags der Gesammthypothek anrechnen zu lassen.
§. 1175. Verzichtet der Gläubiger auf die Gesammthypothek,
so fällt sie den Eigenthümern der belasteten Grundstücke gemeinschaftlich zu;
die Vorschriften des §. 1172 Abs. 2 finden Anwendung. Verzichtet der Gläubiger
auf die Hypothek an einem der Grundstücke, so erlischt die Hypothek an diesem.
Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger nach §. 1170 mit seinem
Rechte ausgeschlossen wird.
§. 1176. Liegen die Voraussetzungen der §§. 1163, 1164,
1168, 1172 bis 1175 nur in Ansehung eines Theilbetrags der Hypothek vor, so
kann die auf Grund dieser Vorschriften dem Eigenthümer oder einem der
Eigenthümer oder dem persönlichen Schuldner zufallende Hypothek nicht zum
Nachtheile der dem Gläubiger verbleibenden Hypothek geltend gemacht werden.
§. 1177. Vereinigt sich die Hypothek mit dem Eigenthum in
einer Person, ohne daß dem Eigenthümer auch die Forderung zusteht, so
verwandelt sich die Hypothek in eine Grundschuld. In Ansehung der
Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, der Kündigung und des
Zahlungsorts bleiben die für die Forderung getroffenen Bestimmungen maßgebend.
Steht dem Eigenthümer auch die Forderung zu, so bestimmen
sich seine Rechte aus der Hypothek, solange die Vereinigung besteht, nach den
für eine Grundschuld des Eigenthümers geltenden Vorschriften.
§. 1178. Die Hypothek für Rückstände von Zinsen und anderen
Nebenleistungen sowie für Kosten, die dem Gläubiger zu erstatten sind,
erlischt, wenn sie sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt. Das
Erlöschen tritt nicht ein, solange einem Dritten ein Recht an dem Anspruch auf
eine solche Leistung zusteht.
Zum Verzicht auf die Hypothek für die im Abs. 1 bezeichneten
Leistungen genügt die Erklärung des Gläubigers gegenüber dem Eigenthümer.
Solange einem Dritten ein Recht an dem Anspruch auf eine solche Leistung
zusteht, ist die Zustimmung des Dritten erforderlich. Die Zustimmung ist
demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist
unwiderruflich.
§. 1179. Verpflichtet sich der Eigentümer einem anderen
gegenüber, die Hypothek löschen zu lassen, wenn sie sich mit dem Eigentum in
einer Person vereinigt, so kann zur Sicherung des Anspruchs auf Löschung eine
Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden, wenn demjenigen, zu dessen
Gunsten die Eintragung vorgenommen werden soll,
1. ein anderes gleichrangiges oder nachrangiges Recht als
eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld am Grundstück zusteht oder
2. ein Anspruch auf Einräumung eines solchen anderen Rechts
oder auf Übertragung des Eigentums am Grundstück zusteht; der Anspruch kann
auch ein künftiger oder bedingter sein.
§. 1179a. Der Gläubiger einer Hypothek kann von dem
Eigentümer verlangen, daß dieser eine vorrangige oder gleichrangige Hypothek
löschen läßt, wenn sie im Zeitpunkt der Eintragung der Hypothek des Gläubigers
mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist oder eine solche Vereinigung
später eintritt. Ist das Eigentum nach der Eintragung der nach Satz 1
begünstigten Hypothek durch Sondernachfolge auf einen anderen übergegangen, so
ist jeder Eigentümer wegen der zur Zeit seines Eigentums bestehenden
Vereinigungen zur Löschung verpflichtet. Der Löschungsanspruch ist in gleicher
Weise gesichert, als wenn zu seiner Sicherung gleichzeitig mit der begünstigten
Hypothek eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen worden wäre.
Die Löschung einer Hypothek, die nach § 1163 Abs. 1 Satz 1
mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist, kann nach Absatz 1 erst
verlangt werden, wenn sich ergibt, daß die zu sichernde Forderung nicht mehr
entstehen wird; der Löschungsanspruch besteht von diesem Zeitpunkt ab jedoch
auch wegen der vorher bestehenden Vereinigungen. Durch die Vereinigung einer
Hypothek mit dem Eigentum nach § 1163 Abs. 2 wird ein Anspruch nach Absatz 1
nicht begründet.
Liegen, bei der begünstigten Hypothek die Voraussetzungen
des § 1163 vor, ohne daß das Recht für den Eigentümer oder seinen
Rechtsnachfolger im Grundbuch eingetragen ist, so besteht der Löschungsanspruch
für den eingetragenen Gläubiger oder seinen Rechtsnachfolger.
Tritt eine Hypothek im Range zurück, so sind auf die
Löschung der ihr infolge der Rangänderung vorgehenden oder gleichstehenden
Hypothek die Absätze 1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß an
die Stelle des Zeitpunkts der Eintragung des zurückgetretenen Rechts der
Zeitpunkt der Eintragung der Rangänderung tritt.
Als Inhalt einer Hypothek, deren Gläubiger nach den
vorstehenden Vorschriften ein Anspruch auf Löschung zusteht, kann der Ausschluß
dieses Anspruchs vereinbart werden; der Ausschluß kann auf einen bestimmten
Fall der Vereinigung beschränkt werden. Der Ausschluß ist unter Bezeichnung der
Hypotheken, die dem Löschungsanspruch ganz oder teilweise nicht unterliegen, im
Grundbuch anzugeben; ist der Ausschluß nicht für alle Fälle der Vereinigung
vereinbart, so kann zur näheren Bezeichnung der erfaßten Fälle auf die
Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Wird der Ausschluß aufgehoben, so
entstehen dadurch nicht Löschungsansprüche für Vereinigungen, die nur vor
dieser Aufhebung bestanden haben.
§. 1179b. Wer als Gläubiger einer Hypothek im Grundbuch eingetragen
oder nach Maßgabe des § 1155 als Gläubiger ausgewiesen ist, kann von dem
Eigentümer die Löschung dieser Hypothek verlangen, wenn sie im Zeitpunkt ihrer
Eintragung mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist oder eine solche
Vereinigung später eintritt.
§ 1179a Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 2, 5 ist entsprechend
anzuwenden.
§. 1180. An die Stelle der Forderung, für welche die
Hypothek besteht, kann eine andere Forderung gesetzt werden. Zu der Aenderung
ist die Einigung des Gläubigers und des Eigenthümers sowie die Eintragung in
das Grundbuch erforderlich; die Vorschriften des §. 873 Abs. 2 und der §§. 876,
878 finden entsprechende Anwendung.
Steht die Forderung, die an die Stelle der bisherigen
Forderung treten soll, nicht dem bisherigen Hypothekengläubiger zu, so ist
dessen Zustimmung erforderlich; die Zustimmung ist dem Grundbuchamt oder
demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt. Die
Vorschriften des §. 875 Abs. 2 und des §. 876 finden entsprechende Anwendung.
§. 1181. Wird der Gläubiger aus dem Grundstücke befriedigt,
so erlischt die Hypothek.
Erfolgt die Befriedigung des Gläubigers aus einem der mit
einer Gesammthypothek belasteten Grundstücke, so werden auch die übrigen
Grundstücke frei.
Der Befriedigung aus dem Grundstücke steht die Befriedigung
aus den Gegenständen gleich, auf die sich die Hypothek erstreckt.
§. 1182. Soweit im Falle einer Gesammthypothek der
Eigenthümer des Grundstücks, aus dem der Gläubiger befriedigt wird, von dem
Eigenthümer eines der anderen Grundstücke oder einem Rechtsvorgänger dieses
Eigenthümers Ersatz verlangen kann, geht die Hypothek an dem Grundstücke dieses
Eigenthümers auf ihn über. Die Hypothek kann jedoch, wenn der Gläubiger nur
theilweise befriedigt wird, nicht zum Nachtheile der dem Gläubiger
verbleibenden Hypothek und, wenn das Grundstück mit einem im Range gleich- oder
nachstehenden Rechte belastet ist, nicht zum Nachtheile dieses Rechtes geltend
gemacht werden.
§. 1183. Zur Aufhebung der Hypothek durch Rechtsgeschäft ist
die Zustimmung des Eigenthümers erforderlich. Die Zustimmung ist dem
Grundbuchamt oder dem Gläubiger gegenüber zu erklären; sie ist unwiderruflich.
§. 1184. Eine Hypothek kann in der Weise bestellt werden,
daß das Recht des Gläubigers aus der Hypothek sich nur nach der Forderung
bestimmt und der Gläubiger sich zum Beweise der Forderung nicht auf die
Eintragung berufen kann (Sicherungshypothek).
Die Hypothek muß im Grundbuch als Sicherungshypothek
bezeichnet werden.
§. 1185. Bei der Sicherungshypothek ist die Ertheilung des
Hypothekenbriefs ausgeschlossen.
Die Vorschriften der §§. 1138, 1139, 1141, 1156 finden keine
Anwendung.
§. 1186. Eine Sicherungshypothek kann in eine gewöhnliche
Hypothek, eine gewöhnliche Hypothek kann in eine Sicherungshypothek umgewandelt
werden. Die Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist
nicht erforderlich.
§. 1187. Für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf
den Inhaber, aus einem Wechsel oder aus einem anderen Papiere, das durch
Indossament übertragen werden kann, kann nur eine Sicherungshypothek bestellt
werden. Die Hypothek gilt als Sicherungshypothek, auch wenn sie im Grundbuche
nicht als solche bezeichnet ist. Die Vorschrift des §. 1154 Abs. 3 findet keine
Anwendung. Ein Anspruch auf Löschung der Hypothek nach den §§ 1179a, 1179b
besteht nicht.
§. 1188. Zur Bestellung einer Hypothek für die Forderung aus
einer Schuldverschreibung auf den Inhaber genügt die Erklärung des Eigenthümers
gegenüber dem Grundbuchamte, daß er die Hypothek bestelle, und die Eintragung
in das Grundbuch; die Vorschrift des §. 878 findet Anwendung.
Die Ausschließung des Gläubigers mit seinem Rechte nach §.
1170 ist nur zulässig, wenn die im §. 801 bezeichnete Vorlegungsfrist
verstrichen ist. Ist innerhalb der Frist die Schuldverschreibung vorgelegt oder
der Anspruch aus der Urkunde gerichtlich geltend gemacht worden, so kann die
Ausschließung erst erfolgen, wenn die Verjährung eingetreten ist.
§. 1189. Bei einer Hypothek der im §. 1187 bezeichneten Art
kann für den jeweiligen Gläubiger ein Vertreter mit der Befugniß bestellt
werden, mit Wirkung für und gegen jeden späteren Gläubiger bestimmte
Verfügungen über die Hypothek zu treffen und den Gläubiger bei der
Geltendmachung der Hypothek zu vertreten. Zur Bestellung des Vertreters ist die
Eintragung in das Grundbuch erforderlich.
Ist der Eigenthümer berechtigt, von dem Gläubiger eine
Verfügung zu verlangen, zu welcher der Vertreter befugt ist, so kann er die
Vornahme der Verfügung von dem Vertreter verlangen.
§. 1190. Eine Hypothek kann in der Weise bestellt werden,
daß nur der Höchstbetrag, bis zu dem das Grundstück haften soll, bestimmt, im
Uebrigen die Feststellung der Forderung vorbehalten wird. Der Höchstbetrag muß
in das Grundbuch eingetragen werden.
Ist die Forderung verzinslich, so werden die Zinsen in den
Höchstbetrag eingerechnet.
Die Hypothek gilt als Sicherungshypothek, auch wenn sie im
Grundbuche nicht als solche bezeichnet ist.
Die Forderung kann nach den für die Uebertragung von
Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften übertragen werden. Wird sie nach
diesen Vorschriften übertragen, so ist der Uebergang der Hypothek
ausgeschlossen.
Zweiter Titel.
Grundschuld. Rentenschuld.
I. Grundschuld.
§. 1191. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden,
daß an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte
Geldsumme aus dem Grundstücke zu zahlen ist (Grundschuld).
Die Belastung kann auch in der Weise erfolgen, daß Zinsen
von der Geldsumme sowie andere Nebenleistungen aus dem Grundstücke zu
entrichten sind.
§. 1192. Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über
die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein Anderes
ergiebt, daß die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.
Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über die
Zinsen einer Hypothekenforderung.
§. 1193. Das Kapital der Grundschuld wird erst nach
vorgängiger Kündigung fällig. Die Kündigung steht sowohl dem Eigenthümer als
dem Gläubiger zu. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.
Abweichende Bestimmungen sind zulässig.
§. 1194. Die Zahlung des Kapitals sowie der Zinsen und
anderen Nebenleistungen hat, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, an dem Orte
zu erfolgen, an dem das Grundbuchamt seinen Sitz hat.
§. 1195. Eine Grundschuld kann in der Weise bestellt werden,
daß der Grundschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt wird. Auf einen solchen
Brief finden die Vorschriften über Schuldverschreibungen auf den Inhaber
entsprechende Anwendung.
§. 1196. Eine Grundschuld kann auch für den Eigenthümer
bestellt werden.
Zu der Bestellung ist die Erklärung des Eigenthümers
gegenüber dem Grundbuchamte, daß die Grundschuld für ihn in das Grundbuch
eingetragen werden soll, und die Eintragung erforderlich; die Vorschrift des §.
878 findet Anwendung.
Ein Anspruch auf Löschung der Grundschuld nach § 1179a oder
§ 1179b besteht nur wegen solcher Vereinigungen der Grundschuld mit dem
Eigentum in einer Person, die eintreten, nachdem die Grundschuld einem anderen
als dem Eigentümer zugestanden hat.
§. 1197. Ist der Eigenthümer der Gläubiger, so kann er nicht
die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner Befriedigung betreiben.
Zinsen gebühren dem Eigenthümer nur, wenn das Grundstück auf
Antrag eines Anderen zum Zwecke der Zwangsverwaltung in Beschlag genommen ist,
und nur für die Dauer der Zwangsverwaltung.
§. 1198. Eine Hypothek kann in eine Grundschuld, eine
Grundschuld kann in eine Hypothek umgewandelt werden. Die Zustimmung der im
Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist nicht erforderlich.
II. Rentenschuld.
§. 1199. Eine Grundschuld kann in der Weise bestellt werden,
daß in regelmäßig wiederkehrenden Terminen eine bestimmte Geldsumme aus dem
Grundstücke zu zahlen ist (Rentenschuld).
Bei der Bestellung der Rentenschuld muß der Betrag bestimmt
werden, durch dessen Zahlung die Rentenschuld abgelöst werden kann. Die
Ablösungssumme muß im Grundbuch angegeben werden.
§. 1200. Auf die einzelnen Leistungen finden die für
Hypothekenzinsen, auf die Ablösungssumme finden die für ein Grundschuldkapital
geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
Die Zahlung der Ablösungssumme an den Gläubiger hat die
gleiche Wirkung wie die Zahlung des Kapitals einer Grundschuld.
§. 1201. Das Recht zur Ablösung steht dem Eigenthümer zu.
Dem Gläubiger kann das Recht, die Ablösung zu verlangen,
nicht eingeräumt werden. Im Falle des §. 1133 Satz 2 ist der Gläubiger
berechtigt, die Zahlung der Ablösungssumme aus dem Grundstücke zu verlangen.
§. 1202. Der Eigenthümer kann das Ablösungsrecht erst nach
vorgängiger Kündigung ausüben. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate, wenn
nicht ein Anderes bestimmt ist.
Eine Beschränkung des Kündigungsrechts ist nur soweit
zulässig, daß der Eigenthümer nach dreißig Jahren unter Einhaltung der
sechsmonatigen Frist kündigen kann.
Hat der Eigenthümer gekündigt, so kann der Gläubiger nach
dem Ablaufe der Kündigungsfrist die Zahlung der Ablösungssumme aus dem
Grundstücke verlangen.
§. 1203. Eine Rentenschuld kann in eine gewöhnliche
Grundschuld, eine gewöhnliche Grundschuld kann in eine Rentenschuld umgewandelt
werden. Die Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist
nicht erforderlich.
Neunter Abschnitt.
Pfandrecht an beweglichen Sachen und an Rechten.
Erster Titel.
Pfandrecht an beweglichen Sachen.
§. 1204. Eine bewegliche Sache kann zur Sicherung einer
Forderung in der Weise belastet werden, daß der Gläubiger berechtigt ist,
Befriedigung aus der Sache zu suchen (Pfandrecht).
Das Pfandrecht kann auch für eine künftige oder eine
bedingte Forderung bestellt werden.
§. 1205. Zur Bestellung des Pfandrechts ist erforderlich,
daß der Eigenthümer die Sache dem Gläubiger übergiebt und beide darüber einig
sind, daß dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll. Ist der Gläubiger im
Besitze der Sache, so genügt die Einigung über die Entstehung des Pfandrechts.
Die Uebergabe einer im mittelbaren Besitze des Eigenthümers
befindlichen Sache kann dadurch ersetzt werden, daß der Eigenthümer den
mittelbaren Besitz auf den Pfandgläubiger überträgt und die Verpfändung dem Besitzer
anzeigt.
§. 1206. An Stelle der Uebergabe der Sache genügt die
Einräumung des Mitbesitzes, wenn sich die Sache unter dem Mitverschlusse des
Gläubigers befindet oder, falls sie im Besitz eines Dritten ist, die Herausgabe
nur an den Eigenthümer und den Gläubiger gemeinschaftlich erfolgen kann.
§. 1207. Gehört die Sache nicht dem Verpfänder, so finden
auf die Verpfändung die für den Erwerb des Eigenthums geltenden Vorschriften
der §§. 932, 934, 935 entsprechende Anwendung.
§. 1208. Ist die Sache mit dem Rechte eines Dritten
belastet, so geht das Pfandrecht dem Rechte vor, es sei denn, daß der
Pfandgläubiger zur Zeit des Erwerbes des Pfandrechts in Ansehung des Rechtes
nicht in gutem Glauben ist. Die Vorschriften des §. 932 Abs. 1 Satz 2, des §.
935 und des §. 936 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung.
§. 1209. Für den Rang des Pfandrechts ist die Zeit der
Bestellung auch dann maßgebend, wenn es für eine künftige oder eine bedingte
Forderung bestellt ist.
§. 1210. Das Pfand haftet für die Forderung in deren
jeweiligem Bestand, insbesondere auch für Zinsen und Vertragsstrafen. Ist der
persönliche Schuldner nicht der Eigenthümer des Pfandes, so wird durch ein
Rechtsgeschäft, das der Schuldner nach der Verpfändung vornimmt, die Haftung
nicht erweitert.
Das Pfand haftet für die Ansprüche des Pfandgläubigers auf
Ersatz von Verwendungen, für die dem Pfandgläubiger zu ersetzenden Kosten der
Kündigung und der Rechtsverfolgung sowie für die Kosten des Pfandverkaufs.
§. 1211. Der Verpfänder kann dem Pfandgläubiger gegenüber
die dem persönlichen Schuldner gegen die Forderung sowie die nach §. 770 einem
Bürgen zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der persönliche Schuldner,
so kann sich der Verpfänder nicht darauf berufen, daß der Erbe für die Schuld
nur beschränkt haftet.
Ist der Verpfänder nicht der persönliche Schuldner, so
verliert er eine Einrede nicht dadurch, daß dieser auf sie verzichtet.
§. 1212. Das Pfandrecht erstreckt sich auf die Erzeugnisse,
die von dem Pfande getrennt werden.
§. 1213. Das Pfandrecht kann in der Weise bestellt werden,
daß der Pfandgläubiger berechtigt ist, die Nutzungen des Pfandes zu ziehen.
Ist eine von Natur fruchttragende Sache dem Pfandgläubiger
zum Alleinbesitz übergeben, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der
Pfandgläubiger zum Fruchtbezuge berechtigt sein soll.
§. 1214. Steht dem Pfandgläubiger das Recht zu, die
Nutzungen zu ziehen, so ist er verpflichtet, für die Gewinnung der Nutzungen zu
sorgen und Rechenschaft abzulegen.
Der Reinertrag der Nutzungen wird auf die geschuldete Leistung
und, wenn Kosten und Zinsen zu entrichten sind, zunächst auf diese angerechnet.
Abweichende Bestimmungen sind zulässig.
§. 1215. Der Pfandgläubiger ist zur Verwahrung des Pfandes
verpflichtet.
§. 1216. Macht der Pfandgläubiger Verwendungen auf das
Pfand, so bestimmt sich die Ersatzpflicht des Verpfänders nach den Vorschriften
über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Pfandgläubiger ist berechtigt, eine
Einrichtung, mit der er das Pfand versehen hat, wegzunehmen.
§. 1217. Verletzt der Pfandgläubiger die Rechte des
Verpfänders in erheblichem Maße und setzt er das verletzende Verhalten
ungeachtet einer Abmahnung des Verpfänders fort, so kann der Verpfänder
verlangen, daß das Pfand auf Kosten des Pfandgläubigers hinterlegt oder, wenn
es sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden
Verwahrer abgeliefert wird.
Statt der Hinterlegung oder der Ablieferung der Sache an
einen Verwahrer kann der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes gegen Befriedigung
des Gläubigers verlangen. Ist die Forderung unverzinslich und noch nicht
fällig, so gebührt dem Pfandgläubiger nur die Summe, welche mit Hinzurechnung
der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem
Betrage der Forderung gleichkommt.
§. 1218. Ist der Verderb des Pfandes oder eine wesentliche
Minderung des Werthes zu besorgen, so kann der Verpfänder die Rückgabe des
Pfandes gegen anderweitige Sicherheitsleistung verlangen; die
Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
Der Pfandgläubiger hat dem Verpfänder von dem drohenden
Verderb unverzüglich Anzeige zu machen, sofern nicht die Anzeige unthunlich
ist.
§. 1219. Wird durch den drohenden Verderb des Pfandes oder
durch eine zu besorgende wesentliche Minderung des Werthes die Sicherheit des
Pfandgläubigers gefährdet, so kann dieser das Pfand öffentlich versteigern
lassen.
Der Erlös tritt an die Stelle des Pfandes. Auf Verlangen des
Verpfänders ist der Erlös zu hinterlegen.
§. 1220. Die Versteigerung des Pfandes ist erst zulässig,
nachdem sie dem Verpfänder angedroht worden ist; die Androhung darf
unterbleiben, wenn das Pfand dem Verderb ausgesetzt und mit dem Aufschube der
Versteigerung Gefahr verbunden ist. Im Falle der Werthminderung ist außer der
Androhung erforderlich, daß der Pfandgläubiger dem Verpfänder zur Leistung
anderweitiger Sicherheit eine angemessene Frist bestimmt hat und diese
verstrichen ist.
Der Pfandgläubiger hat den Verpfänder von der Versteigerung
unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum
Schadensersatze verpflichtet.
Die Androhung, die Fristbestimmung und die Benachrichtigung
dürfen unterbleiben, wenn sie unthunlich sind.
§. 1221. Hat das Pfand einen Börsen- oder Marktpreis, so
kann der Pfandgläubiger den Verkauf aus freier Hand durch einen zu solchen
Verkäufen öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur
öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise bewirken.
§. 1222. Besteht das Pfandrecht an mehreren Sachen, so
haftet jede für die ganze Forderung.
§. 1223. Der Pfandgläubiger ist verpflichtet, das Pfand nach
dem Erlöschen des Pfandrechts dem Verpfänder zurückzugeben.
Der Verpfänder kann die Rückgabe des Pfandes gegen
Befriedigung des Pfandgläubigers verlangen, sobald der Schuldner zur Leistung
berechtigt ist.
§. 1224. Die Befriedigung des Pfandgläubigers durch den
Verpfänder kann auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen.
§. 1225. Ist der Verpfänder nicht der persönliche Schuldner,
so geht, soweit er den Pfandgläubiger befriedigt, die Forderung auf ihn über.
Die für einen Bürgen geltenden Vorschriften des §. 774 finden entsprechende
Anwendung.
§. 1226. Die Ersatzansprüche des Verpfänders wegen
Veränderungen oder Verschlechterungen des Pfandes sowie die Ansprüche des
Pfandgläubigers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme
einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Vorschriften des §. 558 Abs.
2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§. 1227. Wird das Recht des Pfandgläubigers beeinträchtigt,
so finden auf die Ansprüche des Pfandgläubigers die für die Ansprüche aus dem
Eigenthume geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§. 1228. Die Befriedigung des Pfandgläubigers aus dem Pfande
erfolgt durch Verkauf.
Der Pfandgläubiger ist zum Verkaufe berechtigt, sobald die
Forderung ganz oder zum Theil fällig ist. Besteht der geschuldete Gegenstand
nicht in Geld, so ist der Verkauf erst zulässig, wenn die Forderung in eine
Geldforderung übergegangen ist.
§. 1229. Eine vor dem Eintritte der Verkaufsberechtigung
getroffene Vereinbarung, nach welcher dem Pfandgläubiger, falls er nicht oder
nicht rechtzeitig befriedigt wird, das Eigenthum an der Sache zufallen oder
übertragen werden soll, ist nichtig.
§. 1230. Unter mehreren Pfändern kann der Pfandgläubiger,
soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, diejenigen auswählen, welche verkauft
werden sollen. Er kann nur so viele Pfänder zum Verkaufe bringen, als zu seiner
Befriedigung erforderlich sind.
§. 1231. Ist der Pfandgläubiger nicht im Alleinbesitze des
Pfandes, so kann er nach dem Eintritte der Verkaufsberechtigung die Herausgabe
des Pfandes zum Zwecke des Verkaufs fordern. Auf Verlangen des Verpfänders hat
an Stelle der Herausgabe die Ablieferung an einen gemeinschaftlichen Verwahrer
zu erfolgen; der Verwahrer hat sich bei der Ablieferung zu verpflichten, das
Pfand zum Verkaufe bereitzustellen.
§. 1232. Der Pfandgläubiger ist nicht verpflichtet, einem
ihm im Range nachstehenden Pfandgläubiger das Pfand zum Zwecke des Verkaufs
herauszugeben. Ist er nicht im Besitze des Pfandes, so kann er, sofern er nicht
selbst den Verkauf betreibt, dem Verkaufe durch einen nachstehenden
Pfandgläubiger nicht widersprechen.
§. 1233. Der Verkauf des Pfandes ist nach den Vorschriften
der §§. 1234 bis 1240 zu bewirken.
Hat der Pfandgläubiger für sein Recht zum Verkauf einen
vollstreckbaren Titel gegen den Eigenthümer erlangt, so kann er den Verkauf
auch nach den für den Verkauf einer gepfändeten Sache geltenden Vorschriften
bewirken lassen.
§. 1234. Der Pfandgläubiger hat dem Eigenthümer den Verkauf
vorher anzudrohen und dabei den Geldbetrag zu bezeichnen, wegen dessen der
Verkauf stattfinden soll. Die Androhung kann erst nach dem Eintritte der
Verkaufsberechtigung erfolgen; sie darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist.
Der Verkauf darf nicht vor dem Ablauf eines Monats nach der
Androhung erfolgen. Ist die Androhung unthunlich, so wird der Monat von dem
Eintritte der Verkaufsberechtigung an berechnet.
§. 1235. Der Verkauf des Pfandes ist im Wege öffentlicher
Versteigerung zu bewirken.
Hat das Pfand einen Börsen- oder Marktpreis, so findet die
Vorschrift des §. 1221 Anwendung.
§. 1236. Die Versteigerung hat an dem Orte zu erfolgen, an
dem das Pfand aufbewahrt wird. Ist von einer Versteigerung an dem
Aufbewahrungsort ein angemessener Erfolg nicht zu erwarten, so ist das Pfand an
einem geeigneten anderen Orte zu versteigern.
§. 1237. Zeit und Ort der Versteigerung sind unter
allgemeiner Bezeichnung des Pfandes öffentlich bekannt zu machen. Der
Eigenthümer und Dritte, denen Rechte an dem Pfande zustehen, sind besonders zu
benachrichtigen; die Benachrichtigung darf unterbleiben, wenn sie unthunlich
ist.
§. 1238. Das Pfand darf nur mit der Bestimmung verkauft
werden, daß der Käufer den Kaufpreis sofort baar zu entrichten hat und seiner
Rechte verlustig sein soll, wenn dies nicht geschieht.
Erfolgt der Verkauf ohne diese Bestimmung, so ist der
Kaufpreis als von dem Pfandgläubiger empfangen anzusehen; die Rechte des
Pfandgläubigers gegen den Ersteher bleiben unberührt. Unterbleibt die sofortige
Entrichtung des Kaufpreises, so gilt das Gleiche, wenn nicht vor dem Schlusse
des Versteigerungstermins von dem Vorbehalte der Rechtsverwirkung Gebrauch
gemacht wird.
§. 1239. Der Pfandgläubiger und der Eigenthümer können bei
der Versteigerung mitbieten. Erhält der Pfandgläubiger den Zuschlag, so ist der
Kaufpreis als von ihm empfangen anzusehen.
Das Gebot des Eigenthümers darf zurückgewiesen werden, wenn
nicht der Betrag baar erlegt wird. Das Gleiche gilt von dem Gebote des
Schuldners, wenn das Pfand für eine fremde Schuld haftet.
§. 1240. Gold- und Silbersachen dürfen nicht unter dem Gold-
oder Silberwerthe zugeschlagen werden.
Wird ein genügendes Gebot nicht abgegeben, so kann der
Verkauf durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person aus freier
Hand zu einem den Gold- oder Silberwerth erreichenden Preise erfolgen.
§. 1241. Der Pfandgläubiger hat den Eigenthümer von dem
Verkaufe des Pfandes und dem Ergebniß unverzüglich zu benachrichtigen, sofern
nicht die Benachrichtigung unthunlich ist.
§. 1242. Durch die rechtmäßige Veräußerung des Pfandes
erlangt der Erwerber die gleichen Rechte, wie wenn er die Sache von dem
Eigenthümer erworben hätte. Dies gilt auch dann, wenn dem Pfandgläubiger der
Zuschlag ertheilt wird.
Pfandrechte an der Sache erlöschen, auch wenn sie dem
Erwerber bekannt waren. Das Gleiche gilt von einem Nießbrauch, es sei denn, daß
er allen Pfandrechten im Range vorgeht.
§. 1243. Die Veräußerung des Pfandes ist nicht rechtmäßig,
wenn gegen die Vorschriften des §. 1228 Abs. 2, des §. 1230 Satz 2, des §.
1235, des §. 1237 Satz 1 oder des §. 1240 verstoßen wird.
Verletzt der Pfandgläubiger eine andere für den Verkauf
geltende Vorschrift, so ist er zum Schadensersatze verpflichtet, wenn ihm ein
Verschulden zur Last fällt.
§. 1244. Wird eine Sache als Pfand veräußert, ohne daß dem
Veräußerer ein Pfandrecht zusteht oder den Erfordernissen genügt wird, von
denen die Rechtmäßigkeit der Veräußerung abhängt, so finden die Vorschriften
der §§. 932 bis 934, 936 entsprechende Anwendung, wenn die Veräußerung nach §.
1233 Abs. 2 erfolgt ist oder die Vorschriften des §. 1235 oder des §. 1240 Abs.
2 beobachtet worden sind.
§. 1245. Der Eigenthümer und der Pfandgläubiger können eine
von den Vorschriften der §§. 1234 bis 1240 abweichende Art des Pfandverkaufs
vereinbaren. Steht einem Dritten an dem Pfande ein Recht zu, das durch die
Veräußerung erlischt, so ist die Zustimmung des Dritten erforderlich. Die
Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt;
sie ist unwiderruflich.
Auf die Beobachtung der Vorschriften des §. 1235, des §.
1237 Satz 1 und des §. 1240 kann nicht vor dem Eintritte der
Verkaufsberechtigung verzichtet werden.
§. 1246. Entspricht eine von den Vorschriften der §. 1235
bis 1240 abweichende Art des Pfandverkaufs nach billigem Ermessen den
Interessen der Betheiligten, so kann jeder von ihnen verlangen, daß der Verkauf
in dieser Art erfolgt.
Kommt eine Einigung nicht zu Stande, so entscheidet das
Gericht.
§. 1247. Soweit der Erlös aus dem Pfande dem Pfandgläubiger
zu seiner Befriedigung gebührt, gilt die Forderung als von dem Eigenthümer
berichtigt. Im Uebrigen tritt der Erlös an die Stelle des Pfandes.
§. 1248. Bei dem Verkaufe des Pfandes gilt zu Gunsten des
Pfandgläubigers der Verpfänder als der Eigenthümer, es sei denn, daß der
Pfandgläubiger weiß, daß der Verpfänder nicht der Eigenthümer ist.
§. 1249. Wer durch die Veräußerung des Pfandes ein Recht an
dem Pfande verlieren würde, kann den Pfandgläubiger befriedigen, sobald der
Schuldner zur Leistung berechtigt ist. Die Vorschriften des §. 268 Abs. 2, 3
finden entsprechende Anwendung.
§. 1250. Mit der Uebertragung der Forderung geht das
Pfandrecht auf den neuen Gläubiger über. Das Pfandrecht kann nicht ohne die
Forderung übertragen werden.
Wird bei der Uebertragung der Forderung der Uebergang des
Pfandrechts ausgeschlossen, so erlischt das Pfandrecht.
§. 1251. Der neue Pfandgläubiger kann von dem bisherigen
Pfandgläubiger die Herausgabe des Pfandes verlangen.
Mit der Erlangung des Besitzes tritt der neue Pfandgläubiger
an Stelle des bisherigen Pfandgläubigers in die mit dem Pfandrechte verbundenen
Verpflichtungen gegen den Verpfänder ein. Erfüllt er die Verpflichtungen nicht,
so haftet für den von ihm zu ersetzenden Schaden der bisherige Pfandgläubiger
wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Die Haftung
des bisherigen Pfandgläubigers tritt nicht ein, wenn die Forderung kraft
Gesetzes auf den neuen Pfandgläubiger übergeht oder ihm auf Grund einer
gesetzlichen Verpflichtung abgetreten wird.
§. 1252. Das Pfandrecht erlischt mit der Forderung, für die
es besteht.
§. 1253. Das Pfandrecht erlischt, wenn der Pfandgläubiger
das Pfand dem Verpfänder oder dem Eigenthümer zurückgiebt. Der Vorbehalt der
Fortdauer des Pfandrechts ist unwirksam.
Ist das Pfand im Besitze des Verpfänders oder des
Eigenthümers, so wird vermuthet, daß das Pfand ihm von dem Pfandgläubiger
zurückgegeben worden sei. Diese Vermuthung gilt auch dann, wenn sich das Pfand
im Besitz eines Dritten befindet, der den Besitz nach der Entstehung des
Pfandrechts von dem Verpfänder oder dem Eigenthümer erlangt hat.
§. 1254. Steht dem Pfandrecht eine Einrede entgegen, durch
welche die Geltendmachung des Pfandrechts dauernd ausgeschlossen wird, so kann
der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes verlangen. Das gleiche Recht hat der
Eigenthümer.
§. 1255. Zur Aufhebung des Pfandrechts durch Rechtsgeschäft
genügt die Erklärung des Pfandgläubigers gegenüber dem Verpfänder oder dem
Eigenthümer, daß er das Pfandrecht aufgebe.
Ist das Pfandrecht mit dem Rechte eines Dritten belastet, so
ist die Zustimmung des Dritten erforderlich. Die Zustimmung ist demjenigen
gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.
§. 1256. Das Pfandrecht erlischt, wenn es mit dem Eigenthum
in derselben Person zusammentrifft. Das Erlöschen tritt nicht ein, solange die
Forderung, für welche das Pfandrecht besteht, mit dem Rechte eines Dritten
belastet ist.
Das Pfandrecht gilt als nicht erloschen, soweit der
Eigenthümer ein rechtliches Interesse an dem Fortbestehen des Pfandrechts hat.
§. 1257. Die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft
bestellte Pfandrecht finden auf ein kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht
entsprechende Anwendung.
§. 1258. Besteht ein Pfandrecht an dem Antheil eines
Miteigenthümers, so übt der Pfandgläubiger die Rechte aus, die sich aus der
Gemeinschaft der Miteigenthümer in Ansehung der Verwaltung der Sache und der
Art ihrer Benutzung ergeben.
Die Aufhebung der Gemeinschaft kann vor dem Eintritte der
Verkaufsberechtigung des Pfandgläubigers nur von dem Miteigenthümer und dem
Pfandgläubiger gemeinschaftlich verlangt werden. Nach dem Eintritte der
Verkaufsberechtigung kann der Pfandgläubiger die Aufhebung der Gemeinschaft
verlangen, ohne daß es der Zustimmung des Miteigenthümers bedarf; er ist nicht
an eine Vereinbarung gebunden, durch welche die Miteigenthümer das Recht, die
Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen
oder eine Kündigungsfrist bestimmt haben.
Wird die Gemeinschaft aufgehoben, so gebührt dem
Pfandgläubiger das Pfandrecht an den Gegenständen, welche an die Stelle des
Antheils treten.
Das Recht des Pfandgläubigers zum Verkaufe des Antheils
bleibt unberührt.
§. 1259. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1260. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1261. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1262. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1263. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1264. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1265. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1266. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1267. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1268. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1269. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1270. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1271. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1272. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
Zweiter Titel.
Pfandrecht an Rechten.
§. 1273. Gegenstand des Pfandrechts kann auch ein Recht
sein.
Auf das Pfandrecht an Rechten finden die Vorschriften über
das Pfandrecht an beweglichen Sachen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht
aus den §§. 1274 bis 1296 ein Anderes ergiebt. Die Anwendung der Vorschriften
des §. 1208 und des §. 1213 Abs. 2 ist ausgeschlossen.
§. 1274. Die Bestellung des Pfandrechts an einem Rechte
erfolgt nach den für die Uebertragung des Rechtes geltenden Vorschriften. Ist
zur Uebertragung des Rechtes die Uebergabe einer Sache erforderlich, so finden
die Vorschriften der §§. 1205, 1206 Anwendung.
Soweit ein Recht nicht übertragbar ist, kann ein Pfandrecht
an dem Rechte nicht bestellt werden.
§. 1275. Ist ein Recht, kraft dessen eine Leistung gefordert
werden kann, Gegenstand des Pfandrechts, so finden auf das Rechtsverhältniß
zwischen dem Pfandgläubiger und dem Verpflichteten die Vorschriften, welche im
Falle der Uebertragung des Rechtes für das Rechtsverhältniß zwischen dem
Erwerber und dem Verpflichteten gelten, und im Falle einer nach §. 1217 Abs. 1
getroffenen gerichtlichen Anordnung die Vorschrift des §. 1070 Abs. 2 entsprechende
Anwendung.
§. 1276. Ein verpfändetes Recht kann durch Rechtsgeschäft
nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers aufgehoben werden. Die Zustimmung ist
demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist
unwiderruflich. Die Vorschrift des §. 876 Satz 3 bleibt unberührt.
Das Gleiche gilt im Falle einer Aenderung des Rechtes,
sofern sie das Pfandrecht beeinträchtigt.
§. 1277. Der Pfandgläubiger kann seine Befriedigung aus dem
Rechte nur auf Grund eines vollstreckbaren Titels nach den für die
Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften suchen, sofern nicht ein Anderes
bestimmt ist. Die Vorschriften des §. 1229 und des §. 1245 Abs. 2 bleiben
unberührt.
§. 1278. Ist ein Recht, zu dessen Verpfändung die Uebergabe
einer Sache erforderlich ist, Gegenstand des Pfandrechts, so finden auf das
Erlöschen des Pfandrechts durch die Rückgabe der Sache die Vorschriften des §.
1253 entsprechende Anwendung.
§. 1279. Für das Pfandrecht an einer Forderung gelten die
besonderen Vorschriften der §§. 1280 bis 1290.
§. 1280. Die Verpfändung einer Forderung, zu deren
Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt, ist nur wirksam, wenn der Gläubiger
sie dem Schuldner anzeigt.
§. 1281. Der Schuldner kann nur an den Pfandgläubiger und
den Gläubiger gemeinschaftlich leisten. Jeder von beiden kann verlangen, daß an
sie gemeinschaftlich geleistet wird; jeder kann statt der Leistung verlangen,
daß die geschuldete Sache für beide hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur
Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abgeliefert
wird.
§. 1282. Sind die Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2
eingetreten, so ist der Pfandgläubiger zur Einziehung der Forderung berechtigt
und kann der Schuldner nur an ihn leisten. Die Einziehung einer Geldforderung
steht dem Pfandgläubiger nur insoweit zu, als sie zu seiner Befriedigung
erforderlich ist. Soweit er zur Einziehung berechtigt ist, kann er auch
verlangen, daß ihm die Geldforderung an Zahlungsstatt abgetreten wird.
Zu anderen Verfügungen über die Forderung ist der Pfandgläubiger
nicht berechtigt; das Recht, die Befriedigung aus der Forderung nach §. 1277 zu
suchen, bleibt unberührt.
§. 1283. Hängt die Fälligkeit der verpfändeten Forderung von
einer Kündigung ab, so bedarf der Gläubiger zur Kündigung der Zustimmung des
Pfandgläubigers nur, wenn dieser berechtigt ist, die Nutzungen zu ziehen.
Die Kündigung des Schuldners ist nur wirksam, wenn sie dem
Pfandgläubiger und dem Gläubiger erklärt wird.
Sind die Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2 eingetreten, so ist
auch der Pfandgläubiger zur Kündigung berechtigt; für die Kündigung des
Schuldners genügt die Erklärung gegenüber dem Pfandgläubiger.
§. 1284. Die Vorschriften der §§. 1281 bis 1283 finden keine
Anwendung, soweit der Pfandgläubiger und der Gläubiger ein Anderes vereinbaren.
§. 1285. Hat die Leistung an den Pfandgläubiger und den
Gläubiger gemeinschaftlich zu erfolgen, so sind beide einander verpflichtet,
zur Einziehung mitzuwirken, wenn die Forderung fällig ist.
Soweit der Pfandgläubiger berechtigt ist, die Forderung ohne
Mitwirkung des Gläubigers einzuziehen, hat er für die ordnungsmäßige Einziehung
zu sorgen. Von der Einziehung hat er den Gläubiger unverzüglich zu
benachrichtigen, sofern nicht die Benachrichtigung unthunlich ist.
§. 1286. Hängt die Fälligkeit der verpfändeten Forderung von
einer Kündigung ab, so kann der Pfandgläubiger, sofern nicht das
Kündigungsrecht ihm zusteht, von dem Gläubiger die Kündigung verlangen, wenn
die Einziehung der Forderung wegen Gefährdung ihrer Sicherheit nach den Regeln
einer ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung geboten ist. Unter der gleichen
Voraussetzung kann der Gläubiger von dem Pfandgläubiger die Zustimmung zur
Kündigung verlangen, sofern die Zustimmung erforderlich ist.
§. 1287. Leistet der Schuldner in Gemäßheit der §§. 1281,
1282, so erwirbt mit der Leistung der Gläubiger den geleisteten Gegenstand und
der Pfandgläubiger ein Pfandrecht an dem Gegenstande. Besteht die Leistung in
der Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, so erwirbt der
Pfandgläubiger eine Sicherungshypothek; besteht sie in der Übertragung des
Eigentums an einem eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk, so erwirbt der
Pfandgläubiger eine Schiffshypothek.
§. 1288. Wird eine Geldforderung in Gemäßheit des §. 1281
eingezogen, so sind der Pfandgläubiger und der Gläubiger einander verpflichtet,
dazu mitzuwirken, daß der eingezogene Betrag, soweit es ohne Beeinträchtigung
des Interesses des Pfandgläubigers thunlich ist, nach den für die Anlegung von
Mündelgeld geltenden Vorschriften verzinslich angelegt und gleichzeitig dem
Pfandgläubiger das Pfandrecht bestellt wird. Die Art der Anlegung bestimmt der
Gläubiger.
Erfolgt die Einziehung in Gemäßheit des §. 1282, so gilt die
Forderung des Pfandgläubigers, soweit ihm der eingezogene Betrag zu seiner Befriedigung
gebührt, als von dem Gläubiger berichtigt.
§. 1289. Das Pfandrecht an einer Forderung erstreckt sich
auf die Zinsen der Forderung. Die Vorschriften des §. 1123 Abs. 2 und der §§.
1124, 1125 finden entsprechende Anwendung; an die Stelle der Beschlagnahme
tritt die Anzeige des Pfandgläubigers an den Schuldner, daß er von dem
Einziehungsrechte Gebrauch mache.
§. 1290. Bestehen mehrere Pfandrechte an einer Forderung, so
ist zur Einziehung nur derjenige Pfandgläubiger berechtigt, dessen Pfandrecht den
übrigen Pfandrechten vorgeht.
§. 1291. Die Vorschriften über das Pfandrecht an einer
Forderung gelten auch für das Pfandrecht an einer Grundschuld und an einer
Rentenschuld.
§. 1292. Zur Verpfändung eines Wechsels oder eines anderen
Papiers, das durch Indossament übertragen werden kann, genügt die Einigung des
Gläubigers und des Pfandgläubigers und die Uebergabe des indossirten Papiers.
§. 1293. Für das Pfandrecht an einem Inhaberpapiere gelten
die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen.
§. 1294. Ist ein Wechsel, ein anderes Papier, das durch
Indossament übertragen werden kann, oder ein Inhaberpapier Gegenstand des
Pfandrechts, so ist, auch wenn die Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2 noch
nicht eingetreten sind, der Pfandgläubiger zur Einziehung und, falls Kündigung
erforderlich ist, zur Kündigung berechtigt und kann der Schuldner nur an ihn
leisten.
§. 1295. Hat ein verpfändetes Papier, das durch Indossament
übertragen werden kann, einen Börsen- oder Marktpreis, so ist der Gläubiger
nach dem Eintritte der Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2 berechtigt, das
Papier nach §. 1221 verkaufen zu lassen.
§. 1296. Das Pfandrecht an einem Werthpapier erstreckt sich
auf die zu dem Papiere gehörenden Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine nur
dann, wenn sie dem Pfandgläubiger übergeben sind. Der Verpfänder kann, sofern
nicht ein Anderes bestimmt ist, die Herausgabe der Scheine verlangen, soweit
sie vor dem Eintritte der Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2 fällig werden.
Viertes Buch.
Familienrecht.
Erster Abschnitt.
Bürgerliche Ehe.
Erster Titel.
Verlöbniß.
§. 1297. Aus einem Verlöbnisse kann nicht auf Eingehung der
Ehe geklagt werden.
Das Versprechen einer Strafe für den Fall, daß die Eingehung
der Ehe unterbleibt, ist nichtig.
§. 1298. Tritt ein Verlobter von dem Verlöbnisse zurück, so
hat er dem anderen Verlobten und dessen Eltern sowie dritten Personen, welche
an Stelle der Eltern gehandelt haben, den Schaden zu ersetzen, der daraus
entstanden ist, daß sie in Erwartung der Ehe Aufwendungen gemacht haben oder
Verbindlichkeiten eingegangen sind. Dem anderen Verlobten hat er auch den
Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, daß er in Erwartung der Ehe
sonstige sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung berührende Maßnahmen
getroffen hat.
Der Schaden ist nur insoweit zu ersetzen, als die
Aufwendungen, die Eingehung der Verbindlichkeiten und die sonstigen Maßnahmen
den Umständen nach angemessen waren.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn ein wichtiger Grund
für den Rücktritt vorliegt.
§. 1299. Veranlaßt ein Verlobter den Rücktritt des anderen
durch ein Verschulden, das einen wichtigen Grund für den Rücktritt bildet, so
ist er nach Maßgabe des §. 1298 Abs. 1, 2 zum Schadensersatze verpflichtet.
§. 1300. Hat eine unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die
Beiwohnung gestattet, so kann sie, wenn die Voraussetzungen des §. 1298 oder
des §. 1299 vorliegen, auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist,
eine billige Entschädigung in Geld verlangen.
Der Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die
Erben über, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er
rechtshängig geworden ist.
§. 1301. Unterbleibt die Eheschließung, so kann jeder
Verlobte von dem anderen die Herausgabe desjenigen, was er ihm geschenkt oder
zum Zeichen des Verlöbnisses gegeben hat, nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Im Zweifel ist
anzunehmen, daß die Rückforderung ausgeschlossen sein soll, wenn das Verlöbniß
durch den Tod eines der Verlobten aufgelöst wird.
§. 1302. Die in den §§. 1298 bis 1301 bestimmten Ansprüche
verjähren in zwei Jahren von der Auflösung des Verlöbnisses an.
Zweiter Titel.
Eingehung der Ehe.
§. 1303. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1304. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1305. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1306. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1307. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1308. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1309. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1310. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1311. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1312. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1313. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1314. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1315. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1316. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1317. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1318. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1319. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1320. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1321. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1322. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
Dritter Titel.
Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe.
§. 1323. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1324. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1325. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1325a. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1326. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1327. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1328. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1329. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1330. Anm.: Aufgehoben
durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07.
1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1331. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1332. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1333. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1334. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1335. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1336. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1337. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1338. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1339. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1340. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1341. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1342. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1343. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1344. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1345. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1346. Anm.: Aufgehoben
durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07.
1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1347. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
Vierter Titel.
Wiederverheirathung im Falle der Todeserklärung.
§. 1348. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1349. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1350. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1351. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1352. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
Fünfter Titel.
Wirkungen der Ehe im Allgemeinen.
§. 1353. Die Ehe
wird auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen
Lebensgemeinschaft verpflichtet.
Ein Ehegatte ist
nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der
Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Mißbrauch seines
Rechtes darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.
§. 1354. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1355. Die
Ehegatten führen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen).
Zum Ehenamen
können die Ehegatten bei der Eheschließung durch Erklärung gegenüber dem
Standesbeamten den Geburtsnamen des Mannes oder den Geburtsnamen der Frau
bestimmen. Treffen sie keine Bestimmung, so ist Ehename der Geburtsname des
Mannes. Geburtsname ist der Name, der in die Geburtsurkunde der Verlobten zur
Zeit der Eheschließung einzutragen ist.
Ein Ehegatte,
dessen Geburtsname nicht Ehename wird, kann durch Erklärung gegenüber dem
Standesbeamten dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der
Eheschließung geführten Namen voranstellen; die Erklärung bedarf der öffentlichen
Beglaubigung.
Der verwitwete
oder geschiedene Ehegatte behält den Ehenamen. Er kann durch Erklärung
gegenüber dem Standesbeamten seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder
annehmen, den er zur Zeit der Eheschließung geführt hat; die Erklärung bedarf
der öffentlichen Beglaubigung.
§. 1356. Die
Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die
Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt
in eigener Verantwortung.
Beide Ehegatten
sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer
Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der
Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.
§. 1357. Jeder
Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs
der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch
solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei
denn, daß sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.
Ein Ehegatte kann
die Berechtigung des anderen Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für ihn zu
besorgen, beschränken oder ausschließen; besteht für die Beschränkung oder
Ausschließung kein ausreichender Grund, so hat das Vormundschaftsgericht sie
auf Antrag aufzuheben. Dritten gegenüber wirkt die Beschränkung oder
Ausschließung nur nach Maßgabe des § 1412.
Absatz 1 gilt
nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.
§. 1358. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1359. Die Ehegatten haben bei der Erfüllung der sich aus
dem ehelichen Verhältniß ergebenden Verpflichtungen einander nur für diejenige Sorgfalt einzustehen,
welche sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.
§. 1360. Die
Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen
die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung
überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der
Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts.
§. 1360a. Der angemessene Unterhalt der Familie umfaßt
alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten
des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und
den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen.
Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die
eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der
Familie erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im voraus zur
Verfügung zu stellen.
Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden
Vorschriften der §§ 1613 bis 1615 sind entsprechend anzuwenden.
Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits
zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere
Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der
Billigkeit entspricht. Das gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in
einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist.
§. 1360b. Leistet ein Ehegatte zum Unterhalt der Familie
einen höheren Beitrag als ihm obliegt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß er
nicht beabsichtigt, von dem anderen Ehegatten Ersatz zu verlangen.
§. 1361. Leben die
Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den
Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten
angemessenen Unterhalt verlangen. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten
ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der
Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den
Fall des Alters sowie der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
Der
nichterwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen
Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm
nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren
Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den
wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
Die Vorschrift
des § 1579 Nr. 2 bis 7 über die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs aus
Billigkeitsgründen ist entsprechend anzuwenden.
Der laufende
Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist
monatlich im voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen
Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. §
1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.
§. 1361a. Leben die Ehegatten getrennt, so kann jeder von
ihnen die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände von dem anderen Ehegatten
herausverlangen. Er ist jedoch verpflichtet, sie dem anderen Ehegatten zum
Gebrauch zu überlassen, soweit dieser sie zur Führung eines abgesonderten Haushalts
benötigt und die Überlassung nach den Umständen des Falles der Billigkeit
entspricht.
Haushaltsgegenstände, die den Ehegatten gemeinsam gehören,
werden zwischen ihnen nach den Grundsätzen der Billigkeit verteilt.
Können sich die Ehegatten nicht einigen, so entscheidet das
zuständige Gericht. Dieses kann eine angemessene Vergütung für die Benutzung
der Haushaltsgegenstände festsetzen.
Die Eigentumsverhältnisse bleiben unberührt, sofern die
Ehegatten nichts anderes vereinbaren.
§. 1361b. Leben die Ehegatten getrennt oder will einer von
ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, daß ihm der andere die
Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überläßt, soweit dies
notwendig ist, um eine schwere Härte zu vermeiden. Steht einem Ehegatten allein
oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der
Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, so ist
dies besonders zu berücksichtigen; Entsprechendes gilt für das
Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.
Ist ein Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten die
Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung zu überlassen, so kann er
vom anderen Ehegatten eine Vergütung für die Benutzung verlangen, soweit dies
der Billigkeit entspricht.
§. 1362. Zugunsten der Gläubiger des Mannes und der
Gläubiger der Frau wird vermutet, daß die im Besitz eines Ehegatten oder beider
Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören. Diese
Vermutung gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben und sich die Sachen im
Besitze des Ehegatten befinden, der nicht Schuldner ist. Inhaberpapiere und
Orderpapiere, die mit Blankoindossament versehen sind, stehen den beweglichen
Sachen gleich.
Für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines
Ehegatten bestimmten Sachen wird im Verhältnis der Ehegatten zueinander und zu
den Gläubigern vermutet, daß sie dem Ehegatten gehören, für dessen Gebrauch sie
bestimmt sind.
Sechster Titel
Eheliches Güterrecht
I. Gesetzliches Güterrecht
§. 1363. Die Ehegatten leben im Güterstand der
Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes
vereinbaren.
Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden
nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten; dies gilt auch für Vermögen,
das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Der Zugewinn, den die
Ehegatten in der Ehe erzielen, wird jedoch ausgeglichen, wenn die
Zugewinngemeinschaft endet.
§. 1364. Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen selbständig;
er ist jedoch in der Verwaltung seines Vermögens nach Maßgabe der folgenden
Vorschriften beschränkt.
§. 1365. Ein Ehegatte kann sich nur mit Einwilligung des
anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im ganzen zu verfügen. Hat
er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er die
Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
Entspricht das Rechtsgeschäft den Grundsätzen einer
ordnungsmäßigen Verwaltung, so kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag des
Ehegatten die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne
ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit an der
Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
§. 1366. Ein Vertrag, den ein Ehegatte ohne die
erforderliche Einwilligung des anderen Ehegatten schließt, ist wirksam, wenn
dieser ihn genehmigt.
Bis zur Genehmigung kann der Dritte den Vertrag widerrufen.
Hat er gewußt, daß der Mann oder die Frau verheiratet ist, so kann er nur
widerrufen, wenn der Mann oder die Frau wahrheitswidrig behauptet hat, der
andere Ehegatte habe eingewilligt; er kann auch in diesem Falle nicht
widerrufen, wenn ihm beim Abschluß des Vertrages bekannt war, daß der andere
Ehegatte nicht eingewilligt hatte.
Fordert der Dritte den Ehegatten auf, die erforderliche
Genehmigung des anderen Ehegatten zu beschaffen, so kann dieser sich nur dem
Dritten gegenüber über die Genehmigung erklären; hat er sich bereits vor der
Aufforderung seinem Ehegatten gegenüber erklärt, so wird die Erklärung
unwirksam. Die Genehmigung kann nur innerhalb von zwei Wochen seit dem Empfang
der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als
verweigert. Ersetzt das Vormundschaftsgericht die Genehmigung, so ist sein
Beschluß nur wirksam, wenn der Ehegatte ihn dem Dritten innerhalb der
zweiwöchigen Frist mitteilt; andernfalls gilt die Genehmigung als verweigert.
Wird die Genehmigung verweigert, so ist der Vertrag
unwirksam.
§. 1367. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ohne die
erforderliche Einwilligung vorgenommen wird, ist unwirksam.
§. 1368. Verfügt ein Ehegatte ohne die erforderliche
Zustimmung des anderen Ehegatten über sein Vermögen, so ist auch der andere
Ehegatte berechtigt, die sich aus der Unwirksamkeit der Verfügung ergebenden Rechte
gegen den Dritten gerichtlich geltend zu machen.
§. 1369. Ein Ehegatte kann über ihm gehörende Gegenstände
des ehelichen Haushalts nur verfügen und sich zu einer solchen Verfügung auch
nur verpflichten, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des Ehegatten die
Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden
Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit verhindert ist, eine
Erklärung abzugeben.
Die Vorschriften der §§ 1366 bis 1368 gelten entsprechend.
§. 1370. Haushaltsgegenstände, die an Stelle von nicht mehr
vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenständen angeschafft werden, werden
Eigentum des Ehegatten, dem die nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen
Gegenstände gehört haben.
§. 1371. Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten
beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, daß sich der
gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft
erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Fall einen
Zugewinn erzielt haben.
Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch
kein Vermächtnis zu, so kann er Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften
der §§ 1373 bis 1383, 1390 verlangen; der Pflichtteil des überlebenden
Ehegatten oder eines anderen Pflichtteilsberechtigten bestimmt sich in diesem
Falle nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten.
Schlägt der überlebende Ehegatte die Erbschaft aus, so kann
er neben dem Ausgleich des Zugewinns den Pflichtteil auch dann verlangen, wenn
dieser ihm nach den erbrechtlichen Bestimmungen nicht zustünde; dies gilt
nicht, wenn er durch Vertrag mit seinem Ehegatten auf sein gesetzliches
Erbrecht oder sein Pflichtteilsrecht verzichtet hat.
Sind erbberechtigte Abkömmlinge des verstorbenen Ehegatten,
welche nicht aus der durch den Tod dieses Ehegatten aufgelösten Ehe stammen,
oder erbersatzberechtigte Abkömmlinge vorhanden, so ist der überlebende
Ehegatte verpflichtet, diesen Abkömmlingen, wenn und soweit sie dessen
bedürfen, die Mittel zu einer angemessenen Ausbildung aus dem nach Absatz 1
zusätzlich gewährten Viertel zu gewähren.
§. 1372. Wird der Güterstand auf andere Weise als durch den
Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Zugewinn nach den Vorschriften der §§
1373 bis 1390 ausgeglichen.
§. 1373. Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen
eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt.
§. 1374. Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem
Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstandes
gehört; die Verbindlichkeiten können nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen
werden.
Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes
von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung
oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem
Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den
Einkünften zu rechnen ist.
§. 1375. Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten
nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört.
Die Verbindlichkeiten werden, wenn Dritte gemäß § 1390 in Anspruch genommen
werden können, auch insoweit abgezogen, als sie die Höhe des Vermögens
übersteigen.
Dem Endvermögen eines Ehegatten wird der Betrag hinzugerechnet,
um den dieses Vermögen dadurch vermindert ist, daß ein Ehegatte nach Eintritt
des Güterstandes
1. unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er
nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden
Rücksicht entsprochen hat,
2. Vermögen verschwendet hat oder
3. Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen
Ehegatten zu benachteiligen.
Der Betrag der Vermögensminderung wird dem Endvermögen nicht
hinzugerechnet, wenn sie mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstandes
eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung
oder der Verschwendung einverstanden gewesen ist.
§. 1376. Der Berechnung des
Anfangsvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das beim Eintritt des
Güterstandes vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, das dem Anfangsvermögen
hinzuzurechnende Vermögen im Zeitpunkt des Erwerbes hatte.
Der Berechnung des Endvermögens wird
der Wert zugrunde gelegt, den das bei Beendigung des Güterstandes vorhandene
Vermögen in diesem Zeitpunkt, eine dem Endvermögen hinzurechnende
Vermögensminderung in dem Zeitpunkt hatte, in dem sie eingetreten ist.
Die vorstehenden Vorschriften gelten
entsprechend für die Bewertung von Verbindlichkeiten.
Ein land- oder forstwirtschaftlicher
Betrieb, der bei der Berechnung des Anfangsvermögens und des Endvermögens zu
berücksichtigen ist, ist mit dem Ertragswert anzusetzen; die Vorschrift des §
2049 Abs. 2 ist anzuwenden. 24
§. 1377. Haben die Ehegatten den Bestand und den Wert des
einem Ehegatten gehörenden Anfangsvermögens und der diesem Vermögen
hinzuzurechnenden Gegenstände gemeinsam in einem Verzeichnis festgestellt, so
wird im Verhältnis der Ehegatten zueinander vermutet, daß das Verzeichnis
richtig ist.
Jeder Ehegatte kann verlangen, daß der andere Ehegatte bei
der Aufnahme des Verzeichnisses mitwirkt. Auf die Aufnahme des Verzeichnisses
sind die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des § 1035 anzuwenden. Jeder
Ehegatte kann den Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten auf
seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen.
Soweit kein Verzeichnis aufgenommen ist, wird vermutet, daß
das Endvermögen eines Ehegatten seinen Zugewinn darstellt.
§. 1378. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den
Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen
Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.
Die Höhe der Ausgleichsforderung wird durch den Wert des
Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des
Güterstandes vorhanden ist.
Die Ausgleichsforderung
entsteht mit der Beendigung des Güterstandes und ist von diesem Zeitpunkt an
vererblich und übertragbar. Eine Vereinbarung, die die Ehegatten während eines
Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist, für den Fall der Auflösung
der Ehe über den Ausgleich des Zugewinns treffen, bedarf der notariellen
Beurkundung; § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem
Verfahren in Ehesachen vor dem Prozeßgericht protokolliert wird. Im übrigen
kann sich kein Ehegatte vor der Beendigung des Güterstandes verpflichten, über
die Ausgleichsforderung zu verfügen.
Die Ausgleichsforderung verjährt in drei Jahren; die Frist
beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Ehegatte erfährt, daß der Güterstand
beendet ist. Die Forderung verjährt jedoch spätestens dreißig Jahre nach der
Beendigung des Güterstandes. Endet der Güterstand durch den Tod eines
Ehegatten, so sind im übrigen die Vorschriften anzuwenden, die für die
Verjährung eines Pflichtteilsanspruchs gelten.
§. 1379. Nach der Beendigung des Güterstandes ist jeder
Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten über den Bestand seines
Endvermögens Auskunft zu erteilen. Jeder Ehegatte kann verlangen, daß er bei
der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses zugezogen und daß
der Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird. Er
kann auch verlangen, daß das Verzeichnis auf seine Kosten durch die zuständige
Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
Hat ein Ehegatte
die Scheidung beantragt oder Klage auf Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe
erhoben, gilt Absatz 1 entsprechend.
§. 1380. Auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten wird
angerechnet, was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter
Lebenden mit der Bestimmung zugewendet ist, daß es auf die Ausgleichsforderung
angerechnet werden soll. Im Zweifel ist anzunehmen, daß Zuwendungen angerechnet
werden sollen, wenn ihr Wert den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigt,
die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind.
Der Wert der Zuwendung wird bei der Berechnung der
Ausgleichsforderung dem Zugewinn des Ehegatten hinzugerechnet, der die
Zuwendung gemacht hat. Der Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Zuwendung.
§. 1381. Der Schuldner kann die Erfüllung der
Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den
Umständen des Falles grob unbillig wäre.
Grobe Unbilligkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn
der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch
die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis
ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat.
§. 1382. Das Familiengericht stundet auf Antrag eine
Ausgleichsforderung, soweit sie vom Schuldner nicht bestritten wird, wenn die
sofortige Zahlung auch unter Berücksichtigung der Interessen des Gläubigers zur
Unzeit erfolgen würde. Die sofortige Zahlung würde auch dann zur Unzeit
erfolgen, wenn sie die Wohnverhältnisse oder sonstigen Lebensverhältnisse
gemeinschaftlicher Kinder nachhaltig verschlechtern würde.
Eine gestundete Forderung hat der Schuldner zu verzinsen.
Das Familiengericht kann auf Antrag anordnen, daß der
Schuldner für eine gestundete Forderung Sicherheit zu leisten hat.
Über Höhe und Fälligkeit der Zinsen und über Art und Umfang
der Sicherheitsleistung entscheidet das Familiengericht nach billigem Ermessen.
Soweit über die Ausgleichsforderung ein Rechtsstreit
anhängig wird, kann der Schuldner einen Antrag auf Stundung nur in diesem
Verfahren stellen.
Das Familiengericht kann eine rechtskräftige Entscheidung
auf Antrag aufheben oder ändern, wenn sich die Verhältnisse nach der
Entscheidung wesentlich geändert haben.
§. 1383. Das Familiengericht kann auf Antrag des Gläubigers
anordnen, daß der Schuldner bestimmte Gegenstände seines Vermögens dem
Gläubiger unter Anrechung auf die Ausgleichsforderung zu übertragen hat, wenn
dies erforderlich ist, um eine grobe Unbilligkeit für den Gläubiger zu
vermeiden, und wenn dies dem Schuldner zugemutet werden kann; in der Entscheidung
ist der Betrag festzusetzen, der auf die Ausgleichsforderung angerechnet wird.
Der Gläubiger muß die Gegenstände, deren Übertragung er
begehrt, in dem Antrage bezeichnen.
§ 1382 Abs. 5 gilt entsprechend.
§. 1384. Wird die
Ehe geschieden, so tritt für die Berechnung des Zugewinns an die Stelle der
Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags.
§. 1385. Leben
die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt, so kann jeder von ihnen auf
vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns klagen.
§. 1386. Ein Ehegatte kann auf vorzeitigen Ausgleich des
Zugewinns klagen, wenn der andere Ehegatte längere Zeit hindurch die
wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis
ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat und anzunehmen ist, daß er sie auch in
Zukunft nicht erfüllen wird.
Ein Ehegatte kann auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns
klagen, wenn der andere Ehegatte
1. ein Rechtsgeschäft der in § 1365 bezeichneten Art ohne
die erforderliche Zustimmung vorgenommen hat oder
2. sein Vermögen durch eine der in § 1375 bezeichneten
Handlungen vermindert hat
und eine erhebliche Gefährdung der künftigen
Ausgleichsforderung zu besorgen ist.
Ein Ehegatte kann auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns
klagen, wenn der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich
weigert, ihn über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.
§. 1387. Wird auf vorzeitigen
Ausgleich des Zugewinns erkannt, so tritt für die Berechnung des Zugewinns an
die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt, in dem die Klage auf
vorzeitigen Ausgleich erhoben ist.
§. 1388. Mit der Rechtskraft des Urteils, durch das auf
vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns erkannt ist, tritt Gütertrennung ein.
§. 1389. Ist die Klage auf vorzeitigen Ausgleich des, auf
Nichtigerklärung oder Aufhebung der Ehe erhoben oder der Antrag auf Scheidung
der Ehe gestellt, so kann ein Ehegatte Sicherheitsleistung verlangen, wenn
wegen des Verhaltens des anderen Ehegatten zu besorgen ist, daß seine Rechte
auf den künftigen Ausgleich des Zugewinns erheblich gefährdet werden.
§. 1390. Soweit einem Ehegatten gemäß § 1378 Abs. 2 eine
Ausgleichsforderung nicht zusteht, weil der andere Ehegatte in der Absicht, ihn
zu benachteiligen, unentgeltliche Zuwendungen an einen Dritten gemacht hat, ist
der Dritte verpflichtet, das Erlangte nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung an den Ehegatten zum Zwecke der
Befriedigung wegen der ausgefallenen Ausgleichsforderung herauszugeben. Der
Dritte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrages abwenden.
Das gleiche gilt für andere Rechtshandlungen, wenn die
Absicht, den Ehegatten zu benachteiligen, dem Dritten bekannt war.
Der Anspruch verjährt in drei Jahren nach der Beendigung des
Güterstandes. Endet der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten, so wird die
Verjährung nicht dadurch gehemmt, daß der Anspruch erst geltend gemacht werden
kann, wenn der Ehegatte die Erbschaft oder ein Vermächtnis ausgeschlagen hat.
Ist die Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns oder
auf Nichtigerklärung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe erhoben, so kann ein
Ehegatte von dem Dritten Sicherheitsleistung wegen der ihm nach den Absätzen 1
und 2 zustehenden Ansprüche verlangen.
§. 1391. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1392. Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06.
1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1393. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1394. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1395. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1396. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1397. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1398. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1399. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1400. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1401. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1402. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1403. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1404. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1405. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1406. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1407. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
II. Vertragsmäßiges Güterrecht
1. Allgemeine Vorschriften
§. 1408. Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen
Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der
Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.
In einem
Ehevertrag können die Ehegatten durch eine ausdrückliche Vereinbarung auch den
Versorgungsausgleich ausschließen. Der Ausschluß ist unwirksam, wenn innerhalb
eines Jahres nach Vertragsschluß Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt wird.
§. 1409. Der Güterstand kann nicht durch Verweisung auf
nicht mehr geltendes oder ausländisches Recht bestimmt werden.
§. 1410. Der Ehevertrag muß bei gleichzeitiger Anwesenheit
beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden.
§. 1411. Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann
einen Ehevertrag nur mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters schließen. Ist
der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so ist außer der Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
erforderlich, wenn der Ausgleich des Zugewinns ausgeschlossen oder
eingeschränkt oder wenn Gütergemeinschaft vereinbart oder aufgehoben wird. Der
gesetzliche Vertreter kann für einen in der Geschäftsfähigkeit beschränkten
Ehegatten keinen Ehevertrag schließen.
Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten schließt der
gesetzliche Vertreter den Vertrag; Gütergemeinschaft kann er nicht vereinbaren
oder aufheben. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so kann er den
Vertrag nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts schließen.
§. 1412. Haben die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand
ausgeschlossen oder geändert, so können sie hieraus einem Dritten gegenüber
Einwendungen gegen ein Rechtsgeschäft, das zwischen einem von ihnen und dem
Dritten vorgenommen worden ist, nur herleiten, wenn der Ehevertrag im
Güterrechtsregister des zuständigen Amtsgerichts eingetragen oder dem Dritten
bekannt war, als das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde; Einwendungen gegen ein
rechtskräftiges Urteil, das zwischen einem der Ehegatten und dem Dritten
ergangen ist, sind nur zulässig, wenn der Ehevertrag eingetragen oder dem
Dritten bekannt war, als der Rechtsstreit anhängig wurde.
Das gleiche gilt, wenn die Ehegatten eine im
Güterrechtsregister eingetragene Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse
durch Ehevertrag aufheben oder ändern.
§. 1413. Überläßt ein Ehegatte sein Vermögen der Verwaltung
des anderen Ehegatten, so kann das Recht, die Überlassung jederzeit zu
widerrufen, nur durch Ehevertrag ausgeschlossen oder eingeschränkt werden; ein
Widerruf aus wichtigem Grunde bleibt gleichwohl zulässig.
2. Gütertrennung
§. 1414. Schließen die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand
aus oder heben sie ihn auf, so tritt Gütertrennung ein, falls sich nicht aus
dem Ehevertrag etwas anderes ergibt. Das gleiche gilt, wenn der Ausgleich des Zugewinns oder der
Versorgungsausgleich ausgeschlossen oder die Gütergemeinschaft aufgehoben wird.
3. Gütergemeinschaft
a) Allgemeine Vorschriften
§. 1415. Vereinbaren die Ehegatten
durch Ehevertrag Gütergemeinschaft, so gelten die nachstehenden Vorschriften.
§. 1416. Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau
werden durch die Gütergemeinschaft gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten
(Gesamtgut). Zu dem Gesamtgut gehört auch das Vermögen, das der Mann oder die
Frau während der Gütergemeinschaft erwirbt.
Die einzelnen Gegenstände werden gemeinschaftlich; sie
brauchen nicht durch Rechtsgeschäft übertragen zu werden.
Wird ein Recht gemeinschaftlich, das im Grundbuch
eingetragen ist oder in das Grundbuch eingetragen werden kann, so kann jeder
Ehegatte von dem anderen verlangen, daß er zur Berichtigung des Grundbuchs
mitwirke. Entsprechendes gilt, wenn ein Recht gemeinschaftlich wird, das im
Schiffsregister oder im Schiffsbauregister eingetragen ist.
§. 1417. Vom Gesamtgut ist das Sondergut ausgeschlossen.
Sondergut sind die Gegenstände, die nicht durch
Rechtsgeschäft übertragen werden können.
Jeder Ehegatte verwaltet sein Sondergut selbständig. Er
verwaltet es für Rechnung des Gesamtgutes.
§. 1418. Vom Gesamtgut ist das Vorbehaltsgut ausgeschlossen.
Vorbehaltsgut sind die Gegenstände,
1. die durch Ehevertrag zum Vorbehaltsgut eines Ehegatten
erklärt sind;
2. die ein Ehegatte von Todes wegen erwirbt oder die ihm von
einem Dritten unentgeltlich zugewendet werden, wenn der Erblasser durch
letztwillige Verfügung, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der
Erwerb Vorbehaltsgut sein soll;
3. die ein Ehegatte auf Grund eines zu seinem Vorbehaltsgut
gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder
Entziehung eines zum Vorbehaltsgut gehörenden Gegenstandes oder durch ein
Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht.
Jeder Ehegatte verwaltet das Vorbehaltsgut selbständig. Er
verwaltet es für eigene Rechnung.
Gehören Vermögensgegenstände zum Vorbehaltsgut, so ist dies
Dritten gegenüber nur nach Maßgabe des § 1412 wirksam.
§. 1419. Ein Ehegatte kann nicht über seinen Anteil am
Gesamtgut und an den einzelnen Gegenständen verfügen, die zum Gesamtgut
gehören; er ist nicht berechtigt, Teilung zu verlangen.
Gegen eine Forderung, die zum Gesamtgut gehört, kann der
Schuldner nur mit einer Forderung aufrechnen, deren Berichtigung er aus dem
Gesamtgut verlangen kann.
§. 1420. Die Einkünfte, die in das Gesamtgut fallen, sind
vor den Einkünften, die in das Vorbehaltsgut fallen, der Stamm des Gesamtgutes
ist vor dem Stamm des Vorbehaltsgutes oder des Sondergutes für den Unterhalts
der Familie zu verwenden.
§. 1421. Die Ehegatten sollen in dem Ehevertrag, durch den
sie die Gütergemeinschaft vereinbaren, bestimmen, ob das Gesamtgut von dem Mann
oder der Frau oder von ihnen gemeinschaftlich verwaltet wird. Enthält der
Ehevertrag keine Bestimmung hierüber, so verwalten die Ehegatten das Gesamtgut
gemeinschaftlich.
b) Verwaltung des Gesamtgutes durch den Mann oder die Frau
§. 1422. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, ist insbesondere
berechtigt, die zum Gesamtgut gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen und über
das Gesamtgut zu verfügen; er führt Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das
Gesamtgut beziehen, im eigenen Namen. Der andere Ehegatte wird durch die
Verwaltungshandlungen nicht persönlich verpflichtet.
§. 1423. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, kann
sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über das
Gesamtgut im ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen
Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der
andere Ehegatte einwilligt.
§. 1424. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, kann nur
mit Einwilligung des anderen Ehegatten über ein zum Gesamtgut gehörendes
Grundstück verfügen; er kann sich zu einer solchen Verfügung auch nur mit
Einwilligung seines Ehegatten verpflichten. Dasselbe gilt, wenn ein
eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk zum Gesamtgut gehört.
§. 1425. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, kann nur
mit Einwilligung des anderen Ehegatten Gegenstände aus dem Gesamtgut
verschenken; hat er ohne Zustimmung des anderen Ehegatten versprochen,
Gegenstände aus dem Gesamtgut zu verschenken, so kann er dieses Versprechen nur
erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt. Das gleiche gilt von einem
Schenkungsversprechen, das sich nicht auf das Gesamtgut bezieht.
Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen
Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§. 1426. Ist ein Rechtsgeschäft, das nach den §§ 1423, 1424
nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten vorgenommen werden kann, zur
ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtgutes erforderlich, so kann das
Vormundschaftsgericht auf Antrag die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen,
wenn dieser sie ohne ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder
Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschub
Gefahr verbunden ist.
§. 1427. Nimmt der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet,
ein Rechtsgeschäft ohne die erforderliche Einwilligung des anderen Ehegatten
vor, so gelten die Vorschriften des § 1366 Abs. 1, 3, 4 und des § 1367
entsprechend.
Einen Vertrag kann der Dritte bis zur Genehmigung
widerrufen. Hat er gewußt, daß der Ehegatte in Gütergemeinschaft lebt, so kann
er nur widerrufen, wenn dieser wahrheitswidrig behauptet hat, der andere
Ehegatte habe eingewilligt; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn
ihm beim Abschluß des Vertrages bekannt war, daß der andere Ehegatte nicht
eingewilligt hatte.
§. 1428. Verfügt der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet,
ohne die erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten über ein zum Gesamtgut
gehörendes Recht, so kann dieser das Recht gegen Dritte gerichtlich geltend
machen; der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, braucht hierzu nicht
mitzuwirken.
§. 1429. Ist der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet,
durch Krankheit oder durch Abwesenheit verhindert, ein Rechtsgeschäft
vorzunehmen, das sich auf das Gesamtgut bezieht, so kann der andere Ehegatte
das Rechtsgeschäft vornehmen, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; er
kann hierbei im eigenen Namen oder im Namen des verwaltenden Ehegatten handeln.
Das gleiche gilt für die Führung eines Rechtsstreits, der sich auf das
Gesamtgut bezieht.
§. 1430. Verweigert der Ehegatte, der das Gesamtgut
verwaltet, ohne ausreichenden Grund die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft, das
der andere Ehegatte zur ordnungsmäßigen Besorgung seiner persönlichen
Angelegenheiten vornehmen muß, aber ohne diese Zustimmung nicht mit Wirkung für
das Gesamtgut vornehmen kann, so kann das Vormundschaftsgericht die Zustimmung
auf Antrag ersetzen.
§. 1431. Hat der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet,
darin eingewilligt, daß der andere Ehegatte selbständig ein Erwerbsgeschäft
betreibt, so ist seine Zustimmung zu solchen Rechtsgeschäften und
Rechtsstreitigkeiten nicht erforderlich, die der Geschäftsbetrieb mit sich
bringt. Einseitige Rechtsgeschäfte, die sich auf das Erwerbsgeschäft beziehen,
sind dem Ehegatten gegenüber vorzunehmen, der das Erwerbsgeschäft betreibt.
Weiß der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, daß der
andere Ehegatte ein Erwerbsgeschäft betreibt, und hat er hiergegen keinen
Einspruch eingelegt, so steht dies einer Einwilligung gleich.
Dritten gegenüber ist ein Einspruch und der Widerruf der Einwilligung
nur nach Maßgabe des § 1412 wirksam.
§. 1432. Ist dem Ehegatten, der das Gesamtgut nicht
verwaltet, eine Erbschaft oder ein Vermächtnis angefallen, so ist nur er
berechtigt, die Erbschaft oder das Vermächtnis anzunehmen oder auszuschlagen;
die Zustimmung des anderen Ehegatten ist nicht erforderlich. Das gleiche gilt
von dem Verzicht auf den Pflichtteil oder auf den Ausgleich eines Zugewinns
sowie von der Ablehnung eines Vertragsantrags oder einer Schenkung.
Der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, kann ein
Inventar über ein ihm angefallene Erbschaft ohne Zustimmung des anderen
Ehegatten errichten.
§. 1433. Der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet,
kann ohne Zustimmung des anderen Ehegatten einen Rechtsstreit fortsetzen, der
beim Eintritt der Gütergemeinschaft anhängig war.
§. 1434. Wird durch ein Rechtsgeschäft, das ein Ehegatte
ohne die erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten vornimmt, das Gesamtgut
bereichert, so ist die Bereicherung nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte
Bereicherung aus dem Gesamtgut herauszugeben.
§. 1435. Der Ehegatte hat das Gesamtgut ordnungsmäßig zu
verwalten. Er hat den anderen Ehegatten über die Verwaltung zu unterrichten und
ihm auf Verlangen über den Stand der Verwaltung Auskunft zu erteilen. Mindert
sich das Gesamtgut, so muß er zu dem Gesamtgut Ersatz leisten, wenn er den
Verlust verschuldet oder durch ein Rechtsgeschäft herbeigeführt hat, das er
ohne die erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten vorgenommen hat.
§. 1436. Steht der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet,
unter Vormundschaft, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu
vertreten, die sich aus der Verwaltung des Gesamtgutes ergeben. Dies gilt auch
dann, wenn der andere Ehegatte zum Vormund bestellt ist.
§. 1437. Aus dem Gesamtgut können die Gläubiger des
Ehegatten, der das Gesamtgut verwaltet, und, soweit sich aus den §§ 1438 bis
1440 nichts anderes ergibt, auch die Gläubiger des anderen Ehegatten
Befriedigung verlangen (Gesamtgutsverbindlichkeiten).
Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, haftet für die
Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten, die Gesamtgutsverbindlichkeiten sind,
auch persönlich als Gesamtschuldner. Die Haftung erlischt mit der Beendigung
der Gütergemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnis der Ehegatten
zueinander dem anderen Ehegatten zur Last fallen.
§. 1438. Das Gesamtgut haftet für eine Verbindlichkeit aus
einem Rechtsgeschäft, das während der Gütergemeinschaft vorgenommen wird, nur
dann, wenn der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, das Rechtsgeschäft
vornimmt oder wenn er ihm zustimmt oder wenn das Rechtsgeschäft ohne seine
Zustimmung für das Gesamtgut wirksam ist.
Für die Kosten eines Rechtsstreits haftet das Gesamtgut auch
dann, wenn das Urteil dem Gesamtgut gegenüber nicht wirksam ist.
§. 1439. Das Gesamtgut haftet nicht für Verbindlichkeiten,
die durch den Erwerb einer Erbschaft entstehen, wenn der Ehegatte, der Erbe
ist, das Gesamtgut nicht verwaltet und die Erbschaft während der
Gütergemeinschaft als Vorbehaltsgut oder als Sondergut erwirbt; das gleiche
gilt beim Erwerb eines Vermächtnisses.
§. 1440. Das Gesamtgut haftet nicht für eine
Verbindlichkeit, die während der Gütergemeinschaft infolge eines zum
Vorbehaltsgut oder Sondergut gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu
gehörenden Sache in der Person des Ehegatten entsteht, der das Gesamtgut nicht
verwaltet. Das Gesamtgut haftet jedoch, wenn das Recht oder die Sache zu einem
Erwerbsgeschäft gehört, das der Ehegatte mit Einwilligung des anderen Ehegatten
selbständig betreibt, oder wenn die Verbindlichkeit zu den Lasten des
Sondergutes gehört, die aus den Einkünften beglichen zu werden pflegen.
§. 1441. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander fallen
folgende Gesamtgutverbindlichkeiten dem Ehegatten zur Last, in dessen Person
sie entstehen:
1. die Verbindlichkeiten aus einer unerlaubten Handlung, die
er nach Eintritt der Gütergemeinschaft begeht, oder aus einem Strafverfahren,
das wegen einer solchen Handlung gegen ihn gerichtet wird;
2. die Verbindlichkeiten aus einem sich auf sein
Vorbehaltsgut oder sein Sondergut beziehenden Rechtsverhältnis, auch wenn sie
vor Eintritt der Gütergemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu der
das Gut Vorbehaltsgut oder Sondergut geworden ist;
3. die Kosten eines Rechtsstreits über eine der in den
Nummern 1 und 2 bezeichneten Verbindlichkeiten.
§. 1442. Die Vorschriften des § 1441 Nr. 2, 3 gelten nicht,
wenn die Verbindlichkeiten zu den Lasten des Sondergutes gehören, die aus den
Einkünften beglichen zu werden pflegen. Die Vorschriften gelten auch dann
nicht, wenn die Verbindlichkeiten durch den Betrieb eines für Rechnung des
Gesamtgutes geführten Erwerbsgeschäfts oder infolge eines zu einem solchen
Erwerbsgeschäft gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden
Sache entstehen.
§. 1443. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander fallen die
Kosten eines Rechtsstreits, den die Ehegatten miteinander führen, dem Ehegatten
zur Last, der sie nach allgemeinen Vorschriften zu tragen hat.
Führt der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, einen
Rechtsstreit mit einem Dritten, so fallen die Kosten des Rechtsstreits im
Verhältnis der Ehegatten zueinander diesem Ehegatten zur Last. Die Kosten
fallen jedoch dem Gesamtgut zur Last, wenn das Urteil dem Gesamtgut gegenüber
wirksam ist oder wenn der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit oder eine
Gesamtgutsverbindlichkeit des Ehegatten betrifft und die Aufwendung der Kosten
den Umständen nach geboten ist; § 1441 Nr. 3 und § 1442 bleiben unberührt.
§. 1444. Verspricht oder gewährt der Ehegatte, der das
Gesamtgut verwaltet, einem gemeinschaftlichen Kind aus dem Gesamtgut eine
Ausstattung, so fällt ihm im Verhältnis der Ehegatten zueinander die
Ausstattung zur Last, soweit sie das Maß übersteigt, das dem Gesamtgut
entspricht.
Verspricht oder gewährt der Ehegatte, der das Gesamtgut
verwaltet, einem nicht gemeinschaftlichen Kind eine Ausstattung aus dem
Gesamtgut, so fällt sie im Verhältnis der Ehegatten zueinander dem Vater oder
der Mutter zur Last; für den Ehegatten, der das Gesamtgut nicht verwaltet, gilt
dies jedoch nur insoweit, als er zustimmt oder die Ausstattung nicht das Maß
übersteigt, das dem Gesamtgut entspricht.
§. 1445. Verwendet der Ehegatte, der das Gesamtgut
verwaltet, Gesamtgut in sein Vorbehaltsgut oder in sein Sondergut, so hat er
den Wert des Verwendeten zum Gesamtgut zu ersetzen.
Verwendet er Vorbehaltsgut oder Sondergut in das Gesamtgut,
so kann er Ersatz aus dem Gesamtgut verlangen.
§. 1446. Was der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, zum
Gesamtgut schuldet, braucht er erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft
zu leisten; was er aus dem Gesamtgut zu fordern hat, kann er erst nach der
Beendigung der Gütergemeinschaft fordern.
Was der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, zum
Gesamtgut oder was er zum Vorbehaltsgut oder Sondergut des anderen Ehegatten
schuldet, braucht er erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten;
er hat die Schuld jedoch schon vorher zu berichtigen, soweit sein Vorbehaltsgut
und sein Sondergut hierzu ausreichen.
§. 1447. Der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet,
kann auf Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen,
1. wenn seine Rechte für die Zukunft dadurch erheblich
gefährdet werden können, daß der andere Ehegatte zur Verwaltung des Gesamtgutes
unfähig ist oder sein Recht, das Gesamtgut zu verwalten, mißbraucht;
2. wenn der andere Ehegatte seine Verpflichtung, zum
Familienunterhalt beizutragen, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche
Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist;
3. wenn das Gesamtgut durch Verbindlichkeiten, die in der
Person des anderen Ehegatten entstanden sind, in solchem Maße überschuldet ist,
daß ein späterer Erwerb des Ehegatten, der das Gesamtgut nicht verwaltet,
erheblich gefährdet wird;
4. wenn der andere Ehegatte entmündigt ist und der die
Entmündigung aussprechende Beschluß nicht mehr angefochten werden kann.
§. 1448. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, kann auf
Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen, wenn das Gesamtgut infolge von
Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten, die diesem im Verhältnis der Ehegatten
zueinander zur Last fallen, in solchem Maße überschuldet ist, daß ein späterer
Erwerb erheblich gefährdet wird.
§. 1449. Mit der Rechtskraft des Urteils ist die
Gütergemeinschaft aufgehoben; für die Zukunft gilt Gütertrennung.
Dritten gegenüber ist die Aufhebung der Gütergemeinschaft
nur nach Maßgabe des § 1412 wirksam.
c) Gemeinschaftliche Verwaltung des Gesamtgutes durch die
Ehegatten
§. 1450. Wird das Gesamtgut von den Ehegatten gemeinschaftlich
verwaltet, so sind die Ehegatten insbesondere nur gemeinschaftlich berechtigt,
über das Gesamtgut zu verfügen und Rechtsstreitigkeiten zu führen, die sich auf
das Gesamtgut beziehen. Der Besitz an den zum Gesamtgut gehörenden Sachen
gebührt den Ehegatten gemeinschaftlich.
Ist eine Willenserklärung den Ehegatten gegenüber abzugeben,
so genügt die Abgabe gegenüber einem Ehegatten.
§. 1451. Jeder Ehegatte ist dem anderen gegenüber
verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des
Gesamtgutes erforderlich sind.
§. 1452. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtgutes
die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Führung eines Rechtsstreits
erforderlich, so kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag eines Ehegatten die
Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden
Grund verweigert.
Die Vorschrift des Absatzes 1 gilt auch, wenn zur
ordnungsmäßigen Besorgung der persönlichen Angelegenheiten eines Ehegatten ein
Rechtsgeschäft erforderlich ist, das der Ehegatte mit Wirkung für das Gesamtgut
nicht ohne Zustimmung des anderen Ehegatten vornehmen kann.
§. 1453. Verfügt ein Ehegatte ohne die erforderliche
Einwilligung des anderen Ehegatten über das Gesamtgut, so gelten die
Vorschriften des § 1366 Abs. 1, 3, 4 und des § 1367 entsprechend.
Einen Vertrag kann der Dritte bis zur Genehmigung
widerrufen. Hat er gewußt, daß der Ehegatte in Gütergemeinschaft lebt, so kann
er nur widerrufen, wenn dieser wahrheitswidrig behauptet hat, der andere
Ehegatte habe eingewilligt; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn
ihm beim Abschluß des Vertrages bekannt war, daß der andere Ehegatte nicht
eingewilligt hatte.
§. 1454. Ist ein Ehegatte durch Krankheit oder Abwesenheit
verhindert, bei einem Rechtsgeschäft mitzuwirken, das sich auf das Gesamtgut
bezieht, so kann der andere Ehegatte das Rechtsgeschäft vornehmen, wenn mit dem
Aufschub Gefahr verbunden ist; er kann hierbei im eigenen Namen oder im Namen
beider Ehegatten handeln. Das gleiche gilt für die Führung eines Rechtsstreits,
der sich auf das Gesamtgut bezieht.
§. 1455. Jeder Ehegatte kann ohne Mitwirkung des anderen
Ehegatten
1. eine ihm angefallene Erbschaft oder ein ihm angefallenes
Vermächtnis annehmen oder ausschlagen;
2. auf seinen Pflichtteil oder auf den Ausgleich eines
Zugewinns verzichten;
3. ein Inventar über eine ihm oder dem anderen Ehegatten
angefallene Erbschaft errichten, es sei denn, daß die dem anderen Ehegatten
angefallene Erbschaft zu dessen Vorbehaltsgut oder Sondergut gehört;
4. einen ihm gemachten Vertragsantrag oder eine ihm gemachte
Schenkung ablehnen;
5. ein sich auf das Gesamtgut beziehendes Rechtsgeschäft
gegenüber dem anderen Ehegatten vornehmen;
6. ein zum Gesamtgut gehörendes Rechts gegen den anderen
Ehegatten gerichtlich geltend machen;
7. einen Rechtsstreit fortsetzen, der beim Eintritt der
Gütergemeinschaft anhängig war;
8. ein zum Gesamtgut gehörendes Recht gegen einen Dritten
gerichtlich geltend machen, wenn der andere Ehegatte ohne die erforderliche
Zustimmung über das Recht verfügt hat;
9. ein Widerspruchsrecht gegenüber einer Zwangsvollstreckung
in das Gesamtgut gerichtlich geltend machen;
10. die zur Erhaltung des Gesamtgutes notwendigen Maßnahmen
treffen, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
§. 1456. Hat ein Ehegatte darin eingewilligt, daß der andere
Ehegatte selbständig ein Erwerbsgeschäft betreibt, so ist seine Zustimmung zu
solchen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten nicht erforderlich, die der
Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Einseitige Rechtsgeschäfte, die sich auf das
Erwerbsgeschäft beziehen, sind dem Ehegatten gegenüber vorzunehmen, der das
Erwerbsgeschäft betreibt.
Weiß ein Ehegatte, daß der andere ein Erwerbsgeschäft
betreibt, und hat er hiergegen keinen Einspruch eingelegt, so steht dies einer
Einwilligung gleich.
Dritten gegenüber ist ein Einspruch und der Widerruf der
Einwilligung nur nach Maßgabe des § 1412 wirksam.
§. 1457. Wird durch ein Rechtsgeschäft, das ein Ehegatte
ohne die erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten vornimmt, das Gesamtgut
bereichert, so ist die Bereicherung nach den Vorschriften über die
ungerechtfertigte Bereicherung aus dem Gesamtgut herauszugeben.
§. 1458. Solange ein Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder
unter Vormundschaft steht, verwaltet der andere Ehegatte das Gesamtgut allein;
die Vorschriften der §§ 1422 bis 1449 sind anzuwenden.
§. 1459. Die Gläubiger des Mannes und die Gläubiger der Frau
können, soweit sich aus den §§ 1460 bis 1462 nichts anderes ergibt, aus dem
Gesamtgut Befriedigung verlangen (Gesamtgutsverbindlichkeiten).
Für die Gesamtgutsverbindlichkeiten haften die Ehegatten
auch persönlich als Gesamtschuldner. Fallen die Verbindlichkeiten im Verhältnis
der Ehegatten zueinander einem der Ehegatten zur Last, so erlischt die
Verbindlichkeit des anderen Ehegatten mit der Beendigung der Gütergemeinschaft.
§. 1460. Das Gesamtgut haftet für eine Verbindlichkeit aus
einem Rechtsgeschäft, das ein Ehegatte während der Gütergemeinschaft vornimmt,
nur dann, wenn der andere Ehegatte dem Rechtsgeschäft zustimmt oder wenn das
Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung für das Gesamtgut wirksam ist.
Für die Kosten eines Rechtsstreits haftet das Gesamtgut auch
dann, wenn das Urteil dem Gesamtgut gegenüber nicht wirksam ist.
§. 1461. Das Gesamtgut haftet nicht für Verbindlichkeiten
eines Ehegatten, die durch den Erwerb einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses
entstehen, wenn der Ehegatte die Erbschaft oder das Vermächtnis während der
Gütergemeinschaft als Vorbehaltsgut oder als Sondergut erwirbt.
§. 1462. Das Gesamtgut haftet nicht für eine Verbindlichkeit
eines Ehegatten, die während der Gütergemeinschaft infolge eines zum
Vorbehaltsgut oder zum Sondergut gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer
dazu gehörenden Sache entsteht. Das Gesamtgut haftet jedoch, wenn das Recht
oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäft gehört, das ein Ehegatte selbständig
betreibt, oder wenn die Verbindlichkeit zu den Lasten des Sondergutes gehört,
die aus den Einkünften beglichen zu werden pflegen.
§. 1463. Im Verhältnis der
Ehegatten zueinander fallen folgende Gesamtgutsverbindlichkeiten dem Ehegatten
zur Last, in dessen Person sie entstehen:
1. die Verbindlichkeiten aus einer
unerlaubten Handlung, die er nach Eintritt der Gütergemeinschaft begeht, oder
aus einem Strafverfahren, das wegen einer solchen Handlung gegen ihn gerichtet
wird;
2. die Verbindlichkeiten aus einem
sich auf sein Vorbehaltsgut oder sein Sondergut beziehenden Rechtsverhältnis,
auch wenn sie vor Eintritt der Gütergemeinschaft oder vor der Zeit entstanden
sind, zu der das Gut Vorbehaltsgut oder Sondergut geworden ist;
3. die Kosten eines Rechtsstreits
über eine der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Verbindlichkeiten.
§. 1464. Die Vorschriften des § 1463 Nr. 2, 3 gelten nicht,
wenn die Verbindlichkeiten zu den Lasten des Sondergutes gehören, die aus den
Einkünften beglichen zu werden pflegen. Die Vorschriften gelten auch dann
nicht, wenn die Verbindlichkeiten durch den Betrieb eines für Rechnung des
Gesamtgutes geführten Erwerbsgeschäfts oder infolge eines zu einem solchen
Erwerbsgeschäft gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden
Sache entstehen.
§. 1465. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander fallen die
Kosten eines Rechtsstreits, den die Ehegatten miteinander führen, dem Ehegatten
zur Last, der sie nach allgemeinen Vorschriften zu tragen hat.
Führt ein Ehegatte einen Rechtsstreit mit einem Dritten, so
fallen die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis der Ehegatten zueinander dem
Ehegatten zur Last, der den Rechtsstreit führt. Die Kosten fallen jedoch dem
Gesamtgut zur Last, wenn das Urteil dem Gesamtgut gegenüber wirksam ist oder
wenn der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit oder eine
Gesamtgutsverbindlichkeit des Ehegatten betrifft und die Aufwendung der Kosten
den Umständen nach geboten ist; § 1463 Nr. 3 und § 1464 bleiben unberührt.
§. 1466. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander fallen die
Kosten der Ausstattung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes dem Vater oder der
Mutter des Kindes zur Last.
§. 1467. Verwendet ein Ehegatte Gesamtgut in sein
Vorbehaltsgut oder in sein Sondergut, so hat er den Wert des Verwendeten zum
Gesamtgut zu ersetzen.
Verwendet ein Ehegatte Vorbehaltsgut oder Sondergut in das
Gesamtgut, so kann er Ersatz aus dem Gesamtgut verlangen.
§. 1468. Was ein Ehegatte zum
Gesamtgut oder was er zum Vorbehaltsgut oder Sondergut des anderen Ehegatten
schuldet, braucht er erst nach Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten;
soweit jedoch das Vorbehaltsgut und das Sondergut des Schuldners ausreichen,
hat er die Schuld schon vorher zu berichtigen.
§. 1469. Jeder Ehegatte kann auf Aufhebung der
Gütergemeinschaft klagen,
1. wenn seine Rechte für die Zukunft dadurch erheblich
gefährdet werden können, daß der andere Ehegatte ohne seine Mitwirkung
Verwaltungshandlungen vornimmt, die nur gemeinschaftlich vorgenommen werden
dürfen;
2. wenn der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund
beharrlich weigert, zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtgutes mitzuwirken;
3. wenn der andere Ehegatte seine Verpflichtung, zum
Familienunterhalt beizutragen, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche
Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist;
4. wenn das Gesamtgut durch Verbindlichkeiten, die in der
Person des anderen Ehegatten entstanden sind und diesem im Verhältnis der
Ehegatten zueinander zur Last fallen, in solchem Maße überschuldet ist, daß
sein späterer Erwerb erheblich gefährdet wird;
5. wenn der andere Ehegatte entmündigt ist und der die
Entmündigung aussprechende Beschluß nicht mehr angefochten werden kann.
§. 1470. Mit der Rechtskraft des Urteils ist die
Gütergemeinschaft aufgehoben; für die Zukunft gilt Gütertrennung.
Dritten gegenüber ist die Aufhebung der Gütergemeinschaft
nur nach Maßgabe des § 1412 wirksam.
d) Auseinandersetzung des Gesamtgutes
§. 1471. Nach der Beendigung der Gütergemeinschaft setzen
sich die Ehegatten über das Gesamtgut auseinander.
Bis zur Auseinandersetzung gelten für das Gesamtgut die
Vorschriften des § 1419.
§. 1472. Bis zur Auseinandersetzung verwalten die Ehegatten
das Gesamtgut gemeinschaftlich.
Jeder Ehegatte darf das Gesamtgut in derselben Weise wie vor
der Beendigung der Gütergemeinschaft verwalten, bis er von der Beendigung
Kenntnis erlangt oder sie kennen muß. Ein Dritter kann sich hierauf nicht
berufen, wenn er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts weiß oder wissen muß,
daß die Gütergemeinschaft beendet ist.
Jeder Ehegatte ist dem anderen gegenüber verpflichtet, zu
Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtgutes
erforderlich sind; die zur Erhaltung notwendigen Maßregeln kann jeder Ehegatte
allein treffen.
Endet die Gütergemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten,
so hat der überlebende Ehegatte die Geschäfte, die zur ordnungsmäßigen
Verwaltung erforderlich sind und nicht ohne Gefahr aufgeschoben werden können,
so lange zu führen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann. Diese
Verpflichtung besteht nicht, wenn der verstorbene Ehegatte das Gesamtgut allein
verwaltet hat.
§. 1473. Was auf Grund eines zum Gesamtgut gehörenden Rechtes
oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zum
Gesamtgut gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird,
das sich auf das Gesamtgut bezieht, wird Gesamtgut.
Gehört eine Forderung, die durch Rechtsgeschäft erworben
ist, zum Gesamtgut, so braucht der Schuldner dies erst dann gegen sich gelten
zu lassen, wenn er erfährt, daß die Forderung zum Gesamtgut gehört; die
Vorschriften der §§ 406 bis 408 sind entsprechend anzuwenden.
§. 1474. Die Ehegatten setzen sich, soweit sie nichts
anderes vereinbaren, nach den §§ 1475 bis 1481 auseinander.
§. 1475. Die Ehegatten haben zunächst die
Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen. Ist eine Verbindlichkeit noch nicht
fällig oder ist sie streitig, so müssen die Ehegatten zurückbehalten, was zur
Berichtigung dieser Verbindlichkeit erforderlich ist.
Fällt eine Gesamtgutsverbindlichkeit im Verhältnis der
Ehegatten zueinander einem der Ehegatten allein zur Last, so kann dieser nicht
verlangen, daß die Verbindlichkeit aus dem Gesamtgut berichtigt wird.
Das Gesamtgut ist in Geld umzusetzen, soweit dies
erforderlich ist, um die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen.
§. 1476. Der Überschuß, der nach der Berichtigung der
Gesamtgutsverbindlichkeiten verbleibt, gebührt den Ehegatten zu gleichen
Teilen.
Was einer der Ehegatten zum Gesamtgut zu ersetzen hat, muß
er sich auf seinen Teil anrechnen lassen. Soweit er den Ersatz nicht auf diese
Weise leistet, bleibt er dem anderen Ehegatten verpflichtet.
§. 1477. Der Überschuß wird nach den Vorschriften über die
Gemeinschaft geteilt.
Jeder Ehegatte kann gegen Ersatz des Wertes die Sachen
übernehmen, die ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauch bestimmt sind,
insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräte. Das gleiche gilt für die
Gegenstände, die ein Ehegatte in die Gütergemeinschaft eingebracht oder während
der Gütergemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder mit Rücksicht auf
ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat.
§. 1478. Ist die Ehe
geschieden, bevor die Auseinandersetzung beendet ist, so ist auf Verlangen
eines Ehegatten jedem von ihnen der Wert dessen zurückzuerstatten, was er in
die Gütergemeinschaft eingebracht hat; reicht hierzu der Wert des Gesamtgutes
nicht aus, so ist der Fehlbetrag von den Ehegatten nach dem Verhältnis des
Wertes des von ihnen Eingebrachten zu tragen.
Als eingebracht sind anzusehen
1. die Gegenstände, die einem Ehegatten beim Eintritt der
Gütergemeinschaft gehört haben;
2. die Gegenstände, die ein Ehegatte von Todes wegen oder
mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung
erworben hat, es sei denn, daß der Erwerb den Umständen nach zu den Einkünften
zu rechnen war;
3. die Rechte, die mit dem Tod eines Ehegatten erlöschen oder
deren Erwerb durch den Tod eines Ehegatten bedingt ist.
Der Wert des Eingebrachten bestimmt sich nach der Zeit der
Einbringung.
§. 1479. Wird die Gütergemeinschaft auf Grund der §§ 1447,
1448 oder des § 1469 durch Urteil aufgehoben, so kann der Ehegatte, der das
Urteil erwirkt hat, verlangen, daß die Auseinandersetzung so erfolgt, wie wenn
der Anspruch auf Auseinandersetzung in dem Zeitpunkt rechtshängig geworden
wäre, in dem die Klage auf Aufhebung der Gütergemeinschaft erhoben ist.
§. 1480. Wird das Gesamtgut geteilt, bevor eine
Gesamtgutsverbindlichkeit berichtigt ist, so haftet dem Gläubiger auch der
Ehegatte persönlich als Gesamtschuldner, für den zur Zeit der Teilung eine
solche Haftung nicht besteht. Seine Haftung beschränkt sich auf die ihm zugeteilten
Gegenstände; die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§ 1990,
1991 sind entsprechend anzuwenden.
§. 1481. Wird das Gesamtgut geteilt, bevor eine
Gesamtgutsverbindlichkeit berichtigt ist, die im Verhältnis der Ehegatten
zueinander dem Gesamtgut zur Last fällt, so hat der Ehegatte, der das Gesamtgut
während der Gütergemeinschaft allein verwaltet hat, dem anderen Ehegatten dafür
einzustehen, daß dieser weder über die Hälfte der Verbindlichkeit noch über das
aus dem Gesamtgut Erlangte hinaus in Anspruch genommen wird.
Haben die Ehegatten das Gesamtgut während der
Gütergemeinschaft gemeinschaftlich verwaltet, so hat jeder Ehegatte dem anderen
dafür einzustehen, daß dieser von dem Gläubiger nicht über die Hälfte der
Verbindlichkeit hinaus in Anspruch genommen wird.
Fällt die Verbindlichkeit im Verhältnis der Ehegatten
zueinander einem der Ehegatten zur Last, so hat dieser dem anderen dafür
einzustehen, daß der andere Ehegatte von dem Gläubiger nicht in Anspruch
genommen wird.
§. 1482. Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten
aufgelöst, so gehört der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut zum
Nachlaß. Der verstorbene Ehegatte wird nach den allgemeinen Vorschriften
beerbt.
e) Fortgesetzte Gütergemeinschaft
§. 1483. Die Ehegatten können durch Ehevertrag vereinbaren,
daß die Gütergemeinschaft nach dem Tode eines Ehegatten zwischen dem
überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt
wird. Treffen die Ehegatten eine solche Vereinbarung, so wird die
Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt, die bei
gesetzlicher Erbfolge als Erben berufen sind. Der Anteil des verstorbenen
Ehegatten am Gesamtgut gehört nicht zum Nachlaß; im übrigen wird der Ehegatte
nach den allgemeinen Vorschriften beerbt.
Sind neben den gemeinschaftlichen Abkömmlingen andere
Abkömmlinge vorhanden, so bestimmen sich ihr Erbrecht und ihre Erbteile so, wie
wenn fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre.
§. 1484. Der überlebende Ehegatte kann die Fortsetzung der
Gütergemeinschaft ablehnen.
Auf die Ablehnung finden die für die Ausschlagung einer
Erbschaft geltenden Vorschriften der §§. 1943 bis 1947, 1950, 1952, 1954 bis
1957, 1959 entsprechende Anwendung. Steht der überlebende Ehegatte unter
elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist zur Ablehnung die
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
Lehnt der Ehegatte die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ab,
so gilt das Gleiche wie im Falle des §. 1482.
§. 1485. Das Gesammtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft
besteht aus dem ehelichen Gesammtgute, soweit es nicht nach §. 1483 Abs. 2
einem nicht antheilsberechtigten Abkömmlinge zufällt, und aus dem Vermögen, das
der überlebende Ehegatte aus dem Nachlasse des verstorbenen Ehegatten oder nach
dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft erwirbt.
Das Vermögen, das ein gemeinschaftlicher Abkömmling zur Zeit
des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft hat oder später erwirbt,
gehört nicht zu dem Gesammtgute.
Auf das Gesammtgut finden die für die eheliche
Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften des §. 1438 Abs. 2, 3 entsprechende
Anwendung.
§. 1486. Vorbehaltsgut des überlebenden Ehegatten ist, was
er bisher als Vorbehaltsgut gehabt hat oder was er nach § 1418 Abs. 2 Nr. 2, 3
als Vorbehaltsgut erwirbt.
Sondergut des überlebenden Ehegatten ist, was er bisher als
Sondergut gehabt hat oder was er als Sondergut erwirbt.
§. 1487. Die Rechte und Verbindlichkeiten des überlebenden
Ehegatten sowie der anteilsberechtigten Abkömmlinge in Ansehung des Gesamtgutes
der fortgesetzten Gütergemeinschaft bestimmen sich nach den für die eheliche
Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften der §§ 1419, 1422 bis 1428, 1434, des
§ 1435 Satz 1, 3 und der §§ 1436, 1445; der überlebende Ehegatte hat die
rechtliche Stellung des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet, die
anteilsberechtigten Abkömmlinge haben die rechtliche Stellung des anderen
Ehegatten.
Was der überlebende Ehegatte zu dem Gesamtgut schuldet oder
aus dem Gesamtgut zu fordern hat, ist erst nach der Beendigung der
fortgesetzten Gütergemeinschaft zu leisten.
§. 1488. Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten
Gütergemeinschaft sind die Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie
solche Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten, die Gesammtgutsverbindlichkeiten
der ehelichen Gütergemeinschaft waren.
§. 1489. Für die Gesammtgutsverbindlichkeiten der
fortgesetzten Gütergemeinschaft haftet der überlebende Ehegatte persönlich.
Soweit die persönliche Haftung den überlebenden Ehegatten
nur in Folge des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft trifft, finden
die für die Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung; an die Stelle des Nachlasses tritt das
Gesammtgut in dem Bestande, den es zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten
Gütergemeinschaft hat.
Eine persönliche Haftung der antheilsberechtigten
Abkömmlinge für die Verbindlichkeiten des verstorbenen oder des überlebenden
Ehegatten wird durch die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht begründet.
§. 1490. Stirbt ein antheilsberechtigter Abkömmling, so
gehört sein Antheil an dem Gesammtgute nicht zu seinem Nachlasse. Hinterläßt er
Abkömmlinge, die antheilsberechtigt sein würden, wenn er den verstorbenen
Ehegatten nicht überlebt hätte, so treten die Abkömmlinge an seine Stelle.
Hinterläßt er solche Abkömmlinge nicht, so wächst sein Antheil den übrigen
antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn solche nicht vorhanden sind, dem
überlebenden Ehegatten an.
§. 1491. Ein antheilsberechtigter Abkömmling kann auf seinen
Antheil an dem Gesammtgute verzichten. Der Verzicht erfolgt durch Erklärung
gegenüber dem für den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte;
die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Das Nachlaßgericht
soll die Erklärung dem überlebenden Ehegatten und den übrigen
antheilsberechtigten Abkömmlingen mittheilen.
Der Verzicht kann auch durch Vertrag mit dem überlebenden
Ehegatten und den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen erfolgen. Der
Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung.
Steht der Abkömmling unter elterlicher Gewalt oder unter
Vormundschaft, so ist zu dem Verzichte die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts erforderlich.
Der Verzicht hat die gleichen Wirkungen, wie wenn der
Verzichtende zur Zeit des Verzichts ohne Hinterlassung von Abkömmlingen
gestorben wäre.
§. 1492. Der überlebende Ehegatte kann die fortgesetzte
Gütergemeinschaft jederzeit aufheben. Die Aufhebung erfolgt durch Erklärung
gegenüber dem für den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte;
die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Das Nachlaßgericht
soll die Erklärung den antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn der
überlebende Ehegatte gesetzlicher Vertreter eines der Abkömmlinge ist, dem
Vormundschaftsgerichte mittheilen.
Die Aufhebung kann auch durch Vertrag zwischen dem
überlebenden Ehegatten und den antheilsberechtigten Abkömmlingen erfolgen. Der
Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung.
Steht der überlebende Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder
unter Vormundschaft, so ist zu der Aufhebung die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts erforderlich.
§. 1493. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endigt mit der
Wiederverheirathung des überlebenden Ehegatten.
Der überlebende Ehegatte hat, wenn ein antheilsberechtigter
Abkömmling minderjährig ist oder bevormundet wird, die Absicht der
Wiederverheirathung dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen, ein Verzeichniß des
Gesammtguts einzureichen, die Gütergemeinschaft aufzuheben und die
Auseinandersetzung herbeizuführen. Das Vormundschaftsgericht kann gestatten,
daß die Aufhebung der Gütergemeinschaft bis zur Eheschließung unterbleibt und
daß die Auseinandersetzung erst später erfolgt.
§. 1494. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endet mit dem
Tode des überlebenden Ehegatten.
Wird der überlebende Ehegatte für tot erklärt oder wird
seine Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes
festgestellt, so endet die fortgesetzte Gütergemeinschaft mit dem Zeitpunkt,
der als Zeitpunkt des Todes gilt.
§. 1495. Ein anteilsberechtigter
Abkömmling kann gegen den überlebenden Ehegatten auf Aufhebung der
fortgesetzten Gütergemeinschaft klagen,
1. wenn seine Rechte für die Zukunft
dadurch erheblich gefährdet werden können, daß der überlebende Ehegatte zur
Verwaltung des Gesamtgutes unfähig ist oder sein Recht, das Gesamtgut zu
verwalten, mißbraucht;
2. wenn der überlebende Ehegatte
seine Verpflichtung, dem Abkömmling Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für
die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist;
3. wenn der überlebende Ehegatte
entmündigt ist und der die Entmündigung aussprechende Beschluß nicht mehr
angefochten werden kann;
4. wenn der überlebende Ehegatte die
elterliche Gewalt über den Abkömmling verwirkt hat oder, falls sie ihm
zugestanden hätte, verwirkt haben würde.
§. 1496. Die Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft
tritt in den Fällen des §. 1495 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Sie tritt
für alle Abkömmlinge ein, auch wenn das Urtheil auf die Klage eines der
Abkömmlinge ergangen ist.
§. 1497. Nach der Beendigung der fortgesetzten
Gütergemeinschaft setzen sich der überlebende Ehegatte und die Abkömmlinge über
das Gesamtgut auseinander.
Bis zur Auseinandersetzung bestimmt sich ihr
Rechtsverhältnis am Gesamtgut nach den §§ 1419, 1472, 1473.
§. 1498. Auf die Auseinandersetzung sind die Vorschriften
der §§ 1475, 1476, des § 1477 Abs. 1, der §§ 1479, 1480 und des § 1481 Abs. 1,
3 anzuwenden; an der Stelle des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet
hat, tritt der überlebende Ehegatte, an die Stelle des anderen Ehegatten treten
die anteilsberechtigten Abkömmlinge. Die in § 1476 Abs. 2 Satz 2 bezeichnete
Verpflichtung besteht nur für den überlebenden Ehegatten.
§. 1499. Bei der Auseinandersetzung fallen dem überlebenden
Ehegatten zur Last:
1. die ihm bei dem Eintritte der
fortgesetzten Gütergemeinschaft obliegenden Gesammtgutsverbindlichkeiten, für
die das eheliche Gesammtgut nicht haftete oder die im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander ihm zur Last fielen;
2. die nach dem Eintritte der
fortgesetzten Gütergemeinschaft entstandenen Gesammtgutsverbindlichkeiten, die,
wenn sie während der ehelichen Gütergemeinschaft in seiner Person entstanden
wären, im Verhältnisse der Ehegatten zu einander ihm zur Last gefallen sein
würden;
3. eine Ausstattung, die er einem
antheilsberechtigten Abkömmling über das dem Gesammtgut entsprechende Maß
hinaus oder die er einem nicht antheilsberechtigten Abkömmlinge versprochen
oder gewährt hat.
§. 1500. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge müssen sich Verbindlichkeiten
des verstorbenen Ehegatten, die diesem im Verhältnisse der Ehegatten zu
einander zur Last fielen, bei der Auseinandersetzung auf ihren Antheil insoweit
anrechnen lassen, als der überlebende Ehegatte nicht von dem Erben des
verstorbenen Ehegatten Deckung hat erlangen können.
In gleicher Weise haben sich die antheilsberechtigten
Abkömmlinge anrechnen zu lassen, was der verstorbene Ehegatte zu dem
Gesammtgute zu ersetzen hatte.
§. 1501. Ist einem antheilsberechtigten Abkömmlinge für den
Verzicht auf seinen Antheil eine Abfindung aus dem Gesammtgute gewährt worden,
so wird sie bei der Auseinandersetzung in das Gesammtgut eingerechnet und auf
die den Abkömmlingen gebührende Hälfte angerechnet.
Der überlebende Ehegatte kann mit den übrigen antheilsberechtigten
Abkömmlingen schon vor der Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft eine
abweichende Vereinbarung treffen. Die Vereinbarung bedarf der notariellen
Beurkundung; sie ist auch denjenigen Abkömmlingen gegenüber wirksam, welche
erst später in die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintreten.
§. 1502. Der überlebende Ehegatte ist berechtigt, das
Gesammtgut oder einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu
übernehmen. Das Recht geht nicht auf den Erben über.
Wird die fortgesetzte Gütergemeinschaft auf Grund des §.
1495 durch Urtheil aufgehoben, so steht dem überlebenden Ehegatten das im Abs.
1 bestimmte Recht nicht zu. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge können in
diesem Falle diejenigen Gegenstände gegen Ersatz des Werthes übernehmen, welche
der verstorbene Ehegatte nach §. 1477 Abs. 2 zu übernehmen berechtigt sein
würde. Das Recht kann von ihnen nur gemeinschaftlich ausgeübt werden.
§. 1503. Mehrere antheilsberechtigte Abkömmlinge theilen die
ihnen zufallende Hälfte des Gesammtguts nach dem Verhältnisse der Antheile, zu
denen sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Erben des verstorbenen
Ehegatten berufen sein würden, wenn dieser erst zur Zeit der Beendigung der
fortgesetzten Gütergemeinschaft gestorben wäre.
Das Vorempfangene kommt nach den für die Ausgleichung unter
Abkömmlingen geltenden Vorschriften zur Ausgleichung, soweit nicht eine solche
bereits bei der Theilung des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten erfolgt ist.
Ist einem Abkömmlinge, der auf seinen Antheil verzichtet
hat, eine Abfindung aus dem Gesammtgute gewährt worden, so fällt sie den
Abkömmlingen zur Last, denen der Verzicht zu Statten kommt.
§. 1504. Soweit die antheilsberechtigten Abkömmlinge nach §.
1480 den Gesammtgutsgläubigern haften, sind sie im Verhältnisse zu einander
nach der Größe ihres Antheils an dem Gesammtgute verpflichtet. Die
Verpflichtung beschränkt sich auf die ihnen zugetheilten Gegenstände; die für
die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden
entsprechende Anwendung.
§. 1505. Die Vorschriften über das Recht auf Ergänzung des
Pflichttheils finden zu Gunsten eines antheilsberechtigten Abkömmlinges
entsprechende Anwendung; an die Stelle des Erbfalls tritt die Beendigung der
fortgesetzten Gütergemeinschaft, als gesetzlicher Erbtheil gilt der dem
Abkömmlinge zur Zeit der Beendigung gebührende Antheil an dem Gesammtgut, als
Pflichttheil gilt die Hälfte des Werthes dieses Antheils.
§. 1506. Ist ein gemeinschaftlicher Abkömmling erbunwürdig,
so ist er auch des Antheils an dem Gesammtgut unwürdig. Die Vorschriften über
die Erbunwürdigkeit finden entsprechende Anwendung.
§. 1507. Das Nachlaßgericht hat dem überlebenden Ehegatten
auf Antrag ein Zeugniß über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft zu ertheilen.
Die Vorschriften über den Erbschein finden entsprechende Anwendung.
§. 1508. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1509. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch
seinen Tod aufgelöst wird, die Fortsetzung der Gütergemeinschaft durch
letztwillige Verfügung ausschließen, wenn er berechtigt ist, dem anderen
Ehegatten den Pflichttheil zu entziehen oder auf Aufhebung der
Gütergemeinschaft zu klagen. Das
gleiche gilt, wenn der Ehegatte auf Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt ist
und die Klage erhoben hat. Auf die Ausschließung finden die Vorschriften
über die Entziehung des Pflichttheils entsprechende Anwendung.
§. 1510. Wird die Fortsetzung der Gütergemeinschaft
ausgeschlossen, so gilt das Gleiche wie im Falle des §. 1482.
§. 1511. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch
seinen Tod aufgelöst wird, einen gemeinschaftlichen Abkömmling von der
fortgesetzten Gütergemeinschaft durch letztwillige Verfügung ausschließen.
Der ausgeschlossene Abkömmling kann, unbeschadet seines
Erbrechts, aus dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft die Zahlung
des Betrags verlangen, der ihm von dem Gesammtgute der ehelichen
Gütergemeinschaft als Pflichttheil gebühren würde, wenn die fortgesetzte
Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre. Die für den Pflichttheilsanspruch
geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.
Der dem ausgeschlossenen Abkömmlinge gezahlte Betrag wird
bei der Auseinandersetzung den antheilsberechtigten Abkömmlingen nach Maßgabe
des §. 1500 angerechnet. Im Verhältnisse der Abkömmlinge zu einander fällt er
den Abkömmlingen zur Last, denen die Ausschließung zu Statten kommt.
§. 1512. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem
Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, den einem
antheilsberechtigten Abkömmlinge nach der Beendigung der fortgesetzten
Gütergemeinschaft gebührenden Antheil an dem Gesammtgute durch letztwillige
Verfügung bis auf die Hälfte herabsetzen.
§. 1513. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem
Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, einem antheilsberechtigten
Abkömmlinge den diesem nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft
gebührenden Antheil an dem Gesammtgute durch letztwillige Verfügung entziehen,
wenn er berechtigt ist, dem Abkömmlinge den Pflichttheil zu entziehen. Die
Vorschriften des §. 2336 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung.
Der Ehegatte kann, wenn er nach §. 2338 berechtigt ist, das
Pflichttheilsrecht des Abkömmlinges zu beschränken, den Antheil des
Abkömmlinges am Gesammtgut einer entsprechenden Beschränkung unterwerfen.
§. 1514. Jeder Ehegatte kann den Betrag, den er nach §. 1512
oder nach §. 1513 Abs. 1 einem Abkömmling entzieht, auch einem Dritten durch
letztwillige Verfügung zuwenden.
§. 1515. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem
Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, durch letztwillige Verfügung
anordnen, daß ein antheilsberechtigter Abkömmling das Recht haben soll, bei der
Theilung das Gesammtgut oder einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz
des Werthes zu übernehmen.
Gehört zu dem Gesammtgut ein Landgut, so kann angeordnet
werden, daß das Landgut mit dem Ertragswerth oder mit einem Preise, der den
Ertragswerth mindestens erreicht, angesetzt werden soll. Die für die Erbfolge
geltenden Vorschriften des §. 2049 finden Anwendung.
Das Recht, das Landgut zu dem im Abs. 2 bezeichneten Werthe
oder Preise zu übernehmen, kann auch dem überlebenden Ehegatten eingeräumt
werden.
§. 1516. Zur Wirksamkeit der in den §§. 1511 bis 1515
bezeichneten Verfügungen eines Ehegatten ist die Zustimmung des anderen
Ehegatten erforderlich.
Die Zustimmung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt
werden. Ist der Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. Die
Zustimmungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung. Die Zustimmung ist
unwiderruflich.
Die Ehegatten können die in den §§. 1511 bis 1515
bezeichneten Verfügungen auch in einem gemeinschaftlichen Testamente treffen.
§. 1517. Zur Wirksamkeit eines Vertrags, durch den ein
gemeinschaftlicher Abkömmling einem der Ehegatten gegenüber für den Fall, daß
die Ehe durch dessen Tod aufgelöst wird, auf seinen Antheil am Gesammtgute der
fortgesetzten Gütergemeinschaft verzichtet oder durch den ein solcher Verzicht
aufgehoben wird, ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich. Für die
Zustimmung gelten die Vorschriften des §. 1516 Abs. 2 Satz 3, 4.
Die für den Erbverzicht geltenden Vorschriften finden
entsprechende Anwendung.
§. 1518. Anordnungen, die mit den Vorschriften der §§ 1483
bis 1517 in Widerspruch stehen, können von den Ehegatten weder durch
letztwillige Verfügung noch durch Vertrag getroffen werden. Das Recht der Ehegatten,
den Vertrag, durch den sie die Fortsetzung der Gütergemeinschaft vereinbart
haben, durch Ehevertrag aufzuheben, bleibt unberührt.
§. 1519. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben am
21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1520. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1521. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1522. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1523. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1524. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1525. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1526. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1527. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1528. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1529. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1530. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1531. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1532. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1533. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1534. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1535. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1536. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1537. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1538. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1539. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1540. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1541. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1542. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1543. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1544. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1545. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1546. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1547. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1548. Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06.
1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1549. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1550. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1551. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1552. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1553. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1554. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1555. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1556. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1557. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
III. Güterrechtsregister.
§. 1558. Die Eintragungen in das Güterrechtsregister sind
bei jedem Amtsgericht zu bewirken, in dessen Bezirk auch nur einer der
Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung kann die Führung
des Registers für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen
werden.
§. 1559. Verlegt ein Ehegatte nach der Eintragung seinen
gewöhnlichen Aufenthalt in einen anderen Bezirk, so muß die Eintragung im
Register dieses Bezirks wiederholt werden. Die frühere Eintragung gilt als von
neuem erfolgt, wenn ein Ehegatte den gewöhnlichen Aufenthalt in den früheren
Bezirk zurückverlegt.
§. 1560. Eine Eintragung in das Register soll nur auf Antrag
und nur insoweit erfolgen, als sie beantragt ist. Der Antrag ist in öffentlich
beglaubigter Form zu stellen.
§. 1561. Zur Eintragung ist der
Antrag beider Ehegatten erforderlich; jeder Ehegatte ist dem anderen gegenüber
zur Mitwirkung verpflichtet.
Der Antrag eines
Ehegatten genügt
1. zur Eintragung eines Ehevertrages
oder einer auf gerichtlicher Entscheidung beruhenden Änderung der
güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten, wenn mit dem Antrage der
Ehevertrag oder die mit dem Zeugnis der Rechtskraft versehene Entscheidung
vorgelegt wird;
2. zur Wiederholung einer Eintragung
in das Register eines anderen Bezirks, wenn mit dem Antrag eine nach der
Aufhebung des bisherigen Wohnsitzes erteilte, öffentlich beglaubigte Abschrift
der früheren Eintragung vorgelegt wird;
3. zur Eintragung des Einspruchs
gegen den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch den anderen
Ehegatten und zur Eintragung des Widerrufs der Einwilligung, wenn die Ehegatten
in Gütergemeinschaft leben und der Ehegatte, der den Antrag stellt, das
Gesamtgut allein oder mit dem anderen Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet.
4. zur Eintragung der Beschränkung oder Ausschließung der
Berechtigung des anderen Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für den Antragsteller
zu besorgen (§ 1357 Abs. 2).
§. 1562. Das Amtsgericht hat die Eintragung durch das für
seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen.
Wird eine Aenderung des Güterstandes eingetragen, so hat
sich die Bekanntmachung auf die Bezeichnung des Güterstandes und, wenn dieser
abweichend von dem Gesetze geregelt ist, auf eine allgemeine Bezeichnung der
Abweichung zu beschränken.
§. 1563. Die Einsicht des Registers ist Jedem gestattet. Von
den Eintragungen kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf
Verlangen zu beglaubigen.
Siebenter Titel
Scheidung der Ehe
I.
Scheidungsgründe
§. 1564. Eine Ehe
kann nur durch gerichtliches Urteil auf Antrag eines oder beider Ehegatten
geschieden werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft des Urteils aufgelöst. Die
Voraussetzungen, unter denen die Scheidung begehrt werden kann, ergeben sich
aus den folgenden Vorschriften.
§. 1565. Eine Ehe
kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn
die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet
werden kann, daß die Ehegatten sie wiederherstellen.
Leben die
Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden,
wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der
Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.
§. 1566. Es wird
unwiderlegbar vermutet, daß die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit
einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der
Antragsgegner der Scheidung zustimmt.
Es wird
unwiderlegbar vermutet, daß die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit
drei Jahren getrennt leben.
§. 1567. Die
Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft
besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die
eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch
dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt
leben.
Ein Zusammenleben
über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht
oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.
§. 1568. Die Ehe
soll nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die
Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen
minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder
wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf
Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, daß
die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des
Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint.
II. Unterhalt des
geschiedenen Ehegatten
1. Grundsatz
§. 1569. Kann ein
Ehegatte nach der Scheidung nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen, so hat er
gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach den folgenden
Vorschriften.
2.
Unterhaltsberechtigung
§. 1570. Ein
geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und
soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes
eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
§. 1571. Ein
geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit von ihm
im Zeitpunkt
1. der Scheidung,
2. der Beendigung
der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder
3. des Wegfalls
der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1572 und 1573
wegen seines
Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann.
§. 1572. Ein
geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und
soweit von ihm vom Zeitpunkt
1. der Scheidung,
2. der Beendigung
der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
3. der Beendigung
der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder
4. des Wegfalls
der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
an wegen
Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder
geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
§. 1573. Soweit
ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572
hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der
Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
Reichen die
Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578)
nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den
§§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem
vollen Unterhalt verlangen.
Absätze 1 und 2
gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren
war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.
Der geschiedene Ehegatte
kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen
Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen
war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu
sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so
kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem
vollen Unterhalt verlangen.
Die Unterhaltsansprüche nach Absatz 1 bis 4 können zeitlich
begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe
sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich
unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht,
wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches
Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der
Kindesbetreuung steht der Ehedauer gleich.
§. 1574. Der
geschiedene Ehegatte braucht nur eine ihm angemessene Erwerbstätigkeit
auszuüben.
Angemessen ist
eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und
dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten sowie den ehelichen
Lebensverhältnissen entspricht; bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind die
Dauer der Ehe und die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen
Kindes zu berücksichtigen.
Soweit es zur
Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem
geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen,
wenn ein erfolgreicher Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist.
§. 1575. Ein
geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine
Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, kann von
dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine
entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene
Erwerbstätigkeit, die den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen und der
erfolgreiche Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist. Der Anspruch besteht längstens
für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im allgemeinen abgeschlossen wird;
dabei sind ehebedingte Verzögerungen der Ausbildung zu berücksichtigen.
Entsprechendes
gilt, wenn sich der geschiedene Ehegatte fortbilden oder umschulen läßt, um
Nachteile auszugleichen, die durch die Ehe eingetreten sind.
Verlangt der
geschiedene Ehegatte nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder
Umschulung Unterhalt nach § 1573, so bleibt bei der Bestimmung der ihm
angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs. 2) der erreichte höhere
Ausbildungsstand außer Betracht.
§. 1576. Ein
geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und
solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit
nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter
Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre.
Schwerwiegende Gründe dürfen nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil
sie zum Scheitern der Ehe geführt haben.
§. 1577. Der
geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und
1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und
seinem Vermögen selbst unterhalten kann.
Einkünfte sind
nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§ 1578)
leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit
anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen
wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.
Den Stamm des
Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung
unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen
wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.
War zum Zeitpunkt
der Ehescheidung zu erwarten, daß der Unterhalt des Berechtigten aus seinem
Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg,
so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des
Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines
gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
§. 1578. Das Maß
des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Die
Bemessung des Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen kann
zeitlich begrenzt und danach auf den angemessenen Lebensbedarf abgestellt
werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der
Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit eine zeitlich unbegrenzte
Bemessung nach Satz 1 unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der
Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind
allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der Kindesbetreuung
steht der Ehedauer gleich. Der
Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf.
Zum Lebensbedarf
gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der
Krankheit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer
Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.
Hat der
geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder §
1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen
Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
§. 1579. Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen,
herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des
Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege
oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
1. die Ehe von kurzer Dauer war; der Ehedauer steht die Zeit
gleich, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines
gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen konnte,
2. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines
schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen
des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
3. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig
herbeigeführt hat,
4. der Berechtigte sich über schwerwiegende
Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
5. der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch
seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
6. dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes,
eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last
fällt oder
7. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie
die in den Nummern 1 bis 6 aufgeführten Gründe.
§. 1580. Die
geschiedenen Ehegatten sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre
Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. § 1605 ist entsprechend
anzuwenden.
3.
Leistungsfähigkeit und Rangfolge
§. 1581. Ist der
Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter
Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung
des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so
braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die
Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen
Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht
zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter
Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig
wäre.
§. 1582. Bei Ermittlung des Unterhalts des geschiedenen
Ehegatten geht im Falle des § 1581 der geschiedene Ehegatte einem neuen
Ehegatten vor, wenn dieser nicht bei entsprechender Anwendung der §§ 1569 bis
1574, § 1576 und des § 1577 Abs. 1 unterhaltsberechtigt wäre. Hätte der neue
Ehegatte nach diesen Vorschriften einen Unterhaltsanspruch, geht ihm der geschiedene
Ehegatte gleichwohl vor, wenn er nach § 1570 oder nach § 1576
unterhaltsberechtigt ist oder die Ehe mit dem geschiedenen Ehegatten von langer
Dauer war. Der Ehedauer steht die Zeit gleich, in der ein Ehegatte wegen der
Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570
unterhaltsberechtigt war.
§ 1609 bleibt im übrigen unberührt.
§. 1583. Lebt der Verpflichtete im Falle der Wiederheirat
mit seinem neuen Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft, so ist § 1604 entsprechend
anzuwenden.
§. 1584. Der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte
haftet vor den Verwandten des Berechtigten. Soweit jedoch der Verpflichtete
nicht leistungsfähig ist, haften die Verwandten vor dem geschiedenen Ehegatten.
§ 1607 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.
4. Gestaltung des Unterhaltsanspruchs
§. 1585. Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer
Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im voraus zu entrichten. Der
Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der
Unterhaltsanspruch im Laufe des Monats durch Wiederheirat oder Tod des
Berechtigten erlischt.
Statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in
Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Verpflichtete
dadurch nicht unbillig belastet wird.
§. 1585a. Der Verpflichtete hat auf Verlangen Sicherheit zu
leisten. Die Verpflichtung, Sicherheit zu leisten, entfällt, wenn kein Grund zu
der Annahme besteht, daß die Unterhaltsleistung gefährdet ist oder wenn der
Verpflichtete durch die Sicherheitsleistung unbillig belastet würde. Der
Betrag, für den Sicherheit zu leisten ist, soll den einfachen Jahresbetrag der
Unterhaltsrente nicht übersteigen, sofern nicht nach den besonderen Umständen
des Falles eine höhere Sicherheitsleistung angemessen erscheint.
Die Art der Sicherheitsleistung bestimmt sich nach den
Umständen; die Beschränkung des § 232 gilt nicht.
§. 1585b. Wegen eines Sonderbedarfs (§ 1613 Abs. 2) kann der
Berechtigte Unterhalt für die Vergangenheit verlangen.
Im übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit
Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung erst von der Zeit an
fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der
Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.
Für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende
Zeit kann Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangt
werden, wenn anzunehmen ist, daß der Verpflichtete sich der Leistung
absichtlich entzogen hat.
§. 1585c. Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht
für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen.
5. Ende des Unterhaltsanspruchs
§. 1586. Der Unterhaltsanspruch erlischt mit der
Wiederheirat oder dem Tod des Berechtigten.
Ansprüche auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen
Nichterfüllung für die Vergangenheit bleiben bestehen. Das gleiche gilt für den
Anspruch auf den zur Zeit der Wiederheirat oder des Todes fälligen
Monatsbetrag.
§. 1586a. Geht ein geschiedener Ehegatte eine neue Ehe ein
und wird die Ehe wieder aufgelöst, so kann er von dem früheren Ehegatten
Unterhalt nach § 1570 verlangen, wenn er ein Kind aus der früheren Ehe zu
pflegen oder zu erziehen hat. Ist die Pflege oder Erziehung beendet, so kann er
Unterhalt nach den §§ 1571 bis 1573, 1575 verlangen.
Der Ehegatte der später aufgelösten Ehe haftet vor dem
Ehegatten der früher aufgelösten Ehe.
§. 1586b. Mit dem Tod des Verpflichteten geht die
Unterhaltspflicht auf den Erben als Nachlaßverbindlichkeit über. Die
Beschränkungen nach § 1581 fallen weg. Der Erbe haftet jedoch nicht über einen
Betrag hinaus, der dem Pflichtteil entspricht, welcher dem Berechtigten
zustände, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre.
Für die Berechnung des Pflichtteils bleiben Besonderheiten
auf Grund des Güterstandes, in dem die geschiedenen Ehegatten gelebt haben,
außer Betracht.
III. Versorgungsausgleich
1. Grundsatz
§. 1587. Zwischen den geschiedenen Ehegatten findet ein
Versorgungsausgleich statt, soweit für sie oder einen von ihnen in der Ehezeit
Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters oder Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit der in § 1587a Abs. 2 genannten Art begründet oder
aufrechterhalten worden sind. Außer Betracht bleiben Anwartschaften oder
Aussichten, die weder mit Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten
begründet oder aufrechterhalten worden sind.
Als Ehezeit im Sinne der Vorschriften über den
Versorgungsausgleich gilt die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe
geschlossen worden ist, bis zum Ende des Monats, der dem Eintritt der
Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht.
Für Anwartschaften oder Aussichten, über die der
Versorgungsausgleich stattfindet, gelten ausschließlich die nachstehenden
Vorschriften; die güterrechtlichen Vorschriften finden keine Anwendung.
2. Wertausgleich von Anwartschaften oder Aussichten auf eine
Versorgung
§. 1587a. Ausgleichspflichtig ist der Ehegatte mit den
werthöheren Anwartschaften oder Aussichten auf eine auszugleichende Versorgung.
Dem berechtigten Ehegatten steht als Ausgleich die Hälfte des Wertunterschiedes
zu.
Für die Ermittlung des Wertunterschiedes sind folgende Werte
zugrunde zu legen:
1. Bei einer Versorgung oder Versorgungsanwartschaft aus
einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis
mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder
Grundsätzen ist von dem Betrag auszugehen, der sich im Zeitpunkt des Eintritts
der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als Versorgung ergäbe. Dabei wird
die bis zu diesem Zeitpunkt zurückgelegte ruhegehaltfähige Dienstzeit um die
Zeit bis zur Altersgrenze erweitert (Gesamtzeit). Maßgebender Wert ist der Teil
der Versorgung, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden
ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu der Gesamtzeit entspricht. Unfallbedingte
Erhöhungen bleiben außer Betracht. Insofern stehen Dienstbezüge entpflichteter
Professoren Versorgungsbezügen gleich und gelten die beamtenrechtlichen
Vorschriften über die ruhegehaltfähige Dienstzeit entsprechend.
2. Bei Renten oder Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen
Rentenversicherung ist der Betrag zugrunde zu legen, der sich am Ende der
Ehezeit aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten ohne
Berücksichtigung des Zugangsfaktors als Vollrente wegen Alters ergäbe.
3. Bei Leistungen, Anwartschaften oder Aussichten auf
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist,
a) wenn bei Eintritt der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags die Betriebszugehörigkeit andauert, der Teil der Versorgung
zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden
Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zu
der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze entspricht,
wobei der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten einzubeziehen sind; die
Versorgung berechnet sich nach dem Betrag, der sich bei Erreichen der in der
Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze ergäbe, wenn die
Bemessungsgrundlagen im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags zugrunde gelegt würden;
b) wenn vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags die Betriebszugehörigkeit beendet worden ist, der Teil der
erworbenen Versorgung zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit
fallenden Betriebszugehörigkeit zu der gesamten Betriebszugehörigkeit
entspricht, wobei der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten
einzubeziehen sind.
Dies gilt nicht für solche Leistungen oder Anwartschaften
auf Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis zu einer zusätzlichen
Versorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes, auf die Nummer 4 Buchstabe c
anzuwenden ist. Für Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der
betrieblichen Altersversorgung, die im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung
noch nicht unverfallbar sind, finden die Vorschriften über den
schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Anwendung.
4. Bei sonstigen Renten oder ähnlichen wiederkehrenden
Leistungen, die der Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder
Erwerbsunfähigkeit zu dienen bestimmt sind, oder Anwartschaften oder Aussichten
hierauf ist,
a) wenn sich die Rente oder Leistung nach der Dauer einer
Anrechnungszeit bemißt, der Betrag der Versorgungsleistung zugrunde zu legen,
der sich aus der in die Ehezeit fallenden Anrechnungszeit ergäbe, wenn bei
Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags der Versorgungsfall eingetreten
wäre;
b) wenn sich die Rente oder Leistung nicht oder nicht nur
nach der Dauer einer Anrechnungszeit und auch nicht nach Buchstabe d bemißt,
der Teilbetrag der vollen bestimmungsmäßigen Rente oder Leistung zugrunde zu
legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden, bei der Ermittlung
dieser Rente oder Leistung zu berücksichtigenden Zeit zu deren
voraussichtlicher Gesamtdauer bis zur Erreichung der für das Ruhegehalt
maßgeblichen Altersgrenze entspricht;
c) wenn sich die Rente oder Leistung nach einem Bruchteil
entrichteter Beiträge bemißt, der Betrag zugrunde zu legen, der sich aus den
für die Ehezeit entrichteten Beiträgen ergäbe, wenn bei Eintritt der
Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags der Versorgungsfall eingetreten wäre;
d) wenn sich die Rente oder Leistung nach den für die
gesetzlichen Rentenversicherungen geltenden Grundsätzen bemißt, der Teilbetrag
der sich bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ergebenden
Rente wegen Alters zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit
fallenden Versicherungsjahre zu den insgesamt zu berücksichtigenden
Versicherungsjahren entspricht.
5. Bei Renten oder Rentenanwartschaften auf Grund eines
Versicherungsvertrages, der zur Versorgung des Versicherten eingegangen wurde,
ist,
a) wenn es sich um eine Versicherung mit einer über den
Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags hinaus fortbestehenden
Prämienzahlungspflicht handelt, von dem Rentenbetrag auszugehen, der sich nach
vorheriger Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung als Leistung des
Versicherers ergäbe, wenn in diesem Zeitpunkt der Versicherungsfall eingetreten
wäre. Sind auf die Versicherung Prämien auch für die Zeit vor der Ehe gezahlt
worden, so ist der Rentenbetrag entsprechend geringer anzusetzen;
b) wenn eine Prämienzahlungspflicht über den Eintritt der
Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags hinaus nicht besteht, von dem
Rentenbetrag auszugehen, der sich als Leistung des Versicherers ergäbe, wenn in
diesem Zeitpunkt der Versicherungsfall eingetreten wäre. Buchstabe a Satz 2 ist
anzuwenden.
Bei Versorgungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf
eine Versorgung nach Absatz 2 Nr. 4, deren Wert nicht in gleicher oder nahezu
gleicher Weise steigt wie der Wert der in Absatz 2 Nr. 1 und 2 genannten Anwartschaften,
sowie in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 5 gilt folgendes:
1. Werden die Leistungen aus einem Deckungskapital oder
einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist die Regelaltersrente
zugrunde zu legen, die sich ergäbe, wenn der während der Ehe gebildete Teil des
Deckungskapitals oder der auf diese Zeit entfallende Teil der Deckungsrücklage
als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde;
2. werden die Leistungen nicht oder nicht ausschließlich aus
einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist
die Regelaltersrente zugrunde zu legen, die sich ergäbe, wenn ein Barwert der
Teilversorgung für den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags ermittelt und als Beitrag in der gesetzlichen
Rentenversicherung entrichtet würde. Das Nähere über die Ermittlung des
Barwertes bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung
des Bundesrates.
Bei Leistungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Absatz 2 Nr. 3 findet Absatz
3 Nr. 2 Anwendung.
Bemißt sich die Versorgung nicht nach den in den
vorstehenden Absätzen genannten Bewertungsmaßstäben, so bestimmt das
Familiengericht die auszugleichende Versorgung in sinngemäßer Anwendung der
vorstehenden Vorschriften nach billigem Ermessen.
Stehen einem Ehegatten mehrere Versorgungsanwartschaften im
Sinne von Absatz 2 Nr. 1 zu, so ist für die Wertberechnung von den sich nach
Anwendung von Ruhensvorschriften ergebenden gesamten Versorgungsbezügen und der
gesamten in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit auszugehen;
sinngemäß ist zu verfahren, wenn die Versorgung wegen einer Rente oder einer
ähnlichen wiederkehrenden Leistung einer Ruhens- oder Anrechnungsvorschrift
unterliegen würde.
Für die Zwecke der Bewertung nach Absatz 2 bleibt außer
Betracht, daß eine für die Versorgung maßgebliche Wartezeit,
Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche
Voraussetzungen im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags noch nicht erfüllt sind; Absatz 2 Nr. 3 Satz 3 bleibt
unberührt. Dies gilt nicht für solche Zeiten, von denen die Rente nach
Mindesteinkommen in den gesetzlichen Rentenversicherungen abhängig ist.
Bei der Wertberechnung sind die in einer Versorgung, Rente
oder Leistung enthaltenen Zuschläge, die nur auf Grund einer bestehenden Ehe
gewährt werden, sowie Kinderzuschläge und ähnliche familienbezogene
Bestandteile auszuscheiden.
§. 1587b. Hat ein Ehegatte in der Ehezeit Rentenanwartschaften
in einer gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 2
erworben und übersteigen diese die Anwartschaften im Sinne des § 1587a Abs. 2
Nr. 1, 2, die der andere Ehegatte in der Ehezeit erworben hat, so überträgt das
Familiengericht auf diesen Rentenanwartschaften in Höhe der Hälfte des
Wertunterschiedes. Das Nähere bestimmt sich nach den Vorschriften über die
gesetzlichen Rentenversicherungen.
Hat ein Ehegatte in der Ehezeit eine Anwartschaft im Sinne
des § 1587a Abs. 2 Nr. 1 gegenüber einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung
des öffentlichen Rechts, einem ihrer Verbände einschließlich der
Spitzenverbände oder einer ihrer Arbeitsgemeinschaften erworben und übersteigt
diese Anwartschaft allein oder zusammen mit einer Rentenanwartschaft im Sinne
des § 1587a Abs. 2 Nr. 2 die Anwartschaften im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 1,
2, die der andere Ehegatte in der Ehezeit erworben hat, so begründet das
Familiengericht für diesen Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen
Rentenversicherung in Höhe der Hälfte des nach Anwendung von Absatz 1 noch
verbleibenden Wertunterschiedes. Das Nähere bestimmt sich nach den Vorschriften
über die gesetzlichen Rentenversicherungen.
Soweit der Ausgleich nicht nach Absatz 1 oder 2 vorzunehmen
ist, hat der ausgleichspflichtige Ehegatte für den Berechtigten als Beiträge
zur Begründung von Anwartschaften auf eine bestimmte Rente in einer
gesetzlichen Rentenversicherung den Betrag zu zahlen, der erforderlich ist, um
den Wertunterschied auszugleichen; dies gilt nur, solange der Berechtigte die
Voraussetzungen für ein Altersruhegeld aus einer gesetzlichen
Rentenversicherung noch nicht erfüllt. Das Nähere bestimmt sich nach den
Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen. Nach Absatz 1 zu
übertragende oder nach Absatz 2 zu begründende Rentenanwartschaften sind in den
Ausgleich einzubeziehen; im Wege der Verrechnung ist nur ein einmaliger
Ausgleich vorzunehmen.
Würde sich die Übertragung oder Begründung von
Rentenanwartschaften in den gesetzlichen Rentenversicherungen voraussichtlich
nicht zugunsten des Berechtigten auswirken oder wäre der Versorgungsausgleich
in dieser Form nach den Umständen des Falles unwirtschaftlich, soll das
Familiengericht den Ausgleich auf Antrag einer Partei in anderer Weise regeln;
§ 1587o Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
Der Monatsbetrag der nach Absatz 1 zu übertragenden oder
nach Absatz 2, 3 zu begründenden Rentenanwartschaften in den gesetzlichen
Rentenversicherungen darf zusammen mit dem Monatsbetrag der in den gesetzlichen
Rentenversicherungen bereits begründeten Rentenanwartschaften des
ausgleichsberechtigten Ehegatten den in § 76 Abs. 2 Satz 3 des Sechsten Buches
Sozialgesetzbuch bezeichneten Höchstbetrag nicht übersteigen. 23
§. 1587c. Ein
Versorgungsausgleich findet nicht statt,
1. soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter
Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des
beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der
Scheidung, grob unbillig wäre; hierbei dürfen Umstände nicht allein deshalb
berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben;
2. soweit der Berechtigte in Erwartung der Scheidung oder
nach der Scheidung durch Handeln oder Unterlassen bewirkt hat, daß ihm
zustehende Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung, die nach § 1587
Abs. 1 auszugleichen wären, nicht entstanden oder entfallen sind;
3. soweit der Berechtigte während der Ehe längere Zeit
hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt
hat.
§. 1587d. Auf Antrag des Verpflichteten kann das
Familiengericht anordnen, daß die Verpflichtung nach § 1587b Abs. 3 ruht,
solange und soweit der Verpflichtete durch die Zahlung unbillig belastet,
insbesondere außerstande gesetzt würde, sich selbst angemessen zu unterhalten
und seinen gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber dem geschiedenen
Ehegatten und den mit diesem gleichrangig Berechtigten nachzukommen. Ist der
Verpflichtete in der Lage, Raten zu zahlen, so hat das Gericht ferner die Höhe
der dem Verpflichteten obliegenden Ratenzahlungen festzusetzen.
Das Familiengericht kann eine rechtskräftige Entscheidung
auf Antrag aufheben oder ändern, wenn sich die Verhältnisse nach der Scheidung
wesentlich geändert haben.
§. 1587e. Für den Versorgungsausgleich nach § 1587b gilt §
1580 entsprechend.
Mit dem Tode des Berechtigten erlischt der
Ausgleichsanspruch.
Der Anspruch auf Entrichtung von Beiträgen (§ 1587b Abs. 3)
erlischt außerdem, sobald der schuldrechtliche Versorgungsausgleich nach §
1587g Abs. 1 Satz 2 verlangt werden kann.
Der Ausgleichsanspruch erlischt nicht mit dem Tode des
Verpflichteten. Er ist gegen die Erben geltend zu machen.
3. Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich
§. 1587f. In den Fällen, in denen
1. die Begründung von Rentenanwartschaften in einer
gesetzlichen Rentenversicherung mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 1587b
Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz nicht möglich ist,
2. die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften
in einer gesetzlichen Rentenversicherung mit Rücksicht auf die Vorschrift des §
1587b Abs. 5 ausgeschlossen ist,
3. der ausgleichspflichtige Ehegatte die ihm nach § 1587b
Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz auferlegten Zahlungen zur Begründung von
Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung nicht erbracht
hat,
4. in den Ausgleich Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung auf Grund solcher Anwartschaften oder Aussichten einzubeziehen
sind, die im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch nicht unverfallbar
waren,
5. das Familiengericht nach § 1587b Abs. 4 eine Regelung in
der Form des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs getroffen hat oder die
Ehegatten nach § 1587o den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vereinbart
haben,
erfolgt insoweit der Ausgleich auf Antrag eines Ehegatten
nach den Vorschriften der §§ 1587g bis 1587n (schuldrechtlicher
Versorgungsausgleich).
§. 1587g. Der Ehegatte, dessen auszugleichende Versorgung
die des anderen übersteigt, hat dem anderen Ehegatten als Ausgleich eine
Geldrente (Ausgleichsrente) in Höhe der Hälfte des jeweils übersteigenden
Betrags zu entrichten. Die Rente kann erst dann verlangt werden, wenn beide
Ehegatten eine Versorgung erlangt haben oder wenn der ausgleichspflichtige
Ehegatte eine Versorgung erlangt hat und der andere Ehegatte wegen Krankheit
oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte
auf nicht absehbare Zeit eine ihm nach Ausbildung- und Fähigkeiten zumutbare
Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann oder das fünfundsechzigste Lebensjahr
vollendet hat.
Für die Ermittlung der auszugleichenden Versorgung gilt §
1587a entsprechend. Hat sich seit Eintritt der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags der Wert einer Versorgung oder einer Anwartschaft oder
Aussicht auf Versorgung geändert oder ist eine bei Eintritt der
Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorhandene Versorgung oder eine
Anwartschaft oder Aussicht auf Versorgung weggefallen oder sind Voraussetzungen
einer Versorgung eingetreten, die bei Eintritt der Rechtshängigkeit gefehlt haben,
so ist dies zusätzlich zu berücksichtigen.
§ 1587d Abs. 2 gilt entsprechend.
§. 1587h. Ein Ausgleichsanspruch
gemäß § 1587g besteht nicht,
1. soweit der Berechtigte den nach seinen
Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt aus seinen Einkünften und seinem
Vermögen bestreiten kann und die Gewährung des Versorgungsausgleichs für den
Verpflichteten bei Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen
Verhältnisse eine unbillige Härte bedeuten würde. § 1577 Abs. 3 gilt
entsprechend;
2. soweit der Berechtigte in Erwartung der Scheidung oder
nach der Scheidung durch Handeln oder Unterlassen bewirkt hat, daß ihm eine
Versorgung, die nach § 1587 auszugleichen wäre, nicht gewährt wird;
3. soweit der Berechtigte während der Ehe längere Zeit
hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt
hat.
§. 1587i. Der Berechtigte kann vom Verpflichteten in Höhe
der laufenden Ausgleichsrente Abtretung der in den Ausgleich einbezogenen
Versorgungsansprüche verlangen, die für den gleichen Zeitabschnitt fällig
geworden sind oder fällig werden.
Der Wirksamkeit der Abtretung an den Ehegatten gemäß Absatz
1 steht der Ausschluß der Übertragbarkeit und Pfändbarkeit der Ansprüche nicht
entgegen.
§ 1587d Abs. 2 gilt entsprechend.
§. 1587k. Für den Ausgleichsanspruch nach § 1587g Abs. 1
Satz 1 gelten die §§ 1580, 1585 Abs. 1 Satz 2, 3 und § 1585b Abs. 2, 3
entsprechend.
Der Anspruch erlischt mit dem Tod des Berechtigten; § 1586
Abs. 2 gilt entsprechend. Soweit hiernach der Anspruch erlischt, gehen die nach
§ 1587i Abs. 1 abgetretenen Ansprüche auf den Verpflichteten über.
§. 1587l. Ein Ehegatte kann wegen seiner künftigen
Ausgleichsansprüche von dem anderen eine Abfindung verlangen, wenn diesem die
Zahlung nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zumutbar ist.
Für die Höhe der Abfindung ist der nach § 1587g Abs. 2
ermittelte Zeitwert der beiderseitigen Anwartschaften oder Aussichten auf eine
auszugleichende Versorgung zugrunde zu legen.
Die Abfindung kann nur in Form der Zahlung von Beiträgen zu
einer gesetzlichen Rentenversicherung oder zu einer privaten Lebens- oder
Rentenversicherung verlangt werden. Wird die Abfindung in Form der Zahlung von
Beiträgen zu einer privaten Lebens- oder Rentenversicherung gewählt, so muß der
Versicherungsvertrag vom Berechtigten auf seine Person für den Fall des Todes
und des Erlebens des fünfundsechzigsten oder eines niedrigeren Lebensjahres
abgeschlossen sein und vorsehen, daß Gewinnanteile zur Erhöhung der
Versicherungsleistungen verwendet werden. Auf Antrag ist dem Verpflichteten
Ratenzahlung zu gestatten, soweit dies nach seinen wirtschaftlichen
Verhältnissen der Billigkeit entspricht.
§. 1587m. Mit dem Tod des Berechtigten erlischt der Anspruch
auf Leistung der Abfindung, soweit er von dem Verpflichteten noch nicht erfüllt
ist.
§. 1587n. Ist der Berechtigte nach § 1587l abgefunden
worden, so hat er sich auf einen Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen
Ehegatten den Betrag anrechnen zu lassen, den er als Versorgungsausgleich nach §
1587g erhalten würde, wenn die Abfindung nicht geleistet worden wäre.
4. Parteivereinbarungen
§. 1587o. Die Ehegatten können im Zusammenhang mit der
Scheidung eine Vereinbarung über den Ausgleich von Anwartschaften oder
Anrechten auf eine Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit
(§ 1587) schließen. Durch die Vereinbarung können Anwartschaftsrechte in einer
gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587b Abs. 1 oder 2 nicht begründet oder
übertragen werden.
Die Vereinbarung nach Absatz 1 muß notariell beurkundet
werden. § 127a ist entsprechend anzuwenden. Die Vereinbarung bedarf der
Genehmigung des Familiengerichts. Die Genehmigung soll nur verweigert werden,
wenn unter Einbeziehung der Unterhaltsregelung und der
Vermögensauseinandersetzung offensichtlich die vereinbarte Leistung nicht zur
Sicherung des Berechtigten für den Fall der Erwerbsunfähigkeit und des Alters
geeignet ist oder zu keinem nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den
Ehegatten führt.
5. Schutz des Versorgungsschuldners
§. 1587p. Sind durch die rechtskräftige Entscheidung des
Familiengerichts Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung
auf den berechtigten Ehegatten übertragen worden, so muß dieser eine Leistung
an den verpflichteten Ehegatten gegen sich gelten lassen, die der Schuldner der
Versorgung bis zum Ablauf des Monats an den verpflichteten Ehegatten bewirkt,
der dem Monat folgt, in dem ihm die Entscheidung zugestellt worden ist.
Achter Titel.
Kirchliche Verpflichtungen.
§. 1588. Die kirchlichen Verpflichtungen in Ansehung der Ehe
werden durch die Vorschriften dieses Abschnitts nicht berührt.
Zweiter Abschnitt.
Verwandtschaft.
Erster Titel.
Allgemeine Vorschriften.
§. 1589. Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind
in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind,
aber von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt.
Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden
Geburten.
§. 1590. Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen
Ehegatten verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen
sich nach der Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft.
Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die
sie begründet wurde, aufgelöst ist.
Zweiter Titel.
Abstammung
I. Eheliche Abstammung
§. 1591. Ein Kind, das nach der Eheschließung geboren wird,
ist ehelich, wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann
innerhalb der Empfängniszeit der Frau beigewohnt hat; dies gilt auch, wenn die
Ehe für nichtig erklärt wird. Das Kind ist nicht ehelich, wenn es den Umständen
nach offenbar unmöglich ist, daß die Frau das Kind von dem Manne empfangen hat.
Es wird vermuthet, daß der Mann innerhalb der Empfängnißzeit
der Frau beigewohnt habe. Soweit die Empfängnißzeit in die Zeit vor der Ehe
fällt, gilt die Vermuthung nur, wenn der Mann gestorben ist, ohne die
Ehelichkeit des Kindes angefochten zu haben.
§. 1592. Als Empfängnißzeit gilt die Zeit von dem
einhunderteinundachtzigsten bis zu dem dreihundertundzweiten Tage vor dem Tage
der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des einhunderteinundachtzigsten als
des dreihundertundzweiten Tages.
Steht fest, daß das Kind innerhalb eines Zeitraums empfangen
worden ist, der weiter als dreihundertundzwei Tage vor dem Tage der Geburt
zurückliegt, so gilt zu Gunsten der Ehelichkeit des Kindes dieser Zeitraum als
Empfängnißzeit.
§. 1593. Die Unehelichkeit eines Kindes, das während der Ehe
oder innerhalb von dreihundertundzwei Tagen nach Auflösung oder
Nichtigerklärung der Ehe geboren ist, kann nur geltend gemacht werden, wenn die
Ehelichkeit angefochten und die Unehelichkeit rechtskräftig festgestellt ist. 26
§. 1594. Die Ehelichkeit eines Kindes kann von dem Mann
binnen zwei Jahren angefochten werden.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Mann
Kenntnis von den Umständen erlangt, die für die Unehelichkeit des Kindes
sprechen. Sie beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes.
Auf den Lauf der Frist sind die für die Verjährung geltenden
Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechend anzuwenden.
§. 1595. Die Anfechtung der Ehelichkeit kann nicht durch
einen Vertreter erfolgen. Ist der Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so
bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Für einen geschäftsunfähigen Mann kann sein gesetzlicher
Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Ehelichkeit anfechten.
Hat der gesetzliche Vertreter die Ehelichkeit nicht rechtzeitig angefochten, so
kann nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit der Mann selbst die Ehelichkeit
in gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen
wäre.
§. 1595a. Hat der Mann bis zum Tode keine Kenntnis von der
Geburt des Kindes erlangt, so können die Eltern des Mannes die Ehelichkeit
anfechten. Nach dem Tode eines Elternteils steht das Anfechtungsrecht dem
überlebenden Elternteil zu. War der Mann nichtehelich, so steht das
Anfechtungsrecht nur seiner Mutter zu. Die Eltern können die Ehelichkeit nur
binnen Jahresfrist anfechten. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem ein
Elternteil Kenntnis vom Tode des Mannes und der Geburt des Kindes erlangt. Auf
den Lauf der Frist sind die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§
203, 206 entsprechend anzuwenden.
Ist der Mann innerhalb von zwei Jahren seit der Geburt des
Kindes gestorben, ohne die Ehelichkeit des Kindes angefochten zu haben, so ist
die Vorschrift des Absatzes 1 anzuwenden. Das Anfechtungsrecht der Eltern ist
ausgeschlossen, wenn der Mann die Ehelichkeit des Kindes nicht anfechten
wollte.
Die Vorschriften des § 1595 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 gelten
entsprechend.
§. 1596. Das Kind kann seine Ehelichkeit anfechten, wenn
1. der Mann gestorben oder für tot erklärt ist, ohne das
Anfechtungsrecht nach § 1594 verloren zu haben,
2. die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt
ist oder wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben und nicht zu
erwarten ist, daß sie die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherstellen,
3. die Mutter den Mann geheiratet hat, der das Kind gezeugt
hat,
4. die Anfechtung wegen ehrlosen oder unsittlichen
Lebenswandels oder wegen einer schweren Verfehlung des Mannes gegen das Kind
sittlich gerechtfertigt ist oder
5. die Anfechtung wegen einer schweren Erbkrankheit des
Mannes sittlich gerechtfertigt ist.
In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 kann das Kind seine
Ehelichkeit nur binnen zwei Jahren anfechten. Die Frist beginnt mit dem
Zeitpunkt, in dem das Kind von den Umständen, die für seine Unehelichkeit
sprechen, und von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt, der nach Absatz 1 Nr. 1, 2
oder 3 Voraussetzung für die Anfechtung ist. Die für die Verjährung geltenden
Vorschriften der §§ 203, 206 sind entsprechend anzuwenden.
§. 1597. Ist das Kind minderjährig, so kann der gesetzliche
Vertreter des Kindes die Ehelichkeit mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
anfechten.
Will ein Vormund oder Pfleger die Ehelichkeit anfechten, so
soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung nur erteilen, wenn die Mutter
des Kindes einwilligt. Die Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter
erklärt werden. Ist die Mutter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf
sie nicht der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. Die Einwilligung der
Mutter ist nicht erforderlich, wenn sie geschäftsunfähig oder ihr Aufenthalt
dauernd unbekannt ist, wenn sie die elterliche Gewalt verwirkt hat oder das
Unterbleiben der Anfechtung dem Kinde zu unverhältnismäßigem Nachteile
gereichen würde.
Ist das Kind volljährig, so gilt § 1595 entsprechend.
§. 1598. Hat der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen
Kindes in den Fällen des § 1596 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 die Ehelichkeit nicht
rechtzeitig angefochten, so kann das Kind, sobald es volljährig geworden ist,
seine Ehelichkeit selbst anfechten; die Anfechtung ist nicht mehr zulässig,
wenn seit dem Eintritt der Volljährigkeit zwei Jahre verstrichen sind. 26
§. 1599. Der Mann und die Eltern des Mannes fechten die
Ehelichkeit des Kindes durch Klage gegen das Kind, das Kind ficht die Ehelichkeit
durch Klage gegen den Mann an.
Ist das Kind gestorben, so wird die Ehelichkeit durch Antrag
beim Vormundschaftsgericht angefochten. Dasselbe gilt, wenn das Kind nach dem
Tode des Mannes seine Ehelichkeit anficht.
Wird die Klage oder der Antrag zurückgenommen, so ist die
Anfechtung der Ehelichkeit als nicht erfolgt anzusehen.
§. 1600. Wird von einer Frau, die eine zweite Ehe
geschlossen hat, ein Kind geboren, das nach den §§ 1591, 1592 ein eheliches
Kind sowohl des ersten als des zweiten Mannes wäre, so gilt es als eheliches
Kind des zweiten Mannes.
Wird die Ehelichkeit des Kindes angefochten und wird
rechtskräftig festgestellt, daß das Kind kein eheliches Kind des zweiten Mannes
ist, so gilt es als eheliches Kind des ersten Mannes.
Soll geltend gemacht werden, daß auch der erste Mann nicht
der Vater des Kindes ist, so beginnt die Anfechtungsfrist frühestens mit der
Rechtskraft der in Absatz 2 bezeichneten Entscheidung.
II. Nichteheliche Abstammung
§. 1600a. Bei nichtehelichen Kindern wird die Vaterschaft
durch Anerkennung oder gerichtliche Entscheidung mit Wirkung für und gegen alle
festgestellt. Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus
dem Gesetz ein anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt dieser Feststellung an
geltend gemacht werden.
§. 1600b. Eine Anerkennung unter einer Bedingung oder einer
Zeitbestimmung ist unwirksam.
Die Anerkennung ist schon vor der Geburt des Kindes
zulässig.
Ist die Vaterschaft anerkannt oder rechtskräftig
festgestellt, so ist eine weitere Anerkennung unwirksam.
§. 1600c. Zur Anerkennung ist die Zustimmung des Kindes
erforderlich.
Die Zustimmung ist dem Anerkennenden oder dem Standesbeamten
gegenüber zu erklären.
§. 1600d. Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann
nur selbst anerkennen; er bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen
Vertreters. Für einen Geschäftsunfähigen kann sein gesetzlicher Vertreter mit
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts anerkennen.
Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn
Jahre alt ist, kann nur sein gesetzlicher Vertreter der Anerkennung zustimmen.
Im übrigen kann ein Kind, das in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, nur
selbst zustimmen; es bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen
Vertreters.
Anerkennung und Zustimmung können nicht durch einen
Bevollmächtigten erklärt werden.
§. 1600e. Die Anerkennungserklärung und die
Zustimmungserklärung des Kindes müssen öffentlich beurkundet werden. Die
Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zu einer solchen Erklärung ist in
öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Beglaubigte Abschriften der Anerkennungserklärung sind außer
dem Standesbeamten auch dem Kind und der Mutter des Kindes zu übersenden.
Die Zustimmung des Kindes und seines gesetzlichen Vertreters
sowie die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Anerkennenden können bis
zum Ablauf von sechs Monaten seit der Beurkundung der Anerkennungserklärung
erteilt werden. Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes.
§. 1600f. Die Anerkennung ist nur dann unwirksam, wenn sie
den Erfordernissen der vorstehenden Vorschriften nicht genügt oder wenn sie
angefochten und rechtskräftig festgestellt ist, daß der Mann nicht der Vater
des Kindes ist.
Sind seit der Eintragung in ein deutsches Personenstandsbuch
fünf Jahre verstrichen, so kann nicht mehr geltend gemacht werden, daß die
Erfordernisse der vorstehenden Vorschriften nicht vorgelegen haben.
§. 1600g. Berechtigt, die Anerkennung anzufechten, sind der
Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, die Mutter und das Kind.
Ist der Mann innerhalb eines Jahres seit dem Wirksamwerden
der Anerkennung gestorben, ohne die Anerkennung angefochten zu haben, so können
die Eltern des Mannes anfechten. § 1595a Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 2 Satz 2 gilt
entsprechend.
§. 1600h. Der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, seine
Eltern und die Mutter des Kindes können die Anerkennung binnen Jahresfrist
anfechten.
Für den Mann beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem ihm
die Umstände, die gegen die Vaterschaft sprechen, bekannt geworden sind. Leidet
die Anerkennungserklärung unter einem Willensmangel nach § 119 Abs. 1, § 123,
so endet die Frist nicht, solange nach den §§ 121, 124, 144 ein
Anfechtungsrecht bestehen würde.
Für die Eltern des Mannes beginnt die Frist mit dem
Zeitpunkt, in dem einem Elternteil der Tod des Mannes und die Anerkennung
bekannt geworden sind.
Für die Mutter des Kindes beginnt die Frist mit dem
Zeitpunkt, in dem ihr die Anerkennung bekannt geworden ist.
Die Fristen beginnen nicht vor der Geburt des Kindes und
nicht, bevor die Anerkennung wirksam geworden ist.
Auf den Lauf der Fristen sind die für die Verjährung
geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechend anzuwenden.
§. 1600i. Das Kind kann binnen zwei Jahren anfechten,
nachdem ihm die Anerkennung und die Umstände bekannt geworden sind, die gegen
die Vaterschaft sprechen.
Hat die Mutter des Kindes den Mann geheiratet, der das Kind
anerkannt hat, und ist die Anerkennung im Zusammenhang mit der Eheschließung
oder nach der Eheschließung erfolgt, so kann das Kind, falls die Ehe
geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt ist, noch binnen zwei Jahren,
nachdem ihm die Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung bekannt geworden
ist, anfechten. Dies gilt entsprechend, wenn die Ehegatten seit drei Jahren
getrennt leben und nicht zu erwarten ist, daß sie die eheliche
Lebensgemeinschaft wiederherstellen.
Hat die Mutter einen anderen Mann geheiratet und hat dieser
das Kind gezeugt, so kann das Kind noch binnen zwei Jahren, nachdem ihm dies
bekannt geworden ist, anfechten.
§ 1600h Abs. 5, 6 gilt entsprechend.
Die Anfechtung ist auch nach Ablauf der Frist zulässig, wenn
sie wegen einer schweren Verfehlung des Mannes gegen das Kind, wegen ehrlosen
oder unsittlichen Lebenswandels oder einer schweren Erbkrankheit des Mannes
sittlich gerechtfertigt ist.
§. 1600k. Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann
die Anerkennung nur selbst anfechten; er bedarf hierzu nicht der Zustimmung
seines gesetzlichen Vertreters. Für ein in der Geschäftsfähigkeit beschränktes
minderjähriges Kind kann nur der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts anfechten.
Für einen Geschäftsunfähigen kann sein gesetzlicher
Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Anerkennung anfechten.
Will der Vormund oder Pfleger eines minderjährigen Kindes
die Anerkennung anfechten, nachdem die Mutter des Kindes den Mann geheiratet
hat, der das Kind anerkannt hat, so gilt § 1597 Abs. 3 entsprechend.
Hat der gesetzliche Vertreter eines Geschäftsunfähigen die
Anerkennung nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfall der
Geschäftsunfähigkeit der Anfechtungsberechtigte selbst die Anerkennung in
gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre;
dies gilt nicht für das Anfechtungsrecht der Eltern des Mannes, der das Kind
anerkannt hat. Hat der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Kindes die
Anerkennung nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind selbst innerhalb
von zwei Jahren seit dem Eintritt der Volljährigkeit die Anerkennung anfechten.
§. 1600l. Der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, ficht
die Anerkennung durch Klage gegen das Kind, das Kind und die Mutter des Kindes
fechten die Anerkennung durch Klage gegen den Mann an.
Ist der Mann oder das Kind gestorben, so wird die
Anerkennung durch Antrag beim Vormundschaftsgericht angefochten; jedoch fechten
die Eltern des Mannes bei Lebzeiten des Kindes die Anerkennung durch Klage
gegen das Kind an.
Wird die Klage oder der Antrag zurückgenommen, so ist die Anfechtung
als nicht erfolgt anzusehen.
§. 1600m. In dem Verfahren über die Anfechtung der
Anerkennung wird vermutet, daß das Kind von dem Manne gezeugt ist, der die
Vaterschaft anerkannt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn der Mann die
Anerkennung anficht und seine Anerkennungserklärung unter einem Willensmangel
nach § 119 Abs. 1, 123 leidet; in diesem Falle ist § 1600o Abs. 2 Satz 1 und 2
entsprechend anzuwenden. Die Empfängniszeit bestimmt sich nach § 1592.
§. 1600n. Ist die Vaterschaft nicht anerkannt, so ist sie
auf Klage des Kindes oder des Mannes, der das Kind gezeugt hat, gerichtlich
festzustellen.
Nach dem Tode des Mannes ist die Vaterschaft auf Antrag des
Kindes, nach dem Tode des Kindes auf Antrag der Mutter vom
Vormundschaftsgericht festzustellen.
§. 1600o. Als Vater ist der Mann festzustellen, der das Kind
gezeugt hat.
Es wird vermutet, daß das Kind von dem Manne gezeugt ist,
welcher der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung
gilt nicht, wenn nach Würdigung aller Umstände schwerwiegende Zweifel an der
Vaterschaft verbleiben. Die Empfängniszeit bestimmt sich nach § 1592.
Dritter Titel.
Unterhaltspflicht.
I. Allgemeine Vorschriften
§. 1601. Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet,
einander Unterhalt zu gewähren.
§. 1602. Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außer Stande ist,
sich selbst zu unterhalten.
Ein minderjähriges unverheirathetes Kind kann von seinen
Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit
verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum
Unterhalte nicht ausreichen.
§. 1603. Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei
Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne
Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.
Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren
minderjährigen unverheiratheten Kindern gegenüber verpflichtet, alle
verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalte gleichmäßig zu verwenden.
Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger
Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kinde,
dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.
§. 1604. Besteht zwischen Ehegatten Gütergemeinschaft, so
bestimmt sich die Unterhaltspflicht des Mannes oder der Frau Verwandten
gegenüber so, wie wenn das Gesamtgut dem unterhaltspflichtigen Ehegatten
gehörte. Sind bedürftige Verwandte beider Ehegatten vorhanden, so ist der
Unterhalt aus dem Gesamtgut so zu gewähren, wie wenn die Bedürftigen zu beiden
Ehegatten in dem Verwandtschaftsverhältnis ständen, auf dem die
Unterhaltspflicht des verpflichteten Ehegatten beruht.
§. 1605. Verwandte in gerader Linie sind einander
verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu
erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer
Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Über die Höhe der Einkünfte sind auf
Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers, vorzulegen.
Die §§ 260, 261 sind entsprechend anzuwenden.
Vor Ablauf von zwei Jahren kann Auskunft erneut nur verlangt
werden, wenn glaubhaft gemacht wird, daß der zur Auskunft Verpflichtete später
wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat.
§. 1606. Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der
aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.
Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der
aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.
Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren
Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Die Mutter erfüllt ihre Verpflichtung, zum
Unterhalt eines minderjährigen unverheirateten Kindes beizutragen, in der Regel
durch die Pflege und Erziehung des Kindes.
§. 1607. Soweit ein Verwandter auf Grund des §. 1603 nicht
unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu
gewähren.
Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen
Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch
gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer Verwandter den
Unterhalt gewährt, auf diesen über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des
Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.
§. 1608. Der Ehegatte des Bedürftigen haftet vor dessen
Verwandten. Soweit jedoch der Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen
Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen
Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, haften die Verwandten vor dem Ehegatten.
Die Vorschriften des §. 1607 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung.
§. 1609. Sind mehrere Bedürftige vorhanden und ist der
Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, so gehen die
minderjährigen unverheirateten Kinder den anderen Kindern, die Kinder den
übrigen Abkömmlingen, die Abkömmlinge den Verwandten der aufsteigenden Linie,
unter den Verwandten der aufsteigenden Linie die näheren den entfernteren vor.
Der Ehegatte steht den minderjährigen unverheiratheten
Kindern gleich; er geht anderen Kindern und den übrigen Verwandten vor. Ist die
Ehe geschieden oder aufgehoben, so geht der unterhaltsberechtigte Ehegatte den
volljährigen oder verheirateten Kindern sowie den übrigen Verwandten des
Unterhaltspflichtigen vor.
§. 1610. Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich
nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).
Der Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf
einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei
einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.
Verlangt ein eheliches Kind, das in den Haushalt eines
geschiedenen Elternteils aufgenommen ist, von dem anderen Elternteil Unterhalt,
so gilt als Bedarf des Kindes bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres
mindestens der für ein nichteheliches Kind der entsprechenden Altersstufe festgesetzte
Regelbedarf. Satz 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn die Eltern nicht nur
vorübergehend getrennt leben oder ihre Ehe für nichtig erklärt worden ist.
§. 1611. Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches
Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber
dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer
schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen
Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der
Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der
Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die
Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die
Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten
Kindern nicht anzuwenden.
Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften
eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in
Anspruch nehmen.
§. 1612. Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente
zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, daß ihm die Gewährung des
Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es
rechtfertigen.
Haben Eltern einem unverheirateten Kinde Unterhalt zu
gewähren, so können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im voraus
der Unterhalt gewährt werden soll. Aus besonderen Gründen kann das
Vormundschaftsgericht auf Antrag des Kindes die Bestimmung der Eltern ändern.
Ist das Kind minderjährig, so kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person
des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das
Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.
Eine Geldrente ist monatlich im voraus zu zahlen. Der
Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte
im Laufe des Monats stirbt.
§. 1612a. Ist die Höhe der für einen Minderjährigen als
Unterhalt zu entrichtenden Geldrente in einer gerichtlichen Entscheidung, einer
Vereinbarung oder einer Verpflichtungsurkunde festgelegt, so kann der
Berechtigte oder der Verpflichtete verlangen, daß der zu entrichtende Unterhalt
gemäß den Vorschriften des Absatzes 2 der allgemeinen Entwicklung der
wirtschaftlichen Verhältnisse angepaßt wird. Die Anpassung kann nicht verlangt
werden, wenn und soweit bei der Festlegung der Höhe des Unterhalts eine
Änderung der Geldrente ausgeschlossen worden oder ihre Anpassung an
Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse auf andere Weise geregelt ist.
Ist infolge erheblicher Änderungen der allgemeinen
wirtschaftlichen Verhältnisse eine Anpassung der Unterhaltsrenten erforderlich,
so bestimmt die Bundesregierung nach Maßgabe der allgemeinen Entwicklung,
insbesondere der Entwicklung der Verdienste und des Lebensbedarfs, durch
Rechtsverordnung (Anpassungsverordnung) den Vomhundertsatz, um den
Unterhaltsrenten zu erhöhen oder herabzusetzen sind. Die Verordnung bedarf der
Zustimmung des Bundesrates. Die Anpassung kann nicht für einen früheren
Zeitpunkt als den Beginn des vierten auf das Inkrafttreten der
Anpassungsverordnung folgenden Kalendermonats verlangt werden. Sie wird mit der
Erklärung wirksam; dies gilt nicht, wenn sich die Verpflichtung zur
Unterhaltszahlung aus einem Schuldtitel ergibt, aus dem die Zwangsvollstreckung
stattfindet.
Der Unterhaltsbetrag, der sich bei der Anpassung ergibt, ist
auf volle Deutsche Mark abzurunden, und zwar bei Beträgen unter fünfzig Pfennig
nach unten, sonst nach oben.
Von der in einer Anpassungsverordnung vorgesehenen Anpassung
sind diejenigen Unterhaltsrenten ausgeschlossen, die in den letzten zwölf
Monaten vor dem Wirksamwerden der Anpassung festgesetzt, bestätigt oder
geändert worden sind.
Das Recht des Berechtigten und des Verpflichteten, auf Grund
allgemeiner Vorschriften eine Änderung des Unterhalts zu verlangen, bleibt
unberührt.
§. 1613. Für die Vergangenheit kann der Berechtigte
Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von der Zeit an fordern,
zu welcher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch
rechtshängig geworden ist.
Wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs
(Sonderbedarf) kann der Berechtigte Erfüllung für die Vergangenheit ohne die
Einschränkung des Absatzes 1 verlangen. Der Anspruch kann jedoch nach Ablauf
eines Jahres seit seiner Entstehung nur geltend gemacht werden, wenn vorher der
Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist.
§. 1614. Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht
verzichtet werden.
Durch eine Vorausleistung wird der Verpflichtete bei
erneuter Bedürftigkeit des Berechtigten nur für den im §. 760 Abs. 2 bestimmten
Zeitabschnitt oder, wenn er selbst den Zeitabschnitt zu bestimmen hatte, für
einen den Umständen nach angemessenen Zeitabschnitt befreit.
§. 1615. Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des
Berechtigten oder des Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder
Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im
voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des
Berechtigten oder des Verpflichteten fällig sind.
Im Falle des Todes des Berechtigten hat der Verpflichtete
die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben
zu erlangen ist.
II. Besondere Vorschriften für das nichteheliche Kind und
seine Mutter
§. 1615a. Für die Unterhaltspflicht gegenüber nichtehelichen
Kindern gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit sich nicht aus den
folgenden Bestimmungen ein anderes ergibt.
§. 1615b. Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Vater
geht, soweit an Stelle des Vaters ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter
oder der Ehemann der Mutter dem Kinde Unterhalt gewährt, auf diesen über. Der
Übergang kann nicht zum Nachteile des Kindes geltend gemacht werden.
Absatz 1 gilt entsprechend, wenn ein Dritter als Vater dem
Kinde Unterhalt gewährt.
§. 1615c. Bei der Bemessung des Unterhalts ist, solange das
Kind noch keine selbständige Lebensstellung erlangt hat, die Lebensstellung
beider Eltern zu berücksichtigen.
§. 1615d. Das Kind kann von seinem Vater Unterhaltsbeträge,
die fällig geworden sind, bevor die Vaterschaft anerkannt oder rechtskräftig
festgestellt war, auch für die Vergangenheit verlangen.
§. 1615e. Das Kind kann mit dem Vater sowie mit den
Verwandten des Vaters eine Vereinbarung über den Unterhalt für die Zukunft oder
über eine an Stelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung treffen; das gleiche
gilt für Unterhaltsansprüche des Vaters und seiner Verwandten gegen das Kind.
Ein unentgeltlicher Verzicht auf den Unterhalt für die Zukunft ist nichtig.
Die Vereinbarung bedarf, wenn der Berechtigte nicht voll
geschäftsfähig ist, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Ein Abfindungsvertrag, der zwischen dem Kinde und dem Vater
geschlossen wird, erstreckt sich im Zweifel auch auf die Unterhaltsansprüche
des Kindes gegen die Verwandten des Vaters.
Diese Vorschriften gelten für die Unterhaltsansprüche der
Abkömmlinge des Kindes entsprechend.
§. 1615f. Bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres
hat der Vater dem Kinde mindestens den Regelunterhalt zu zahlen; dies gilt
nicht, solange das Kind in den väterlichen Haushalt aufgenommen ist.
Regelunterhalt ist der zum Unterhalt eines Kindes, das sich in der Pflege
seiner Mutter befindet, bei einfacher Lebenshaltung im Regelfall erforderliche
Betrag (Regelbedarf), vermindert um die nach § 1615g anzurechnenden Beträge. §
1612 Abs. 1 Satz 2 ist auf den Regelunterhalt nicht anzuwenden.
Der Regelbedarf wird von der Bundesregierung mit Zustimmung
des Bundesrates durch Rechtsverordnung festgesetzt. Er kann nach dem Alter des
Kindes und nach den örtlichen Unterschieden in den Lebenshaltungskosten
abgestuft werden.
§. 1615g. Das auf das Kind entfallende Kindergeld, Kinderzuschläge
und ähnliche regelmäßige wiederkehrende Geldleistungen, die einem anderen als
dem Vater zustehen, sind auf den Regelbedarf zur Hälfte anzurechnen. Kindergeld
ist jedoch nur dann anzurechnen, wenn auch der Vater die
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ihm aber Kindergeld nicht gewährt wird, weil
ein anderer vorrangig berechtigt ist. Leistungen, die wegen Krankheit oder
Arbeitslosigkeit gewährt werden, sind nicht anzurechnen.
Eine Leistung, die zwar dem Vater zusteht, aber einem
anderen ausgezahlt wird, ist in voller Höhe anzurechnen.
Waisenrenten, die dem Kinde zustehen, sind nicht
anzurechnen.
Das Nähere wird von der Bundesregierung mit Zustimmung des
Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmt.
§. 1615h. Übersteigt der Regelunterhalt wesentlich den
Betrag, den der Vater dem Kinde ohne Berücksichtigung der Vorschriften über den
Regelunterhalt leisten müßte, so kann er verlangen, daß der zu leistende
Unterhalt auf diesen Betrag herabgesetzt wird. Vorübergehende Umstände können
nicht zu einer Herabsetzung führen. § 1612 Abs. 1 Satz 2 bleibt auch in diesem
Falle unanwendbar.
Die Herabsetzung des Unterhalts unter den Regelunterhalt
läßt die Verpflichtung des Vaters, dem Kinde wegen Sonderbedarfs Unterhalt zu
leisten, unberührt.
§. 1615i. Rückständige Unterhaltsbeträge, die fällig
geworden sind, bevor der Vater die Vaterschaft anerkannt hat oder durch
gerichtliche Entscheidung zur Leistung von Unterhalt verpflichtet worden ist,
können auf Antrag des Vaters gestundet werden, soweit dies der Billigkeit entspricht.
Rückständige Unterhaltsbeträge, die länger als ein Jahr vor
Anerkennung der Vaterschaft oder Erhebung der Klage auf Feststellung der
Vaterschaft fällig geworden sind, können auf Antrag des Vaters erlassen werden,
soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Der Erlaß ist
ausgeschlossen, soweit unbillige Härten durch Herabsetzung des Unterhalts unter
den Regelunterhalt für die Vergangenheit oder durch Stundung vermieden werden
können.
Hat ein Dritter an Stelle des Vaters Unterhalt gewährt und
verlangt der Dritte vom Vater Ersatz, so gelten die vorstehenden Vorschriften
entsprechend. Die Bedürfnisse und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Dritten
sind mit zu berücksichtigen.
§. 1615k. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten
der Entbindung und, falls infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung
weitere Aufwendungen notwendig werden, auch die dadurch entstehenden Kosten zu
erstatten. Dies gilt nicht für Kosten, die durch Leistungen des Arbeitgebers
oder durch Versicherungsleistungen gedeckt werden.
Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung
beginnt, soweit sie nicht gehemmt oder unterbrochen ist, mit dem Schluß des auf
die Entbindung folgenden Jahres.
§. 1615l. Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen
vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren.
Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht,
weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder
die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater
verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu
gewähren. Das gleiche gilt, wenn die Mutter nicht oder nur beschränkt
erwerbstätig ist, weil das Kind anderenfalls nicht versorgt werden könnte. Die
Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Entbindung; sie endet
spätestens ein Jahr nach der Entbindung.
Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen
Verwandten sind entsprechend anzuwenden. Die Verpflichtung des Vaters geht der
Verpflichtung der Verwandten der Mutter vor. Die Ehefrau und minderjährige
unverheiratete Kinder des Vaters gehen bei Anwendung des § 1609 der Mutter vor;
die Mutter geht den übrigen Verwandten des Vaters vor. § 1613 Abs. 2, § 1615d
und § 1615i Abs. 1, 3 gelten entsprechend. Der Anspruch erlischt nicht mit dem
Tode des Vaters.
Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung
beginnt, soweit sie nicht gehemmt oder unterbrochen ist, mit dem Schluß des auf
die Entbindung folgenden Jahres.
§. 1615m. Stirbt die Mutter infolge der Schwangerschaft oder
der Entbindung, so hat der Vater die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit
ihre Bezahlung nicht von dem Erben der Mutter zu erlangen ist.
§. 1615n. Die Ansprüche nach den §§ 1615k bis 1615m bestehen
auch dann, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben oder wenn das
Kind tot geboren ist. Bei einer Fehlgeburt gelten die Vorschriften der §§ 1615k
bis 1615m sinngemäß.
§. 1615o. Auf Antrag des Kindes kann durch einstweilige
Verfügung angeordnet werden, daß der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat
oder der nach § 1600o als Vater vermutet wird, den für die ersten drei Monate
dem Kinde zu gewährenden Unterhalt zu zahlen hat. Der Antrag kann bereits vor
der Geburt des Kindes durch die Mutter oder einen für die Leibesfrucht
bestellten Pfleger gestellt werden; in diesem Falle kann angeordnet werden, daß
der erforderliche Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu hinterlegen ist.
Auf Antrag der Mutter kann durch einstweilige Verfügung
angeordnet werden, daß der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat oder der
nach § 1600o als Vater vermutet wird, die nach den §§ 1615k, 1615l
voraussichtlich zu leistenden Beträge an die Mutter zu zahlen hat; auch kann
die Hinterlegung eines angemessenen Betrages angeordnet werden.
Eine Gefährdung des Anspruchs braucht nicht glaubhaft
gemacht zu werden.
Vierter Titel
Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und dem Kinde im
allgemeinen
§. 1616. Das eheliche Kind erhält den Ehenamen seiner
Eltern.
§. 1617. Das nichteheliche Kind erhält den Familiennamen,
den die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes führt. Als Familienname gilt
nicht der gemäß § 1355 Abs. 3 dem Ehenamen vorangestellte Name.
Eine Änderung des Familiennamens der Mutter erstreckt sich
auf den Geburtsnamen des Kindes, welches das fünfte Lebensjahr vollendet hat,
nur dann, wenn es sich der Namensänderung anschließt. Ein in der
Geschäftsfähigkeit beschränktes Kind, welches das vierzehnte Lebensjahr
vollendet hat, kann die Erklärung nur selbst abgeben; es bedarf hierzu der
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Die Erklärung ist gegenüber dem
Standesbeamten abzugeben; sie muß öffentlich beglaubigt werden.
Eine Änderung des Familiennamens der Mutter infolge
Eheschließung erstreckt sich nicht auf das Kind.
Ist der frühere Geburtsname zum Ehenamen des Kindes
geworden, so erstreckt sich die Namensänderung auf den Ehenamen nur dann, wenn
die Ehegatten die Erklärung nach Absatz 2 Satz 1 und 3 gemeinsam abgeben. Für
den Namen von Abkömmlingen des Kindes gelten Absatz 2 und Absatz 4 Satz 1 entsprechend.
§. 1618. Die Mutter und deren Ehemann können dem Kinde, das
einen Namen nach § 1617 führt und eine Ehe noch nicht eingegangen ist, ihren
Ehenamen, der Vater des Kindes seinen Familiennamen durch Erklärung gegenüber
dem Standesbeamten erteilen. Als Familienname gilt nicht der gemäß § 1355 Abs.
3 dem Ehenamen vorangestellte Name. Die Erteilung des Namens bedarf der
Einwilligung des Kindes und, wenn der Vater dem Kinde seinen Familiennamen
erteilt, auch der Einwilligung der Mutter.
Ein in der Geschäftsfähigkeit beschränktes Kind, welches das
vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, kann seine Einwilligung nur selbst
erteilen. Es bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Die Erklärungen nach Absatz 1 und 2 müssen öffentlich
beglaubigt werden.
Ändert sich der Familienname des Vaters, so gilt § 1617 Abs.
2 bis 4 entsprechend.
§. 1618a. Eltern und Kinder sind einander Beistand und
Rücksicht schuldig.
§. 1619. Das Kind ist, solange es dem elterlichen Hausstand
angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wird, verpflichtet, in
einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern
in ihrem Hauswesen und Geschäfte Dienste zu leisten.
§. 1620. Macht ein dem elterlichen Hausstand angehörendes
volljähriges Kind zur Bestreitung der Kosten des Haushalts aus seinem Vermögen
eine Aufwendung oder überläßt es den Eltern zu diesem Zwecke etwas aus seinem
Vermögen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht fehlt, Ersatz zu
verlangen.
§. 1621. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1622. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1623. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1624. Was einem Kinde mit Rücksicht auf seine
Verheirathung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur
Begründung oder zur Erhaltung der Wirthschaft oder der Lebensstellung von dem
Vater oder der Mutter zugewendet wird (Ausstattung), gilt, auch wenn eine
Verpflichtung nicht besteht, nur insoweit als Schenkung, als die Ausstattung
das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters oder der
Mutter, entsprechende Maß übersteigt.
Die Verpflichtung des Ausstattenden zur Gewährleistung wegen
eines Mangels im Rechte oder wegen eines Fehlers der Sache bestimmt sich, auch
soweit die Ausstattung nicht als Schenkung gilt, nach den für die
Gewährleistungspflicht des Schenkers geltenden Vorschriften.
§. 1625. Gewährt der Vater einem Kinde, dessen Vermögen
seiner elterlichen oder vormundschaftlichen Verwaltung unterliegt, eine
Ausstattung, so ist im Zweifel anzunehmen, daß er sie aus diesem Vermögen
gewährt. Diese Vorschrift findet auf die Mutter entsprechende Anwendung.
II. Elterliche Gewalt.
§. 1626. Der Vater und die Mutter haben das Recht und die
Pflicht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die
elterliche Sorge umfaßt die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und
das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).
Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die
wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem
verantwortungsbewußtem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach
dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und
streben Einvernehmen an.
§. 1627. Die Eltern haben die elterliche Gewalt in eigener
Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohle des Kindes auszuüben.
Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen.
§. 1628. Können sich die Eltern in einer einzelnen
Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen
Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht
einigen, so kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag eines Elternteils die
Entscheidung einem Elternteil übertragen, sofern dies dem Wohle des Kindes
entspricht. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden
werden.
Vor der Entscheidung soll das Vormundschaftsgericht darauf
hinwirken, daß sich die Eltern auf eine dem Wohl des Kindes entsprechende Regelung
einigen.
§. 1629. Die elterliche Sorge umfaßt die Vertretung des
Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine
Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber
einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die
elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 Abs. 1
übertragen ist.
Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht
vertreten, als nach § 1795 ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen
ist. Leben die Eltern getrennt oder ist eine Ehesache zwischen ihnen anhängig,
so kann, wenn eine Regelung der Sorge für die Person des Kindes noch nicht
getroffen ist, der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet,
Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen, Das
Vormundschaftsgericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1796 die Vertretung
entziehen.
Solange die Eltern getrennt leben oder eine Ehesache
zwischen ihnen anhängig ist, kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes
gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen. Eine von
einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern
geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind. 25
§. 1630. Die elterliche Sorge erstreckt sich nicht auf
Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist.
Steht die Personensorge oder die Vermögenssorge einem
Pfleger zu, so entscheidet das Vormundschaftsgericht, falls sich die Eltern und
der Pfleger in einer Angelegenheit nicht einigen können, die sowohl die Person
als auch das Vermögen des Kindes betrifft.
Geben die Eltern das Kind für längere Zeit in
Familienpflege, so kann auf ihren Antrag das Vormundschaftsgericht
Angelegenheiten der elterlichen Sorge auf die Pflegeperson übertragen. Soweit
das Vormundschaftsgericht eine Übertragung vornimmt, hat die Pflegeperson die
Rechte und Pflichten eines Pflegers.
§. 1631. Die Personensorge umfaßt insbesondere das Recht und
die Pflicht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen
Aufenthalt zu bestimmen.
Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind unzulässig.
Das Vormundschaftsgericht hat die Eltern auf Antrag bei der
Ausübung der Personensorge in geeigneten Fällen zu unterstützen.
§. 1631a. In Angelegenheiten der Ausbildung und des Berufes
nehmen die Eltern insbesondere auf Eignung und Neigung des Kindes Rücksicht.
Bestehen Zweifel, so soll der Rat eines Lehrers oder einer anderen geeigneten
Person eingeholt werden.
Nehmen die Eltern offensichtlich keine Rücksicht auf Eignung
und Neigung des Kindes und wird dadurch die Besorgnis begründet, daß die
Entwicklung des Kindes nachhaltig und schwer beeinträchtigt wird, so
entscheidet das Vormundschaftsgericht. Das Gericht kann erforderliche
Erklärungen der Eltern oder eines Elternteils ersetzen.
§. 1631b. Eine Unterbringung des Kindes, die mit
Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur
zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist
unverzüglich nachzuholen. Das Gericht hat die Genehmigung zurückzunehmen, wenn
das Wohl des Kindes die Unterbringung nicht mehr erfordert.
§. 1632. Die Personensorge umfaßt das Recht, die Herausgabe
des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil
widerrechtlich vorenthält.
Die Personensorge umfaßt ferner das Recht, den Umgang des
Kindes auch mit Wirkung für und gegen Dritte zu bestimmen.
Über Streitigkeiten, die eine Angelegenheit nach Absatz 1
oder 2 betreffen, entscheidet das Vormundschaftsgericht auf Antrag eines
Elternteils; verlangt ein Elternteil die Herausgabe des Kindes von dem anderen
Elternteil, so entscheidet hierüber das Familiengericht.
Lebt das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege und
wollen die Eltern das Kind von der Pflegeperson wegnehmen, so kann das
Vormundschaftsgericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen,
daß das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange für eine solche
Anordnung die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 Satz 1 insbesondere im Hinblick
auf Anlaß oder Dauer der Familienpflege gegeben sind.
§. 1633. Die Personensorge für einen Minderjährigen, der
verheiratet ist oder war, beschränkt sich auf die Vertretung in den
persönlichen Angelegenheiten.
§. 1634. Ein Elternteil, dem die Personensorge nicht
zusteht, behält die Befugnis zum persönlichen Umgang mit dem Kinde. Der
Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht, und der Personensorgeberechtigte
haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen
beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.
Das Familiengericht kann über den Umfang der Befugnis
entscheiden und ihre Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln; soweit es
keine Bestimmung trifft, übt während der Dauer des Umgangs der nicht
personensorgeberechtigte Elternteil das Recht nach § 1632 Abs. 2 aus. Das
Familiengericht kann die Befugnis einschränken oder ausschließen, wenn dies zum
Wohle des Kindes erforderlich ist.
Ein Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht, kann
bei berechtigtem Interesse vom Personensorgeberechtigten Auskunft über die
persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit ihre Erteilung mit dem
Wohle des Kindes vereinbar ist. Über Streitigkeiten, die das Recht auf Auskunft
betreffen, entscheidet das Vormundschaftsgericht.
Steht beiden Eltern die Personensorge zu und leben sie nicht
nur vorübergehend getrennt, so gelten die vorstehenden Vorschriften
entsprechend.
§. 1635. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1636. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1637. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1638. Die Vermögenssorge erstreckt sich nicht auf das
Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt oder welches ihm unter
Lebenden unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige
Verfügung, der Zuwendende bei der Zuwendung bestimmt hat, daß die Eltern das
Vermögen nicht verwalten sollen.
Was das Kind auf Grund eines zu einem solchen Vermögen
gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder
Entziehung eines zu dem Vermögen gehörenden Gegenstandes oder durch ein
Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vermögen bezieht, können die Eltern
gleichfalls nicht verwalten.
Ist durch letztwillige Verfügung oder bei der Zuwendung
bestimmt, daß ein Elternteil das Vermögen nicht verwalten soll, so verwaltet es
der andere Elternteil. Insoweit vertritt dieser das Kind.
§. 1639. Was das Kind von Todes wegen erwirbt oder was ihm
unter Lebenden unentgeltlich zugewendet wird, haben die Eltern nach den
Anordnungen zu verwalten, die durch letztwillige Verfügung oder bei der
Zuwendung getroffen worden sind. Kommen die Eltern den Anordnungen nicht nach,
so hat das Vormundschaftsgericht die erforderlichen Maßregeln zu treffen.
Die Eltern dürfen von den Anordnungen insoweit abweichen,
als es nach § 1803 Abs. 2, 3 einem Vormunde gestattet ist.
§. 1640. Die Eltern haben das ihrer Verwaltung unterliegende
Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt, zu verzeichnen, das
Verzeichnis mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu
versehen und dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Gleiches gilt für
Vermögen, welches das Kind sonst anläßlich eines Sterbefalles erwirbt, sowie
für Abfindungen, die anstelle von Unterhalt gewährt werden, und unentgeltliche
Zuwendungen. Bei Haushaltsgegenständen genügt die Angabe des Gesamtwertes.
Absatz 1 gilt nicht,
1. wenn der Wert eines Vermögenserwerbes 10000 Deutsche Mark
nicht übersteigt oder
2. soweit der Erblasser durch letztwillige Verfügung oder
der Zuwendende bei der Zuwendung eine abweichende Anordnung getroffen hat.
Reichen die Eltern entgegen Absatz 1, 2 ein Verzeichnis
nicht ein oder ist das eingereichte Verzeichnis ungenügend, so kann das
Vormundschaftsgericht anordnen, daß das Verzeichnis durch eine zuständige
Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
Verspricht eine Anordnung nach Absatz 3 keinen Erfolg, so
kann das Vormundschaftsgericht dem Elternteil, der die ihm gemäß Absatz 1, 2
obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt hat, die Vermögenssorge entziehen.
§. 1641. Die Eltern können nicht in Vertretung des Kindes
Schenkungen machen. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen
Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§. 1642. Die Eltern haben das ihrer Verwaltung unterliegende
Geld des Kindes nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung
anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten ist.
§. 1643. Zu Rechtsgeschäften für das Kind bedürfen die
Eltern der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts in den Fällen, in denen nach
§ 1821 und nach § 1822 Nr. 1, 3, 5, 8 bis 11 ein Vormund der Genehmigung
bedarf.
Das gleiche gilt für die Ausschlagung einer Erbschaft oder
eines Vermächtnisses sowie für den Verzicht auf einen Pflichtteil. Tritt der
Anfall an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils ein, der das
Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil vertritt, so ist die
Genehmigung nur erforderlich, wenn dieser neben dem Kinde berufen war.
Die Vorschriften der §§ 1825, 1828 bis 1831 sind
entsprechend anzuwenden.
§. 1644. Die Eltern können Gegenstände, die sie nur mit
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts veräußern dürfen, dem Kinde nicht ohne
diese Genehmigung zur Erfüllung eines von dem Kinde geschlossenen Vertrages
oder zu freier Verfügung überlassen.
§. 1645. Die Eltern sollen nicht ohne Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Kindes beginnen.
§. 1646. Erwerben die Eltern mit Mitteln des Kindes
bewegliche Sachen, so geht mit dem Erwerb das Eigentum auf das Kind über, es
sei denn, daß die Eltern nicht für Rechnung des Kindes erwerben wollen. Dies
gilt insbesondere auch von Inhaberpapieren und von Orderpapieren, die mit
Blankoindossament versehen sind.
Die Vorschriften des Absatzes 1 sind entsprechend
anzuwenden, wenn die Eltern mit Mitteln des Kindes ein Recht an Sachen der
bezeichneten Art oder ein anderes Recht erwerben, zu dessen Übertragung der
Abtretungsvertrag genügt.
§. 1647. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1648. Machen die Eltern bei der Ausübung der
Personensorge oder der Vermögenssorge Aufwendungen, die sie den Umständen nach
für erforderlich halten dürfen, so können sie von dem Kinde Ersatz verlangen,
sofern nicht die Aufwendungen ihnen selbst zur Last fallen.
§. 1649. Die Einkünfte des Kindesvermögens, die zur
ordnungsmäßigen Verwaltung des Vermögens nicht benötigt werden, sind für den
Unterhalt des Kindes zu verwenden. Soweit die Vermögenseinkünfte nicht ausreichen,
können die Einkünfte verwendet werden, die das Kind durch seine Arbeit oder
durch den ihm nach § 112 gestatteten selbständigen Betrieb eines
Erwerbsgeschäfts erwirbt.
Die Eltern können die Einkünfte des Vermögens, die zur
ordnungsmäßigen Verwaltung des Vermögens und für den Unterhalt des Kindes nicht
benötigt werden, für ihren eigenen Unterhalt und für den Unterhalt der
minderjährigen unverheirateten Geschwister des Kindes verwenden, soweit dies
unter Berücksichtigung der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Beteiligten
der Billigkeit entspricht. Diese Befugnis erlischt mit der Eheschließung des
Kindes.
§. 1650. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1651. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1652. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1653. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1654. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1655. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1656. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1657. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1658. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1659. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1660. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1661. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1662. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1663. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1664. Die Eltern haben bei der Ausübung der elterlichen
Gewalt dem Kinde gegenüber nur für die Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen
Angelegenheiten anzuwenden pflegen.
Sind für einen Schaden beide Eltern verantwortlich, so
haften sie als Gesamtschuldner.
§. 1665. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1666. Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl
des Kindes durch mißbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch
Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder
durch das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Vormundschaftsgericht,
wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr
abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Das Gericht kann auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
Das Gericht kann Erklärungen der Eltern oder eines
Elternteils ersetzen.
Das Gericht kann einem Elternteil auch die Vermögenssorge
entziehen, wenn er das Recht des Kindes auf Gewährung des Unterhalts verletzt
hat und für die Zukunft eine Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist.
§. 1666a. Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von
der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht
auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann.
Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn
andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, daß sie zur
Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.
§. 1667. Wird das Vermögen des Kindes dadurch gefährdet, daß
der Vater oder die Mutter die mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten
verletzt oder zu verletzen droht oder in Vermögensverfall gerät, so hat das
Vormundschaftsgericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu
treffen.
Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Eltern ein
Verzeichnis des Vermögens des Kindes einreichen und über die Verwaltung
Rechnung legen. Die Eltern haben das Verzeichnis mit der Versicherung der
Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen. Ist das eingereichte Verzeichnis
ungenügend, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen, daß das Verzeichnis
durch eine zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar
aufgenommen wird.
Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß das Geld des
Kindes in bestimmter Weise anzulegen und daß zur Abhebung seine Genehmigung
erforderlich ist. Gehören Wertpapiere, Kostbarkeiten oder Buchforderungen gegen
den Bund oder ein Land zum Vermögen des Kindes, so kann das
Vormundschaftsgericht dem Elternteil, der das Kind vertritt, die gleichen
Verpflichtungen auferlegen, die nach §§ 1814 bis 1816, 1818 einem Vormund
obliegen; die §§ 1819, 1820 sind entsprechend anzuwenden.
Das Vormundschaftsgericht kann dem Elternteil, der das
Vermögen des Kindes gefährdet, Sicherheitsleistung für das seiner Verwaltung
unterliegende Vermögen auferlegen. Die Art und den Umfang der
Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach seinem Ermessen.
Bei der Bestellung und Aufhebung der Sicherheit wird die Mitwirkung des Kindes
durch die Anordnung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Die Sicherheitsleistung
darf nur durch Maßnahmen nach Absatz 5 erzwungen werden.
Das Vormundschaftsgericht kann dem Elternteil, der das
Vermögen des Kindes gefährdet, die Vermögenssorge ganz oder teilweise
entziehen, wenn dies erforderlich ist, um eine Gefährdung des Kindesvermögens
durch diesen Elternteil abzuwenden.
Die Kosten der angeordneten Maßnahmen trägt der Elternteil,
der sie veranlaßt hat.
§. 1668. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, Bundesgesetzblatt I 1986, S. 301, Nr. 9,
ausgegeben am 27. 02. 1986, in Kraft seit 01. 04. 1986.
§. 1669. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 18, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1670. Die Vermögenssorge eines Elternteils endet mit der
Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen; beantragt der Elternteil
selbst die Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen, so endet seine
Vermögenssorge bereits mit der Stellung des Konkursantrages.
Wird das Konkursverfahren beendet oder wird der
Eröffnungsantrag des Elternteils abgewiesen, so hat das Vormundschaftsgericht
dem Elternteil die Vermögenssorge wieder zu übertragen, soweit dies den
Vermögensinteressen des Kindes nicht widerspricht.
§. 1671. Wird die Ehe der Eltern geschieden, so bestimmt das
Familiengericht, welchem Elternteil die elterliche Sorge für ein
gemeinschaftliches Kind zustehen soll.
Das Gericht trifft die Regelung, die dem Wohle des Kindes am
besten entspricht; hierbei sind die Bindungen des Kindes, insbesondere an seine
Eltern und Geschwister, zu berücksichtigen.
Von einem übereinstimmenden Vorschlag der Eltern soll das
Gericht nur abweichen, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Macht
ein Kind, welches das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, einen abweichenden
Vorschlag, so entscheidet das Gericht nach Absatz 2.
Die elterliche Sorge ist einem Elternteil allein zu
übertragen. Erfordern es die Vermögensinteressen des Kindes, so kann die
Vermögenssorge ganz oder teilweise dem anderen Elternteil übertragen werden.
Das Gericht kann die Personensorge und die Vermögenssorge
einem Vormund oder Pfleger übertragen, wenn dies erforderlich ist, um eine
Gefahr für das Wohl des Kindes abzuwenden. Es soll dem Kind für die
Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen einen Pfleger bestellen, wenn dies zum
Wohle des Kindes erforderlich ist.
Die vorstehenden Vorschriften gelten entsprechend, wenn die
Ehe der Eltern für nichtig erklärt worden ist. 22
§. 1672. Leben die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt,
so gilt § 1671 Abs. 1 bis 5 entsprechend. Das Gericht entscheidet auf Antrag
eines Elternteils; es entscheidet von Amts wegen, wenn andernfalls das Wohl des
Kindes gefährdet wäre und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind,
die Gefahr abzuwenden.
§. 1673. Die elterliche Gewalt eines Elternteils ruht, wenn
er geschäftsunfähig ist.
Das gleiche gilt, wenn er in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt ist oder wenn er nach § 1910 Abs. 1 einen Pfleger für seine Person
und sein Vermögen erhalten hat. Die Personensorge für das Kind steht ihm neben
dem gesetzlichen Vertreter des Kindes zu; zur Vertretung des Kindes ist er
nicht berechtigt. Bei einer Meinungsverschiedenheit geht die Meinung des gesetzlichen
Vertreters vor, es sei denn, daß die elterliche Sorge wegen Minderjährigkeit
ruht. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund oder Pfleger, so geht die
Meinung des minderjährigen Elternteils vor; andernfalls gelten § 1627 Satz 2
und § 1628.
§. 1674. Die elterliche Gewalt eines Elternteils ruht, wenn
das Vormundschaftsgericht feststellt, daß er auf längere Zeit die elterliche
Gewalt tatsächlich nicht ausüben kann.
Die elterliche Gewalt lebt wieder auf, wenn das
Vormundschaftsgericht feststellt, daß der Grund des Ruhens nicht mehr besteht.
§. 1675. Solange die elterliche Gewalt ruht, ist ein
Elternteil nicht berechtigt, sie auszuüben.
§. 1676. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 23,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1677. Die elterliche Gewalt eines Elternteils endet, wenn
er für tot erklärt oder seine Todeszeit nach den Vorschriften des
Verschollenheitsgesetzes festgestellt wird, mit dem Zeitpunkt, der als
Zeitpunkt des Todes gilt.
§. 1678. Ist ein Elternteil tatsächlich verhindert, die
elterliche Gewalt auszuüben, oder ruht seine elterliche Gewalt, so übt der
andere Teil die elterliche Gewalt allein aus; dies gilt nicht, wenn die
elterliche Gewalt dem Elternteil nach den §§ 1671, 1672 übertragen war.
Ruht die elterliche Sorge des Elternteils, dem sie nach den
§§ 1671, 1672 übertragen war, und besteht keine Aussicht, daß der Grund des
Ruhens wegfallen werde, so hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem
anderen Elternteil zu übertragen, es sei denn, daß dies dem Wohle des Kindes
widerspricht.
§. 1679. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1680. Wird die gesamte elterliche Sorge, die
Personensorge oder die Vermögenssorge einem Elternteil entzogen, so übt der
andere Elternteil die Sorge allein aus. Das Vormundschaftsgericht trifft eine
abweichende Entscheidung, wenn dies das Wohl des Kindes erfordert. Endet die
Vermögenssorge eines Elternteils nach § 1670, so hat das Vormundschaftsgericht
anzuordnen, daß dem anderen Elternteil die Vermögenssorge allein zusteht, es
sei denn, daß dies den Vermögensinteressen des Kindes widerspricht. Vor der
Entscheidung des Vormundschaftsgerichts kann der andere Elternteil die
Vermögenssorge nicht ausüben.
Wird die gesamte elterliche Sorge, die Personensorge oder
die Vermögenssorge dem Elternteil entzogen, dem sie nach den §§ 1671, 1672
übertragen war, oder endet seine Vermögenssorge nach § 1670, so hat das
Vormundschaftsgericht sie dem anderen Elternteil zu übertragen, es sei denn,
daß dies dem Wohle des Kindes widerspricht. Andernfalls bestellt es einen
Vormund oder Pfleger.
§. 1681. Ist ein Elternteil gestorben, so steht die
elterliche Gewalt dem anderen Teil allein zu. War der verstorbene Elternteil
nach den §§ 1671, 1672 sorgeberechtigt, so hat das Vormundschaftsgericht die
elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu übertragen, es sei denn, daß
dies dem Wohle des Kindes widerspricht. Eine Vormundschaft oder Pflegschaft
nach § 1671 Abs. 5 oder nach § 1672 Satz 1 in Verbindung mit § 1671 Abs. 5
bleibt bestehen, bis sie vom Gericht aufgehoben wird.
Das gleiche gilt, wenn die elterliche Gewalt eines
Elternteils endet, weil er für tot erklärt oder seine Todeszeit nach den
Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt worden ist. Lebt dieser
Elternteil noch, so erlangt er die elterliche Gewalt dadurch wieder, daß er dem
Vormundschaftsgericht gegenüber erklärt, er wolle sie wieder ausüben. Ist seine Ehe durch Wiederverheiratung
seines Ehegatten aufgelöst, so gilt § 1671 Abs. 1 bis 5 entsprechend.
§. 1682. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 28,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1683. Sind die Eltern des Kindes nicht oder nicht mehr
miteinander verheiratet und will der Elternteil, dem die Vermögenssorge
zusteht, die Ehe mit einem Dritten schließen, so hat er dies dem
Vormundschaftsgericht anzuzeigen, auf seine Kosten ein Verzeichnis des
Kindesvermögens einzureichen und, soweit eine Vermögensgemeinschaft zwischen
ihm und dem Kinde besteht, die Auseinandersetzung herbeizuführen.
Das Vormundschaftsgericht kann gestatten, daß die
Auseinandersetzung erst nach der Eheschließung vorgenommen wird.
Das Vormundschaftsgericht kann ferner gestatten, daß die
Auseinandersetzung ganz oder teilweise unterbleibt, wenn dies den
Vermögensinteressen des Kindes nicht widerspricht.
Erfüllt der Elternteil die ihm nach den vorstehenden
Vorschriften obliegenden Verpflichtungen nicht, so kann ihm das
Vormundschaftsgericht die Vermögenssorge entziehen.
§. 1684. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 30,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1685. Das Vormundschaftsgericht hat dem Elternteil, dem
die elterliche Sorge, die Personensorge oder die Vermögenssorge allein zusteht,
auf seinen Antrag einen Beistand zu bestellen.
Der Beistand kann für alle Angelegenheiten, für gewisse
Arten von Angelegenheiten oder für einzelne Angelegenheiten bestellt werden.
§. 1686. Der Beistand hat innerhalb seines Wirkungskreises
den Vater oder die Mutter bei der Ausübung der elterlichen Gewalt zu
unterstützen.
§. 1687. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 23,
Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft
seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1688. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 23,
Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft
seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1689. Ist ein Vermögensverzeichnis einzureichen, so ist
bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Beistand zuzuziehen; das Verzeichnis
ist auch von dem Beistande mit der Versicherung der Richtigkeit und
Vollständigkeit zu versehen. Ist das Verzeichnis ungenügend, so kann, sofern
nicht die Voraussetzungen des § 1667 vorliegen, das Vormundschaftsgericht
anordnen, daß das Verzeichnis durch eine zuständige Behörde oder einen
zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
§. 1690. Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des
Vaters oder der Mutter dem Beistande die Geltendmachung von
Unterhaltsansprüchen und die Vermögenssorge übertragen; die Vermögenssorge kann
auch teilweise übertragen werden.
Der Beistand hat, soweit das Vormundschaftsgericht eine
Übertragung vornimmt, die Rechte und Pflichten eines Pflegers. Er soll in diesen Angelegenheiten mit dem
Elternteil, dem er bestellt ist, Fühlung nehmen.
§. 1691. Für die Bestellung und Beaufsichtigung des
Beistandes, für seine Haftung und seine Ansprüche, für die ihm zu bewilligende
Vergütung und für die Beendigung seines Amtes gelten die gleichen Vorschriften
wie bei dem Gegenvormund.
Das Amt des Beistandes endet auch dann, wenn die elterliche
Gewalt des Elternteils, dem der Beistand bestellt ist, ruht.
§. 1692. Das Vormundschaftsgericht soll die Bestellung des
Beistandes und die Übertragung der Vermögenssorge auf den Beistand nur mit
Zustimmung des Elternteils, dem der Beistand bestellt ist, aufheben.
§. 1693. Sind die Eltern verhindert, die elterliche Gewalt
auszuüben, so hat das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Kindes
erforderlichen Maßregeln zu treffen.
§. 1694. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1695. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 36,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1696. Das
Vormundschaftsgericht und das Familiengericht können während der Dauer der
elterlichen Gewalt ihre Anordnungen jederzeit ändern, wenn sie dies im
Interesse des Kindes für angezeigt halten.
Maßnahmen nach den §§ 1666 bis 1667 und nach § 1671 Abs. 5
sind aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht.
Länger dauernde Maßnahmen nach den §§ 1666 bis 1667 und nach
§ 1671 Abs. 5 hat das Gericht in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen.
§. 1697. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 34, Bundesgesetzblatt I 1976, S. 1421, Nr. 67,
ausgegeben am 15. 06. 1976, in Kraft seit 01. 07. 1976 – 1. EheRG.
§. 1698. Endet oder ruht die elterliche Gewalt der Eltern
oder hört aus einem anderen Grunde ihre Vermögenssorge auf, so haben sie dem
Kinde das Vermögen herauszugeben und auf Verlangen über die Verwaltung
Rechenschaft abzulegen.
Über die Nutzungen des Kindesvermögens brauchen die Eltern
nur insoweit Rechenschaft abzulegen, als Grund zu der Annahme besteht, daß sie
die Nutzungen entgegen den Vorschriften des § 1649 verwendet haben.
§. 1698a. Die Eltern dürfen die mit der Personensorge und
mit der Vermögenssorge für das Kind verbundenen Geschäfte fortführen, bis sie
von der Beendigung der elterlichen Sorge Kenntnis erlangen oder sie kennen
müssen. Ein Dritter kann sich auf diese Befugnis nicht berufen, wenn er bei der
Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Beendigung kennt oder kennen muß.
Diese Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn die
elterliche Sorge ruht.
§. 1698b. Endet die elterliche Gewalt durch den Tod des
Kindes, so haben die Eltern die Geschäfte, die nicht ohne Gefahr aufgeschoben
werden können, zu besorgen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann.
Fünfter Titel.
Rechtliche Stellung der Kinder aus nichtigen Ehen.
§. 1699. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1700. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1701. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1702. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1703. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1704. Anm.:
Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807, Nr. 106, ausgegeben am
08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
Sechster Titel
Elterliche Gewalt
über nichteheliche Kinder
§. 1705. Das
nichteheliche Kind steht, solange es minderjährig ist, unter der elterlichen
Gewalt der Mutter. Die Vorschriften über die elterliche Gewalt über eheliche
Kinder gelten im Verhältnis zwischen dem nichtehelichen Kinde und seiner Mutter
entsprechend, soweit sich nicht aus den Vorschriften dieses Titels ein anderes
ergibt.
§. 1706. Das Kind
erhält, sofern es nicht eines Vormunds bedarf, für die Wahrnehmung der
folgenden Angelegenheiten einen Pfleger:
1. für die
Feststellung der Vaterschaft und alle sonstigen Angelegenheiten, die die
Feststellung oder Änderung des Eltern-Kindes-Verhältnisses oder des
Familiennamens des Kindes betreffen,
2. für die
Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen einschließlich der Ansprüche auf eine
an Stelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung sowie die Verfügung über diese
Ansprüche; ist das Kind bei einem Dritten entgeltlich in Pflege, so ist der
Pfleger berechtigt, aus dem vom Unterhaltspflichtigen Geleisteten den Dritten
zu befriedigen,
3. die Regelung
von Erb- und Pflichtteilsrechten, die dem Kind im Falle des Todes des Vaters
und seiner Verwandten zustehen.
§. 1707. Auf
Antrag der Mutter hat das Vormundschaftsgericht
1. anzuordnen,
daß die Pflegschaft nicht eintritt,
2. die
Pflegschaft aufzuheben oder
3. den
Wirkungskreis des Pflegers zu beschränken.
Dem Antrag ist zu
entsprechen, wenn die beantragte Anordnung dem Wohle des Kindes nicht
widerspricht. Das Vormundschaftsgericht kann seine Entscheidung ändern, wenn
dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist.
§. 1708. Schon
vor der Geburt des Kindes kann das Vormundschaftsgericht zur Wahrnehmung der in
§ 1706 genannten Angelegenheiten einen Pfleger bestellen. Die Bestellung wird
mit der Geburt des Kindes wirksam.
§. 1709. Mit
der Geburt eines nichtehelichen Kindes wird das Jugendamt Pfleger für die
Wahrnehmung der in § 1706 bezeichneten Angelegenheiten, wenn das Kind seinen
gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat und nach § 1705
unter der elterlichen Sorge der Mutter steht. Dies gilt nicht, wenn bereits vor
der Geburt des Kindes ein Pfleger bestellt oder angeordnet ist, daß eine
Pflegschaft nicht eintritt, oder wenn das Kind eines Vormunds bedarf. § 1791c
Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 gilt entsprechend.
Für ein nichteheliches Kind, das außerhalb des
Geltungsbereichs dieses Gesetzes geboren ist, tritt die gesetzliche Pflegschaft
erst zu dem Zeitpunkt ein, zu dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt im
Geltungsbereich dieses Gesetzes nimmt. Die gesetzliche Pflegschaft tritt nicht
ein, wenn im Geltungsbereich oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses
Gesetzes bereits eine Pflegschaft oder eine Vormundschaft besteht.
§. 1710. Steht
ein nichteheliches Kind unter Vormundschaft und endet die Vormundschaft kraft
Gesetzes, so wird der bisherige Vormund Pfleger nach § 1706, sofern die
Voraussetzungen für die Pflegschaft vorliegen.
§. 1711. Derjenige,
dem die Personensorge für das Kind zusteht, bestimmt den Umgang des Kindes mit
dem Vater. § 1634 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
Wenn ein persönlicher Umgang mit dem Vater dem Wohle des
Kindes dient, kann das Vormundschaftsgericht entscheiden, daß dem Vater die Befugnis
zum persönlichen Umgang zusteht. § 1634 Abs. 2 gilt entsprechend. Das
Vormundschaftsgericht kann seine Entscheidung jederzeit ändern.
Die Befugnis, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse
des Kindes zu verlangen, bestimmt § 1634 Abs. 3.
In geeigneten Fällen soll das Jugendamt zwischen dem Vater
und dem Sorgeberechtigten vermitteln.
§. 1712. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 41, Bundesgesetzblatt I 1979, S.
1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1713. Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am
22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1714. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1715. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1716. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1717. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1718. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
Siebenter Titel.
Legitimation unehelicher Kinder.
I. Legitimation durch nachfolgende Ehe.
§. 1719. Ein
nichteheliches Kind wird ehelich, wenn sich der Vater mit der Mutter
verheiratet; dies gilt auch, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird. Wird das
Kind vor der Eheschließung als Minderjähriger oder nach § 1772 von einer
anderen Person als seinem Vater oder seiner Mutter als Kind angenommen, so
treten die in Satz 1 bestimmten Wirkungen erst ein, wenn das Annahmeverhältnis
aufgehoben wird und das Verwandtschaftsverhältnis und die sich aus ihm
ergebenden Rechte und Pflichten des Kindes zu seinen leiblichen Eltern wieder
aufleben.
§. 1720. Der nach
§ 1355 von den Eltern zu führende Ehename erstreckt sich auf den Geburtsnamen
eines Abkömmlings, welcher das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, nur dann,
wenn er sich der Namensänderung durch Erklärung anschließt. Ist der frühere
Geburtsname zum Ehenamen eines Abkömmlings geworden, so erstreckt sich die
Namensänderung auf den Ehenamen nur dann, wenn die Ehegatten die Erklärung nach
Satz 1 gemeinsam abgeben. § 1617 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
§. 1721. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 26, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1722. Die Eheschließung zwischen den Eltern hat für die
Abkömmlinge des unehelichen Kindes die Wirkungen der Legitimation auch dann,
wenn das Kind vor der Eheschließung gestorben ist.
II.
Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters
§. 1723. Ein
nichteheliches Kind ist auf Antrag seines Vaters vom Vormundschaftsgericht für
ehelich zu erklären, wenn die Ehelicherklärung dem Wohle des Kindes entspricht
und ihr keine schwerwiegenden Gründe entgegenstehen.
§. 1724. Die Ehelicherklärung kann nicht unter einer
Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
§. 1725. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 30, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1726. Zur Ehelicherklärung ist die Einwilligung des
Kindes und, wenn das Kind minderjährig ist, die Einwilligung der Mutter
erforderlich. Ist der Vater verheirathet, so bedarf er auch der Einwilligung
seiner Frau.
Die Einwilligung ist dem Vater oder dem
Vormundschaftsgericht gegenüber zu erklären; sie ist unwiderruflich.
Die Einwilligung der Mutter ist nicht erforderlich, wenn die
Mutter zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt
dauernd unbekannt ist. Das Gleiche gilt von der Einwilligung der Frau des
Vaters.
§. 1727. Das
Vormundschaftsgericht hat auf Antrag des Kindes die Einwilligung der Mutter zu ersetzen,
wenn die Ehelicherklärung aus schwerwiegenden Gründen zum Wohle des Kindes
erforderlich ist.
Das
Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des Kindes die Einwilligung der Ehefrau
des Vaters ersetzen, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben
ist. Die Einwilligung darf nicht ersetzt werden, wenn berechtigte Interessen
der Ehefrau und der Familie der Ehelicherklärung entgegenstehen.
§. 1728. Der
Antrag auf Ehelicherklärung kann nicht durch einen Vertreter gestellt, die
Einwilligung der Mutter des Kindes und der Ehefrau des Vaters nicht durch einen
Vertreter erteilt werden.
Ist der Vater in
der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu dem Antrag, außer der
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Ist die Mutter
des Kindes oder die Ehefrau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so
ist zur Erteilung ihrer Einwilligung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters
nicht erforderlich.
§. 1729. Für ein
Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre alt ist, kann nur
sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung erteilen. Im übrigen kann das Kind
die Einwilligung nur selbst erteilen; es bedarf hierzu, falls es in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, der Zustimmung seines gesetzlichen
Vertreters.
§. 1730. Der Antrag sowie die Einwilligungserklärung der im
§. 1726 bezeichneten Personen bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 1731. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1732. Anm.:
Aufgehoben durch § 22, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 380, Nr. 55, ausgegeben am
13. 04. 1938, in Kraft seit 14. 04. 1938.
§. 1733. Die Ehelicherklärung kann nicht nach dem Tode des
Kindes erfolgen.
Nach dem Tode des Vaters ist die Ehelicherklärung zur
zulässig, wenn der Vater den Antrag beim Vormundschaftsgericht eingereicht oder
bei oder nach der Beurkundung des Antrags den Notar mit der Einreichung betraut
hat.
Die nach dem Tode des Vaters erfolgte Ehelichkeitserklärung
hat die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode des Vaters erfolgt wäre.
§. 1734. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1735. Auf die
Wirksamkeit der Ehelicherklärung ist es ohne Einfluß, wenn mit Unrecht
angenommen worden ist, daß ihre gesetzlichen Voraussetzungen vorlagen. Die
Ehelicherklärung ist jedoch unwirksam, wenn durch rechtskräftige gerichtliche
Entscheidung festgestellt worden ist, daß der Mann nicht der Vater des Kindes
ist.
§. 1735a. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1736. Durch die Ehelicherklärung erlangt das Kind die
rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes.
§. 1737. Das Kind
erhält den Familiennamen des Vaters. Als Familienname gilt nicht der gemäß §
1355 Abs. 3 dem Ehenamen vorangestellte Name. Ändert sich der Familienname des
Vaters, so gilt § 1617 Abs. 2 bis 4 entsprechend.
§. 1738. Mit der
Ehelicherklärung verliert die Mutter das Recht und die Pflicht, die elterliche
Gewalt auszuüben,
Das
Vormundschaftsgericht kann der Mutter die Ausübung der elterlichen Gewalt
zurückübertragen, wenn die elterliche Gewalt des Vaters endigt oder ruht oder
wenn dem Vater die Sorge für die Person des Kindes entzogen ist.
§. 1739. Der Vater ist dem Kinde und dessen Abkömmlingen vor
der Mutter und den mütterlichen Verwandten zur Gewährung des Unterhalts
verpflichtet.
§. 1740. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 37, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80,
ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
III.
Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes
§. 1740a. Ein
nichteheliches Kind ist auf seinen Antrag vom Vormundschaftsgericht für ehelich
zu erklären, wenn die Eltern des Kindes verlobt waren und das Verlöbnis durch
Tod eines Elternteils aufgelöst worden ist. Die Ehelicherklärung ist zu
versagen, wenn sie nicht dem Wohle des Kindes entspricht.
Die Vorschriften
des § 1724, des § 1730, des § 1733 Abs. 1, 3 und des § 1735 gelten
entsprechend.
§. 1740b. Zur
Ehelicherklärung ist die Einwilligung des überlebenden Elternteils
erforderlich. Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn der überlebende
Elternteil zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt
dauernd unbekannt ist.
Die Einwilligung
ist dem Kinde oder dem Vormundschaftsgericht gegenüber zu erklären; sie ist
unwiderruflich.
Die Einwilligung
kann nicht durch einen Vertreter erteilt werden. Ist der überlebende Elternteil
in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zur Erteilung seiner Einwilligung
die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich.
§. 1740c. Für ein
Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre alt ist, kann nur
sein gesetzlicher Vertreter den Antrag stellen. Im übrigen kann das Kind den
Antrag nur selbst stellen; es bedarf hierzu, falls es in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt ist, der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
§. 1740d. Das
Vormundschaftsgericht hat vor der Ehelicherklärung die Eltern des Verstorbenen
und, falls der Vater des Kindes gestorben ist, auch die ehelichen Kinder des
Vaters zu hören; es darf von der Anhörung einer Person nur absehen, wenn sie
zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder ihr Aufenthalt dauernd
unbekannt ist. War der Verstorbene nichtehelich, so braucht sein Vater nicht
gehört zu werden.
§. 1740e. Nach
dem Tode des Vaters kann das Kind den Antrag auf Ehelicherklärung nur binnen Jahresfrist
stellen. Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes und, falls die
Vaterschaft nicht anerkannt ist, nicht vor ihrer rechtskräftigen Feststellung.
Auf den Lauf der Frist sind die für die Verjährung geltenden Vorschriften der
§§ 203, 206 entsprechend anzuwenden.
War beim Tode des
Vaters die Vaterschaft weder anerkannt noch rechtskräftig festgestellt und auch
kein gerichtliches Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft anhängig, so kann
das Kind den Antrag auf Ehelicherklärung nur stellen, wenn es die Feststellung
der Vaterschaft binnen der Frist des § 1934c Abs. 1 Satz 2 begehrt hat.
§. 1740f. Das auf
seinen Antrag für ehelich erklärte Kind steht einem Kinde gleich, das durch
Eheschließung seiner Eltern ehelich geworden ist.
Das Kind erhält
den Familiennamen des überlebenden Elternteils. Das Vormundschaftsgericht hat
dem Kind auf seinen Antrag mit Zustimmung des überlebenden Elternteils den
Familiennamen des verstorbenen Elternteils zu erteilen. Als Familienname gilt
nicht der gemäß § 1355 Abs. 3 dem Ehenamen vorangestellte Name. Der Antrag kann
nur in dem Verfahren über den Antrag auf Ehelicherklärung gestellt werden.
Führt das Kind
den Familiennamen des überlebenden Elternteils und ändert sich dieser Name, so
gilt § 1617 Abs. 2 bis 4 entsprechend.
§. 1740g. Im
Falle des § 1740f Abs. 2 Satz 2 bis 4 hat das Vormundschaftsgericht dem
überlebenden Elternteil auf dessen Antrag den Familiennamen des Kindes zu
erteilen. Die Erteilung ist ausgeschlossen, wenn der überlebende Elternteil
nach dem Tode des anderen Elternteils eine Ehe eingegangen ist.
Achter Titel. Annahme als Kind
I. Annahme Minderjähriger
§. 1741. Die
Annahme als Kind ist zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu
erwarten ist, daß zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis
entsteht.
Ein Ehepaar kann
ein Kind gemeinschaftlich annehmen. Ein Ehegatte kann sein nichteheliches Kind
oder ein Kind seines Ehegatten allein annehmen. Er kann ein Kind auch dann
allein annehmen, wenn der andere Ehegatte ein Kind nicht annehmen kann, weil er
geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeil beschränkt ist.
Wer nicht
verheiratet ist, kann ein Kind allein annehmen. Der Vater oder die Mutter eines
nichtehelichen Kindes kann das Kind annehmen.
§. 1742. Ein
angenommenes Kind kann, solange das Annahmeverhältnis besteht, bei Lebzeiten
eines Annehmenden nur von dessen Ehegatten angenommen werden.
§. 1743. Bei der
Annahme durch ein Ehepaar muß ein Ehegatte das fünfundzwanzigste Lebensjahr,
der andere Ehegatte das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben.
Wer ein Kind
allein annehmen will, muß das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben.
Wer sein
nichteheliches Kind oder ein Kind seines Ehegatten annehmen will, muß das
einundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben.
Der Annehmende
muß unbeschränkt geschäftsfähig sein.
§. 1744. Die
Annahme soll in der Regel erst ausgesprochen werden, wenn der Annehmende das
Kind eine angemessene Zeit in Pflege gehabt hat.
§. 1745. Die
Annahme darf nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der
Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden entgegenstehen oder wenn zu
befürchten ist, daß Interessen des Anzunehmenden durch Kinder des Annehmenden
gefährdet werden. Vermögensrechtliche Interessen sollen nicht ausschlaggebend
sein.
§. 1746. Zur
Annahme ist die Einwilligung des Kindes erforderlich. Für ein Kind, das
geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre alt ist, kann nur sein
gesetzlicher Vertreter die Einwilligung erteilen. Im übrigen kann das Kind die
Einwilligung nur selbst erteilen; es bedarf hierzu der Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters. Die Einwilligung bedarf bei unterschiedlicher
Staatsangehörigkeit des Annehmenden und des Kindes der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts.
Hat das Kind das
vierzehnte Lebensjahr vollendet und ist es nicht geschäftsunfähig, so kann es
die Einwilligung bis zum Wirksamwerden des Ausspruchs der Annahme gegenüber dem
Vormundschaftsgericht widerrufen. Der Widerruf bedarf der öffentlichen
Beurkundung. Eine Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ist nicht
erforderlich.
Verweigert der
Vormund oder Pfleger die Einwilligung oder Zustimmung ohne triftigen Grund, so
kann das Vormundschaftsgericht sie ersetzen.
§. 1747. Zur
Annahme eines ehelichen Kindes ist die Einwilligung der Eltern erforderlich.
Zur Annahme eines
nichtehelichen Kindes ist die Einwilligung der Mutter erforderlich. Die Annahme
eines nichtehelichen Kindes durch Dritte ist nicht auszusprechen, wenn der
Vater die Ehelicherklärung oder die Annahme des Kindes beantragt hat; dies gilt
nicht, wenn die Mutter ihr nichteheliches Kind annimmt. Der Vater des
nichtehelichen Kindes kann darauf verzichten, diesen Antrag zu stellen. Die
Verzichtserklärung bedarf der öffentlichen Beurkundung; sie ist unwiderruflich.
§ 1750 gilt sinngemäß mit Ausnahme von Absatz 4 Satz 1.
Die Einwilligung
kann erst erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Sie ist auch dann
wirksam, wenn der Einwilligende die schon feststehenden Annehmenden nicht
kennt.
Die Einwilligung
eines Elternteils ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe einer Erklärung
dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§. 1748. Das
Vormundschaftsgericht hat auf Antrag des Kindes die Einwilligung eines
Elternteils zu ersetzen, wenn dieser seine Pflichten gegenüber dem Kind
anhaltend gröblich verletzt hat oder durch sein Verhalten gezeigt hat, daß ihm
das Kind gleichgültig ist, und wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu
unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde. Die Einwilligung kann auch
ersetzt werden, wenn die Pflichtverletzung zwar nicht anhaltend, aber besonders
schwer ist und das Kind voraussichtlich dauernd nicht mehr der Obhut des
Elternteils anvertraut werden kann.
Wegen
Gleichgültigkeit, die nicht zugleich eine anhaltende gröbliche
Pflichtverletzung ist, darf die Einwilligung nicht ersetzt werden, bevor der
Elternteil vom Jugendamt über die Möglichkeit ihrer Ersetzung belehrt und nach
§ 51a Abs. 1 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt beraten worden ist und seit der
Belehrung wenigstens drei Monate verstrichen sind; in der Belehrung ist auf die
Frist hinzuweisen. Der Belehrung bedarf es nicht, wenn der Elternteil seinen
Aufenthaltsort ohne Hinterlassung seiner neuen Anschrift gewechselt hat und der
Aufenthaltsort vom Jugendamt während eines Zeitraums von drei Monaten trotz
angemessener Nachforschungen nicht ermittelt werden konnte; in diesem Fall
beginnt die Frist mit der ersten auf die Belehrung und Beratung oder auf die
Ermittlung des Aufenthaltsorts gerichteten Handlung des Jugendamts. Die Fristen
laufen frühestens fünf Monate nach der Geburt des Kindes ab.
Die Einwilligung
eines Elternteils kann ferner ersetzt werden, wenn er wegen besonders schwerer
geistiger Gebrechen zur Pflege und Erziehung des Kindes dauernd unfähig ist und
wenn das Kind bei Unterbleiben der Annahme nicht in einer Familie aufwachsen
könnte und dadurch in seiner Entwicklung schwer gefährdet wäre.
§. 1749. Zur
Annahme eines Kindes durch einen Ehegatten allein ist die Einwilligung des anderen
Ehegatten erforderlich. Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des
Annehmenden die Einwilligung ersetzen. Die Einwilligung darf nicht ersetzt
werden, wenn berechtigte Interessen des anderen Ehegatten und der Familie der
Annahme entgegenstehen.
Zur Annahme eines
Verheirateten ist die Einwilligung seines Ehegatten erforderlich.
Die Einwilligung
des Ehegatten ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe der Erklärung dauernd
außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§. 1750. Die
Einwilligung nach §§ 1746, 1747 und 1749 ist dem Vormundschaftsgericht
gegenüber zu erklären. Die Erklärung bedarf der notariellen Beurkundung. Die
Einwilligung wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem
Vormundschaftsgericht zugeht.
Die Einwilligung
kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erteilt werden. Sie
ist unwiderruflich; die Vorschrift des § 1746 Abs. 2 bleibt unberührt.
Die Einwilligung
kann nicht durch einen Vertreter erteilt werden. Ist der Einwilligende in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf seine Einwilligung nicht der
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Die Vorschriften des § 1746 Abs. 1
Satz 2, 3 bleiben unberührt.
Die Einwilligung
verliert ihre Kraft, wenn der Antrag zurückgenommen oder die Annahme versagt
wird. Die Einwilligung eines Elternteils verliert ferner ihre Kraft, wenn das
Kind nicht innerhalb von drei Jahren seit dem Wirksamwerden der Einwilligung
angenommen wird.
§. 1751. Mit der
Einwilligung eines Elternteils in die Annahme ruht die elterliche Gewalt dieses
Elternteils; die Befugnis zum persönlichen Umfang mit dem Kinde darf nicht
ausgeübt werden. Das .Jugendamt wird Vormund; dies gilt nicht, wenn der andere
Elternteil die elterliche Gewalt allein ausübt oder wenn bereits ein Vormund
bestellt ist. Eine bestehende Pflegschaft bleibt unberührt. Das
Vormundschaftsgericht hat dem Jugendamt unverzüglich eine Bescheinigung über
den Eintritt der Vormundschaft zu erteilen; § 1791 ist nicht anzuwenden.
Absatz 1 ist
nicht anzuwenden auf einen Ehegatten, dessen Kind vom anderen Ehegatten
angenommen wird.
Hat die
Einwilligung eines Elternteils ihre Kraft verloren, so hat das
Vormundschaftsgericht die elterliche Gewalt dem Elternteil zu übertragen, wenn
und soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Der Annehmende
ist dem Kind vor den Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts
verpflichtet, sobald die Eltern des Kindes die erforderliche Einwilligung
erteilt haben und das Kind in die Obhut des Annehmenden mit dem Ziel der
Annahme aufgenommen ist. Will ein Ehegatte ein Kind seines Ehegatten annehmen,
so sind die Ehegatten dem Kind vor den anderen Verwandten des Kindes zur
Gewährung des Unterhalts verpflichtet, sobald die erforderliche Einwilligung
der Eltern des Kindes erteilt und das Kind in die Obhut der Ehegatten
aufgenommen ist.
§. 1752. Die
Annahme als Kind wird auf Antrag des Annehmenden vom Vormundschaftsgericht
ausgesprochen.
Der Antrag kann
nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung oder durch einen
Vertreter gestellt werden. Er bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 1753. Der
Ausspruch der Annahme kann nicht nach dem Tod des Kindes erfolgen.
Nach dem Tod des
Annehmenden ist der Ausspruch nur zulässig, wenn der Annehmende den Antrag beim
Vormundschaftsgericht eingereicht oder bei oder nach der notariellen
Beurkundung des Antrags den Notar damit betraut hat, den Antrag einzureichen.
Wird die Annahme
nach dem Tod des Annehmenden ausgesprochen, so hat sie die gleiche Wirkung, wie
wenn sie vor dem Tod erfolgt wäre.
§. 1754. Nimmt
ein Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten
an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen
ehelichen Kindes der Ehegatten.
In den anderen
Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des
Annehmenden.
§. 1755. Mit der
Annahme erlöschen das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner
Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte
und Pflichten. Ansprüche des Kindes, die bis zur Annahme entstanden sind,
insbesondere auf Renten, Waisengeld und andere entsprechende wiederkehrende
Leistungen, werden durch die Annahme nicht berührt; dies gilt nicht für
Unterhaltsansprüche.
Nimmt ein
Ehegatte das nichteheliche Kind seines Ehegatten an, so tritt das Erlöschen nur
im Verhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten ein.
§. 1756. Sind die
Annehmenden mit dem Kind im zweiten oder dritten Grad verwandt oder
verschwägert, so erlöschen nur das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und
seiner Abkömmlinge zu den Eltern des Kindes und die sich aus ihm ergebenden
Rechte und Pflichten.
Nimmt ein
Ehegatte das eheliche Kind seines Ehegatten an, dessen frühere Ehe durch Tod
aufgelöst ist, so tritt das Erlöschen nicht im Verhältnis zu den Verwandten des
verstorbenen Elternteils ein.
§. 1757. Das Kind
erhält als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden. Als Familienname
gilt nicht der nach § 1355 Abs. 3 dem Ehenamen vorangestellte Name. Ist der
frühere Geburtsname zum Ehenamen des Kindes geworden, so erstreckt sich die
Namensänderung auf den Ehenamen nur dann, wenn der Ehegatte der Namensänderung
bei der Einwilligung (§ 1749 Abs. 2) zugestimmt hat. § 1617 Abs. 2 bis 4 ist
entsprechend anzuwenden; dies gilt auch, wenn sich der Familienname des
Annehmenden ändert.
Das
Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des Annehmenden mit Einwilligung des
Kindes mit dem Ausspruch der Annahme Vornamen des Kindes ändern, ihm einen
neuen Vornamen beigeben oder seinem neuen Familiennamen den bisherigen
Familiennamen hinzufügen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des
Kindes erforderlich ist. § 1746 Abs. 1 Satz 2, 3 ist entsprechend anzuwenden.
§. 1758. Tatsachen,
die geeignet sind, die Annahme und ihre Umstände aufzudecken, dürfen ohne
Zustimmung des Annehmenden und des Kindes nicht offenbart oder ausgeforscht
werden, es sei denn, daß besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies
erfordern.
Absatz 1 gilt
sinngemäß, wenn die nach § 1747 erforderliche Einwilligung erteilt ist. Das
Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Wirkungen des Absatzes 1
eintreten, wenn ein Antrag auf Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils
gestellt worden ist.
§. 1759. Das
Annahmeverhältnis kann nur in den Fällen der §§ 1760, 1763 aufgehoben werden.
§. 1760. Das Annahmeverhältnis
kann auf Antrag vom Vormundschaftsgericht aufgehoben werden, wenn es ohne
Antrag des Annehmenden, ohne die Einwilligung des Kindes oder ohne die
erforderliche Einwilligung eines Elternteils begründet worden ist.
Der Antrag oder
eine Einwilligung ist nur dann unwirksam, wenn der Erklärende
a) zur Zeit der
Erklärung sich im Zustand der Bewußtlosigkeit oder vorübergehenden Störung der
Geistestätigkeit befand, wenn der Antragsteller geschäftsunfähig war oder das geschäftsunfähige
oder noch nicht vierzehn Jahre alte Kind die Einwilligung selbst erteilt hat,
b) nicht gewußt
hat, daß es sich um eine Annahme als Kind handelt, oder wenn er dies zwar
gewußt hat, aber einen Annahmeantrag nicht hat stellen oder eine Einwilligung
zur Annahme nicht hat abgeben wollen oder wenn sich der Annehmende in der
Person des anzunehmenden Kindes oder wenn sich das anzunehmende Kind in der
Person des Annehmenden geirrt hat,
c) durch
arglistige Täuschung über wesentliche Umstände zur Erklärung bestimmt worden
ist,
d) widerrechtlich
durch Drohung zur Erklärung bestimmt worden ist,
e) die
Einwilligung vor Ablauf der in § 1747 Abs. 3 Satz 1 bestimmten Frist erteilt
hat.
Die Aufhebung ist
ausgeschlossen, wenn der Erklärende nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit, der
Bewußtlosigkeit, der Störung der Geistestätigkeit, der durch die Drohung
bestimmten Zwangslage, nach der Entdeckung des Irrtums oder nach Ablauf der in
§ 1747 Abs. 3 Satz 1 bestimmten Frist den Antrag oder die Einwilligung nachgeholt
oder sonst zu erkennen gegeben hat, daß das Annahmeverhältnis aufrechterhalten
werden soll. Die Vorschriften des § 1746 Abs. 1 Satz 2, 3 und des § 1750 Abs. 3
Satz 1, 2 sind entsprechend anzuwenden.
Die Aufhebung
wegen arglistiger Täuschung über wesentliche Umstände ist ferner
ausgeschlossen, wenn über Vermögensverhältnisse des Annehmenden oder des Kindes
getäuscht worden ist oder wenn die Täuschung ohne Wissen eines Antrags- oder
Einwilligungsberechtigten von jemand verübt worden ist, der weder antrags- noch
einwilligungsberechtigt noch zur Vermittlung der Annahme befugt war.
Ist beim
Ausspruch der Annahme zu Unrecht angenommen worden, daß ein Elternteil zur
Abgabe der Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt
sei, so ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn der Elternteil die Einwilligung
nachgeholt oder sonst zu erkennen gegeben hat, daß das Annahmeverhältnis
aufrechterhalten werden soll. Die Vorschriften des § 1750 Abs. 3 Satz 1, 2 sind
entsprechend anzuwenden.
§. 1761. Das Annahmeverhältnis
kann nicht aufgehoben werden, weil eine erforderliche Einwilligung nicht
eingeholt worden oder nach § 1760 Abs. 2 unwirksam ist, wenn die
Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung beim Ausspruch der Annahme
vorgelegen haben oder wenn sie zum Zeitpunkt der Entscheidung über den
Aufhebungsantrag vorliegen; dabei ist es unschädlich, wenn eine Belehrung oder
Beratung nach § 1748 Abs. 2 nicht erfolgt ist.
Das
Annahmeverhältnis darf nicht aufgehoben werden, wenn dadurch das Wohl des
Kindes erheblich gefährdet würde, es sei denn, daß überwiegende Interessen des
Annehmenden die Aufhebung erfordern.
§. 1762. Antragsberechtigt
ist nur derjenige, ohne dessen Antrag oder Einwilligung das Kind angenommen
worden ist. Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre
alt ist, und für den Annehmenden, der geschäftsunfähig ist, können die
gesetzlichen Vertreter den Antrag stellen. Im übrigen kann der Antrag nicht
durch einen Vertreter gestellt werden. Ist der Antragsberechtigte in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt, so ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht
erforderlich.
Der Antrag kann
nur innerhalb eines Jahres gestellt werden, wenn seit der Annahme noch keine
drei Jahre verstrichen sind. Die Frist beginnt
a) in den Fällen
des § 1760 Abs. 2 Buchstabe a mit dem Zeitpunkt, in dem der Erklärende
zumindest die beschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt hat oder in dem dem
gesetzlichen Vertreter des geschäftsunfähigen Annehmenden oder des noch nicht
vierzehn Jahre alten oder geschäftsunfähigen Kindes die Erklärung bekannt wird;
b) in den Fällen
des § 1760 Abs. 2 Buchstaben b, c mit dem Zeitpunkt, in dem der Erklärende den
Irrtum oder die Täuschung entdeckt;
c) in dem Fall
des § 1760 Abs. 2 Buchstabe d mit dem Zeitpunkt, in dem die Zwangslage aufhört;
d) in dem Fall
des § 1760 Abs. 2 Buchstabe e nach Ablauf der in § 1747 Abs. 3 Satz 1
bestimmten Frist;
e) in den Fällen
des § 1760 Abs. 5 mit dem Zeitpunkt, in dem dem Elternteil bekannt wird, daß
die Annahme ohne seine Einwilligung erfolgt ist. Die für die Verjährung
geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 sind entsprechend anzuwenden.
Der Antrag bedarf
der notariellen Beurkundung.
§. 1763. Während
der Minderjährigkeit des Kindes kann das Vormundschaftsgericht das
Annahmeverhältnis von Amts wegen aufheben, wenn dies aus schwerwiegenden
Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
Ist das Kind von
einem Ehepaar angenommen, so kann auch das zwischen dem Kind und einem
Ehegatten bestehende Annahmeverhältnis aufgehoben werden.
Das Annahmeverhältnis
darf nur aufgehoben werden,
a) wenn in dem
Fall des Absatzes 2 der andere Ehegatte oder wenn ein leiblicher Elternteil
bereit ist, die Pflege und Erziehung des Kindes zu übernehmen, und wenn die
Ausübung der elterlichen Gewalt durch ihn dem Wohl des Kindes nicht
widersprechen würde oder
b) wenn die
Aufhebung eine erneute Annahme des Kindes ermöglichen soll.
§. 1764. Die
Aufhebung wirkt nur für die Zukunft. Hebt das Vormundschaftsgericht das
Annahmeverhältnis nach dem Tod des Annehmenden auf dessen Antrag oder nach dem
Tod des Kindes auf dessen Antrag auf, so hat dies die gleiche Wirkung, wie wenn
das Annahmeverhältnis vor dem Tod aufgehoben worden wäre.
Mit der Aufhebung
der Annahme als Kind erlöschen das durch die Annahme begründete
Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen
Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten.
Gleichzeitig
leben das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den
leiblichen Verwandten des Kindes und die sich aus ihm ergebenden Rechte und
Pflichten, mit Ausnahme der elterlichen Gewalt, wieder auf.
Das
Vormundschaftsgericht hat den leiblichen Eltern die elterliche Gewalt
zurückzuübertragen, wenn und soweit dies dem Wohl des Kindes nicht
widerspricht; andernfalls bestellt es einen Vormund oder Pfleger.
Besteht das
Annahmeverhältnis zu einem Ehepaar und erfolgt die Aufhebung nur im Verhältnis
zu einem Ehegatten, so treten die Wirkungen des Absatzes 2 nur zwischen dem
Kind und seinen Abkömmlingen und diesem Ehegatten und dessen Verwandten ein;
die Wirkungen des Absatzes 3 treten nicht ein.
§. 1765. Mit der
Aufhebung der Annahme als Kind verliert das Kind das Recht, den Familiennamen
des Annehmenden als Geburtsnamen zu führen. Für Abkömmlinge des Kindes gilt §
1617 Abs. 2 und 4 sinngemäß. Satz 1 ist in den Fällen des § 1754 Abs. 1 nicht
anzuwenden, wenn das Annahmeverhältnis zu einem Ehegatten allein aufgehoben
wird. Ist der Geburtsname zum Ehenamen des Kindes geworden, so bleibt dieser
unberührt.
Auf Antrag des
Kindes kann das Vormundschaftsgericht mit der Aufhebung anordnen, daß das Kind
den Familiennamen behält, den es durch die Annahme erworben hat, wenn das Kind
ein berechtigtes Interesse an der Führung dieses Namens hat. § 1746 Abs. 1 Satz
2, 3 ist entsprechend anzuwenden.
Ist der durch die
Annahme erworbene Name zum Ehenamen geworden, so hat das Vormundschaftsgericht
auf gemeinsamen Antrag der Ehegatten mit der Aufhebung anzuordnen, daß die
Ehegatten als Ehenamen den Geburtsnamen führen, den das Kind vor der Annahme
geführt hat. Für Abkömmlinge des Kindes gilt § 1617 Abs. 2 und 4 sinngemäß.
§. 1766. Schließt
ein Annehmender mit dem Angenommenen oder einem seiner Abkömmlinge den
eherechtlichen Vorschriften zuwider die Ehe, so wird mit der Eheschließung das
durch die Annahme zwischen ihnen begründete Rechtsverhältnis aufgehoben. Das
gilt auch dann, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird. §§ 1764, 1765 sind nicht
anzuwenden.
II. Annahme Volljähriger
§. 1767. Ein
Volljähriger kann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich
gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem
Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden
ist.
Für die Annahme
Volljähriger gelten die Vorschriften über die Annahme Minderjähriger sinngemäß,
soweit sich aus den folgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.
§. 1768. Die
Annahme eines Volljährigen wird auf Antrag des Annehmenden und des
Anzunehmenden vom Vormundschaftsgericht ausgesprochen. §§ 1744, 1745, 1746 Abs.
1, 2, § 1747 sind nicht anzuwenden.
Für einen
Anzunehmenden, der geschäftsunfähig ist, kann der Antrag nur von seinem
gesetzlichen Vertreter gestellt werden. Ist der Anzunehmende in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so kann er den Antrag nur selbst stellen; er
bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
§. 1769. Die
Annahme eines Volljährigen darf nicht ausgesprochen werden, wenn ihr
überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden
entgegenstehen.
§. 1770. Die Wirkungen
der Annahme eines Volljährigen erstrecken sich nicht auf die Verwandten des
Annehmenden. Der Ehegatte des Annehmenden wird nicht mit dem Angenommenen,
dessen Ehegatte wird nicht mit dem Annehmenden verschwägert.
Die Rechte und
Pflichten aus dem Verwandtschaftsverhältnis des Angenommenen und seiner
Abkömmlinge zu ihren Verwandten werden durch die Annahme nicht berührt, soweit
das Gesetz nichts anderes vorschreibt.
Der Annehmende
ist dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen vor den leiblichen Verwandten des
Angenommenen zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet.
§. 1771. Das
Vormundschaftsgericht kann das Annahmeverhältnis, das zu einem Volljährigen
begründet worden ist, auf Antrag des Annehmenden und des Angenommenen aufheben,
wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Im übrigen kann das Annahmeverhältnis nur in
sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des § 1760 Abs. 1 bis 5 aufgehoben
werden. An die Stelle der Einwilligung des Kindes tritt der Antrag des
Anzunehmenden.
§. 1772. Das
Vormundschaftsgericht kann beim Ausspruch der Annahme eines Volljährigen auf
Antrag des Annehmenden und des Anzunehmenden bestimmen, daß sich die Wirkungen
der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen oder
eines verwandten Minderjährigen richten (§§ 1754 bis 1756), wenn
a) ein
minderjähriger Bruder oder eine minderjährige Schwester des Anzunehmenden von
dem Annehmenden als Kind angenommen worden ist oder gleichzeitig angenommen
wird oder
b) der
Anzunehmende bereits als Minderjähriger in die Familie des Annehmenden
aufgenommen worden ist oder
c) der Annehmende
sein nichteheliches Kind oder das Kind seines Ehegatten annimmt.
Das
Annahmeverhältnis kann in einem solchen Fall nur in sinngemäßer Anwendung der
Vorschriften des § 1760 Abs. 1 bis 5 aufgehoben werden. An die Stelle der
Einwilligung des Kindes tritt der Antrag des Anzunehmenden.
Dritter Abschnitt.
Vormundschaft.
Erster Titel.
Vormundschaft über Minderjährige.
I. Begründung der Vormundschaft
§. 1773. Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er
nicht unter elterlicher Gewalt steht oder wenn die Eltern weder in den die
Person noch in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung des
Minderjährigen berechtigt sind.
Ein Minderjähriger erhält einen Vormund auch dann, wenn sein
Familienstand nicht zu ermitteln ist.
§. 1774. Das Vormundschaftsgericht hat die Vormundschaft von
Amtswegen anzuordnen. Ist
anzunehmen, daß ein Kind mit seiner Geburt eines Vormunds bedarf, so kann schon
vor der Geburt des Kindes ein Vormund bestellt werden; die Bestellung wird mit
der Geburt des Kindes wirksam.
§. 1775. Das Vormundschaftsgericht soll, sofern nicht
besondere Gründe für die Bestellung mehrerer Vormünder vorliegen, für den
Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu bevormunden sind, für alle Mündel nur
einen Vormund bestellen.
§. 1776. Als Vormund ist berufen, wer von den Eltern des
Mündels als Vormund benannt ist.
Haben der Vater und die Mutter verschiedene Personen
benannt, so gilt die Benennung durch den zuletzt verstorbenen Elternteil.
§. 1777. Die Eltern können einen Vormund nur benennen, wenn
ihnen zur Zeit ihres Todes die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes
zusteht.
Der Vater kann für ein Kind, das erst nach seinem Tode
geboren wird, einen Vormund benennen, wenn er dazu berechtigt sein würde, falls
das Kind vor seinem Tode geboren wäre.
Der Vormund wird durch letztwillige Verfügung benannt.
§. 1778. Wer nach § 1776 als Vormund berufen ist, darf ohne
seine Zustimmung nur übergangen werden,
1. wenn er nach den §§ 1780 bis 1784 nicht zum Vormund
bestellt werden kann oder soll;
2. wenn er an der Übernahme der Vormundschaft verhindert
ist;
4. wenn seine Bestellung das Wohl des Mündels gefährden
würde;
5. wenn der Mündel, der das vierzehnte Lebensjahr vollendet
hat, der Bestellung widerspricht, es sei denn, der Mündel ist geschäftsunfähig.
Ist der Berufene nur vorübergehend verhindert, so hat ihn
das Vormundschaftsgericht nach dem Wegfall des Hindernisses auf seinen Antrag
an Stelle des bisherigen Vormundes zum Vormund zu bestellen.
Für einen minderjährigen Ehegatten darf der andere Ehegatte
vor den nach § 1776 Berufenen zum Vormund bestellt werden.
Neben dem Berufenen darf nur mit dessen Zustimmung ein
Mitvormund bestellt werden.
§. 1779. Ist die Vormundschaft nicht einem nach §. 1776
Berufenen zu übertragen, so hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des
Jugendamts den Vormund auszuwählen.
Das Vormundschaftsgericht soll eine Person auswählen, die
nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den
sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Bei der Auswahl
ist auf das religiöse Bekenntniß des Mündels Rücksicht zu nehmen. Verwandte und
Verschwägerte des Mündels sind zunächst zu berücksichtigen; ist der Mündel nichtehelich, so steht es im
Ermessen des Vormundschaftsgerichts, ob sein Vater, dessen Verwandte und deren
Ehegatten berücksichtigt werden sollen.
Das
Vormundschaftsgericht soll bei der Auswahl des Vormunds Verwandte oder
Verschwägerte des Mündels hören, wenn dies ohne erhebliche Verzögerung und ohne
unverhältnismäßige Kosten geschehen kann. Die Verwandten und Verschwägerten
können von dem Mündel Ersatz ihrer Auslagen verlangen; der Betrag der Auslagen
wird von dem Vormundschaftsgericht festgesetzt.
§. 1780. Zum Vormunde kann nicht bestellt werden, wer
geschäftsunfähig oder wegen Geistesschwäche, Verschwendung, Trunksucht oder
Rauschgiftsucht entmündigt ist.
§. 1781. Zum Vormunde soll nicht bestellt werden:
1. wer minderjährig oder nach §. 1906 unter vorläufige
Vormundschaft gestellt ist;
2. wer nach §. 1910 zur Besorgung
seiner Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat;
3. wer in Konkurs gerathen ist,
während der Dauer des Konkurses.
§. 1782. Zum Vormund soll nicht bestellt werden, wer durch
Anordnung der Eltern des Mündels von der Vormundschaft ausgeschlossen ist.
Haben die Eltern einander widersprechende Anordnungen getroffen, so gilt die
Anordnung des zuletzt verstorbenen Elternteils.
Auf die Ausschließung sind die Vorschriften des § 1777
anzuwenden.
§. 1783. Anm.:
Aufgehoben durch § 48, Reichsgesetzblatt I 1922, S. 633, Nr. 54, ausgegeben am
29. 07. 1922, in Kraft seit 01. 04. 1924.
§. 1784. Ein Beamter oder Religionsdiener, der nach den
Landesgesetzen einer besonderen Erlaubniß zur Uebernahme einer Vormundschaft
bedarf, soll nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß zum Vormunde bestellt
werden.
Diese Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn ein wichtiger
dienstlicher Grund vorliegt.
§. 1785. Jeder Deutsche hat die Vormundschaft, für die er
von dem Vormundschaftsgericht ausgewählt wird, zu übernehmen, sofern nicht
seiner Bestellung zum Vormund einer der in den §§. 1780 bis 1784 bestimmten
Gründe entgegensteht.
§. 1786. Die Uebernahme der Vormundschaft kann ablehnen:
1. eine Frau, welche zwei und mehr noch nicht
schulpflichtige Kinder besitzt oder glaubhaft macht, daß die ihr obliegende
Fürsorge für ihre Familie die Ausübung des Amtes dauernd besonders erschwert;
2. wer das sechzigste Lebensjahr vollendet hat;
3. wem die Sorge
für die Person oder das Vermögen von mehr als drei minderjährigen Kindern
zusteht.
4. wer durch Krankheit oder durch
Gebrechen verhindert ist, die Vormundschaft ordnungsmäßig zu führen;
5. wer wegen Entfernung seines
Wohnsitzes von dem Sitze des Vormundschaftsgerichts die Vormundschaft nicht
ohne besondere Belästigung führen kann;
6. wer nach §. 1844 zur Sicherheitsleistung angehalten wird;
7. wer mit einem Anderen zur
gemeinschaftlichen Führung der Vormundschaft bestellt werden soll;
8. wer mehr als eine Vormundschaft
oder Pflegschaft führt; die Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere
Geschwister gilt nur als eine; die Führung von zwei Gegenvormundschaften steht
der Führung einer Vormundschaft gleich.
Das Ablehnungsrecht erlischt, wenn es nicht vor der
Bestellung bei dem Vormundschaftsgerichte geltend gemacht wird.
§. 1787. Wer die Uebernahme der Vormundschaft ohne Grund
ablehnt, ist, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt, für den Schaden
verantwortlich, der dem Mündel dadurch entsteht, daß sich die Bestellung des
Vormundes verzögert.
Erklärt das Vormundschaftsgericht die Ablehnung für
unbegründet, so hat der Ablehnende, unbeschadet der ihm zustehenden
Rechtsmittel, die Vormundschaft auf Erfordern des Vormundschaftsgerichts
vorläufig zu übernehmen.
§. 1788. Das Vormundschaftsgericht kann den zum Vormund
Ausgewählten durch Festsetzung von Zwangsgeld zur Uebernahme der Vormundschaft
anhalten.
Die Zwangsgelder dürfen nur in Zwischenräumen von mindestens
einer Woche festgesetzt werden. Mehr als drei Zwangsgelder dürfen nicht
festgesetzt werden. 4
§. 1789. Der Vormund wird von dem Vormundschaftsgerichte
durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft
bestellt. Die Verpflichtung soll mittelst Handschlags an Eidesstatt erfolgen.
§. 1790. Bei der Bestellung des Vormundes kann die
Entlassung für den Fall vorbehalten werden, daß ein bestimmtes Ereigniß
eintritt oder nicht eintritt.
§. 1791. Der Vormund erhält eine Bestallung.
Die Bestallung soll enthalten den Namen und die Zeit der
Geburt des Mündels, die Namen des Vormundes, des Gegenvormundes und der
Mitvormünder sowie im Falle der Theilung der Vormundschaft die Art der
Theilung.
§. 1791a. Ein
rechtsfähiger Verein kann zum Vormund bestellt werden, wenn er vom
Landesjugendamt hierzu für geeignet erklärt worden ist. Der Verein darf nur zum
Vormund bestellt werden, wenn eine als Einzelvormund geeignete Person nicht
vorhanden ist oder wenn er nach § 1776 als Vormund berufen ist; die Bestellung
bedarf der Einwilligung des Vereins.
Die Bestellung
erfolgt durch schriftliche Verfügung des Vormundschaftsgerichts; die §§ 1789,
1791 sind nicht anzuwenden.
Der Verein
bedient sich bei der Führung der Vormundschaft einzelner seiner Mitglieder oder
Mitarbeiter; eine Person, die den Mündel in einem Heim des Vereins als Erzieher
betreut, darf die Aufgaben des Vormunds nicht ausüben. Für ein Verschulden des
Mitglieds oder des Mitarbeiters ist der Verein dem Mündel in gleicher Weise
verantwortlich wie für ein Verschulden eines verfassungsmäßig berufenen
Vertreters.
Will das
Vormundschaftsgericht neben dem Verein einen Mitvormund oder will es einen
Gegenvormund bestellen, so soll es vor der Entscheidung den Verein hören.
§. 1791b. Ist
eine als Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden, so kann auch das
Jugendamt zum Vormund bestellt werden. Das Jugendamt kann von den Eltern des
Mündels weder benannt noch ausgeschlossen werden.
Die Bestellung
erfolgt durch schriftliche Verfügung des Vormundschaftsgerichts; die §§ 1789,
1791 sind nicht anzuwenden.
§. 1791c. Mit der
Geburt eines nichtehelichen Kindes, das eines Vormunds bedarf, wird das
Jugendamt Vormund, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im
Geltungsbereich dieses Gesetzes hat; dies gilt nicht, wenn bereits vor der
Geburt des Kindes ein Vormund bestellt ist. Ergibt sich erst später aus einer
gerichtlichen. Entscheidung, daß das Kind nichtehelich ist, und bedarf das Kind
eines Vormunds, so wird das Jugendamt in dem Zeitpunkt Vormund, in dem die
Entscheidung rechtskräftig wird.
War das Jugendamt
Pfleger eines nichtehelichen Kindes, endet die Pflegschaft kraft Gesetzes und
bedarf das Kind eines Vormunds, so wird das Jugendamt Vormund, das bisher
Pfleger war.
Das
Vormundschaftsgericht hat dem Jugendamt unverzüglich eine Bescheinigung über
den Eintritt der Vormundschaft zu erteilen; § 1791 ist nicht anzuwenden.
§. 1792. Neben dem Vormunde kann ein Gegenvormund bestellt werden.
Ist das Jugendamt Vormund, so kann
kein Gegenvormund bestellt werden; das Jugendamt kann Gegenvormund sein.
Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der
Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die
Verwaltung nicht erheblich oder daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern
gemeinschaftlich zu führen ist.
Ist die Vormundschaft von mehreren Vormündern nicht
gemeinschaftlich zu führen, so kann der eine Vormund zum Gegenvormunde des
anderen bestellt werden.
Auf die Berufung
und Bestellung des Gegenvormunds sind die für die Begründung der Vormundschaft
geltenden Vorschriften anzuwenden.
II. Führung der Vormundschaft.
§. 1793. Der Vormund hat das Recht und die Pflicht, für die
Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere den Mündel zu
vertreten. § 1626 Abs. 2 gilt entsprechend.
§. 1794. Das Recht und die Pflicht des Vormundes, für die
Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, erstreckt sich nicht auf
Angelegenheiten des Mündels, für die ein Pfleger bestellt ist.
§. 1795. Der Vormund kann den Mündel nicht vertreten:
1. bei einem Rechtsgeschäfte
zwischen seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie
einerseits und dem Mündel andererseits, es sei denn, daß das Rechtsgeschäft
ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht;
2. bei einem Rechtsgeschäfte, das
die Uebertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht, Hypothek,
Schiffshypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Mündels gegen den
Vormund oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit zum Gegenstande hat
oder die Verpflichtung des Mündels zu einer solchen Uebertragung, Belastung,
Aufhebung oder Minderung begründet;
3. bei einem Rechtsstreite zwischen
den in Nr. 1 bezeichneten Personen sowie bei einem Rechtsstreit über eine
Angelegenheit der in Nr. 2 bezeichneten Art.
Die Vorschrift des §. 181 bleibt unberührt.
§. 1796. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde die
Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von
Angelegenheiten entziehen.
Die Entziehung soll nur erfolgen, wenn das Interesse des
Mündels zu dem Interesse des Vormundes oder eines von diesem vertretenen
Dritten oder einer der im §. 1795 Nr. 1 bezeichneten Personen in erheblichem
Gegensatze steht.
§. 1797. Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft
gemeinschaftlich. Bei einer Meinungsverschiedenheit entscheidet das
Vormundschaftsgericht, sofern nicht bei der Bestellung ein Anderes bestimmt
wird.
Das Vormundschaftsgericht kann die Führung der Vormundschaft
unter mehrere Vormünder nach bestimmten Wirkungskreisen vertheilen. Innerhalb
des ihm überwiesenen Wirkungskreises führt jeder Vormund die Vormundschaft
selbständig.
Bestimmungen, die der Vater oder die Mutter für die
Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den von ihnen benannten
Vormündern und für die Vertheilung der Geschäfte unter diese nach Maßgabe des
§. 1777 getroffen hat, sind von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgen, sofern
nicht ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährden würde.
§. 1798. Steht die Sorge für die Person und die Sorge für
das Vermögen des Mündels verschiedenen Vormündern zu, so entscheidet bei einer
Meinungsverschiedenheit über die Vornahme einer sowohl die Person als das
Vermögen des Mündels betreffenden Handlung das Vormundschaftsgericht.
§. 1799. Der Gegenvormund hat darauf zu achten, daß der
Vormund die Vormundschaft pflichtmäßig führt. Er hat dem Vormundschaftsgerichte
Pflichtwidrigkeiten des Vormundes sowie jeden Fall unverzüglich anzuzeigen, in
welchem das Vormundschaftsgericht zum Einschreiten berufen ist, insbesondere
den Tod des Vormundes oder den Eintritt eines anderen Umstandes, in Folge
dessen das Amt des Vormundes endigt oder die Entlassung des Vormundes
erforderlich wird.
Der Vormund hat dem Gegenvormund auf Verlangen über die
Führung der Vormundschaft Auskunft zu ertheilen und die Einsicht der sich auf
die Vormundschaft beziehenden Papiere zu gestatten.
§. 1800. Das Recht und die Pflicht des Vormunds, für die
Person des Mündels zu sorgen, bestimmen sich nach §§ 1631 bis 1633.
§. 1801. Die Sorge für die religiöse Erziehung des Mündels
kann dem Einzelvormunde von dem Vormundschaftsgericht entzogen werden, wenn der
Vormund nicht dem Bekenntniß angehört, in dem der Mündel zu erziehen ist.
Hat das Jugendamt oder ein Verein als Vormund über die
Unterbringung des Mündels zu entscheiden, so ist hierbei auf das religiöse
Bekenntnis oder die Weltanschauung des Mündels und seiner Familie Rücksicht zu
nehmen. 4
§. 1802. Der Vormund hat das Vermögen, das bei der Anordnung
der Vormundschaft vorhanden ist oder später dem Mündel zufällt, zu verzeichnen
und das Verzeichniß, nachdem er es mit der Versicherung der Richtigkeit und
Vollständigkeit versehen hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Ist ein
Gegenvormund vorhanden, so hat ihn der Vormund bei der Aufnahme des
Verzeichnisses zuzuziehen; das Verzeichniß ist auch von dem Gegenvormunde mit
der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen.
Der Vormund kann sich bei der Aufnahme des Verzeichnisses
der Hülfe eines Beamten, eines Notars oder eines anderen Sachverständigen
bedienen.
Ist das eingereichte Verzeichniß ungenügend, so kann das
Vormundschaftsgericht anordnen, daß das Verzeichniß durch eine zuständige
Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
§. 1803. Was der Mündel von Todeswegen erwirbt oder was ihm
unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, hat der Vormund
nach den Anordnungen des Erblassers oder des Dritten zu verwalten, wenn die
Anordnungen von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung, von dem Dritten bei
der Zuwendung getroffen worden sind.
Der Vormund darf mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
von den Anordnungen abweichen, wenn ihre Befolgung das Interesse des Mündels
gefährden würde.
Zu einer Abweichung von den Anordnungen, die ein Dritter bei
einer Zuwendung unter Lebenden getroffen hat, ist, solange er lebt, seine
Zustimmung erforderlich und genügend. Die Zustimmung des Dritten kann durch das
Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn der Dritte zur Abgabe einer
Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§. 1804. Der Vormund kann nicht in Vertretung des Mündels
Schenkungen machen. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen
Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§. 1805. Der Vormund darf Vermögen des Mündels weder für
sich noch für den Gegenvormund verwenden. Ist das Jugendamt Vormund oder Gegenvormund,
so ist die Anlegung von Mündelgeld gemäß § 1807 auch bei der Körperschaft
zulässig, bei der das Jugendamt errichtet ist.
§. 1806. Der Vormund hat das zum Vermögen des Mündels
gehörende Geld verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von
Ausgaben bereit zu halten ist.
§. 1807. Die im §. 1806 vorgeschriebene Anlegung von
Mündelgeld soll nur erfolgen:
1. in Forderungen, für die eine
sichere Hypothek an einem inländischen Grundstücke besteht, oder in sicheren
Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken;
2. in verbrieften Forderungen gegen
das Reich oder einen Bundesstaat sowie in Forderungen, die in das
Reichsschuldbuch oder in das Staatsschuldbuch eines Bundesstaats eingetragen
sind;
3. in verbrieften Forderungen, deren
Verzinsung von dem Reiche oder einem Bundesstaate gewährleistet ist;
4. in Werthpapieren, insbesondere
Pfandbriefen, sowie in verbrieften Forderungen jeder Art gegen eine inländische
kommunale Körperschaft oder die Kreditanstalt einer solchen Körperschaft,
sofern die Werthpapiere oder die Forderungen von der Bundesregierung mit
Zustimmung des Bundesrats zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt
sind;
5. bei einer inländischen
öffentlichen Sparkasse, wenn sie von der zuständigen Behörde des Bundesstaats,
in welchem sie ihren Sitz hat, zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt
ist.
Die Landesgesetze können für die innerhalb ihres
Geltungsbereichs belegenen Grundstücke die Grundsätze bestimmen, nach denen die
Sicherheit einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld
festzustellen ist.
§. 1808. Kann die Anlegung den Umständen nach nicht in der
im §. 1807 bezeichneten Weise erfolgen, so ist das Geld bei der Reichsbank, bei
der Deutschen Zentralgenossenschaftskasse oder bei der Deutschen Girozentrale
(Deutschen Kommunalbank), bei einer Staatsbank oder bei einer anderen durch
Landesgesetz dazu für geeignet erklärten inländischen Bank oder bei einer
Hinterlegungsstelle anzulegen.
§. 1809. Der Vormund soll Mündelgeld nach §. 1807 Abs. 1 Nr.
5 oder nach §. 1808 nur mit der Bestimmung anlegen, daß zur Erhebung des Geldes
die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erforderlich
ist.
§. 1810. Der Vormund soll die in den §§. 1806 bis 1808
vorgeschriebene Anlegung nur mit Genehmigung des Gegenvormundes bewirken; die
Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts ersetzt. Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, so soll
die Anlegung nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen, sofern
nicht die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird.
§. 1811. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormund eine
andere Anlegung als die in den §§ 1807, 1808 vorgeschriebene gestatten. Die
Erlaubnis soll nur verweigert werden, wenn die beabsichtigte Art der Anlegung
nach Lage des Falles den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung
zuwiderlaufen würde.
§. 1812. Der Vormund kann über eine Forderung oder über ein
anderes Recht, kraft dessen der Mündel eine Leistung verlangen kann, sowie über
ein Werthpapier des Mündels nur mit Genehmigung des Gegenvormundes verfügen,
sofern nicht nach den §§. 1819 bis 1822 die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. Das Gleiche gilt von der Eingehung der
Verpflichtung zu einer solchen Verfügung.
Die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, so tritt an die Stelle
der Genehmigung des Gegenvormundes die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts,
sofern nicht die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt
wird.
§. 1813. Der Vormund bedarf nicht der Genehmigung des
Gegenvormundes zur Annahme einer geschuldeten Leistung:
1. wenn der Gegenstand der Leistung nicht in Geld oder
Werthpapieren besteht;
2. wenn der Anspruch nicht mehr als dreihundert Deutsche
Mark beträgt;
3. wenn Geld zurückgezahlt wird, das der Vormund angelegt
hat;
4. wenn der Anspruch zu den Nutzungen des Mündelvermögens
gehört;
5. wenn der Anspruch auf Erstattung
von Kosten der Kündigung oder der Rechtsverfolgung oder auf sonstige
Nebenleistungen gerichtet ist.
Die Befreiung nach Abs. 1 Nr. 2, 3 erstreckt sich nicht auf
die Erhebung von Geld, bei dessen Anlegung ein Anderes bestimmt worden ist. Die
Befreiung nach Abs. 1 Nr. 3 gilt auch nicht für die Erhebung von Geld, das nach
§. 1807 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 angelegt ist.
§. 1814. Der Vormund hat die zu dem Vermögen des Mündels
gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen bei einer
Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank, bei der Deutschen
Zentralgenossenschaftskasse oder bei der Deutschen Girozentrale (Deutschen
Kommunalbank) mit der Bestimmung zu hinterlegen, daß die Herausgabe der Papiere
nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verlangt werden kann. Die
Hinterlegung von Inhaberpapieren, die nach §. 92 zu den verbrauchbaren Sachen
gehören, sowie von Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen ist nicht
erforderlich. Den Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit
Blankoindossament versehen sind.
§. 1815. Der Vormund kann die Inhaberpapiere, statt sie nach
§. 1814 zu hinterlegen, auf den Namen des Mündels mit der Bestimmung
umschreiben lassen, daß er über sie nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts verfügen kann. Sind die Papiere von dem Reiche oder
einem Bundesstaat ausgestellt, so kann er sie mit der gleichen Bestimmung in
Buchforderungen gegen das Reich oder den Bundesstaat umwandeln lassen.
Sind Inhaberpapiere zu hinterlegen, die in Buchforderungen
gegen das Reich oder einen Bundesstaat umgewandelt werden können, so kann das
Vormundschaftsgericht anordnen, daß sie nach Abs. 1 in Buchforderungen
umgewandelt werden.
§. 1816. Gehören Buchforderungen gegen das Reich oder gegen
einen Bundesstaat bei der Anordnung der Vormundschaft zu dem Vermögen des
Mündels oder erwirbt der Mündel später solche Forderungen, so hat der Vormund
in das Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, daß er über die Forderungen
nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verfügen kann.
§. 1817. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen
Gründen den Vormund von den ihm nach den §§. 1814, 1816 obliegenden
Verpflichtungen entbinden.
§. 1818. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen
anordnen, daß der Vormund auch solche zu dem Vermögen des Mündels gehörende
Werthpapiere, zu deren Hinterlegung er nach §. 1814 nicht verpflichtet ist,
sowie Kostbarkeiten des Mündels in der im §. 1814 bezeichneten Weise zu
hinterlegen hat; auf Antrag des Vormundes kann die Hinterlegung von Zins-,
Renten- und Gewinnantheilscheinen angeordnet werden, auch wenn ein besonderer
Grund nicht vorliegt.
§. 1819. Solange die nach §. 1814 oder nach §. 1818
hinterlegten Werthpapiere oder Kostbarkeiten nicht zurückgenommen sind, bedarf
der Vormund zu einer Verfügung über sie und, wenn Hypotheken-, Grundschuld-
oder Rentenschuldbriefe hinterlegt sind, zu einer Verfügung über die
Hypothekenforderung, die Grundschuld oder die Rentenschuld der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt von der Eingehung der Verpflichtung zu
einer solchen Verfügung.
§. 1820. Sind Inhaberpapiere nach §. 1815 auf den Namen des
Mündels umgeschrieben oder in Buchforderungen umgewandelt, so bedarf der
Vormund auch zur Eingehung der Verpflichtung zu einer Verfügung über die sich
aus der Umschreibung oder der Umwandlung ergebenden Stammforderungen der
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Das Gleiche gilt, wenn bei einer Buchforderung des Mündels
der im §. 1816 bezeichnete Vermerk eingetragen ist.
§. 1821. Der Vormund bedarf der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts
1. zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an
einem Grundstück;
2. zur Verfügung über eine Forderung, die auf Übertragung
des Eigentums an einem Grundstück oder auf Begründung oder Übertragung eines
Rechts an einem Grundstück oder auf Befreiung eines Grundstücks von einem
solchen Recht gerichtet ist;
3. zur Verfügung über ein eingetragenes Schiff oder
Schiffsbauwerk oder über eine Forderung, die auf Übertragung des Eigentums an
einem eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk gerichtet ist;
4. zur Eingehung einer Verpflichtung zu einer der in den
Nrn. 1 bis 3 bezeichneten Verfügungen;
5. zu einem Vertrage, der auf den entgeltlichen Erwerb eines
Grundstücks, eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks oder eines Rechts
an einem Grundstück gerichtet ist.
Zu den Rechten an einem Grundstück im Sinne dieser
Vorschriften gehören nicht Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden.
§. 1822. Der Vormund bedarf der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts:
1. zu einem Rechtsgeschäfte, durch
das der Mündel zu einer Verfügung über sein Vermögen im Ganzen oder über eine
ihm angefallene Erbschaft oder über seinen künftigen gesetzlichen Erbtheil oder
seinen künftigen Pflichttheil verpflichtet wird, sowie zu einer Verfügung über
den Antheil des Mündels an einer Erbschaft;
2. zur Ausschlagung einer Erbschaft
oder eines Vermächtnisses, zum Verzicht auf einen Pflichttheil sowie zu einem
Erbtheilungsvertrage;
3. zu einem Vertrage, der auf den
entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist,
sowie zu einem Gesellschaftsvertrage, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts
eingegangen wird;
4. zu einem Pachtvertrag über ein Landgut oder einen
gewerblichen Betrieb;
5. zu einem Miet- oder Pachtvertrag oder einem anderen
Vertrage, durch den der Mündel zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird,
wenn das Vertragsverhältnis länger als ein Jahr nach dem Eintritt der
Volljährigkeit des Mündels fortdauern soll;
6. zu einem Lehrvertrage, der für längere Zeit als ein Jahr
geschlossen wird;
7. zu einem auf die Eingehung eines
Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrage, wenn der Mündel zu
persönlichen Leistungen für längere Zeit als ein Jahr verpflichtet werden soll;
8. zur Aufnahme von Geld auf den Kredit des Mündels;
9. zur Ausstellung einer
Schuldverschreibung auf den Inhaber oder zur Eingehung einer Verbindlichkeit
aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen
werden kann;
10. zur Uebernahme einer fremden
Verbindlichkeit, insbesondere zur Eingehung einer Bürgschaft;
11. zur Ertheilung einer Prokura;
12. zu einem Vergleich oder einem
Schiedsvertrag, es sei denn, daß der Gegenstand des Streites oder der
Ungewißheit in Geld schätzbar ist und den Werth von dreihundert Deutsche Mark
nicht übersteigt;
13. zu einem Rechtsgeschäfte, durch
das die für eine Forderung des Mündels bestehende Sicherheit aufgehoben oder
gemindert oder die Verpflichtung dazu begründet wird.
§. 1823. Der Vormund soll nicht ohne Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Mündels beginnen
oder ein bestehendes Erwerbsgeschäft des Mündels auflösen.
§. 1824. Der Vormund kann Gegenstände, zu deren Veräußerung
die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erforderlich
ist, dem Mündel nicht ohne diese Genehmigung zur Erfüllung eines von diesem
geschlossenen Vertrags oder zu freier Verfügung überlassen.
§. 1825. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde zu
Rechtsgeschäften, zu denen nach §. 1812 die Genehmigung des Gegenvormundes
erforderlich ist, sowie zu den im §. 1822 Nr. 8 bis 10 bezeichneten
Rechtsgeschäften eine allgemeine Ermächtigung ertheilen.
Die Ermächtigung soll nur ertheilt werden, wenn sie zum
Zwecke der Vermögensverwaltung, insbesondere zum Betrieb eines
Erwerbsgeschäfts, erforderlich ist.
§. 1826. Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung
über die zu einer Handlung des Vormundes erforderliche Genehmigung den
Gegenvormund hören, sofern ein solcher vorhanden und die Anhörung thunlich ist.
§. 1827. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 50,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1828. Das Vormundschaftsgericht kann die Genehmigung zu
einem Rechtsgeschäfte nur dem Vormunde gegenüber erklären.
§. 1829. Schließt der Vormund einen Vertrag ohne die
erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, so hängt die Wirksamkeit
des Vertrags von der nachträglichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ab.
Die Genehmigung sowie deren Verweigerung wird dem anderen Theile gegenüber erst
wirksam, wenn sie ihm durch den Vormund mitgetheilt wird.
Fordert der andere Theil den Vormund zur Mittheilung darüber
auf, ob die Genehmigung ertheilt sei, so kann die Mittheilung der Genehmigung
nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung
erfolgen; erfolgt sie nicht, so gilt die Genehmigung als verweigert.
Ist der Mündel volljährig geworden, so tritt seine
Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
§. 1830. Hat der Vormund dem anderen Theile gegenüber der
Wahrheit zuwider die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts behauptet, so ist
der andere Theil bis zur Mittheilung der nachträglichen Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts zum Widerrufe berechtigt, es sei denn, daß ihm das
Fehlen der Genehmigung bei dem Abschlusse des Vertrags bekannt war.
§. 1831. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Vormund
ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornimmt, ist
unwirksam. Nimmt der Vormund mit dieser Genehmigung ein solches Rechtsgeschäft
einem Anderen gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der
Vormund die Genehmigung nicht in schriftlicher Form vorlegt und der Andere das
Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
§. 1832. Soweit der Vormund zu einem Rechtsgeschäfte der
Genehmigung des Gegenvormundes bedarf, finden die Vorschriften der §§. 1828 bis
1831 entsprechende Anwendung.
§. 1833. Der Vormund ist dem Mündel für den aus einer
Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich, wenn ihm ein Verschulden
zur Last fällt. Das Gleiche gilt von dem Gegenvormunde.
Sind für den Schaden Mehrere neben einander verantwortlich,
so haften sie als Gesammtschuldner. Ist neben dem Vormunde für den von diesem
verursachten Schaden der Gegenvormund oder ein Mitvormund nur wegen Verletzung
seiner Aufsichtspflicht verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu
einander der Vormund allein verpflichtet.
§. 1834. Verwendet der Vormund Geld des Mündels für sich, so
hat er es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
§. 1835. Macht der Vormund zum Zwecke der Führung der
Vormundschaft Aufwendungen, so kann er nach den für den Auftrag geltenden
Vorschriften der §§. 669, 670 von dem Mündel Vorschuß oder Ersatz verlangen.
Das gleiche Recht steht dem Gegenvormunde zu.
Als Aufwendungen gelten auch solche Dienste des Vormundes
oder des Gegenvormundes, die zu seinem Gewerbe oder seinem Berufe gehören.
Ist der Mündel mittellos, so kann der Vormund Vorschuß und
Ersatz aus der Staatskasse verlangen. Die Vorschriften über das Verfahren bei
der Entschädigung von Zeugen hinsichtlich ihrer baren Auslagen gelten
sinngemäß.
Das Jugendamt oder ein Verein kann als Vormund oder
Gegenvormund für Aufwendungen keinen Vorschuß und Ersatz nur insoweit
verlangen, als das Vermögen des Mündels ausreicht. Allgemeine Verwaltungskosten
werden nicht ersetzt. 4
§. 1836. Die Vormundschaft wird unentgeltlich geführt. Das
Vormundschaftsgericht kann jedoch dem Vormund und aus besonderen Gründen auch
dem Gegenvormund eine angemessene Vergütung bewilligen. Die Bewilligung soll
nur erfolgen, wenn das Vermögen des Mündels sowie der Umfang und die Bedeutung
der vormundschaftlichen Geschäfte es rechtfertigen. Die Vergütung kann
jederzeit für die Zukunft geändert oder entzogen werden.
Vor der Bewilligung, Aenderung oder Entziehung soll der
Vormund und, wenn ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen ist, auch dieser
gehört werden.
Dem Jugendamt oder einem Verein kann keine Vergütung
bewilligt werden. 4
III. Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts.
§. 1837. Das Vormundschaftsgericht hat über die gesammte
Thätigkeit des Vormundes und des Gegenvormundes die Aufsicht zu führen und
gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten.
Das Vormundschaftsgericht kann den Vormund und den
Gegenvormund zur Befolgung seiner Anordnungen durch Festsetzung von Zwangsgeld
anhalten. Gegen das Jugendamt oder einen Verein wird kein Zwangsgeld
festgesetzt. §§ 1666, 1666a, 1667 Abs. 1, 5 und § 1696 gelten entsprechend. 4 5
§. 1838. Anm.: Aufgehoben durch Art. 5, Z. 4, Bundesgesetzblatt
I 1990, S. 1163, Nr. 30, ausgegeben am 28. 06. 1990, in Kraft seit 01. 01. 1991.
§. 1839. Der Vormund sowie der Gegenvormund hat dem
Vormundschaftsgericht auf Verlangen jederzeit über die Führung der
Vormundschaft und über die persönlichen Verhältnisse des Mündels Auskunft zu
ertheilen.
§. 1840. Der Vormund hat über seine Vermögensverwaltung dem
Vormundschaftsgerichte Rechnung zu legen.
Die Rechnung ist jährlich zu legen. Das Rechnungsjahr wird
von dem Vormundschaftsgerichte bestimmt.
Ist die Verwaltung von geringem Umfange, so kann das Vormundschaftsgericht,
nachdem die Rechnung für das erste Jahr gelegt worden ist, anordnen, daß die
Rechnung für längere, höchstens dreijährige Zeitabschnitte zu legen ist.
§. 1841. Die Rechnung soll eine geordnete Zusammenstellung der
Einnahmen und Ausgaben enthalten, über den Ab- und Zugang des Vermögens
Auskunft geben und, soweit Belege ertheilt zu werden pflegen, mit Belegen
versehen sein.
Wird ein Erwerbsgeschäft mit kaufmännischer Buchführung
betrieben, so genügt als Rechnung ein aus den Büchern gezogener Jahresabschluß.
Das Vormundschaftsgericht kann jedoch die Vorlegung der Bücher und sonstigen
Belege verlangen.
§. 1842. Ist ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen,
so hat ihm der Vormund die Rechnung unter Nachweisung des Vermögensbestandes
vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen,
zu denen die Prüfung ihm Anlaß giebt.
§. 1843. Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung
rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen und, soweit erforderlich, ihre
Berichtigung und Ergänzung herbeizuführen.
Ansprüche, die zwischen dem Vormund und dem Mündel streitig
bleiben, können schon vor der Beendigung des Vormundschaftsverhältnisses im
Rechtswege geltend gemacht werden.
§. 1844. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen
Gründen den Einzelvormund anhalten, für das seiner Verwaltung unterliegende
Vermögen Sicherheit zu leisten. Die Art und den Umfang der Sicherheitsleistung
bestimmt das Vormundschaftsgericht nach seinem Ermessen. Das
Vormundschaftsgericht kann, solange das Amt des Vormundes dauert, jederzeit die
Erhöhung, Minderung oder Aufhebung der Sicherheit anordnen.
Bei der Bestellung, Aenderung oder Aufhebung der Sicherheit
wird die Mitwirkung des Mündels durch die Anordnung des Vormundschaftsgerichts
ersetzt.
Die Kosten der Sicherheitsleistung sowie der Aenderung oder
der Aufhebung fallen dem Mündel zur Last. 4
§. 1845. Will der zum Vormunde bestellte Vater oder die zum
Vormunde bestellte Mutter des Mündels eine Ehe eingehen, so gilt § 1683
entsprechend.
§. 1846. Ist ein Vormund noch nicht bestellt oder ist der
Vormund an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert, so hat das
Vormundschaftsgericht die im Interesse des Mündels erforderlichen Maßregeln zu
treffen.
§. 1847. Das Vormundschaftsgericht soll in wichtigen
Angelegenheiten Verwandte oder Verschwägerte des Mündels hören, wenn dies ohne
erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnismäßige Kosten geschehen kann. §
1779 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
§. 1848. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 42, Bundesgesetzblatt I 1976, S. 1421, Nr. 67,
ausgegeben am 15. 06. 1976, in Kraft seit 01. 07. 1976 – 1. EheRG.
IV. Mitwirkung des Jugendamts
§. 1849. Anm.: Aufgehoben durch Art. 5, Z. 4, Bundesgesetzblatt
I 1990, S. 1163, Nr. 30, ausgegeben am 28. 06. 1990, in Kraft seit 01. 01. 1991.
§. 1850. Anm.: Aufgehoben durch Art. 5, Z. 4, Bundesgesetzblatt
I 1990, S. 1163, Nr. 30, ausgegeben am 28. 06. 1990, in Kraft seit 01. 01. 1991.
§. 1851. Das Vormundschaftsgericht hat dem Jugendamt die
Anordnung der Vormundschaft unter Bezeichnung des Vormunds und des
Gegenvormunds sowie einen Wechsel in der Person und die Beendigung der
Vormundschaft mitzuteilen.
Wird der gewöhnliche Aufenthalt eines Mündels in den Bezirk
eines anderen Jugendamts verlegt, so hat der Vormund dem Jugendamt des
bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts und dieses dem Jugendamt des neuen
gewöhnlichen Aufenthalts die Verlegung mitzuteilen.
Ist ein Verein Vormund, so sind die Absätze 1 und 2 nicht
anzuwenden.
§. 1851a. Anm.: Aufgehoben durch Art. 5, Z. 4, Bundesgesetzblatt
I 1990, S. 1163, Nr. 30, ausgegeben am 28. 06. 1990, in Kraft seit 01. 01. 1991.
V. Befreite Vormundschaft.
§. 1852. Der Vater kann, wenn er einen Vormund benennt, die
Bestellung eines Gegenvormundes ausschließen.
Der Vater kann anordnen, daß der von ihm benannte Vormund
bei der Anlegung von Geld den in den §§. 1809, 1810 bestimmten Beschränkungen
nicht unterliegen und zu den im §. 1812 bezeichneten Rechtsgeschäften der
Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts nicht bedürfen
soll. Diese Anordnungen sind als getroffen anzusehen, wenn der Vater die
Bestellung eines Gegenvormundes ausgeschlossen hat.
§. 1853. Der Vater kann den von ihm benannten Vormund von
der Verpflichtung entbinden, Inhaber- und Orderpapiere zu hinterlegen und den
im §. 1816 bezeichneten Vermerk in das Reichsschuldbuch oder das
Staatsschuldbuch eintragen zu lassen.
§. 1854. Der Vater kann den von ihm benannten Vormund von
der Verpflichtung entbinden, während der Dauer seines Amtes Rechnung zu legen.
Der Vormund hat in einem solchen Falle nach dem Ablaufe von
je zwei Jahren eine Uebersicht über den Bestand des seiner Verwaltung
unterliegenden Vermögens dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Das
Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Uebersicht in längeren, höchstens
fünfjährigen Zwischenräumen einzureichen ist.
Ist ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen, so hat ihm
der Vormund die Uebersicht unter Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen.
Der Gegenvormund hat die Uebersicht mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen
die Prüfung ihm Anlaß giebt.
§. 1855. Benennt die Mutter einen Vormund, so kann sie die
gleichen Anordnungen treffen wie nach den §§. 1852 bis 1854 der Vater.
§. 1856. Auf die nach den §§ 1852 bis 1855 zulässigen
Anordnungen sind die Vorschriften des § 1777 anzuwenden. Haben die Eltern
denselben Vormund benannt, aber einander widersprechende Anordnungen getroffen,
so gelten die Anordnungen des zuletzt verstorbenen Elternteils.
§. 1857. Die Anordnungen des Vaters oder der Mutter können
von dem Vormundschaftsgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung
das Interesse des Mündels gefährden würde.
§. 1857a. Dem Jugendamt und einem Verein als Vormund stehen die
nach § 1852 Abs. 2, §§ 1853, 1854 zulässigen Befreiungen zu.
VI. Familienrath.
§. 1858. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1859. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1860. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1861. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1862. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1863. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1864. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1865. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1866. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1867. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1868. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1869. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt
I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01.
1980.
§. 1870. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1871. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1872. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1873. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1874. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1875. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1876. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt
I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01.
1980.
§. 1877. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1878. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1879. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1880. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1881. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
VII. Beendigung der Vormundschaft.
§. 1882. Die Vormundschaft endigt mit dem Wegfalle der im §.
1773 für die Begründung der Vormundschaft bestimmten Voraussetzungen.
§. 1883. Wird der Mündel durch nachfolgende Ehe seiner
Eltern ehelich, so endigt die Vormundschaft erst dann, wenn ihre Aufhebung von
dem Vormundschaftsgericht angeordnet wird.
§. 1884. Ist der Mündel verschollen, so endigt die
Vormundschaft erst mit der Aufhebung durch das Vormundschaftsgericht. Das
Vormundschaftsgericht hat die Vormundschaft aufzuheben, wenn ihm der Tod des
Mündels bekannt wird.
Wird der Mündel für tot erklärt oder wird seine Todeszeit
nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt, so endigt die
Vormundschaft mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Todeserklärung oder
die Feststellung der Todeszeit.
§. 1885. Das Amt des Vormundes endigt mit seiner
Entmündigung.
§. 1886. Das Vormundschaftsgericht hat den Einzelvormund zu
entlassen, wenn die Fortführung des Amtes, insbesondere wegen pflichtwidrigen
Verhaltens des Vormundes, das Interesse des Mündels gefährden würde oder wenn
in der Person des Vormundes einer der im §. 1781 bestimmten Gründe vorliegt. 4
§. 1887. Das Vormundschaftsgericht hat das Jugendamt oder
den Verein als Vormund zu entlassen und einen anderen Vormund zu bestellen,
wenn dies dem Wohle des Mündels dient und eine andere als Vormund geeignete
Person vorhanden ist.
Die Entscheidung ergeht von Amts wegen oder auf Antrag. Zum
Antrag ist berechtigt der Mündel, der das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat,
sowie jeder, der ein berechtigtes Interesse des Mündels geltend macht. Das
Jugendamt oder der Verein sollen den Antrag stellen, sobald sie erfahren, daß
die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.
Das Vormundschaftsgericht soll vor seiner Entscheidung auch
das Jugendamt oder den Verein hören.
§. 1888. Ist ein Beamter oder ein Religionsdiener zum
Vormunde bestellt, so hat ihn das Vormundschaftsgericht zu entlassen, wenn die
Erlaubniß, die nach den Landesgesetzen zur Uebernahme der Vormundschaft oder
zur Fortführung der vor dem Eintritt in das Amts- oder Dienstverhältniß
übernommenen Vormundschaft erforderlich ist, versagt oder zurückgenommen wird
oder wenn die nach den Landesgesetzen zulässige Untersagung der Fortführung der
Vormundschaft erfolgt.
§. 1889. Das Vormundschaftsgericht hat den Einzelvormund auf
seinen Antrag zu entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein wichtiger
Grund ist insbesondere der Eintritt eines Umstandes, der den Vormund nach §.
1786 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 berechtigen würde, die Uebernahme der Vormundschaft
abzulehnen.
Das Vormundschaftsgericht hat das Jugendamt oder den Verein
als Vormund auf seinen Antrag zu entlassen, wenn eine andere als Vormund
geeignete Person vorhanden ist und das Wohl des Mündels dieser Maßnahme nicht
entgegensteht. Ein Verein ist auf seinen Antrag ferner zu entlassen, wenn ein
wichtiger Grund vorliegt.
§. 1890. Der Vormund hat nach der Beendigung seines Amtes
dem Mündel das verwaltete Vermögen herauszugeben und über die Verwaltung
Rechenschaft abzulegen. Soweit er dem Vormundschaftsgerichte Rechnung gelegt
hat, genügt die Bezugnahme auf diese Rechnung.
§. 1891. Ist ein Gegenvormund vorhanden, so hat ihm der
Vormund die Rechnung vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Rechnung mit den
Bemerkungen zu versehen, zu denen die Prüfung ihm Anlaß giebt.
Der Gegenvormund hat über die Führung der Gegenvormundschaft
und, soweit er dazu im Stande ist, über das von dem Vormunde verwaltete
Vermögen auf Verlangen Auskunft zu ertheilen.
§. 1892. Der Vormund hat die Rechnung, nachdem er sie dem
Gegenvormunde vorgelegt hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen.
Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig
und sachlich zu prüfen und deren Abnahme durch Verhandlung mit den Betheiligten
unter Zuziehung des Gegenvormundes zu vermitteln. Soweit die Rechnung als
richtig anerkannt wird, hat das Vormundschaftsgericht das Anerkenntniß zu
beurkunden.
§. 1893. Im Falle der Beendigung der Vormundschaft oder des
vormundschaftlichen Amtes finden die Vorschriften der §§ 1698a, 1698b
entsprechende Anwendung.
Der Vormund hat nach Beendigung seines Amtes die Bestallung
dem Vormundschaftsgericht zurückzugeben. In den Fällen der §§ 1791a, 1791b ist
die schriftliche Verfügung des Vormundschaftsgerichts, im Falle des § 1791c die
Bescheinigung über den Eintritt der Vormundschaft zurückzugeben.
§. 1894. Den Tod des Vormundes hat dessen Erbe dem
Vormundschaftsgericht unverzüglich anzuzeigen.
Den Tod des Gegenvormundes oder eines Mitvormundes hat der
Vormund unverzüglich anzuzeigen.
§. 1895. Die Vorschriften der §§. 1885 bis 1889, 1893, 1894
finden auf den Gegenvormund entsprechende Anwendung.
Zweiter Titel.
Vormundschaft über Volljährige.
§. 1896. Ein Volljähriger erhält einen Vormund, wenn er
entmündigt ist.
§. 1897. Auf die Vormundschaft über einen Volljährigen
finden die für die Vormundschaft über einen Minderjährigen geltenden
Vorschriften Anwendung, soweit sich nicht aus den §§. 1898 bis 1908 ein Anderes
ergiebt. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß
andere Behörden an die Stelle des Jugendamts und des Landesjugendamts treten.
§. 1898. Der Vater und die Mutter des Mündels sind nicht
berechtigt, einen Vormund zu benennen oder Jemand von der Vormundschaft
auszuschließen.
§. 1899. Als Vormund sind die Eltern des Mündels berufen; §
1779 Abs. 2 gilt entsprechend.
Die Eltern sind
nicht berufen, wenn der Mündel von einer anderen Person als seinem Vater oder
seiner Mutter oder deren Ehegatten als Kind angenommen ist.
§ 1778 Abs. 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, daß der Mündel
der Bestellung eines Elternteils zum Vormund nicht widersprechen kann.
§. 1900. Der Ehegatte des Mündels darf vor den Eltern zum
Vormund bestellt werden.
§. 1901. Der Vormund hat für die Person des Mündels nur
insoweit zu sorgen, als der Zweck der Vormundschaft es erfordert.
Ist oder war der Mündel verheiratet, so gilt die in § 1633
bestimmte Beschränkung nicht.
§. 1902. Der Vormund kann eine Ausstattung aus dem Vermögen
des Mündels nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts versprechen oder
gewähren.
Zu einem Mieth- oder Pachtvertrage sowie zu einem anderen
Vertrage, durch den der Mündel zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird,
bedarf der Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn das
Vertragsverhältniß länger als vier Jahre dauern soll. Die Vorschrift des §.
1822 Nr. 4 bleibt unberührt.
§. 1903. Wird der Vater oder die Mutter des Mündels zum
Vormund bestellt, so wird ein Gegenvormund nicht bestellt. Dem Vater oder der
Mutter stehen die Befreiungen zu, die nach den §§ 1852 bis 1854 angeordnet
werden können. Das Vormundschaftsgericht kann die Befreiung außer Kraft setzen,
wenn sie das Interesse des Mündels gefährden.
Diese Vorschriften sind nicht anzuwenden, wenn der Vater
oder die Mutter im Falle der Minderjährigkeit des Mündels zur
Vermögensverwaltung nicht berechtigt wäre.
§. 1904. Dem Vater oder der Mutter ist ein Gegenvormund zu
bestellen, wenn sie dies beantragen. Wird ein Gegenvormund bestellt, so stehen
dem Vater oder der Mutter die in § 1852 bezeichneten Befreiungen nicht zu.
Das Vormundschaftsgericht soll die Bestellung des
Gegenvormundes nur mit Zustimmung des Elternteils, dem der Gegenvormund
bestellt ist, aufheben.
§. 1905. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 59,
Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft
seit 01. 01. 1980.
§. 1906. Ein Volljähriger, dessen Entmündigung beantragt
ist, kann unter vorläufige Vormundschaft gestellt werden, wenn das
Vormundschaftsgericht es zur Abwendung einer erheblichen Gefährdung der Person
oder des Vermögens des Volljährigen für erforderlich erachtet.
§. 1907. Die Vorschriften über die Berufung zur
Vormundschaft gelten nicht für die vorläufige Vormundschaft.
§. 1908. Die vorläufige Vormundschaft endigt mit der
Rücknahme oder der rechtskräftigen Abweisung des Antrags auf Entmündigung.
Erfolgt die Entmündigung, so endigt die vorläufige
Vormundschaft, wenn auf Grund der Entmündigung ein Vormund bestellt wird.
Die vorläufige Vormundschaft ist von dem
Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Mündel des vorläufigen
vormundschaftlichen Schutzes nicht mehr bedürftig ist.
Dritter Titel.
Pflegschaft.
§. 1909. Wer unter elterlicher Gewalt oder unter
Vormundschaft steht, erhält für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern
oder der Vormund verhindert sind, einen Pfleger. Er erhält insbesondere einen
Pfleger zur Verwaltung des Vermögens, das er von Todes wegen erwirbt oder das
ihm unter Lebenden unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch
letztwillige Verfügung, der Zuwendende bei der Zuwendung bestimmt hat, daß die
Eltern oder der Vormund das Vermögen nicht verwalten sollen.
Wird eine Pflegschaft erforderlich, so haben die Eltern oder
der Vormund dies dem Vormundschaftsgericht unverzüglich anzuzeigen.
Die Pflegschaft ist auch dann anzuordnen, wenn die
Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft vorliegen, ein Vormund
aber noch nicht bestellt ist.
§. 1910. Ein Volljähriger, der nicht unter Vormundschaft
steht, kann einen Pfleger für seine Person und sein Vermögen erhalten, wenn er
in Folge körperlicher Gebrechen, insbesondere weil er taub, blind oder stumm
ist, seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag.
Vermag ein Volljähriger, der nicht unter Vormundschaft
steht, in Folge geistiger oder körperlicher Gebrechen einzelne seiner
Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis seiner Angelegenheiten,
insbesondere seine Vermögensangelegenheiten, nicht zu besorgen, so kann er für
diese Angelegenheiten einen Pfleger erhalten.
Die Pflegschaft darf nur mit Einwilligung des Gebrechlichen
angeordnet werden, es sei denn, daß eine Verständigung mit ihm nicht möglich
ist.
§. 1911. Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt
unbekannt ist, erhält für seine Vermögensangelegenheiten, soweit sie der
Fürsorge bedürfen, einen Abwesenheitspfleger. Ein solcher Pfleger ist ihm
insbesondere auch dann zu bestellen, wenn er durch Ertheilung eines Auftrags
oder einer Vollmacht Fürsorge getroffen hat, aber Umstände eingetreten sind,
die zum Widerrufe des Auftrags oder der Vollmacht Anlaß geben.
Das Gleiche gilt von einem Abwesenden, dessen Aufenthalt
bekannt, der aber an der Rückkehr und der Besorgung seiner
Vermögensangelegenheiten verhindert ist.
§. 1912. Eine Leibesfrucht erhält zur Wahrung ihrer
künftigen Rechte, soweit diese einer Fürsorge bedürfen, einen Pfleger. Auch
ohne diese Voraussetzungen kann für eine Leibesfrucht auf Antrag des Jugendamts
oder der werdenden Mutter ein Pfleger bestellt werden, wenn anzunehmen ist, daß
das Kind nichtehelich geboren werden wird.
Die Fürsorge steht jedoch den Eltern insoweit zu, als ihnen
die elterliche Gewalt zustünde, wenn das Kind bereits geboren wäre.
§. 1913. Ist unbekannt oder ungewiß, wer bei einer Angelegenheit
der Betheiligte ist, so kann dem Betheiligten für diese Angelegenheit, soweit
eine Fürsorge erforderlich ist, ein Pfleger bestellt werden. Insbesondere kann
einem Nacherben, der noch nicht erzeugt ist oder dessen Persönlichkeit erst
durch ein künftiges Ereigniß bestimmt wird, für die Zeit bis zum Eintritte der
Nacherbfolge ein Pfleger bestellt werden.
§. 1914. Ist durch öffentliche Sammlung Vermögen für einen
vorübergehenden Zweck zusammengebracht worden, so kann zum Zwecke der
Verwaltung und Verwendung des Vermögens ein Pfleger bestellt werden, wenn die
zu der Verwaltung und Verwendung berufenen Personen weggefallen sind.
§. 1915. Auf die Pflegschaft finden die für die
Vormundschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit sich nicht
aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
Die Bestellung eines Gegenvormundes ist nicht erforderlich.
§. 1916. Für die nach §. 1909 anzuordnende Pflegschaft
gelten die Vorschriften über die Berufung zur Vormundschaft nicht.
§. 1917. Wird die Anordnung einer Pflegschaft nach § 1909
Abs. 1 Satz 2 erforderlich, so ist als Pfleger berufen, wer durch letztwillige
Verfügung oder bei der Zuwendung benannt worden ist; die Vorschriften des §
1778 sind entsprechend anzuwenden.
Für den benannten Pfleger können durch letztwillige
Verfügungen oder bei der Zuwendung die in den §§ 1852 bis 1854 bezeichneten
Befreiungen angeordnet werden. Das Vormundschaftsgericht kann die Anordnungen
außer Kraft setzen, wenn sie das Interesse des Pfleglings gefährden.
Zu einer Abweichung von den Anordnungen des Zuwendenden ist,
solange er lebt, seine Zustimmung erforderlich und genügend. Ist er zur Abgabe
einer Erklärung dauernd außerstande oder ist sein Aufenthalt dauernd unbekannt,
so kann das Vormundschaftsgericht die Zustimmung ersetzen.
§. 1918. Die Pflegschaft für eine unter elterlicher Gewalt
oder unter Vormundschaft stehende Person endigt mit der Beendigung der
elterlichen Gewalt oder der Vormundschaft.
Die Pflegschaft für eine Leibesfrucht endigt mit der Geburt
des Kindes.
Die Pflegschaft zur Besorgung einer einzelnen Angelegenheit
endigt mit deren Erledigung.
§. 1919. Die Pflegschaft ist von dem Vormundschaftsgericht
aufzuheben, wenn der Grund für die Anordnung der Pflegschaft weggefallen ist.
§. 1920. Eine nach §. 1910 angeordnete Pflegschaft ist von
dem Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Pflegebefohlene die Aufhebung
beantragt.
§. 1921. Die Pflegschaft für einen Abwesenden ist von dem
Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Abwesende an der Besorgung seiner
Vermögensangelegenheiten nicht mehr verhindert ist.
Stirbt der Abwesende, so endigt die Pflegschaft erst mit der
Aufhebung durch das Vormundschaftsgericht. Das Vormundschaftsgericht hat die
Pflegschaft aufzuheben, wenn ihm der Tod des Abwesenden bekannt wird.
Wird der Abwesende für tot erklärt oder wird seine Todeszeit
nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt, so endigt die
Pflegeschaft mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Todeserklärung oder
die Feststellung der Todeszeit.
Fünftes Buch.
Erbrecht.
Erster Abschnitt.
Erbfolge.
§. 1922. Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren
Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben)
über.
Auf den Antheil eines Miterben (Erbtheil) finden die sich
auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung.
§. 1923. Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls
lebt.
Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits
erzeugt war, gilt als vor dem Erbfalle geboren.
§. 1924. Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die
Abkömmlinge des Erblassers.
Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling schließt die
durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr
lebenden Abkömmlinges treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten
Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).
Kinder erben zu gleichen Theilen.
§. 1925. Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die
Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls die Eltern, so erben sie allein
und zu gleichen Theilen.
Lebt zur Zeit des Erbfalls der Vater oder die Mutter nicht
mehr, so treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge nach den für
die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften. Sind Abkömmlinge
nicht vorhanden, so erbt der überlebende Theil allein.
In den Fällen des
§ 1756 sind das angenommene Kind und die Abkömmlinge der leiblichen Eltern oder
des anderen Elternteils des Kindes im Verhältnis zueinander nicht Erben der
zweiten Ordnung.
§. 1926. Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind die
Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls die Großeltern, so erben sie
allein und zu gleichen Theilen.
Lebt zur Zeit des Erbfalls von einem Großelternpaar der
Großvater oder die Großmutter nicht mehr, so treten an die Stelle des
Verstorbenen dessen Abkömmlinge. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so fällt der
Antheil des Verstorbenen dem anderen Theile des Großelternpaars und, wenn
dieser nicht mehr lebt, dessen Abkömmlingen zu.
Lebt zur Zeit des Erbfalls ein Großelternpaar nicht mehr und
sind Abkömmlinge der Verstorbenen nicht vorhanden, so erben die anderen
Großeltern oder ihre Abkömmlinge allein.
Soweit Abkömmlinge an die Stelle ihrer Eltern oder ihrer Voreltern
treten, finden die für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden
Vorschriften Anwendung.
§. 1927. Wer in der ersten, der zweiten oder der dritten
Ordnung verschiedenen Stämmen angehört, erhält den in jedem dieser Stämme ihm
zufallenden Antheil. Jeder Antheil gilt als besonderer Erbtheil.
§. 1928. Gesetzliche Erben der vierten Ordnung sind die
Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern, so erben sie
allein; mehrere erben zu gleichen Theilen, ohne Unterschied, ob sie derselben
Linie oder verschiedenen Linien angehören.
Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern nicht mehr, so erbt
von ihren Abkömmlingen derjenige, welcher mit dem Erblasser dem Grade nach am
nächsten verwandt ist; mehrere gleich nahe Verwandte erben zu gleichen Theilen.
§. 1929. Gesetzliche Erben der fünften Ordnung und der
ferneren Ordnungen sind die entfernteren Voreltern des Erblassers und deren
Abkömmlinge.
Die Vorschriften des §. 1928 Abs. 2, 3 finden entsprechende
Anwendung.
§. 1930. Ein Verwandter ist nicht zur Erbfolge berufen,
solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, auch wenn
diesem nur ein Erbersatzanspruch zusteht.
§. 1931. Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben
Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertheile, neben Verwandten der zweiten
Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe
berufen. Treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält
der Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Antheil, der nach §. 1926 den
Abkömmlingen zufallen würde.
Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung
noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze
Erbschaft.
Die Vorschriften des § 1371 bleiben unberührt.
Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche
Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers
berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen; §
1924 Abs. 3 gilt auch in diesem Falle.
§. 1932. Ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der
zweiten Ordnung oder neben Großeltern gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm außer
dem Erbteil die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht
Zubehör eines Grundstücks sind, und die Hochzeitsgeschenke als Voraus. Ist der
überlebende Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung gesetzlicher Erbe, so
gebühren ihm diese Gegenstände, soweit er sie zur Führung eines angemessenen
Haushalts benötigt.
Auf den Voraus sind die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften
anzuwenden.
§. 1933. Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das
Recht auf den Voraus ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers
die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser
die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Das gleiche gilt, wenn der
Erblasser auf Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben
hatte. In diesen Fällen ist der Ehegatte nach Maßgabe der §§ 1569 bis 1586b
unterhaltsberechtigt.
§. 1934. Gehört der überlebende Ehegatte zu den
erbberechtigten Verwandten, so erbt er zugleich als Verwandter. Der Erbtheil,
der ihm auf Grund der Verwandtschaft zufällt, gilt als besonderer Erbtheil.
§. 1934a. Einem nichtehelichen Kinde und seinen Abkömmlingen
steht beim Tode des Vaters des Kindes sowie beim Tode von väterlichen
Verwandten neben ehelichen Abkömmlingen des Erblassers und neben dem
überlebenden Ehegatten des Erblassers an Stelle des gesetzlichen Erbteils ein
Erbersatzanspruch gegen den Erben in Höhe des Wertes des Erbteils zu.
Beim Tode eines nichtehelichen Kindes steht dem Vater und
seinen Abkömmlingen neben der Mutter und ihren ehelichen Abkömmlingen an Stelle
des gesetzlichen Erbteils der im Absatz 1 bezeichnete Erbersatzanspruch zu.
Beim Tode eines nichtehelichen Kindes sowie beim Tode eines
Kindes des nichtehelichen Kindes steht dem Vater des nichtehelichen Kindes und
seinen Verwandten neben dem überlebenden Ehegatten des Erblassers an Stelle des
gesetzlichen Erbteils der im Absatz 1 bezeichnete Erbersatzanspruch zu.
Soweit es nach den Absätzen 1 und 2 für die Entstehung eines
Erbersatzanspruchs darauf ankommt, ob eheliche Abkömmlinge vorhanden sind,
steht ein nichteheliches Kind im Verhältnis zu seiner Mutter einem ehelichen
Kinde gleich.
§. 1934b. Der Berechnung des Erbersatzanspruchs wird der
Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde gelegt. Der
Wert ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. § 2049 gilt
entsprechend.
Auf den Erbersatzanspruch sind die für den Pflichtteil
geltenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 2303 bis 2312, 2315, 2316, 2318,
2322 bis 2331, 2332 bis 2338a sowie die für die Annahme und die Ausschlagung
eines Vermächtnisses geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden. Der Erbersatzanspruch
verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Erbersatzberechtigte
von dem Eintritt des Erbfalls und den Umständen, aus denen sich das Bestehen
des Anspruchs ergibt, Kenntnis erlangt, spätestens in dreißig Jahren von dem
Eintritt des Erbfalls an.
Auf den Erbersatzanspruch eines Abkömmlings des Erblassers
sind auch die Vorschriften über die Ausgleichungspflicht unter Abkömmlingen,
die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, entsprechend anzuwenden.
§. 1934c. Anm.:
Aufgehoben durch Bundesgesetzblatt I 1987, S. 757, Nr. 17, ausgegeben am 12.
03. 1987, in Kraft seit 18. 11. 1986 – Entscheidung BVerfG.
§. 1934d. Ein nichteheliches Kind, welches das
einundzwanzigste, aber noch nicht das siebenundzwanzigste Lebensjahr vollendet
hat, ist berechtigt, von seinem Vater einen vorzeitigen Erbausgleich in Geld zu
verlangen.
Der Ausgleichsbetrag beläuft sich auf das Dreifache des
Unterhalts, den der Vater dem Kinde im Durchschnitt der letzten fünf Jahre, in
denen es voll unterhaltsbedürftig war, jährlich zu leisten hatte. Ist nach den
Erwerbs- und Vermögensverhältnissen des Vaters unter Berücksichtigung seiner
anderen Verpflichtungen eine Zahlung in dieser Höhe entweder dem Vater nicht
zuzumuten oder für das Kind als Erbausgleich unangemessen gering, so beläuft
sich der Ausgleichsbetrag auf das den Umständen nach Angemessene, jedoch auf
mindestens das Einfache, höchstens das Zwölffache des in Satz 1 bezeichneten
Unterhalts.
Der Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an,
in dem das Kind das siebenundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat.
Eine Vereinbarung, die zwischen dem Kinde und dem Vater über
den Erbausgleich getroffen wird, bedarf der notariellen Beurkundung. Bevor eine
Vereinbarung beurkundet oder über den Erbausgleich rechtskräftig entschieden
ist, kann das Kind das Ausgleichsverlangen ohne Einwilligung des Vaters
zurücknehmen. Kommt ein Erbausgleich nicht zustande, so gelten für Zahlungen,
die der Vater dem Kinde im Hinblick auf den Erbausgleich geleistet und nicht
zurückgefordert hat, die Vorschriften des § 2050 Abs. 1, des § 2051 Abs. 1 und
des § 2315 entsprechend.
Der Vater kann Stundung des Ausgleichsbetrages verlangen,
wenn er dem Kinde laufenden Unterhalt zu gewähren hat und soweit ihm die
Zahlung neben der Gewährung des Unterhalts nicht zugemutet werden kann. In
anderen Fällen kann der Vater Stundung verlangen, wenn ihn die sofortige
Zahlung des gesamten Ausgleichsbetrages besonders hart treffen würde und dem
Kinde eine Stundung zugemutet werden kann. Die Vorschriften des § 1382 gelten
entsprechend.
§. 1934e. Ist über den Erbausgleich eine wirksame
Vereinbarung getroffen oder ist er durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt, so
sind beim Tode des Vaters sowie beim Tode väterlicher Verwandter das Kind und
dessen Abkömmlinge, beim Tode des Kindes sowie beim Tode von Abkömmlingen des
Kindes der Vater und dessen Verwandte nicht gesetzliche Erben und nicht
pflichtteilsberechtigt.
§. 1935. Fällt ein gesetzlicher Erbe vor oder nach dem
Erbfalle weg und erhöht sich in Folge dessen der Erbtheil eines anderen
gesetzlichen Erben, so gilt der Theil, um welchen sich der Erbtheil erhöht, in
Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit denen dieser Erbe oder der
wegfallende Erbe beschwert ist, sowie in Ansehung der Ausgleichungspflicht als
besonderer Erbtheil.
§. 1936. Ist zur Zeit des Erbfalls weder ein Verwandter noch
ein Ehegatte des Erblassers vorhanden, so ist der Fiskus des Bundesstaats, dem
der Erblasser zur Zeit des Todes angehört hat, gesetzlicher Erbe. Hat der
Erblasser mehreren Bundesstaaten angehört, so ist der Fiskus eines jeden dieser
Staaten zu gleichem Antheile zur Erbfolge berufen.
War der Erblasser ein Deutscher, der keinem Bundesstaat
angehörte, so ist der Reichsfiskus gesetzlicher Erbe.
§. 1937. Der Erblasser kann durch einseitige Verfügung von
Todeswegen (Testament, letztwillige Verfügung) den Erben bestimmen.
§. 1938. Der Erblasser kann durch Testament einen Verwandten
oder den Ehegatten von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, ohne einen Erben
einzusetzen.
§. 1939. Der Erblasser kann durch Testament einem Anderen,
ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvortheil zuwenden (Vermächtniß).
§. 1940. Der Erblasser kann durch Testament den Erben oder
einen Vermächtnißnehmer zu einer Leistung verpflichten, ohne einem Anderen ein
Recht auf die Leistung zuzuwenden (Auflage).
§. 1941. Der Erblasser kann durch Vertrag einen Erben
einsetzen sowie Vermächtnisse und Auflagen anordnen (Erbvertrag).
Als Erbe (Vertragserbe) oder als Vermächtnißnehmer kann
sowohl der andere Vertragschließende als ein Dritter bedacht werden.
Zweiter Abschnitt.
Rechtliche Stellung des Erben.
Erster Titel.
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft. Fürsorge des
Nachlaßgerichts.
§. 1942. Die Erbschaft geht auf den berufenen Erben
unbeschadet des Rechtes über, sie auszuschlagen (Anfall der Erbschaft).
Der Fiskus kann die ihm als gesetzlichem Erben angefallene
Erbschaft nicht ausschlagen.
§. 1943. Der Erbe kann die Erbschaft nicht mehr ausschlagen,
wenn er sie angenommen hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene
Frist verstrichen ist; mit dem Ablaufe der Frist gilt die Erbschaft als
angenommen.
§. 1944. Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen
erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von
dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntniß erlangt. Ist der Erbe durch
Verfügung von Todeswegen berufen, so beginnt die Frist nicht vor der Verkündung
der Verfügung. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden
Vorschriften der §§. 203, 206 entsprechende Anwendung.
Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen
letzten Wohnsitz nur im Auslande gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem
Beginne der Frist im Ausland aufhält.
§. 1945. Die Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber
dem Nachlaßgerichte; die Erklärung ist zur Niederschrift des Nachlaßgerichts
oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Die Niederschrift des Nachlaßgerichts wird nach den
Vorschriften des Beurkundungsgesetzes errichtet.
Ein Bevollmächtigter bedarf einer öffentlich beglaubigten
Vollmacht. Die Vollmacht muß der Erklärung beigefügt oder innerhalb der
Ausschlagungsfrist nachgebracht werden.
§. 1946. Der Erbe kann die Erbschaft annehmen oder
ausschlagen, sobald der Erbfall eingetreten ist.
§. 1947. Die Annahme und die Ausschlagung können nicht unter
einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
§. 1948. Wer durch Verfügung von Todeswegen als Erbe berufen
ist, kann, wenn er ohne die Verfügung als gesetzlicher Erbe berufen sein würde,
die Erbschaft als eingesetzter Erbe ausschlagen und als gesetzlicher Erbe
annehmen.
Wer durch Testament und durch Erbvertrag als Erbe berufen
ist, kann die Erbschaft aus dem einen Berufungsgrund annehmen und aus dem
anderen ausschlagen.
§. 1949. Die Annahme gilt als nicht erfolgt, wenn der Erbe
über den Berufungsgrund im Irrthume war.
Die Ausschlagung erstreckt sich im Zweifel auf alle
Berufungsgründe, die dem Erben zur Zeit der Erklärung bekannt sind.
§. 1950. Die Annahme und die Ausschlagung können nicht auf
einen Theil der Erbschaft beschränkt werden. Die Annahme oder Ausschlagung
eines Theiles ist unwirksam.
§. 1951. Wer zu mehreren Erbtheilen berufen ist, kann, wenn
die Berufung auf verschiedenen Gründen beruht, den einen Erbtheil annehmen und
den anderen ausschlagen.
Beruht die Berufung auf demselben Grunde, so gilt die
Annahme oder Ausschlagung des einen Erbtheils auch für den anderen, selbst wenn
der andere erst später anfällt. Die Berufung beruht auf demselben Grunde auch
dann, wenn sie in verschiedenen Testamenten oder vertragsmäßig in verschiedenen
zwischen denselben Personen geschlossenen Erbverträgen angeordnet ist.
Setzt der Erblasser einen Erben auf mehrere Erbtheile ein,
so kann er ihm durch Verfügung von Todeswegen gestatten, den einen Erbtheil
anzunehmen und den anderen auszuschlagen.
§. 1952. Das Recht des Erben, die Erbschaft auszuschlagen,
ist vererblich.
Stirbt der Erbe vor dem Ablaufe der Ausschlagungsfrist, so
endigt die Frist nicht vor dem Ablaufe der für die Erbschaft des Erben
vorgeschriebenen Ausschlagungsfrist.
Von mehreren Erben des Erben kann jeder den seinem Erbtheil
entsprechenden Theil der Erbschaft ausschlagen.
§. 1953. Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der
Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.
Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein
würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der
Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt.
Das Nachlaßgericht soll die Ausschlagung demjenigen
mittheilen, welchem die Erbschaft in Folge der Ausschlagung angefallen ist. Es
hat die Einsicht der Erklärung Jedem zu gestatten, der ein rechtliches
Interesse glaubhaft macht.
§. 1954. Ist die Annahme oder die Ausschlagung anfechtbar,
so kann die Anfechtung nur binnen sechs Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung
mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört, in den übrigen Fällen mit
dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde
Kenntniß erlangt. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung
geltenden Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen
letzten Wohnsitz nur im Auslande gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem
Beginne der Frist im Ausland aufhält.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Annahme
oder der Ausschlagung dreißig Jahre verstrichen sind.
§. 1955. Die Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Für die Erklärung gelten
die Vorschriften des §. 1945.
§. 1956. Die Versäumung der Ausschlagungsfrist kann in
gleicher Weise wie die Annahme angefochten werden.
§. 1957. Die Anfechtung der Annahme gilt als Ausschlagung,
die Anfechtung der Ausschlagung gilt als Annahme.
Das Nachlaßgericht soll die Anfechtung der Ausschlagung
demjenigen mittheilen, welchem die Erbschaft in Folge der Ausschlagung
angefallen war. Die Vorschrift des §. 1953 Abs. 3 Satz 2 findet Anwendung.
§. 1958. Vor der Annahme der Erbschaft kann ein Anspruch,
der sich gegen den Nachlaß richtet, nicht gegen den Erben gerichtlich geltend
gemacht werden.
§. 1959. Besorgt der Erbe vor der Ausschlagung
erbschaftliche Geschäfte, so ist er demjenigen gegenüber, welcher Erbe wird,
wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag berechtigt und verpflichtet.
Verfügt der Erbe vor der Ausschlagung über einen
Nachlaßgegenstand, so wird die Wirksamkeit der Verfügung durch die Ausschlagung
nicht berührt, wenn die Verfügung nicht ohne Nachtheil für den Nachlaß
verschoben werden konnte.
Ein Rechtsgeschäft, das gegenüber dem Erben als solchem
vorgenommen werden muß, bleibt, wenn es vor der Ausschlagung dem Ausschlagenden
gegenüber vorgenommen wird, auch nach der Ausschlagung wirksam.
§. 1960. Bis zur Annahme der Erbschaft hat das Nachlaßgericht
für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfniß besteht. Das
Gleiche gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiß ist, ob er die
Erbschaft angenommen hat.
Das Nachlaßgericht kann insbesondere die Anlegung von
Siegeln, die Hinterlegung von Geld, Werthpapieren und Kostbarkeiten sowie die
Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses anordnen und für denjenigen, welcher Erbe
wird, einen Pfleger (Nachlaßpfleger) bestellen.
Die Vorschrift des §. 1958 findet auf den Nachlaßpfleger
keine Anwendung.
§. 1961. Das Nachlaßgericht hat in den Fällen des §. 1960
Abs. 1 einen Nachlaßpfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der
gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlaß
richtet, von dem Berechtigten beantragt wird.
§. 1962. Für die Nachlaßpflegschaft tritt an die Stelle des
Vormundschaftsgerichts das Nachlaßgericht.
§. 1963. Ist zur Zeit des Erbfalls die Geburt eines Erben zu
erwarten, so kann die Mutter, falls sie außer Stande ist, sich selbst zu
unterhalten, bis zur Entbindung angemessenen Unterhalt aus dem Nachlaß oder,
wenn noch andere Personen als Erben berufen sind, aus dem Erbtheile des Kindes
verlangen. Bei der Bemessung des Erbtheils ist anzunehmen, daß nur ein Kind
geboren wird.
§. 1964. Wird der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen
entsprechenden Frist ermittelt, so hat das Nachlaßgericht festzustellen, daß
ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist.
Die Feststellung begründet die Vermuthung, daß der Fiskus
gesetzlicher Erbe sei.
§. 1965. Der Feststellung hat eine öffentliche Aufforderung
zur Anmeldung der Erbrechte unter Bestimmung einer Anmeldungsfrist
vorauszugehen; die Art der Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldungsfrist
bestimmen sich nach den für das Aufgebotsverfahren geltenden Vorschriften. Die
Aufforderung darf unterbleiben, wenn die Kosten dem Bestande des Nachlasses
gegenüber unverhältnißmäßig groß sind.
Ein Erbrecht bleibt unberücksichtigt, wenn nicht dem
Nachlaßgerichte binnen drei Monaten nach dem Ablaufe der Anmeldungsfrist nachgewiesen
wird, daß das Erbrecht besteht oder daß es gegen den Fiskus im Wege der Klage
geltend gemacht ist. Ist eine öffentliche Aufforderung nicht ergangen, so
beginnt die dreimonatige Frist mit der gerichtlichen Aufforderung, das Erbrecht
oder die Erhebung der Klage nachzuweisen.
§. 1966. Von dem Fiskus als gesetzlichem Erben und gegen den
Fiskus als gesetzlichen Erben kann ein Recht erst geltend gemacht werden,
nachdem von dem Nachlaßgerichte festgestellt worden ist, daß ein anderer Erbe
nicht vorhanden ist.
Zweiter Titel.
Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten.
I. Nachlaßverbindlichkeiten.
§. 1967. Der Erbe haftet für die Nachlaßverbindlichkeiten.
Zu den Nachlaßverbindlichkeiten gehören außer den vom
Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden
Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten,
Vermächtnissen und Auflagen.
§. 1968. Der Erbe trägt die Kosten der standesmäßigen
Beerdigung des Erblassers.
§. 1969. Der Erbe ist verpflichtet, Familienangehörigen des
Erblassers, die zur Zeit des Todes des Erblassers zu dessen Hausstande gehört
und von ihm Unterhalt bezogen haben, in den ersten dreißig Tagen nach dem
Eintritte des Erbfalls in demselben Umfange, wie der Erblasser es gethan hat, Unterhalt
zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu
gestatten. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung eine abweichende
Anordnung treffen.
Die Vorschriften über Vermächtnisse finden entsprechende
Anwendung.
II. Aufgebot der Nachlaßgläubiger.
§. 1970. Die Nachlaßgläubiger können im Wege des
Aufgebotsverfahrens zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden.
§. 1971. Pfandgläubiger und Gläubiger, die im Konkurse den
Pfandgläubigern gleichstehen, sowie Gläubiger, die bei der Zwangsvollstreckung
in das unbewegliche Vermögen ein Recht auf Befriedigung aus diesem Vermögen
haben, werden, soweit es sich um die Befriedigung aus den ihnen haftenden
Gegenständen handelt, durch das Aufgebot nicht betroffen. Das Gleiche gilt von
Gläubigern, deren Ansprüche durch eine Vormerkung gesichert sind oder denen im
Konkurs ein Aussonderungsrecht zusteht, in Ansehung des Gegenstandes ihres
Rechtes.
§. 1972. Pflichttheilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen werden
durch das Aufgebot nicht betroffen, unbeschadet der Vorschrift des §. 2060 Nr.
1.
§. 1973. Der Erbe kann die Befriedigung eines im
Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen Nachlaßgläubigers insoweit verweigern, als
der Nachlaß durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger
erschöpft wird. Der Erbe hat jedoch den ausgeschlossenen Gläubiger vor den
Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen zu
befriedigen, es sei denn, daß der Gläubiger seine Forderung erst nach der
Berichtigung dieser Verbindlichkeiten geltend macht.
Einen Ueberschuß hat der Erbe zum Zwecke der Befriedigung
des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Er kann die
Herausgabe der noch vorhandenen Nachlaßgegenstände durch Zahlung des Werthes
abwenden. Die rechtskräftige Verurtheilung des Erben zur Befriedigung eines
ausgeschlossenen Gläubigers wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie die
Befriedigung.
§. 1974. Ein Nachlaßgläubiger, der seine Forderung später
als fünf Jahre nach dem Erbfalle dem Erben gegenüber geltend macht, steht einem
ausgeschlossenen Gläubiger gleich, es sei denn, daß die Forderung dem Erben vor
dem Ablaufe der fünf Jahre bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren
angemeldet worden ist. Wird der Erblasser für tot erklärt oder wird seine
Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt, so
beginnt die Frist nicht vor dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über
die Todeserklärung oder die Feststellung der Todeszeit.
Die dem Erben nach §. 1973 Abs. 1 Satz 2 obliegende
Verpflichtung tritt im Verhältnisse von Verbindlichkeiten aus
Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen zu einander nur insoweit ein,
als der Gläubiger im Falle des Nachlaßkonkurses im Range vorgehen würde.
Soweit ein Gläubiger nach §. 1971 von dem Aufgebote nicht
betroffen wird, finden die Vorschriften des Abs. 1 auf ihn keine Anwendung.
III. Beschränkung der Haftung des Erben.
§. 1975. Die Haftung des Erben für die
Nachlaßverbindlichkeiten beschränkt sich auf den Nachlaß, wenn eine
Nachlaßpflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlaßgläubiger
(Nachlaßverwaltung) angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet ist.
§. 1976. Ist die Nachlaßverwaltung angeordnet oder der
Nachlaßkonkurs eröffnet, so gelten die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung
von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen
Rechtsverhältnisse als nicht erloschen.
§. 1977. Hat ein Nachlaßgläubiger vor der Anordnung der
Nachlaßverwaltung oder vor der Eröffnung des Nachlaßkonkurses seine Forderung
gegen eine nicht zum Nachlasse gehörende Forderung des Erben ohne dessen
Zustimmung aufgerechnet, so ist nach der Anordnung der Nachlaßverwaltung oder
der Eröffnung des Nachlaßkonkurses die Aufrechnung als nicht erfolgt anzusehen.
Das Gleiche gilt, wenn ein Gläubiger, der nicht
Nachlaßgläubiger ist, die ihm gegen den Erben zustehende Forderung gegen eine
zum Nachlasse gehörende Forderung aufgerechnet hat.
§. 1978. Ist die Nachlaßverwaltung angeordnet oder der
Nachlaßkonkurs eröffnet, so ist der Erbe den Nachlaßgläubigern für die
bisherige Verwaltung des Nachlasses so verantwortlich, wie wenn er von der
Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für sie als Beauftragter zu führen
gehabt hätte. Auf die vor der Annahme der Erbschaft von dem Erben besorgten
erbschaftlichen Geschäfte finden die Vorschriften über die Geschäftsführung
ohne Auftrag entsprechende Anwendung.
Die den Nachlaßgläubigern nach Abs. 1 zustehenden Ansprüche
gelten als zum Nachlasse gehörend.
Aufwendungen sind dem Erben aus dem Nachlasse zu ersetzen,
soweit er nach den Vorschriften über den Auftrag oder über die Geschäftsführung
ohne Auftrag Ersatz verlangen könnte.
§. 1979. Die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit durch
den Erben müssen die Nachlaßgläubiger als für Rechnung des Nachlasses erfolgt
gelten lassen, wenn der Erbe den Umständen nach annehmen durfte, daß der
Nachlaß zur Berichtigung aller Nachlaßverbindlichkeiten ausreiche.
§. 1980. Hat der Erbe von der Überschuldung des Nachlasses
Kenntnis erlangt, so hat er unverzüglich die Eröffnung des Konkursverfahrens
oder, sofern nach § 113 der Vergleichsordnung ein solcher Antrag zulässig ist,
die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens über den Nachlaß zu
beantragen. Verletzt er diese Pflicht, so ist er den Gläubigern für den daraus
entstehenden Schaden verantwortlich. Bei der Bemessung der Zulänglichkeit des
Nachlasses bleiben die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen außer
Betracht.
Der Kenntniß der Ueberschuldung steht die auf Fahrlässigkeit
beruhende Unkenntniß gleich. Als Fahrlässigkeit gilt es insbesondere, wenn der
Erbe das Aufgebot der Nachlaßgläubiger nicht beantragt, obwohl er Grund hat,
das Vorhandensein unbekannter Nachlaßverbindlichkeiten anzunehmen; das Aufgebot
ist nicht erforderlich, wenn die Kosten des Verfahrens dem Bestande des
Nachlasses gegenüber unverhältnißmäßig groß sind.
§. 1981. Die Nachlaßverwaltung ist von dem Nachlaßgericht
anzuordnen, wenn der Erbe die Anordnung beantragt.
Auf Antrag eines Nachlaßgläubigers ist die Nachlaßverwaltung
anzuordnen, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß die Befriedigung der
Nachlaßgläubiger aus dem Nachlasse durch das Verhalten oder die Vermögenslage
des Erben gefährdet wird. Der Antrag kann nicht mehr gestellt werden, wenn seit
der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind.
Die Vorschriften des §. 1785 finden keine Anwendung.
§. 1982. Die Anordnung der Nachlaßverwaltung kann abgelehnt
werden, wenn eine den Kosten entsprechende Masse nicht vorhanden ist.
§. 1983. Das Nachlaßgericht hat die Anordnung der
Nachlaßverwaltung durch das für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu
veröffentlichen.
§. 1984. Mit der Anordnung der Nachlaßverwaltung verliert
der Erbe die Befugniß, den Nachlaß zu verwalten und über ihn zu verfügen. Die
Vorschriften der §§ 7, 8 der Konkursordnung finden entsprechende Anwendung. Ein
Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, kann nur gegen den
Nachlaßverwalter geltend gemacht werden.
Zwangsvollstreckungen und Arreste in den Nachlaß zu Gunsten
eines Gläubigers, der nicht Nachlaßgläubiger ist, sind ausgeschlossen.
§. 1985. Der Nachlaßverwalter hat den Nachlaß zu verwalten
und die Nachlaßverbindlichkeiten aus dem Nachlasse zu berichtigen.
Der Nachlaßverwalter ist für die Verwaltung des Nachlasses
auch den Nachlaßgläubigern verantwortlich. Die Vorschriften des §. 1978 Abs. 2
und der §§. 1979, 1980 finden entsprechende Anwendung.
§. 1986. Der Nachlaßverwalter darf den Nachlaß dem Erben
erst ausantworten, wenn die bekannten Nachlaßverbindlichkeiten berichtigt sind.
Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht
ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf die Ausantwortung
des Nachlasses nur erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet wird. Für
eine bedingte Forderung ist Sicherheitsleistung nicht erforderlich, wenn die
Möglichkeit des Eintritts der Bedingung eine so entfernte ist, daß die
Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswerth nicht hat.
§. 1987. Der Nachlaßverwalter kann für die Führung seines
Amtes eine angemessene Vergütung verlangen.
§. 1988. Die Nachlaßverwaltung endigt mit der Eröffnung des
Nachlaßkonkurses.
Die Nachlaßverwaltung kann aufgehoben werden, wenn sich ergiebt,
daß eine den Kosten entsprechende Masse nicht vorhanden ist.
§. 1989. Ist der Nachlaßkonkurs durch Vertheilung der Masse
oder durch Zwangsvergleich beendigt, so finden auf die Haftung des Erben die
Vorschriften des §. 1973 entsprechende Anwendung.
§. 1990. Ist die Anordnung der Nachlaßverwaltung oder die
Eröffnung des Nachlaßkonkurses wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden
Masse nicht thunlich oder wird aus diesem Grunde die Nachlaßverwaltung
aufgehoben oder das Konkursverfahren eingestellt, so kann der Erbe die
Befriedigung eines Nachlaßgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlaß nicht
ausreicht. Der Erbe ist in diesem Falle verpflichtet, den Nachlaß zum Zwecke
der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben.
Das Recht des Erben wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß
der Gläubiger nach dem Eintritte des Erbfalls im Wege der Zwangsvollstreckung
oder der Arrestvollziehung ein Pfandrecht oder eine Hypothek oder im Wege der
einstweiligen Verfügung eine Vormerkung erlangt hat.
§. 1991. Macht der Erbe von dem ihm nach §. 1990 zustehenden
Rechte Gebrauch, so finden auf seine Verantwortlichkeit und den Ersatz seiner
Aufwendungen die Vorschriften der §§. 1978, 1979 Anwendung.
Die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und
Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse
gelten im Verhältnisse zwischen dem Gläubiger und dem Erben als nicht
erloschen.
Die rechtskräftige Verurtheilung des Erben zur Befriedigung
eines Gläubigers wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung.
Die Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten,
Vermächtnissen und Auflagen hat der Erbe so zu berichtigen, wie sie im Falle
des Konkurses zur Berichtigung kommen würden.
§. 1992. Beruht die Ueberschuldung des Nachlasses auf
Vermächtnissen und Auflagen, so ist der Erbe, auch wenn die Voraussetzungen des
§. 1990 nicht vorliegen, berechtigt, die Berichtigung dieser Verbindlichkeiten
nach den Vorschriften der §§. 1990, 1991 zu bewirken. Er kann die Herausgabe
der noch vorhandenen Nachlaßgegenstände durch Zahlung des Werthes abwenden.
IV. Inventarerrichtung. Unbeschränkte Haftung des Erben.
§. 1993. Der Erbe ist berechtigt, ein Verzeichniß des
Nachlasses (Inventar) bei dem Nachlaßgericht einzureichen (Inventarerrichtung).
§. 1994. Das Nachlaßgericht hat dem Erben auf Antrag eines
Nachlaßgläubigers zur Errichtung des Inventars eine Frist (Inventarfrist) zu
bestimmen. Nach dem Ablaufe der Frist haftet der Erbe für die
Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt, wenn nicht vorher das Inventar errichtet
wird.
Der Antragsteller hat seine Forderung glaubhaft zu machen.
Auf die Wirksamkeit der Fristbestimmung ist es ohne Einfluß, wenn die Forderung
nicht besteht.
§. 1995. Die Inventarfrist soll mindestens einen Monat, höchstens
drei Monate betragen. Sie beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, durch den
die Frist bestimmt wird.
Wird die Frist vor der Annahme der Erbschaft bestimmt, so
beginnt sie erst mit der Annahme der Erbschaft.
Auf Antrag des Erben kann das Nachlaßgericht die Frist nach
seinem Ermessen verlängern.
§. 1996. Ist der Erbe durch höhere Gewalt verhindert worden,
das Inventar rechtzeitig zu errichten oder die nach den Umständen
gerechtfertigte Verlängerung der Inventarfrist zu beantragen, so hat ihm auf seinen
Antrag das Nachlaßgericht eine neue Inventarfrist zu bestimmen. Das Gleiche
gilt, wenn der Erbe von der Zustellung des Beschlusses, durch den die
Inventarfrist bestimmt worden ist, ohne sein Verschulden Kenntniß nicht erlangt
hat.
Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des
Hindernisses und spätestens vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Ende der
zuerst bestimmten Frist gestellt werden.
Vor der Entscheidung soll der Nachlaßgläubiger, auf dessen
Antrag die erste Frist bestimmt worden ist, wenn thunlich gehört werden.
§. 1997. Auf den Lauf der Inventarfrist und der im §. 1996
Abs. 2 bestimmten Frist von zwei Wochen finden die für die Verjährung geltenden
Vorschriften des §. 203 Abs. 1 und des §. 206 entsprechende Anwendung.
§. 1998. Stirbt der Erbe vor dem Ablaufe der Inventarfrist
oder der im §. 1996 Abs. 2 bestimmten Frist von zwei Wochen, so endigt die
Frist nicht vor dem Ablaufe der für die Erbschaft des Erben vorgeschriebenen
Ausschlagungsfrist.
§. 1999. Steht der Erbe unter elterlicher Gewalt oder unter
Vormundschaft, so soll das Nachlaßgericht dem Vormundschaftsgerichte von der
Bestimmung der Inventarfrist Mittheilung machen.
§. 2000. Die Bestimmung einer Inventarfrist wird unwirksam,
wenn eine Nachlaßverwaltung angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet wird.
Während der Dauer der Nachlaßverwaltung oder des Nachlaßkonkurses kann eine
Inventarfrist nicht bestimmt werden. Ist der Nachlaßkonkurs durch Vertheilung
der Masse oder durch Zwangsvergleich beendigt, so bedarf es zur Abwendung der
unbeschränkten Haftung der Inventarerrichtung nicht.
§. 2001. In dem Inventar sollen die bei dem Eintritte des
Erbfalls vorhandenen Nachlaßgegenstände und die Nachlaßverbindlichkeiten
vollständig angegeben werden.
Das Inventar soll außerdem eine Beschreibung der
Nachlaßgegenstände, soweit eine solche zur Bestimmung des Werthes erforderlich
ist, und die Angabe des Werthes enthalten.
§. 2002. Der Erbe muß zu der Aufnahme des Inventars eine
zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar zuziehen.
§. 2003. Auf Antrag des Erben hat das Nachlaßgericht
entweder das Inventar selbst aufzunehmen oder die Aufnahme einer zuständigen
Behörde oder einem zuständigen Beamten oder Notar zu übertragen. Durch die
Stellung des Antrags wird die Inventarfrist gewahrt.
Der Erbe ist verpflichtet, die zur Aufnahme des Inventars
erforderliche Auskunft zu ertheilen.
Das Inventar ist von der Behörde, dem Beamten oder dem Notar
bei dem Nachlaßgericht einzureichen.
§. 2004. Befindet sich bei dem Nachlaßgerichte schon ein den
Vorschriften der §§. 2002, 2003 entsprechendes Inventar, so genügt es, wenn der
Erbe vor dem Ablaufe der Inventarfrist dem Nachlaßgerichte gegenüber erklärt,
daß das Inventar als von ihm eingereicht gelten soll.
§. 2005. Führt der Erbe absichtlich eine erhebliche
Unvollständigkeit der im Inventar enthaltenen Angabe der Nachlaßgegenstände
herbei oder bewirkt er in der Absicht, die Nachlaßgläubiger zu benachtheiligen,
die Aufnahme einer nicht bestehenden Nachlaßverbindlichkeit, so haftet er für
die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt. Das Gleiche gilt, wenn er im Falle
des §. 2003 die Ertheilung der Auskunft verweigert oder absichtlich in
erheblichem Maße verzögert.
Ist die Angabe der Nachlaßgegenstände unvollständig, ohne
daß ein Fall des Abs. 1 vorliegt, so kann dem Erben zur Ergänzung eine neue
Inventarfrist bestimmt werden.
§. 2006. Der Erbe hat auf Verlangen eines Nachlaßgläubigers
zu Protokoll des Nachlaßgerichts an Eides Statt zu versichern:
daß er nach bestem Wissen die Nachlaßgegenstände so
vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande sei.
Der Erbe kann vor der Abgabe der eidesstattlichen
Versicherung das Inventar vervollständigen.
Verweigert der Erbe die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung,
so haftet er dem Gläubiger, der den Antrag gestellt hat, unbeschränkt. Das
Gleiche gilt, wenn er weder in dem Termine noch in einem auf Antrag des
Gläubigers bestimmten neuen Termin erscheint, es sei denn, daß ein Grund
vorliegt, durch den das Nichterscheinen in diesem Termine genügend entschuldigt
wird.
Eine wiederholte Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
kann derselbe Gläubiger oder ein anderer Gläubiger nur verlangen, wenn Grund zu
der Annahme besteht, daß dem Erben nach der Abgabe der eidesstattlichen
Versicherung weitere Nachlaßgegenstände bekannt geworden sind.
§. 2007. Ist ein Erbe zu mehreren Erbtheilen berufen, so
bestimmt sich seine Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten in Ansehung eines
jeden der Erbtheile so, wie wenn die Erbtheile verschiedenen Erben gehörten. In
den Fällen der Anwachsung und des §. 1935 gilt dies nur dann, wenn die
Erbtheile verschieden beschwert sind.
§. 2008. Ist ein in Gütergemeinschaft lebender Ehegatte Erbe
und gehört die Erbschaft zum Gesamtgut, so ist die Bestimmung der Inventarfrist
nur wirksam, wenn sie auch dem anderen Ehegatten gegenüber erfolgt, sofern
dieser das Gesamtgut allein oder mit seinem Ehegatten gemeinschaftlich
verwaltet. Solange die Frist diesem gegenüber nicht verstrichen ist, endet sie
auch nicht dem Ehegatten gegenüber, der Erbe ist. Die Errichtung des Inventars
durch den anderen Ehegatten kommt dem Ehegatten, der Erbe ist, zustatten.
Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten auch nach der
Beendigung der Gütergemeinschaft.
§. 2009. Ist das Inventar rechtzeitig errichtet worden, so
wird im Verhältnisse zwischen dem Erben und den Nachlaßgläubigern vermuthet,
daß zur Zeit des Erbfalls weitere Nachlaßgegenstände als die angegebenen nicht
vorhanden gewesen seien.
§. 2010. Das Nachlaßgericht hat die Einsicht des Inventars
Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
§. 2011. Dem Fiskus als gesetzlichen Erben kann eine
Inventarfrist nicht bestimmt werden. Der Fiskus ist den Nachlaßgläubigern
gegenüber verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen.
§. 2012. Einem nach den §§. 1960, 1961 bestellten
Nachlaßpfleger kann eine Inventarfrist nicht bestimmt werden. Der
Nachlaßpfleger ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, über den
Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen. Der Nachlaßpfleger kann nicht auf
die Beschränkung der Haftung des Erben verzichten.
Diese Vorschriften gelten auch für den Nachlaßverwalter.
§. 2013. Haftet der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten
unbeschränkt, so finden die Vorschriften der §§. 1973 bis 1975, 1977 bis 1980,
1989 bis 1992 keine Anwendung; der Erbe ist nicht berechtigt, die Anordnung
einer Nachlaßverwaltung zu beantragen. Auf eine nach §. 1973 oder nach §. 1974
eingetretene Beschränkung der Haftung kann sich der Erbe jedoch berufen, wenn
später der Fall des §. 1994 Abs. 1 Satz 2 oder des §. 2005 Abs. 1 eintritt.
Die Vorschriften der §§. 1977 bis 1980 und das Recht des
Erben, die Anordnung einer Nachlaßverwaltung zu beantragen, werden nicht
dadurch ausgeschlossen, daß der Erbe einzelnen Nachlaßgläubigern gegenüber
unbeschränkt haftet.
V. Aufschiebende Einreden.
§. 2014. Der Erbe ist berechtigt, die Berichtigung einer
Nachlaßverbindlichkeit bis zum Ablaufe der ersten drei Monate nach der Annahme
der Erbschaft, jedoch nicht über die Errichtung des Inventars hinaus, zu
verweigern.
§. 2015. Hat der Erbe den Antrag auf Erlassung des Aufgebots
der Nachlaßgläubiger innerhalb eines Jahres nach der Annahme der Erbschaft
gestellt und ist der Antrag zugelassen, so ist der Erbe berechtigt, die
Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit bis zur Beendigung des
Aufgebotsverfahrens zu verweigern.
Der Beendigung des Aufgebotsverfahrens steht es gleich, wenn
der Erbe in dem Aufgebotstermine nicht erschienen ist und nicht binnen zwei
Wochen die Bestimmung eines neuen Termins beantragt oder wenn er auch in dem
neuen Termine nicht erscheint.
Wird das Ausschlußurtheil erlassen oder der Antrag auf
Erlassung des Urtheils zurückgewiesen, so ist das Verfahren nicht vor dem
Ablauf einer mit der Verkündung der Entscheidung beginnenden Frist von zwei
Wochen und nicht vor der Erledigung einer rechtzeitig eingelegten Beschwerde
als beendigt anzusehen.
§. 2016. Die Vorschriften der §§. 2014, 2015 finden keine
Anwendung, wenn der Erbe unbeschränkt haftet.
Das Gleiche gilt, soweit ein Gläubiger nach §. 1971 von dem
Aufgebote der Nachlaßgläubiger nicht betroffen wird, mit der Maßgabe, daß ein
erst nach dem Eintritte des Erbfalls im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung erlangtes Recht sowie eine erst nach diesem Zeitpunkt im Wege
der einstweiligen Verfügung erlangte Vormerkung außer Betracht bleibt.
§. 2017. Wird vor der Annahme der Erbschaft zur Verwaltung
des Nachlasses ein Nachlaßpfleger bestellt, so beginnen die im §. 2014 und im
§. 2015 Abs. 1 bestimmten Fristen mit der Bestellung.
Dritter Titel.
Erbschaftsanspruch.
§. 2018. Der Erbe kann von Jedem, der auf Grund eines ihm in
Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat (Erbschaftsbesitzer),
die Herausgabe des Erlangten verlangen.
§. 2019. Als aus der Erbschaft erlangt gilt auch, was der
Erbschaftsbesitzer durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt.
Die Zugehörigkeit einer in solcher Weise erworbenen
Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu
lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt; die Vorschriften der
§§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.
§. 2020. Der Erbschaftsbesitzer hat dem Erben die gezogenen
Nutzungen herauszugeben; die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch
auf Früchte, an denen er das Eigenthum erworben hat.
§. 2021. Soweit der Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außer
Stande ist, bestimmt sich seine Verpflichtung nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
§. 2022. Der Erbschaftsbesitzer ist zur Herausgabe der zur
Erbschaft gehörenden Sachen nur gegen Ersatz aller Verwendungen verpflichtet,
soweit nicht die Verwendungen durch Anrechnung auf die nach §. 2021
herauszugebende Bereicherung gedeckt werden. Die für den Eigenthumsanspruch
geltenden Vorschriften der §§. 1000 bis 1003 finden Anwendung.
Zu den Verwendungen gehören auch die Aufwendungen, die der
Erbschaftsbesitzer zur Bestreitung von Lasten der Erbschaft oder zur
Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten macht.
Soweit der Erbe für Aufwendungen, die nicht auf einzelne
Sachen gemacht worden sind, insbesondere für die im Abs. 2 bezeichneten
Aufwendungen, nach den allgemeinen Vorschriften in weiterem Umfang Ersatz zu
leisten hat, bleibt der Anspruch des Erbschaftsbesitzers unberührt.
§. 2023. Hat der Erbschaftsbesitzer zur Erbschaft gehörende
Sachen herauszugeben, so bestimmt sich von dem Eintritte der Rechtshängigkeit
an der Anspruch des Erben auf Schadensersatz wegen Verschlechterung,
Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der
Herausgabe nach den Vorschriften, die für das Verhältniß zwischen dem
Eigenthümer und dem Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs
an gelten.
Das Gleiche gilt von dem Anspruche des Erben auf Herausgabe
oder Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruche des Erbschaftsbesitzers auf
Ersatz von Verwendungen.
§. 2024. Ist der Erbschaftsbesitzer bei dem Beginne des
Erbschaftsbesitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er so, wie wenn der
Anspruch des Erben zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. Erfährt der
Erbschaftsbesitzer später, daß er nicht Erbe ist, so haftet er in gleicher
Weise von der Erlangung der Kenntniß an. Eine weitergehende Haftung wegen
Verzugs bleibt unberührt.
§. 2025. Hat der Erbschaftsbesitzer einen
Erbschaftsgegenstand durch eine Straftat oder eine zur Erbschaft gehörende
Sache durch verbotene Eigenmacht erlangt, so haftet er nach den Vorschriften
über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen. Ein gutgläubiger
Erbschaftsbesitzer haftet jedoch wegen verbotener Eigenmacht nach diesen
Vorschriften nur, wenn der Erbe den Besitz der Sache bereits thatsächlich
ergriffen hatte.
§. 2026. Der Erbschaftsbesitzer kann sich dem Erben
gegenüber, solange nicht der Erbschaftsanspruch verjährt ist, nicht auf die
Ersitzung einer Sache berufen, die er als zur Erbschaft gehörend im Besitze
hat.
§. 2027. Der Erbschaftsbesitzer ist verpflichtet, dem Erben
über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände
Auskunft zu ertheilen.
Die gleiche Verpflichtung hat, wer, ohne Erbschaftsbesitzer
zu sein, eine Sache aus dem Nachlaß in Besitz nimmt, bevor der Erbe den Besitz
thatsächlich ergriffen hat.
§. 2028. Wer sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in
häuslicher Gemeinschaft befunden hat, ist verpflichtet, dem Erben auf Verlangen
Auskunft darüber zu ertheilen, welche erbschaftliche Geschäfte er geführt hat
und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist.
Besteht Grund zu der Annahme, daß die Auskunft nicht mit der
erforderlichen Sorgfalt ertheilt worden ist, so hat der Verpflichtete auf
Verlangen des Erben Protokoll an Eides Statt zu versichern:
daß er seine Angaben nach bestem Wissen so vollständig
gemacht habe, als er dazu im Stande sei.
Die Vorschriften des §. 259 Abs. 3 und des §. 261 finden
Anwendung.
§. 2029. Die Haftung des Erbschaftsbesitzers bestimmt sich
auch gegenüber den Ansprüchen, die dem Erben in Ansehung der einzelnen
Erbschaftsgegenstände zustehen, nach den Vorschriften über den
Erbschaftsanspruch.
§. 2030. Wer die Erbschaft durch Vertrag von einem
Erbschaftsbesitzer erwirbt, steht im Verhältnisse zu dem Erben einem
Erbschaftsbesitzer gleich.
§. 2031. Überlebt eine Person, die für tot erklärt oder
deren Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt
ist, den Zeitpunkt, der als Zeitpunkt ihres Todes gilt, so kann sie die
Herausgabe ihres Vermögens nach den für den Erbschaftsanspruch geltenden
Vorschriften verlangen. Solange sie noch lebt, wird die Verjährung ihres
Anspruchs nicht vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt vollendet, in
welchem sie von der Todeserklärung oder der Feststellung der Todeszeit Kenntnis
erlangt.
Das gleiche gilt, wenn der Tod einer Person ohne
Todeserklärung oder Feststellung der Todeszeit mit Unrecht angenommen worden
ist.
Vierter Titel.
Mehrheit von Erben.
I. Rechtsverhältniß der Erben unter einander.
§. 2032. Hinterläßt der Erblasser mehrere Erben, so wird der
Nachlaß gemeinschaftliches Vermögen der Erben.
Bis zur Auseinandersetzung gelten die Vorschriften der §§.
2033 bis 2041.
§. 2033. Jeder Miterbe kann über seinen Antheil an dem Nachlasse
verfügen. Der Vertrag, durch den ein Miterbe über seinen Antheil verfügt,
bedarf der notariellen Beurkundung.
Ueber seinen Antheil an den einzelnen Nachlaßgegenständen
kann ein Miterbe nicht verfügen.
§. 2034. Verkauft ein Miterbe seinen Antheil an einen
Dritten, so sind die übrigen Miterben zum Vorkaufe berechtigt.
Die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts beträgt zwei
Monate. Das Vorkaufsrecht ist vererblich.
§. 2035. Ist der verkaufte Antheil auf den Käufer
übertragen, so können die Miterben das ihnen nach §. 2034 dem Verkäufer
gegenüber zustehende Vorkaufsrecht dem Käufer gegenüber ausüben. Dem Verkäufer
gegenüber erlischt das Vorkaufsrecht mit der Uebertragung des Antheils.
Der Verkäufer hat die Miterben von der Uebertragung
unverzüglich zu benachrichtigen.
§. 2036. Mit der Uebertragung des Antheils auf die Miterben
wird der Käufer von der Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten frei. Seine
Haftung bleibt jedoch bestehen, soweit er den Nachlaßgläubigern nach den §§.
1978 bis 1980 verantwortlich ist; die Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden
entsprechende Anwendung.
§. 2037. Ueberträgt der Käufer den Antheil auf einen
Anderen, so finden die Vorschriften der §§. 2033, 2035, 2036 entsprechende
Anwendung.
§. 2038. Die Verwaltung des Nachlasses steht den Erben
gemeinschaftlich zu. Jeder Miterbe ist den anderen gegenüber verpflichtet, zu
Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind;
die zur Erhaltung nothwendigen Maßregeln kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der
anderen treffen.
Die Vorschriften der §§. 743, 745, 746, 748 finden
Anwendung. Die Theilung der Früchte erfolgt erst bei der Auseinandersetzung.
Ist die Auseinandersetzung auf längere Zeit als ein Jahr ausgeschlossen, so
kann jeder Miterbe am Schlusse jedes Jahres die Theilung des Reinertrags
verlangen.
§. 2039. Gehört ein Anspruch zum Nachlasse, so kann der
Verpflichtete nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur
die Leistung an alle Erben fordern. Jeder Miterbe kann verlangen, daß der Verpflichtete
die zu leistende Sache für alle Erben hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur
Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
§. 2040. Die Erben können über einen Nachlaßgegenstand nur
gemeinschaftlich verfügen.
Gegen eine zum Nachlasse gehörende Forderung kann der
Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Miterben zustehende Forderung
aufrechnen.
§. 2041. Was auf Grund eines zum Nachlasse gehörenden
Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines
Nachlaßgegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf
den Nachlaß bezieht, gehört zum Nachlasse. Auf eine durch ein solches
Rechtsgeschäft erworbene Forderung findet die Vorschrift des §. 2019 Abs. 2
Anwendung.
§. 2042. Jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung
verlangen, soweit sich nicht aus den §§. 2043 bis 2045 ein Anderes ergiebt.
Die Vorschriften des §. 749 Abs. 2, 3 und der §§. 750 bis
758 finden Anwendung.
§. 2043. Soweit die Erbtheile wegen der zu erwartenden
Geburt eines Miterben noch unbestimmt sind, ist die Auseinandersetzung bis zur
Hebung der Unbestimmtheit ausgeschlossen.
Das gleiche gilt, soweit die Erbteile deshalb noch
unbestimmt sind, weil die Entscheidung über eine Ehelicherklärung, über einen
Antrag auf Annahme als Kind, über die Aufhebung des Annahmeverhältnisses oder
über die Genehmigung einer vom Erblasser errichteten Stiftung noch aussteht.
§. 2044. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung die
Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses oder einzelner Nachlaßgegenstände
ausschließen oder von der Einhaltung einer Kündigungsfrist abhängig machen. Die
Vorschriften des §. 749 Abs. 2, 3, der §§. 750, 751 und des §. 1010 Abs. 1
finden entsprechende Anwendung.
Die Verfügung wird unwirksam, wenn dreißig Jahre seit dem
Eintritte des Erbfalls verstrichen sind. Der Erblasser kann jedoch anordnen,
daß die Verfügung bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses in der Person
eines Miterben oder, falls er eine Nacherbfolge oder ein Vermächtniß anordnet,
bis zum Eintritte der Nacherbfolge oder bis zum Anfalle des Vermächtnisses
gelten soll. Ist der Miterbe, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll,
eine juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.
§. 2045. Jeder Miterbe kann verlangen, daß die
Auseinandersetzung bis zur Beendigung des nach §. 1970 zulässigen
Aufgebotsverfahrens oder bis zum Ablaufe der im §. 2061 bestimmten
Anmeldungsfrist aufgeschoben wird. Ist das Aufgebot noch nicht beantragt oder
die öffentliche Aufforderung nach §. 2061 noch nicht erlassen, so kann der
Aufschub nur verlangt werden, wenn unverzüglich der Antrag gestellt oder die
Aufforderung erlassen wird.
§. 2046. Aus dem Nachlasse sind zunächst die
Nachlaßverbindlichkeiten zu berichtigen. Ist eine Nachlaßverbindlichkeit noch
nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung Erforderliche
zurückzubehalten.
Fällt eine Nachlaßverbindlichkeit nur einigen Miterben zur
Last, so können diese die Berichtigung nur aus dem verlangen, was ihnen bei der
Auseinandersetzung zukommt.
Zur Berichtigung ist der Nachlaß, soweit erforderlich, in
Geld umzusetzen.
§. 2047. Der nach der Berichtigung der
Nachlaßverbindlichkeiten verbleibende Ueberschuß gebührt den Erben nach dem
Verhältnisse der Erbtheile.
Schriftstücke, die sich auf die persönlichen Verhältnisse
des Erblassers, auf dessen Familie oder auf den ganzen Nachlaß beziehen,
bleiben gemeinschaftlich.
§. 2048. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung
Anordnungen für die Auseinandersetzung treffen. Er kann insbesondere anordnen,
daß die Auseinandersetzung nach dem billigen Ermessen eines Dritten erfolgen
soll. Die von dem Dritten auf Grund der Anordnung getroffene Bestimmung ist für
die Erben nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; die Bestimmung
erfolgt in diesem Falle durch Urtheil.
§. 2049. Hat der Erblasser angeordnet, daß einer der
Miterben das Recht haben soll, ein zum Nachlasse gehörendes Landgut zu
übernehmen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß das Landgut zu dem Ertragswerth angesetzt
werden soll.
Der Ertragswerth bestimmt sich nach dem Reinertrage, den das
Landgut nach seiner bisherigen wirthschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger
Bewirthschaftung nachhaltig gewähren kann.
§. 2050. Abkömmlinge, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge
gelangen, sind verpflichtet, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen
Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersetzung unter
einander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der
Zuwendung ein Anderes angeordnet hat.
Zuschüsse, die zu dem Zwecke gegeben worden sind, als
Einkünfte verwendet zu werden, sowie Aufwendungen für die Vorbildung zu einem
Berufe sind insoweit zur Ausgleichung zu bringen, als sie das den
Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben.
Andere Zuwendungen unter Lebenden sind zur Ausgleichung zu
bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
§. 2051. Fällt ein Abkömmling, der als Erbe zur Ausgleichung
verpflichtet sein würde, vor oder nach dem Erbfalle weg, so ist wegen der ihm
gemachten Zuwendungen der an seine Stelle tretende Abkömmling zur Ausgleichung
verpflichtet.
Hat der Erblasser für den wegfallenden Abkömmling einen Ersatzerben
eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dieser nicht mehr erhalten soll,
als der Abkömmling unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht erhalten
würde.
§. 2052. Hat der Erblasser die Abkömmlinge auf dasjenige als
Erben eingesetzt, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden, oder hat er
ihre Erbtheile so bestimmt, daß sie zu einander in demselben Verhältnisse
stehen wie die gesetzlichen Erbtheile, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die
Abkömmlinge nach den §§. 2050, 2051 zur Ausgleichung verpflichtet sein sollen.
§. 2053. Eine Zuwendung, die ein entfernterer Abkömmling vor
dem Wegfalle des ihn von der Erbfolge ausschließenden näheren Abkömmlinges oder
ein an die Stelle eines Abkömmlinges als Ersatzerbe tretender Abkömmling von
dem Erblasser erhalten hat, ist nicht zur Ausgleichung zu bringen, es sei denn,
daß der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
Das Gleiche gilt, wenn ein Abkömmling, bevor er die
rechtliche Stellung eines solchen erlangt hatte, eine Zuwendung von dem
Erblasser erhalten hat.
§. 2054. Eine Zuwendung, die aus dem Gesamtgut der
Gütergemeinschaft erfolgt, gilt als von jedem der Ehegatten zur Hälfte gemacht.
Die Zuwendung gilt jedoch, wenn sie an einen Abkömmling erfolgt, der nur von
einem der Ehegatten abstammt, oder wenn einer der Ehegatten wegen der Zuwendung
zu dem Gesamtgut Ersatz zu leisten hat, als von diesem Ehegatten gemacht.
Diese Vorschriften sind auf eine Zuwendung aus dem Gesamtgut
der fortgesetzten Gütergemeinschaft entsprechend anzuwenden.
§. 2055. Bei der Auseinandersetzung wird jedem Miterben der
Werth der Zuwendung, die er zur Ausgleichung zu bringen hat, auf seinen
Erbtheil angerechnet. Der Werth der sämmtlichen Zuwendungen, die zur
Ausgleichung zu bringen sind, wird dem Nachlasse hinzugerechnet, soweit dieser
den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet.
Der Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu der die Zuwendung
erfolgt ist.
§. 2056. Hat ein Miterbe durch die Zuwendung mehr erhalten,
als ihm bei der Auseinandersetzung zukommen würde, so ist er zur Herauszahlung
des Mehrbetrags nicht verpflichtet. Der Nachlaß wird in einem solchen Falle
unter die übrigen Erben in der Weise getheilt, daß der Werth der Zuwendung und
der Erbtheil des Miterben außer Ansatz bleiben.
§. 2057. Jeder Miterbe ist verpflichtet, den übrigen Erben
auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu ertheilen, die er nach den §§.
2050 bis 2053 zur Ausgleichung zu bringen hat. Die Vorschriften der §§. 260,
261 über die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung finden
entsprechende Anwendung.
§. 2057a. Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt,
Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche
Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat,
daß das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der
Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit
ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen; § 2052 gilt entsprechend. Dies
gilt auch für einen Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen
den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat.
Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die
Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit
dem Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrunde
zusteht. Der Ausgleichungspflicht steht es nicht entgegen, wenn die Leistungen
nach den §§ 1619, 1620 erbracht worden sind.
Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht
auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der
Billigkeit entspricht.
Bei der Auseinandersetzung wird der Ausgleichungsbetrag dem
Erbteil des ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet. Sämtliche
Ausgleichungsbeträge werden vom Wert des Nachlasses abgezogen, soweit dieser
den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet.
II. Rechtsverhältniß zwischen den Erben und den
Nachlaßgläubigern.
§. 2058. Die Erben haften für die gemeinschaftlichen
Nachlaßverbindlichkeiten als Gesammtschuldner.
§. 2059. Bis zur Theilung des Nachlasses kann jeder Miterbe
die Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten aus dem Vermögen, das er außer
seinem Antheil an dem Nachlasse hat, verweigern. Haftet er für eine
Nachlaßverbindlichkeit unbeschränkt, so steht ihm dieses Recht in Ansehung des
seinem Erbtheil entsprechenden Theiles der Verbindlichkeit nicht zu.
Das Recht der Nachlaßgläubiger, die Befriedigung aus dem
ungetheilten Nachlasse von sämmtlichen Miterben zu verlangen, bleibt unberührt.
§. 2060. Nach der Theilung des Nachlasses haftet jeder
Miterbe nur für den seinem Erbtheil entsprechenden Theil einer
Nachlaßverbindlichkeit:
1. wenn der Gläubiger im
Aufgebotsverfahren ausgeschlossen ist; das Aufgebot erstreckt sich insoweit
auch auf die im §. 1972 bezeichneten Gläubiger sowie auf die Gläubiger, denen
der Miterbe unbeschränkt haftet;
2. wenn der Gläubiger seine
Forderung später als fünf Jahre nach dem im §. 1974 Abs. 1 bestimmten
Zeitpunkte geltend macht, es sei denn, daß die Forderung vor dem Ablaufe der
fünf Jahre dem Miterben bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet
worden ist; die Vorschrift findet keine Anwendung, soweit der Gläubiger nach §.
1971 von dem Aufgebote nicht betroffen wird;
3. wenn der Nachlaßkonkurs eröffnet
und durch Vertheilung der Masse oder durch Zwangsvergleich beendigt worden ist.
§. 2061. Jeder Miterbe kann die Nachlaßgläubiger öffentlich
auffordern, ihre Forderungen binnen sechs Monaten bei ihm oder bei dem
Nachlaßgericht anzumelden. Ist die Aufforderung erfolgt, so haftet nach der
Theilung jeder Miterbe nur für den seinem Erbtheil entsprechenden Theil einer
Forderung, soweit nicht vor dem Ablaufe der Frist die Anmeldung erfolgt oder
die Forderung ihm zur Zeit der Theilung bekannt ist.
Die Aufforderung ist durch den Deutschen Reichsanzeiger und
durch das für die Bekanntmachungen des Nachlaßgerichts bestimmte Blatt zu
veröffentlichen. Die Frist beginnt mit der letzten Einrückung. Die Kosten fallen
dem Erben zur Last, der die Aufforderung erläßt.
§. 2062. Die Anordnung einer Nachlaßverwaltung kann von den
Erben nur gemeinschaftlich beantragt werden; sie ist ausgeschlossen, wenn der
Nachlaß getheilt ist.
§. 2063. Die Errichtung des Inventars durch einen Miterben
kommt auch den übrigen Erben zu Statten, soweit nicht ihre Haftung für die
Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt ist.
Ein Miterbe kann sich den übrigen Erben gegenüber auf die
Beschränkung seiner Haftung auch dann berufen, wenn er den anderen
Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet.
Dritter Abschnitt.
Testament.
Erster Titel.
Allgemeine Vorschriften.
§. 2064. Der Erblasser kann ein Testament nur persönlich
errichten.
§. 2065. Der Erblasser kann eine letztwillige Verfügung
nicht in der Weise treffen, daß ein Anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten
oder nicht gelten soll.
Der Erblasser kann die Bestimmung der Person, die eine
Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstandes der Zuwendung
nicht einem Anderen überlassen.
§. 2066. Hat der Erblasser seine gesetzlichen Erben ohne
nähere Bestimmung bedacht, so sind diejenigen, welche zur Zeit des Erbfalls
seine gesetzlichen Erben sein würden, nach dem Verhältniß ihrer gesetzlichen
Erbtheile bedacht. Ist die Zuwendung unter einer aufschiebenden Bedingung oder
unter Bestimmung eines Anfangstermins gemacht und tritt die Bedingung oder der
Termin erst nach dem Erbfall ein, so sind im Zweifel diejenigen als bedacht
anzusehen, welche die gesetzlichen Erben sein würden, wenn der Erblasser zur
Zeit des Eintritts der Bedingung oder des Termins gestorben wäre.
§. 2067. Hat der Erblasser seine Verwandten oder seine
nächsten Verwandten ohne nähere Bestimmung bedacht, so sind im Zweifel
diejenigen Verwandten, welche zur Zeit des Erbfalls seine gesetzlichen Erben
sein würden, als nach dem Verhältniß ihrer gesetzlichen Erbtheile bedacht
anzusehen. Die Vorschrift des §. 2066 Satz 2 findet Anwendung.
§. 2068. Hat der Erblasser seine Kinder ohne nähere
Bestimmung bedacht und ist ein Kind vor der Errichtung des Testaments mit
Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die
Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an die
Stelle des Kindes treten würden.
§. 2069. Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht
und fällt dieser nach der Errichtung des Testaments weg, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der
gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden.
§. 2070. Hat der Erblasser die Abkömmlinge eines Dritten
ohne nähere Bestimmung bedacht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß diejenigen
Abkömmlinge nicht bedacht sind, welche zur Zeit des Erbfalls oder, wenn die
Zuwendung unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines
Anfangstermins gemacht ist und die Bedingung oder der Termin erst nach dem
Erbfall eintritt, zur Zeit des Eintritts der Bedingung oder des Termins noch
nicht erzeugt sind.
§. 2071. Hat der Erblasser ohne nähere Bestimmung eine
Klasse von Personen oder Personen bedacht, die zu ihm in einem Dienst- oder
Geschäftsverhältnisse stehen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß diejenigen
bedacht sind, welche zur Zeit des Erbfalls der bezeichneten Klasse angehören
oder in dem bezeichneten Verhältnisse stehen.
§. 2072. Hat der Erblasser die Armen ohne nähere Bestimmung
bedacht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die öffentliche Armenkasse der
Gemeinde, in deren Bezirk er seinen letzten Wohnsitz gehabt hat, unter der
Auflage bedacht ist, das Zugewendete unter Arme zu vertheilen.
§. 2073. Hat der Erblasser den Bedachten in einer Weise
bezeichnet, die auf mehrere Personen paßt, und läßt sich nicht ermitteln, wer
von ihnen bedacht werden sollte, so gelten sie als zu gleichen Theilen bedacht.
§. 2074. Hat der Erblasser eine letztwillige Zuwendung unter
einer aufschiebenden Bedingung gemacht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die
Zuwendung nur gelten soll, wenn der Bedachte den Eintritt der Bedingung erlebt.
§. 2075. Hat der Erblasser eine letztwillige Zuwendung unter
der Bedingung gemacht, daß der Bedachte während eines Zeitraums von
unbestimmter Dauer etwas unterläßt oder fortgesetzt thut, so ist, wenn das
Unterlassen oder das Thun lediglich in der Willkür des Bedachten liegt, im
Zweifel anzunehmen, daß die Zuwendung von der auflösenden Bedingung abhängig
sein soll, daß der Bedachte die Handlung vornimmt oder das Thun unterläßt.
§. 2076. Bezweckt die Bedingung, unter der eine letztwillige
Zuwendung gemacht ist, den Vortheil eines Dritten, so gilt sie im Zweifel als
eingetreten, wenn der Dritte die zum Eintritte der Bedingung erforderliche
Mitwirkung verweigert.
§. 2077. Eine letztwillige Verfügung, durch die der
Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn die Ehe nichtig
oder wenn sie vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist. Der Auflösung
der Ehe steht es gleich, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die
Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die
Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Das gleiche gilt, wenn der Erblasser
zur Zeit seines Todes auf Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt war und die
Klage erhoben hatte.
Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen
Verlobten bedacht hat, ist unwirksam, wenn das Verlöbniß vor dem Tode des
Erblassers aufgelöst worden ist.
Die Verfügung ist nicht unwirksam, wenn anzunehmen ist, daß
der Erblasser sie auch für einen solchen Fall getroffen haben würde.
§. 2078. Eine letztwillige Verfügung kann angefochten
werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrthume war
oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und
anzunehmen ist, daß er die Erklärung bei Kenntniß der Sachlage nicht abgegeben
haben würde.
Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung
durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines
Umstandes oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.
Die Vorschriften des §. 122 finden keine Anwendung.
§. 2079. Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden,
wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen
Pflichttheilsberechtigten übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm bei der
Errichtung der Verfügung nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung
geboren oder pflichttheilsberechtigt geworden ist. Die Anfechtung ist
ausgeschlossen, soweit anzunehmen ist, daß der Erblasser auch bei Kenntniß der
Sachlage die Verfügung getroffen haben würde.
§. 2080. Zur Anfechtung ist derjenige berechtigt, welchem
die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zu Statten kommen würde.
Bezieht sich in den Fällen des §. 2078 der Irrthum nur auf
eine bestimmte Person und ist diese anfechtungsberechtigt oder würde sie
anfechtungsberechtigt sein, wenn sie zur Zeit des Erbfalls gelebt hätte, so ist
ein Anderer zur Anfechtung nicht berechtigt.
Im Falle des §. 2079 steht das Anfechtungsrecht nur dem
Pflichttheilsberechtigten zu.
§. 2081. Die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch
die ein Erbe eingesetzt, ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen,
ein Testamentsvollstrecker ernannt oder eine Verfügung solcher Art aufgehoben
wird, erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte.
Das Nachlaßgericht soll die Anfechtungserklärung demjenigen
mittheilen, welchem die angefochtene Verfügung unmittelbar zu Statten kommt. Es
hat die Einsicht der Erklärung Jedem zu gestatten, der ein rechtliches
Interesse glaubhaft macht.
Die Vorschrift des Abs. 1 gilt auch für die Anfechtung einer
letztwilligen Verfügung, durch die ein Recht für einen Anderen nicht begründet
wird, insbesondere für die Anfechtung einer Auflage.
§. 2082. Die Anfechtung kann nur binnen Jahresfrist
erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der
Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt. Auf den Lauf
der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§. 203,
206, 207 entsprechende Anwendung.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit dem Erbfalle
dreißig Jahre verstrichen sind.
§. 2083. Ist eine letztwillige Verfügung, durch die eine
Verpflichtung zu einer Leistung begründet wird, anfechtbar, so kann der
Beschwerte die Leistung verweigern, auch wenn die Anfechtung nach §. 2082
ausgeschlossen ist.
§. 2084. Läßt der Inhalt einer letztwilligen Verfügung
verschiedene Auslegungen zu, so ist im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen,
bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann.
§. 2085. Die Unwirksamkeit einer von mehreren in einem
Testament enthaltenen Verfügungen hat die Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen
nur zur Folge, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser diese ohne die unwirksame
Verfügung nicht getroffen haben würde.
§. 2086. Ist einer letztwilligen Verfügung der Vorbehalt
einer Ergänzung beigefügt, die Ergänzung aber unterblieben, so ist die
Verfügung wirksam, sofern nicht anzunehmen ist, daß die Wirksamkeit von der
Ergänzung abhängig sein sollte.
Zweiter Titel.
Erbeinsetzung.
§. 2087. Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen
Bruchtheil seines Vermögens dem Bedachten zugewendet, so ist die Verfügung als
Erbeinsetzung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist.
Sind dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zugewendet, so
ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß er Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe
bezeichnet ist.
§. 2088. Hat der Erblasser nur einen Erben eingesetzt und
die Einsetzung auf einen Bruchtheil der Erbschaft beschränkt, so tritt in
Ansehung des übrigen Theiles die gesetzliche Erbfolge ein.
Das Gleiche gilt, wenn der Erblasser mehrere Erben unter
Beschränkung eines jeden auf einen Bruchtheil eingesetzt hat und die
Bruchtheile das Ganze nicht erschöpfen.
§. 2089. Sollen die eingesetzten Erben nach dem Willen des
Erblassers die alleinigen Erben sein, so tritt, wenn jeder von ihnen auf einen
Bruchtheil der Erbschaft eingesetzt ist und die Bruchtheile das Ganze nicht
erschöpfen, eine verhältnißmäßige Erhöhung der Bruchtheile ein.
§. 2090. Ist jeder der eingesetzten Erben auf einen
Bruchtheil der Erbschaft eingesetzt und übersteigen die Bruchtheile das Ganze,
so tritt eine verhältnißmäßige Minderung der Bruchtheile ein.
§. 2091. Sind mehrere Erben eingesetzt, ohne daß die
Erbtheile bestimmt sind, so sind sie zu gleichen Theilen eingesetzt, soweit
sich nicht aus den §§. 2066 bis 2069 ein Anderes ergiebt.
§. 2092. Sind von mehreren Erben die einen auf Bruchtheile,
die anderen ohne Bruchtheile eingesetzt, so erhalten die letzteren den
freigebliebenen Theil der Erbschaft.
Erschöpfen die bestimmten Bruchtheile die Erbschaft, so
tritt eine verhältnißmäßige Minderung der Bruchtheile in der Weise ein, daß
jeder der ohne Bruchtheile eingesetzten Erben so viel erhält wie der mit dem
geringsten Bruchtheile bedachte Erbe.
§. 2093. Sind einige von mehreren Erben auf einen und
denselben Bruchtheil der Erbschaft eingesetzt (gemeinschaftlicher Erbtheil), so
finden in Ansehung des gemeinschaftlichen Erbtheils die Vorschriften der §§.
2089 bis 2092 entsprechende Anwendung.
§. 2094. Sind mehrere Erben in der Weise eingesetzt, daß sie
die gesetzliche Erbfolge ausschließen, und fällt einer der Erben vor oder nach
dem Eintritte des Erbfalls weg, so wächst dessen Erbtheil den übrigen Erben
nach dem Verhältniß ihrer Erbtheile an. Sind einige der Erben auf einen
gemeinschaftlichen Erbtheil eingesetzt, so tritt die Anwachsung zunächst unter
ihnen ein.
Ist durch die Erbeinsetzung nur über einen Theil der
Erbschaft verfügt und findet in Ansehung des übrigen Theiles die gesetzliche
Erbfolge statt, so tritt die Anwachsung unter den eingesetzten Erben nur ein,
soweit sie auf einen gemeinschaftlichen Erbtheil eingesetzt sind.
Der Erblasser kann die Anwachsung ausschließen.
§. 2095. Der durch Anwachsung einem Erben anfallende
Erbtheil gilt in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit denen dieser Erbe
oder der wegfallende Erbe beschwert ist, sowie in Ansehung der
Ausgleichungspflicht als besonderer Erbtheil.
§. 2096. Der Erblasser kann für den Fall, daß ein Erbe vor
oder nach dem Eintritte des Erbfalls wegfällt, einen Anderen als Erben
einsetzen (Ersatzerbe).
§. 2097. Ist Jemand für den Fall, daß der zunächst berufene
Erbe nicht Erbe sein kann, oder für den Fall, daß er nicht Erbe sein will, als
Ersatzerbe eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß er für beide Fälle
eingesetzt ist.
§. 2098. Sind die Erben gegenseitig oder sind für einen von
ihnen die übrigen als Ersatzerben eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß
sie nach dem Verhältniß ihrer Erbtheile als Ersatzerben eingesetzt sind.
Sind die Erben gegenseitig als Ersatzerben eingesetzt, so
gehen Erben, die auf einen gemeinschaftlichen Erbtheil eingesetzt sind, im
Zweifel als Ersatzerben für diesen Erbtheil den anderen vor.
§. 2099. Das Recht des Ersatzerben geht dem
Anwachsungsrechte vor.
Dritter Titel.
Einsetzung eines Nacherben.
§. 2100. Der Erblasser kann einen Erben in der Weise
einsetzen, daß dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein Anderer Erbe
geworden ist (Nacherbe).
§. 2101. Ist eine zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugte
Person als Erbe eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie als Nacherbe
eingesetzt ist. Entspricht es nicht dem Willen des Erblassers, daß der
Eingesetzte Nacherbe werden soll, so ist die Einsetzung unwirksam.
Das Gleiche gilt von der Einsetzung einer juristischen
Person, die erst nach dem Erbfalle zur Entstehung gelangt; die Vorschrift des
§. 84 bleibt unberührt.
§. 2102. Die Einsetzung als Nacherbe enthält im Zweifel auch
die Einsetzung als Ersatzerbe.
Ist zweifelhaft, ob Jemand als Ersatzerbe oder als Nacherbe
eingesetzt ist, so gilt er als Ersatzerbe.
§. 2103. Hat der Erblasser angeordnet, daß der Erbe mit dem
Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses die Erbschaft einem
Anderen herausgeben soll, so ist anzunehmen, daß der Andere als Nacherbe
eingesetzt ist.
§. 2104. Hat der Erblasser angeordnet, daß der Erbe nur bis
zu dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses Erbe sein soll,
ohne zu bestimmen, wer alsdann die Erbschaft erhalten soll, so ist anzunehmen,
daß als Nacherben diejenigen eingesetzt sind, welche die gesetzlichen Erben des
Erblassers sein würden, wenn er zur Zeit des Eintritts des Zeitpunkts oder des
Ereignisses gestorben wäre. Der Fiskus gehört nicht zu den gesetzlichen Erben
im Sinne dieser Vorschrift.
§. 2105. Hat der Erblasser angeordnet, daß der eingesetzte
Erbe die Erbschaft erst mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder
Ereignisses erhalten soll, ohne zu bestimmen, wer bis dahin Erbe sein soll, so
sind die gesetzlichen Erben des Erblassers die Vorerben.
Das Gleiche gilt, wenn die Persönlichkeit des Erben durch
ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß bestimmt werden soll oder wenn
die Einsetzung einer zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugten Person oder
einer zu dieser Zeit noch nicht entstandenen juristischen Person als Erbe nach
§. 2101 als Nacherbeinsetzung anzusehen ist.
§. 2106. Hat der Erblasser einen Nacherben eingesetzt, ohne
den Zeitpunkt oder das Ereigniß zu bestimmen, mit dem die Nacherbfolge
eintreten soll, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dem Tode des Vorerben
an.
Ist die Einsetzung einer noch nicht erzeugten Person als
Erbe nach §. 2101 Abs. 1 als Nacherbeinsetzung anzusehen, so fällt die
Erbschaft dem Nacherben mit dessen Geburt an. Im Falle des §. 2101 Abs. 2 tritt
der Anfall mit der Entstehung der juristischen Person ein.
§. 2107. Hat der Erblasser einem Abkömmlinge, der zur Zeit der
Errichtung der letztwilligen Verfügung keinen Abkömmling hat oder von dem der
Erblasser zu dieser Zeit nicht weiß, daß er einen Abkömmling hat, für die Zeit
nach dessen Tode einen Nacherben bestimmt, so ist anzunehmen, daß der Nacherbe
nur für den Fall eingesetzt ist, daß der Abkömmling ohne Nachkommenschaft
stirbt.
§. 2108. Die Vorschriften des §. 1923 finden auf die
Nacherbfolge entsprechende Anwendung.
Stirbt der eingesetzte Nacherbe vor dem Eintritte des Falles
der Nacherbfolge, aber nach dem Eintritte des Erbfalls, so geht sein Recht auf
seine Erben über, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
Ist der Nacherbe unter einer aufschiebenden Bedingung eingesetzt, so bewendet
es bei der Vorschrift des §. 2074.
§. 2109. Die Einsetzung eines Nacherben wird mit dem Ablaufe
von dreißig Jahren nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher der Fall der
Nacherbfolge eingetreten ist. Sie bleibt auch nach dieser Zeit wirksam:
1. wenn die Nacherbfolge für den
Fall angeordnet ist, daß in der Person des Vorerben oder des Nacherben ein
bestimmtes Ereigniß eintritt, und derjenige, in dessen Person das Ereigniß
eintreten soll, zur Zeit des Erbfalls lebt;
2. wenn dem Vorerben oder einem
Nacherben für den Fall, daß ihm ein Bruder oder eine Schwester geboren wird,
der Bruder oder die Schwester als Nacherbe bestimmt ist.
Ist der Vorerbe oder der Nacherbe, in dessen Person das
Ereigniß eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei der
dreißigjährigen Frist.
§. 2110. Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel
auf einen Erbtheil, der dem Vorerben in Folge des Wegfalls eines Miterben
anfällt.
Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel nicht auf
ein dem Vorerben zugewendetes Vorausvermächtniß.
§. 2111. Zur Erbschaft gehört, was der Vorerbe auf Grund
eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung,
Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes oder durch
Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, sofern nicht der Erwerb ihm
als Nutzung gebührt. Die Zugehörigkeit einer durch Rechtsgeschäft erworbenen
Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu
lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt; die Vorschriften der
§§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.
Zur Erbschaft gehört auch, was der Vorerbe dem Inventar
eines erbschaftlichen Grundstücks einverleibt.
§. 2112. Der Vorerbe kann über die zur Erbschaft gehörenden
Gegenstände verfügen, soweit sich nicht aus den Vorschriften der §§. 2113 bis
2115 ein Anderes ergiebt.
§. 2113. Die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft
gehörendes Grundstück oder Recht an einem Grundstück oder über ein zur
Erbschaft gehörendes eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk ist im Fall des Eintritts
der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln
oder beeinträchtigen würde.
Das Gleiche gilt von der Verfügung über einen
Erbschaftsgegenstand, die unentgeltlich oder zum Zwecke der Erfüllung eines von
dem Vorerben ertheilten Schenkungsversprechens erfolgt. Ausgenommen sind
Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu
nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von
einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§. 2114. Gehört zur Erbschaft eine Hypothekenforderung, eine
Grundschuld, eine Rentenschuld oder eine Schiffshypothekenforderung, so steht
die Kündigung und die Einziehung dem Vorerben zu. Der Vorerbe kann jedoch nur
verlangen, daß das Kapital an ihn nach Beibringung der Einwilligung des
Nacherben gezahlt oder daß es für ihn und den Nacherben hinterlegt wird. Auf
andere Verfügungen über die Hypothekenforderung, die Grundschuld, die
Rentenschuld oder die Schiffshypothekenforderung finden die Vorschriften des §
2113 Anwendung.
§. 2115. Eine Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die
im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den
Konkursverwalter erfolgt, ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit
unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen
würde. Die Verfügung ist unbeschränkt wirksam, wenn der Anspruch eines
Nachlaßgläubigers oder ein an einem Erbschaftsgegenstande bestehendes Recht
geltend gemacht wird, das im Falle des Eintritts der Nacherbfolge dem Nacherben
gegenüber wirksam ist.
§. 2116. Der Vorerbe hat auf Verlangen des Nacherben die zur
Erbschaft gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen bei einer
Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank, bei der Deutschen
Zentralgenossenschaftskasse oder bei der Deutschen Girozentrale (Deutschen
Kommunalbank) mit der Bestimmung zu hinterlegen, daß die Herausgabe nur mit
Zustimmung des Nacherben verlangt werden kann. Die Hinterlegung von Inhaberpapieren,
die nach §. 92 zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von Zins-, Renten-
oder Gewinnantheilscheinen kann nicht verlangt werden. Den Inhaberpapieren
stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind.
Ueber die hinterlegten Papiere kann der Vorerbe nur mit
Zustimmung des Nacherben verfügen.
§. 2117. Der Vorerbe kann die Inhaberpapiere, statt sie nach
§. 2116 zu hinterlegen, auf seinen Namen mit der Bestimmung umschreiben lassen,
daß er über sie nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen kann. Sind die
Papiere von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgestellt, so kann er sie mit
der gleichen Bestimmung in Buchforderungen gegen das Reich oder den Bundesstaat
umwandeln lassen.
§. 2118. Gehören zur Erbschaft Buchforderungen gegen das
Reich oder einen Bundesstaat, so ist der Vorerbe auf Verlangen des Nacherben
verpflichtet, in das Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, daß er über
die Forderungen nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen kann.
§. 2119. Geld, das nach den Regeln einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft dauernd anzulegen ist, darf der Vorerbe nur nach den für die
Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften anlegen.
§. 2120. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung, insbesondere
zur Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten, eine Verfügung erforderlich, die
der Vorerbe nicht mit Wirkung gegen den Nacherben vornehmen kann, so ist der
Nacherbe dem Vorerben gegenüber verpflichtet, seine Einwilligung zu der
Verfügung zu ertheilen. Die Einwilligung ist auf Verlangen in öffentlich
beglaubigter Form zu erklären. Die Kosten der Beglaubigung fallen dem Vorerben
zur Last.
§. 2121. Der Vorerbe hat dem Nacherben auf Verlangen ein
Verzeichniß der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände mitzutheilen. Das
Verzeichniß ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem
Vorerben zu unterzeichnen; der Vorerbe hat auf Verlangen die Unterzeichnung
öffentlich beglaubigen zu lassen.
Der Nacherbe kann verlangen, daß er bei der Aufnahme des
Verzeichnisses zugezogen wird.
Der Vorerbe ist berechtigt und auf Verlangen des Nacherben
verpflichtet, das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch einen
zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.
Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen der
Erbschaft zur Last.
§. 2122. Der Vorerbe kann den Zustand der zur Erbschaft
gehörenden Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen.
Das gleiche Recht steht dem Nacherben zu.
§. 2123. Gehört ein Wald zur Erbschaft, so kann sowohl der
Vorerbe als der Nacherbe verlangen, daß das Maß der Nutzung und die Art der
wirthschaftlichen Behandlung durch einen Wirthschaftsplan festgestellt werden.
Tritt eine erhebliche Aenderung der Umstände ein, so kann jeder Theil eine
entsprechende Aenderung des Wirthschaftsplans verlangen. Die Kosten fallen der
Erbschaft zur Last.
Das Gleiche gilt, wenn ein Bergwerk oder eine andere auf
Gewinnung von Bodenbestandtheilen gerichtete Anlage zur Erbschaft gehört.
§. 2124. Der Vorerbe trägt dem Nacherben gegenüber die
gewöhnlichen Erhaltungskosten.
Andere Aufwendungen, die der Vorerbe zum Zwecke der
Erhaltung von Erbschaftsgegenständen den Umständen nach für erforderlich halten
darf, kann er aus der Erbschaft bestreiten. Bestreitet er sie aus seinem
Vermögen, so ist der Nacherbe im Falle des Eintritts der Nacherbfolge zum
Ersatze verpflichtet.
§. 2125. Macht der Vorerbe Verwendungen auf die Erbschaft,
die nicht unter die Vorschrift des §. 2124 fallen, so ist der Nacherbe im Falle
des Eintritts der Nacherbfolge nach den Vorschriften über die Geschäftsführung
ohne Auftrag zum Ersatze verpflichtet.
Der Vorerbe ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er
eine zur Erbschaft gehörende Sache versehen hat, wegzunehmen.
§. 2126. Der Vorerbe hat im Verhältnisse zu dem Nacherben nicht
die außerordentlichen Lasten zu tragen, die als auf den Stammwerth der
Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind. Auf diese Lasten finden die
Vorschriften des §. 2124 Abs. 2 Anwendung.
§. 2127. Der Nacherbe ist berechtigt, von dem Vorerben
Auskunft über den Bestand der Erbschaft zu verlangen, wenn Grund zu der Annahme
besteht, daß der Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben
erheblich verletzt.
§. 2128. Wird durch das Verhalten des Vorerben oder durch
seine ungünstige Vermögenslage die Besorgniß einer erheblichen Verletzung der
Rechte des Nacherben begründet, so kann der Nacherbe Sicherheitsleistung
verlangen.
Die für die Verpflichtung des Nießbrauchers zur
Sicherheitsleistung geltenden Vorschriften des §. 1052 finden entsprechende Anwendung.
§. 2129. Wird dem Vorerben die Verwaltung nach den
Vorschriften des §. 1052 entzogen, so verliert er das Recht, über
Erbschaftsgegenstände zu verfügen.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von
einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung. Für die zur
Erbschaft gehörenden Forderungen ist die Entziehung der Verwaltung dem
Schuldner gegenüber erst wirksam, wenn er von der getroffenen Anordnung
Kenntniß erlangt oder wenn ihm eine Mittheilung von der Anordnung zugestellt
wird. Das Gleiche gilt von der Aufhebung der Entziehung.
§. 2130. Der Vorerbe ist nach dem Eintritte der Nacherbfolge
verpflichtet, dem Nacherben die Erbschaft in dem Zustande herauszugeben, der
sich bei einer bis zur Herausgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Verwaltung
ergiebt. Auf die Herausgabe eines landwirtschaftlichen Grundstücks findet die
Vorschrift des § 596a, auf die Herausgabe eines Landguts finden die
Vorschriften der §§ 596a, 596b entsprechende Anwendung.
Der Vorerbe hat auf Verlangen Rechenschaft abzulegen.
§. 2131. Der Vorerbe hat dem Nacherben gegenüber in Ansehung
der Verwaltung nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen
Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§. 2132. Veränderungen oder Verschlechterungen von
Erbschaftssachen, die durch ordnungsmäßige Benutzung herbeigeführt werden, hat
der Vorerbe nicht zu vertreten.
§. 2133. Zieht der Vorerbe Früchte den Regeln einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft zuwider oder zieht er Früchte deshalb im Uebermaße,
weil dies in Folge eines besonderen Ereignisses nothwendig geworden ist, so
gebührt ihm der Werth der Früchte nur insoweit, als durch den ordnungswidrigen
oder den übermäßigen Fruchtbezug die ihm gebührenden Nutzungen beeinträchtigt
werden und nicht der Werth der Früchte nach den Regeln einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft zur Wiederherstellung der Sache zu verwenden ist.
§. 2134. Hat der Vorerbe einen Erbschaftsgegenstand für sich
verwendet, so ist er nach dem Eintritte der Nacherbfolge dem Nacherben
gegenüber zum Ersatze des Werthes verpflichtet. Eine weitergehende Haftung
wegen Verschuldens bleibt unberührt.
§. 2135. Hat der Vorerbe ein zur Erbschaft gehörendes
Grundstück oder eingetragenes Schiff vermiethet oder verpachtet, so finden,
wenn das Mieth- oder Pachtverhältniß bei dem Eintritte der Nacherbfolge noch
besteht, die Vorschriften des §. 1056 entsprechende Anwendung.
§. 2136. Der Erblasser kann den Vorerben von den
Beschränkungen und Verpflichtungen des §. 2113 Abs. 1 und der §§. 2114, 2116
bis 2119, 2123, 2127 bis 2131, 2133, 2134 befreien.
§. 2137. Hat der Erblasser den Nacherben auf dasjenige
eingesetzt, was von der Erbschaft bei dem Eintritte der Nacherbfolge übrig sein
wird, so gilt die Befreiung von allen im §. 2136 bezeichneten Beschränkungen
und Verpflichtungen als angeordnet.
Das Gleiche ist im Zweifel anzunehmen, wenn der Erblasser
bestimmt hat, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die Erbschaft
berechtigt sein soll.
§. 2138. Die Herausgabepflicht des Vorerben beschränkt sich
in den Fällen des §. 2137 auf die bei ihm noch vorhandenen
Erbschaftsgegenstände. Für Verwendungen auf Gegenstände, die er in Folge dieser
Beschränkung nicht herauszugeben hat, kann er nicht Ersatz verlangen.
Hat der Vorerbe der Vorschrift des §. 2113 Abs. 2 zuwider
über einen Erbschaftsgegenstand verfügt oder hat er die Erbschaft in der
Absicht, den Nacherben zu benachtheiligen, vermindert, so ist er dem Nacherben
zum Schadensersatze verpflichtet.
§. 2139. Mit dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge hört
der Vorerbe auf, Erbe zu sein, und fällt die Erbschaft dem Nacherben an.
§. 2140. Der Vorerbe ist auch nach dem Eintritte des Falles
der Nacherbfolge zur Verfügung über Nachlaßgegenstände in dem gleichen Umfange
wie vorher berechtigt, bis er von dem Eintritte Kenntniß erlangt oder ihn
kennen muß. Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung nicht berufen, wenn er
bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts den Eintritt kennt oder kennen muß.
§. 2141. Ist bei dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge
die Geburt eines Nacherben zu erwarten, so finden auf den Unterhaltsanspruch
der Mutter die Vorschriften des §. 1963 entsprechende Anwendung.
§. 2142. Der Nacherbe kann die Erbschaft ausschlagen, sobald
der Erbfall eingetreten ist.
Schlägt der Nacherbe die Erbschaft aus, so verbleibt sie dem
Vorerben, soweit nicht der Erblasser ein Anderes bestimmt hat.
§. 2143. Tritt die Nacherbfolge ein, so gelten die in Folge
des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und
Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen.
§. 2144. Die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung
des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten gelten auch für den Nacherben; an
die Stelle des Nachlasses tritt dasjenige, was der Nacherbe aus der Erbschaft
erlangt, mit Einschluß der ihm gegen den Vorerben als solchen zustehenden
Ansprüche.
Das von dem Vorerben errichtete Inventar kommt auch dem
Nacherben zu Statten.
Der Nacherbe kann sich dem Vorerben gegenüber auf die
Beschränkung seiner Haftung auch dann berufen, wenn er den übrigen
Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet.
§. 2145. Der Vorerbe haftet nach dem Eintritte der
Nacherbfolge für die Nachlaßverbindlichkeiten noch insoweit, als der Nacherbe
nicht haftet. Die Haftung bleibt auch für diejenigen Nachlaßverbindlichkeiten
bestehen, welche im Verhältnisse zwischen dem Vorerben und dem Nacherben dem
Vorerben zur Last fallen.
Der Vorerbe kann nach dem Eintritte der Nacherbfolge die
Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten, sofern nicht seine Haftung
unbeschränkt ist, insoweit verweigern, als dasjenige nicht ausreicht, was ihm
von der Erbschaft gebührt. Die Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden
entsprechende Anwendung.
§. 2146. Der Vorerbe ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet,
den Eintritt der Nacherbfolge unverzüglich dem Nachlaßgericht anzuzeigen. Die
Anzeige des Vorerben wird durch die Anzeige des Nacherben ersetzt.
Das Nachlaßgericht hat die Einsicht der Anzeige Jedem zu
gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
Vierter Titel.
Vermächtniß.
§. 2147. Mit einem Vermächtnisse kann der Erbe oder ein
Vermächtnißnehmer beschwert werden. Soweit nicht der Erblasser ein Anderes
bestimmt hat, ist der Erbe beschwert.
§. 2148. Sind mehrere Erben oder mehrere Vermächtnißnehmer
mit demselben Vermächtnisse beschwert, so sind im Zweifel die Erben nach dem
Verhältnisse der Erbtheile, die Vermächtnißnehmer nach dem Verhältnisse des
Werthes der Vermächtnisse beschwert.
§. 2149. Hat der Erblasser bestimmt, daß dem eingesetzten
Erben ein Erbschaftsgegenstand nicht zufallen soll, so gilt der Gegenstand als
den gesetzlichen Erben vermacht.
Der Fiskus gehört nicht zu den gesetzlichen Erben im Sinne
dieser Vorschrift.
§. 2150. Das einem Erben zugewendete Vermächtniß (Vorausvermächtniß)
gilt als Vermächtniß auch insoweit, als der Erbe selbst beschwert ist.
§. 2151. Der Erblasser kann Mehrere mit einem Vermächtniß in
der Weise bedenken, daß der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, wer
von den Mehreren das Vermächtniß erhalten soll.
Die Bestimmung des Beschwerten erfolgt durch Erklärung
gegenüber demjenigen, welcher das Vermächtniß erhalten soll; die Bestimmung des
Dritten erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.
Kann der Beschwerte oder der Dritte die Bestimmung nicht
treffen, so sind die Bedachten Gesammtgläubiger. Das Gleiche gilt, wenn das
Nachlaßgericht dem Beschwerten oder dem Dritten auf Antrag eines der
Betheiligten eine Frist zur Abgabe der Erklärung bestimmt hat und die Frist
verstrichen ist, sofern nicht vorher die Erklärung erfolgt. Der Bedachte, der
das Vermächtniß erhält, ist im Zweifel nicht zur Theilung verpflichtet.
§. 2152. Hat der Erblasser Mehrere mit einem Vermächtniß in
der Weise bedacht, daß nur der Eine oder der Andere das Vermächtniß erhalten
soll, so ist anzunehmen, daß der Beschwerte bestimmen soll, wer von ihnen das
Vermächtniß erhält.
§. 2153. Der Erblasser kann Mehrere mit einem Vermächtniß in
der Weise bedenken, daß der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, was
jeder von dem vermachten Gegenstand erhalten soll. Die Bestimmung erfolgt nach
§. 2151 Abs. 2.
Kann der Beschwerte oder der Dritte die Bestimmung nicht
treffen, so sind die Bedachten zu gleichen Theilen berechtigt. Die Vorschrift
des §. 2151 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.
§. 2154. Der Erblasser kann ein Vermächtniß in der Art
anordnen, daß der Bedachte von mehreren Gegenständen nur den einen oder den
anderen erhalten soll. Ist in einem solchen Falle die Wahl einem Dritten
übertragen, so erfolgt sie durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.
Kann der Dritte die Wahl nicht treffen, so geht das
Wahlrecht auf den Beschwerten über. Die Vorschrift des §. 2151 Abs. 3 Satz 2
findet entsprechende Anwendung.
§. 2155. Hat der Erblasser die vermachte Sache nur der Gattung
nach bestimmt, so ist eine den Verhältnissen des Bedachten entsprechende Sache
zu leisten.
Ist die Bestimmung der Sache dem Bedachten oder einem
Dritten übertragen, so finden die nach §. 2154 für die Wahl des Dritten
geltenden Vorschriften Anwendung.
Entspricht die von dem Bedachten oder dem Dritten getroffene
Bestimmung den Verhältnissen des Bedachten offenbar nicht, so hat der
Beschwerte so zu leisten, wie wenn der Erblasser über die Bestimmung der Sache
keine Anordnung getroffen hätte.
§. 2156. Der Erblasser kann bei der Anordnung eines
Vermächtnisses, dessen Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Leistung dem
billigen Ermessen des Beschwerten oder eines Dritten überlassen. Auf ein
solches Vermächtniß finden die Vorschriften der §§. 315 bis 319 entsprechende
Anwendung.
§. 2157. Ist Mehreren derselbe Gegenstand vermacht, so
finden die Vorschriften der §§. 2089 bis 2093 entsprechende Anwendung.
§. 2158. Ist Mehreren derselbe Gegenstand vermacht, so
wächst, wenn einer von ihnen vor oder nach dem Erbfalle wegfällt, dessen
Antheil den übrigen Bedachten nach dem Verhältniß ihrer Antheile an. Dies gilt
auch dann, wenn der Erblasser die Antheile der Bedachten bestimmt hat. Sind
einige der Bedachten zu demselben Antheile berufen, so tritt die Anwachsung zunächst
unter ihnen ein.
Der Erblasser kann die Anwachsung ausschließen.
§. 2159. Der durch Anwachsung einem Vermächtnißnehmer
anfallende Antheil gilt in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit denen
dieser oder der wegfallende Vermächtnißnehmer beschwert ist, als besonderes
Vermächtniß.
§. 2160. Ein Vermächtniß ist unwirksam, wenn der Bedachte
zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebt.
§. 2161. Ein Vermächtniß bleibt, sofern nicht ein anderer
Wille des Erblassers anzunehmen ist, wirksam, wenn der Beschwerte nicht Erbe
oder Vermächtnißnehmer wird. Beschwert ist in diesem Falle derjenige, welchem
der Wegfall des zunächst Beschwerten unmittelbar zu Statten kommt.
§. 2162. Ein Vermächtniß, das unter einer aufschiebenden
Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet ist, wird mit
dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher
die Bedingung oder der Termin eingetreten ist.
Ist der Bedachte zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugt oder
wird seine Persönlichkeit durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß
bestimmt, so wird das Vermächtniß mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem
Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher der Bedachte erzeugt oder das Ereigniß
eingetreten ist, durch das seine Persönlichkeit bestimmt wird.
§. 2163. Das Vermächtniß bleibt in den Fällen des §. 2162
auch nach dem Ablaufe von dreißig Jahren wirksam:
1. wenn es für den Fall angeordnet
ist, daß in der Person des Beschwerten oder des Bedachten ein bestimmtes
Ereigniß eintritt, und derjenige, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll,
zur Zeit des Erbfalls lebt;
2. wenn ein Erbe, ein Nacherbe oder
ein Vermächtnißnehmer für den Fall, daß ihm ein Bruder oder eine Schwester
geboren wird, mit einem Vermächtnisse zu Gunsten des Bruders oder der Schwester
beschwert ist.
Ist der Beschwerte oder der Bedachte, in dessen Person das
Ereigniß eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei der
dreißigjährigen Frist.
§. 2164. Das Vermächtniß einer Sache erstreckt sich im
Zweifel auf das zur Zeit des Erbfalls vorhandene Zubehör.
Hat der Erblasser wegen einer nach der Anordnung des
Vermächtnisses erfolgten Beschädigung der Sache einen Anspruch auf Ersatz der
Minderung des Werthes, so erstreckt sich im Zweifel das Vermächtniß auf diesen
Anspruch.
§. 2165. Ist ein zur Erbschaft gehörender Gegenstand
vermacht, so kann der Vermächtnißnehmer im Zweifel nicht die Beseitigung der
Rechte verlangen, mit denen der Gegenstand belastet ist. Steht dem Erblasser
ein Anspruch auf die Beseitigung zu, so erstreckt sich im Zweifel das
Vermächtniß auf diesen Anspruch.
Ruht auf einem vermachten Grundstück eine Hypothek,
Grundschuld oder Rentenschuld, die dem Erblasser selbst zusteht, so ist aus den
Umständen zu entnehmen, ob die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld als
mitvermacht zu gelten hat.
§. 2166. Ist ein vermachtes Grundstück, das zur Erbschaft
gehört, mit einer Hypothek für eine Schuld des Erblassers oder für eine Schuld
belastet, zu deren Berichtigung der Erblasser dem Schuldner gegenüber
verpflichtet ist, so ist der Vermächtnißnehmer im Zweifel dem Erben gegenüber
zur rechtzeitigen Befriedigung des Gläubigers insoweit verpflichtet, als die
Schuld durch den Werth des Grundstücks gedeckt wird. Der Werth bestimmt sich nach
der Zeit, zu welcher das Eigenthum auf den Vermächtnißnehmer übergeht; er wird
unter Abzug der Belastungen berechnet, die der Hypothek im Range vorgehen.
Ist dem Erblasser gegenüber ein Dritter zur Berichtigung der
Schuld verpflichtet, so besteht die Verpflichtung des Vermächtnißnehmers im
Zweifel nur insoweit, als der Erbe die Berichtigung nicht von dem Dritten
erlangen kann.
Auf eine Hypothek der im §. 1190 bezeichneten Art finden
diese Vorschriften keine Anwendung.
§. 2167. Sind neben dem vermachten Grundstück andere zur
Erbschaft gehörende Grundstücke mit der Hypothek belastet, so beschränkt sich
die im §. 2166 bestimmte Verpflichtung des Vermächtnißnehmers im Zweifel auf
den Theil der Schuld, der dem Verhältnisse des Werthes des vermachten Grundstücks
zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht. Der Werth wird nach §.
2166 Abs. 1 Satz 2 berechnet.
§. 2168. Besteht an mehreren zur Erbschaft gehörenden
Grundstücken eine Gesammtgrundschuld oder eine Gesammtrentenschuld und ist
eines dieser Grundstücke vermacht, so ist der Vermächtnißnehmer im Zweifel dem
Erben gegenüber zur Befriedigung des Gläubigers in Höhe des Theiles der
Grundschuld oder der Rentenschuld verpflichtet, der dem Verhältnisse des
Werthes des vermachten Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke
entspricht. Der Werth wird nach §. 2166 Abs. 1 Satz 2 berechnet.
Ist neben dem vermachten Grundstück ein nicht zur Erbschaft
gehörendes Grundstück mit einer Gesammtgrundschuld oder einer
Gesammtrentenschuld belastet, so finden, wenn der Erblasser zur Zeit des
Erbfalls gegenüber dem Eigenthümer des anderen Grundstücks oder einem
Rechtsvorgänger des Eigenthümers zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet
ist, die Vorschriften des §. 2166 Abs. 1 und des §. 2167 entsprechende Anwendung.
§. 2168a. § 2165 Abs. 2, §§ 2166, 2167 gelten sinngemäß für
eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke und für Schiffshypotheken.
§. 2169. Das Vermächtniß eines bestimmten Gegenstandes ist
unwirksam, soweit der Gegenstand zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft
gehört, es sei denn, daß der Gegenstand dem Bedachten auch für den Fall
zugewendet sein soll, daß er nicht zur Erbschaft gehört.
Hat der Erblasser nur den Besitz der vermachten Sache, so
gilt im Zweifel der Besitz als vermacht, es sei denn, daß er dem Bedachten
keinen rechtlichen Vortheil gewährt.
Steht dem Erblasser ein Anspruch auf Leistung des vermachten
Gegenstandes oder, falls der Gegenstand nach der Anordnung des Vermächtnisses
untergegangen oder dem Erblasser entzogen worden ist, ein Anspruch auf Ersatz
des Werthes zu, so gilt im Zweifel der Anspruch als vermacht.
Zur Erbschaft gehört im Sinne des Abs. 1 ein Gegenstand
nicht, wenn der Erblasser zu dessen Veräußerung verpflichtet ist.
§. 2170. Ist das Vermächtniß eines Gegenstandes, der zur
Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, nach §. 2169 Abs. 1 wirksam, so
hat der Beschwerte den Gegenstand dem Bedachten zu verschaffen.
Ist der Beschwerte zur Verschaffung außer Stande, so hat er
den Werth zu entrichten. Ist die Verschaffung nur mit unverhältnißmäßigen
Aufwendungen möglich, so kann sich der Beschwerte durch Entrichtung des Werthes
befreien.
§. 2171. Ein Vermächtniß, das auf eine zur Zeit des Erbfalls
unmögliche Leistung gerichtet ist oder gegen ein zu dieser Zeit bestehendes
gesetzliches Verbot verstößt, ist unwirksam. Die Vorschriften des §. 308 finden
entsprechende Anwendung.
§. 2172. Die Leistung einer vermachten Sache gilt auch dann
als unmöglich, wenn die Sache mit einer anderen Sache in solcher Weise
verbunden, vermischt oder vermengt worden ist, daß nach den §§. 946 bis 948 das
Eigenthum an der anderen Sache sich auf sie erstreckt oder das Miteigenthum
eingetreten ist, oder wenn sie in solcher Weise verarbeitet oder umgebildet
worden ist, daß nach §. 950 derjenige, welcher die neue Sache hergestellt hat,
Eigenthümer geworden ist.
Ist die Verbindung, Vermischung oder Vermengung durch einen
Anderen als den Erblasser erfolgt und hat der Erblasser dadurch Miteigenthum
erworben, so gilt im Zweifel das Miteigenthum als vermacht; steht dem Erblasser
ein Recht zur Wegnahme der verbundenen Sache zu, so gilt im Zweifel dieses
Recht als vermacht. Im Falle der Verarbeitung oder Umbildung durch einen
Anderen als den Erblasser bewendet es bei der Vorschrift des §. 2169 Abs. 3.
§. 2173. Hat der Erblasser eine ihm zustehende Forderung
vermacht, so ist, wenn vor dem Erbfalle die Leistung erfolgt und der geleistete
Gegenstand noch in der Erbschaft vorhanden ist, im Zweifel anzunehmen, daß dem
Bedachten dieser Gegenstand zugewendet sein soll. War die Forderung auf die
Zahlung einer Geldsumme gerichtet, so gilt im Zweifel die entsprechende
Geldsumme als vermacht, auch wenn sich eine solche in der Erbschaft nicht
vorfindet.
§. 2174. Durch das Vermächtniß wird für den Bedachten das
Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstandes
zu fordern.
§. 2175. Hat der Erblasser eine ihm gegen den Erben
zustehende Forderung oder hat er ein Recht vermacht, mit dem eine Sache oder
ein Recht des Erben belastet ist, so gelten die in Folge des Erbfalls durch
Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung
erloschenen Rechtsverhältnisse in Ansehung des Vermächtnisses als nicht
erloschen.
§. 2176. Die Forderung des Vermächtnißnehmers kommt, unbeschadet
des Rechtes, das Vermächtniß auszuschlagen, zur Entstehung (Anfall des
Vermächtnisses) mit dem Erbfalle.
§. 2177. Ist das Vermächtniß unter einer aufschiebenden
Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet und tritt die
Bedingung oder der Termin erst nach dem Erbfall ein, so erfolgt der Anfall des
Vermächtnisses mit dem Eintritte der Bedingung oder des Termins.
§. 2178. Ist der Bedachte zur Zeit des Erbfalls noch nicht
erzeugt oder wird seine Persönlichkeit durch ein erst nach dem Erbfall
eintretendes Ereigniß bestimmt, so erfolgt der Anfall des Vermächtnisses im
ersteren Falle mit der Geburt, im letzteren Falle mit dem Eintritte des
Ereignisses.
§. 2179. Für die Zeit zwischen dem Erbfall und dem Anfalle
des Vermächtnisses finden in den Fällen der §§. 2177, 2178 die Vorschriften
Anwendung, die für den Fall gelten, daß eine Leistung unter einer
aufschiebenden Bedingung geschuldet wird.
§. 2180. Der Vermächtnißnehmer kann das Vermächtniß nicht
mehr ausschlagen, wenn er es angenommen hat.
Die Annahme sowie die Ausschlagung des Vermächtnisses
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten. Die Erklärung kann erst nach
dem Eintritte des Erbfalls abgegeben werden; sie ist unwirksam, wenn sie unter
einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.
Die für die Annahme und die Ausschlagung einer Erbschaft
geltenden Vorschriften des §. 1950, des §. 1952 Abs. 1, 3 und des §. 1953 Abs.
1, 2 finden entsprechende Anwendung.
§. 2181. Ist die Zeit der Erfüllung eines Vermächtnisses dem
freien Belieben des Beschwerten überlassen, so wird die Leistung im Zweifel mit
dem Tode des Beschwerten fällig.
§. 2182. Ist eine nur der Gattung nach bestimmte Sache
vermacht, so hat der Beschwerte die gleichen Verpflichtungen wie ein Verkäufer
nach den Vorschriften des §. 433 Abs. 1, der §§. 434 bis 437, des §. 440 Abs. 2
bis 4 und der §§. 441 bis 444.
Dasselbe gilt im Zweifel, wenn ein bestimmter nicht zur
Erbschaft gehörender Gegenstand vermacht ist, unbeschadet der sich aus dem §.
2170 ergebenden Beschränkung der Haftung.
Ist ein Grundstück Gegenstand des Vermächtnisses, so haftet
der Beschwerte im Zweifel nicht für die Freiheit des Grundstücks von
Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Reallasten.
§. 2183. Ist eine nur der Gattung nach bestimmte Sache
vermacht, so kann der Vermächtnißnehmer, wenn die geleistete Sache mangelhaft
ist, verlangen, daß ihm an Stelle der mangelhaften Sache eine mangelfreie
geliefert wird.
Hat der Beschwerte einen Fehler arglistig verschwiegen, so
kann der Vermächtnißnehmer statt der Lieferung einer mangelfreien Sache
Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Auf diese Ansprüche finden die
für die Gewährleistung wegen Mängel einer verkauften Sache geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung.
§. 2184. Ist ein bestimmter zur Erbschaft gehörender
Gegenstand vermacht, so hat der Beschwerte dem Vermächtnißnehmer auch die seit
dem Anfalle des Vermächtnisses gezogenen Früchte sowie das sonst auf Grund des
vermachten Rechtes Erlangte herauszugeben. Für Nutzungen, die nicht zu den
Früchten gehören, hat der Beschwerte nicht Ersatz zu leisten.
§. 2185. Ist eine bestimmte zur Erbschaft gehörende Sache
vermacht, so kann der Beschwerte für die nach dem Erbfall auf die Sache
gemachten Verwendungen sowie für Aufwendungen, die er nach dem Erbfalle zur
Bestreitung von Lasten der Sache gemacht hat, Ersatz nach den Vorschriften
verlangen, die für das Verhältniß zwischen dem Besitzer und dem Eigenthümer
gelten.
§. 2186. Ist ein Vermächtnißnehmer mit einem Vermächtniß
oder einer Auflage beschwert, so ist er zur Erfüllung erst dann verpflichtet,
wenn er die Erfüllung des ihm zugewendeten Vermächtnisses zu verlangen
berechtigt ist.
§. 2187. Ein Vermächtnißnehmer, der mit einem Vermächtniß
oder einer Auflage beschwert ist, kann die Erfüllung auch nach der Annahme des
ihm zugewendeten Vermächtnisses insoweit verweigern, als dasjenige, was er aus
dem Vermächtniß erhält, zur Erfüllung nicht ausreicht.
Tritt nach §. 2161 ein Anderer an die Stelle des beschwerten
Vermächtnißnehmers, so haftet er nicht weiter, als der Vermächtnißnehmer haften
würde.
Die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften des §.
1992 finden entsprechende Anwendung.
§. 2188. Wird die einem Vermächtnißnehmer gebührende
Leistung auf Grund der Beschränkung der Haftung des Erben, wegen eines
Pflichttheilsanspruchs oder in Gemäßheit des §. 2187 gekürzt, so kann der
Vermächtnißnehmer, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen
ist, die ihm auferlegten Beschwerungen verhältnißmäßig kürzen.
§. 2189. Der Erblasser kann für den Fall, daß die dem Erben
oder einem Vermächtnißnehmer auferlegten Vermächtnisse und Auflagen auf Grund
der Beschränkung der Haftung des Erben, wegen eines Pflichttheilsanspruchs oder
in Gemäßheit der §§. 2187, 2188 gekürzt werden, durch Verfügung von Todeswegen
anordnen, daß ein Vermächtniß oder eine Auflage den Vorrang vor den übrigen
Beschwerungen haben soll.
§. 2190. Hat der Erblasser für den Fall, daß der zunächst
Bedachte das Vermächtniß nicht erwirbt, den Gegenstand des Vermächtnisses einem
Anderen zugewendet, so finden die für die Einsetzung eines Ersatzerben
geltenden Vorschriften der §§. 2097 bis 2099 entsprechende Anwendung.
§. 2191. Hat der Erblasser den vermachten Gegenstand von
einem nach dem Anfalle des Vermächtnisses eintretenden bestimmten Zeitpunkt
oder Ereigniß an einem Dritten zugewendet, so gilt der erste Vermächtnißnehmer
als beschwert.
Auf das Vermächtniß finden die für die Einsetzung eines
Nacherben geltenden Vorschriften des §. 2102, des §. 2106 Abs. 1, des §. 2107
und des §. 2110 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Auflage.
§. 2192. Auf eine Auflage finden die für letztwillige
Zuwendungen geltenden Vorschriften der §§. 2065, 2147, 2148, 2154 bis 2156,
2161, 2171, 2181 entsprechende Anwendung.
§. 2193. Der Erblasser kann bei der Anordnung einer Auflage,
deren Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Person, an welche die Leistung
erfolgen soll, dem Beschwerten oder einem Dritten überlassen.
Steht die Bestimmung dem Beschwerten zu, so kann ihm, wenn
er zur Vollziehung der Auflage rechtskräftig verurtheilt ist, von dem Kläger
eine angemessene Frist zur Vollziehung bestimmt werden; nach dem Ablaufe der
Frist ist der Kläger berechtigt, die Bestimmung zu treffen, wenn nicht die
Vollziehung rechtzeitig erfolgt.
Steht die Bestimmung einem Dritten zu, so erfolgt sie durch
Erklärung gegenüber dem Beschwerten. Kann der Dritte die Bestimmung nicht
treffen, so geht das Bestimmungsrecht auf den Beschwerten über. Die Vorschrift
des §. 2151 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung; zu den Betheiligten
im Sinne dieser Vorschrift gehören der Beschwerte und diejenigen, welche die
Vollziehung der Auflage zu verlangen berechtigt sind.
§. 2194. Die Vollziehung einer Auflage können der Erbe, der
Miterbe und derjenige verlangen, welchem der Wegfall des mit der Auflage
zunächst Beschwerten unmittelbar zu Statten kommen würde. Liegt die Vollziehung
im öffentlichen Interesse, so kann auch die zuständige Behörde die Vollziehung
verlangen.
§. 2195. Die Unwirksamkeit einer Auflage hat die
Unwirksamkeit der unter der Auflage gemachten Zuwendung nur zur Folge, wenn
anzunehmen ist, daß der Erblasser die Zuwendung nicht ohne die Auflage gemacht
haben würde.
§. 2196. Wird die Vollziehung einer Auflage in Folge eines
von dem Beschwerten zu vertretenden Umstandes unmöglich, so kann derjenige,
welchem der Wegfall des zunächst Beschwerten unmittelbar zu Statten kommen
würde, die Herausgabe der Zuwendung nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung insoweit fordern, als die Zuwendung zur
Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen.
Das Gleiche gilt, wenn der Beschwerte zur Vollziehung einer
Auflage, die nicht durch einen Dritten vollzogen werden kann, rechtskräftig
verurtheilt ist und die zulässigen Zwangsmittel erfolglos gegen ihn angewendet
worden sind.
Sechster Titel.
Testamentsvollstrecker.
§. 2197. Der Erblasser kann durch Testament einen oder
mehrere Testamentsvollstrecker ernennen.
Der Erblasser kann für den Fall, daß der ernannte
Testamentsvollstrecker vor oder nach der Annahme des Amtes wegfällt, einen
anderen Testamentsvollstrecker ernennen.
§. 2198. Der Erblasser kann die Bestimmung der Person des
Testamentsvollstreckers einem Dritten überlassen. Die Bestimmung erfolgt durch
Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte; die Erklärung ist in öffentlich
beglaubigter Form abzugeben.
Das Bestimmungsrecht des Dritten erlischt mit dem Ablauf
einer ihm auf Antrag eines der Betheiligten von dem Nachlaßgerichte bestimmten
Frist.
§. 2199. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker
ermächtigen, einen oder mehrere Mitvollstrecker zu ernennen.
Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker ermächtigen,
einen Nachfolger zu ernennen.
Die Ernennung erfolgt nach §. 2198 Abs. 1 Satz 2.
§. 2200. Hat der Erblasser in dem Testamente das
Nachlaßgericht ersucht, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen, so kann das
Nachlaßgericht die Ernennung vornehmen.
Das Nachlaßgericht soll vor der Ernennung die Betheiligten
hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige Kosten
geschehen kann.
§. 2201. Die Ernennung des Testamentsvollstreckers ist
unwirksam, wenn er zu der Zeit, zu welcher er das Amt anzutreten hat,
geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist oder nach §.
1910 zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat.
§. 2202. Das Amt des Testamentsvollstreckers beginnt mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Ernannte das Amt annimmt.
Die Annahme sowie die Ablehnung des Amtes erfolgt durch
Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Die Erklärung kann erst nach dem
Eintritte des Erbfalls abgegeben werden; sie ist unwirksam, wenn sie unter
einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.
Das Nachlaßgericht kann dem Ernannten auf Antrag eines der
Betheiligten eine Frist zur Erklärung über die Annahme bestimmen. Mit dem
Ablaufe der Frist gilt das Amt als abgelehnt, wenn nicht die Annahme vorher
erklärt wird.
§. 2203. Der Testamentsvollstrecker hat die letztwilligen
Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen.
§. 2204. Der Testamentsvollstrecker hat, wenn mehrere Erben
vorhanden sind, die Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§. 2042
bis 2056 zu bewirken.
Der Testamentsvollstrecker hat die Erben über den
Auseinandersetzungsplan vor der Ausführung zu hören.
§. 2205. Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlaß zu
verwalten. Er ist insbesondere berechtigt, den Nachlaß in Besitz zu nehmen und
über die Nachlaßgegenstände zu verfügen. Zu unentgeltlichen Verfügungen ist er
nur berechtigt, soweit sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand
zu nehmenden Rücksicht entsprechen.
§. 2206. Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt,
Verbindlichkeiten für den Nachlaß einzugehen, soweit die Eingehung zur
ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich ist. Die Verbindlichkeit zu einer
Verfügung über einen Nachlaßgegenstand kann der Testamentsvollstrecker für den
Nachlaß auch dann eingehen, wenn er zu der Verfügung berechtigt ist.
Der Erbe ist verpflichtet, zur Eingehung solcher
Verbindlichkeiten seine Einwilligung zu ertheilen, unbeschadet des Rechtes, die
Beschränkung seiner Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten geltend zu machen.
§. 2207. Der Erblasser kann anordnen, daß der
Testamentsvollstrecker in der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß
nicht beschränkt sein soll. Der Testamentsvollstrecker ist auch in einem
solchen Falle zu einem Schenkungsversprechen nur nach Maßgabe des §. 2205 Satz
3 berechtigt.
§. 2208. Der Testamentsvollstrecker hat die in den §§. 2203
bis 2206 bestimmten Rechte nicht, soweit anzunehmen ist, daß sie ihm nach dem
Willen des Erblassers nicht zustehen sollen. Unterliegen der Verwaltung des
Testamentsvollstreckers nur einzelne Nachlaßgegenstände, so stehen ihm die im
§. 2205 Satz 2 bestimmten Befugnisse nur in Ansehung dieser Gegenstände zu.
Hat der Testamentsvollstrecker Verfügungen des Erblassers
nicht selbst zur Ausführung zu bringen, so kann er die Ausführung von dem Erben
verlangen, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
§. 2209. Der Erblasser kann einem Testamentsvollstrecker die
Verwaltung des Nachlasses übertragen, ohne ihm andere Aufgaben als die
Verwaltung zuzuweisen; er kann auch anordnen, daß der Testamentsvollstrecker
die Verwaltung nach der Erledigung der ihm sonst zugewiesenen Aufgaben
fortzuführen hat. Im Zweifel ist anzunehmen, daß einem solchen
Testamentsvollstrecker die im §. 2207 bezeichnete Ermächtigung ertheilt ist.
§. 2210. Eine nach §. 2209 getroffene Anordnung wird
unwirksam, wenn seit dem Erbfalle dreißig Jahre verstrichen sind. Der Erblasser
kann jedoch anordnen, daß die Verwaltung bis zum Tode des Erben oder des
Testamentsvollstreckers oder bis zum Eintritt eines anderen Ereignisses in der
Person des einen oder des anderen fortdauern soll. Die Vorschrift des §. 2163
Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
§. 2211. Ueber einen der Verwaltung des
Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlaßgegenstand kann der Erbe nicht
verfügen.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von
einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§. 2212. Ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers
unterliegendes Recht kann nur von dem Testamentsvollstrecker gerichtlich
geltend gemacht werden.
§. 2213. Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet,
kann sowohl gegen den Erben als gegen den Testamentsvollstrecker gerichtlich
geltend gemacht werden. Steht dem Testamentsvollstrecker nicht die Verwaltung
des Nachlasses zu, so ist die Geltendmachung nur gegen den Erben zulässig. Ein
Pflichttheilsanspruch kann, auch wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung
des Nachlasses zusteht, nur gegen den Erben geltend gemacht werden.
Die Vorschrift des §. 1958 findet auf den Testamentsvollstrecker
keine Anwendung.
Ein Nachlaßgläubiger, der seinen Anspruch gegen den Erben
geltend macht, kann den Anspruch auch gegen den Testamentsvollstrecker dahin
geltend machen, daß dieser die Zwangsvollstreckung in die seiner Verwaltung
unterliegenden Nachlaßgegenstände dulde.
§. 2214. Gläubiger des Erben, die nicht zu den
Nachlaßgläubigern gehören, können sich nicht an die der Verwaltung des
Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlaßgegenstände halten.
§. 2215. Der Testamentsvollstrecker hat dem Erben unverzüglich
nach der Annahme des Amtes ein Verzeichniß der seiner Verwaltung unterliegenden
Nachlaßgegenstände und der bekannten Nachlaßverbindlichkeiten mitzutheilen und
ihm die zur Aufnahme des Inventars sonst erforderliche Beihülfe zu leisten.
Das Verzeichniß ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu
versehen und von dem Testamentsvollstrecker zu unterzeichnen; der
Testamentsvollstrecker hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich
beglaubigen zu lassen.
Der Erbe kann verlangen, daß er bei der Aufnahme des
Verzeichnisses zugezogen wird.
Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt und auf Verlangen
des Erben verpflichtet, das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch
einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.
Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen dem
Nachlasse zur Last.
§. 2216. Der Testamentsvollstrecker ist zur ordnungsmäßigen
Verwaltung des Nachlasses verpflichtet.
Anordnungen, die der Erblasser für die Verwaltung durch
letztwillige Verfügung getroffen hat, sind von dem Testamentsvollstrecker zu
befolgen. Sie können jedoch auf Antrag des Testamentsvollstreckers oder eines
anderen Betheiligten von dem Nachlaßgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn
ihre Befolgung den Nachlaß erheblich gefährden würde. Das Gericht soll vor der
Entscheidung soweit thunlich die Betheiligten hören.
§. 2217. Der Testamentsvollstrecker hat Nachlaßgegenstände,
deren er zur Erfüllung seiner Obliegenheiten offenbar nicht bedarf, dem Erben
auf Verlangen zur freien Verfügung zu überlassen. Mit der Ueberlassung erlischt
sein Recht zur Verwaltung der Gegenstände.
Wegen Nachlaßverbindlichkeiten, die nicht auf einem
Vermächtniß oder einer Auflage beruhen, sowie wegen bedingter und betagter
Vermächtnisse oder Auflagen kann der Testamentsvollstrecker die Ueberlassung
der Gegenstände nicht verweigern, wenn der Erbe für die Berichtigung der
Verbindlichkeiten oder für die Vollziehung der Vermächtnisse oder Auflagen
Sicherheit leistet.
§. 2218. Auf das Rechtsverhältniß zwischen dem
Testamentsvollstrecker und dem Erben finden die für den Auftrag geltenden
Vorschriften der §§. 664, 666 bis 668, 670, des §. 673 Satz 2 und des §. 674
entsprechende Anwendung.
Bei einer länger dauernden Verwaltung kann der Erbe jährlich
Rechnungslegung verlangen.
§. 2219. Verletzt der Testamentsvollstrecker die ihm
obliegenden Verpflichtungen, so ist er, wenn ihm ein Verschulden zur Last
fällt, für den daraus entstehenden Schaden dem Erben und, soweit ein
Vermächtniß zu vollziehen ist, auch dem Vermächtnißnehmer verantwortlich.
Mehrere Testamentsvollstrecker, denen ein Verschulden zur
Last fällt, haften als Gesammtschuldner.
§. 2220. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker nicht
von den ihm nach den §§. 2215, 2216, 2218, 2219 obliegenden Verpflichtungen
befreien.
§. 2221. Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung
seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser
ein Anderes bestimmt hat.
§. 2222. Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker
auch zu dem Zwecke ernennen, daß dieser bis zu dem Eintritt einer angeordneten
Nacherbfolge die Rechte des Nacherben ausübt und dessen Pflichten erfüllt.
§. 2223. Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker
auch zu dem Zwecke ernennen, daß dieser für die Ausführung der einem
Vermächtnißnehmer auferlegten Beschwerungen sorgt.
§. 2224. Mehrere Testamentsvollstrecker führen das Amt
gemeinschaftlich; bei einer Meinungsverschiedenheit entscheidet das
Nachlaßgericht. Fällt einer von ihnen weg, so führen die übrigen das Amt
allein. Der Erblasser kann abweichende Anordnungen treffen.
Jeder Testamentsvollstrecker ist berechtigt, ohne Zustimmung
der anderen Testamentsvollstrecker diejenigen Maßregeln zu treffen, welche zur
Erhaltung eines der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegenden Nachlaßgegenstandes
nothwendig sind.
§. 2225. Das Amt des Testamentsvollstreckers erlischt, wenn
er stirbt oder wenn ein Fall eintritt, in welchem die Ernennung nach §. 2201
unwirksam sein würde.
§. 2226. Der Testamentsvollstrecker kann das Amt jederzeit kündigen.
Die Kündigung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Die
Vorschriften des §. 671 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§. 2227. Das Nachlaßgericht kann den Testamentsvollstrecker
auf Antrag eines der Betheiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt;
ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur
ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Der Testamentsvollstrecker soll vor der Entlassung wenn
thunlich gehört werden.
§. 2228. Das Nachlaßgericht hat die Einsicht der nach §.
2198 Abs. 1 Satz 2, §. 2199 Abs. 3, §. 2202 Abs. 2, §. 2226 Satz 2 abgegebenen
Erklärungen Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
Siebenter Titel.
Errichtung und Aufhebung eines Testaments.
§. 2229. Ein Minderjähriger kann ein Testament erst
errichten, wenn er das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat.
Der Minderjährige oder ein unter vorläufige Vormundschaft
gestellter Volljähriger bedarf zur Errichtung eines Testaments nicht der
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Wer entmündigt ist, kann ein Testament nicht errichten. Die
Unfähigkeit tritt schon mit der Stellung des Antrags ein, auf Grund dessen die
Entmündigung ausgesprochen wird.
Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen
Geistesschwäche oder wegen Bewußtseinsstörung nicht in der Lage ist, die
Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser
Einsicht zu handeln, kann ein Testament nicht errichten.
§. 2230. Hat ein Entmündigter ein Testament errichtet, bevor
der Entmündigungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, so steht die Entmündigung
der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen, wenn der Entmündigte noch vor dem
Eintritt der Unanfechtbarkeit stirbt.
Hat ein Entmündigter nach der Stellung des Antrags auf
Wiederaufhebung der Entmündigung ein Testament errichtet, so steht die
Entmündigung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen, wenn die
Entmündigung auf Grund des Antrags wieder aufgehoben wird.
§. 2231. Ein Testament kann in
ordentlicher Form errichtet werden
1. zur Niederschrift eines Notars;
2. durch eine vom Erblasser nach § 2247 abgegebene
Erklärung.
§. 2232. Zur Niederschrift eines Notars wird ein Testament
errichtet, indem der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen mündlich erklärt
oder ihm eine Schrift mit der Erklärung übergibt, daß die Schrift seinen
letzten Willen enthalte. Der Erblasser kann die Schrift offen oder verschlossen
übergeben; sie braucht nicht von ihm geschrieben zu sein.
§. 2233. Ist der Erblasser minderjährig, so kann er das
Testament nur durch mündliche Erklärung oder durch Übergabe einer offenen
Schrift errichten.
Ist der Erblasser nach seinen Angaben oder nach der
Überzeugung des Notars nicht imstande, Geschriebenes zu lesen, so kann er das
Testament nur durch mündliche Erklärung errichten.
Vermag der Erblasser nach seinen Angaben oder nach der
Überzeugung des Notars nicht hinreichend zu sprechen, so kann er das Testament
nur durch Übergabe einer Schrift errichten.
§. 2234. Anm.: Aufgehoben durch § 57, Z. 8, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1513, Nr. 89, ausgegeben am 03. 09. 1969, in Kraft seit 01. 01. 1970
- BeurkG.
§. 2235. Anm.: Aufgehoben durch § 57, Z. 8,
Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1513, Nr. 89, ausgegeben am 03. 09. 1969, in Kraft
seit 01. 01. 1970 - BeurkG.
§. 2236. Anm.: Aufgehoben durch § 57, Z. 8,
Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1513, Nr. 89, ausgegeben am 03. 09. 1969, in Kraft
seit 01. 01. 1970 - BeurkG.
§. 2237. Als Zeuge soll bei der Errichtung des Testaments
nicht mitwirken:
1. ein Minderjähriger;
2. wer der bürgerlichen Ehrenrechte
für verlustig erklärt ist, während der Zeit, für welche die Ehrenrechte
aberkannt sind;
3. wer nach den gesetzlichen
Vorschriften wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung unfähig ist, als Zeuge
eidlich vernommen zu werden;
4. wer geisteskrank, geistesschwach,
taub, blind oder stumm ist oder nicht schreiben kann;
5. wer die deutsche Sprache nicht
versteht; dies gilt nicht im Falle des § 2245;
6. wer als Hausangestellter oder
Gehilfe im Dienste des Richters oder des beurkundenden Notars steht.
§. 2238. Das Testament wird in der Weise errichtet, daß der
Erblasser dem Richter oder dem Notar seinen letzten Willen mündlich erklärt
oder eine Schrift mit der mündlichen Erklärung übergibt, daß die Schrift seinen
letzten Willen enthalte.
Der Erblasser kann die Schrift offen oder verschlossen
übergeben. Die Schrift kann von dem Erblasser oder von einer anderen Person
geschrieben sein. Der Richter oder der Notar soll von dem Inhalt der offen
übergebenen Schrift Kenntnis nehmen.
Wer minderjährig ist, kann das Testament nur durch mündliche
Erklärung oder durch Übergabe einer offenen Schrift errichten.
Ist der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder des
Notars nicht imstande, Geschriebenes zu lesen, so kann er das Testament nur
durch mündliche Erklärung errichten.
§. 2239. Die bei der Errichtung des Testaments mitwirkenden
Personen müssen, soweit sich aus § 2242 Abs. 2, 3 nichts anderes ergibt,
während der ganzen Verhandlung zugegen sein.
§. 2240. Über die Errichtung des Testaments muß eine
Niederschrift in deutscher Sprache aufgenommen werden.
§. 2241. Die Niederschrift muß
enthalten:
1. den Tag der Verhandlung;
2. die Bezeichnung des Erblassers
und der mitwirkenden Personen;
3. die nach § 2238 erforderlichen
Erklärungen des Erblassers und im Falle der Übergabe einer Schrift die
Feststellung der Übergabe.
Die Niederschrift soll ferner den
Ort der Verhandlung enthalten.
Das Fehlen einer Angabe über den Tag
der Verhandlung steht der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen, wenn diese
Angabe aus dem vom Richter oder Notar nach § 2246 auf den Testamentsumschlag
gesetzten Vermerk hervorgeht.
Das Testament ist nicht schon
deshalb ungültig, weil die Angabe über den Tag der Verhandlung unrichtig ist.
§. 2241a. Kennt der Richter oder der
Notar den Erblasser, so soll er dies in der Niederschrift feststellen. Kennt er
ihn nicht, so soll er angeben, wie er sich Gewißheit über seine Person
verschafft hat.
Kann sich der Richter oder der Notar
über die Person des Erblassers keine volle Gewißheit verschaffen, wird aber
gleichwohl die Aufnahme der Verhandlung verlangt, so soll er dies in der
Niederschrift unter Anführung des Sachverhalts und der zur Feststellung der
Person beigebrachten Unterlagen angeben.
Der Richter oder der Notar soll sich
davon überzeugen, daß der Erblasser testierfähig ist (§ 2229). Er soll seine
Wahrnehmungen über die Testierfähigkeit in der Niederschrift angeben.
§. 2241b. Der Richter oder der Notar
soll den Erblasser auf Bedenken gegen den Inhalt seiner mündlichen Erklärung
oder der offen übergebenen Schrift hinweisen.
Bestehen Zweifel an der Gültigkeit
des beabsichtigten Testaments, so sollen die Zweifel dem Erblasser mitgeteilt
und der Inhalt der Mitteilung und die hierauf vom Erblasser abgegebenen
Erklärungen in der Niederschrift festgestellt werden.
§. 2242. Die Niederschrift muß vorgelesen, vom Erblasser
genehmigt und von ihm eigenhändig unterschrieben werden. In der Niederschrift
soll festgestellt werden, daß dies geschehen ist. Hat der Erblasser die
Niederschrift eigenhändig unterschrieben, so wird vermutet, daß sie vorgelesen
und von ihm genehmigt ist. Die Niederschrift soll dem Erblasser auf Verlangen
auch zur Durchsicht vorgelegt werden.
Ist der Erblasser taub, so soll ihm die Niederschrift zur
Durchsicht vorgelegt werden, auch wenn er dies nicht verlangt; in der
Niederschrift soll festgestellt werden, daß dies geschehen ist. Kann der taube
Erblasser Geschriebenes nicht lesen, so soll bei dem Vorlesen eine
Vertrauensperson zugezogen werden, die sich mit ihm zu verständigen vermag; in
der Niederschrift soll die Zuziehung festgestellt werden.
Kann der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder
des Notars nicht schreiben, so wird die Unterschrift des Erblassers durch die
Feststellung dieser Überzeugung in der Niederschrift ersetzt. In einem solchen
Falle muß der Richter oder der Notar bei dem Vorlesen und der Genehmigung einen
Zeugen zuziehen; der Zuziehung des Zeugen bedarf es nicht, wenn der Richter
oder Notar gemäß § 2233 oder nach einer anderen gesetzlichen Vorschrift einen
Urkundsbeamten der Geschäftstelle oder einen zweiten Notar oder zwei Zeugen
zuzieht.
Die Niederschrift muß von den mitwirkenden Personen
unterschrieben werden.
§. 2243. Wer nach der Überzeugung des Richters oder des
Notars stumm oder sonst am Sprechen verhindert ist, kann das Testament nur
durch Übergabe einer Schrift errichten. Er muß die Erklärung, daß die Schrift
seinen letzten Willen enthalte, bei der Verhandlung eigenhändig in die
Niederschrift oder auf ein besonderes Blatt schreiben, das der Niederschrift
als Anlage beigefügt werden muß.
Das eigenhändige Niederschreiben der Erklärung sowie die
Überzeugung des Richters oder des Notars, daß der Erblasser am Sprechen
verhindert ist, sollen in der Niederschrift festgestellt werden. Die
Niederschrift braucht von dem Erblasser nicht besonders genehmigt zu werden.
§. 2244. Ist der Erblasser nach der Überzeugung des Richters
oder des Notars der deutschen Sprache nicht mächtig, so muß bei der Errichtung des
Testaments ein beeidigter Dolmetscher zugezogen werden. Auf den Dolmetscher
sind die nach den §§ 2234 bis 2237 für einen Zeugen geltenden Vorschriften
entsprechend anzuwenden.
Die Niederschrift muß in die Sprache, in der sich der
Erblasser erklärt, übersetzt werden. Die Übersetzung muß von dem Dolmetscher
angefertigt oder beglaubigt und vorgelesen werden; die Übersetzung muß der
Niederschrift als Anlage beigefügt werden.
In der Niederschrift soll die Überzeugung des Richters oder
des Notars, daß der Erblasser der deutschen Sprache nicht mächtig sei,
festgestellt werden. Die Niederschrift muß den Namen des Dolmetschers und die
Feststellung enthalten, daß der Dolmetscher die Übersetzung angefertigt oder
beglaubigt und sie vorgelesen hat. Der Dolmetscher muß die Niederschrift
unterschreiben.
§. 2245. Sind sämtliche mitwirkenden Personen nach der
Überzeugung des Richters oder des Notars der Sprache, in der sich der Erblasser
erklärt, mächtig, so ist die Zuziehung eines Dolmetschers nicht erforderlich.
Unterbleibt die Zuziehung eines Dolmetschers, so muß die
Niederschrift in der fremden Sprache aufgenommen werden und die Überzeugung des
Richters oder des Notars feststellen, daß die mitwirkenden Personen der fremden
Sprache mächtig seien. In der Niederschrift soll die Überzeugung des Richters
oder des Notars, daß der Erblasser der deutschen Sprache nicht mächtig sei,
festgestellt werden. Eine deutsche Übersetzung der Niederschrift soll als
Anlage beigefügt werden.
§. 2246. Der Richter oder der Notar soll die Niederschrift
über die Errichtung des Testaments mit den Anlagen, insbesondere im Falle der
Errichtung durch Übergabe einer Schrift mit dieser Schrift, in Gegenwart der
übrigen mitwirkenden Personen und des Erblassers in einen Umschlag nehmen und
diesen mit dem Amtssiegel verschließen. Der Richter oder der Notar soll das
Testament auf dem Umschlag nach der Person des Erblassers sowie nach der Zeit
der Errichtung näher bezeichnen und diese Aufschrift unterschreiben.
Der Richter oder der Notar soll veranlassen, daß das
verschlossene Testament unverzüglich in besondere amtliche Verwahrung gebracht
wird (§§ 2258a, 2258b). Dem Erblasser soll über das in Verwahrung genommene
Testament ein Hinterlegungsschein erteilt werden.
§. 2247. Der Erblasser kann ein Testament durch eine
eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.
Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit
(Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat.
Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des
Erblassers enthalten. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht
diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der
Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der
Gültigkeit des Testaments nicht entgegen.
Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen
vermag, kann ein Testament nicht nach obigen Vorschriften errichten.
Enthält ein nach Absatz 1 errichtetes Testament keine Angabe
über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine
Gültigkeit, so ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die
notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweitig treffen
lassen. Dasselbe gilt entsprechend für ein Testament, das keine Angabe über den
Ort der Errichtung enthält.
§. 2248. Ein nach den Vorschriften des § 2247 errichtetes
Testament ist auf Verlangen des Erblassers in besondere amtliche Verwahrung zu
nehmen (§§ 2258a, 2258b). Dem Erblasser soll über das in Verwahrung genommene
Testament ein Hinterlegungsschein erteilt werden.
§. 2249. Ist zu besorgen, daß der Erblasser früher sterben
werde, als die Errichtung eines Testaments vor einem Notar möglich ist, so kann
er das Testament zur Niederschrift des Bürgermeisters der Gemeinde, in der er
sich aufhält, errichten. Der Bürgermeister muß zu der Beurkundung zwei Zeugen
zuziehen. Als Zeuge kann nicht zugezogen werden, wer in dem zu beurkundenden
Testament bedacht oder zum Testamentsvollstrecker ernannt wird; die
Vorschriften der §§ 7, 27 des Beurkundungsgesetzes gelten entsprechend. Für die
Errichtung gelten die Vorschriften der §§ 2232, 2233 sowie die Vorschriften der
§§ 2, 4, 5 Abs. 1, §§ 6 bis 10, 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 13 Abs. 1, 3, §§
16, 17, 23, 24, 26 Abs. 1 Nr. 3, 4, Abs. 2, §§ 27, 28, 30 bis 32, 34, 35 des
Beurkundungsgesetzes; der Bürgermeister tritt an die Stelle des Notars. Die
Niederschrift muß auch von den Zeugen unterschrieben werden. Vermag der
Erblasser nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des Bürgermeisters
seinen Namen nicht zu schreiben, so wird die Unterschrift des Erblassers durch
die Feststellung dieser Angabe oder Überzeugung in der Niederschrift ersetzt.
Die Besorgnis, daß die Errichtung eines Testaments vor einem
Notar nicht mehr möglich sein werde, soll in der Niederschrift festgestellt
werden. Der Gültigkeit des Testaments steht nicht entgegen, daß die Besorgnis
nicht begründet war.
Der Bürgermeister soll den Erblasser darauf hinweisen, daß
das Testament seine Gültigkeit verliert, wenn der Erblasser den Ablauf der im §
2252 Abs. 1, 2 vorgesehenen Frist überlebt. Er soll in der Niederschrift
feststellen, daß dieser Hinweis gegeben ist.
Für die Anwendung der vorstehenden Vorschriften steht der
Vorsteher eines Gutsbezirks dem Bürgermeister einer Gemeinde gleich.
Das Testament kann auch vor demjenigen errichtet werden, der
nach den gesetzlichen Vorschriften zur Vertretung des Bürgermeisters oder des
Gutsvorstehers befugt ist. Der Vertreter soll in der Niederschrift angeben,
worauf sich seine Vertretungsbefugnis stützt.
Sind bei Abfassung der Niederschrift über die Errichtung des
in den vorstehenden Absätzen vorgesehenen Testaments Formfehler unterlaufen,
ist aber dennoch mit Sicherheit anzunehmen, daß das Testament eine zuverlässige
Wiedergabe der Erklärung des Erblassers enthält, so steht der Formverstoß der
Wirksamkeit der Beurkundung nicht entgegen.
§. 2250. Wer sich an einem Ort aufhält, der infolge
außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, daß die Errichtung eines
Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, kann das
Testament in der durch § 2249 bestimmten Form oder durch mündliche Erklärung
vor drei Zeugen errichten.
Wer sich in so naher Todesgefahr befindet, daß
voraussichtlich auch die Errichtung eines Testaments nach § 2249 nicht mehr
möglich ist, kann das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen
errichten.
Wird das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen
errichtet, so muß hierüber eine Niederschrift aufgenommen werden. Auf die
Zeugen sind die Vorschriften der § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, §§ 7, 26 Abs. 2 Nr. 2
bis 5, § 27 des Beurkundungsgesetzes, auf die Niederschrift sind die
Vorschriften der §§ 8 bis 10, 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 13 Abs. 1, 3 Satz 1,
§§ 23, 28 des Beurkundungsgesetzes sowie die Vorschriften des § 2249 Abs. 1
Satz 5, 6, Abs. 2, 6 entsprechend anzuwenden. Die Niederschrift kann außer in
der deutschen auch in einer anderen Sprache aufgenommen werden. Der Erblasser
und die Zeugen müssen der Sprache der Niederschrift hinreichend kundig sein;
dies soll in der Niederschrift festgestellt werden, wenn sie in einer anderen
als der deutschen Sprache aufgenommen wird.
§. 2251. Wer sich während einer Seereise an Bord eines
deutschen Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens befindet, kann ein
Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen nach § 2250 Abs. 3
errichten.
§. 2252. Ein nach § 2249, § 2250 oder § 2251 errichtetes
Testament gilt als nicht errichtet, wenn seit der Errichtung drei Monate
verstrichen sind und der Erblasser noch lebt.
Beginn und Lauf der Frist sind gehemmt, solange der
Erblasser außerstande ist, ein Testament vor einem Notar zu errichten.
Tritt im Falle des § 2251 der Erblasser vor dem Ablauf der
Frist eine neue Seereise an, so wird die Frist mit der Wirkung unterbrochen,
daß nach Beendigung der neuen Reise die volle Frist von neuem zu laufen
beginnt.
Wird der Erblasser nach dem Ablauf der Frist für tot erklärt
oder wird seine Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes
festgestellt, so behält das Testament seine Kraft, wenn die Frist zu der Zeit,
zu welcher der Erblasser nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, noch
nicht verstrichen war.
§. 2253. Der Erblasser kann ein Testament sowie eine
einzelne in einem Testament enthaltene Verfügung jederzeit widerrufen.
Die Entmündigung des Erblassers wegen Geistesschwäche,
Verschwendung, Trunksucht oder Rauschgiftsucht steht dem Widerruf eines vor der
Entmündigung errichteten Testaments nicht entgegen.
§. 2254. Der Widerruf erfolgt durch Testament.
§. 2255. Ein
Testament kann auch dadurch widerrufen werden, daß der Erblasser in der
Absicht, es aufzuheben, die Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr
Veränderungen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung
aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt. Hat der Erblasser die
Testamentsurkunde vernichtet oder in der bezeichneten Weise verändert, so wird
vermutet, daß er die Aufhebung des Testaments beabsichtigt habe.
§. 2256. Ein vor einem Notar oder nach § 2249 errichtetes
Testament gilt als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene
Urkunde dem Erblasser zurückgegeben wird. Die zurückgebende Stelle soll dem
Erblasser über die im Satz 1 vorgesehene Folge der Rückgabe belehren, dies auf
der Urkunde vermerken und aktenkundig machen, daß beides geschehen ist.
Der Erblasser kann die Rückgabe jederzeit verlangen. Das
Testament darf nur an den Erblasser persönlich zurückgegeben werden.
Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten auch für ein nach §
2248 hinterlegtes Testament; die Rückgabe ist auf die Wirksamkeit des
Testaments ohne Einfluß.
§. 2257. Wird der durch Testament erfolgte Widerruf einer
letztwilligen Verfügung widerrufen, so ist im Zweifel die Verfügung wirksam,
wie wenn sie nicht widerrufen worden wäre.
§. 2258. Durch die Errichtung eines Testaments wird ein
früheres Testament insoweit aufgehoben, als das spätere Testament mit dem
früheren in Widerspruch steht.
Wird das spätere Testament widerrufen, so ist im Zweifel das
frühere Testament in gleicher Weise wirksam, wie wenn es nicht aufgehoben
worden wäre.
§. 2258a. Für die besondere amtliche Verwahrung der
Testamente sind die Amtsgerichte zuständig.
Örtlich zuständig ist:
1. wenn das Testament vor einem Notar errichtet ist, das Amtsgericht,
in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat;
2. wenn das Testament vor dem Bürgermeister der Gemeinde
oder dem Vorsteher eines Gutsbezirks errichtet ist, das Amtsgericht, zu dessen
Bezirk die Gemeinde oder der Gutsbezirk gehört;
3. wenn das Testament nach § 2247 errichtet ist, jedes
Amtsgericht.
Der Erblasser kann jederzeit die Verwahrung bei einem
anderen Amtsgericht verlangen.
§. 2258b. Die Annahme zur Verwahrung sowie die Herausgabe
des Testaments ist von dem Richter anzuordnen und von ihm und dem
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
Dem Erblasser soll über das in Verwahrung genommene
Testament ein Hinterlegungsschein erteilt werden. Der Hinterlegungsschein ist
von dem Richter und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben
und mit dem Dienstsiegel zu versehen.
§. 2259. Wer ein Testament, das nicht in besondere amtliche
Verwahrung gebracht ist, im Besitz hat, ist verpflichtet, es unverzüglich,
nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntnis erlangt hat, an das
Nachlaßgericht abzuliefern.
Befindet sich ein Testament bei einer anderen Behörde als
einem Gericht in amtlicher Verwahrung, so ist es nach dem Tode des Erblassers
an das Nachlaßgericht abzuliefern. Das Nachlaßgericht hat, wenn es von dem
Testament Kenntnis erlangt, die Ablieferung zu veranlassen.
§. 2260. Das Nachlaßgericht hat, sobald es von dem Tode des
Erblassers Kenntnis erlangt, zur Eröffnung eines in seiner Verwahrung
befindlichen Testaments einen Termin zu bestimmen. Zu dem Termin sollen die
gesetzlichen Erben des Erblassers und die sonstigen Beteiligten, soweit
tunlich, geladen werden.
In dem Termin ist das Testament zu öffnen, den Beteiligten
zu verkünden und ihnen auf Verlangen vorzulegen. Die Verkündung darf im Falle
der Vorlegung unterbleiben. Die Verkündung unterbleibt ferner, wenn im Termin
keiner der Beteiligten erscheint.
Über die Eröffnung ist eine Niederschrift aufzunehmen. War
das Testament verschlossen, so ist in der Niederschrift festzustellen, ob der
Verschluß unversehrt war.
§. 2261. Hat ein anderes Gericht als das Nachlaßgericht das
Testament in amtlicher Verwahrung, so liegt dem anderen Gericht die Eröffnung
des Testaments ob. Das Testament ist nebst einer beglaubigten Abschrift der
über die Eröffnung aufgenommenen Niederschrift dem Nachlaßgericht zu übersenden;
eine beglaubigte Abschrift des Testaments ist zurückzubehalten.
§. 2262. Das Nachlaßgericht hat die Beteiligten, welche bei
der Eröffnung des Testaments nicht zugegen gewesen sind, von dem sie
betreffenden Inhalt des Testaments in Kenntnis zu setzen.
§. 2263. Eine Anordnung des Erblassers, durch die er
verbietet, das Testament alsbald nach seinem Tode zu eröffnen, ist nichtig.
§. 2263a. Befindet sich ein Testament seit mehr als dreißig
Jahren in amtlicher Verwahrung, so hat die verwahrende Stelle von Amts wegen,
soweit tunlich, Ermittlungen darüber anzustellen, ob der Erblasser noch lebt.
Führen die Ermittlungen nicht zu der Feststellung des Fortlebens des
Erblassers, so ist das Testament zu eröffnen. Die Vorschriften der §§ 2260 bis
2262 sind entsprechend anzuwenden.
§. 2264. Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, ist
berechtigt, ein eröffnetes Testament einzusehen sowie eine Abschrift des
Testaments oder einzelner Teile zu fordern; die Abschrift ist auf Verlangen zu
beglaubigen.
Achter Titel.
Gemeinschaftliches Testament.
§. 2265. Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von
Ehegatten errichtet werden.
§. 2266. Ein gemeinschaftliches Testament kann nach den §§ 2249,
2250 auch dann errichtet werden, wenn die dort vorgesehenen Voraussetzungen nur
bei einem der Ehegatten vorliegen.
§. 2267. Zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments
nach § 2247 genügt es, wenn einer der Ehegatten das Testament in der dort vorgeschriebenen
Form errichtet und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung
eigenhändig mitunterzeichnet. Der mitunterzeichnende Ehegatte soll hierbei
angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er seine
Unterschrift beigefügt hat.
§. 2268. Ein gemeinschaftliches Testament ist in den Fällen
des §. 2077 seinem ganzen Inhalte nach unwirksam.
Wird die Ehe vor dem Tode eines der Ehegatten aufgelöst oder
liegen die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 Satz 2 oder 3 vor, so bleiben die
Verfügungen insoweit wirksam, als anzunehmen ist, daß sie auch für diesen Fall
getroffen sein würden.
§. 2269. Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen
Testamente, durch das sie sich gegenseitig als Erben einsetzen, bestimmt, daß
nach dem Tode des Ueberlebenden der beiderseitige Nachlaß an einen Dritten
fallen soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Dritte für den gesammten
Nachlaß als Erbe des zuletzt versterbenden Ehegatten eingesetzt ist.
Haben die Ehegatten in einem solchen Testament ein Vermächtniß
angeordnet, das nach dem Tode des Ueberlebenden erfüllt werden soll, so ist im
Zweifel anzunehmen, daß das Vermächtniß dem Bedachten erst mit dem Tode des
Ueberlebenden anfallen soll.
§. 2270. Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen
Testamente Verfügungen getroffen, von denen anzunehmen ist, daß die Verfügung
des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde, so hat die
Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen
zur Folge.
Ein solches Verhältniß der Verfügungen zu einander ist im
Zweifel anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem
einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des
Ueberlebens des Bedachten eine Verfügung zu Gunsten einer Person getroffen
wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.
Auf andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse
oder Auflagen findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung.
§. 2271. Der Widerruf einer Verfügung, die mit einer
Verfügung des anderen Ehegatten in dem im §. 2270 bezeichneten Verhältnisse
steht, erfolgt bei Lebzeiten der Ehegatten nach den für den Rücktritt von einem
Erbvertrage geltenden Vorschriften des §. 2296. Durch eine neue Verfügung von
Todeswegen kann ein Ehegatte bei Lebzeiten des anderen seine Verfügung nicht
einseitig aufheben.
Das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tode des anderen
Ehegatten; der Ueberlebende kann jedoch seine Verfügung aufheben, wenn er das
ihm Zugewendete ausschlägt. Auch nach der Annahme der Zuwendung ist der
Ueberlebende zur Aufhebung nach Maßgabe des §. 2294 und des §. 2336 berechtigt.
Ist ein pflichttheilsberechtigter Abkömmling der Ehegatten
oder eines der Ehegatten bedacht, so findet die Vorschrift des §. 2289 Abs. 2
entsprechende Anwendung.
§. 2272. Ein gemeinschaftliches Testament kann nach § 2256
nur von beiden Ehegatten zurückgenommen werden.
§. 2273. Bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen
Testaments sind die Verfügungen des überlebenden Ehegatten, soweit sie sich
sondern lassen, weder zu verkünden noch sonst zur Kenntnis der Beteiligten zu
bringen.
Von den Verfügungen des verstorbenen Ehegatten ist eine
beglaubigte Abschrift anzufertigen. Das Testament ist wieder zu verschließen
und in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen.
Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten nicht, wenn das
Testament nur Anordnungen enthält, die sich auf den Erbfall beziehen, der mit
dem Tode des erstversterbenden Ehegatten eintritt, insbesondere wenn das
Testament sich auf die Erklärung beschränkt, daß die Ehegatten sich gegenseitig
zu Erben einsetzen.
Vierter Abschnitt.
Erbvertrag.
§. 2274. Der Erblasser kann einen Erbvertrag nur persönlich
schließen.
§. 2275. Einen Erbvertrag kann als Erblasser nur schließen,
wer unbeschränkt geschäftsfähig ist.
Ein Ehegatte kann als Erblasser mit seinem Ehegatten einen
Erbvertrag schließen, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Er
bedarf in diesem Falle der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters; ist der
gesetzliche Vertreter ein Vormund, so ist auch die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts erforderlich.
Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten auch für Verlobte.
§. 2276. Ein Erbvertrag kann nur zur Niederschrift eines
Notars bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden. Die
Vorschriften der § 2231 Nr. 1, §§ 2232, 2233 sind anzuwenden; was nach diesen
Vorschriften für den Erblasser gilt, gilt für jeden der Vertragschließenden.
Für einen Erbvertrag zwischen Ehegatten oder zwischen
Verlobten, der mit einem Ehevertrag in derselben Urkunde verbunden wird, genügt
die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form.
§. 2277. Wird ein Erbvertrag in besondere amtliche
Verwahrung genommen, so soll jedem der Vertragschließenden ein
Hinterlegungsschein erteilt werden.
§. 2278. In einem Erbvertrage kann jeder der
Vertragschließenden vertragsmäßige Verfügungen von Todeswegen treffen.
Andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und
Auflagen können vertragsmäßig nicht getroffen werden.
§. 2279. Auf vertragsmäßige Zuwendungen und Auflagen finden
die für letztwillige Zuwendungen und Auflagen geltenden Vorschriften
entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften des §. 2077 gelten für einen Erbvertrag
zwischen Ehegatten oder Verlobten auch insoweit, als ein Dritter bedacht ist.
§. 2280. Haben Ehegatten in einem Erbvertrage, durch den sie
sich gegenseitig als Erben einsetzen, bestimmt, daß nach dem Tode des
Ueberlebenden der beiderseitige Nachlaß an einen Dritten fallen soll, oder ein
Vermächtniß angeordnet, das nach dem Tode des Ueberlebenden zu erfüllen ist, so
finden die Vorschriften des §. 2269 entsprechende Anwendung.
§. 2281. Der Erbvertrag kann auf Grund der §§. 2078, 2079
auch von dem Erblasser angefochten werden; zur Anfechtung auf Grund des §. 2079
ist erforderlich, daß der Pflichttheilsberechtigte zur Zeit der Anfechtung
vorhanden ist.
Soll nach dem Tode des anderen Vertragschließenden eine zu
Gunsten eines Dritten getroffene Verfügung von dem Erblasser angefochten
werden, so ist die Anfechtung dem Nachlaßgerichte gegenüber zu erklären. Das
Nachlaßgericht soll die Erklärung dem Dritten mittheilen.
§. 2282. Die Anfechtung kann nicht durch einen Vertreter des
Erblassers erfolgen. Ist der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so
bedarf er zur Anfechtung nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Für einen geschäftsunfähigen Erblasser kann sein
gesetzlicher Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den
Erbvertrag anfechten.
Die Anfechtungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 2283. Die Anfechtung durch den Erblasser kann nur binnen
Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung
mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört, in den übrigen Fällen mit
dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß
erlangt. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden
Vorschriften der §§. 203, 206 entsprechende Anwendung.
Hat im Falle des §. 2282 Abs. 2 der gesetzliche Vertreter
den Erbvertrag nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfalle der
Geschäftsunfähigkeit der Erblasser selbst den Erbvertrag in gleicher Weise
anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.
§. 2284. Die Bestätigung eines anfechtbaren Erbvertrags kann
nur durch den Erblasser persönlich erfolgen. Ist der Erblasser in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die Bestätigung ausgeschlossen.
§. 2285. Die im §. 2080 bezeichneten Personen können den
Erbvertrag auf Grund der §§. 2078, 2079 nicht mehr anfechten, wenn das
Anfechtungsrecht des Erblassers zur Zeit des Erbfalls erloschen ist.
§. 2286. Durch den Erbvertrag wird das Recht des Erblassers,
über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, nicht
beschränkt.
§. 2287. Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben
zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem
ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des
Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung fordern.
Der Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Anfalle der
Erbschaft an.
§. 2288. Hat der Erblasser den Gegenstand eines
vertragsmäßig angeordneten Vermächtnisses in der Absicht, den Bedachten zu
beeinträchtigen, zerstört, bei Seite geschafft oder beschädigt, so tritt,
soweit der Erbe dadurch außer Stand gesetzt ist, die Leistung zu bewirken, an
die Stelle des Gegenstandes der Werth.
Hat der Erblasser den Gegenstand in der Absicht, den
Bedachten zu beeinträchtigen, veräußert oder belastet, so ist der Erbe
verpflichtet, dem Bedachten den Gegenstand zu verschaffen oder die Belastung zu
beseitigen; auf diese Verpflichtung finden die Vorschriften des §. 2170 Abs. 2
entsprechende Anwendung. Ist die Veräußerung oder die Belastung schenkweise
erfolgt, so steht dem Bedachten, soweit er Ersatz nicht von dem Erben erlangen
kann, der im §. 2287 bestimmte Anspruch gegen den Beschenkten zu.
§. 2289. Durch den Erbvertrag wird eine frühere letztwillige
Verfügung des Erblassers aufgehoben, soweit sie das Recht des vertragsmäßig
Bedachten beeinträchtigen würde. In dem gleichen Umfang ist eine spätere
Verfügung von Todeswegen unwirksam, unbeschadet der Vorschrift des §. 2297.
Ist der Bedachte ein pflichttheilsberechtigter Abkömmling
des Erblassers, so kann der Erblasser durch eine spätere letztwillige Verfügung
die nach §. 2338 zulässigen Anordnungen treffen.
§. 2290. Ein Erbvertrag sowie eine einzelne vertragsmäßige
Verfügung kann durch Vertrag von den Personen aufgehoben werden, die den Erbvertrag
geschlossen haben. Nach dem Tode einer dieser Personen kann die Aufhebung nicht
mehr erfolgen.
Der Erblasser kann den Vertrag nur persönlich schließen. Ist
er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung
seines gesetzlichen Vertreters.
Steht der andere Theil unter Vormundschaft, so ist die
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Das Gleiche gilt, wenn er
unter elterlicher Gewalt steht, es sei denn, daß der Vertrag unter Ehegatten
oder unter Verlobten geschlossen wird.
Der Vertrag bedarf der im §. 2276 für den Erbvertrag
vorgeschriebenen Form.
§. 2291. Eine vertragsmäßige Verfügung, durch die ein
Vermächtniß oder eine Auflage angeordnet ist, kann von dem Erblasser durch
Testament aufgehoben werden. Zur Wirksamkeit der Aufhebung ist die Zustimmung
des anderen Vertragschließenden erforderlich; die Vorschriften des §. 2290 Abs.
3 finden Anwendung.
Die Zustimmungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung;
die Zustimmung ist unwiderruflich.
§. 2292. Ein zwischen Ehegatten geschlossener Erbvertrag
kann auch durch ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten aufgehoben
werden; die Vorschriften des §. 2290 Abs. 3 finden Anwendung.
§. 2293. Der Erblasser kann von dem Erbvertrage
zurücktreten, wenn er sich den Rücktritt im Vertrage vorbehalten hat.
§. 2294. Der Erblasser kann von einer vertragsmäßigen
Verfügung zurücktreten, wenn sich der Bedachte einer Verfehlung schuldig macht,
die den Erblasser zur Entziehung des Pflichttheils berechtigt oder, falls der Bedachte
nicht zu den Pflichttheilsberechtigten gehört, zu der Entziehung berechtigen
würde, wenn der Bedachte ein Abkömmling des Erblassers wäre.
§. 2295. Der Erblasser kann von einer vertragsmäßigen
Verfügung zurücktreten, wenn die Verfügung mit Rücksicht auf eine
rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Bedachten, dem Erblasser für dessen
Lebenszeit wiederkehrende Leistungen zu entrichten, insbesondere Unterhalt zu
gewähren, getroffen ist und die Verpflichtung vor dem Tode des Erblassers
aufgehoben wird.
§. 2296. Der Rücktritt kann nicht durch einen Vertreter
erfolgen. Ist der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er
nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen
Vertragschließenden. Die Erklärung bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 2297. Soweit der Erblasser zum Rücktritte berechtigt ist,
kann er nach dem Tode des anderen Vertragschließenden die vertragsmäßige
Verfügung durch Testament aufheben. In den Fällen des §. 2294 finden die
Vorschriften des §. 2336 Abs. 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
§. 2298. Sind in einem Erbvertrage von beiden Theilen
vertragsmäßige Verfügungen getroffen, so hat die Nichtigkeit einer dieser
Verfügungen die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge.
Ist in einem solchen Vertrage der Rücktritt vorbehalten, so
wird durch den Rücktritt eines der Vertragschließenden der ganze Vertrag
aufgehoben. Das Rücktrittsrecht erlischt mit dem Tode des anderen
Vertragschließenden. Der Ueberlebende kann jedoch, wenn er das ihm durch den
Vertrag Zugewendete ausschlägt, seine Verfügung durch Testament aufheben.
Die Vorschriften des Abs. 1 und des Abs. 2 Satz 1, 2 finden
keine Anwendung, wenn ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist.
§. 2299. Jeder der Vertragschließenden kann in dem
Erbvertrag einseitig jede Verfügung treffen, die durch Testament getroffen
werden kann.
Für eine Verfügung dieser Art gilt das Gleiche, wie wenn sie
durch Testament getroffen worden wäre. Die Verfügung kann auch in einem Vertrag
aufgehoben werden, durch den eine vertragsmäßige Verfügung aufgehoben wird.
Wird der Erbvertrag durch Ausübung des Rücktrittsrechts oder
durch Vertrag aufgehoben, so tritt die Verfügung außer Kraft, sofern nicht ein
anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
§. 2300. Die für die amtliche Verwahrung und die Eröffnung
eines Testaments geltenden Vorschriften der §§ 2258a bis 2263, 2273 sind auf
den Erbvertrag entsprechend anzuwenden, die Vorschriften des § 2273 Abs. 2, 3
jedoch nur dann, wenn sich der Erbvertrag in besonderer amtlicher Verwahrung
befindet.
§. 2300a. Befindet sich ein Erbvertrag seit mehr als fünfzig
Jahren in amtlicher Verwahrung, so ist § 2263a entsprechend anzuwenden.
§. 2301. Auf ein Schenkungsversprechen, welches unter der
Bedingung ertheilt wird, daß der Beschenkte den Schenker überlebt, finden die
Vorschriften über Verfügungen von Todeswegen Anwendung. Das Gleiche gilt für
ein schenkweise unter dieser Bedingung ertheiltes Schuldversprechen oder
Schuldanerkenntniß der in den §§. 780, 781 bezeichneten Art.
Vollzieht der Schenker die Schenkung durch Leistung des
zugewendeten Gegenstandes, so finden die Vorschriften über Schenkungen unter
Lebenden Anwendung.
§. 2302. Ein Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet,
eine Verfügung von Todeswegen zu errichten oder nicht zu errichten, aufzuheben
oder nicht aufzuheben, ist nichtig.
Fünfter Abschnitt.
Pflichttheil.
§. 2303. Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung
von Todeswegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den
Pflichttheil verlangen. Der Pflichttheil besteht in der Hälfte des Werthes des
gesetzlichen Erbtheils.
Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des
Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todeswegen von der Erbfolge
ausgeschlossen sind. Die Vorschriften des § 1371 bleiben unberührt.
§. 2304. Die Zuwendung des Pflichttheils ist im Zweifel
nicht als Erbeinsetzung anzusehen.
§. 2305. Ist einem Pflichttheilsberechtigten ein Erbtheil
hinterlassen, der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbtheils, so
kann der Pflichttheilsberechtigte von den Miterben als Pflichttheil den Werth
des an der Hälfte fehlenden Theiles verlangen.
§. 2306. Ist ein als Erbe berufener
Pflichttheilsberechtigter durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung
eines Testamentsvollstreckers oder eine Theilungsanordnung beschränkt oder ist
er mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert, so gilt die Beschränkung
oder die Beschwerung als nicht angeordnet, wenn der ihm hinterlassene Erbtheil
die Hälfte des gesetzlichen Erbtheils nicht übersteigt. Ist der hinterlassene
Erbtheil größer, so kann der Pflichttheilsberechtigte den Pflichttheil
verlangen, wenn er den Erbtheil ausschlägt; die Ausschlagungsfrist beginnt
erst, wenn der Pflichttheilsberechtigte von der Beschränkung oder der
Beschwerung Kenntniß erlangt.
Einer Beschränkung der Erbeinsetzung steht es gleich, wenn
der Pflichttheilsberechtigte als Nacherbe eingesetzt ist.
§. 2307. Ist ein Pflichttheilsberechtigter mit einem
Vermächtnisse bedacht, so kann er den Pflichttheil verlangen, wenn er das
Vermächtniß ausschlägt. Schlägt er nicht aus, so steht ihm ein Recht auf den
Pflichttheil nicht zu, soweit der Werth des Vermächtnisses reicht; bei der
Berechnung des Werthes bleiben Beschränkungen und Beschwerungen der im §. 2306
bezeichneten Art außer Betracht.
Der mit dem Vermächtnisse beschwerte Erbe kann den
Pflichttheilsberechtigten unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur
Erklärung über die Annahme des Vermächtnisses auffordern. Mit dem Ablaufe der Frist
gilt das Vermächtniß als ausgeschlagen, wenn nicht vorher die Annahme erklärt
wird.
§. 2308. Hat ein Pflichttheilsberechtigter, der als Erbe
oder als Vermächtnißnehmer in der im §. 2306 bezeichneten Art beschränkt oder
beschwert ist, die Erbschaft oder das Vermächtniß ausgeschlagen, so kann er die
Ausschlagung anfechten, wenn die Beschränkung oder die Beschwerung zur Zeit der
Ausschlagung weggefallen und der Wegfall ihm nicht bekannt war.
Auf die Anfechtung der Ausschlagung eines Vermächtnisses
finden die für die Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung. Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung
gegenüber dem Beschwerten.
§. 2309. Entferntere Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers
sind insoweit nicht pflichttheilsberechtigt, als ein Abkömmling, der sie im
Falle der gesetzlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichttheil verlangen
kann oder das ihm Hinterlassene annimmt.
§. 2310. Bei der Feststellung des für die Berechnung des
Pflichttheils maßgebenden Erbtheils werden diejenigen mitgezählt, welche durch
letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft
ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt sind. Wer durch Erbverzicht
von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.
§. 2311. Der Berechnung des Pflichttheils wird der Bestand
und der Werth des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zu Grunde gelegt. Bei der
Berechnung des Pflichtteils eines Abkömmlings und der Eltern des Erblassers
bleibt der dem überlebenden Ehegatten gebührende Voraus außer Ansatz.
Der Werth ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu
ermitteln. Eine vom Erblasser getroffene Werthbestimmung ist nicht maßgebend.
§. 2312. Hat der Erblasser angeordnet oder ist nach §. 2049
anzunehmen, daß einer von mehreren Erben das Recht haben soll, ein zum
Nachlasse gehörendes Landgut zu dem Ertragswerthe zu übernehmen, so ist, wenn
von dem Rechte Gebrauch gemacht wird, der Ertragswerth auch für die Berechnung
des Pflichttheils maßgebend. Hat der Erblasser einen anderen Uebernahmepreis
bestimmt, so ist dieser maßgebend, wenn er den Ertragswerth erreicht und den
Schätzungswerth nicht übersteigt.
Hinterläßt der Erblasser nur einen Erben, so kann er
anordnen, daß der Berechnung des Pflichttheils der Ertragswerth oder ein nach
Abs. 1 Satz 2 bestimmter Werth zu Grunde gelegt werden soll.
Diese Vorschriften finden nur Anwendung, wenn der Erbe, der
das Landgut erwirbt, zu den im §. 2303 bezeichneten pflichttheilsberechtigten
Personen gehört.
§. 2313. Bei der Feststellung des Werthes des Nachlasses
bleiben Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer aufschiebenden Bedingung
abhängig sind, außer Ansatz. Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer
auflösenden Bedingung abhängig sind, kommen als unbedingte in Ansatz. Tritt die
Bedingung ein, so hat die der veränderten Rechtslage entsprechende Ausgleichung
zu erfolgen.
Für ungewisse oder unsichere Rechte sowie für zweifelhafte
Verbindlichkeiten gilt das Gleiche wie für Rechte und Verbindlichkeiten, die
von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind. Der Erbe ist dem
Pflichttheilsberechtigten gegenüber verpflichtet, für die Feststellung eines
ungewissen und für die Verfolgung eines unsicheren Rechtes zu sorgen, soweit es
einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht.
§. 2314. Ist der Pflichttheilsberechtigte nicht Erbe, so hat
ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu
ertheilen. Der Pflichttheilsberechtigte kann verlangen, daß er bei der Aufnahme
des ihm nach §. 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlaßgegenstände
zugezogen und daß der Werth der Nachlaßgegenstände ermittelt wird. Er kann auch
verlangen, daß das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch einen
zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
Die Kosten fallen dem Nachlasse zur Last.
§. 2315. Der Pflichttheilsberechtigte hat sich auf den
Pflichttheil anrechnen zu lassen, was ihm von dem Erblasser durch
Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet worden ist, daß es
auf den Pflichttheil angerechnet werden soll.
Der Werth der Zuwendung wird bei der Bestimmung des
Pflichttheils dem Nachlasse hinzugerechnet. Der Werth bestimmt sich nach der
Zeit, zu welcher die Zuwendung erfolgt ist.
Ist der Pflichttheilsberechtigte ein Abkömmling des
Erblassers, so findet die Vorschrift des §. 2051 Abs. 1 entsprechende
Anwendung.
§. 2316. Der Pflichtteil eines Abkömmlings bestimmt sich,
wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen im Falle der
gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung des Erblassers oder Leistungen der in §
2057a bezeichneten Art zur Ausgleichung zu bringen sein würden, nach
demjenigen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der
Ausgleichungspflichten bei der Teilung entfallen würde. Ein Abkömmling, der
durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, bleibt bei
der Berechnung außer Betracht.
Ist der Pflichttheilsberechtigte Erbe und beträgt der
Pflichttheil nach Abs. 1 mehr als der Werth des hinterlassenen Erbtheils, so
kann der Pflichttheilsberechtigte von den Miterben den Mehrbetrag als
Pflichttheil verlangen, auch wenn der hinterlassene Erbtheil die Hälfte des
gesetzlichen Erbtheils erreicht oder übersteigt.
Eine Zuwendung der im §. 2050 Abs. 1 bezeichneten Art kann
der Erblasser nicht zum Nachtheil eines Pflichttheilsberechtigten von der
Berücksichtigung ausschließen.
Ist eine nach Abs. 1 zu berücksichtigende Zuwendung zugleich
nach §. 2315 auf den Pflichttheil anzurechnen, so kommt sie auf diesen nur mit
der Hälfte des Werthes zur Anrechnung.
§. 2317. Der Anspruch auf den Pflichttheil entsteht mit dem
Erbfalle.
Der Anspruch ist vererblich und übertragbar.
§. 2318. Der Erbe kann die Erfüllung eines ihm auferlegten
Vermächtnisses soweit verweigern, daß die Pflichttheilslast von ihm und dem
Vermächtnißnehmer verhältnißmäßig getragen wird. Das Gleiche gilt von einer
Auflage.
Einem pflichttheilsberechtigten Vermächtnißnehmer gegenüber
ist die Kürzung nur soweit zulässig, daß ihm der Pflichttheil verbleibt.
Ist der Erbe selbst pflichttheilsberechtigt, so kann er
wegen der Pflichttheilslast das Vermächtniß und die Auflage soweit kürzen, daß
ihm sein eigener Pflichttheil verbleibt.
§. 2319. Ist einer von mehreren Erben selbst
pflichttheilsberechtigt, so kann er nach der Theilung die Befriedigung eines
anderen Pflichttheilsberechtigten soweit verweigern, daß ihm sein eigener
Pflichttheil verbleibt. Für den Ausfall haften die übrigen Erben.
§. 2320. Wer an Stelle des Pflichttheilsberechtigten
gesetzlicher Erbe wird, hat im Verhältnisse zu Miterben die Pflichttheilslast
und, wenn der Pflichttheilsberechtigte ein ihm zugewendetes Vermächtniß
annimmt, das Vermächtniß in Höhe des erlangten Vortheils zu tragen.
Das Gleiche gilt im Zweifel von demjenigen, welchem der
Erblasser den Erbtheil des Pflichttheilsberechtigten durch Verfügung von
Todeswegen zugewendet hat.
§. 2321. Schlägt der Pflichttheilsberechtigte ein ihm
zugewendetes Vermächtniß aus, so hat im Verhältnisse der Erben und der
Vermächtnißnehmer zu einander derjenige, welchem die Ausschlagung zu Statten
kommt, die Pflichttheilslast in Höhe des erlangten Vortheils zu tragen.
§. 2322. Ist eine von dem Pflichttheilsberechtigten
ausgeschlagene Erbschaft oder ein von ihm ausgeschlagenes Vermächtniß mit einem
Vermächtniß oder einer Auflage beschwert, so kann derjenige, welchem die
Ausschlagung zu Statten kommt, das Vermächtniß oder die Auflage soweit kürzen,
daß ihm der zur Deckung der Pflichttheilslast erforderliche Betrag verbleibt.
§. 2323. Der Erbe kann die Erfüllung eines Vermächtnisses
oder einer Auflage auf Grund des §. 2318 Abs. 1 insoweit nicht verweigern, als
er die Pflichttheilslast nach den §§. 2320 bis 2322 nicht zu tragen hat.
§. 2324. Der Erblasser kann durch Verfügung von Todeswegen die
Pflichttheilslast im Verhältnisse der Erben zu einander einzelnen Erben
auferlegen und von den Vorschriften des §. 2318 Abs. 1 und der §§. 2320 bis
2323 abweichende Anordnungen treffen.
§. 2325. Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung
gemacht, so kann der Pflichttheilsberechtigte als Ergänzung des Pflichttheils
den Betrag verlangen, um den sich der Pflichttheil erhöht, wenn der verschenkte
Gegenstand dem Nachlasse hinzugerechnet wird.
Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werthe in Ansatz, den
sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werthe
in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung
einen geringeren Werth, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.
Die Schenkung bleibt unberücksichtigt, wenn zur Zeit des
Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen
sind; ist die Schenkung an den Ehegatten des Erblassers erfolgt, so beginnt die
Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.
§. 2326. Der Pflichttheilsberechtigte kann die Ergänzung des
Pflichttheils auch dann verlangen, wenn ihm die Hälfte des gesetzlichen
Erbtheils hinterlassen ist. Ist dem Pflichttheilsberechtigten mehr als die
Hälfte hinterlassen, so ist der Anspruch ausgeschlossen, soweit der Werth des
mehr Hinterlassenen reicht.
§. 2327. Hat der Pflichttheilsberechtigte selbst ein
Geschenk von dem Erblasser erhalten, so ist das Geschenk in gleicher Weise wie
das dem Dritten gemachte Geschenk dem Nachlasse hinzuzurechnen und zugleich dem
Pflichttheilsberechtigten auf die Ergänzung anzurechnen. Ein nach §. 2315
anzurechnendes Geschenk ist auf den Gesammtbetrag des Pflichttheils und der
Ergänzung anzurechnen.
Ist der Pflichttheilsberechtigte ein Abkömmling des
Erblassers, so findet die Vorschrift des §. 2051 Abs. 1 entsprechende
Anwendung.
§. 2328. Ist der Erbe selbst pflichttheilsberechtigt, so
kann er die Ergänzung des Pflichttheils soweit verweigern, daß ihm sein eigener
Pflichttheil mit Einschluß dessen verbleibt, was ihm zur Ergänzung des
Pflichttheils gebühren würde.
§. 2329. Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichttheils
nicht verpflichtet ist, kann der Pflichttheilsberechtigte von dem Beschenkten
die Herausgabe des Geschenkes zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden
Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung fordern. Ist der Pflichttheilsberechtigte der alleinige Erbe, so
steht ihm das gleiche Recht zu.
Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des
fehlenden Betrags abwenden.
Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur
insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.
§. 2330. Die Vorschriften der §§. 2325 bis 2329 finden keine
Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf
den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§. 2331. Eine Zuwendung, die aus dem Gesamtgut der
Gütergemeinschaft erfolgt, gilt als von jedem der Ehegatten zur Hälfte gemacht.
Die Zuwendung gilt jedoch, wenn sie an einen Abkömmling, der nur von einem der
Ehegatten abstammt, oder an eine Person, von der nur einer der Ehegatten
abstammt, erfolgt, oder wenn einer der Ehegatten wegen der Zuwendung zu dem
Gesamtgut Ersatz zu leisten hat, als von diesem Ehegatten gemacht.
Diese Vorschriften sind auf eine Zuwendung aus dem Gesamtgut
der fortgesetzten Gütergemeinschaft entsprechend anzuwenden.
§. 2331a. Ist der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, so
kann er Stundung des Pflichtteilsanspruchs verlangen, wenn die sofortige
Erfüllung des gesamten Anspruchs den Erben wegen der Art der Nachlaßgegenstände
ungewöhnlich hart treffen, insbesondere wenn sie ihn zur Aufgabe seiner
Familienwohnung oder zur Veräußerung eines Wirtschaftsgutes zwingen würde, das
für den Erben und seine Familie die wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet.
Stundung kann nur verlangt werden, soweit sie dem Pflichtteilsberechtigten bei
Abwägung der Interessen beider Teile zugemutet werden kann.
Für die Entscheidung über eine Stundung ist, wenn der
Anspruch nicht bestritten wird, das Nachlaßgericht zuständig. § 1382 Abs. 2 bis
6 gilt entsprechend; an die Stelle des Familiengerichts tritt das
Nachlaßgericht.
§. 2332. Der Pflichttheilsanspruch verjährt in drei Jahren
von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichttheilsberechtigte von dem Eintritte
des Erbfalls und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntniß erlangt,
ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren von dem Eintritte des
Erbfalls an.
Der nach §. 2329 dem Pflichttheilsberechtigten gegen den
Beschenkten zustehende Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Eintritte des
Erbfalls an.
Die Verjährung wird nicht dadurch gehemmt, daß die Ansprüche
erst nach der Ausschlagung der Erbschaft oder eines Vermächtnisses geltend
gemacht werden können.
§. 2333. Der Erblasser kann einem Abkömmlinge den
Pflichttheil entziehen:
1. wenn der Abkömmling dem
Erblasser, dem Ehegatten oder einem anderen Abkömmlinge des Erblassers nach dem
Leben trachtet;
2. wenn der Abkömmling sich einer
vorsätzlichen körperlichen Mißhandlung des Erblassers oder des Ehegatten des
Erblassers schuldig macht, im Falle der Mißhandlung des Ehegatten jedoch nur,
wenn der Abkömmling von diesem abstammt;
3. wenn der Abkömmling sich eines
Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser
oder dessen Ehegatten schuldig macht;
4. wenn der Abkömmling die ihm dem
Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt;
5. wenn der Abkömmling einen
ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers führt.
§. 2334. Der Erblasser kann dem Vater den Pflichttheil
entziehen, wenn dieser sich einer der im §. 2333 Nr. 1, 3, 4 bezeichneten
Verfehlungen schuldig macht. Das gleiche Recht steht dem Erblasser der Mutter
gegenüber zu, wenn diese sich einer solchen Verfehlung schuldig macht.
§. 2335. Der Erblasser kann dem Ehegatten den Pflichtteil
entziehen:
1. wenn der Ehegatte dem Erblasser oder einem Abkömmling des
Erblassers nach dem Leben trachtet;
2. wenn der Ehegatte sich einer vorsätzlichen körperlichen
Mißhandlung des Erblassers schuldig macht;
3. wenn der Ehegatte sich eines Verbrechens oder eines
schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser schuldig macht;
4. wenn der Ehegatte die ihm dem Erblasser gegenüber
gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt.
§. 2336. Die Entziehung des Pflichttheils erfolgt durch
letztwillige Verfügung.
Der Grund der Entziehung muß zur Zeit der Errichtung
bestehen und in der Verfügung angegeben werden.
Der Beweis des Grundes liegt demjenigen ob, welcher die
Entziehung geltend macht.
Im Falle des §. 2333 Nr. 5 ist die Entziehung unwirksam,
wenn sich der Abkömmling zur Zeit des Erbfalls von dem ehrlosen oder
unsittlichen Lebenswandel dauernd abgewendet hat.
§. 2337. Das Recht zur Entziehung des Pflichttheils erlischt
durch Verzeihung. Eine Verfügung, durch die der Erblasser die Entziehung
angeordnet hat, wird durch die Verzeihung unwirksam.
§. 2338. Hat sich ein Abkömmling in solchem Maße der
Verschwendung ergeben oder ist er in solchem Maße überschuldet, daß sein
späterer Erwerb erheblich gefährdet wird, so kann der Erblasser das
Pflichttheilsrecht des Abkömmlinges durch die Anordnung beschränken, daß nach
dem Tode des Abkömmlinges dessen gesetzliche Erben das ihm Hinterlassene oder
den ihm gebührenden Pflichttheil als Nacherben oder als Nachvermächtnißnehmer
nach dem Verhältniß ihrer gesetzlichen Erbtheile erhalten sollen. Der Erblasser
kann auch für die Lebenszeit des Abkömmlinges die Verwaltung einem
Testamentsvollstrecker übertragen; der Abkömmling hat in einem solchen Falle
Anspruch auf den jährlichen Reinertrag.
Auf Anordnungen dieser Art finden die Vorschriften des §.
2336 Abs. 1 bis 3 entsprechende Anwendung. Die Anordnungen sind unwirksam, wenn
zur Zeit des Erbfalls der Abkömmling sich dauernd von dem verschwenderischen
Leben abgewendet hat oder die den Grund der Anordnung bildende Ueberschuldung
nicht mehr besteht.
§. 2338a. Pflichtteilsberechtigt ist ein Abkömmling oder der
Vater des Erblassers auch dann, wenn ihm der Erbersatzanspruch durch Verfügung
von Todes wegen entzogen worden ist. Im Sinne der Vorschriften dieses
Abschnitts steht der Erbersatzanspruch dem gesetzlichen Erbteil gleich.
Sechster Abschnitt.
Erbunwürdigkeit.
§. 2339. Erbunwürdig ist:
1. wer den Erblasser vorsätzlich und
widerrechtlich getödtet oder zu tödten versucht oder in einen Zustand versetzt
hat, in Folge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine
Verfügung von Todeswegen zu errichten oder aufzuheben;
2. wer den Erblasser vorsätzlich und
widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von Todeswegen zu errichten oder
aufzuheben;
3. wer den Erblasser durch
arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine
Verfügung von Todeswegen zu errichten oder aufzuheben;
4. wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von
Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267, 271 bis 274 des Strafgesetzbuches
schuldig gemacht hat.
Die Erbunwürdigkeit tritt in den Fällen des Abs. 1 Nr. 3, 4
nicht ein, wenn vor dem Eintritte des Erbfalls die Verfügung, zu deren
Errichtung der Erblasser bestimmt oder in Ansehung deren die Straftat begangen
worden ist, unwirksam geworden ist, oder die Verfügung, zu deren Aufhebung er
bestimmt worden ist, unwirksam geworden sein würde.
§. 2340. Die Erbunwürdigkeit wird durch Anfechtung des
Erbschaftserwerbes geltend gemacht.
Die Anfechtung ist erst nach dem Anfalle der Erbschaft
zulässig. Einem Nacherben gegenüber kann die Anfechtung erfolgen, sobald die
Erbschaft dem Vorerben angefallen ist.
Die Anfechtung kann nur innerhalb der im §. 2082 bestimmten
Fristen erfolgen.
§. 2341. Anfechtungsberechtigt ist Jeder, dem der Wegfall
des Erbunwürdigen, sei es auch nur bei dem Wegfall eines Anderen, zu Statten
kommt.
§. 2342. Die Anfechtung erfolgt durch Erhebung der
Anfechtungsklage. Die Klage ist darauf zu richten, daß der Erbe für erbunwürdig
erklärt wird.
Die Wirkung der Anfechtung tritt erst mit der Rechtskraft
des Urtheils ein.
§. 2343. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der
Erblasser dem Erbunwürdigen verziehen hat.
§. 2344. Ist ein Erbe für erbunwürdig erklärt, so gilt der
Anfall an ihn als nicht erfolgt.
Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein
würde, wenn der Erbunwürdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der
Anfall gilt als mit dem Eintritte des Erbfalls erfolgt.
§. 2345. Hat sich ein Vermächtnißnehmer einer der im §. 2339
Abs. 1 bezeichneten Verfehlungen schuldig gemacht, so ist der Anspruch aus dem
Vermächtniß anfechtbar. Die Vorschriften der §§. 2082, 2083, des §. 2339 Abs. 2
und der §§. 2341, 2343 finden Anwendung.
Das Gleiche gilt für einen Pflichttheilsanspruch, wenn der
Pflichttheilsberechtigte sich einer solchen Verfehlung schuldig gemacht hat.
Siebenter Abschnitt.
Erbverzicht.
§. 2346. Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können
durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der
Verzichtende ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur
Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er hat kein Pflichttheilsrecht.
Der Verzicht kann auf das Pflichttheilsrecht beschränkt
werden.
§. 2347. Zu dem Erbverzicht ist, wenn der Verzichtende unter
Vormundschaft steht, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich;
steht er unter elterlicher Gewalt, so gilt das Gleiche, sofern nicht der
Vertrag unter Ehegatten oder unter Verlobten geschlossen wird.
Der Erblasser kann den Vertrag nur persönlich schließen; ist
er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung
seines gesetzlichen Vertreters. Ist der Erblasser geschäftsunfähig, so kann der
Vertrag durch den gesetzlichen Vertreter geschlossen werden; die Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts ist in gleichem Umfange wie nach Abs. 1
erforderlich.
§. 2348. Der Erbverzichtsvertrag bedarf der notariellen
Beurkundung.
§. 2349. Verzichtet ein Abkömmling oder ein Seitenverwandter
des Erblassers auf das gesetzliche Erbrecht, so erstreckt sich die Wirkung des
Verzichts auf seine Abkömmlinge, sofern nicht ein Anderes bestimmt wird.
§. 2350. Verzichtet Jemand zu Gunsten eines Anderen auf das
gesetzliche Erbrecht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Verzicht nur für
den Fall gelten soll, daß der Andere Erbe wird.
Verzichtet ein Abkömmling des Erblassers auf das gesetzliche
Erbrecht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Verzicht nur zu Gunsten der
anderen Abkömmlinge und des Ehegatten des Erblassers gelten soll.
§. 2351. Auf einen Vertrag, durch den ein Erbverzicht
aufgehoben wird, findet die Vorschrift des §. 2348 und in Ansehung des
Erblassers auch die Vorschrift des §. 2347 Abs. 2 Anwendung.
§. 2352. Wer durch Testament als Erbe eingesetzt oder mit
einem Vermächtnisse bedacht ist, kann durch Vertrag mit dem Erblasser auf die
Zuwendung verzichten. Das Gleiche gilt für eine Zuwendung, die in einem
Erbvertrag einem Dritten gemacht ist. Die Vorschriften der §§. 2347, 2348
finden Anwendung.
Achter Abschnitt.
Erbschein.
§. 2353. Das Nachlaßgericht hat dem Erben auf Antrag ein
Zeugniß über sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Theile der Erbschaft
berufen ist, über die Größe des Erbtheils zu ertheilen (Erbschein).
§. 2354. Wer die Ertheilung des Erbscheins als gesetzlicher
Erbe beantragt, hat anzugeben:
1. die Zeit des Todes des Erblassers;
2. das Verhältniß, auf dem sein Erbrecht beruht;
3. ob und welche Personen vorhanden
sind oder vorhanden waren, durch die er von der Erbfolge ausgeschlossen oder
sein Erbtheil gemindert werden würde;
4. ob und welche Verfügungen des Erblassers von Todeswegen
vorhanden sind;
5. ob ein Rechtsstreit über sein Erbrecht anhängig ist.
Ist eine Person weggefallen, durch die der Antragsteller von
der Erbfolge ausgeschlossen oder sein Erbtheil gemindert werden würde, so hat
der Antragsteller anzugeben, in welcher Weise die Person weggefallen ist.
§. 2355. Wer die Ertheilung des Erbscheins auf Grund einer
Verfügung von Todeswegen beantragt, hat die Verfügung zu bezeichnen, auf der
sein Erbrecht beruht, anzugeben, ob und welche sonstigen Verfügungen des
Erblassers von Todeswegen vorhanden sind, und die im §. 2354 Abs. 1 Nr. 1, 5,
Abs. 2 vorgeschriebenen Angaben zu machen.
§. 2356. Der Antragsteller hat die Richtigkeit der in
Gemäßheit des §. 2354 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 gemachten Angaben durch
öffentliche Urkunden nachzuweisen und im Falle des §. 2355 die Urkunde
vorzulegen, auf der sein Erbrecht beruht. Sind die Urkunden nicht oder nur mit
unverhältnißmäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen, so genügt die Angabe anderer
Beweismittel.
Zum Nachweise, daß der Erblasser zur Zeit seines Todes im
Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, und in Ansehung der übrigen
nach den §§ 2354, 2355 erforderlichen Angaben hat der Antragsteller vor Gericht
oder vor einem Notar an Eides Statt zu versichern, daß ihm nichts bekannt sei,
was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht. Das Nachlaßgericht kann die
Versicherung erlassen, wenn es sie für nicht erforderlich erachtet.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit die
Thatsachen bei dem Nachlaßgericht offenkundig sind.
§. 2357. Sind mehrere Erben vorhanden, so ist auf Antrag ein
gemeinschaftlicher Erbschein zu ertheilen. Der Antrag kann von jedem der Erben
gestellt werden.
In dem Antrage sind die Erben und ihre Erbtheile anzugeben.
Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so hat er
die Angabe zu enthalten, daß die übrigen Erben die Erbschaft angenommen haben.
Die Vorschriften des §. 2356 gelten auch für die sich auf die übrigen Erben
beziehenden Angaben des Antragstellers.
Die Versicherung an Eidesstatt ist von allen Erben
abzugeben, sofern nicht das Nachlaßgericht die Versicherung eines oder einiger
von ihnen für ausreichend erachtet.
§. 2358. Das Nachlaßgericht hat unter Benutzung der von dem
Antragsteller angegebenen Beweismittel von Amtswegen die zur Feststellung der
Thatsachen erforderlichen Ermittelungen zu veranstalten und die geeignet
erscheinenden Beweise aufzunehmen.
Das Nachlaßgericht kann eine öffentliche Aufforderung zur
Anmeldung der anderen Personen zustehenden Erbrechte erlassen; die Art der
Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldungsfrist bestimmen sich nach den für
das Aufgebotsverfahren geltenden Vorschriften.
§. 2359. Der Erbschein ist nur zu ertheilen, wenn das
Nachlaßgericht die zur Begründung des Antrags erforderlichen Thatsachen für
festgestellt erachtet.
§. 2360. Ist ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig, so
soll vor der Ertheilung des Erbscheins der Gegner des Antragstellers gehört
werden.
Ist die Verfügung, auf der das Erbrecht beruht, nicht in
einer dem Nachlaßgerichte vorliegenden öffentlichen Urkunde enthalten, so soll
vor der Ertheilung des Erbscheins derjenige über die Gültigkeit der Verfügung
gehört werden, welcher im Falle der Unwirksamkeit der Verfügung Erbe sein
würde.
Die Anhörung ist nicht erforderlich, wenn sie unthunlich
ist.
§. 2361. Ergiebt sich, daß der ertheilte Erbschein unrichtig
ist, so hat ihn das Nachlaßgericht einzuziehen. Mit der Einziehung wird der
Erbschein kraftlos.
Kann der Erbschein nicht sofort erlangt werden, so hat ihn
das Nachlaßgericht durch Beschluß für kraftlos zu erklären. Der Beschluß ist
nach den für die öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden Vorschriften der
Zivilprozeßordnung bekannt zu machen. Mit dem Ablauf eines Monats nach der
letzten Einrückung des Beschlusses in die öffentlichen Blätter wird die
Kraftloserklärung wirksam.
Das Nachlaßgericht kann von Amtswegen über die Richtigkeit
eines ertheilten Erbscheins Ermittelungen veranstalten.
§. 2362. Der wirkliche Erbe kann von dem Besitzer eines
unrichtigen Erbscheins die Herausgabe an das Nachlaßgericht verlangen.
Derjenige, welchem ein unrichtiger Erbschein ertheilt worden
ist, hat dem wirklichen Erben über den Bestand der Erbschaft und über den
Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu ertheilen.
§. 2363. In dem Erbscheine, der einem Vorerben ertheilt
wird, ist anzugeben, daß eine Nacherbfolge angeordnet ist, unter welchen
Voraussetzungen sie eintritt und wer der Nacherbe ist. Hat der Erblasser den
Nacherben auf dasjenige eingesetzt, was von der Erbschaft bei dem Eintritte der
Nacherbfolge übrig sein wird, oder hat er bestimmt, daß der Vorerbe zur freien
Verfügung über die Erbschaft berechtigt sein soll, so ist auch dies anzugeben.
Dem Nacherben steht das im §. 2362 Abs. 1 bestimmte Recht
zu.
§. 2364. Hat der Erblasser einen Testamentsvollstrecker
ernannt, so ist die Ernennung in dem Erbschein anzugeben.
Dem Testamentsvollstrecker steht das im §. 2362 Abs. 1
bestimmte Recht zu.
§. 2365. Es wird vermuthet, daß demjenigen, welcher in dem
Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das in dem Erbschein angegebene Erbrecht
zustehe und daß er nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen
beschränkt sei.
§. 2366. Erwirbt Jemand von demjenigen, welcher in einem
Erbschein als Erbe bezeichnet ist, durch Rechtsgeschäft einen
Erbschaftsgegenstand, ein Recht an einem solchen Gegenstand oder die Befreiung
von einem zur Erbschaft gehörenden Rechte, so gilt zu seinen Gunsten der Inhalt
des Erbscheins, soweit die Vermuthung des §. 2365 reicht, als richtig, es sei
denn, daß er die Unrichtigkeit kennt oder weiß, daß das Nachlaßgericht die
Rückgabe des Erbscheins wegen Unrichtigkeit verlangt hat.
§. 2367. Die Vorschriften des §. 2366 finden entsprechende
Anwendung, wenn an denjenigen, welcher in einem Erbschein als Erbe bezeichnet
ist, auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes eine Leistung bewirkt
oder wenn zwischen ihm und einem Anderen in Ansehung eines solchen Rechtes ein
nicht unter die Vorschrift des §. 2366 fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen
wird, das eine Verfügung über das Recht enthält.
§. 2368. Einem Testamentsvollstrecker hat das Nachlaßgericht
auf Antrag ein Zeugniß über die Ernennung zu ertheilen. Ist der
Testamentsvollstrecker in der Verwaltung des Nachlasses beschränkt oder hat der
Erblasser angeordnet, daß der Testamentsvollstrecker in der Eingehung von
Verbindlichkeiten für den Nachlaß nicht beschränkt sein soll, so ist dies in
dem Zeugniß anzugeben.
Ist die Ernennung nicht in einer dem Nachlaßgerichte
vorliegenden öffentlichen Urkunde enthalten, so soll vor der Ertheilung des
Zeugnisses der Erbe wenn thunlich über die Gültigkeit der Ernennung gehört
werden.
Die Vorschriften über den Erbschein finden auf das Zeugniß
entsprechende Anwendung; mit der Beendigung des Amtes des
Testamentsvollstreckers wird das Zeugniß kraftlos.
§. 2369. Gehören zu einer Erbschaft, für die es an einem zur
Ertheilung des Erbscheins zuständigen deutschen Nachlaßgerichte fehlt,
Gegenstände, die sich im Inlande befinden, so kann die Ertheilung eines
Erbscheins für diese Gegenstände verlangt werden.
Ein Gegenstand, für den von einer deutschen Behörde ein zur Eintragung
des Berechtigten bestimmtes Buch oder Register geführt wird, gilt als im
Inlande befindlich. Ein Anspruch gilt als im Inlande befindlich, wenn für die
Klage ein deutsches Gericht zuständig ist.
§. 2370. Hat eine Person, die für tot erklärt oder deren
Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt ist,
den Zeitpunkt überlebt, der als Zeitpunkt ihres Todes gilt, oder ist sie vor
diesem Zeitpunkt gestorben, so gilt derjenige, welcher auf Grund der
Todeserklärung oder der Feststellung der Todeszeit Erbe sein würde, in Ansehung
der in den §§ 2366, 2367 bezeichneten Rechtsgeschäfte zu Gunsten des Dritten
auch ohne Erteilung eines Erbscheins als Erbe, es sei denn, daß der Dritte die
Unrichtigkeit der Todeserklärung oder der Feststellung der Todeszeit kennt oder
weiß, daß sie aufgehoben worden sind.
Ist ein Erbschein erteilt worden, so stehen demjenigen, der
für tot erklärt oder dessen Todeszeit nach den Vorschriften des
Verschollenheitsgesetzes festgestellt ist, wenn er noch lebt, die im § 2362
bestimmten Rechte zu. Die gleichen Rechte hat eine Person, deren Tod ohne
Todeserklärung oder Feststellung der Todeszeit mit Unrecht angenommen worden
ist.
Neunter Abschnitt.
Erbschaftskauf.
§. 2371. Ein Vertrag, durch den der Erbe die ihm angefallene
Erbschaft verkauft, bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 2372. Die Vortheile, welche sich aus dem Wegfall eines
Vermächtnisses oder einer Auflage oder aus der Ausgleichungspflicht eines
Miterben ergeben, gebühren dem Käufer.
§. 2373. Ein Erbtheil, der dem Verkäufer nach dem Abschlusse
des Kaufes durch Nacherbfolge oder in Folge des Wegfalls eines Miterben
anfällt, sowie ein dem Verkäufer zugewendetes Vorausvermächtniß ist im Zweifel
nicht als mitverkauft anzusehen. Das Gleiche gilt von Familienpapieren und
Familienbildern.
§. 2374. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die zur
Zeit des Verkaufs vorhandenen Erbschaftsgegenstände mit Einschluß dessen
herauszugeben, was er vor dem Verkauf auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden
Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines
Erbschaftsgegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erlangt hat, das sich auf
die Erbschaft bezog.
§. 2375. Hat der Verkäufer vor dem Verkauf einen
Erbschaftsgegenstand verbraucht, unentgeltlich veräußert oder unentgeltlich
belastet, so ist er verpflichtet, dem Käufer den Werth des verbrauchten oder
veräußerten Gegenstandes, im Falle der Belastung die Werthminderung zu
ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Käufer den Verbrauch oder
die unentgeltliche Verfügung bei dem Abschlusse des Kaufes kennt.
Im Uebrigen kann der Käufer wegen Verschlechterung,
Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde eingetretenen Unmöglichkeit der
Herausgabe eines Erbschaftsgegenstandes nicht Ersatz verlangen.
§. 2376. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung
wegen eines Mangels im Rechte beschränkt sich auf die Haftung dafür, daß ihm
das Erbrecht zusteht, daß es nicht durch das Recht eines Nacherben oder durch
die Ernennung eines Testamentsvollstreckers beschränkt ist, daß nicht
Vermächtnisse, Auflagen, Pflichttheilslasten, Ausgleichungspflichten oder
Theilungsanordnungen bestehen und daß nicht unbeschränkte Haftung gegenüber den
Nachlaßgläubigern oder einzelnen von ihnen eingetreten ist.
Fehler einer zur Erbschaft gehörenden Sache hat der
Verkäufer nicht zu vertreten.
§. 2377. Die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von
Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen
Rechtsverhältnisse gelten im Verhältnisse zwischen dem Käufer und dem Verkäufer
als nicht erloschen. Erforderlichen Falles ist ein solches Rechtsverhältniß
wiederherzustellen.
§. 2378. Der Käufer ist dem Verkäufer gegenüber
verpflichtet, die Nachlaßverbindlichkeiten zu erfüllen, soweit nicht der Verkäufer
nach §. 2376 dafür haftet, daß sie nicht bestehen.
Hat der Verkäufer vor dem Verkauf eine
Nachlaßverbindlichkeit erfüllt, so kann er von dem Käufer Ersatz verlangen.
§. 2379. Dem Verkäufer verbleiben die auf die Zeit vor dem
Verkaufe fallenden Nutzungen. Er trägt für diese Zeit die Lasten, mit Einschluß
der Zinsen der Nachlaßverbindlichkeiten. Den Käufer treffen jedoch die von der
Erbschaft zu entrichtenden Abgaben sowie die außerordentlichen Lasten, welche
als auf den Stammwerth der Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind.
§. 2380. Der Käufer trägt von dem Abschlusse des Kaufes an
die Gefahr des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Verschlechterung der
Erbschaftsgegenstände. Von diesem Zeitpunkt an gebühren ihm die Nutzungen und
trägt er die Lasten.
§. 2381. Der Käufer hat dem Verkäufer die nothwendigen
Verwendungen zu ersetzen, die der Verkäufer vor dem Verkauf auf die Erbschaft
gemacht hat.
Für andere vor dem Verkaufe gemachte Aufwendungen hat der
Käufer insoweit Ersatz zu leisten, als durch sie der Werth der Erbschaft zur
Zeit des Verkaufs erhöht ist.
§. 2382. Der Käufer haftet von dem Abschlusse des Kaufes an
den Nachlaßgläubigern, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des Verkäufers.
Dies gilt auch von den Verbindlichkeiten, zu deren Erfüllung der Käufer dem
Verkäufer gegenüber nach den §§. 2378, 2379 nicht verpflichtet ist.
Die Haftung des Käufers den Gläubigern gegenüber kann nicht
durch Vereinbarung zwischen dem Käufer und dem Verkäufer ausgeschlossen oder
beschränkt werden.
§. 2383. Für die Haftung des Käufers gelten die Vorschriften
über die Beschränkung der Haftung des Erben. Er haftet unbeschränkt, soweit der
Verkäufer zur Zeit des Verkaufs unbeschränkt haftet. Beschränkt sich die
Haftung des Käufers auf die Erbschaft, so gelten seine Ansprüche aus dem Kaufe
als zur Erbschaft gehörend.
Die Errichtung des Inventars durch den Verkäufer oder den
Käufer kommt auch dem anderen Theile zu Statten, es sei denn, daß dieser
unbeschränkt haftet.
§. 2384. Der Verkäufer ist den Nachlaßgläubigern gegenüber
verpflichtet, den Verkauf der Erbschaft und den Namen des Käufers unverzüglich
dem Nachlaßgericht anzuzeigen. Die Anzeige des Verkäufers wird durch die
Anzeige des Käufers ersetzt.
Das Nachlaßgericht hat die Einsicht der Anzeige Jedem zu
gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
§. 2385. Die Vorschriften über den Erbschaftskauf finden
entsprechende Anwendung auf den Kauf einer von dem Verkäufer durch Vertrag
erworbenen Erbschaft sowie auf andere Verträge, die auf die Veräußerung einer
dem Veräußerer angefallenen oder anderweit von ihm erworbenen Erbschaft
gerichtet sind.
Im Falle einer Schenkung ist der Schenker nicht
verpflichtet, für die vor der Schenkung verbrauchten oder unentgeltlich
veräußerten Erbschaftsgegenstände oder für eine vor der Schenkung unentgeltlich
vorgenommene Belastung dieser Gegenstände Ersatz zu leisten. Die im §. 2376
bestimmte Verpflichtung zur Gewährleistung wegen eines Mangels im Rechte trifft
den Schenker nicht; hat der Schenker den Mangel arglistig verschwiegen, so ist
er verpflichtet, dem Beschenkten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift
und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 18. August 1896.
Wilhelm.
Fürst zu Hohenlohe.
1 Entfallen
2 Entfallen
3 Entfallen
4 Beachte § 33, Reichsgesetzblatt I 1922, S. 633, Nr. 54, ausgegeben am 29.
07. 1922, in Kraft seit 01. 04. 1924:
„Auf die
Amtsvormundschaft finden die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit
folgender Maßgabe Anwendung. Ein Gegenvormund wird nicht bestellt; dem
Amtsvormund stehen die nach §§ 1852 bis 1854 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
zulässigen Befreiungen zu. Von der Anwendung ausgeschlossen sind die §§ 1788,
1801, 1835, 1836 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2, 1837 Abs. 2, 1838, 1844 und
1886.“
5 Entfallen
6 Entfallen
7 Entfallen
8 Entfallen
9 Entfallen
10 Entfallen
11 Beachte WiGBl 1948, S. 67, ausgegeben am
26. 07. 1948, in Kraft seit 26. 07. 1948:
Bei der Übernahme
von Sicherheitsleistungen sind nach § 3 SchuldenverwaltungsG 1948 die §§ 2-5,
45, 35 Reichsschuldenordnung sinngemäß anzuwenden.
12 Beachte Art. 129, Bundesgesetzblatt 1949,
S. 1, Nr. 1, ausgegeben am 23. 05. 1949, in Kraft seit 24. 05. 1949 -
Grundgesetz:
„Soweit in
Rechtsvorschriften, die als Bundesrecht fortgelten, eine Ermächtigung zum
Erlasse von Rechtsverordnungen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie
zur Vornahme von Verwaltungsakten enthalten ist, geht sie auf die nunmehr
sachlich zuständigen Stellen über. In Zweifelsfällen entscheidet die
Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Bundesrate; die Entscheidung ist zu
veröffentlichen.“
13 Entfallen
14 Beachte § 2, Bundesgesetzblatt 1950, S.
1, Nr. 1, ausgegeben am 05. 01. 1950, in Kraft seit 01. 10. 1949:
„Die
Schuldenverwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes wird unter der
Bezeichnung „Bundesschuldenverwaltung“ in die Verwaltung des Bundes überführt.“
15 Entfallen
16 Beachte § 1, Bundesgesetzblatt I 1951, S.
218, Nr. 15, ausgegeben am 31. 03. 1951, in Kraft seit 01. 04. 1951:
„Die in
Reichsgesetzen und reichsrechtlichen Verordnungen enthaltenen Vorschriften, die
sich auf Schuldurkunden des Reichs sowie auf Reichsschuldbuchforderungen
beziehen, gelten sinngemäß auch für die Schuldurkunden der Bundesrepublik
Deutschland sowie für die in das Bundesschuldbuch eingetragenen Forderungen.“
17 Entfallen
18 Beachte
Bundesgesetzblatt I 1975, S. 3171, Nr. 148, ausgegeben am 31. 12. 1975, in
Kraft seit 01. 01. 1976:
Nach
§ 17 GenossenschaftsbankG gelten die Vorschriften, welche die Hinterlegung von
Wertpapieren bei der Deutschen Zentralgenossenschaftskasse betreffen, auch für
die Deutsche Genossenschaftsbank.
19 Entfallen
20 Entfallen
21 Entfallen
22 Beachte BGBl I 1982/S. 1596:
„Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3.
November 1982 - 1 BvL 25/80 u. a. -, ergangen auf Vorlage des Amtsgerichts
Königstein und drei weiterer Amtsgerichte, wird die Entscheidungsformel veröffentlicht:
§ 1671 Absatz 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der
Fassung des Artikels 1 Nummer 20 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der
elterlichen Sorge vom 18. Juli 1979 (Bundesgesetzbl. I S. 1061) ist mit Artikel
6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und daher nichtig.“
23 Beachte Bundesgesetzblatt I 1983, S. 375, Nr.
14, ausgegeben am 30. 03. 1983, in Kraft seit 27. 01. 1983 – Entscheidung
BVerG:
„§ 1587b Absatz 3
Satz 1 erster Halbsatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs, eingefügt durch Artikel 1
Nummer 20 des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG)
vom 14. Juni 1976 (Bundesgesetzb1.I S. 1421), ist mit Artikel 2 Absatz 1 des
Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar und
nichtig.“
24 Beachte Bundesgesetzblatt I 1985, S. 99,
Nr. 2, ausgegeben am 19. 01. 1985, in Kraft seit 16. 10. 1984 – Entscheidung
BVerfG:
„§ 1376
Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes über die
Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts
(Gleichberechtigungsgesetz - GleichberG) vom 18. Juni 1957 (Bundesgesetzbl. I
S. 609) ist mit Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 des
Grundgesetzes unvereinbar, soweit danach ausnahmslos der Ertragswert als
Bewertungsmaßstab anzuwenden ist, wenn sich ein landwirtschaftlicher Betrieb im
Anfangs- und Endvermögen befindet.“
25 Beachte Bundesgesetzblatt I 1986, S. 863, Nr.
25, ausgegeben am 11. 06. 1986, in Kraft seit 13. 05. 1986 – Entscheidung
BVerfG:
„§ 1629 Absatz 1 in Verbindung mit § 1643 Absatz 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des
Rechts der elterlichen Sorge vom 18. Juli 1979 (Bundesgesetzbl. I S. 1061) –
SorgeRG – ist insoweit mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1
Absatz 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar, als danach Eltern im Zusammenhang
mit der Fortführung eines zu einem Nachlaß gehörenden Handelsgeschäfts ohne
vormundschaftsgerichtliche Genehmigung Verbindlichkeiten zu Lasten ihrer minderjährigen
Kinder eingehen können, die über deren Haftung mit dem ererbten Vermögen
hinausgehen.“
26 Beachte Bundesgesetzblatt I 1989, S. 253, Nr.
7, ausgegeben am 24. 02. 1989, in Kraft seit 31. 01. 1989 – Entscheidung
BVerfG:
„§§ 1593, 1598 in Verbindung mit § 1596 Absatz 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes zur Vereinheitlichung und
Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Familienrechtsänderungsgesetz) vom
11. August 1961 (Bundesgesetzbl. I Seite 1221) sind mit dem Grundgesetz unvereinbar,
soweit sie dem volljährigen Kind, von den gesetzlichen Anfechtungstatbeständen
abgesehen, nicht nur die Änderung seines familienrechtlichen Status, sondern
auch die gerichtliche Klärung seiner Abstammung ausnahmslos verwehren.“
27 Beachte Bundesgesetzblatt I 1990, S. 1727, Nr. 41,
ausgegeben am 18. 08. 1990, in Kraft seit 30. 05. 1990 – Entscheidung BVerfG:
„§ 622 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2
erster Halbsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Artikels 2
Nummer 4 des Gesetzes zur Änderung des Kündigungsrechtes und anderer arbeitsrechtlicher
Vorschriften (Erstes Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz) vom 14. August 1969
(Bundesgesetzbl. I Seite 1106) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes
unvereinbar, soweit hiernach die Kündigungsfristen für Arbeiter kürzer sind als
für Angestellte.“