(Allgemeines
bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der
Oesterreichischen Monarchie. I. Theil. Wien 1811.)
Wir Franz der Erste,
von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König zu Ungarn und Böhmen; Erzherzog
zu Oesterreich, etc. etc.
Aus der Betrachtung,
daß die bürgerlichen Gesetze, um den Bürgern volle Beruhigung über den
gesicherten Genuß ihrer Privat-Rechte zu verschaffen, nicht nur nach den
allgemeinen Grundsätzen der Gerechtigkeit; sondern auch nach den besonderen
Verhältnissen der Einwohner bestimmt, in einer ihnen verständlichen Sprache
bekannt gemacht, und durch eine ordentliche Sammlung in stätem Andenken
erhalten werden sollen, haben Wir seit dem Antritte Unserer Regierung
unausgesetzt Sorge getragen, daß die schon von Unseren Vorfahren beschlossene
und unternommene Abfassung eines vollständigen, einheimischen bürgerlichen
Gesetzbuches ihrer Vollendung zugeführt werde.
Der während Unserer
Regierung von Unserer Hofcommission in Gesetzsachen zu Stande gebrachte Entwurf
ward, so wie ehedem der Entwurf des Gesetzbuches über Verbrechen und schwere
Polizey-Uebertretungen, den in den verschiedenen Provinzen eigens aufgestellten
Commissionen zur Beurtheilung mitgetheilt, in Galizien aber inzwischen schon in
Anwendung gesetzt.
Nachdem auf solche Art
die Meinungen der Sachverständigen, und die aus der Anwendung eingehohlten
Erfahrungen zur Berichtigung dieses so wichtigen Zweiges der Gesetzgebung
benützt worden sind; haben Wir nun beschlossen, dieses allgemeine bürgerliche
Gesetzbuch für Unsere gesammten Deutschen Erbländer kund zu machen, und zu
verordnen, daß dasselbe mit dem ersten Januar 1812 zur Anwendung kommen solle.
Dadurch wird das bis
jetzt angenommene gemeine Recht, der am 1. November 1786 kund gemachte erste
Theil des bürgerlichen Gesetzbuches, das für Galizien gegebene bürgerliche
Gesetzbuch, sammt allen auf die Gegenstände dieses allgemeinen bürgerlichen
Rechtes sich beziehenden Gesetzen und Gewohnheiten, außer Wirksamkeit gesetzt.
Wie Wir aber in dem
Gesetzbuche selbst zur allgemeinen Vorschrift aufgestellt haben, daß die
Gesetze nicht zurück wirken sollen; so soll auch dieses Gesetzbuch auf
Handlungen, die dem Tage, an welchem es verbindliche Kraft erhält,
vorhergegangen, und auf die nach den früheren Gesetzen bereits erworbenen
Rechte keinen Einfluß haben; diese Handlungen mögen in zweyseitig verbindlichen
Rechtsgeschäften, oder in solchen Willenserklärungen bestehen, die von dem
Erklärenden noch eigenmächtig abgeändert, und nach den in dem gegenwärtigen
Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften eingerichtet werden könnten.
Daher ist auch eine
schon vor der Wirksamkeit dieses Gesetzbuches angefangene Ersitzung oder
Verjährung nach den älteren Gesetzen zu beurtheilen. Wollte sich jemand auf
eine Ersitzung oder Verjährung berufen, die in dem neueren Gesetze auf eine
kürzere Zeit als in den früheren Gesetzen bestimmt ist; so kann er auch diese
kürzere Frist erst von dem Zeitpuncte, an welchem das gegenwärtige Gesetz
verbindliche Kraft erhält, zu berechnen anfangen.
Die Vorschriften dieses
Gesetzbuches sind zwar allgemein verbindlich; doch bestehen für den
Militär-Stand und für die zum Militär-Körper gehörigen Personen besondere, auf
das Privat-Recht sich beziehende Vorschriften, welche bey den von, oder mit
ihnen vorzunehmenden Rechtsgeschäften, obschon in dem Gesetzbuche nicht
ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, zu beobachten sind. Handels- und
Wechselgeschäfte werden nach den besonderen Handels- und Wechselgesetzen, in so
fern sie von den Vorschriften dieses Gesetzbuches abweichen, beurtheilt.
Auch bleiben die über
politische, Cameral- oder Finanz-Gegenstände kund gemachten, die Privat-Rechte
beschränkenden, oder näher bestimmenden Verordnungen, obschon in diesem
Gesetzbuche sich darauf nicht ausdrücklich bezogen wurde, in ihrer Kraft.
Ins besondere sind die
auf Geldzahlungen sich beziehenden Rechte und Verbindlichkeiten nach dem, über das
zum Umlauf und zur gemeinen Landes- (Wiener) Währung bestimmte Geld, bereits
erlassenen Patente vom 20. Hornung 1811, oder nach den noch zu erlassenden
besonderen Gesetzen, und nur bey deren Ermanglung, nach den allgemeinen
Vorschriften des Gesetzbuches zu beurtheilen.
Wir erklären zugleich
den gegenwärtigen Deutschen Text des Gesetzbuches als den Urtext, wonach die
veranstalteten Uebersetzungen in die verschiedenen Landessprachen Unserer
Provinzen zu beurtheilen sind.
Gegeben in Unserer
Haupt- und Residenzstadt Wien, den ersten Monathstag Junius, im eintausend
achthundert und eilften, Unserer Reiche im neunzehnten Jahre.
Franz (L. S.)
Aloys Graf von und zu
Ugarte,
königlich-Böhmischer
oberster und erzherzoglich-Oesterreichischer erster Kanzler.
Franz Graf von Woyna.
Nach Sr. k. k. Majestät
höchst eigenem Befehle:
Johann Nepomuk Freyh.
v. Geißlern.
Inhalt.
Einleitung. Von den
bürgerlichen Gesetzen überhaupt. §. 1-14.
Erster Theil.
Von dem Personenrechte.
Erstes Hauptstück. Von den
Rechten, welche sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse beziehen.
§. 15-43.
Zweytes Hauptstück. Von
dem Eherechte. §. 44-136.
Drittes Hauptstück. Von
den Rechten zwischen Eltern und Kindern §. 137-186.
Viertes Hauptstück. Von
den Vormundschaften und Curatellen. §. 187-284.
Zweyter Theil.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer
rechtlichen Eintheilung. §. 285-308.
Erste Abtheilung
des Sachenrechtes.
Von den dinglichen
Rechten.
Erstes Hauptstück. Von
dem Besitze. §. 309-352.
Zweytes Hauptstück. Von
dem Eigenthumsrechte. §. 353-379.
Drittes Hauptstück. Von
der Erwerbung des Eigenthums durch Zueignung. §. 380-403.
Viertes Hauptstück. Von
Erwerbung des Eigenthumes durch Zuwachs. §. 404-422.
Fünftes Hauptstück. Von
Erwerbung des Eigenthumes durch Uebergabe. §. 423-446.
Sechstes Hauptstück.
Von dem Pfandrechte. §. 447-471.
Siebentes Hauptstück.
Von Dienstbarkeiten. (Servituten.) §. 472-530.
Achtes Hauptstück. Von
dem Erbrechte. §. 531-551.
Neuntes Hauptstück. Von
der Erklärung des letztes Willens überhaupt und den Testamenten ins besondere.
§. 552-603.
Zehntes Hauptstück. Von
Nacherben und Fideicomissen. §. 604-646.
Eilftes Hauptstück. Von
Vermächtnissen. §. 647-694.
Zwölftes Hauptstück.
Von Einschränkung und Aufhebung des letzten Willens. §. 695-726.
Dreyzehntes Hauptstück.
Von der gesetzlichen Erbfolge. §. 727-761.
Vierzehntes Hauptstück.
Von dem Pflichttheile und der Anrechnung in den Pflicht- oder Erbtheil. §.
762-796.
Fünfzehntes Hauptstück.
Von Besitznehmung der Erbschaft. §. 797-824.
Sechzehntes Hauptstück.
Von der Gemeinschaft des Eigenthums und anderer dinglichen Rechte. §. 825-858.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen
Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück.
Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt. §. 859-937.
Achtzehntes Hauptstück.
Von Schenkungen. §. 938-956.
Neunzehntes Hauptstück.
Von dem Verwahrungsvertrage. §. 957-970.
Zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Leihvertrage. §. 971-982.
Ein und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Darleihensvertrage. §. 983-1001.
Zwey und zwanzigstes Hauptstück.
Von der Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung. §. 1002-1044.
Drey und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Tauschvertrage. §. 1045-1052.
Vier und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Kaufvertrage. §. 1053-1089.
Fünf und zwanzigstes
Hauptstück. Von Bestand- Erbpacht- und Erbzins-Verträgen. §. 1090-1150.
Sechs und zwanzigstes
Hauptstück. Von Verträgen über Dienstleistungen §. 1151-1174.
Sieben und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Vertrage über eine Gemeinschaft der Güter. §. 1175-1216.
Acht und zwanzigstes
Hauptstück. Von den Ehepacten. §. 1217-1266.
Neun und zwanzigstes
Hauptstück. Von den Glücksverträgen. §. 1267-1292.
Dreyßigstes Hauptstück.
Von dem Rechte des Schadenersatzes und der Genugthuung. §. 1293-1341.
Dritter Theil.
Von den gemeinschaftlichen
Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.
Erstes Hauptstück. Von
Befestigung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1342-1374.
Zweytes Hauptstück. Von
Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1375-1410.
Drittes Hauptstück. Von
Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1411-1450.
Viertes Hauptstück. Von
der Verjährung und Ersitzung. §. 1451-1502.
Einleitung.
Von den bürgerlichen
Gesetzen überhaupt.
Begriff des
bürgerlichen Rechtes.
§. 1. Der Inbegriff der
Gesetze, wodurch die Privat-Rechte und Pflichten der Einwohner des Staates
unter sich bestimmt werden, macht das bürgerliche Recht in demselben aus.
§. 2. So bald ein
Gesetz gehörig kund gemacht worden ist, kann sich niemand damit entschuldigen,
daß ihm dasselbe nicht bekannt geworden sey.
Anfang der Wirksamkeit
der Gesetze.
§. 3. Die Wirksamkeit
eines Gesetzes und die daraus entspringenden rechtlichen Folgen nehmen gleich
nach der Kundmachung ihren Anfang; es wäre denn, daß in dem kund gemachten
Gesetze selbst der Zeitpunct seiner Wirksamkeit weiter hinaus bestimmt würde.
Umfang des Gesetzes.
§. 4. (Anm.: Aufgehoben
durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 5. Gesetze wirken
nicht zurück; sie haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher
erworbene Rechte keinen Einfluß.
Auslegung.
§. 6. Einem Gesetze
darf in der Anwendung kein anderer Verstand beygelegt werden, als welcher aus
der eigenthümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der
klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.
§. 7. Läßt sich ein
Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes
entscheiden, so muß auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle,
und auf die Gründe anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden.
Bleibt der Rechtsfall noch zweifelhaft; so muß solcher mit Hinsicht auf die
sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen
Rechtsgrundsätzen entschieden werden.
§. 8. Nur dem
Gesetzgeber steht die Macht zu, ein Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art
zu erklären. Eine solche Erklärung muß auf alle noch zu entscheidende
Rechtsfälle angewendet werden, dafern der Gesetzgeber nicht hinzufügt, daß
seine Erklärung bey Entscheidung solcher Rechtsfälle, welche die vor der
Erklärung unternommenen Handlungen und angesprochenen Rechte zum Gegenstande
haben, nicht bezogen werden solle.
Dauer des Gesetzes.
§. 9. Gesetze behalten
so lange ihre Kraft, bis sie von dem Gesetzgeber abgeändert oder ausdrücklich
aufgehoben werden.
Andere Arten der
Vorschriften, als: a) Gewohnheiten.
§. 10. Auf Gewohnheiten
kann nur in den Fällen, in welchen sich ein Gesetz darauf beruft, Rücksicht
genommen werden.
b) Provinzial-Statuten.
§. 11. Nur jene
Statuten einzelner Provinzen und Landesbezirke haben Gesetzeskraft, welche nach
der Kundmachung dieses Gesetzbuches von dem Landesfürsten ausdrücklich
bestätiget werden.
c) Richterliche
Aussprüche.
§. 12. Die in einzelnen
Fällen ergangenen Verfügungen und die von Richterstühlen in besonderen Rechtsstreitigkeiten
gefällten Urtheile haben nie die Kraft eines Gesetzes, sie können auf andere
Fälle oder auf andere Personen nicht ausgedehnet werden.
d) Privilegien.
§. 13. Die einzelnen
Personen oder auch ganzen Körpern verliehenen Privilegien und Befreyungen sind,
so fern hierüber die politischen Verordnungen keine besondere Bestimmung
enthalten, gleich den übrigen Rechten zu beurtheilen.
Haupteintheilung des
bürgerlichen Rechtes.
§. 14. Die in dem
bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften haben das Personen-Recht, das
Sachenrecht und die denselben gemeinschaftlich zukommenden Bestimmungen zum
Gegenstande.
Erster Theil.
Von dem
Personen-Rechte.
Erstes Hauptstück.
Von den Rechten, welche
sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse beziehen.
Personen-Rechte.
§. 15. Die
Personen-Rechte beziehen sich theils auf persönliche Eigenschaften und
Verhältnisse; theils gründen sie sich in dem Familien-Verhältnisse.
I. Aus dem Charakter
der Persönlichkeit.
Angeborne Rechte.
§. 16. Jeder Mensch hat
angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als
eine Person zu betrachten. Sclaverey oder Leibeigenschaft, und die Ausübung
einer darauf sich beziehenden Macht wird in diesen Ländern nicht gestattet.
Rechtliche Vermuthung
derselben.
§. 17. Was den
angebornen natürlichen Rechten angemessen ist, dieses wird so lange als
bestehend angenommen, als die gesetzmäßige Beschränkung dieser Rechte nicht
bewiesen wird.
Erwerbliche Rechte.
§. 18. Jedermann ist
unter den von den Gesetzen vorgeschriebenen Bedingungen fähig, Rechte zu
erwerben.
Verfolgung der Rechte.
§. 19. Jedem, der sich
in seinem Rechte gekränkt zu seyn erachtet, steht es frey, seine Beschwerde vor
der durch die Gesetze bestimmten Behörde anzubringen. Wer sich aber mit Hintansetzung
derselben der eigenmächtigen Hülfe bedienet, oder, wer die Gränzen der
Nothwehre überschreitet, ist dafür verantwortlich.
§. 20. Auch solche
Rechtsgeschäfte, die das Oberhaupt des Staates betreffen, aber auf dessen
Privat-Eigenthum, oder auf die in dem bürgerlichen Rechte gegründeten
Erwerbungsarten sich beziehen, sind von den Gerichtsbehörden nach den Gesetzen
zu beurtheilen.
II. Personenrechte der
Minderjährigen und der sonst in ihrer Handlungsfähigkeit Beeinträchtigten
§. 21. Minderjährige
und Personen, die aus einem anderen Grund als dem ihrer Minderjährigkeit alle
oder einzelne ihrer Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen nicht vermögen,
stehen unter dem besonderen Schutz der Gesetze.
Unter Minderjährigen
sind Personen zu verstehen, die das neunzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet
haben; inwieweit die Minderjährigkeit verlängert oder verkürzt werden kann,
wird besonders bestimmt. Innerhalb der Gruppe der Minderjährigen sind unter
Unmündigen diejenigen zu verstehen, die das vierzehnte, und unter Kindern
diejenigen, die das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
§. 22. Selbst ungeborne
Kinder haben von dem Zeitpuncte ihrer Empfängniß an einen Anspruch auf den
Schutz der Gesetze. In so weit es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten
zu thun ist, werden sie als Geborne angesehen; ein todtgebornes Kind aber wird
in Rücksicht auf die ihm für den Lebensfall vorbehaltenen Rechte so betrachtet,
als wäre es nie empfangen worden.
§. 23. In zweifelhaftem
Falle, ob ein Kind lebendig oder todt geboren worden sey, wird das Erstere
vermuthet. Wer das Gegentheil behauptet, muß es beweisen.
III. Aus dem
Verhältnisse der Abwesenheit.
§. 24. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 25. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
IV. Aus dem
Verhältnisse einer moralischen Person.
§. 26. Die Rechte der
Mitglieder einer erlaubten Gesellschaft unter sich werden durch den Vertrag
oder Zweck und die besonderen für dieselben bestehenden Vorschriften bestimmt.
Im Verhältnisse gegen Andere genießen erlaubte Gesellschaften in der Regel
gleiche Rechte mit den einzelnen Personen. Unerlaubte Gesellschaften haben als
solche keine Rechte, weder gegen die Mitglieder, noch gegen Andere, und sie
sind unfähig, Rechte zu erwerben. Unerlaubte Gesellschaften sind aber
diejenigen, welche durch die politischen Gesetze insbesondere verbothen werden,
oder offenbar der Sicherheit, öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten
widerstreiten.
§. 27. In wie fern
Gemeinden in Rücksicht ihrer Rechte unter einer besonderen Vorsorge der
öffentlichen Verwaltung stehen, ist in den politischen Gesetzen enthalten.
V. Aus dem Verhältnisse
eines Staatsbürgers.
§. 28. Den vollen Genuß
der bürgerlichen Rechte erwirbt man durch die Staatsbürgerschaft. Die
Staatsbürgerschaft in diesen Erbstaaten ist Kindern eines Oesterreichischen
Staatsbürgers durch die Geburt eigen.
Wie die
Staatsbürgerschaft erworben;
§. 29. Fremde erwerben
die Oesterreichische Staatsbürgerschaft durch Eintretung in einen öffentlichen
Dienst; durch einen in diesen Staaten vollendeten zehnjährigen ununterbrochenen
Wohnsitz, jedoch unter der Bedingung, daß der Fremde diese Zeit hindurch sich
wegen eines Verbrechens keine Strafe zugezogen habe.
§. 30. Auch ohne
Antretung eines Gewerbes oder Handwerkes, und vor verlaufenen zehn Jahren, kann
die Einbürgerung bey den politischen Behörden angesucht, und von denselben,
nachdem das Vermögen, die Erwerbfähigkeit und das sittliche Betragen des
Ansuchenden beschaffen sind, verliehen werden.
§. 31. Durch die bloße
Inhabung oder zeitliche Benützung eines Landgutes, Hauses oder Grundstückes;
durch die Anlegung eines Handels, einer Fabrik, oder die Theilnahme an einem
von beyden, ohne persönliche Ansässigkeit in einem Lande dieser Staaten, wird die
Oesterreichische Staatsbürgerschaft nicht erworben.
wie sie verloren werde
§. 32. Der Verlust der
Staatsbürgerschaft durch Auswanderung oder durch Verehelichung einer
Staatsbürgerinn an einen Ausländer, wird durch die Auswanderungsgesetze
bestimmt.
Rechte der Fremden.
§. 33. Den Fremden
kommen überhaupt gleiche bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten mit den
Eingebornen zu, wenn nicht zu dem Genusse dieser Rechte ausdrücklich die
Eigenschaft eines Staatsbürgers erfordert wird. Auch müssen die Fremden, um
gleiches Recht mit den Eingebornen zu genießen, in zweifelhaften Fällen
beweisen, daß der Staat, dem sie angehören, die hierländigen Staatsbürger in
Rücksicht des Rechtes, wovon die Frage ist, ebenfalls wie die seinigen
behandle.
§. 34. (Anm.: Aufgehoben
durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 35. (Anm.:
Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 36. (Anm.:
Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 37. (Anm.:
Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 38. Die Gesandten,
die öffentlichen Geschäftsträger und die in ihren Diensten stehenden Personen
genießen die in dem Völkerrechte und in den öffentlichen Verträgen gegründeten
Befreyungen.
VI. Personen-Rechte aus
dem Religions-Verhältnisse.
§. 39. Die
Verschiedenheit der Religion hat auf die Privat-Rechte keinen Einfluß, außer in
so fern dieses bey einigen Gegenständen durch die Gesetze insbesondere
angeordnet wird.
VII. Aus dem
Familien-Verhältnisse.
Familie, Verwandtschaft
und Schwägerschaft.
§. 40. Unter Familie
werden die Stammältern mit allen ihren Nachkommen verstanden. Die Verbindung
zwischen diesen Personen wird Verwandtschaft; die Verbindung aber, welche
zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten entsteht,
Schwägerschaft genannt.
§. 41. Die Grade der
Verwandtschaft zwischen zwey Personen sind nach der Zahl der Zeugungen,
mittelst welcher in der geraden Linie eine derselben von der anderen, und in
der Seitenlinie beyde von ihrem nächsten gemeinschaftlichen Stamme abhängen, zu
bestimmen. In welcher Linie und in welchem Grade jemand mit dem einen Ehegatten
verwandt ist, in eben der Linie und in eben dem Grade ist er mit dem anderen
Ehegatten verschwägert.
§. 42. Unter den Nahmen
Aeltern werden in der Regel ohne Unterschied des Grades alle Verwandte in der
aufsteigenden; und unter dem Nahmen Kinder, alle Verwandte in der absteigenden
Linie begriffen.
VIII. Schutz des Namens
§. 43. Wird jemandem
das Recht zur Führung seines Namens bestritten oder wird er durch unbefugten
Gebrauch seines Namens (Decknamens) beeinträchtigt, so kann er auf Unterlassung
und bei Verschulden auf Schadenersatz klagen.
Zweytes Hauptstück.
Von dem Eherechte.
Begriff der Ehe,
§. 44. Die
Familien-Verhältnisse werden durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage
erklären zwey Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in
unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und
sich gegenseitig Beystand zu leisten.
und des
Eheverlöbnisses.
§. 45. Ein Eheverlöbniß
oder ein vorläufiges Versprechen, sich zu ehelichen, unter was für Umständen
oder Bedingungen es gegeben oder erhalten worden, zieht keine rechtliche
Verbindlichkeit nach sich, weder zur Schließung der Ehe selbst, noch zur
Leistung desjenigen, was auf den Fall des Rücktrittes bedungen worden ist.
Rechtliche Wirkung des
Rücktrittes vom Eheverlöbnisse.
§. 46. Nur bleibt dem
Theile, von dessen Seite keine gegründete Ursache zu dem Rücktritte entstanden
ist, der Anspruch auf den Ersatz des wirklichen Schadens vorbehalten, welchen
er aus diesem Rücktritte zu leiden beweisen kann.
Regel über die
Fähigkeit zur Schließung einer Ehe.
§. 47. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Hindernisse der Ehe:
I) Abgang der
Einwilligung,
a) aus Mangel des
Vermögens zur Einwilligung.
§. 48. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 49. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 50. (Anm.: Aufgehoben
durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 51. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 52. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 53. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 54. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
b) aus Mangel der
wirklichen Einwilligung.
§. 55. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 56. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 57. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 58. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 59. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
II. Abgang des Vermögens
zum Zwecke:
a) des physischen
Vermögens;
§. 60. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
b) des sittlichen
Vermögens; wegen Verurtheilung zu einer schweren Criminalstrafe;
§. 61. (Anm.:
Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
wegen Ehebandes;
§. 62. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
wegen Weihe oder
Gelübdes;
§. 63. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Religionsverschiedenheit;
§. 64. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Verwandtschaft;
§. 65. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
oder Schwägerschaft;
§. 66. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
wegen Ehebruchs;
§. 67. (Anm.: Aufgehoben
durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
oder Gattenmordes.
§. 68. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
III. Abgang der
wesentlichen Feyerlichkeiten.
Solche sind:
§. 69. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
a) das Aufgeboth;
§. 70. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 71. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)
§. 72. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 73. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 74. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
b) die feyerliche
Erklärung der Einwilligung.
§. 75. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 76. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 77. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)
§. 78. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 79. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 80. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 81. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 82. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Dispensation von
Ehehindernissen.
§. 83. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 84. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 85. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 86. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 87. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 88. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Persönliche
Rechtswirkungen der Ehe
§. 89. Die persönlichen
Rechte und Pflichten der Ehegatten im Verhältnis zueinander sind, soweit in
diesem Hauptstück nicht anderes bestimmt ist, gleich.
§. 90. Die Ehegatten
sind einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum
gemeinsamen Wohnen, sowie zur Treue, zur anständigen Begegnung und zum Beistand
verpflichtet. Im Erwerb des anderen hat ein Ehegatte mitzuwirken, soweit ihm
dies zumutbar und es nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich ist.
§. 91. Die Ehegatten
sollen ihre eheliche Lebensgemeinschaft, besonders die Haushaltsführung und die
Erwerbstätigkeit, unter Rücksichtnahme aufeinander und auf das Wohl der Kinder
einvernehmlich gestalten.
§. 92. Verlangt ein
Ehegatte aus gerechtfertigten Gründen die Verlegung der gemeinsamen Wohnung, so
hat der andere diesem Verlangen zu entsprechen, es sei denn, er habe
gerechtfertigte Gründe von zumindest gleichem Gewicht, nicht mitzuziehen.
Ungeachtet des Abs. 1,
kann ein Ehegatte vorübergehend gesondert Wohnung nehmen, solange ihm ein
Zusammenleben mit dem anderen Ehegatten, besonders wegen körperlicher
Bedrohung, unzumutbar oder dies aus wichtigen persönlichen Gründen
gerechtfertigt ist.
In den Fällen der Abs.
1 und 2 kann jeder der Ehegatten vor oder auch nach der Verlegung der Wohnung
oder der gesonderten Wohnungsnahme die Entscheidung des Gerichtes beantragen.
Das Gericht hat im Verfahren außer Streitsachen festzustellen, ob das Verlangen
auf Verlegung der gemeinsamen Wohnung oder die Weigerung mitzuziehen oder die
gesonderte Wohnungsnahme durch einen Ehegatten rechtmäßig war oder ist. Es hat
bei der Entscheidung auf die gesamten Umstände der Familie, besonders auf das
Wohl der Kinder, Bedacht zu nehmen.
§. 93. Die Ehegatten haben den
gleichen Familiennamen zu führen. Dieser ist der Familienname eines der
Ehegatten, den die Verlobten vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher
oder öffentlich beglaubigter Urkunde als gemeinsamen Familiennamen bestimmt
haben. Mangels einer solchen Bestimmung wird der Familienname des Mannes
gemeinsamer Familienname.
Derjenige Ehegatte, der
nach Abs. 1 den Familiennamen des anderen Ehegatten als gemeinsamen
Familiennamen zu führen hat, hat hiebei das höchstpersönliche Recht, seinen
bisherigen Familiennamen unter Setzung eines Bindestrichs nachzustellen. Er hat
das Recht zu verlangen, daß er in Urkunden aller Art mit diesem Doppelnamen
bezeichnet wird. Die Führung der Personenstandsbücher und die Ausstellung von
Personenstandsurkunden werden durch diese Anordnungen nicht berührt.
Ein Familienname, der von
einem früheren Ehegatten aus einer geschiedenen oder aufgehobenen Ehe
abgeleitet wird, darf weder im Sinn des Abs. 1 als gemeinsamer Familienname
bestimmt oder geführt noch im Sinn des Abs. 2 nachgestellt werden; dann
beziehen sich die Abs. 1 und 2 auf den zuletzt vor der Schließung der
geschiedenen oder aufgehobenen Ehe geführten Familiennamen.
§. 94. Die Ehegatten
haben nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen
Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen
Bedürfnisse gemeinsamen beizutragen.
Der Ehegatte, der den
gemeinsamen Haushalt führt, leistet dadurch seinen Beitrag im Sinn des Abs. 1;
er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte
angemessen zu berücksichtigen sind. Dies gilt nach der Aufhebung des
gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher Unterhaltsberechtigten weiter,
sofern nicht die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der
Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein
Mißbrauch des Rechtes wäre. Ein Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten auch
zu, soweit er seinen Beitrag nach Abs. 1 nicht zu leisten vermag.
Auf den
Unterhaltsanspruch an sich kann im vorhinein nicht verzichtet werden.
§. 95. Die Ehegatten
haben an der Führung des gemeinsamen Haushalts nach ihren persönlichen
Verhältnissen, besonders unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Belastung,
mitzuwirken; ist jedoch ein Ehegatte nicht erwerbstätig, so obliegt diesem die
Haushaltsführung.
§. 96. Der Ehegatte,
der den gemeinsamen Haushalt führt und keine Einkünfte hat, vertritt den
anderen bei den Rechtsgeschäften des täglichen Lebens, die er für den
gemeinsamen Haushalt schließt und die ein den Lebensverhältnissen der Ehegatten
entsprechendes Maß nicht übersteigen. Dies gilt nicht, wenn der andere Ehegatte
dem Dritten zu erkennen gegeben hat, daß er von seinem Ehegatten nicht
vertreten sein wolle. Kann der Dritte aus den Umständen nicht erkennen, daß der
handelnde Ehegatte als Vertreter auftritt, dann haften beide Ehegatten zur
ungeteilten Hand.
§. 97. Ist ein Ehegatte
über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des
anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt, so hat dieser einen Anspruch
darauf, daß der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlasse und vorkehre, damit
der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Dies gilt nicht,
wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten durch
die Umstände erzwungen wird.
§. 98. Wirkt ein
Ehegatte im Erwerb des anderen mit, so hat er Anspruch auf angemessene
Abgeltung seiner Mitwirkung. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach der Art
und Dauer der Leistungen; die gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten,
besonders auch die gewährten Unterhaltsleistungen, sind angemessen zu berücksichtigen.
§. 99. Ansprüche auf
Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen (§ 98) sind
vererblich, unter Lebenden oder von Todes wegen übertragbar und verpfändbar,
soweit sie durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht
worden sind.
§. 100. Der § 98
berührt nicht vertragliche Ansprüche eines Ehegatten an den anderen aus einem
Mit- oder Zusammenwirken im Erwerb. Solche Ansprüche schließen einen Anspruch
nach § 98 aus; bei einem Dienstverhältnis bleibt dem Ehegatten jedoch der
Anspruch nach § 98 gewahrt, soweit er seine Ansprüche aus dem Dienstverhältnis
übersteigt.
§. 101. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 102. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
II. Wirkliche
Aufhebung; a) zeitliche Scheidung; mit Einverständniß;
§. 103. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 104. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 105. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 106. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 107. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 108. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 109. (Anm.: Aufgehoben
durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 110. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
b) gänzliche Trennung;
bey Katholiken durch den Tod,
§. 111. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
und die Todeserklärung;
§. 112. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 113. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 114. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
bey andern christlichen
Religions-Verwandten.
§. 115. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 116. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 117. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 118. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
Beschränkung und
Vorsichten in Rücksicht der Wiederverehelichung.
§. 119. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 120. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 121. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 122. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Ausnahmen der
Judenschaft;
§. 123. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
a) in Rücksicht der
Ehehindernisse;
§. 124. (Anm.:
Aufgehoben durch § 1, RGBl 1859/Nr. 217.)
§. 125. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
b) der Verkündigung.
§. 126. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
c) der Trauung;
§. 127. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 128. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 129. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 130. (Anm.: Aufgehoben
durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 131. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
d) der Scheidung.
§. 132. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
e) der Trennung;
§. 133. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 134. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 135. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 136. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Drittes Hauptstück.
Von den Rechten
zwischen Eltern und Kindern
Allgemeine Rechte und
Pflichten
§. 137. Die Eltern
haben für die Erziehung ihrer minderjährigen Kinder zu sorgen und überhaupt ihr
Wohl zu fördern.
Eltern und Kinder haben
einander beizustehen, die Kinder ihren Eltern Achtung entgegenzubringen.
Die Rechte und
Pflichten des Vaters und der Mutter sind, soweit in diesem Hauptstück nicht
anderes bestimmt ist, gleich.
§. 137a. Dritte dürfen
in die elterlichen Rechte nur insoweit eingreifen, als ihnen dies durch die
Eltern selbst, unmittelbar auf Grund des Gesetzes oder durch eine behördliche
Verfügung gestattet ist.
Vermutung der
Ehelichkeit
§. 138. Wird ein Kind
nach der Eheschließung und vor Ablauf des 302. Tages nach Auflösung oder
Nichtigerklärung der Ehe seiner Mutter geboren, so wird vermutet, daß es
ehelich ist. Diese Vermutung kann nur durch eine gerichtliche Entscheidung
widerlegt werden, mit der festgestellt wird, daß das Kind nicht vom Ehemann der
Mutter abstammt.
Träfe die Vermutung des
Abs. 1 auch auf einen Mann zu, mit dem die Mutter nach Eingehung, Auflösung
oder Nichtigerklärung ihrer Ehe eine weitere Ehe geschlossen hat, so gilt sie
nur für diesen Mann. Wird die diesbezügliche Abstammung des Kindes mit Erfolg
bestritten, so gilt die Vermutung mit dem Eintritt der Rechtskraft der
Entscheidung für den ersten Ehemann; frühestens mit diesem Zeitpunkt beginnt
für ihn die Frist zur Bestreitung der Ehelichkeit.
Rechtsverhältnisse
zwischen Eltern und ehelichen Kindern
§. 139. Das eheliche
Kind erhält den gemeinsamen Familiennamen der Eltern. Stimmen die Familiennamen
des Vaters und der Mutter nicht überein, so erhält das Kind den letzten
gemeinsamen Familiennamen der Eltern, sofern ihn ein Elternteil im Zeitpunkt
der Geburt des Kindes noch führt; sonst oder in Ermangelung eines früheren
gemeinsamen Familiennamens den Familiennamen des Vaters.
§. 140. Die Eltern
haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des
Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und
Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.
Der Elternteil, der den
Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag.
Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere
Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist
oder mehr leisten müßte, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen
wäre.
Der Anspruch auf
Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter
Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.
§. 141. Soweit die
Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des Unterhalts nicht imstande sind,
schulden ihn die Großeltern nach den den Lebensverhältnissen der Eltern
angemessenen Bedürfnissen des Kindes. Im übrigen gilt der § 140 sinngemäß; der
Unterhaltsanspruch eines Enkels mindert sich jedoch auch insoweit, als ihm die
Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Großelternteil
nur insoweit Unterhalt zu leisten, als er dadurch bei Berücksichtigung seiner
sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.
§. 142. Die Schuld
eines Elternteils, dem Kind den Unterhalt zu leisten, geht bis zum Wert der
Verlassenschaft auf seine Erben über. In den Anspruch des Kindes ist alles
einzurechnen, was das Kind nach dem Erblasser durch eine vertragliche oder
letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als Pflichtteil oder durch
eine öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Leistung erhält. Reicht der
Wert der Verlassenschaft nicht aus, um dem Kind den geschuldeten Unterhalt bis
zum voraussichtlichen Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit zu sichern, so
mindert sich der Anspruch des Kindes entsprechend.
§. 143. Das Kind
schuldet seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner
Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht
imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht
gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.
Die Unterhaltspflicht
der Kinder steht der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren
und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach.
Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.
Der Unterhaltsanspruch
eines Eltern- oder Großelternteils mindert sich insoweit, als ihm die
Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind
nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner
sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.
§. 144. Die Eltern
haben das minderjährige Kind zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten
und es zu vertreten; sie sollen bei Ausübung dieser Rechte und Erfüllung dieser
Pflichten einvernehmlich vorgehen. Zur Pflege des Kindes ist bei Fehlen eines
Einvernehmens vor allem derjenige Elternteil berechtigt und verpflichtet, der
den Haushalt führt, in dem das Kind betreut wird.
§. 145. Ist ein
Elternteil gestorben, ist sein Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten
unbekannt, kann die Verbindung mit ihm nicht oder nur mit unverhältnismäßig
großen Schwierigkeiten hergestellt werden oder sind ihm die Pflege und
Erziehung ganz entzogen, so stehen diese dem anderen Elternteil allein zu. Sind
beide Eltern in der beschriebenen Weise betroffen, so hat das Gericht, nach
Anhörung des mindestens zehnjährigen Kindes und erforderlichenfalls der Bezirksverwaltungsbehörde,
unter Beachtung des Wohles des Kindes zu entscheiden, ob und welchem
Großelternpaar (Großelternteil) die Pflege und Erziehung zustehen sollen;
hierbei sind die Lebensverhältnisse der Großeltern und deren Eignung zur Pflege
und Erziehung des Kindes so zu berücksichtigen, daß das Wohl des Kindes
bestmöglich gesichert wird.
Werden die Pflege und
Erziehung nur zum Teil entzogen, so gilt insoweit der Abs. 1.
Auf Antrag des
Elternteils, auf den die Pflege und Erziehung ganz oder zum Teil übergegangen
sind, hat das Gericht diesen Übergang festzustellen.
§. 145a. Bezüglich der
Vermögensverwaltung und der Vertretung gilt der § 145, soweit darin ein
Übergang auf den anderen Elternteil vorgesehen ist, sinngemäß. Überdies kommen
die Vermögensverwaltung und die Vertretung einem Elternteil allein zu, wenn der
andere nicht voll geschäftsfähig ist.
§. 145b. Kommen die
Vermögensverwaltung und die Vertretung keinem Elternteil, auch nicht in
Teilbereichen, zu, so gehen sie auf den Vormund (§ 187) über. Hingegen ist ein
Sachwalter zu bestellen, soweit in einem Teilbereich die Vermögensverwaltung
und die Vertretung weder dem Vater noch der Mutter zukommen.
Soweit die Pflege und
Erziehung weder den Eltern noch den Großeltern zukommen und es erforderlich
ist, ist ebenfalls ein Sachwalter zu bestellen.
§. 145c. Hat ein
Dritter einem minderjährigen Kind ein Vermögen zugewendet und einen Elternteil
von der Verwaltung dieses Vermögens ausgeschlossen, so stehen die Verwaltung
dieses Vermögens und die Vertretung in diesem Bereich dem anderen Elternteil
allein zu. Hat der Dritte beide Eltern von der Verwaltung ausgeschlossen oder
ist der andere Elternteil in der Weise des § 145 Abs. 1 erster Satz betroffen,
so gehen diese Befugnisse auf den Vormund, wenn ein solcher zu bestellen ist (§
187), sonst auf einen vom Gericht zu bestellenden Sachwalter über.
Hat der Dritte einen
Verwalter für das zugewendete Vermögen bestimmt, so ist dieser, wenn er
geeignet ist, vom Gericht für dieses Vermögen unter Ausschließung anderer von
der Verwaltung zum Sachwalter zu bestellen.
Hat ein Elternteil dem
Kind ein Vermögen zugewendet und den anderen Elternteil von der Verwaltung
ausgeschlossen oder einen Verwalter für das zugewendete Vermögen bestimmt, so
gelten die Abs. 1 beziehungsweise 2 sinngemäß.
§. 146. Die Pflege des
minderjährigen Kindes umfaßt besonders die Wahrnehmung des körperlichen Wohles
und der Gesundheit sowie die unmittelbare Aufsicht, die Erziehung besonders die
Entfaltung der körperlichen, geistigen, seelischen und sittlichen Kräfte, die
Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des
Kindes sowie dessen Ausbildung in Schule und Beruf.
Das Ausmaß der Pflege
und Erziehung richtet sich nach den Lebensverhältnissen der Eltern.
§. 146a. Das
minderjährige Kind hat Anordnungen der Eltern zu befolgen. Die Eltern haben bei
ihren Anordnungen und deren Durchsetzung auf Alter, Entwicklung und
Persönlichkeit des Kindes Bedacht zu nehmen.
§. 146b. Soweit die
Pflege und Erziehung es erfordern, hat der hierzu berechtigte Elternteil auch
das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Hält sich das Kind woanders
auf, so haben die Behörden und Organe der öffentlichen Aufsicht auf Ersuchen
eines berechtigten Elternteils bei der Ermittlung des Aufenthalts, notfalls auch
bei der Zurückholung des Kindes mitzuwirken.
§. 147. Hat das mündige
Kind seine Meinung über seine Ausbildung den Eltern erfolglos vorgetragen, so
kann es das Gericht anrufen. Dieses hat nach sorgfältiger Abwägung der von den
Eltern und dem Kind angeführten Gründe die zum Wohl des Kindes angemessenen
Verfügungen zu treffen.
§. 148. Stehen einem
Elternteil nicht die Pflege und Erziehung des minderjährigen Kindes zu, so hat
er doch das Recht, mit dem Kind persönlich zu verkehren. Das Gericht hat auf
Antrag, tunlich nach Anhörung des mindestens zehnjährigen Kindes und
erforderlichenfalls der Bezirksverwaltungsbehörde, die Ausübung dieses Rechtes
in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise zu regeln oder nötigenfalls,
besonders wenn die Beziehungen des Kindes zu dem Elternteil, bei dem es
aufwächst, unerträglich gestört würden, ganz zu untersagen.
Die Großeltern haben
das Recht, mit dem Kind persönlich zu verkehren, soweit dadurch nicht die Ehe
oder das Familienleben der Eltern (eines Elternteils) oder deren Beziehungen zu
dem Kind gestört werden; im übrigen gilt der Abs. 1 zweiter Satz sinngemäß.
§. 149. Die Eltern
haben das Vermögen eines minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher
Eltern zu verwalten. Sie haben es in seinem Bestand zu erhalten und nach
Möglichkeit zu vermehren; Geld ist nach den Vorschriften über die Anlegung von
Mündelgeld anzulegen.
Aus dem Vermögen sind
jedenfalls die Kosten der Verwaltung einschließlich der für die Erhaltung des
Vermögens und den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb nötigen Aufwendungen und die
fälligen Zahlungen zu berichtigen; weiter auch die Kosten des Unterhalts,
soweit das Kind nach den §§ 140 und 141 zur Heranziehung seines Vermögens
verpflichtet ist oder die Bedürfnisse des Kindes nicht in anderer Weise gedeckt
sind.
§. 150. Die Eltern
haben über das Vermögen des minderjährigen Kindes dem Gericht jährlich Rechnung
zu legen; über die Erträgnisse jedoch nur, soweit sie nicht für den Unterhalt
des Kindes verwendet worden sind.
Das Gericht kann die
Eltern von der Rechnungslegung ganz oder zum Teil befreien, soweit keine
Bedenken bestehen, daß sie das Vermögen des Kindes ordentlich verwalten werden;
dies ist in der Regel zu vermuten, wenn sie selbst das Vermögen oder dessen
überwiegenden Teil dem Kind zugewendet haben.
§. 151. Ein
minderjähriges eheliches Kind kann ohne ausdrückliche oder stillschweigende
Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich weder verfügen
noch sich verpflichten.
Nach erreichter
Mündigkeit kann es jedoch über Sachen, die ihm zur freien Verfügung überlassen
worden sind, und über sein Einkommen aus eigenem Erwerb so weit verfügen und
sich verpflichten, als dadurch nicht die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse
gefährdet wird.
Schließt ein
minderjähriges eheliches Kind ein Rechtsgeschäft, das von Minderjährigen seines
Alters üblicherweise geschlossen wird und eine geringfügige Angelegenheit des
täglichen Lebens betrifft, so wird dieses Rechtsgeschäft, auch wenn die
Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, mit der Erfüllung der das Kind
treffenden Pflichten rückwirkend rechtswirksam.
§. 152. Soweit nicht
anderes bestimmt ist, kann sich ein mündiges minderjähriges eheliches Kind
selbständig durch Vertrag zu Dienstleistungen verpflichten, ausgenommen zu
Dienstleistungen auf Grund eines Lehr- oder sonstigen Ausbildungsvertrags. Der
gesetzliche Vertreter des Kindes kann das durch den Vertrag begründete
Rechtsverhältnis aus wichtigen Gründen vorzeitig lösen.
§. 153. Soweit einem
minderjährigen ehelichen Kind nicht bereits früher ein Verschulden zugerechnet
werden kann (§ 1310), wird es, vorbehaltlich des § 866, mit der Erreichung der
Mündigkeit nach den schadenersatzrechtlichen Bestimmungen verschuldensfähig.
§. 154. Jeder
Elternteil ist für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind zu
vertreten; seine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam, wenn der
andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist.
Vertretungshandlungen
und Einwilligungen eines Elternteils, die die Änderung des Vornamens oder des
Familiennamens, den Eintritt in eine Kirche oder Religionsgesellschaft und den
Austritt aus einer solchen, die Übergabe in fremde Pflege, den Erwerb einer
Staatsangehörigkeit oder den Verzicht auf eine solche, die vorzeitige Lösung
eines Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrags und die Anerkennung der
Vaterschaft zu einem unehelichen Kind betreffen, bedürfen zu ihrer
Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteils. Dies gilt nicht für
die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellstücken.
Vertretungshandlungen
und Einwilligungen eines Elternteils in Vermögensangelegenheiten bedürfen zu
ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteils und der
Genehmigung des Gerichtes, sofern die Vermögensangelegenheit nicht zum
ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört. Unter dieser Voraussetzung gehören dazu
besonders die Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften, die Gründung, der
Erwerb, die Umwandlung, Veräußerung oder Auflösung sowie die Änderung des
Gegenstandes eines Unternehmens, der Eintritt in eine oder die Umwandlung einer
Gesellschaft oder Genossenschaft, der Verzicht auf ein Erbrecht, die unbedingte
Annahme oder die Ausschlagung einer Erbschaft, die Annahme einer mit
Belastungen verbundenen Schenkung oder die Ablehnung eines Schenkungsanbots,
die Anlegung von Geld mit Ausnahme der in den §§ 230a und 230b geregelten Arten
sowie die Erhebung einer Klage und alle verfahrensrechtlichen Verfügungen, die
den Verfahrensgegenstand an sich betreffen. Dies gilt nicht für die
Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellstücken.
§. 154a. In
zivilgerichtlichen Verfahren ist nur ein Elternteil allein zur Vertretung des
Kindes berechtigt; solange sich die Eltern nicht auf den anderen Elternteil
einigen oder das Gericht nach § 176 diesen oder einen Dritten als Vertreter
bestimmt, ist Vertreter derjenige Elternteil, der die erste Verfahrenshandlung
setzt.
Die nach § 154
erforderliche Zustimmung des anderen Elternteils und Genehmigung des Gerichtes
gelten für das ganze Verfahren.
Vermutung der
Unehelichkeit
§. 155. Wird ein Kind
nach Ablauf des 302. Tages nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe seiner
Mutter geboren, so wird vermutet, daß es unehelich ist. Diese Vermutung kann
nur durch eine gerichtliche Entscheidung widerlegt werden, mit der festgestellt
wird, daß das Kind vom früheren Ehemann der Mutter abstammt.
Bestreitung der
Ehelichkeit
§. 156. Der Ehemann der
Mutter kann die Ehelichkeit des Kindes binnen Jahresfrist bestreiten.
Die Frist beginnt mit
dem Zeitpunkt, in dem der Mann Kenntnis von den Umständen erlangt, die für die
Unehelichkeit des Kindes sprechen. Sie beginnt frühestens mit der Geburt des
Kindes.
Der Lauf der Frist ist
gehemmt, solange der Mann innerhalb der letzten sechs Monate der Frist durch
ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Bestreitung gehindert
ist.
§. 157. Die Bestreitung
der Ehelichkeit durch den Ehemann der Mutter ist, abgesehen vom Fall des Abs.
2, ein höchstpersönliches Recht des Mannes. Ist der Mann minderjährig, so
bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Ist dem Mann ein
Sachwalter nach § 273 bestellt worden und gehört zu den von ihm zu besorgenden
Angelegenheiten die Bestreitung der Ehelichkeit, so steht das Recht der
Bestreitung dem Sachwalter allein zu; er bedarf hierzu der gerichtlichen Genehmigung.
Ist dem Mann ein solcher Sachwalter nicht bestellt, obwohl die Voraussetzungen
vorliegen, so endet die Frist für die Bestreitung nicht vor dem Ablauf von
sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, von dem ab der Mann die Ehelichkeit selbst
bestreiten kann oder in dem ihm ein Sachwalter bestellt wird. Hat der
Sachwalter die Ehelichkeit nicht rechtzeitig bestritten, so kann der Mann nach
Beendigung der Sachwalterschaft selbst bestreiten; mit dem Zeitpunkt der
Beendigung der Sachwalterschaft beginnt die Frist neu zu laufen.
§. 158. Hat der Mann
die Ehelichkeit eines Kindes nicht innerhalb eines Jahres seit der Geburt
bestritten, oder ist er gestorben oder ist ein Aufenthalt unbekannt, so kann
der Staatsanwalt die Ehelichkeit bestreiten, wenn er dies im öffentlichen
Interesse oder im Interesse des Kindes oder seines Nachkommenschaft für geboten
erachtet.
§. 159. Die Bestreitung
der Ehelichkeit erfolgt bei Lebzeiten des Kindes durch Erhebung der Klage. Die
Klage ist gegen das Kind zu richten. Wird sie zurückgezogen, so ist die
Bestreitung als nicht erfolgt anzusehen.
Nach dem Tode des
Kindes kann nur der Staatsanwalt die Ehelichkeit bestreiten. Die Bestreitung
erfolgt durch Antrag auf Feststellung der Unehelichkeit. Über den Antrag
entscheidet das Vormundschaftsgericht.
§. 159a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 159b. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 160. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 1, BGBl 1983/Nr. 566.)
Legitimation der
unehelichen Kinder
b) durch die nachfolgende
Ehe
§. 161. Ist die
Vaterschaft zum Kind festgestellt (§ 163b) und schließen Vater und Mutter des
Kindes die Ehe, so wird das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung seiner Eltern
ehelich.
Wird die Vaterschaft
nach der Eheschließung festgestellt, so bleiben die vor der Feststellung für
das Kind gesetzten Vertretungshandlungen unberührt.
Die Wirkungen der
Legitimation treten nur auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung außer Kraft,
die in einem für die Beseitigung der Feststellung der Vaterschaft vorgesehenen
Verfahren ergeht.
c) durch Begünstigung
des Landesfürsten.
§. 162. Die uneheliche
Geburt kann einem Kinde an seiner bürgerlichen Achtung und an seinem Fortkommen
keinen Abbruch thun. Zu diesem Ende bedarf es keiner besonderen Begünstigung
des Landesfürsten, wodurch das Kind als ein eheliches erklärt wird. Nur die
Aeltern können um solche ansuchen, wenn sie das Kind gleich einem ehelichen der
Standesvorzüge oder des Rechtes an dem frey vererblichen Vermögen theilhaft
machen wollen. In Rücksicht auf die übrigen Familien-Glieder hat diese
Begünstigung keine Wirkung.
§. 162a. Das
legitimierte Kind erhält den gemeinsamen Familiennamen der Eltern. Stimmen die
Familiennamen der Eltern nicht überein, so erhält das legitimierte Kind den
Familiennamen des Vaters.
Wird ein bereits
mündiges Kind legitimiert, so gilt der Abs. 1 nur, wenn das Kind der
Namensänderung zustimmt.
§. 162b. Wird ein
Ehegatte legitimiert, so ändert sich der Familienname, den die Ehegatten
gemeinsam führen, nur, wenn beide Ehegatten der Namensänderung zustimmen; sonst
führen sie den bisherigen Familiennamen weiter, es ändert sich, unter der
Voraussetzung des § 162a Abs. 2, nur der Geschlechtsname des Legitimierten.
§. 162c. Führt ein Kind
des Legitimierten einen von diesem allein abgeleiteten Familiennamen, so geht
der vom Legitimierten erworbene Familienname (Geschlechtsname) auf das Kind
über.
Ist das Kind des
Legitimierten im Zeitpunkt der Legitimation bereits mündig, so gilt der Abs. 1
nur, wenn das Kind der Namensänderung zustimmt.
Leitet das Kind aber
seinen Familiennamen auch vom Ehegatten oder einem noch lebenden früheren
Ehegatten des Legitimierten ab, so tritt der Übergang nur ein, wenn der
Ehegatte dem Übergang zugestimmt hat.
§. 162d. Eine Zustimmung
nach den §§ 162a bis 162c ist dem Standesbeamten in öffentlicher oder
öffentlich-beglaubigter Urkunde zu erklären; ihre namensrechtlichen Wirkungen
treten ein, sobald sie dem Standesbeamten zukommt.
Eine Zustimmung ist
unwirksam, wenn sie dem Standesbeamten später als drei Jahre nach der
Verständigung des Zustimmungsberechtigten vom Eintritt der Legitimation durch
den Standesbeamten zugekommen ist.
Vaterschaft zu einem
unehelichen Kinde
§. 163. Hat ein Mann
der Mutter eines unehelichen Kindes innerhalb eines Zeitraumes von nicht mehr
als 302 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Entbindung beigewohnt, so wird
vermutet, daß er das Kind gezeugt hat.
Der Mann, auf den die
Vermutung des Abs. 1 zutrifft, kann sie durch den Beweis einer solchen Unwahrscheinlichkeit
der Vaterschaft entkräften, die unter Würdigung aller Umstände gegen die
Annahme spricht, daß er das Kind gezeugt hat; weiter durch den Beweis, daß
seine Vaterschaft unwahrscheinlicher als die eines anderen Mannes ist, für den
die Vermutung gleichfalls gilt.
§. 163a. Der Vormund
hat dafür zu sorgen, daß die Vaterschaft festgestellt wird. Diese Pflicht
entfällt, wenn der Feststellung der Vaterschaft das Wohl des Kindes
entgegensteht oder sich die Mutter trotz Belehrung über die Folgen weigert, den
Namen des Vaters bekanntzugeben.
§. 163b. Die
Vaterschaft wird durch Urteil oder durch Anerkenntnis festgestellt.
§. 163c. Dem
Anerkenntnis kommt die Wirkung der Feststellung nur zu, wenn die Vaterschaft
vor einer der folgenden Stellen durch persönliche und mündliche Erklärung
anerkannt und darüber eine Niederschrift aufgenommen worden ist:
1. vor dem Gericht;
2. vor der
Bezirksverwaltungsbehörde in Angelegenheiten des Vormundschaftswesens;
3. vor dem
Standesbeamten, vor dem die Eltern die Ehe schließen;
4. vor einer
österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland, wenn der Anerkennende oder das
Kind österreichischer Staatsbürger ist;
5. vor einem
öffentlichen Notar, wenn er eine Ausfertigung der Beurkundung über die von ihm
aufgenommene Niederschrift dem Gericht übersendet.
In den Fällen der Z. 3
und 4 tritt die feststellende Wirkung ein, sobald die Niederschrift, im Falle
der Z. 5, sobald die Ausfertigung der Beurkundung über das Anerkenntnis beim
Gericht einlangt.
Die feststellende
Wirkung tritt überdies nur ein, wenn und sobald der Anerkennende im Fall des
Abs. 1 Z. 2 von der Mutter gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde, in den
übrigen Fällen des Abs. 1 von der Mutter und dem Kind gegenüber dem Gericht
oder der die Niederschrift über die Anerkennung aufnehmenden Stelle schriftlich
oder niederschriftlich als Vater bezeichnet wird; spätestens tritt diese
Wirkung jedoch sechs Monate nach der Anerkennung der Vaterschaft vor dem
Gericht oder der Bezirksverwaltungsbehörde, sonst sechs Monate nach dem Einlangen
der im Abs. 1 letzter Satz genannten Niederschrift oder Ausfertigung der
Beurkundung beim Gericht ein.
Der in der
Geschäftsfähigkeit beschränkte Mann hat die Anerkennung mit Einwilligung des
gesetzlichen Vertreters selbst zu erklären; dieser bedarf hierzu keiner
gerichtlichen Genehmigung.
§. 163d. Die
Feststellung der Vaterschaft wirkt gegenüber jedermann, soweit sich nicht aus
dem § 164b Abs. 1 zweiter Satz oder dem § 164c Abs. 1 Z. 3 etwas anderes
ergibt.
§. 164. Das Gericht hat
die Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses festzustellen
1. von Amts wegen, wenn
es, besonders durch Mitteilung der Bezirksverwaltungsbehörde, davon Kenntnis
erlangt, daß
a) die Erklärung den
Formvorschriften des § 163c Abs. 1 nicht entspricht, und wenn der Mangel nicht
binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist von längstens drei Monaten
behoben wird,
b) ein
Geschäftsunfähiger die Vaterschaft anerkannt hat,
c) der Anerkennende
nach dem Inhalt seiner Erklärung nicht der Vater des Kindes sein kann, oder
d) bereits vorher die
Vaterschaft eines anderen Mannes festgestellt worden ist;
2. auf Grund eines
Widerspruches des Kindes oder seiner Mutter oder, falls einer von ihnen
gestorben ist, des Rechtsnachfolgers gegen das Anerkenntnis; der Widerspruch
kann nur binnen dreier Monate erhoben werden, nachdem der
Widerspruchsberechtigte vom Anerkenntnis Kenntnis erhalten hat; die Frist
beginnt nicht vor dem Eintritt der feststellenden Wirkung des Anerkenntnisses
(§ 163c Abs. 1 und 2);
3. auf Antrag des
Anerkennenden, nach seinem Tode des Rechtsnachfolgers, wenn er zur Zeit der
Anerkennung beschränkt geschäftsfähig gewesen ist und die Einwilligung des
gesetzlichen Vertreters gefehlt hat sowie auch nicht nachträglich erklärt
worden ist, außer der Anerkennende hat nach Erlangung der Eigenberechtigung zu
erkennen gegeben, daß er zu seinem Anerkenntnis steht, oder es ist seit
Erlangung der Eigenberechtigung mehr als ein Jahr verstrichen.
Der gesetzliche
Vertreter eines nicht voll Geschäftsfähigen, der in die im Abs. 1 Z. 2 und Z. 3
vorgesehenen Rechtshandlungen einwilligt oder sie selbst vornimmt, bedarf
hierzu keiner gerichtlichen Genehmigung.
§. 164a. Das Gericht
hat ferner die Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses auf Klage des
Anerkennenden gegen das Kind festzustellen, wenn der Anerkennende beweist, daß
1. sein Anerkenntnis
durch List, ungerechte und gegründete Furcht oder Irrtum darüber veranlaßt
worden ist, daß er der Mutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit
beigewohnt hat;
2. solche Umstände
vorliegen, die die Vermutung seiner Vaterschaft entkräften (§ 163 Abs. 2) und
die er zur Zeit der Anerkennung nicht gekannt hat.
Die Klage ist bei
sonstigem Ausschluß binnen Jahresfrist nach Entdeckung der Täuschung, des Irrtums
oder der im Abs. 1 Z. 2 genannten Umstände oder nach Wegfall der Zwangslage zu
erheben.
Die Klage kann nach dem
Tode des Anerkennenden von dessen Rechtsnachfolger, nach dem Tode des Kindes
gegen dessen Rechtsnachfolger erhoben werden.
§. 164b. Die Feststellung
der Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses in anderer Weise oder aus anderen
Gründen, als in den §§ 164 Abs. 1 und 164a Abs. 1 vorgesehen, ist unzulässig.
Dies steht einer Klage der Eltern des Anerkennenden gegen das Kind auf
Feststellung (§ 228 der Zivilprozeßordnung), daß dieses mangels leiblicher
Abstammung nicht ihr Enkel ist, nicht entgegen.
Eine Berufung auf die
Rechtsunwirksamkeit eines Anerkenntnisses ist nur zulässig, wenn die
Rechtsunwirksamkeit nach dem § 164 Abs. 1 oder dem § 164a Abs. 1 festgestellt
oder auf Grund des § 164c Abs. 1 Z. 3 eingetreten ist.
§. 164c. Das Recht zur
Klage auf Feststellung der Vaterschaft steht zu
1. dem unehelichen
Kinde gegen den mutmaßlichen Vater;
2. dem Manne, dessen
Anerkenntnis nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2 für rechtsunwirksam erklärt worden ist,
gegen das uneheliche Kind;
3. dem Staatsanwalt im
öffentlichen Interesse oder im Interesse des Kindes oder seiner
Nachkommenschaft, wenn zwar bereits ein Anerkenntnis vorliegt, aber begründete
Bedenken gegen die Vaterschaft des Anerkennenden bestehen, gegen den
mutmaßlichen Vater; mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteiles, mit dem die
Vaterschaft festgestellt wird, wird das Anerkenntnis rechtsunwirksam.
Die Klage kann nach dem
Tode des Kindes von beziehungsweise gegen dessen Rechtsnachfolger, nach dem
Tode des Mannes von beziehungsweise gegen dessen Rechtsnachfolger erhoben
werden.
Rechtsverhältnisse
zwischen Eltern und unehelichen Kindern
§. 165. Das uneheliche
Kind erhält den Geschlechtsnamen der Mutter.
§. 165a. Der Ehemann
der Mutter oder der Vater, dessen Vaterschaft festgestellt ist, kann dem
minderjährigen Kinde seinen Familiennamen geben.
Diese Namensgebung
bedarf der Zustimmung der Mutter, des gesetzlichen Vertreters des Kindes und
des Kindes selbst, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat. Im Falle der
Namensgebung durch den Ehemann der Mutter ist außerdem die Zustimmung des
Vaters, dessen Vaterschaft festgestellt ist, im Falle der Namensgebung durch
den Vater die Zustimmung seiner Ehefrau und die des Ehemannes der Mutter
erforderlich.
Hat das Kind nach dem
Abs. 1 bereits den Familiennamen eines Ehemannes der Mutter oder seines Vaters
erhalten, so bedarf eine spätere Namensgebung außerdem der gerichtlichen
Genehmigung. Das Gericht hat die Genehmigung zu erteilen, wenn die spätere
Namensgebung dem Wohle des Kindes entspricht.
§. 165b. Das
Zustimmungsrecht einer der im § 165a Abs. 2 genannten Personen entfällt, wenn
sie zu einer verständigen Äußerung nicht nur vorübergehend unfähig, ihr
Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten unbekannt ist oder die Verbindung mit
ihr nicht oder nur mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten hergestellt
werden könnte. Das Zustimmungsrecht der Ehefrau des Vaters oder des Ehemannes
der Mutter entfällt, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit
mindestens drei Jahren aufgehoben ist. Über den Entfall des Zustimmungsrechtes
hat in jedem Falle das Gericht, auf Antrag eines Beteiligten, zu entscheiden.
Wird eine der nach dem
§ 165a Abs. 2 erforderlichen Zustimmungen ohne gerechtfertigten Grund
verweigert, so hat sie das Gericht auf Antrag eines Beteiligten zu ersetzen,
wenn dies dem Wohle des Kindes entspricht; die Zustimmung des Kindes kann nicht
ersetzt werden.
§. 165c. Die
Namensgebung und die Zustimmung hierzu sind dem Standesbeamten in öffentlicher
oder öffentlich beglaubigter Urkunde zu erklären.
Die Namensgebung kommt
zustande, sobald die erforderlichen Erklärungen und, gegebenenfalls, die
gerichtlichen Entscheidungen dem Standesbeamten zugekommen sind.
§. 166. Hinsichtlich
des Unterhalts sowie der Pflege und Erziehung einschließlich des Rechtes auf
persönlichen Verkehr gelten die §§ 140 bis 143 und 146 bis 148 auch für das
uneheliche Kind sowie dessen Eltern und Großeltern.
§. 166a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 167. Der Vater ist
verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung sowie die Kosten ihres
Unterhaltes für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung und, falls infolge
der Entbindung weitere Auslagen notwendig werden, auch diese zu ersetzen.
Die Forderung ist mit
Ablauf von drei Jahren nach der Entbindung verjährt.
§. 168. Schon vor der
Geburt des Kindes kann das Gericht auf Antrag der Mutter, wenn sie dessen
bedürftig ist und nicht einen unzüchtigen Lebenswandel führt, denjenigen,
dessen Vaterschaft gemäß § 163 glaubhaft gemacht wird, dazu verhalten, daß er
den Betrag des dem Kinde zu gewährenden Unterhaltes für die ersten drei Monate
sowie den gewöhnlichen Betrag der der Mutter nach § 167 zu ersetzenden Kosten
bei Gericht erlege.
§. 169. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 169a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 170. Die Pflege und
Erziehung eines unehelichen Kindes stehen zunächst der Mutter allein zu. Ist
sie in der Weise des § 145 Abs. 1 erster Satz betroffen, so stehen diese Rechte
dem Vater, dessen Vaterschaft festgestellt ist, zu. Im übrigen gilt der § 145.
§. 170a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 171. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1977/Nr. 403.)
Erlöschen der
elterlichen Rechte und Pflichten
§. 172. Die aus den
familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen ehelichen
Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten erlöschen mit dem Eintritt
der Volljährigkeit des Kindes.
Verlängerung und
Verkürzung der Minderjährigkeit
§. 173. Das Gericht hat
von Amts wegen oder auf Antrag des Vaters oder der Mutter die Minderjährigkeit
des Kindes noch vor dem Eintritt der Volljährigkeit zu verlängern, wenn es,
besonders infolge merkbar verzögerter Entwicklung, seine Angelegenheiten nicht
ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen vermag.
Ein Recht auf Anhörung
haben der Vater und die Mutter, falls sie nicht selbst den Antrag gestellt haben,
und das Kind. Die Anhörung des Vaters und der Mutter entfällt, wenn sie nicht
oder nur mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten durchgeführt werden
könnte.
Die verlängerte
Minderjährigkeit endet mit der Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs.
§. 174. Das Gericht hat
auf Antrag des Vaters oder der Mutter, in beiden Fällen mit Zustimmung des
minderjährigen ehelichen Kindes, oder auf Antrag des Kindes selbst dessen
Minderjährigkeit zu verkürzen (Volljährigkeiterklärung), wenn das Kind das
achtzehnte Lebensjahr vollendet hat und zur selbständigen und gehörigen
Besorgung seiner Angelegenheiten reif erscheint.
Ein Recht auf Anhörung
haben der Vater und die Mutter, falls sie nicht selbst den Antrag gestellt
haben. Die Anhörung entfällt, wenn sie nicht oder nur mit unverhältnismäßig
großen Schwierigkeiten durchgeführt werden könnte.
§. 175. Heiratet ein
minderjähriges eheliches Kind, so wird es mit der Eheschließung, frühestens
aber mit der Vollendung des achtzehnten Lebenjahrs, volljährig und bleibt dies
auch, wenn die Ehe in der Folge aufgelöst oder für nichtig erklärt wird.
Ein minderjähriges
Kind, das vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahrs heiratet, steht bis dahin,
solange die Ehe dauert, hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse einem
Volljährigen gleich.
Entziehung oder
Einschränkung der elterlichen Rechte und Pflichten
§. 176. Gefährden die
Eltern oder Großeltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes,
so hat das Gericht, von wem immer es angerufen wird, erforderlichenfalls nach
Anhörung der Bezirksverwaltungsbehörde, die zur Sicherung des Wohles des Kindes
nötigen Verfügungen zu treffen; eine solche Verfügung kann auf Antrag eines
Elternteils auch ergehen, wenn die Eltern in einer wichtigen Angelegenheit des
Kindes kein Einvernehmen erzielen. Besonders darf das Gericht alle oder
einzelne aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und
minderjährigen Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten (§
144), auch gesetzlich vorgesehene Einwilligungs- und Zustimmungsrechte,
entziehen. Im Einzelfall hat das Gericht auch eine gesetzlich erforderliche
Einwilligung oder Zustimmung eines Elternteils zu ersetzen, wenn keine
gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.
Die Entziehung der
Pflege und Erziehung oder der Verwaltung des Vermögens des Kindes schließt die
Entziehung der gesetzlichen Vertretung in dem jeweiligen Bereich mit ein; die
gesetzliche Vertretung kann für sich allein entzogen werden, wenn der
betroffene Elternteil seine übrigen Pflichten erfüllt.
Durch seine Verfügung
darf das Gericht die elterlichen Rechte nur so weit beschränken, als dies zur
Sicherung des Wohles des Kindes nötig ist.
§. 177. Ist die Ehe der
Eltern eines minderjährigen ehelichen Kindes geschieden, aufgehoben oder für
nichtig erklärt worden oder leben die Eltern nicht bloß vorübergehend getrennt,
so können sie dem Gericht eine Vereinbarung darüber unterbreiten, wem von ihnen
künftig alle aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und
minderjährigen Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten (§
144) allein zustehen sollen. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen,
wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht.
Kommt innerhalb
angemessener Frist eine Vereinbarung nicht zustande oder entspricht sie nicht
dem Wohl des Kindes, so hat das Gericht, im Fall nicht bloß vorübergehender
Trennung der Eltern jedoch nur auf Antrag eines Elternteils, zu entscheiden,
welchem Elternteil die bezeichneten Rechte und Pflichten künftig allein
zustehen. Das Gericht hat vor dieser Entscheidung das mindestens zehnjährige
Kind und erforderlichenfalls die Bezirksverwaltungsbehörde zu hören.
Wird ein Elternteil,
dem die bezeichneten Rechte und Pflichten allein zustehen, in der Weise des §
145 Abs. 1 erster Satz betroffen, so stehen diese dem anderen Elternteil zu.
Mindestrechte der
Eltern
§. 178. Soweit einem
Elternteil die aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und
minderjährigen Kinder erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten (§
144) nicht zustehen, hat er, außer dem Recht auf persönlichen Verkehr, das
Recht, von beabsichtigten Maßnahmen zu den im § 154 Abs. 2 und 3 genannten
Angelegenheiten vom anderen Elternteil rechtzeitig verständigt zu werden und
sich hierzu, wie auch zu anderen wichtigen Maßnahmen, in angemessener Frist zu
äußern; dem Vater eines unehelichen Kindes steht dieses Recht nur bezüglich
wichtiger Maßnahmen der Pflege und Erziehung und nur dann zu, wenn die
Vaterschaft festgestellt ist. Diese Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der
darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht.
Würde die Ausübung des
Äußerungsrechts das Wohl des Kindes ernstlich gefährden, so hat das Gericht es
einzuschränken oder zu entziehen.
Berücksichtigung des
Kindeswohls
§. 178a. Bei Beurteilung
des Kindeswohls sind die Persönlichkeit des Kindes und seine Bedürfnisse,
besonders seine Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten,
sowie die Lebensverhältnisse der Eltern entsprechend zu berücksichtigen.
Annahme an Kindesstatt.
§. 179.
Eigenberechtigte Personen, die den ehelosen Stand nicht feierlich angelobt
haben, können an Kindesstatt annehmen. Durch die Annahme an Kindesstatt wird
die Wahlkindschaft begründet.
Die Annahme eines
Wahlkindes durch mehr als eine Person, sei es gleichzeitig, sei es, solange die
Wahlkindschaft besteht, nacheinander, ist nur zulässig, wenn die Annehmenden
miteinander verheiratet sind. Ehegatten dürfen in der Regel nur gemeinsam
annehmen. Ausnahmen sind zulässig, wenn das leibliche Kind des anderen Ehegatten
angenommen werden soll, wenn ein Ehegatte nicht annehmen kann, weil er die
gesetzlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Eigenberechtigung oder des Alters
nicht erfüllt, wenn sein Aufenthalt seit mindestens einem Jahr unbekannt ist,
wenn die Ehegatten seit mindestens drei Jahren die eheliche Gemeinschaft
aufgegeben haben oder wenn ähnliche und besonders gewichtige Gründe die Annahme
durch nur einen der Ehegatten rechtfertigen.
Personen, denen die
Sorge für das Vermögen des anzunehmenden Wahlkindes durch behördliche Verfügung
anvertraut ist, können dieses so lange nicht annehmen, als sie nicht von dieser
Pflicht entbunden sind. Sie müssen vorher Rechnung gelegt und die Bewahrung des
anvertrauten Vermögens nachgewiesen haben.
Form; Eintritt der
Wirksamkeit.
§. 179a. Die Annahme an
Kindesstatt kommt durch schriftlichen Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem
Wahlkind und durch gerichtliche Bewilligung auf Antrag eines Vertragsteiles
zustande. Sie wird im Fall ihrer Bewilligung mit dem Zeitpunkt der vertraglichen
Willenseinigung wirksam. Stirbt der Annehmende nach diesem Zeitpunkt, so
hindert dies die Bewilligung nicht.
Das nicht
eigenberechtigte Wahlkind schließt den Vertrag durch seinen gesetzlichen
Vertreter, dieser bedarf hiezu keiner gerichtlichen Genehmigung. Verweigert der
gesetzliche Vertreter seine Einwilligung, so hat das Gericht sie auf Antrag des
Annehmenden oder des Wahlkindes zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe
für die Weigerung vorliegen.
Alter.
§. 180. Der Wahlvater muß
das dreißigste, die Wahlmutter das achtundzwanzigste Lebensjahr vollendet
haben. Nehmen Ehegatten gemeinsam an oder ist das Wahlkind ein leibliches Kind
des Ehegatten des Annehmenden, so ist eine Unterschreitung dieser Altersgrenze
zulässig, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem
Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung
besteht.
Wahlvater und
Wahlmutter müssen mindestens achtzehn Jahre älter als das Wahlkind sein; eine
geringfügige Unterschreitung dieses Zeitraums ist unbeachtlich, wenn zwischen
dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem Verhältnis zwischen
leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht. Ist das Wahlkind
ein leibliches Kind des Ehegatten des Annehmenden oder mit dem Annehmenden
verwandt, so genügt ein Altersunterschied von sechzehn Jahren.
Bewilligung.
§. 180a. Die Annahme
ist zu bewilligen, wenn eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und
Kindern entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Sie muß
dem Wohle des nicht eigenberechtigten Wahlkindes dienen. Ist das Wahlkind
eigenberechtigt, so muß ein gerechtfertigtes Anliegen des Annehmenden oder des
Wahlkindes vorliegen.
Die Bewilligung ist,
außer bei Fehlen der Vorraussetzungen des Abs. 1, zu versagen, wenn ein
überwiegendes Anliegen eines leiblichen Kindes des Annehmenden entgegensteht,
insbesondere dessen Unterhalt oder Erziehung gefährdet wäre; im übrigen sind
wirtschaftliche Belange nicht zu beachten, außer der Annehmende handelt in der
ausschließlichen oder überwiegenden Absicht, ein leibliches Kind zu schädigen.
§. 181. Die Bewilligung
darf nur erteilt werden, wenn folgende Personen der Annahme zustimmen:
1. der Vater des
minderjährigen ehelichen Wahlkindes;
2. die Mutter des
minderjährigen Wahlkindes;
3. der Ehegatte des
Annehmenden und der des Wahlkindes.
Das Zustimmungsrecht
einer im Abs. 1 genannten Person entfällt, wenn sie als gesetzlicher Vertreter
des Wahlkindes den Annahmevertrag geschlossen hat; ferner, wenn sie zu einer verständigen
Äußerung nicht nur vorübergehend unfähig oder ihr Aufenthalt seit mindestens
sechs Monaten unbekannt ist.
Das Gericht hat die
verweigerte Zustimmung auf Antrag eines Vertragsteiles zu ersetzen, wenn keine
gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.
§. 181a. Ein Recht auf
Anhörung haben:
1. das nicht
eigenberechtigte Wahlkind ab dem vollendeten fünften Lebensjahr, außer es hat
bereits seit diesem Zeitpunkt beim Annehmenden gelebt;
2. der Vater des
volljährigen ehelichen Wahlkindes;
3. die Mutter des
volljährigen Wahlkindes;
4. der Vater des
unehelichen Wahlkindes, wenn die Vaterschaft festgestellt ist;
5. die Pflegeeltern des
Wahlkindes (§ 186), die Person, die das Wahlkind in fremde Pflege übernommen
hat, oder der Vorsteher des Heimes, in dem sich das Wahlkind in fremder Pflege
befindet (§§ 5, 6 des Jugendwohlfahrtsgesetzes);
6. die
Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel das minderjährige Wahlkind seinen
Aufenthalt hat.
Das Anhörungsrecht
einer im Abs. 1 genannten Person (der Bezirksverwaltungsbehörde) entfällt, wenn
sie als gesetzlicher Vertreter des Wahlkindes den Annahmevertrag geschlossen
hat; ferner, wenn sie nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten
gehört werden könnte.
Wirkungen.
§. 182. Zwischen dem
Annehmenden und dessen Nachkommen einerseits und dem Wahlkind und dessen im
Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits
entstehen mit diesem Zeitpunkt die gleichen Rechte, wie sie durch die eheliche
Abstammung begründet werden.
Wird das Wahlkind durch
Ehegatten als Wahleltern angenommen, so erlöschen mit den im § 182a bestimmten
Ausnahmen die nicht bloß in der Verwandtschaft an sich (§ 40) bestehenden
familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und deren
Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits mit diesem
Zeitpunkt. Wird das Wahlkind nur durch einen Wahlvater (eine Wahlmutter)
angenommen, so erlöschen diese Beziehungen lediglich hinsichtlich des
leiblichen Vaters (der leiblichen Mutter) und dessen (deren) Verwandten;
insoweit danach diese Beziehungen aufrecht bleiben würden, hat das Gericht,
wenn der in Frage kommende Elternteil darin eingewilligt hat, das Erlöschen
diesem Elternteil gegenüber auszusprechen; das Erlöschen wirkt vom Zeitpunkt
der Abgabe der Einwilligungserklärung, frühestens jedoch vom Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Annahme.
§. 182a. Die im
Familienrecht begründeten Pflichten der leiblichen Eltern und deren Verwandten
zur Leistung des Unterhaltes, des Heiratsgutes und der Ausstattung gegenüber
dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme
minderjährigen Nachkommen bleiben aufrecht.
Das gleiche gilt für
die Unterhaltspflicht des Wahlkindes gegenüber den leiblichen Eltern, sofern
diese ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem noch nicht vierzehn Jahre alten
Kinde vor dessen Annahme an Kindesstatt nicht gröblich vernachlässigt haben.
Die nach Abs. 1 und 2
aufrecht bleibenden Pflichten stehen jedoch den durch die Annahme begründeten
gleichen Pflichten im Range nach.
§. 182b. Die im
Erbrecht begründeten Rechte zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten
einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits bleiben aufrecht.
Bei der gesetzlichen
Erbfolge in das Vermögen des Wahlkindes in der zweiten Linie gehen die
Wahleltern und deren Nachkommen einerseits den leiblichen Eltern und deren
Nachkommen andererseits vor; ist das Wahlkind nur durch einen Wahlvater (eine
Wahlmutter) angenommen worden und sind sowohl der Wahlvater (die Wahlmutter)
oder dessen (deren) Nachkommen als auch die leibliche Mutter (der eheliche
Vater) oder deren (dessen) Nachkommen vorhanden, so fällt der Nachlaß je zur
Hälfte auf den Stamm des Wahlvaters (der Wahlmutter) und den der leiblichen
Mutter (des ehelichen Vaters).
§. 183. Das Wahlkind
erhält den Familiennamen des Annehmenden. Wird ein Ehegatte an Kindesstatt
angenommen, so ändert sich der Familienname, den die Ehegatten gemeinsamen
führen, wenn der andere Ehegatte dem vor der gerichtlichen Bewilligung
zugestimmt hat; sonst führen sie den bisherigen Familiennamen weiter, es ändert
sich nur der Geschlechtsname des Angenommenen.
Nehmen Ehegatten
gemeinsam oder nimmt ein Ehegatte das leibliche Kind des anderen an und stimmen
die Familiennamen der Ehegatten nicht überein, so erhält (behält) das Wahlkind
den Familiennamen des Wahlvaters (Vaters).
Bleiben bei einer Annahme
nur durch einen Wahlvater (eine Wahlmutter) allein die familienrechtlichen
Beziehungen des minderjährigen Wahlkindes zu seinem leiblichen Elternteil im
Sinn des § 182 Abs. 2 dritter Satz aufrecht und führt das Wahlkind einen von
diesem Elternteil abgeleiteten Familiennamen, so behält es diesen.
§. 183a. Hat das
Wahlkind ein bei Wirksamwerden der Annahme noch minderjähriges eheliches,
uneheliches oder angenommenes Kind und führt dieses einen von ihm allein
abgeleiteten Familiennamen, so geht der vom Wahlkind durch die Annahme
erworbene Familienname (Geschlechtsname) auf dieses Kind über.
Leitet dieses Kind aber
seinen Familiennamen auch von dem Ehegatten oder einem noch lebenden früheren
Ehegatten des Wahlkindes ab, so tritt der Übergang nur ein, wenn dieser
Ehegatte dem vor der gerichtlichen Bewilligung zugestimmt hat.
Widerruf und Aufhebung.
§. 184. Die
gerichtliche Bewilligung ist vom Gericht mit rückwirkender Kraft zu widerrufen:
1. von Amts wegen oder
auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn beim Abschluß des Annahmevertrages der
Annehmende nicht eigenberechtigt gewesen ist, außer er hat nach der Erlangung
seiner Eigenberechtigung zu erkennen gegeben, daß er die Wahlkindschaft
fortsetzen wolle;
2. von Amts wegen oder
auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn ein nicht eigenberechtigtes Wahlkind
selbst den Annahmevertrag geschlossen hat, außer es hat der gesetzliche
Vertreter oder nach Erlangung der Eigenberechtigung das Wahlkind nachträglich
zugestimmt oder das Gericht die verweigerte nachträgliche Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters im Sinne des § 179a Abs. 2 ersetzt;
3. von Amts wegen oder
auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn das Wahlkind durch mehr als eine Person
angenommen worden ist, außer die Annehmenden sind im Zeitpunkt der Bewilligung
miteinander verheiratet gewesen;
4. von Amts wegen oder
auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn der Annahmevertrag ausschließlich oder
vorwiegend in der Absicht geschlossen worden ist, dem Wahlkind die Führung des
Familiennamens des Wahlvaters oder der Wahlmutter zu ermöglichen oder den
äußeren Schein einer Wahlkindschaft zur Verdeckung rechtswidriger
geschlechtlicher Beziehungen zu schaffen.
5. auf Antrag eines
Vertragsteiles, wenn der Annahmevertrag nicht schriftlich geschlossen worden
ist und seit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbeschlusses nicht
mehr als fünf Jahre verstrichen sind.
Hat einer der
Vertragsteile den Widerrufsgrund (Abs. 1 Z. 1 bis 3 und 5) bei Abschließung des
Annahmevertrages nicht gekannt, so gilt in seinem Verhältnis zum anderen Vertragsteil
der Widerruf insoweit als Aufhebung (§ 184a), als er dies beansprucht.
Einem Dritten, der im
Vertrauen auf die Gültigkeit der Annahme an Kindesstatt vor dem Widerruf Rechte
erworben hat, kann nicht eingewendet werden, daß die Bewilligung widerrufen
worden ist. Zum Nachteil eines der Vertragsteile, der den Wiederrufsgrund bei
Abschließung des Annahmevertrages nicht gekannt hat, kann ein Dritter nicht die
Wirkungen des Widerrufes beanspruchen.
§. 184a. Die
Wahlkindschaft ist vom Gericht aufzuheben:
1. wenn die Erklärung
eines Vertragteiles oder eines Zustimmungsberechtigten durch List oder
ungerechte und gegründete Furcht veranlaßt worden ist und der Betroffene die
Aufhebung binnen Jahresfrist nach Entdeckung der Täuschung oder Wegfall der
Zwangslage beantragt;
2. von Amts wegen, wenn
die Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft das Wohl des nicht eigenberechtigten
Wahlkindes ernstlich gefährden würde;
3. auf Antrag des
Wahlkindes, wenn die Aufhebung nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe der
Wahleltern oder nach dem Tode des Wahlvaters (der Wahlmutter) dem Wohle des
Wahlkindes dient und nicht einem gerechtfertigten Anliegen des (der) von der
Aufhebung betroffenen, wenn auch bereits verstorbenen Wahlvaters (Wahlmutter)
widerspricht;
4. wenn der Wahlvater
(die Wahlmutter) und das eigenberechtigte Wahlkind die Aufhebung beantragen.
Besteht die
Wahlkindschaft gegenüber einem Wahlvater und einer Wahlmutter, so darf die
Aufhebung im Sinne des Abs. 1 nur beiden gegenüber bewilligt werden; die
Aufhebung gegenüber einem von ihnen allein ist nur im Falle der Auflösung oder
Nichtigerklärung ihrer Ehe zulässig.
§. 185. Mit dem
Eintritt der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses erlöschen die durch die
Annahme zwischen dem Wahlvater (der Wahlmutter) und dessen (deren) Nachkommen
einerseits und dem Wahlkind und dessen Nachkommen andererseits begründeten
Rechtsbeziehungen.
Mit diesem Zeitpunkt
leben die familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und
deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen Nachkommen
andererseits, soweit sie nach dem § 182 erloschen sind, wieder auf.
Mit dem im Abs. 1
genannten Zeitpunkt sind hinsichtlich des Wahlkindes und dessen minderjährigen
Nachkommen die namensrechtlichen Wirkungen der Annahme so anzusehen, als wären
sie nicht eingetreten.
§. 185a. Ein Widerruf
oder eine Aufhebung aus anderen als den in den §§ 184 und 184a angeführten
Gründen ist unzulässig; ebenso eine vertragliche Einigung oder ein Rechtsstreit
über die Anfechtung des Annahmevertrages.
2) Uebernahme in die
Pflege.
§. 186. Die Rechte und
Verbindlichkeiten der Wahlältern und Wahlkinder lassen sich auf Kinder, die nur
in Pflege genommen werden, nicht anwenden. Diese Pflege steht jedermann frey,
wollen aber die Parteyen hierüber einen Vertrag schließen; so muß er, in so
fern die Rechte des Pflegekindes geschmälert, oder demselben besondere
Verbindlichkeiten auferlegt werden sollen, gerichtlich bestätiget werden. Auf
den Ersatz der Pflegekosten haben die Pflegeältern keinen Anspruch.
Viertes Hauptstück.
Von den Vormundschaften
und Curatelen.
Bestimmung der
Vormundschaft und Curatel.
§. 187. Einem
Minderjährigen ist ein Vormund zu bestellen, wenn nicht wenigstens einem
ehelichen Elternteil die beschränkte gesetzliche Vertretung zusteht. Inwieweit
für Personen, die ihre Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen nicht
vermögen, ein Kurator, ein Sachwalter oder ein anderer gesetzlicher Vertreter
zu bestellen ist, wird besonders bestimmt.
Unterschied zwischen
der Vormundschaft und Curatel.
§. 188. Ein Vormund hat
vorzüglich für die Person des Minderjährigen zu sorgen, zugleich aber dessen
Vermögen zu verwalten. Ein Curator wird zur Besorgung der Angelegenheiten
derjenigen gebraucht, welche dieselben aus einem anderen Grunde, als jenem der Minderjährigkeit,
selbst zu besorgen unfähig sind.
I. Von der
Vormundschaft.
Veranlassung zur
Bestellung.
§. 189. Wenn der Fall
eintritt, daß einem Minderjährigen, er sey von ehelicher oder unehelicher
Geburt, ein Vormund bestellet werden muß; sind die Verwandten des
Minderjährigen oder andere mit ihm in nahem Verhältnisse stehende Personen
unter angemessener Ahndung verbunden, dem Gerichte, unter dessen
Gerichtsbarkeit der Minderjährige steht, die Anzeige zu machen. Auch die
politischen Obrigkeiten, die weltlichen und geistlichen Vorsteher der Gemeinden
müssen sorgen, daß das Gericht hiervon benachrichtiget werde.
Wer den Vormund
zunächst bestelle.
§. 190. Das Gericht
muß, sobald es zur Kenntniß gelanget ist, von Amts wegen die Bestellung eines
tauglichen Vormundes vornehmen.
Nothwendige
Entschuldigung von einer Vormundschaft überhaupt;
§. 191. Zur Übernahme
einer Vormundschaft sind überhaupt unfähig
1. Minderjährige und
Personen, die aus einem anderen Grund als dem ihrer Minderjährigkeit alle oder
einzelne ihrer Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen nicht vermögen;
2. Personen, von denen,
besonders auch wegen der durch eine strafgerichtliche Verurteilung zutage
getretenen Veranlagung oder Eigenschaften, eine anständige Erziehung des
Mündels oder eine sorgfältige Verwaltung des Mündelvermögens nicht zu erwarten
ist.
§. 192. Auch
Ordensgeistlichen und Ausländern soll in der Regel keine Vormundschaft
aufgetragen werden.
§. 193. Ein Ehegatte
bedarf zur Übernahme einer Vormundschaft der Zustimmung des anderen Ehegatten.
Das Gericht hat von der Zustimmung abzusehen, wenn der andere Ehegatte diese
aus nicht gerechtfertigten Gründen verweigert. Als ein gerechtfertigter Grund
ist besonders eine Gefährdung der Ehe oder des Familienlebens durch die
Vormundschaft anzusehen.
Soll ein Ehegatte die
Vormundschaft über sein eigenes Kind übernehmen, ist der andere Ehegatte
unbekannten Aufenthaltes oder ist er nicht nur vorübergehend zu einer
verständigen Äußerung unfähig, so bedarf es der im Abs. 1 vorgesehenen
Zustimmung nicht.
oder von einer
bestimmten Vormundschaft
§. 194. Zum Vormund
darf nicht bestellt werden, wen ein Elternteil als gesetzlicher Vertreter von
der Vormundschaft ausgeschlossen hat, wer mit den Eltern des Minderjährigen
oder mit ihm selbst in Feindschaft gelebt hat oder wer mit dem Minderjährigen
in einem Rechtsstreit verwickelt ist. Ob eine Person infolge des Bestandes
unberichtigter Forderungen zwischen ihr und dem Minderjährigen zur Übernahme
der Vormundschaft ungeeignet erscheint, hat das Gericht zu beurteilen.
Freywillige
Entschuldigungsgründe.
§. 195. Wider ihren
Willen können zur Übernahme einer Vormundschaft nicht angehalten werden:
Geistliche, in dauernder aktiver Dienstleistung stehende Militärpersonen und
öffentliche Beamte, ebenso derjenige, der sechzig Jahre alt ist, dem die
Obsorge über fünf Kinder oder Enkel obliegt oder der schon eine mühsame
Vormundschaft oder drei kleinere zu besorgen hat, endlich wer dieses Amt wegen
der Entfernung seines Wohnsitzes von dem Vormundschaftsgerichte nur schwer oder
mit erheblichen Kosten ausüben könnte.
Arten der Berufung zur
Vormundschaft.
1) testamentarische;
§. 196. Zum Vormund
ist, wenn er geeignet ist, in erster Linie derjenige zu bestellen, den ein
Elternteil als gesetzlicher Vertreter letztwillig berufen hat. Hat ein
Elternteil aber bloß einen Verwalter für das Vermögen des Minderjährigen
letztwillig berufen, so wird vermutet, daß er ihn zum Vormund überhaupt habe
berufen wollen; sonst ist, sofern nicht der Fall des § 145c Abs. 3 vorliegt,
der berufene Verwalter, wenn er geeignet ist, nur zum Sachwalter für das
Vermögen zu bestellen.
Haben die Eltern
letztwillig Unterschiedliches verfügt, so ist derjenige zum Vormund
beziehungsweise Sachwalter zu bestellen, der besser geeignet ist.
§. 197. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 1977/Nr. 403.)
2) gesetzliche;
§. 198. Ist letztwillig
kein oder kein geeigneter Vormund für ein eheliches Kind berufen worden, so ist
ein Großelternteil zum Vormund zu bestellen, wenn er geeignet ist und ihm die
Pflege und Erziehung des Kindes zustehen, sonst der nächste geeignete
Verwandte.
Für ein uneheliches
Kind ist die Mutter auf ihren Antrag zum Vormund zu bestellen, wenn sie
geeignet ist und ihr die Sorge für die Pflege und die Erziehung des Kindes
zusteht; dies gilt auch, wenn für das Kind die gesetzliche Amtsvormundschaft
besteht, außer diese entspricht dem Wohle des Kindes besser. Das gleiche gilt
sinngemäß für den Vater, dessen Vaterschaft festgestellt ist, wenn er sich in
der Pflege und der Erziehung des Kindes bewährt hat.
Wird die Mutter eines
unehelichen Kindes zum Vormund bestellt, so kann dennoch, vorbehaltlich des §
163a, falls es das Wohl des Kindes erfordert, allgemein die
Bezirksverwaltungsbehörde zum besonderen Sachwalter des Kindes für die
Feststellung der Vaterschaft und die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche
bestellt werden.
3) gerichtliche.
§. 199. Kann eine
Vormundschaft auf die angeführte Art nicht bestellt werden, so hängt es von dem
Gerichte ab, wen es mit Rücksicht auf Fähigkeit, Stand, Vermögen und Ansässigkeit
zum Vormunde ernennen will.
Form der wirklichen
Bestellung des Vormundes.
§. 200. Jeden ernannten
Vormund, ohne Unterschied, hat das vormundschaftliche Gericht sogleich anzuweisen,
daß er die Vormundschaft übernehme. Der Vormund, ob er gleich für seine Person
unter einer anderen Gerichtsbarkeit steht, ist schuldig, die Vormundschaft zu
übernehmen, und wird in Rücksicht auf alle zu diesem Amte gehörige
Angelegenheiten der vormundschaftlichen Behörde unterworfen. 3
Form, die Bestellung
abzulehnen.
§. 201. Glaubt
derjenige, welchen das Gericht zur Vormundschaft berufen hat, daß er zu diesem
Amte nicht geschickt sey; oder, daß ihn das Gesetz davon frey spreche, so muß
er sich innerhalb vierzehn Tagen, von der Zeit des ihm bekannt gemachten
gerichtlichen Auftrags, an das vormundschaftliche Gericht, oder, wenn er
demselben für seine Person nicht unterworfen ist, an seine persönliche
Gerichtsstelle wenden, welche seine Gründe mit ihrem Gutachten begleiten und
dem vormundschaftlichen Gerichte zur Entscheidung vorlegen soll.
Verantwortlichkeit des
Vormundes und des Gerichtes in Rücksicht dieses Gegenstandes.
§. 202. Wer seine
Untauglichkeit zur Vormundschaft verhehlet, hat, so wie das Gericht, das
wissentlich einen nach dem Gesetze untauglichen Vormund ernennet, allen dem
Minderjährigen dadurch entstandenen Schaden und entgangenen Nutzen zu
verantworten.
§. 203. Dieser
Verantwortung setzt sich auch derjenige aus, welcher ohne gegründete Ursache
sich weigert, eine Vormundschaft zu übernehmen, und er soll überdieß durch
angemessene Zwangsmittel dazu angehalten werden.
Antritt der
Vormundschaft.
§. 204. Man kann das
vormundschaftliche Amt nur nach einem von dem gehörigen Gerichtsstande dazu
erhaltenen Auftrage übernehmen. Wer sich eigenmächtig in eine Vormundschaft
eindringt, ist verbunden, allen dem Minderjährigen dadurch erwachsenen Schaden
zu ersetzen.
Angelobung.
§. 205. Mit Ausnahme
der Eltern und Großeltern muß jeder Vormund mit Handschlag geloben, daß er den
Minderjährigen zur Rechtschaffenheit, Gottesfurcht und Tugend anführen, daß er
ihn dem Stande gemäß als einen brauchbaren Bürger erziehen, vor Gericht und
außer demselben vertreten, das Vermögen getreulich und emsig verwalten, und
sich in Allem nach Vorschrift der Gesetze verhalten wolle.
Urkunde
§. 206. Jedem Vormund
hat das Gericht eine Urkunde über seine Bestellung auszufertigen.
Anstaltsvormundschaft
§. 207. (Anm.:
Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99 - Jugendwohlfahrtsgesetz.)
Generalvormundschaft
§. 208. (Anm.:
Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99 - Jugendwohlfahrtsgesetz.)
Ausschließung des
Vormundes von der Vermögensverwaltung
§. 209. Hat jemand
einem Minderjährigen, der unter Vormundschaft steht, ein Vermögen zugewendet
und den Vormund von der Verwaltung dieses Vermögens ausgeschlossen oder einen
Verwalter für das zugewendete Vermögen bestimmt, so gilt der § 145c, sofern er
nicht unmittelbar anzuwenden ist, sinngemäß.
Stellung mehrerer
Vormünder
§. 210. Sind mehrere
Vormünder ernannt worden, so können sie zwar das Vermögen des Minderjährigen
gemeinschaftlich oder theilweise verwalten. Verwalten sie es aber
gemeinschaftlich, oder theilen sie die Verwaltung ohne Genehmhaltung des
Gerichtes unter sich; so haftet jeder Einzelne für den ganzen dem
Minderjährigen erwachsenden Schaden. Immer muß auch das Gericht veranstalten,
daß die Person des Minderjährigen und die Hauptführung der Geschäfte immer nur
von Einem besorget werde.
Unterstützung eines
Vormundes durch einen Mitvormund
§. 211. Das Gericht hat
einem Vormund einen Mitvormund beizugeben, wenn es
1. der Vormund verlangt
oder
2. das Gericht wegen
des Umfanges oder der Schwierigkeiten der Vermögensverwaltung, wegen der
Schwierigkeit der Erziehung oder aus ähnlich triftigen Gründen zum Wohle des
Mündels für geboten erachtet.
Vor der Bestellung des
Mitvormundes hat das Gericht den Vormund zu hören.
Pflichten und Rechte
des Mitvormundes
§. 212. Dem Mitvormund
ist vom Gericht eine Bestellungsurkunde auszufolgen. Er muß mit Handschlag
angeloben, für das Wohl des Minderjährigen zu sorgen; die Angelobung entfällt
bei den Eltern und Großeltern.
§. 213. Zu den
Pflichten des Mitvormundes gehören besonders:
1. Er hat den Vormund
zu beraten.
2. Er hat wesentliche Mängel
bei der Führung der Vormundschaft abzustellen; falls seine Bemühungen erfolglos
sind, hat er diese Mängel dem Gericht anzuzeigen.
3. Er hat bei
Rechtsgeschäften, für die der Vormund der Einwilligung des Gerichtes bedarf,
den Antrag des Vormundes mitzuunterzeichnen oder ihm seine anderslautende
Meinung beizufügen.
4. Er hat auf Verlangen
des Gerichtes zu einem solchen Rechtsgeschäft sein Gutachten zu erstatten.
§. 214. Ein Mitvormund,
welcher diese Pflichten erfüllet hat, bleibt von aller ferneren Verantwortung
frey; ist einem Mitvormunde aber zugleich die Verwaltung des Vermögens
aufgetragen worden, so hat er mit dieser Verwaltung alle Pflichten eines
Curators übernommen.
§. 215. In der Regel
ist dem bisherigen Mitvormund die Vormundschaft zu übertragen, wenn ein neuer
Vormund zu bestellen ist.
Besondere Pflichten.
Rechte des Vormundes: a) in Rücksicht der Erziehung der Person;
§. 216. Stehen die
Pflege und Erziehung eines Minderjährigen nicht den Eltern und Großeltern zu,
so kommen sie dem Vormund zu; sonst hat er nur die Aufsicht darüber.
Soweit nicht anderes
bestimmt ist, hat der Vormund in wichtigen, die Person des Kindes betreffenden
Angelegenheiten die Genehmigung des Gerichtes einzuholen.
Entsprechende
Verbindlichkeit des Pflegebefohlenen.
§. 217. Der
Minderjährige ist seinem Vormunde Ehrerbiethung und Folgsamkeit schuldig; er
ist aber auch berechtigt, sich bey seinen nächsten Verwandten, oder bey der
gerichtlichen Behörde zu beschweren, wenn der Vormund seine Macht auf was immer
für eine Art mißbrauchen, oder die Pflichten der nöthigen Obsorge und Pflege
hintansetzen würde. Auch den Verwandten des Minderjährigen und jedem, der
hiervon Kenntniß erhält, steht die Anzeige bevor. An diese Behörde hat sich
auch der Vormund zu wenden, wenn er den Vergehungen des Minderjährigen durch
die zur Erziehung ihm eingeräumte Gewalt Einhalt zu thun nicht vermag.
§. 218. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 219. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 220. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 221. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
Besondere Pflichten der
Vormundschaft;
b) in Rücksicht der
Vermögensverwaltung. Erforschung und Sicherstellung des Vermögens,
§. 222. Die dem vormundschaftlichen
Gerichte über das Vermögen des Waisen anvertraute Obsorge fordert, daß es
zuerst desselben Vermögen zu erforschen und es durch Sperre, durch Inventur und
Schätzung sicher zu stellen suche.
durch die Sperre und
Inventur;
§. 223. Gerätschaften
werden durch gerichtliche Sperre in Verwahrung genommen, wenn es zur
Sicherstellung notwendig ist. Ein Verzeichnis des Vermögens des Minderjährigen
muß stets errichtet werden.
dann durch die
Schätzung des Vermögens entweder unmittelbar von dem vormundschaftlichen
Gerichte,
§. 224. Das Verzeichniß
des Vermögens und die Schätzung der beweglichen Sachen müssen ohne Zeitverlust,
allenfalls auch vor Bestellung eines Vormundes, vorgenommen werden. Das
Inventarium wird bey den Verlassenschafts-Acten aufbewahrt und dem Vormunde
eine beglaubigte Abschrift davon mitgetheilet. Die Schätzung des unbeweglichen
Vermögens muß, sobald es thunlich ist, vorgenommen werden; sie kann aber auch,
wenn der Werth sich aus anderen zuverlässigen Quellen darstellet, ganz unterbleiben.
§. 225. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 226. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 227. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)
Allgemeine Vorschrift
in Rücksicht auf die Vermögensverwaltung.
§. 228. Auf die
Vermögensverwaltung durch den Vormund sind die Bestimmungen über die Verwaltung
des Vermögens eines minderjährigen ehelichen Kindes durch seine Eltern
anzuwenden; außerdem gelten die folgenden Bestimmungen.
Besondere Vorschriften
in Absicht der unmittelbaren Vermögensverwaltung, insonderheit in Rücksicht der
Kostbarkeiten;
§. 229. Juwelen, andere
Kostbarkeiten und die Schuldbriefe kommen, so wie alle wichtige Urkunden in
gerichtliche Verwahrung; von den ersteren erhält der Vormund ein Verzeichniß,
von den letzteren die zu seinem Gebrauche nöthigen Abschriften.
des Geldes (Anlegung
von Mündelgeld)
§. 230. Soweit Geld
eines Minderjährigen nicht, dem Gesetz entsprechend, für besondere Zwecke zu verwenden
ist, ist es unverzüglich sicher und möglichst fruchtbringend durch
Spareinlagen, den Erwerb von Wertpapieren (Forderungen), die Gewährung von
Darlehen, den Erwerb von Liegenschaften oder in anderer Weise nach den
folgenden Bestimmungen anzulegen.
Ist es wirtschaftlich
zweckmäßig, so ist Mündelgeld auf mehrere dieser Arten anzulegen.
§. 230a. Spareinlagen
bei einer inländischen Kreditunternehmung, die zur Entgegennahme von
Spareinlagen berechtigt ist, sind zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn
sie auf den Namen des Mündels lauten, ausdrücklich die Bezeichnung „Mündelgeld“
tragen und entweder allgemein für die Verbindlichkeiten der Kreditunternehmung
der Bund oder eines der Länder oder für die Verzinsung und Rückzahlung der
Mündelgeldspareinlagen im besonderen ein von der Kreditunternehmung gebildeter,
jederzeit mit der jeweiligen Höhe solcher Einlagen übereinstimmender
unbelasteter Deckungsstock haftet. Dieser Deckungsstock hat ausschließlich in
mündelsicheren Wertpapieren (§ 230b), in Hypothekarforderungen mit
gesetzgemäßer Sicherheit (§230c), in Forderungen, für die der Bund oder eines
der Länder haftet, oder in Bargeld zu bestehen.
§. 230b. Der Erwerb
folgender Wertpapiere und Forderungen ist zur Anlegung von Mündelgeld geeignet:
1. Teilschuldverschreibungen
von Anleihen, für deren Verzinsung und Rückzahlung der Bund oder eines der
Länder haftet;
2. Forderungen, die in
das Hauptbuch der Staatsschuld eingetragen sind;
3. Pfandbriefe und
Kommunalschuldverschreibungen der nach den gesetzlichen Vorschriften zur
Ausgabe solcher Wertpapiere zugelassenen inländischen Kreditunternehmungen;
4. von einer
inländischen Kreditunternehmung ausgegebene Teilschuldverschreibungen, sofern
die Kreditunternehmung verpflichtet ist, die Ansprüche aus diesen Teilschuldverschreibungen
vorzugsweise zu befriedigen und als Sicherheit für diese Befriedigung
Forderungen der Kreditunternehmung, für die der Bund haftet, Wertpapiere oder
Forderungen gemäß den Z. 1 bis 3 und 5 oder Bargeld zu bestellen, und dies auf
den Teilschuldverschreibungen ausdrücklich ersichtlich gemacht ist;
5. sonstige
Wertpapiere, sofern sie durch besondere gesetzliche Vorschriften zur Anlegung
von Mündelgeld geeignet erklärt worden sind.
§. 230c. Darlehen sind
zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn zu ihrer Sicherstellung an einer
inländischen Liegenschaft eine Hypothek bestellt wird und die Liegenschaft samt
ihrem Zubehör während der Laufzeit des Darlehens ausreichend feuerversichert
ist. Liegenschaften, deren Wert sich wegen eines darauf befindlichen
Abbaubetriebs ständig und beträchtlich vermindert, sind nicht geeignet.
Es darf jedoch eine der
Land- oder Forstwirtschaft gewidmete Liegenschaft nicht über zwei Drittel, eine
andere Liegenschaft nicht über die Hälfte des gemeinen Wertes belastet werden.
Bei Weingärten, Wäldern und anderen Liegenschaften, deren Ertrag auf ähnlichen
dauernden Anpflanzungen beruht, ist die Belastungsgrenze ohne Berücksichtigung
des Wertes der Kulturgattung vom Grundwert zu errechnen. Ebenso ist bei
industriell oder gewerblich genutzten Liegenschaften vom bloßen Grundwert
auszugehen, doch sind von diesem die Kosten der Freimachung der Liegenschaft
von industriell oder gewerblich genutzten Baulichkeiten abzuziehen. Die Art
(Widmung, Nutzung) der Liegenschaft und die maßgebende Belastungsgrenze sind
durch einen allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen festzustellen.
§. 230d. Der Erwerb
inländischer Liegenschaften ist zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn sich
ihr Wert nicht wegen eines darauf befindlichen Abbaubetriebs ständig und
beträchtlich vermindert und sie nicht ausschließlich oder überwiegend
industriellen oder gewerblichen Zwecken dienen.
Der Kaufpreis darf den
gemeinen Wert nicht übersteigen. Die Art (Widmung, Nutzung) und der gemeine
Wert der Liegenschaft sind durch einen allgemein beeideten gerichtlichen
Sachverständigen festzustellen.
§. 230e. Die Anlegung
von Mündelgeld in anderer Weise als nach den vorstehenden Bestimmungen hat das
Gericht, im Fall des Erwerbes von Wertpapieren jedenfalls nach Anhörung eines
Sachverständigen für das Börsen- oder Bankwesen, zu genehmigen, wenn sie nach
den Verhältnissen des Einzelfalls den Grundsätzen einer wirtschaftlichen
Vermögensverwaltung entspricht.
Unter diesen
Voraussetzungen kommen für die Anlegung besonders in Betracht:
1. Wertpapiere, die im
§ 230b nicht genannt sind, sofern dafür vorgesorgt ist, daß die Verwaltung der
Wertpapiere einschließlich eines Verkaufes, falls er durch die Marktlage
geboten sein sollte, sachkundig vorgenommen wird;
2. Liegenschaften, die
nicht geeignet im Sinn des § 230d sind, sofern ihr Erwerb dem Mündel mit
Beziehung auf die gegenwärtige oder künftige Berufsausübung oder sonst zum
klaren Vorteil gereichen würde; der Kaufpreis darf auch hier den gemeinen Wert
nicht übersteigen.
des übrigen beweglichen
Vermögens;
§. 231. Das übrige
bewegliche Vermögen, das weder zum Gebrauch des Minderjährigen noch zum
Andenken der Familie oder nach Anordnung der Eltern aufzubewahren ist noch auf
eine andere Art vorteilhaft verwendet werden kann, muß im allgemeinen
öffentlich feilgeboten werden. Das Hausgeräthe kann man den Aeltern und den
Miterben in dem gerichtlichen Schätzungspreise aus freyer Hand überlassen.
Stücke, die bey der öffentlichen Versteigerung nicht veräußert worden sind,
kann der Vormund mit Bewilligung des vormundschaftlichen Gerichtes auch unter
dem Schätzungspreise verkaufen.
in Rücksicht des
unbeweglichen;
§. 232. Ein
unbewegliches Gut kann nur im Nothfalle oder zum offenbaren Vortheile des
Minderjährigen mit Genehmhaltung des vormundschaftlichen Gerichtes, und in der
Regel nur vermittelst öffentlicher Versteigerung veräußert, aus wichtigen
Gründen aber kann auch eine Veräußerung aus freyer Hand von dem Gerichte
bewilliget werden.
§. 233. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 40, BGBl 1977/Nr. 403.)
bey Einhebung der
Capitalien;
§. 234. Ein Vormund
kann für sich allein kein Capital des Minderjährigen, wenn es zurückbezahlt
wird, in Empfang nehmen. Der Schuldner, dem ein solches Capital aufgekündiget
wird, muß sich zu seiner Sicherheit von dem Vormunde die gerichtliche
Bewilligung zur Erhebung des Capitals vorzeigen lassen, und sich nicht mit der
Quittung des Vormundes allein begnügen; auch steht es ihm frey, die Zahlung
unmittelbar an das Gericht selbst zu leisten.
§. 235. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 41, BGBl 1977/Nr. 403.)
zur Sicherstellung
unbedeckter Forderungen.
§. 236. Ueber
Schuldforderungen, zu deren Beweise keine Urkunden vorhanden sind, muß der
Vormund sich Urkunden verschaffen, und diejenigen, welche nicht sicher gestellt
sind, so viel möglich sicher zu stellen suchen, oder zur Verfallszeit
eintreiben. Doch soll den Aeltern das Capital des Minderjährigen, wenn es auch
nicht gesetzmäßig versichert, der Minderjährige jedoch wahrscheinlicher Weise
keiner Gefahr eines Verlustes ausgesetzt ist, nicht aufgekündet werden, wofern
ihnen die Zurückbezahlung ohne Veräußerung ihres unbeweglichen Gutes oder
Abtretung von ihrem Gewerbe schwer fallen würde.
Caution.
§. 237. Der Vormund ist
bey Antretung der Vormundschaft nicht schuldig, Caution zu leisten. Er bleibt
auch in der Folge von der Caution befreyt, so lange er die durch das Gesetz zur
Sicherheit des Vermögens bestehenden Vorschriften genau beobachtet und zur
gehörigen Zeit ordentlich Rechnung legt.
Verbindlichkeit zur
Rechnungslegung.
§. 238. Auf die
Rechnungslegung des Vormundes sind die Bestimmungen über die Rechnungslegung
der Eltern eines minderjährigen Kindes anzuwenden.
§. 239. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 240. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 241. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 242. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 243. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
Handlungsfähigkeit des
Minderjährigen
§. 244. Die §§ 151 bis
153 gelten sinngemäß auch für die unter Vormundschaft stehenden unehelichen
Minderjährigen.
Vertretung
§. 245. Vertreter eines
unter Vormundschaft stehenden Minderjährigen ist, soweit dieser nicht durch
einen besonderen Sachwalter vertreten wird, der Vormund. Soweit nicht anderes
bestimmt ist, bedarf er zur Vertretung in den Angelegenheiten des § 154 Abs. 2
und 3 der Genehmigung des Gerichtes. Der § 154a Abs. 2 gilt sinngemäß.
§. 246. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 8, BGBl 1973/Nr. 108.)
§. 247. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 45, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 248. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1973/Nr. 108.)
Endigung der
Vormundschaft; a) durch den Tod;
§. 249. Eine
Vormundschaft endiget sich gänzlich durch den Tod des Minderjährigen. Stirbt
aber der Vormund oder wird er entlassen, so muß nach der Vorschrift des
Gesetzes (§. 198 und 199) ein anderer bestellet werden.
b) durch die
Wiedereinsetzung der Eltern in ihre Befugnisse
§. 250. Die
Vormundschaft endet auch, wenn den Eltern die gesetzliche Vertretung des
Minderjährigen entzogen und für diesen ein Vormund bestellt worden ist, das
Gericht aber nunmehr die Eltern wieder in ihre Rechte und Pflichten einsetzt.
c) durch die
Volljährigkeit
§. 251. Die
Vormundschaft erlischt mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Minderjährigen.
Im übrigen gelten die §§ 172 bis 175 sinngemäß auch für die unter Vormundschaft
stehenden unehelichen Minderjährigen. Der Antrag auf Verlängerung oder
Verkürzung der Minderjährigkeit und das Anhörungsrecht stehen auch dem Vormund
zu.
§. 252. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl 1973/Nr. 108.)
e) durch die amtliche
oder angesuchte Entlassung des Vormundes
§. 253. Die Entlassung
des Vormundes verordnet das Gericht in einigen Fällen von Amts wegen, in
anderen, wenn darum angesucht wird.
Fälle der amtlichen
Entlassung.
§. 254. Von Amts wegen
muß ein Vormund entlassen werden, wenn er die Vormundschaft pflichtwidrig
verwaltet; wenn er als unfähig erkannt wird; oder, wenn sich in Ansehung seiner
solche Bedenklichkeiten äußern, welche ihn Kraft des Gesetzes von Uebernehmung
der Vormundschaft ausgeschlossen haben würden. 2
§. 255. Gefährdet eine
Vormundschaft über ein nicht eigenes Kind des Vormundes dessen Ehe oder dessen
Familienleben, so hat ihn das Gericht auf Antrag des anderen Ehegatten zu
entlassen, wenn dem nicht ein wichtiges Anliegen des Mündels entgegensteht.
§. 256. Hat der
Erblasser oder das Gericht einen Vormund nur auf eine Zeit bestellet, oder ihn
auf einen bestimmten Ereignungsfall ausgeschlossen; so muß er entlassen werden,
sobald diese Zeit verflossen, oder der bestimmte Fall eingetreten ist.
Fälle der vom Vormunde,
§. 257. Wenn während der
Vormundschaft solche Gründe eintreten, die den Vormund kraft der Gesetze von
Uebernehmung derselben befreyt, oder ausgeschlossen hätten; so ist er in dem
ersteren Falle berechtiget, in dem letzteren aber verpflichtet, die Entlassung
anzusuchen.
§. 258. Einem Vormunde,
dem man als vermeintlichen nächsten Verwandten des Minderjährigen die
Vormundschaft aufgetragen hat, steht es frey, einen später entdeckten, näheren
und tauglichen Verwandten an seine Stelle vorzuschlagen: allein der nähere
Verwandte hat kein Recht, zu fordern, daß ihm ein minder naher Verwandter eine
bereits angetretene Vormundschaft abtrete; er wäre denn früher sich zu melden
gehindert worden.
§. 259. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 47, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 260. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1973/Nr. 108.)
Bedingungen zur
Entlassung des Vormundes:
a) gewöhnlicher
Zeitpunct;
§. 261. Ein Vormund
kann in der Regel nur am Ende des vormundschaftlichen Jahres, nachdem sein
Nachfolger die Verwaltung des Vermögens ordentlich übernommen hat, die
Vormundschaft niederlegen. Findet aber das Gericht es zur Sicherheit der Person
oder des Vermögens nothwendig, so kann es ihm dieselbe auch sogleich abnehmen.
b) Schlußrechnung;
§. 262. Ein Vormund ist
verbunden, längstens innerhalb zwey Monathen nach geendigter Vormundschaft dem
Gerichte seine Schlußrechnung zu übergeben, und erhält von demselben nach
gepflogener Richtigkeit eine Urkunde über die redlich und ordentlich geführte
Verwaltung seines Amtes. Diese Urkunde spricht ihn aber von der Verbindlichkeit
aus einer später entdeckten arglistigen Handlung nicht frey.
c) Uebergabe des
Vermögens.
§. 263. Am Ende einer
Vormundschaft ist es die Pflicht des Vormundes das Vermögen dem volljährig
gewordenen, oder dem neu bestellten Vormunde gegen Empfangsschein zu übergeben,
und sich darüber bey Gericht auszuweisen. Das aufgenommene Verzeichniß des
Vermögens, und die jährlich begnehmigten Rechnungen dienen bey solchen
Uebergaben zur Richtschnur.
Haftung des Vormundes
aus fremdem Verschulden.
§. 264. Insgemein hat
ein Vormund nur für sein Verschulden und nicht auch für das Verschulden der ihm
Untergeordneten zu haften. Hat er aber wissentlich unfähige Personen
angestellet, hat er solche beybehalten, oder nicht auf den Ersatz des von ihnen
verursachten Schadens gedrungen; so ist er auch dieser Nachlässigkeit wegen
verantwortlich.
Subsidiarische Haftung
des vormundschaftlichen Gerichtes.
§. 265. Selbst das
vormundschaftliche Gericht, welches sein Amt zum Nachtheile eines
Minderjährigen vernachlässiget hat, ist dafür verantwortlich, und, wenn andere
Mittel zum Ersatze mangeln, den Schaden zu ersetzen verbunden.
Belohnung des
Vormundes:
a) jährliche;
§. 266. Emsigen
Vormündern kann das Gericht aus den in Ersparung kommenden Einkünften eine
verhältnißmäßige jährliche Belohnung zuerkennen; doch darf diese Belohnung nie
mehr als fünf von Hundert der reinen Einkünfte betragen.
b) oder bey dem
Austritte.
§. 267. Wenn das
Vermögen des Minderjährigen so geringe ist, daß sich wenig oder nichts in
jährliche Ersparung bringen läßt; so kann einem Vormund, welcher das Vermögen
unvermindert erhalten, oder dem Minderjährigen eine anständige Versorgung
verschafft hat, wenigstens am Ende der Vormundschaft eine den Umständen
angemessene Belohnung ertheilet werden.
Rechtsmittel des
Vormundes bey Beschwerden.
§. 268. Ein Vormund,
welcher sich durch eine Verordnung des vormundschaftlichen Gerichtes beschwert
zu seyn erachtet, soll die Beschwerde zuerst bey dem nähmlichen Gerichte, und
nur, wenn diese fruchtlos war, den Recurs bey dem höheren Gerichte anbringen.
II. Von der Kuratel
§. 269. Demjenigen, der
seine oder einzelne seiner Angelegenheiten gehörig zu besorgen nicht vermag,
ist, soweit er nicht durch einen Elternteil oder Vormund gesetzlich vertreten
ist oder vertreten werden kann, ein Kurator oder Sachwalter zu bestellen.
Fälle der Curatel.
§. 270. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 49, BGBl 1977/Nr. 403.)
a) für Minderjährige;
§. 271. In Geschäften,
welche zwischen Aeltern und einem minderjährigen Kinde, oder zwischen einem
Vormunde und dem Minderjährigen vorfallen, muß das Gericht angegangen werden,
für den Minderjährigen einen besonderen Curator zu ernennen.
§. 272. Fallen zwischen
zwey oder mehreren Minderjährigen, welche einen und denselben Vormund haben,
Rechtsstreitigkeiten vor, so darf dieser Vormund keinen der Minderjährigen
vertreten; sondern er muß das Gericht angehen, daß es für jeden insbesondere
einen anderen Curator ernenne.
b) für behinderte
Personen;
§. 273. Vermag eine Person,
die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist, alle oder
einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich
selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein
Sachwalter zu bestellen.
Die Bestellung eines
Sachwalters ist unzulässig, wenn der Betreffende durch andere Hilfe, besonders
im Rahmen seiner Familie oder von Einrichtungen der öffentlichen oder privaten
Behindertenhilfe, in die Lage versetzt werden kann, seine Angelegenheiten im
erforderlichen Ausmaß zu besorgen. Ein Sachwalter darf nicht nur deshalb
bestellt werden, um einen Dritten vor der Verfolgung eines, wenn auch bloß
vermeintlichen, Anspruchs zu schützen.
Je nach Ausmaß der
Behinderung sowie Art und Umfang der zu besorgenden Angelegenheiten ist der
Sachwalter zu betrauen
1. mit der Besorgung
einzelner Angelegenheiten, etwa der Durchsetzung oder der Abwehr eines
Anspruchs oder der Eingehung und der Abwicklung eines Rechtsgeschäfts,
2. mit der Besorgung
eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten, etwa der Verwaltung eines Teiles
oder des gesamten Vermögens, oder
3. mit der Besorgung
aller Angelegenheiten der behinderten Person.
§. 273a. Die behinderte
Person kann innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters ohne dessen
ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung rechtsgeschäftlich weder
verfügen noch sich verpflichten. Sofern dadurch nicht das Wohl der behinderten
Person gefährdet wird, kann das Gericht bestimmen, daß die behinderte Person
innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters hinsichtlich bestimmter Sachen
oder ihres Einkommens oder eines bestimmten Teiles davon frei verfügen und sich
verpflichten kann.
Schließt die behinderte
Person im Rahmen des Wirkungskreises des Sachwalters ein Rechtsgeschäft, das eine
geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft, so wird dieses
Rechtsgeschäft, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 zweiter Satz nicht
vorliegen, mit der Erfüllung der die behinderte Person treffenden Pflichten
rückwirkend rechtswirksam.
Die behinderte Person
hat das Recht, von beabsichtigten wichtigen Maßnahmen in ihre Person oder ihr
Vermögen betreffenden Angelegenheiten vom Sachwalter rechtzeitig verständigt zu
werden und sich hierzu, wie auch zu anderen Maßnahmen, in angemessener Frist zu
äußern; diese Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte
Wunsch dem Wohl der behinderten Person nicht weniger entspricht.
d) für Ungeborne;
§. 274. In Rücksicht
auf Ungeborne wird ein Sachwalter entweder für die Nachkommenschaft überhaupt,
oder für eine bereits vorhandene Leibesfrucht (§. 22) aufgestellet. Im ersten
Falle hat der Sachwalter dafür zu sorgen, daß die Nachkommenschaft bey einem
ihr bestimmten Nachlasse nicht verkürzet werde; im zweyten Falle aber, daß die
Rechte des noch ungebornen Kindes erhalten werden.
§. 275. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1973/Nr. 108.)
f) für Abwesende und
für unbekannte Theilnehmer an einem Geschäfte;
§. 276. Die Bestellung
eines Curators für Abwesende, oder für die dem Gerichte zur Zeit noch
unbekannten Theilnehmer an einem Geschäfte findet dann Statt, wenn sie keinen
ordentlichen Sachwalter zurückgelassen haben, ohne solchen aber ihre Rechte
durch Verzug gefährdet, oder die Rechte eines Anderen in ihrem Gange gehemmet
würden. Ist der Aufenthaltsort eines Abwesenden bekannt, so muß ihn sein
Curator von der Lage seiner Angelegenheiten unterrichten, und diese
Angelegenheiten, wenn keine andere Verfügung getroffen wird, wie jene eines
Minderjährigen besorgen.
§. 277. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 278. Der Tag, an
welchem eine Todeserklärung ihre Rechtskraft erlangt hat, wird für den
rechtlichen Sterbetag eines Abwesenden gehalten; doch schließt eine
Todeserklärung den Beweis nicht aus, daß der Abwesende früher oder später
gestorben; oder, daß er noch am Leben sey. Kommt ein solcher Beweis zu Stande,
so ist derjenige, welcher auf den Grund der gerichtlichen Todeserklärung ein
Vermögen in Besitz genommen hat, wie ein anderer redlicher Besitzer zu behandeln.
5
g) für Sträflinge.
§. 279. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl 1974/Nr. 496.)
Bestellung
§. 280. Bei der Auswahl
des Sachwalters oder Kurators ist auf die Art der Angelegenheiten, die er zu
besorgen hat, bei der Auswahl des Sachwalters für eine behinderte Person
besonders auch auf deren persönliche Bedürfnisse zu achten.
§. 281. Einer
behinderten Person ist, wenn ihr Wohl nicht anderes erfordert, eine geeignete,
ihr nahestehende Person, ist sie minderjährig, der bisherige gesetzliche
Vertreter zum Sachwalter zu bestellen.
Erfordert es das Wohl
der behinderten Person, so ist, soweit verfügbar, ein Sachwalter aus dem Kreis
der von einem geeigneten Verein namhaft gemachten Personen zu bestellen.
Erfordert die Besorgung
der Angelegenheit der behinderten Person vorwiegend Rechtskenntnisse, so ist
ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskandidat) zum
Sachwalter zu bestellen.
Rechte und Pflichten
§. 282. Soweit nicht
anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen für den Vormund auch für die Rechte
und Pflichten des Sachwalters (Kurators) maßgebend. Der Sachwalter einer
behinderten Person hat auch die erforderliche Personensorge, besonders auch die
ärztliche und soziale Betreuung, sicherzustellen, soweit das Gericht nicht
anderes bestimmt.
Beendigung der
Sachwalterschaft (Kuratel)
§. 283. Für das
Erlöschen der Sachwalterschaft oder Kuratel gilt der § 249.
Der Sachwalter oder
Kurator ist auf Antrag oder von Amts wegen zu entheben, wenn der
Pflegebefohlene nicht mehr seiner Hilfe bedarf. Die §§ 254 und 257 sind
sinngemäß anzuwenden.
Das Gericht hat im
Rahmen seiner Fürsorgepflicht in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, ob
das Wohl des Pflegebefohlenen die Aufhebung oder Änderung der Sachwalterschaft
(Kuratel) erfordert.
Vormundschaftsrat
§. 284. (Anm.:
Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99 - Jugendwohlfahrtsgesetz.)
Zweyter Theil des
bürgerlichen Gesetzbuches.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer
rechtlichen Eintheilung.
Begriff von Sachen im
rechtlichen Sinne.
§. 285. Alles, was von
der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im
rechtlichen Sinne eine Sache genannt.
Eintheilung der Sachen
nach Verschiedenheit des Subjectes, dem sie gehören.
§. 286. Die Sachen in
dem Staatsgebiethe sind entweder ein Staats- oder ein Privat-Gut. Das Letztere
gehört einzelnen oder moralischen Personen, kleineren Gesellschaften, oder
ganzen Gemeinden.
Freystehende Sachen;
öffentliches Gut und Staatsvermögen.
§. 287. Sachen, welche
allen Mitgliedern des Staates zur Zueignung überlassen sind, heißen
freystehende Sachen. Jene, die ihnen nur zum Gebrauche verstattet werden, als:
Landstraßen, Ströme, Flüsse, Seehäfen und Meeresufer, heißen ein allgemeines
oder öffentliches Gut. Was zur Bedeckung der Staatsbedürfnisse bestimmt ist,
als: das Münz- oder Post- und andere Regalien, Kammergüter, Berg- und
Salzwerke, Steuern und Zölle, wird das Staatsvermögen genannt.
Gemeindegut;
Gemeindevermögen.
§. 288. Auf gleiche
Weise machen die Sachen, welche nach der Landesverfassung zum Gebrauche eines
jeden Mitgliedes einer Gemeinde dienen, das Gemeindegut; diejenigen aber, deren
Einkünfte zur Bestreitung der Gemeindeauslagen bestimmt sind, das
Gemeindevermögen aus.
Privat-Gut des
Landesfürsten.
§. 289. Auch dasjenige
Vermögen des Landesfürsten, welches er nicht als Oberhaupt des Staates besitzt,
wird als ein Privat-Gut betrachtet.
Allgemeine Vorschrift
in Rücksicht dieser verschiedenen Arten der Güter.
§. 290. Die in diesem
Privat-Rechte enthaltenen Vorschriften über die Art, wie Sachen rechtmäßig
erworben, erhalten und auf Andere übertragen werden können, sind in der Regel
auch von den Verwaltern der Staats- und Gemeindegüter, oder des Staats- und
Gemeindevermögens zu beobachten. Die in Hinsicht auf die Verwaltung und den
Gebrauch dieser Güter sich beziehenden Abweichungen und besonderen Vorschriften
sind in dem Staatsrechte und in den politischen Verordnungen enthalten.
Eintheilung der Sachen
nach dem Unterschiede ihrer Beschaffenheit.
§. 291. Die Sachen
werden nach dem Unterschiede ihrer Beschaffenheit eingetheilt: in körperliche
und unkörperliche; in bewegliche und unbewegliche; in verbrauchbare und
unverbrauchbare; in schätzbare und unschätzbare.
Körperliche und
unkörperliche Sachen;
§. 292. Körperliche
Sachen sind diejenigen, welche in die Sinne fallen; sonst heißen sie
unkörperliche; z. B. das Recht zu jagen, zu fischen und alle andere Rechte.
bewegliche und
unbewegliche.
§. 293. Sachen, welche
ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen versetzt werden
können, sind beweglich; im entgegengesetzten Falle sind sie unbeweglich.
Sachen, die an sich beweglich sind, werden im rechtlichen Sinne für unbeweglich
gehalten, wenn sie vermöge des Gesetzes oder der Bestimmung des Eigenthümers
das Zugehör einer unbeweglichen Sache ausmachen.
Zugehör überhaupt;
§. 294. Unter Zugehör
versteht man dasjenige, was mit einer Sache in fortdauernde Verbindung gesetzt
wird. Dahin gehören nicht nur der Zuwachs einer Sache, so lange er von
derselben nicht abgesondert ist; sondern auch die Nebensachen, ohne welche die
Hauptsache nicht gebraucht werden kann, oder die das Gesetz oder der
Eigenthümer zum fortdauernden Gebrauche der Hauptsache bestimmt hat.
insbesondere bey
Grundstücken und Teichen;
§. 295. Gras, Bäume,
Früchte und alle brauchbare Dinge, welche die Erde auf ihrer Oberfläche
hervorbringt, bleiben so lange ein unbewegliches Vermögen, als sie nicht von
Grund und Boden abgesondert worden sind. Selbst die Fische in einem Teiche, und
das Wild in einem Walde werden erst dann ein bewegliches Gut, wenn der Teich
gefischet, und das Wild gefangen oder erlegt worden ist.
§. 296. Auch das
Getreide, das Holz, das Viehfutter und alle übrige, obgleich schon eingebrachte
Erzeugnisse, so wie alles Vieh und alle zu einem liegenden Gute gehörige
Werkzeuge und Geräthschaften werden in so fern für unbewegliche Sachen
gehalten, als sie zur Fortsetzung des ordentlichen Wirthschaftsbetriebes
erforderlich sind.
und bey Gebäuden.
§. 297. Eben so gehören
zu den unbeweglichen Sachen diejenigen, welche auf Grund und Boden in der
Absicht aufgeführt werden, daß sie stets darauf bleiben sollen, als: Häuser und
andere Gebäude mit dem in senkrechter Linie darüber befindlichen Luftraume; ferner:
nicht nur Alles, was erd- mauer- niet- und nagelfest ist, als: Braupfannen,
Branntweinkessel und eingezimmerte Schränke, sondern auch diejenigen Dinge, die
zum anhaltenden Gebrauche eines Ganzen bestimmt sind: z. B. Brunneneimer,
Seile, Ketten, Löschgeräthe und dergleichen.
Maschinen.
§. 297a. Werden mit
einer unbeweglichen Sache Maschinen in Verbindung gebracht, so gelten sie nicht
als Zugehör, wenn mit Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft im
öffentlichen Buch angemerkt wird, daß die Maschinen Eigentum eines anderen
sind. Werden sie als Ersatz an Stelle solcher Maschinen angebracht, die als
Zugehör anzusehen waren, so ist zu dieser Anmerkung auch die Zustimmung der
früher eingetragenen bücherlich Berechtigten erforderlich. Die Anmerkung
verliert mit Ablauf von fünf Jahren nach der Eintragung ihre Wirkung; durch das
Konkurs- oder Zwangsversteigerungsverfahren wird der Ablauf der Frist gehemmt.
Rechte sind insgemein
als bewegliche Sachen anzusehen;
§. 298. Rechte werden
den beweglichen Sachen beygezählt, wenn sie nicht mit dem Besitze einer
unbeweglichen Sache verbunden, oder durch die Landesverfassung für eine
unbewegliche Sache erkläret sind.
auch die vorgemerkten
Forderungen.
§. 299.
Schuldforderungen werden durch die Sicherstellung auf ein unbewegliches Gut
nicht in ein unbewegliches Vermögen verwandelt.
Nach welchen Gesetzen
die unbeweglichen; und nach welchen die beweglichen Sachen zu beurtheilen sind.
§. 300. (Anm.:
Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
Verbrauchbare und
unverbrauchbare Sachen.
§. 301. Sachen, welche
ohne ihre Zerstörung oder Verzehrung den gewöhnlichen Nutzen nicht gewähren,
heißen verbrauchbare; die von entgegengesetzter Beschaffenheit aber,
unverbrauchbare Sachen.
Gesammtsache
(universitas rerum).
§. 302. Ein Inbegriff
von mehreren besonderen Sachen, die als Eine Sache angesehen, und mit einem
gemeinschaftlichen Nahmen bezeichnet zu werden pflegen, macht eine Gesammtsache
aus, und wird als ein Ganzes betrachtet.
Schätzbare und
unschätzbare;
§. 303. Schätzbare
Sachen sind diejenigen, deren Werth durch Vergleichung mit anderen zum Verkehre
bestimmt werden kann; darunter gehören auch Dienstleistungen, Hand- und
Kopfarbeiten. Sachen hingegen, deren Werth durch keine Vergleichung mit anderen
im Verkehre befindlichen Sachen bestimmt werden kann, heißen unschätzbare.
Maßstab der
gerichtlichen Schätzung.
§. 304. Der bestimmte
Werth einer Sache heißt ihr Preis. Wenn eine Sache vom Gerichte zu schätzen
ist, so muß die Schätzung nach einer bestimmten Summe Geldes geschehen.
Ordentlicher und
außerordentlicher Preis.
§. 305. Wird eine Sache
nach dem Nutzen geschätzt, den sie mit Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich
und allgemein leistet, so fällt der ordentliche und gemeine Preis aus; nimmt
man aber auf die besonderen Verhältnisse und auf die in zufälligen
Eigenschaften der Sache gegründete besondere Vorliebe desjenigen, dem der Werth
ersetzt werden muß, Rücksicht, so entsteht ein außerordentlicher Preis.
Welcher bey
gerichtlichen Schätzungen zur Richtschnur zu nehmen.
§. 306. In allen
Fällen, wo nichts Anderes entweder bedungen, oder von dem Gesetze verordnet
wird, muß bey der Schätzung einer Sache der gemeine Preis zur Richtschnur
genommen werden.
Begriffe vom dinglichen
und persönlichen Sachenrechte.
§. 307. Rechte, welche
einer Person über eine Sache ohne Rücksicht auf gewisse Personen zustehen,
werden dingliche Rechte genannt. Rechte, welche zu einer Sache nur gegen
gewisse Personen unmittelbar aus einem Gesetze, oder aus einer verbindlichen
Handlung entstehen, heißen persönliche Sachenrechte.
§. 308. Dingliche
Sachenrechte sind das Recht des Besitzes, des Eigenthumes, des Pfandes, der
Dienstbarkeit und des Erbrechtes.
Erste Abtheilung des
Sachenrechtes.
Von den dinglichen
Rechten.
Erstes Hauptstück.
Von dem Besitze.
Inhaber. Besitzer.
§. 309. Wer eine Sache
in seiner Macht oder Gewahrsame hat, heißt ihr Inhaber. Hat der Inhaber einer
Sache den Willen, sie als die seinige zu behalten, so ist er ihr Besitzer.
Erwerbung des Besitzes.
Fähigkeit der Person zur Besitzerwerbung.
§. 310. Kinder unter
sieben Jahren und Personen über sieben Jahre, die den Gebrauch der Vernunft
nicht haben, können – außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 – Besitz nur durch
ihren gesetzlichen Vertreter erwerben. Im übrigen ist die Fähigkeit zum
selbständigen Besitzerwerb gegeben.
Gegenstände des
Besitzes.
§. 311. Alle
körperliche und unkörperliche Sachen, welche ein Gegenstand des rechtlichen
Verkehres sind, können in Besitz genommen werden.
Arten der
Besitzerwerbung;
§. 312. Körperliche,
bewegliche Sachen werden durch physische Ergreifung, Wegführung oder
Verwahrung; unbewegliche aber durch Betretung, Verrainung, Einzäunung,
Bezeichnung oder Bearbeitung in Besitz genommen. In den Besitz unkörperlicher
Sachen oder Rechte kommt man durch den Gebrauch derselben im eigenen Nahmen.
insbesondere von einem
bejahenden, verneinenden oder einem Verbothsrechte.
§. 313. Der Gebrauch
eines Rechtes wird gemacht, wenn jemand von einem Anderen etwas als eine
Schuldigkeit fordert, und dieser es ihm leistet; ferner, wenn jemand die einem
Anderen gehörige Sache mit dessen Gestattung zu seinem Nutzen anwendet;
endlich, wenn auf fremdes Verboth ein Anderer das, was er sonst zu thun befugt
wäre, unterläßt.
Unmittelbare und
mittelbare Erwerbungsart des Besitzes.
§. 314. Den Besitz
sowohl von Rechten, als von körperlichen Sachen erlangt man entweder
unmittelbar, wenn man freystehender Rechte und Sachen; oder mittelbar, wenn man
eines Rechtes, oder einer Sache, die einem Anderen gehört, habhaft wird.
Umfang der Erwerbung.
§. 315. Durch die
unmittelbare und durch die mittelbare eigenmächtige Besitzergreifung erhält man
nur so viel in Besitz, als wirklich ergriffen, betreten, gebraucht, bezeichnet,
oder in Verwahrung gebracht worden ist; bey der mittelbaren, wenn uns der
Inhaber in seinem oder eines Anderen Nahmen ein Recht oder eine Sache überläßt,
erhält man Alles, was der vorige Inhaber gehabt und durch deutliche Zeichen
übergeben hat, ohne daß es nöthig ist, jeden Theil des Ganzen besonders zu
übernehmen.
Rechtmäßiger,
unrechtmäßiger Besitz.
§. 316. Der Besitz
einer Sache heißt rechtmäßig, wenn er auf einem gültigen Titel, das ist, auf
einem zur Erwerbung tauglichen Rechtsgrunde beruhet. Im entgegengesetzten Falle
heißt er unrechtmäßig.
Haupttitel des
rechtmäßigen Besitzes.
§. 317. Der Titel liegt
bey freystehenden Sachen in der angebornen Freyheit zu Handlungen, wodurch die
Rechte Anderer nicht verletzet werden; bey Anderen in dem Willen des vorigen
Besitzers, oder in dem Ausspruche des Richters, oder endlich in dem Gesetze,
wodurch jemanden das Recht zum Besitze ertheilet wird.
Der Inhaber hat noch
keinen Titel;
§. 318. Dem Inhaber,
der eine Sache nicht in seinem, sondern im Nahmen eines Anderen inne hat, kommt
noch kein Rechtsgrund zur Besitznahme dieser Sache zu.
und kann ihn nicht
eigenmächtig erlangen.
§. 319. Der Inhaber
einer Sache ist nicht berechtiget, den Grund seiner Gewahrsame eigenmächtig zu
verwechseln, und sich dadurch eines Titels anzumaßen; wohl aber kann derjenige,
welcher bisher eine Sache in eigenem Nahmen rechtmäßig besaß, das Besitzrecht
einem Anderen überlassen, und sie künftig in dessen Nahmen inne haben.
Wirkung des bloßen
Titels.
§. 320. Durch einen
gültigen Titel erhält man nur das Recht zum Besitze einer Sache, nicht den
Besitz selbst. Wer nur das Recht zum Besitze hat, darf sich im
Verweigerungsfalle nicht eigenmächtig in den Besitz setzen; er muß ihn von dem
ordentlichen Richter mit Anführung seines Titels im Wege Rechtens fordern.
Erforderung zum
wirklichen Besitzrechte.
§. 321. Wo so genannte
Landtafeln, Stadt- oder Grundbücher, oder andere dergleichen öffentliche
Register eingeführt sind, wird der rechtmäßige Besitz eines dinglichen Rechtes
auf unbewegliche Sachen nur durch die ordentliche Eintragung in diese
öffentlichen Bücher erlangt.
§. 322. Ist eine
bewegliche Sache nach und nach mehreren Personen übergeben worden; so gebühret
das Besitzrecht derjenigen, welche sie in ihrer Macht hat. Ist aber die Sache
unbeweglich, und sind öffentliche Bücher eingeführt; so steht das Besitzrecht ausschließlich
demjenigen zu, welcher als Besitzer derselben eingeschrieben ist.
Der Besitzer kann zur
Angabe des Rechtsgrundes nicht aufgefordert werden.
§. 323. Der Besitzer
einer Sache hat die rechtliche Vermuthung eines gültigen Titels für sich; er kann
also zur Angabe desselben nicht aufgefordert werden.
§. 324. Diese
Aufforderung findet auch dann noch nicht Statt, wenn jemand behauptet, daß der
Besitz seines Gegners mit anderen rechtlichen Vermuthungen, z. B. mit der
Freyheit des Eigenthumes, sich nicht vereinbaren lasse. In solchen Fällen muß
der behauptende Gegner vor dem ordentlichen Richter klagen, und sein
vermeintliches stärkeres Recht darthun. Im Zweifel gebührt dem Besitzer der
Vorzug.
Ausnahme.
§. 325. In wie fern der
Besitzer einer Sache, deren Verkehr verbothen; oder die entwendet zu seyn
scheint, den Titel seines Besitzes anzuzeigen verbunden sey, darüber
entscheiden die Straf- und politischen Gesetze.
Redlicher und
unredlicher Besitzer.
§. 326. Wer aus
wahrscheinlichen Gründen die Sache, die er besitzt, für die seinige hält, ist
ein redlicher Besitzer. Ein unredlicher Besitzer, ist derjenige, welcher weiß
oder aus den Umständen vermuthen muß, daß die in seinem Besitze befindliche
Sache einem Anderen zugehöre. Aus Irrthum in Thatsachen oder aus Unwissenheit
der gesetzlichen Vorschriften kann man ein unrechtmäßiger (§. 316) und doch ein
redlicher Besitzer seyn.
Wie ein Mitbesitzer zum
unredlichen oder unrechtmäßigen Besitzer werde.
§. 327. Besitzt eine
Person die Sache selbst, eine andere aber das Recht auf alle oder auf einige
Nutzungen dieser Sache; so kann eine und dieselbe Person, wenn sie die Gränzen
ihres Rechtes überschreitet, in verschiedenen Rücksichten ein redlicher und
unredlicher, ein rechtmäßiger und unrechtmäßiger Besitzer seyn.
Entscheidung über die
Redlichkeit des Besitzes.
§. 328. Die Redlichkeit
oder Unredlichkeit des Besitzes muß im Falle eines Rechtsstreites durch
richterlichen Ausspruch entschieden werden. Im Zweifel ist die Vermuthung für
die Redlichkeit des Besitzes.
Fortdauer des Besitzes.
Rechte des redlichen Besitzes; a) in Rücksicht der Substanz der Sache;
§. 329. Ein redlicher
Besitzer kann schon allein aus dem Grunde des redlichen Besitzes die Sache, die
er besitzt, ohne Verantwortung nach Belieben brauchen, verbrauchen, auch wohl
vertilgen.
b) der Nutzungen;
§. 330. Dem redlichen
Besitzer gehören alle aus der Sache entspringende Früchte, so bald sie von der
Sache abgesondert worden sind; ihm gehören auch alle andere schon eingehobene
Nutzungen, in so fern sie während des ruhigen Besitzes bereits fällig gewesen
sind.
c) des Aufwandes.
§. 331. Hat der
redliche Besitzer an die Sache entweder zur fortwährenden Erhaltung der
Substanz einen nothwendigen, oder, zur Vermehrung noch fortdauernder Nutzungen
einen nützlichen Aufwand gemacht; so gebührt ihm der Ersatz nach dem
gegenwärtigen Werthe, in so fern er den wirklich gemachten Aufwand nicht
übersteigt.
§. 332. Von dem
Aufwande, welcher nur zum Vergnügen und zur Verschönerung gemacht worden ist,
wird nur so viel ersetzt, als die Sache dem gemeinen Werthe nach wirklich
dadurch gewonnen hat; doch hat der vorige Besitzer die Wahl, Alles für sich
wegzunehmen, was davon ohne Schaden der Substanz weggenommen werden kann.
Anspruch auf den Ersatz
des Preises.
§. 333. Selbst der redliche
Besitzer kann den Preis, welchen er seinem Vormanne für die ihm überlassene
Sache gegeben hat, nicht fordern. Wer aber eine fremde Sache, die der
Eigenthümer sonst schwerlich wieder erlangt haben würde, redlicher Weise an
sich gelöset, und dadurch dem Eigenthümer einen erweislichen Nutzen verschaffet
hat, kann eine angemessene Vergütung fordern.
§. 334. Ob einem
redlichen Inhaber das Recht zustehe, seiner Forderung wegen die Sache zurück zu
behalten, wird in dem Hauptstücke vom Pfandrechte bestimmt.
Verbindlichkeit des
unredlichen Besitzers.
§. 335. Der unredliche
Besitzer ist verbunden, nicht nur alle durch den Besitz einer fremden Sache
erlangte Vortheile zurück zu stellen; sondern auch diejenigen, welche der
Verkürzte erlangt haben würde, und allen durch seinen Besitz entstandenen
Schaden zu ersetzen. In dem Falle, daß der unredliche Besitzer durch eine in
den Strafgesetzen verbothene Handlung zum Besitze gelanget ist, erstrecket sich
der Ersatz bis zum Werthe der besonderen Vorliebe.
§. 336. Hat der
unredliche Besitzer einen Aufwand auf die Sache gemacht, so ist dasjenige
anzuwenden, was in Rücksicht des von einem Geschäftsführer ohne Auftrag
gemachten Aufwandes in dem Hauptstücke von der Bevollmächtigung verordnet ist.
Beurtheilung der
Redlichkeit des Besitzes einer Gemeinde.
§. 337. Der Besitz
einer Gemeinde wird nach der Redlichkeit oder Unredlichkeit der im Nahmen der
Mitglieder handelnden Machthaber beurtheilet. Immer müssen jedoch die
unredlichen sowohl den redlichen Mitgliedern, als dem Eigenthümer den Schaden
ersetzen.
In wie fern durch die
Klage der Besitz unredlich werde.
§. 338. Auch der
redliche Besitzer, wenn er durch richterlichen Ausspruch zur Zurückstellung der
Sache verurtheilet wird, ist in Rücksicht des Ersatzes der Nutzungen und des
Schadens, wie auch in Rücksicht des Aufwandes, von dem Zeitpuncte der ihm
zugestellten Klage, gleich einem unredlichen Besitzer zu behandeln; doch haftet
er für den Zufall, der die Sache bey dem Eigenthümer nicht getroffen hätte, nur
in dem Falle, daß er die Zurückgabe durch einen muthwilligen Rechtsstreit
verzögert hat.
Rechtsmittel des
Besitzers bey einer Störung seines Besitzes;
§. 339. Der Besitz mag
von was immer für einer Beschaffenheit seyn, so ist niemand befugt, denselben eigenmächtig
zu stören. Der Gestörte hat das Recht, die Untersagung des Eingriffes, und den
Ersatz des erweislichen Schadens gerichtlich zu fordern.
besonders durch eine
Bauführung;
§. 340. Wird der
Besitzer einer unbeweglichen Sache oder eines dinglichen Rechtes durch Führung
eines neuen Gebäudes, Wasserwerkes, oder anderen Werkes in seinen Rechten
gefährdet, ohne daß sich der Bauführer nach Vorschrift der allgemeinen
Gerichtsordnung gegen ihn geschützt hat; so ist der Gefährdete berechtiget, das
Verboth einer solchen Neuerung vor Gericht zu fordern, und das Gericht ist
verbunden, die Sache auf das schleunigste zu entscheiden.
§. 341. Bis zur
Entscheidung der Sache ist die Fortsetzung des Baues von dem Gerichte in der
Regel nicht zu gestatten. Nur bey einer nahen, offenbaren Gefahr, oder, wenn
der Bauführer eine angemessene Sicherheit leistet, daß er die Sache in den
vorigen Stand setzen, und den Schaden vergüten wolle, der Verbothsleger dagegen
in dem letzteren Falle keine ähnliche Sicherstellung für die Folgen seines
Verboths leistet, ist die einstweilige Fortsetzung des Baues zu bewilligen.
§. 342. Was in den
vorhergehenden §§. in Rücksicht einer neuen Bauführung verordnet wird, ist auch
auf die Niederreißung eines alten Gebäudes, oder anderen Werkes anzuwenden.
und bey der Gefahr
eines vorhandenen Baues.
§. 343. Kann der
Besitzer eines dinglichen Rechtes beweisen, daß ein bereits vorhandener fremder
Bau oder eine andere fremde Sache dem Einsturze nahe sey, und ihm offenbarer
Schaden drohe; so ist er befugt, gerichtlich auf Sicherstellung zu dringen,
wenn anders die politische Behörde nicht bereits hinlänglich für die
öffentliche Sicherheit gesorgt hat.
Rechtsmittel zur
Erhaltung des Besitzstandes: a) bey dringender Gefahr;
§. 344. Zu den Rechten
des Besitzes gehört auch das Recht, sich in seinem Besitze zu schützen, und in
dem Falle, daß die richterliche Hülfe zu spät kommen würde, Gewalt mit
angemessener Gewalt abzutreiben (§. 19). Uebrigens hat die politische Behörde
für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, so wie das Strafgericht für die
Bestrafung öffentlicher Gewaltthätigkeiten, zu sorgen.
b) gegen den unechten
Besitzer;
§. 345. Wenn sich
jemand in den Besitz eindringt, oder durch List oder Bitte heimlich
einschleicht, und das, was man ihm aus Gefälligkeit, ohne sich einer
fortdauernden Verbindlichkeit zu unterziehen gestattet, in ein fortwährendes
Recht zu verwandeln sucht; so wird der an sich unrechtmäßige und unredliche
Besitz noch überdieß unecht; in entgegengesetzten Fällen wird der Besitz für
echt angesehen.
§. 346. Gegen jeden
unechten Besitzer kann so wohl die Zurücksetzung in die vorige Lage, als auch
die Schadloshaltung eingeklagt werden. Beydes muß das Gericht nach rechtlicher
Verhandlung, selbst ohne Rücksicht auf ein stärkeres Recht, welches der
Geklagte auf die Sache haben könnte, verordnen.
c) beym Zweifel über
die Echtheit des Besitzes.
§. 347. Zeigt es sich
nicht gleich auf der Stelle, wer sich in einem echten Besitze befinde, und in
wie fern der eine oder der andere Theil auf gerichtliche Unterstützung Anspruch
habe; so wird die im Streite verfangene Sache so lange der Gewahrsame des
Gerichtes oder eines Dritten anvertraut, bis der Streit über den Besitz
verhandelt und entschieden worden ist. Der Sachfällige kann auch nach dieser
Entscheidung die Klage aus einem vermeintlich stärkeren Rechte auf die Sache
noch anhängig machen.
Verwahrungsmittel des
Inhabers gegen mehrere zusammentreffende Besitzwerber.
§. 348. Wenn der bloße
Inhaber von mehreren Besitzwerbern zugleich um die Uebergabe der Sache
angegangen wird, und sich Einer darunter befindet, in dessen Nahmen die Sache
aufbewahrt wurde; so wird sie vorzüglich diesem übergeben, und die Uebergabe
den Uebrigen bekannt gemacht. Kommt dieser Umstand Keinem zu Statten, so wird
die Sache der Gewahrsame des Richters oder eines Dritten anvertraut. Der
Richter hat die Rechtsgründe der Besitzwerber zu prüfen, und darüber zu
entscheiden.
Erlöschung des
Besitzes: a) körperlicher Sachen;
§. 349. Der Besitz
einer körperlichen Sache geht insgemein verloren, wenn dieselbe ohne Hoffnung,
wieder gefunden zu werden, in Verlust geräth; wenn sie freywillig verlassen
wird; oder in fremden Besitz kommt.
b) der in die
öffentlichen Bücher eingetragenen Rechte;
§. 350. Der Besitz
derjenigen Rechte und unbeweglichen Sachen, welche einen Gegenstand der
öffentlichen Bücher ausmachen, erlischt, wenn sie aus den landtäflichen, Stadt-
oder Grundbüchern gelöscht; oder, wenn sie auf den Nahmen eines Anderen
eingetragen werden.
c) anderer Rechte.
§. 351. Bey anderen
Rechten hört der Besitz auf, wenn der Gegentheil das, was er sonst geleistet
hat, nicht mehr leisten zu wollen erkläret; wenn er die Ausübung des Rechtes
eines Anderen nicht mehr duldet; oder, wenn er das Verboth, etwas zu
unterlassen, nicht mehr achtet, der Besitzer aber in allen diesen Fällen es
dabey bewenden läßt, und die Erhaltung des Besitzes nicht einklagt. Durch den
bloßen Nichtgebrauch eines Rechtes geht der Besitz, außer den im Gesetze
bestimmten Verjährungsfällen, nicht verloren.
§. 352. So lange noch
Hoffnung vorhanden ist, eine verlorne Sache zu erhalten, kann man sich durch
den bloßen Willen in ihrem Besitze erhalten. Die Abwesenheit des Besitzers oder
die eintretende Unfähigkeit, einen Besitz zu erwerben, heben den bereits
erworbenen Besitz nicht auf.
Zweytes Hauptstück.
Von dem
Eigenthumsrechte.
Begriff des
Eigenthumes; Eigenthum im objectiven Sinne;
§. 353. Alles, was
jemanden zugehöret, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, heißen
sein Eigenthum.
im subjectiven.
§. 354. Als ein Recht betrachtet,
ist Eigenthum das Befugniß, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach
Willkühr zu schalten, und jeden Anderen davon auszuschließen.
objective und
subjective Möglichkeit der Erwerbung des Eigenthumes.
§. 355. Alle Sachen
sind insgemein Gegenstände des Eigenthumsrechtes, und jedermann, den die
Gesetze nicht ausdrücklich ausschließen, ist befugt, dasselbe durch sich selbst
oder durch einen Anderen in seinem Nahmen zu erwerben.
§. 356. Wer also
behauptet, daß der Person, die etwas erwerben will, in Rücksicht ihrer
persönlichen Fähigkeit, oder in Rücksicht auf die Sache, die erworben werden
soll, ein gesetzliches Hinderniß entgegen stehe, dem liegt der Beweis ob.
Eintheilung des
Eigenthumes in vollständiges und unvollständiges.
§. 357. Wenn das Recht
auf die Substanz einer Sache mit dem Rechte auf die Nutzungen in Einer und
derselben Person vereinigt ist, so ist das Eigenthumsrecht vollständig und
ungetheilt. Kommt aber Einem nur ein Recht auf die Substanz der Sache; dem
Anderen dagegen nebst einem Rechte auf die Substanz, das ausschließende Recht
auf derselben Nutzungen zu, dann ist das Eigenthumsrecht getheilt und für beyde
unvollständig. Jener wird Obereigenthümer; dieser Nutzungseigenthümer genannt.
§. 358. Alle andere
Arten der Beschränkungen durch das Gesetz oder durch den Willen des
Eigenthümers heben die Vollständigkeit des Eigenthumes nicht auf.
§. 359. Die Absonderung
des Rechtes auf die Substanz von dem Rechte auf die Nutzungen entsteht theils
durch Verfügung des Eigenthümers; theils durch gesetzliche Verordnung. Nach
Verschiedenheit der zwischen dem Ober- und Nutzungseigenthümer obwaltenden
Verhältnisse werden die Güter, worin das Eigenthum getheilt ist, Lehen-
Erbpacht- und Erbzinsgüter genannt. Von dem Lehen wird in dem besonders bestehenden
Lehenrechte; von den Erbpacht- und Erbzinsgütern aber in dem Hauptstücke von
Bestandverträgen gehandelt.
§. 360. Aus der bloßen
Abführung eines fortdauernden Zinses, oder jährlicher Renten von einem
Grundstücke kann man noch nicht auf die Theilung des Eigenthumes folgern. In
allen Fällen, in welchen die Trennung des Rechtes auf die Substanz von dem
Rechte auf die Nutzungen nicht ausdrücklich erhellet, ist jeder redliche
Besitzer als vollständiger Eigenthümer anzusehen.
Miteigenthum.
§. 361. Wenn eine noch
ungetheilte Sache mehreren Personen zugleich zugehört; so entsteht ein
gemeinschaftliches Eigenthum. In Beziehung auf das Ganze werden die
Miteigenthümer für eine einzige Person angesehen; in so weit ihnen aber
gewisse, obgleich unabgesonderte Theile angewiesen sind, hat jeder
Miteigenthümer das vollständige Eigenthum des ihm gehörigen Theiles.
Rechte des
Eigenthümers.
§. 362. Kraft des
Rechtes, frey über sein Eigenthum zu verfügen, kann der vollständige
Eigenthümer in der Regel seine Sache nach Willkühr benützen oder unbenützt
lassen; er kann sie vertilgen, ganz oder zum Theile auf Andere übertragen, oder
unbedingt sich derselben begeben, das ist, sie verlassen.
Beschränkungen
derselben.
§. 363. Eben diese
Rechte genießen auch unvollständige, sowohl Ober- als Nutzungseigenthümer; nur
darf der Eine nichts vornehmen, was mit dem Rechte des Anderen im Widerspruche
steht.
§. 364. Ueberhaupt
findet die Ausübung des Eigenthumsrechtes nur in so fern Statt, als dadurch
weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den
Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen
Einschränkungen übertreten werden.
Der Eigentümer eines
Grundstückes kann dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen
durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und
ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen
gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes
wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen
Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.
§. 364a. Wird jedoch
die Beeinträchtigung durch eine Bergwerksanlage oder eine behördlich genehmigte
Anlage auf dem nachbarlichen Grund in einer dieses Maß überschreitenden Weise
verursacht, so ist der Grundbesitzer nur berechtigt, den Ersatz des zugefügten
Schadens gerichtlich zu verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände
verursacht wird, auf die bei der behördlichen Verhandlung keine Rücksicht
genommen wurde.
§. 364b. Ein Grundstück
darf nicht in der Weise vertieft werden, daß der Boden oder das Gebäude des
Nachbars die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, daß der Besitzer des
Grundstückes für eine genügende anderweitige Befestigung Vorsorge trifft.
§. 364c. Ein vertragsmäßiges
oder letztwilliges Veräußerungs- oder Belastungsverbot hinsichtlich einer Sache
oder eines dingliches Rechtes verpflichtet nur den ersten Eigentümer, nicht
aber seine Erben oder sonstige Rechtsnachfolger. Gegen Dritte wirkt es dann,
wenn es zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegekindern oder
deren Ehegatten begründet und im öffentlichen Buche eingetragen wurde.
§. 365. Wenn es das
allgemeine Beste erheischt, muß ein Mitglied des Staates gegen eine angemessene
Schadloshaltung selbst das vollständige Eigenthum einer Sache abtreten.
Klagen aus dem
Eigenthumsrechte:
a) Eigentliche
Eigenthumsklage: wem und gegen wen sie gebühre?
§. 366. Mit dem Rechte
des Eigenthümers jeden Anderen von dem Besitze seiner Sache auszuschließen, ist
auch das Recht verbunden, seine ihm vorenthaltene Sache von jedem Inhaber durch
die Eigenthumsklage gerichtlich zu fordern. Doch steht dieses Recht demjenigen
nicht zu, welcher eine Sache zur Zeit, da er noch nicht Eigenthümer war, in
seinem eigenen Nahmen veräußert, in der Folge aber das Eigenthum derselben
erlangt hat.
§. 367. Die
Eigenthumsklage findet gegen den redlichen Besitzer einer beweglichen Sache
nicht Statt, wenn er beweiset, daß er diese Sache entweder in einer
öffentlichen Versteigerung, oder von einem zu diesem Verkehre befugten
Gewerbsmanne, oder gegen Entgeld von jemanden an sich gebracht hat, dem sie der
Kläger selbst zum Gebrauche, zur Verwahrung, oder in was immer für einer
anderen Absicht anvertrauet hatte. In diesen Fällen wird von den redlichen
Besitzern das Eigenthum erworben, und dem vorigen Eigenthümer steht nur gegen
jene, die ihm dafür verantwortlich sind, das Recht der Schadloshaltung zu.
§. 368. Wird aber
bewiesen, daß der Besitzer entweder schon aus der Natur der an sich gebrachten
Sache, oder aus dem auffallend zu geringen Preise derselben, oder aus den
bekannten persönlichen Eigenschaften seines Vormannes, aus dessen Gewerbe oder
anderen Verhältnissen einen gegründeten Verdacht gegen die Redlichkeit seines
Besitzers hätte schöpfen können; so muß er als ein unredlicher Besitzer die
Sache dem Eigenthümer abtreten.
Was dem Kläger zu
beweisen obliege?
§. 369. Wer die
Eigenthumsklage übernimmt, muß den Beweis führen, daß der Geklagte die
eingeklagte Sache in seiner Macht habe, und daß diese Sache sein Eigenthum sey.
§. 370. Wer eine
bewegliche Sache gerichtlich zurückfordert, muß sie durch Merkmahle
beschreiben, wodurch sie von allen ähnlichen Sachen gleicher Gattung
ausgezeichnet wird.
§. 371. Sachen, die sich
auf diese Art nicht unterscheiden lassen, wie bares Geld mit anderem baren
Gelde vermenget, oder auf den Ueberbringer lautende Schuldbriefe, sind also in
der Regel kein Gegenstand der Eigenthumsklage; wenn nicht solche Umstände
eintreten, aus denen der Kläger sein Eigenthumsrecht beweisen kann, und aus
denen der Geklagte wissen mußte, daß er die Sache sich zuzuwenden nicht
berechtiget sey.
b) Eigenthumsklage aus
dem rechtlich vermutheten Eigenthume des Klägers.
Gegen welche Besitzer
diese Vermuthung eintrete?
§. 372. Wenn der Kläger
mit dem Beweise des erworbenen Eigenthumes einer ihm vorenthaltenen Sache zwar
nicht ausreicht, aber den gültigen Titel, und die echte Art, wodurch er zu
ihrem Besitze gelangt ist, dargethan hat; so wird er doch in Rücksicht eines
jeden Besitzers, der keinen, oder nur einen schwächeren Titel seines Besitzes
anzugeben vermag, für den wahren Eigenthümer gehalten.
§. 373. Wenn also der
Geklagte die Sache auf eine unredliche oder unrechtmäßige Weise besitzt; wenn
er keinen oder nur einen verdächtigen Vormann anzugeben vermag; oder, wenn er
die Sache ohne Entgeld, der Kläger aber gegen Entgeld erhalten hat; so muß er
dem Kläger weichen.
§. 374. Haben der
Geklagte und der Kläger einen gleichen Titel ihres echten Besitzes, so gebühret
dem Geklagten kraft des Besitzes der Vorzug.
§. 375. Wer eine Sache
in fremdem Nahmen besitzt, kann sich gegen die Eigenthumsklage dadurch
schützen, daß er seinen Vormann nahmhaft macht, und sich darüber ausweiset.
Gesetzliche Folge: a)
der Abläugnung des Besitzes;
§. 376. Wer den Besitz
einer Sache vor Gericht läugnet, und dessen überwiesen wird, muß dem Kläger
deßwegen allein schon den Besitz abtreten; doch behält er das Recht, in der
Folge seine Eigenthumsklage anzustellen.
b) des vorgegebenen
Besitzes;
§. 377. Wer eine Sache,
die er nicht besitzt, zu besitzen vorgibt, und den Kläger dadurch irre führt,
haftet für allen daraus entstehenden Schaden.
c) des aufgegebenen
Besitzes der streitigen Sache.
§. 378. Wer eine Sache
im Besitze hatte, und nach zugestellter Klage fahren ließ, muß sie dem Kläger,
wenn dieser sich nicht an den wirklichen Inhaber halten will, auf seine Kosten
zurück verschaffen, oder den außerordentlichen Werth derselben ersetzen.
Was der Besitzer dem
Eigenthümer erstatte.
§. 379. Was sowohl der
redliche als unredliche Besitzer dem Eigenthümer in Ansehung des entgangenen
Nutzens, oder des erlittenen Schadens zu ersetzen habe, ist in dem vorigen
Hauptstücke bestimmt worden.
Drittes Hauptstück.
Von der Erwerbung des
Eigenthumes durch Zueignung.
Rechtliche
Erfordernisse der Erwerbung.
§. 380. Ohne Titel und
ohne rechtliche Erwerbungsart kann kein Eigenthum erlangt werden.
Titel und Art der
unmittelbaren Erwerbung:
Die Zueignung.
§. 381. Bey
freystehenden Sachen besteht der Titel in der angebornen Freyheit, sie in
Besitz zu nehmen. Die Erwerbungsart ist die Zueignung, wodurch man sich einer
freystehenden Sache bemächtiget, in der Absicht, sie als die seinige zu
behandeln.
§. 382. Freystehende
Sachen können von allen Mitgliedern des Staates durch die Zueignung erworben
werden, in so fern dieses Befugniß nicht durch politische Gesetze eigeschränkt
ist, oder einigen Mitgliedern das Vorrecht der Zueignung zusteht.
1) durch den Thierfang.
§. 383. Dieses gilt
insbesondere von dem Thierfange. Wem das Recht zu jagen oder zu fischen
gebühre; wie der übermäßige Anwachs des Wildes gehemmet, und der vom Wilde
verursachte Schade ersetzet werde; wie der Honigraub, der durch fremde Bienen
geschieht, zu verhindern sey; ist in den politischen Gesetzen festgesetzt. Wie
Wilddiebe zu bestrafen seyn, wird in den Strafgesetzen bestimmt.
§. 384. Häusliche
Bienenschwärme und andere zahme oder zahm gemachte Thiere sind kein Gegenstand
des freyen Thierfanges, vielmehr hat der Eigenthümer das Recht, sie auf fremdem
Grunde zu verfolgen; doch soll er dem Grundbesitzer den ihm etwa verursachten
Schaden ersetzen. Im Falle, daß der Eigenthümer des Mutterstockes den Schwarm
durch zwey Tage nicht verfolgt hat; oder, daß ein zahm gemachtes Thier durch
zwey und vierzig Tage von selbst ausgeblieben ist, kann sie auf gemeinem Grunde
jedermann; auf dem seinigen der Grundeigenthümer für sich nehmen, und behalten.
2) durch das Finden
freystehender Sachen.
§. 385. Keine
Privat-Person ist berechtiget, die dem Staate durch die politischen Verordnungen
vorbehaltenen Erzeugnisse sich zuzueignen.
§. 386. Bewegliche
Sachen, welche der Eigenthümer nicht mehr als die seinigen behalten will, und
daher verläßt, kann sich jedes Mitglied des Staates eigen machen
§. 387. In wie fern Grundstücke
wegen gänzlicher Unterlassung ihres Anbaues, oder Gebäude wegen der
unterlassenen Herstellung für verlassen anzusehen, oder einzuziehen seyn,
bestimmen die politischen Gesetze.
Vorschriften über das
Finden:
a) verlorener Sachen;
§. 388. Es ist im
Zweifel nicht zu vermuthen, daß jemand sein Eigenthum wolle fahren lassen;
daher darf kein Finder eine gefundene Sache für verlassen ansehen und sich
dieselbe zueignen. Noch weniger darf sich jemand des Strandrechtes anmaßen.
§. 389. Der Finder ist
also verbunden, dem vorigen Besitzer, wenn er aus den Merkmahlen der Sache,
oder aus anderen Umständen deutlich erkannt wird, die Sache zurück zu geben.
Ist ihm der vorige Besitzer nicht bekannt, so muß er, wenn das Gefundene 50
Schilling am Werthe übersteigt, den Fund innerhalb acht Tagen auf die an jedem
Orte gewöhnliche Art bekannt machen lassen, und wenn die gefundene Sache mehr
als 200 Schilling werth ist, den Vorfall der Ortsobrigkeit anzeigen.
§. 390. Die Obrigkeit
hat die gemachte Anzeige, ohne die besonderen Merkmahle der gefundenen Sache zu
berühren, ungesäumt auf die an jedem Orte gewöhnliche Art; wenn aber der
Eigenthümer in einer den Umständen angemessenen Zeitfrist sich nicht entdecket,
und der Werth der gefundenen Sache 2000 Schilling übersteigt, drey Mahl durch
die öffentlichen Zeitungsblätter bekannt zu machen. Kann die gefundene Sache
nicht ohne Gefahr in den Händen des Finders gelassen werden, so muß die Sache,
oder, wenn diese nicht ohne merklichen Schaden aufbewahrt werden könnte, der
durch die öffentliche Feilbiethung daraus gelöste Werth gerichtlich hinterlegt,
oder einem Dritten zur Verwahrung übergeben werden.
§. 391. Wenn sich der
vorige Inhaber oder Eigenthümer der gefundenen Sache in einer Jahresfrist, von
der Zeit der vollendeten Kundmachung, meldet, und sein Recht gehörig darthut,
wird ihm die Sache oder das daraus gelöste Geld verabfolget. Er ist jedoch
verbunden, die Auslagen zu vergüten, und dem Finder auf Verlangen Zehen vom
Hundert des gemeinen Werthes als Finderlohn zu entrichten. Wenn aber nach
dieser Berechnung die Belohnung eine Summe von 1000 Schilling erreicht hat; so
soll sie in Rücksicht des Uebermaßes nur zu Fünf vom Hundert ausgemessen
werden.
§. 392. Wird die
gefundene Sache innerhalb der Jahresfrist von niemanden mit Recht angesprochen,
so erhält der Finder das Recht, die Sache oder den daraus gelösten Werth zu
benützen. Meldet sich der vorige Inhaber in der Folge, so muß ihm nach Abzug
der Kosten und des Finderlohnes die Sache, oder der gelöste Werth sammt den
etwa daraus gezogenen Zinsen zurückgestellt werden. Erst nach der
Verjährungszeit erlangt der Finder gleich einem redlichen Besitzer das
Eigenthumsrecht. 7
§. 393. Wer immer die
in den §§. 388-392 angeführten Vorschriften außer Acht läßt, haftet für alle
schädlichen Folgen. Läßt sie der Finder außer Acht, so verwirkt er auch den
Finderlohn, und macht sich zu Folge des Strafgesetzbuches noch überdieß nach
Umständen des Betruges schuldig.
§. 394. Mehreren
Personen, welche eine Sache zugleich gefunden haben, kommen in Rücksicht
derselben gleiche Verbindlichkeiten und Rechte zu. Unter die Mitfinder wird
auch derjenige gezählt, welcher zuerst die Sache entdecket, und nach derselben
gestrebt hat, obgleich ein Anderer sie früher an sich gezogen hätte.
b) verborgener Gegenstände;
§. 395. Werden
vergrabene, eingemauerte oder sonst verborgene Sachen eines unbekannten
Eigenthümers entdeckt; muß die Anzeige so, wie bey dem Funde überhaupt, gemacht
werden.
§. 396. Wird der
Eigenthümer aus den äußerlichen Merkmahlen oder anderen Umständen entdeckt, so
ist ihm die Sache zuzustellen; er muß aber, wenn er nicht beweisen kann, schon
ehe Kenntniß davon gehabt zu haben, dem Finder den §. 391. ausgemessenen
Finderlohn entrichten.
§. 397. In dem Falle,
daß sich der Eigenthümer nicht sogleich erkennen läßt, muß die Obrigkeit nach
den Vorschriften der §§. 390-392. verfahren.
e) eines Schatzes;
§. 398. Bestehen die
entdeckten Sachen in Geld, Schmuck oder anderen Kostbarkeiten, die so lange im
Verborgenen gelegen haben, daß man ihren vorigen Eigenthümer nicht mehr
erfahren kann, dann heißen sie ein Schatz. Die Entdeckung eines Schatzes ist
von der Obrigkeit der Landesstelle anzuzeigen.
§. 399. Von einem
Schatze wird der dritte Theil zum Staatsvermögen gezogen. Von den zwey übrigen
Drittheilen erhält Eines der Finder, das andere der Eigenthümer des Grundes.
Ist das Eigenthum des Grundes getheilt, so fällt das Drittheil dem Ober- und
Nutzungseigenthümer zu gleichen Theilen zu. 1
§. 400. Wer sich dabey
einer unerlaubten Handlung schuldig gemacht; wer ohne Wissen und Willen des
Nutzungseigenthümers den Schatz aufgesucht; oder den Fund verheimlichet hat;
dessen Antheil soll dem Angeber; oder, wenn kein Angeber vorhanden ist, dem
Staate zufallen.
§. 401. Finden
Arbeitsleute zufälliger Weise einen Schatz, so gebührt ihnen als Findern ein
Drittheil davon. Sind sie aber von dem Eigenthümer ausdrücklich zur Aufsuchung
eines Schatzes gedungen worden, so müssen sie sich mit ihrem ordentlichen Lohne
begnügen.
3) Von der Beute.
§. 402. Ueber das Recht
der Beute und der von dem Feinde zurück erbeuteten Sachen sind die Vorschriften
in den Kriegsgesetzen enthalten.
Von dem Rechte aus der
Rettung einer fremden beweglichen Sache.
§. 403. Wer eine fremde
bewegliche Sache von dem unvermeidlichen Verluste oder Untergange rettet, ist
berechtiget, von dem rückfordernden Eigenthümer den Ersatz seines Aufwandes und
eine verhältnißmäßige Belohnung von höchstens Zehen von Hundert zu fordern.
Viertes Hauptstück.
Von Erwerbung des
Eigenthumes durch Zuwachs.
Zuwachs.
§. 404. Zuwachs heißt
Alles, was aus einer Sache entsteht, oder neu zu derselben kommt, ohne daß es
dem Eigenthümer von jemand Anderen übergeben worden ist. Der Zuwachs wird durch
Natur, durch Kunst, oder durch beyde zugleich bewirkt.
I. Natürlicher Zuwachs:
a) an Natur-Producten;
b) Werfen der Thiere;
§. 405. Die natürlichen
Früchte eines Grundes, nähmlich solche Nutzungen, die er, ohne bearbeitet zu
werden, hervor bringt, als: Kräuter, Schwämme und dergleichen, wachsen dem
Eigenthümer des Grundes, so wie alle Nutzungen, welche aus einem Thiere
entstehen, dem Eigenthümer des Thieres zu.
§. 406. Der Eigenthümer
eines Thieres, welches durch das Thier eines andern befruchtet wird, ist diesem
keinen Lohn schuldig, wenn er nicht bedungen worden ist.
c) Inseln;
§. 407. Wenn in der
Mitte eines Gewässers eine Insel entsteht, so sind die Eigenthümer der nach der
Länge derselben an beyden Ufern liegenden Grundstücke ausschließend befugt, die
entstandene Insel in zwey gleichen Theilen sich zuzueignen, und nach Maß der Länge
ihrer Grundstücke unter sich zu theilen. Entsteht die Insel auf der einen
Hälfte des Gewässers, so hat der Eigenthümer des näheren Uferlandes allein
darauf Anspruch. Inseln auf schiffbaren Flüssen bleiben dem Staate vorbehalten.
§. 408. Werden bloß
durch die Austrocknung des Gewässers, oder durch desselben Theilung in mehrere
Arme, Inseln gebildet, oder Grundstücke überschwemmt; so bleiben die Rechte des
vorigen Eigenthumes unverletzt.
d) vom verlassenen
Wasserbeete;
§. 409. Wenn ein
Gewässer sein Beet verläßt, so haben vor Allem die Grundbesitzer, welche durch
den neuen Lauf des Gewässers Schaden leiden, das Recht, aus dem verlassenen
Beete oder dessen Werthe entschädigt zu werden.
§. 410. Außer dem Falle
einer solchen Entschädigung gehört das verlassene Beet, so wie von einer
entstandenen Insel verordnet wird, den angränzenden Uferbesitzern.
e) vom Anspühlen;
§. 411. Das Erdreich,
welches ein Gewässer unmerklich an ein Ufer anspühlt, gehört dem Eigenthümer
des Ufers.
f) vom abgerissenen
Lande.
§. 412. Wird aber ein
merklicher Erdtheil durch die Gewalt des Flusses an ein fremdes Ufer gelegt; so
verliert der vorige Besitzer sein Eigenthumsrecht darauf nur in dem Falle, wenn
er es in einer Jahresfrist nicht ausübt.
§. 413. Jeder
Grundbesitzer ist befugt, sein Ufer gegen das Ausreißen des Flusses zu
befestigen. Allein niemand darf solche Werke oder Pflanzungen anlegen, die den
ordentlichen Lauf des Flusses verändern, oder die der Schiffahrt, den Mühlen,
der Fischerey oder andern fremden Rechten nachtheilig werden könnten.
Ueberhaupt können ähnliche Anlagen nur mit Erlaubniß der politischen Behörde
gemacht werden.
II. Künstlicher Zuwachs
durch Verarbeitung oder Vereinigung überhaupt;
§. 414. Wer fremde
Sachen verarbeitet; wer sie mit den seinigen vereinigt, vermengt, oder
vermischt, erhält dadurch noch keinen Anspruch auf das fremde Eigenthum.
§. 415. Können
dergleichen verarbeitete Sachen in ihren vorigen Stand zurückgebracht;
vereinigte, vermengte oder vermischte Sachen wieder abgesondert werden; so wird
einem jeden Eigenthümer das Seinige zurückgestellet, und demjenigen
Schadloshaltung geleistet, dem sie gebührt. Ist die Zurücksetzung in den
vorigen Stand, oder die Absonderung nicht möglich, so wird die Sache den
Theilnehmern gemein; doch steht demjenigen, mit dessen Sache der Andere durch
Verschulden die Vereinigung vorgenommen hat, die Wahl frey, ob er den ganzen
Gegenstand gegen Ersatz der Verbesserung behalten, oder ihn dem Andern
ebenfalls gegen Vergütung überlassen wolle. Der Schuld tragende Theilnehmer wird
nach Beschaffenheit seiner redlichen oder unredlichen Absicht behandelt. Kann
aber keinem Theile ein Verschulden beygemessen werden, so bleibt dem, dessen
Antheil mehr werth ist, die Auswahl vorbehalten.
§. 416. Werden fremde
Materialien nur zur Ausbesserung einer Sache verwendet, so fällt die fremde
Materie dem Eigenthümer der Hauptsache zu, und dieser ist verbunden, nach
Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Verfahrens, dem vorigen
Eigenthümer der verbrauchten Materialien den Werth derselben zu bezahlen.
insbesondere bey einem
Baue.
§. 417. Wenn jemand auf
eigenem Boden ein Gebäude aufführet, und fremde Materialien dazu verwendet hat,
so bleibt das Gebäude zwar sein Eigenthum; doch muß selbst ein redlicher
Bauführer dem Beschädigten die Materialien, wenn er sie außer den im §. 367.
angeführten Verhältnissen an sich gebracht hat, nach dem gemeinen; ein
unredlicher aber muß sie nach dem höchsten Preise, und überdieß noch allen
anderweitigen Schaden ersetzen.
§. 418. Hat im entgegen
gesetzten Falle jemand mit eigenen Materialien, ohne Wissen und Willen des
Eigenthümers auf fremdem Grunde gebaut, so fällt das Gebäude dem
Grundeigenthümer zu. Der redliche Bauführer kann den Ersatz der nothwendigen
und nützlichen Kosten fordern; der unredliche wird gleich einem Geschäftsführer
ohne Auftrag behandelt. Hat der Eigenthümer des Grundes die Bauführung gewußt,
und sie nicht sogleich dem redlichen Bauführer untersagt, so kann er nur den
gemeinen Werth für den Grund fordern.
§. 419. Ist das Gebäude
auf fremden Grunde, und aus fremden Materialien entstanden, so wächst auch in
diesem Falle das Eigenthum desselben dem Grundeigenthümer zu. Zwischen dem
Grundeigenthümer und dem Bauführer treten die nähmlichen Rechte und
Verbindlichkeiten, wie in dem vorstehenden Paragraphe, ein, und der Bauführer
muß dem vorigen Eigenthümer der Materialien, nach Beschaffenheit seiner
redlichen oder unredlichen Absicht, den gemeinen oder den höchsten Werth
ersetzen.
III. Vermischter
Zuwachs.
§. 420. Was bisher
wegen der mit fremden Materialien aufgeführten Gebäude bestimmt worden ist,
gilt auch für die Fälle, wenn ein Feld mit fremden Samen besäet, oder mit
fremde Pflanzen besetzt worden ist. Ein solcher Zuwachs gehört dem Eigenthümer
des Grundes, wenn anders die Pflanzen schon Wurzel geschlagen haben.
§. 421. Das Eigenthum
eines Baumes wird nicht nach den Wurzeln, die sich in einem angränzenden Grunde
verbreiten, sondern nach dem Stamme bestimmt, der aus dem Grunde hervorragt.
Steht der Baum auf den Gränzen mehrerer Eigenthümer, so ist ihnen der Baum
gemein.
§. 422. Jeder
Grundeigenthümer kann die Wurzeln eines fremden Baumes aus seinem Boden reißen,
und die über seinem Luftraume hängenden Aeste abschneiden oder sonst benützen.
Fünftes Hauptstück.
Von Erwerbung des Eigenthumes
durch Uebergabe.
Mittelbare Erwerbung.
§. 423. Sachen, die
schon einen Eigenthümer haben, werden mittelbar erworben, indem sie auf eine
rechtliche Art von dem Eigenthümer auf einen Andern übergehen.
Titel derselben.
§. 424. Der Titel der
mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrage; in einer Verfügung auf den
Todesfall; in dem richterlichen Ausspruche; oder, in der Anordnung des
Gesetzes.
Mittelbare
Erwerbungsart.
§. 425. Der bloße Titel
gibt noch kein Eigenthum. Das Eigenthum und alle dingliche Rechte überhaupt
können, außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen, nur durch die rechtliche
Uebergabe und Uebernahme erworben werden.
Arten der Uebergabe:
1) bey beweglichen
Sachen:
a) körperliche
Uebergabe;
§. 426. Bewegliche
Sachen können in der Regel nur durch körperliche Uebergabe von Hand zu Hand an
einen Andern übertragen werden.
b) Uebergabe durch
Zeichen;
§. 427. Bey solchen
beweglichen Sachen aber, welche ihrer Beschaffenheit nach keine körperliche
Uebergabe zulassen, wie bey Schuldforderungen, Frachtgütern, bey einem
Waarenlager oder einer andern Gesammtsache, gestattet das Gesetz die Uebergabe
durch Zeichen; indem der Eigenthümer dem Uebernehmer die Urkunden, wodurch das
Eigenthum dargethan wird, oder die Werkzeuge übergibt, durch die der Uebernehmer
in den Stand gesetzt wird, ausschließend den Besitz der Sache zu ergreifen;
oder, indem man mit der Sache ein Merkmahl verbindet, woraus jedermann deutlich
erkennen kann, daß die Sache einem Andern überlassen worden ist.
c) durch Erklärung.
§. 428. Durch Erklärung
wird die Sache übergeben, wenn der Veräußerer auf eine erweisliche Art seinen
Willen an den Tag legt, daß er die Sache künftig im Nahmen des Uebernehmers
inne habe; oder, daß der Uebernehmer die Sache, welche er bisher ohne ein
dingliches Recht inne hatte, künftig aus einem dinglichen Recht besitzen solle.
Folge in Rücksicht der
übersendeten;
§. 429. In der Regel
werden überschickte Sachen erst dann für übergeben gehalten, wenn sie der
Uebernehmer erhält; es wäre denn, daß dieser die Ueberschickungsart selbst
bestimmt oder genehmiget hätte.
oder, an Mehrere
veräußerten Sachen.
§. 430. Hat ein
Eigenthümer eben dieselbe bewegliche Sache an zwey verschiedene Personen, an
Eine mit, an die Andere ohne Uebergabe veräußert; so gebührt sie derjenigen,
welcher sie zuerst übergeben worden ist; doch hat der Eigenthümer dem
verletzten Theile zu haften.
2. Bei unbeweglichen
Sachen und Bauwerken.
§. 431. Zur
Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen muß das Erwerbungsgeschäft in
die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden. Diese Eintragung
nennt man Einverleibung (Intabulation).
Insbesondere bei
Erwerbung
a) durch Vertrag
§. 432. Zu diesem
Zwecke muß über das Erwerbungsgeschäft eine beglaubigte Urkunde in der zur
Gültigkeit des Geschäftes vorgeschriebenen Form oder eine öffentliche Urkunde
ausgefertigt werden.
§. 433. Die Urkunde muß
die genaue Angabe der Personen, die das Eigentum übergeben und übernehmen; die
Liegenschaft, die übergeben werden soll, mit ihren Bestandteilen; des Rechtsgrundes
der Übergabe; ferner des Ortes und der Zeit des Vertragsschlusses enthalten;
und es muß von dem Übergeber in dieser oder in einer besonderen Urkunde die
ausdrückliche Erklärung abgegeben werden, daß er in die Einverleibung
einwillige.
§. 434. Zur Übertragung
des Eigentums an Liegenschaften, die in keinem Grundbuche eingetragen sind, muß
eine mit den Erfordernissen der §§ 432 und 433 versehene Urkunde bei Gericht
hinterlegt werden. An die Stelle der Bewilligung der Einverleibung tritt die
Erklärung der Einwilligung zur Hinterlegung der Urkunde.
§. 435. Dasselbe gilt
auch für die Übertragung des Eigentums an Bauwerken, die auf fremdem Grund in
der Absicht aufgeführt sind, daß sie nicht stets darauf bleiben sollen, soferne
sie nicht Zugehör eines Baurechtes sind.
b) durch Urtheil und
andere gerichtliche Urkunden;
§. 436. Wenn das
Eigentum unbeweglicher Sachen oder eines Bauwerkes zufolge rechtskräftigen
Urteils, gerichtlicher Teilung oder Einantwortung einer Erbschaft übertragen werden
soll, ist ebenfalls die Einverleibung (§§ 431 bis 433) oder die Hinterlegung
der Urkunde (§§ 434, 435) erforderlich.
oder c) durch
Vermächtniß.
§. 437. Ebenso ist es,
um das Eigentum eines vermachten unbeweglichen Gutes oder eines Bauwerkes zu
erwerben, notwendig, daß die Sache dem Vermächtnisnehmer gemäß §§ 431 bis 435
übergeben werde.
Bedingte Aufzeichnung
in das öffentliche Buch; oder Vormerkung.
§. 438. Wenn derjenige,
welcher das Eigenthum einer unbeweglichen Sache anspricht, darüber zwar eine glaubwürdige,
aber nicht mit allen in den §§. 434 und 435 zur Einverleibung vorgeschriebenen
Erfordernissen versehene Urkunde besitzt; so kann er doch, damit ihm niemand
ein Vorrecht abgewinne, die bedingte Eintragung in das öffentliche Buch
bewirken, welche Vormerkung (Pränotation) genannt wird. Dadurch erhält er ein
bedingtes Eigenthumsrecht, und er wird, sobald er zu Folge richterlichen
Anspruches die Vormerkung gerechtfertiget hat, von der Zeit des nach
gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches, für den wahren
Eigenthümer gehalten.
§. 439. Die geschehene
Vormerkung muß sowohl demjenigen, der sie bewirkt hat, als auch seinem Gegner
durch Zustellung zu eigenen Handen bekannt gemacht werden. Der
Vormerkungswerber muß binnen vierzehn Tagen, vom Tage der erhaltenen
Zustellung, die ordentliche Klage zum Erweise des Eigenthumsrechtes einreichen;
widrigen Falls soll die bewirkte Vormerkung auf Ansuchen des Gegners gelöschet
werden.
Vorschrift über die
Collision der Einverleibungen.
§. 440. Hat der Eigenthümer
eben dieselbe unbewegliche Sache zwey verschiedenen Personen überlassen; so
fällt sie derjenigen zu, welche früher die Einverleibung angesucht hat.
Folge der Erwerbung:
a) in Rücksicht des
Besitzes;
§. 441. So bald die
Urkunde über das Eigenthumsrecht in das öffentliche Buch eingetragen ist, tritt
der neue Eigenthümer in den rechtmäßigen Besitz.
b) der damit
verbundenen Rechte;
§. 442. Wer das
Eigenthum einer Sache erwirbt, erlangt auch die damit verbundenen Rechte.
Rechte, die auf die Person des Uebergebers eingeschränkt sind, kann er nicht
übergeben. Ueberhaupt kann niemand einem Andern mehr Recht abtreten, als er
selbst hat.
c) Lasten.
§. 443. Mit dem
Eigenthume unbeweglicher Sachen werden auch die darauf haftenden, in den
öffentlichen Büchern angemerkten Lasten übernommen. Wer diese Bücher nicht
einsieht, leidet in allen Fällen für seine Nachlässigkeit. Andere Forderungen
und Ansprüche, die jemand an den vorigen Eigenthümer hat, gehen nicht auf den
neuen Erwerbe über.
Erlöschung des
Eigenthumsrechtes.
§. 444. Das Eigenthum
überhaupt kann durch den Willen des Eigenthümers; durch das Gesetz; und durch
richterlichen Ausspruch verloren gehen. Das Eigenthum der unbeweglichen Sachen
aber wird nur durch die Löschung aus den öffentlichen Büchern aufgehoben.
Ausdehnung dieser
Vorschriften auf andere dingliche Rechte.
§. 445. Nach den in
diesem Hauptstücke über die Erwerbungs- und Erlöschungsart des
Eigenthumsrechtes unbeweglicher Sachen gegebenen Vorschriften hat man sich auch
bey den übrigen, auf unbewegliche Sachen sich beziehenden, dinglichen Rechten
zu verhalten.
Form und Vorsichten der
Einverleibungen.
§. 446. Auf was Art und
mit welchen Vorsichten überhaupt bey Einverleibung dinglicher Rechte vorzugehen
sey, ist in den über die Einrichtung der Landtafeln und Grundbücher bestehenden
besondern Anordnungen enthalten.
Sechstes Hauptstück.
Von dem Pfandrechte.
Begriff von dem
Pfandrechte und Pfande.
§. 447. Das Pfandrecht
ist das dingliche Recht, welches vom Gläubiger eingeräumt wird, aus einer
Sache, wenn die Verbindlichkeit zur bestimmten Zeit nicht erfüllt wird, die
Befriedigung zu erlangen. Die Sache, worauf dem Gläubiger dieses Recht zusteht,
heißt überhaupt ein Pfand.
Arten des Pfandes.
§. 448. Als Pfand kann
jede Sache dienen, die im Verkehre steht. Ist sie beweglich, so wird sie
Handpfand, oder ein Pfand in enger Bedeutung genannt; ist sie unbeweglich, so
heißt sie eine Hypothek oder ein Grundpfand.
Titel des Pfandrechtes:
§. 449. Das Pfandrecht bezieht
sich zwar immer auf eine gültige Forderung, aber nicht jede Forderung gibt
einen Titel zur Erwerbung des Pfandrechtes. Dieser gründet sich auf das Gesetz;
auf einen richterlichen Ausspruch; auf einen Vertrag; oder den letzten Willen
des Eigenthümers.
§. 450. Die Fälle, in
welchen das Gesetz jemanden das Pfandrecht einräumt, sind am gehörigen Orte
dieses Gesetzbuches und bey dem Verfahren in Concurs-Fällen angegeben. In wie
fern das Gericht ein Pfandrecht einräumen könne, bestimmt die Gerichtsordnung.
Soll durch die Einwilligung des Schuldners oder eines Dritten, der seine Sache
für ihn verhaftet, das Pfandrecht erworben werden; so dienen die Vorschriften
von Verträgen und Vermächtnissen zur Richtschnur.
Erwerbungsart des
Pfandrechtes:
a) durch körperliche
Übergabe;
b) durch Einverleibung
oder gerichtliche Urkundenhinterlegung;
§. 451. Um das
Pfandrecht wirklich zu erwerben, muß der mit einem Titel versehene Gläubiger,
die verpfändete Sache, wenn sie beweglich ist, in Verwahrung nehmen; und, wenn
sie unbeweglich ist, seine Forderung auf die zur Erwerbung des Eigenthumes
liegender Güter vorgeschriebene Art einverleiben lassen. Der Titel allein gibt
nur ein persönliches Recht zu der Sache, aber kein dingliches Recht auf die
Sache.
Das Pfandrecht an
bücherlich nicht eingetragenen Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken (§ 435)
wird durch die gerichtliche Hinterlegung einer beglaubigten
Pfandbestellungsurkunde erworben. Die Urkunde muß die genaue Angabe des
Pfandgegenstandes und der Forderung mit einer ziffermäßig bestimmten Geldsumme,
bei einer verzinslichen Forderung auch die Höhe der Zinsen; ferner die
ausdrückliche Zustimmung des Verpfänders zu der gerichtlichen Hinterlegung
enthalten.
c) durch symbolische
Uebergabe;
§. 452. Bey Verpfändung
derjenigen beweglichen Sachen, welche keine körperliche Uebergabe von Hand zu
Hand zulassen, muß man sich, wie bey der Uebertragung des Eigenthumes (§.
427.), solcher Zeichen bedienen, woraus jedermann die Verpfändung leicht
erfahren kann. Wer diese Vorsicht unterläßt, haftet für die nachtheiligen
Folgen.
d) durch die
Vormerkung.
§. 453. Findet die
Einverleibung einer Forderung in die öffentlichen Bücher wegen Mangels
gesetzmäßiger Förmlichkeit in der Urkunde nicht Statt; so kann sich der
Gläubiger vormerken (pränotiren) lassen. Durch die Vormerkung erhält er ein
bedingtes Pfandrecht, welches, wenn die Forderung auf die oben §§. 438 und 439.
angeführte Art gerechtfertiget worden ist, von dem Zeitpuncte des nach
gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches in ein unbedingtes
übergeht.
Erwerbung eines
Afterpfandes.
§. 454. Der
Pfandinhaber kann sein Pfand, in so weit er ein Recht darauf hat, einem Dritten
wieder verpfänden, und in so fern wird es zum Afterpfande, wenn zugleich
Letzterer sie dasselbe übergeben, oder die Afterverpfändung auf das Pfandrecht
in die öffentlichen Bücher eintragen läßt.
§. 455. Wird der
Eigenthümer von der weiteren Verpfändung benachrichtiget; so kann er seine
Schuld nur mit Willen dessen, der das Afterpfand hat, dem Gläubiger abführen, oder
er muß sie gerichtlich hinterlegen, sonst bleibt das Pfand dem Inhaber des
Afterpfandes verhaftet.
Verpfändung einer
fremden Sache.
§. 456. Wird eine
fremde bewegliche Sache ohne Einwilligung des Eigenthümers verpfändet, so hat
dieser in der Regel zwar das Recht, sie zurück zu fordern; aber in solchen
Fällen, in welchen die Eigenthumsklage gegen einen redlichen Besitzer nicht
Statt hat (§. 367.) ist er verbunden, entweder den redlichen Pfandinhaber
schadlos zu halten, oder das Pfand fahren zu lassen, und sich mit dem
Ersatzrechte gegen den Verpfänder zu begnügen.
Objectiver Umfang des
Pfandrechtes.
§. 457. Das Pfandrecht
erstreckt sich auf alle zu dem freyen Eigenthume des Verpfänders gehörige
Theile, auf Zuwachs und Zugehör des Pfandes, folglich auch auf die Früchte, in
so lange sie noch nicht abgesondert oder bezogen sind. Wenn also ein Schuldner
einem Gläubiger sein Gut, und einem andern später die Früchte desselben
verpfändet; so ist die spätere Verpfändung nur in Rücksicht auf die schon
abgesonderten und bezogenen Früchte wirksam.
Rechte und
Verbindlichkeiten des Pfandgläubigers:
a) bey Entdeckung eines
unzureichenden Pfandes;
§. 458. Wenn der Werth
eines Pfandes durch Verschulden des Pfandgebers, oder wegen eines erst offenbar
gewordenen Mangels der Sache zur Bedeckung der Schuld nicht mehr zureichend
gefunden wird; so ist der Gläubiger berechtigt, von dem Pfandgeber ein anderes
angemessenes Pfand zu fordern.
b) vor dem Verfalle;
§. 459. Ohne
Bewilligung des Pfandgebers darf der Gläubiger das Pfandstück nicht benützen;
er muß es vielmehr genau bewahren, und, wenn es durch sein Verschulden in
Verlust geräth, dafür haften. Geht es ohne sein Verschulden verloren, so
verliert er deswegen seine Forderung nicht.
§. 460. Hat der
Gläubiger das Pfand weiter verpfändet; so haftet er selbst für einen solchen
Zufall, wodurch das Pfand bey ihm nicht zu Grunde gegangen oder verschlimmert
worden wäre.
c) nach dem Verfalle
der Forderung.
§. 461. Wird der
Pfandgläubiger nach Verlauf der bestimmten Zeit nicht befriediget; so ist er
befugt, Feilbiethung des Pfandes gerichtlich zu verlangen. Das Gericht hat
dabey nach Vorschrift der Gerichtsordnung zu verfahren.
§. 462. Vor der
Feilbiethung des Gutes ist jedem darauf eingetragenen Pfandgläubiger die
Einlösung der Forderung, wegen welcher die Feilbiethung angesucht worden, zu
gestatten.
§. 463. Schuldner haben
kein Recht bey Versteigerung einer von ihnen verpfändeten Sache mitzubiethen.
§. 464. Wird der
Schuldbetrag aus dem Pfande nicht gelöset, so ersetzt der Schuldner das Fehlende;
ihm fällt aber auch das zu, was über den Schuldbetrag gelöset wird.
§. 465. In wie fern ein
Pfandgläubiger sich an sein Pfand zu halten schuldig; oder, auf ein anderes
Vermögen seines Schuldners zu greifen berechtiget sey, bestimmt die Gerichtsordnung.
§. 466. Hat der
Schuldner während der Verpfändungszeit das Eigenthum der verpfändeten Sache auf
einen Andern übertragen, so steht dem Gläubiger frey, erst sein persönliches
Recht gegen den Schuldner, und dann seine volle Befriedigung an der
verpfändeten Sache zu suchen.
Erlöschung des
Pfandrechtes.
§. 467. Wenn die
verpfändete Sache zerstört wird; wenn sich der Gläubiger seines Rechtes darauf
gesetzmäßig begibt; oder, wenn er sie dem Schuldner ohne Vorbehalt
zurückstellt; so erlischt zwar das Pfandrecht, aber die Schuldforderung besteht
noch.
§. 468. Das Pfandrecht
erlischt ferner mit der Zeit, auf welche es eingeschränkt war, folglich auch
mit dem zeitlichen Rechte des Pfandgebers auf die verpfändete Sache; wenn
anders dieser Umstand dem Gläubiger bekannt war, oder aus den öffentlichen
Büchern bekannt seyn konnte.
§. 469. (Durch Tilgung
der Schuld hört das Pfandrecht auf. Der Pfandgeber ist aber die Schuld nur
gegen dem zu tilgen verbunden, daß ihm das Pfand zugleich zurückgestellt werde.
Zur Aufhebung einer Hypothek ist die Tilgung der Schuld allein nicht
hinreichend. Ein Hypothekargut bleibt so lange verhaftet, bis die Schuld aus
den öffentlichen Büchern gelöscht ist.) Bis dahin kann der Eigentümer des Gutes
auf Grund einer Quittung oder einer anderen, das Erlöschen der Pfandschuld
dartuenden Urkunde das Pfandrecht auf eine neue Forderung übertragen, die den
Betrag der eingetragenen Pfandforderung nicht übersteigt.
§. 469a. Bei Bestellung
des Pfandrechtes kann auf dieses Verfügungsrecht nicht verzichtet werden.
Verpflichtet sich der Eigentümer einem andern gegenüber, eine bestimmte
Hypothek löschen zu lassen, so kann er über die Hypothek nicht verfügen, wenn
diese Verpflichtung im öffentlichen Buch bei der Hypothek angemerkt ist.
§. 470. Wird nach
Tilgung der Schuld (§ 469) oder eingetretener Vereinigung (§ 1446), bevor das
Pfandrecht bücherlich gelöscht oder die Liegenschaft oder das Pfandrecht
übertragen worden ist, das Hypothekargut zwangsweise versteigert oder dessen
Zwangsverwaltung bewilligt, so ist bei Verteilung des Erlöses auf dieses
Pfandrecht keine Rücksicht zu nehmen. Nur insoweit die durch das Pfandrecht
gesicherte Forderung gegen einen Dritten noch fortbesteht oder dem Eigentümer
der Ersatz für deren Tilgung gebührt (§ 1358), wird der darauf entfallende Teil
dem Eigentümer zugewiesen.
Von dem
Retentions-Rechte.
§. 471. Wer zur
Herausgabe einer Sache verpflichtet ist, kann sie zur Sicherung seiner fälligen
Forderungen wegen des für die Sache gemachten Aufwandes oder des durch die Sache
ihm verursachten Schadens mit der Wirkung zurückbehalten, daß er zur Herausgabe
nur gegen die Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistung verurteilt werden kann.
Die Ausübung des
Zurückbehaltungsrechtes kann durch Sicherheitsleistung abgewendet werden; Sicherheitsleistung
durch Bürgen ist ausgeschlossen.
Siebentes Hauptstück.
Von Dienstbarkeiten.
(Servituten.)
Begriff des Rechtes der
Dienstbarkeit.
§. 472. Durch das Recht
der Dienstbarkeit wird ein Eigenthümer verbunden, zum Vortheile eines Andern in
Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein
dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.
Eintheilung der
Dienstbarkeiten in Grunddienstbarkeiten und persönliche;
§. 473. Wird das Recht
der Dienstbarkeit mit dem Besitze eines Grundstückes zu dessen vortheilhafteren
oder bequemeren Benützung verknüpft; so entsteht eine Grunddienstbarkeit; außer
dem ist die Dienstbarkeit persönlich.
in Feld- und
Haus-Servituten.
§. 474.
Grunddienstbarkeiten setzen zwey Grundbesitzer voraus, deren Einem als
Verpflichteten das dienstbare; dem Andern als Berechtigten das herrschende Gut
gehört. Das herrschende Grundstück ist entweder zur Landwirthschaft oder zu
einem andern Gebrauche bestimmt; daher unterscheidet man auch die Feld- und
Haus-Servituten.
Gewöhnlichere Arten: a)
der Haus-Servituten;
§. 475. Die
Haus-Servituten sind gewöhnlich:
1) Das Recht, eine Last
seines Gebäudes auf ein fremdes Gebäude zu setzen;
2) Einen Balken oder
Sparren in eine fremde Wand einfügen;
3) Ein Fenster in der
fremden Wand zu öffnen; es sey des Lichtes oder der Aussicht wegen;
4) Ein Dach oder einen
Erker über des Nachbars Luftraum zu bauen;
5) Den Rauch durch des
Nachbars Schorstein zu führen;
6) Die Dachtraufe auf
fremden Grund zu leiten;
7) Flüssigkeiten auf
des Nachbars Grund zu gießen oder durchzuführen.
Durch diese und
ähnliche Haus-Servituten wird ein Hausbesitzer befugt, etwas auf dem Grunde
seines Nachbars vorzunehmen, was dieser dulden muß.
§. 476. Durch andere
Haus-Servituten wird der Besitzer des dienstbaren Grundes verpflichtet, etwas
zu unterlassen, was ihm sonst zu thun frey stand. Dergleichen sind:
8) sein Haus nicht zu
erhöhen;
9) es nicht niedriger
zu machen;
10) dem herrschenden
Gebäude Licht und Luft;
11) oder Aussicht nicht
zu benehmen;
12) die Dachtraufe
seines Hauses von dem Grunde des Nachbars, dem sie zur Bewässerung seines
Gartens oder zur Füllung seiner Zisterne, oder auf eine andere Art nützlich
seyn kann, nicht abzuleiten.
b) der Feld-Servituten;
§. 477. Die vorzüglichen
Feld-Servituten sind:
1) das Recht, einen
Fußsteig, Viehtrieb oder Fahrweg auf fremden Grund und Boden zu halten.
2) das Wasser zu
schöpfen, das Vieh zu tränken, das Wasser ab- und herzuleiten;
3) Das Vieh zu hüthen
und zu weiden;
4) Holz zu fällen, verdorrte
Aeste und Reiser zu sammeln, Eicheln zu lösen, Laub zu rechen;
5) zu jagen, zu
fischen, Vögel zu fangen;
6) Steine zu brechen,
Sand zu graben, Kalk zu brennen.
Arten der persönlichen
Dienstbarkeiten.
§. 478. Die
persönlichen Servituten sind: der nöthige Gebrauch einer Sache; die
Fruchtnießung; und die Wohnung.
Unregelmäßige und
Schein-Servituten.
§. 479. Es können aber
auch Dienstbarkeiten, welche an sich Grunddienstbarkeiten sind, der Person
allein; oder, es können Begünstigungen, die ordentlicher Weise Servituten sind,
nur bloß auf Widerrufen zugestanden werden. Die Abweichungen von der Natur
einer Servitut werden jedoch nicht vermuthet; wer sie behauptet, dem liegt der
Beweis ob.
Erwerbung des Rechtes
der Dienstbarkeit. Titel zur Erwerbung.
§. 480. Der Titel zu
einer Servitut ist auf einem Vertrage; auf einer letzten Willenserklärung; auf
einem bey der Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtsspruche;
oder endlich, auf Verjährung gegründet.
Erwerbungsart.
§. 481. Das dingliche
Recht der Dienstbarkeit kann an Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern
eingetragen sind, nur durch die Eintragung in diese erworben werden.
An bücherlich nicht
eingetragenen Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken (§ 435) wird das
dingliche Recht durch die gerichtliche Hinterlegung einer über die Einräumung
der Dienstbarkeit errichteten beglaubigten Urkunde; auf andere Sachen aber
durch die oben (§§ 426 bis 428) angegebenen Arten der Übergabe erworben.
Rechtsverhältniß bey
den Dienstbarkeiten.
Allgemeine Vorschriften
über das Recht der Dienstbarkeit.
§. 482. Alle Servituten
kommen darin überein, daß der Besitzer der dienstbaren Sache in der Regel nicht
verbunden ist, etwas zu thun; sondern nur einem Andern die Ausübung eines
Rechtes zu gestatten, oder das zu unterlassen, was er als Eigenthümer sonst zu
thun berechtiget wäre.
§. 483. Daher muß auch
der Aufwand zur Erhaltung und Herstellung der Sache, welche zur Dienstbarkeit
bestimmt ist, in der Regel von dem Berechtigten getragen werden. Wenn aber
diese Sache auch von dem Verpflichteten benützet wird; so muß er
verhältnißmäßig zu dem Aufwande beytragen, und nur durch die Abtretung
derselben an dem Berechtigten kann er sich, auch ohne dessen Beystimmung, von
dem Beytrage befreyen.
§. 484. Der Besitzer des
herrschenden Gutes kann zwar sein Recht auf die ihm gefällige Art ausüben; doch
dürfen Servituten nicht erweitert, sie müssen vielmehr, in so weit es ihre
Natur und der Zweck der Bestellung gestattet, eingeschränkt werden.
§. 485. Keine Servitut
läßt sich eigenmächtig von der dienstbaren Sache absondern, noch auf eine
andere Sache oder Person übertragen. Auch wird jede Servitut insofern für
unteilbar gehalten, als das auf dem Grundstücke haftende Recht durch
Vergrößerung, Verkleinerung oder Zerstücklung desselben, abgesehen von dem im §
847 bezeichneten Falle, weder verändert noch geteilt werden kann.
§. 486. Ein Grundstück
kann mehrern Personen zugleich dienstbar seyn, wenn anders die ältern Rechte
eines Dritten nicht darunter leiden.
Anwendung auf die Grunddienstbarkeiten;
insbesondere auf das Recht, eine Last, einen Balken auf fremdem Gebäude zu
haben, oder, den Rauch durchzuführen.
§. 487. Nach den hier
aufgestellten Grundsätzen sind die Rechtsverhältnisse bey den besondern Arten
der Servituten zu bestimmen. Wer also die Last des benachbarten Gebäudes zu
tragen; die Einfügung des fremden Balkens an seiner Wand; oder, den Durchzug
des fremden Rauches in seinem Schorsteine zu dulden hat; der muß
verhältnißmäßig zur Erhaltung der dazu bestimmten Mauer, Säule, Wand oder des
Schorsteines beytragen. Es kann ihm aber nicht zugemuthet werden, daß er das
herrschende Gut unterstützen oder den Schorstein des Nachbars ausbessern lasse.
Fensterrecht.
§. 488. Das
Fensterrecht gibt nur auf Licht und Luft Anspruch; die Aussicht muß besonders
bewilliget werden. Wer kein Recht zur Aussicht hat, kann angehalten werden, das
Fenster zu vergittern. Mit dem Fensterrechte ist die Schuldigkeit verbunden,
die Oeffnung zu verwahren; wer diese Verwahrung vernachlässiget, haftet für den
daraus entstehenden Schaden.
Recht der Dachtraufe.
§. 489. Wer das Recht
der Dachtraufe besitzt, kann das Regenwasser auf das fremde Dach frey oder
durch Rinnen abfließen lassen; er kann auch sein Dach erhöhen; doch muß er
solche Vorkehrungen treffen, daß dadurch die Dienstbarkeit nicht lästiger
werde. Eben so muß er häufig gefallenen Schnee zeitig hinwegräumen, wie auch
die zum Abflusse bestimmten Rinnen unterhalten.
Recht der Ableitung des
Regenwassers.
§. 490. Wer das Recht
hat, das Regenwasser von dem benachbarten Dache auf seinen Grund zu leiten, hat
die Obliegenheit, für Rinnen, Wasserkästen und andere dazu gehörige Anstalten
die Auslagen allein zu bestreiten.
§. 491. Erfordern die
abzuführenden Flüssigkeiten Gräben und Canäle; so muß sie der Eigenthümer des
herrschenden Grundes errichten; er muß sie auch ordentlich decken und reinigen,
und dadurch die Last des dienstbaren Grundes erleichtern.
Recht des Fußsteiges,
Viehtriebes und Fahrweges.
§. 492. Das Recht des
Fußsteiges begreift das Recht in sich, auf diesem Steige zu gehen, sich von
Menschen tragen, oder andere Menschen zu sich kommen zu lassen. Mit dem
Viehtriebe ist das Recht, einen Schiebkarren zu gebrauchen; und, mit dem
Fahrwege das Recht, mit Einem oder mehrern Zügen zu fahren, verbunden.
§. 493. Hingegen kann,
ohne besondere Bewilligung das Recht zu gehen, nicht auf das Recht, zu reiten
oder sich durch Thiere tragen zu lassen; weder das Recht des Viehtriebes auf
das Recht, schwere Lasten über den dienstbaren Grund zu schleifen; noch das Recht
zu fahren, auf das Recht, frey gelassenes Vieh darüber zu treiben, ausgedehnet
werden.
§. 494. Zur Erhaltung
des Weges, der Brücken und Stege tragen verhältnißmäßig alle Personen oder
Grundbesitzer, denen der Gebrauch derselben zusteht, folglich auch der Besitzer
des dienstbaren Grundes, so weit bey, als er davon Nutzen zieht.
Raum hierzu.
§. 495. Der Raum für
diese drey Servituten muß dem nöthigen Gebrauche und den Umständen des Ortes
angemessen seyn. Werden Wege und Steige durch Überschwemmung oder durch einen
andern Zufall unbrauchbar; so muß, bis zu der Herstellung in den vorigen Stand,
wenn nicht schon die politische Behörde eine Vorkehrung getroffen hat, ein
neuer Raum angewiesen werden.
Recht, Wasser zu
schöpfen.
§. 496. Mit dem Rechte,
fremdes Wasser zu schöpfen, wird auch der Zugang zu demselben gestattet.
Recht der Wasserleitung
§. 497. Wer das Recht
hat, Wasser von fremdem Grunde auf den seinigen; oder, von seinem Grunde auf
fremden zu leiten, ist auch berechtigt, die dazu nöthigen Röhren, Rinnen und
Schleußen auf eigene Kosten anzulegen. Das nicht zu überschreitende Maß dieser
Anlagen wird durch das Bedürfniß des herrschenden Grundes festgesetzt.
Weiderecht.
§. 498. Ist bey
Erwerbung des Weiderechtes die Gattung und die Anzahl des Triebviehes; ferner,
die Zeit und das Maß des Genusses nicht bestimmt worden; so ist der ruhige
dreyßigjährige Besitz zu schützen. In zweifelhaften Fällen dienen folgende
Vorschriften zur Richtschnur.
Gesetzliche Bestimmung:
a) über die Gattung des
Triebviehes;
§. 499. Das Weiderecht
erstrecket sich, in so weit die politischen und im Forstwesen gegebenen
Verordnungen nicht entgegenstehen, auf jede Gattung von Zug-, Rind- und
Schafvieh, aber nicht auf Schweine und Federvieh; eben so wenig in waldigen
Gegenden auf Ziegen. Unreines, ungesundes und fremdes Vieh ist stets von der
Weide ausgeschlossen.
b) dessen Anzahl;
§. 500. Hat die Anzahl
des Triebviehes während der letzten dreyßig Jahre abgewechselt; so muß aus dem
Triebe der drey ersten Jahre die Mittelzahl angenommen werden. Erhellet auch
diese nicht; so ist theils auf den Umfang, theils auf die Beschaffenheit der
Weide billige Rücksicht zu nehmen, und dem Berechtigten wenigstens nicht
gestattet, daß er mehr Vieh auf der fremden Weide halte, als er mit dem auf dem
herrschenden Grunde erzeugten Futter durchwintern kann. Säugevieh wird nicht
zur bestimmten Anzahl gerechnet.
c) Triftzeit;
§. 501. Die Triftzeit
wird zwar überhaupt durch den in jeder Feldmarke eingeführten unangefochtenen Gebrauch
bestimmt: allein in keinem Falle darf der vermöge politischer Bestimmungen
geordnete Wirtschaftsbetrieb durch die Behütung verhindert, oder erschweret
werden.
d) Maß des Genusses.
§. 502. Der Genuß des
Weiderechtes erstreckt sich auf keine andere Benutzung. Der Berechtigte darf
weder Gras mähen, noch in der Regel den Eigenthümer des Grundstückes von der
Mitweide ausschließen, am wenigsten aber die Substanz der Weide verletzen.
Wenn ein Schade zu
befürchten ist, muß er sein Vieh von einem Hirten hüthen lassen.
Anwendung dieser
Bestimmungen auf andere Servituten.
§. 503. Was bisher in
Rücksicht auf das Weiderecht vorgeschrieben worden, ist verhältnißmäßig auch
auf die Rechte des Thierfanges, des Holzschlages, des Steinbrechens und die
übrigen Servituten anzuwenden. Glaubt jemand diese Rechte auf das Miteigenthum
gründen zu können; so sind die darüber entstehenden Streitigkeiten nach den, in
dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes, enthaltenen Grundsätzen
zu entscheiden.
Persönliche Dienstbarkeiten;
insbesondere:
1) das Recht des
Gebrauches;
§. 504. Die Ausübung
persönlicher Servituten wird, wenn nichts anderes verabredet worden ist, nach
folgenden Grundsätzen bestimmt: Die Servitut des Gebrauches besteht darin, daß
jemand befugt ist, eine fremde Sache, ohne Verletzung der Substanz, bloß zu
seinem Bedürfnisse zu benützen.
Bestimmung in Rücksicht
der Nutzungen;
§. 505. Wer also das
Gebrauchsrecht einer Sache hat, der darf, ohne Rücksicht auf sein übriges
Vermögen, den seinem Stande, seinem Gewerbe, und seinem Hauswesen angemessenen
Nutzen davon ziehen.
§. 506. Das Bedürfniß
ist nach dem Zeitpuncte der Bewilligung des Gebrauches zu bestimmen.
Nachfolgende Veränderungen in dem Stande oder Gewerbe des Berechtigten geben
keinen Anspruch auf einen ausgedehnteren Gebrauch.
der Substanz;
§. 507. Der Berechtigte
darf die Substanz der ihm zum Gebrauche bewilligten Sache nicht verändern; er
darf auch das Recht an keinen Andern übertragen.
und der Lasten;
§. 508. Alle
Benützungen, die sich ohne Störung des Gebrauchsberechtigten aus der Sache
schöpfen lassen, kommen dem Eigenthümer zu Statten. Dieser ist aber verbunden,
alle ordentliche und außerordentliche, auf der Sache haftende Lasten zu tragen,
und sie auf seine Kosten in gutem Stande zu erhalten. Nur wenn die Kosten
denjenigen Nutzen übersteigen, der dem Eigenthümer übrig bleibt, muß der
Berechtigte den Ueberschuß tragen, aber vom Gebrauche abstehen.
2) der Fruchtnießung.
§. 509. Die
Fruchtnießung ist das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne
alle Einschränkung zu genießen.
In wie fern sie sich
auf verbrauchbare Sachen erstrecken könne.
§. 510. Verbrauchbare
Sachen sind an sich selbst kein Gegenstand des Gebrauches oder der
Fruchtnießung, sondern nur ihr Werth. Mit dem baren Gelde kann der Berechtigte
nach Belieben verfügen. Wird aber ein bereits anliegendes Capital zum
Fruchtgenusse oder Gebrauche bewilliget; so kann der Berechtigte nur die Zinsen
fordern.
Rechte und
Verbindlichkeiten des Fruchtnießers.
§. 511. Der
Fruchtnießer hat ein Recht auf den vollen, sowohl gewöhnlichen als
ungewöhnlichen, Ertrag; ihm gehört daher auch die mit Beobachtung der
bestehenden Bergwerksordnung erhaltene reine Ausbeute von Bergwerksantheilen,
und das forstmäßig geschlagene Holz. Auf einen Schatz, welcher in dem zur
Fruchtnießung bestimmten Grunde gefunden wird, hat er keinen Anspruch.
Insbesondere:
a) in Rücksicht der auf
der Sache haftenden Lasten;
§. 512. Als ein reiner
Ertrag kann aber nur das angesehen werden, was nach Abzug aller nöthigen
Auslagen übrig bleibt. Der Fruchtnießer übernimmt also alle Lasten, welche zur
Zeit der bewilligten Fruchtnießung mit der dienstbaren Sache verbunden waren,
mithin auch die Zinsen der darauf eingetragenen Capitalien. Auf ihn fallen alle
ordentliche und außerordentliche, von der Sache zu leistende Schuldigkeiten, in
so fern sie aus den während der Dauer der Fruchtnießung gezogenen Nutzungen
bestritten werden können; er trägt auch die Kosten, ohne welche die Früchte
nicht erzielet werden.
b) der Erhaltung der
Sache;
§. 513. Der
Fruchtnießer ist verbunden, die dienstbare Sache als ein guter Haushälter in
dem Stande, in welchem er sie übernommen hat, zu erhalten, und aus dem Ertrage
die Ausbesserungen, Ergänzungen und Herstellungen zu besorgen. Wird dessen
ungeachtet der Werth der dienstbaren Sache bloß durch den rechtmäßigen Genuß
ohne Verschulden des Fruchtnießers verringert; so ist er dafür nicht
verantwortlich.
c) der Bauführungen;
§. 514. Wenn der
Eigenthümer Bauführungen, die durch das Alter des Gebäudes, oder durch einen
Zufall nothwendig gemacht werden, auf Anzeige des Fruchtnießers auf seine
Kosten besorgt; ist ihm der Fruchtnießer, nach Maß der dadurch verbesserten
Fruchtnießung, die Zinsen des verwendeten Capitals zu vergüten schuldig.
§. 515. Kann oder will
der Eigenthümer dazu sich nicht verstehen; so ist der Fruchtnießer berechtigt,
entweder den Bau zu führen, und nach geendigter Fruchtnießung, gleich einem
redlichen Besitzer, den Ersatz zu fordern; oder, für die durch Unterbleibung
des Baues vermißte Fruchtnießung, eine angemessene Vergütung zu verlangen.
§. 516. Bauführungen,
welche nicht nothwendig, obgleich sonst zur Vermehrung des Ertrages gedeihlich
sind, ist der Fruchtnießer nicht verbunden, ohne vollständige Entschädigung zu
gestatten.
d) der
Meliorationskosten.
§. 517. Was der
Fruchtnießer ohne Einwilligung des Eigenthümers zur Vermehrung fortdauernder
Nutzungen verwendet hat, kann er zurücknehmen; eine Vergütung der aus der
Verbesserung noch bestehenden Nutzungen aber kann er nur fordern, in so fern
sie ein Geschäftsführer ohne Auftrag zu fordern berechtigt ist.
Beweismittel darüber.
§. 518. Zur
Erleichterung des Beweises der gegenseitigen Forderungen, sollen der
Eigenthümer und der Fruchtnießer eine beglaubte Beschreibung aller dienstbaren
Sachen aufnehmen lassen. Ist sie unterlassen worden; so wird vermuthet, daß der
Fruchtnießer die Sache sammt allen zur ordentlichen Benützung derselben
erforderlichen Stücken in brauchbarem Zustande von mittlerer Beschaffenheit
erhalten habe.
Zutheilung der
Nutzungen bey Erlöschung der Fruchtnießung.
§. 519. Nach geendigter
Fruchtnießung gehören die noch stehenden Früchte dem Eigenthümer; doch muß er
die auf deren Erzielung verwendeten Kosten dem Fruchtnießer oder dessen Erben,
gleich einem redlichen Besitzer, ersetzen. Auf andere Nutzungen haben der
Fruchtnießer oder dessen Erben den Anspruch nach Maß der Dauer der
Fruchtnießung.
In wie fern der
Gebrauchsberechtigte oder der Fruchtnießer zur Sicherstellung verbunden sey.
§. 520. In der Regel
kann der Eigenthümer von dem Gebrauchsberechtigten oder Fruchtnießer nur bey
einer sich äußernden Gefahr die Sicherstellung der Substanz verlangen. Wird sie
nicht geleistet; so soll die Sache entweder dem Eigenthümer gegen eine billige
Abfindung überlassen, oder nach Umständen in gerichtliche Verwaltung gegeben
werden.
Dienstbarkeit der
Wohnung.
§. 521. Die Servitut
der Wohnung ist das Recht, die bewohnbaren Theile eines Hauses zu seinem
Bedürfnisse zu benützen. Sie ist also ein Servitut des Gebrauches von dem
Wohngebäude. Werden aber jemanden alle bewohnbare Theile des Hauses, mit
Schonung der Substanz, ohne Einschränkung zu genießen überlassen; so ist es
eine Fruchtnießung des Wohngebäudes. Hiernach sind die oben gegebenen Vorschriften
auf das rechtliche Verhältniß zwischen dem Berechtigten und dem Eigenthümer
anzuwenden.
§. 522. In jedem Falle
behält der Eigenthümer das Recht, über alle Theile des Hauses, die nicht zur
eigentlichen Wohnung gehören, zu verfügen; auch darf ihm die nöthige Aufsicht
über sein Haus nicht erschweret werden.
Klagerecht in Rücksicht
der Servituten.
§. 523. In Ansehung der
Servituten findet ein doppeltes Klagerecht Statt. Man kann gegen den
Eigenthümer das Recht der Servitut behaupten; oder der Eigenthümer kann sich
über die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muß der Kläger die
Erwerbung der Servitut, oder wenigstens den Besitz derselben als eines
dinglichen Rechtes, im zweyten Falle muß er die Anmaßung der Servitut in seiner
Sache beweisen.
Erlöschung der
Dienstbarkeiten.
Im Allgemeinen.
§. 524. Die Servituten
erlöschen im Allgemeinen auf diejenigen Arten, wodurch, nach dem dritten und
vierten Hauptstücke des dritten Theiles, Rechte und Verbindlichkeiten überhaupt
aufgehoben werden.
Besondere Anordnung bey
deren Erlöschung:
a) durch den Untergang
des dienstbaren oder herrschenden Grundes.
§. 525. Der Untergang
des dienstbaren oder des herrschenden Grundes stellt zwar die Dienstbarkeit
ein; sobald aber der Grund, oder das Gebäude wieder in den vorigen Stand
gesetzt ist, erhält die Servitut wieder ihre vorige Kraft.
b) durch Vereinigung;
§. 526. Wenn das
Eigenthum des dienstbaren und des herrschenden Grundes in Einer Person
vereiniget wird, hört die Dienstbarkeit von selbst auf. Wird aber in der Folge
Einer dieser vereinigten Gründe wieder veräußert, ohne daß inzwischen in den
öffentlichen Büchern die Dienstbarkeit gelöschet worden; so ist der neue
Besitzer des herrschenden Grundes befugt, die Servitut auszuüben.
c) durch Zeitverlauf.
§. 527. Hat das bloß
zeitliche Recht desjenigen, der die Servitut bestellt hat, oder die Zeit, auf
welche sie beschränkt worden ist, dem Servituts-Inhaber aus öffentlichen
Büchern, oder auf eine andere Art bekannt seyn können; so hört nach Verlauf
dieser Zeit die Servitut von selbst auf.
§. 528. Eine Servitut,
welche jemanden bis zur Zeit, da ein Dritter ein bestimmtes Alter erreicht,
verliehen wird, erlischt erst zu der bestimmten Zeit, obschon der Dritte vor
diesem Alter verstorben ist.
Erlöschung der
persönlichen Servituten insbesondere.
§. 529. Persönliche
Servituten hören mit dem Tode auf. Werden sie ausdrücklich auf die Erben
ausgedehnt; so sind im Zweifel nur die ersten gesetzlichen Erben darunter
verstanden. Das einer Familie verliehene Recht aber geht auf alle Mitglieder
derselben über. Die von einer Gemeinde oder einer andern moralischen Person
erworbene persönliche Servitut dauert so lange, als die moralische Person
besteht.
Unanwendbarkeit auf
beständige Renten.
§. 530. Beständige
jährliche Renten sind keine persönliche Servitut, und können also ihrer Natur
nach auf alle Nachfolger übertragen werden.
Achtes Hauptstück.
Von dem Erbrechte.
Verlassenschaft.
§. 531. Der Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines
Verstorbenen, in so fern sie nicht in bloß persönlichen Verhältnissen gegründet
sind, heißt desselben Verlassenschaft oder Nachlaß.
Erbrecht und Erbschaft.
§. 532. Das ausschließende Recht, die ganze Verlassenschaft, oder einen
in Beziehung auf das Ganze bestimmten Theil derselben (z. B. die Hälfte, ein
Drittheil) in Besitz zu nehmen, heißt Erbrecht. Es ist ein dingliches Recht,
welches gegen einen jeden, der sich der Verlassenschaft anmaßen will, wirksam
ist. Derjenige, dem das Erbrecht gebührt, wird Erbe, und die Verlassenschaft, in
Beziehung auf den Erben, Erbschaft genannt.
Titel zu dem Erbrechte.
§. 533. Das Erbrecht gründet sich auf den nach gesetzlicher Vorschrift
erklärten Willen des Erblassers; auf einen nach dem Gesetze zulässigen
Erbvertrag (§. 602), oder auf das Gesetz.
§. 534. Die erwähnten drey Arten des Erbrechtes können auch neben
einander bestehen, so daß einem Erben ein in Beziehung auf das Ganze bestimmter
Theil aus dem letzten Willen, dem andern aus dem Vertrage, und einem Dritten
aus dem Gesetze gebührt.
Unterschied zwischen Erbschaft und Vermächtniß.
§. 535. Wird jemanden kein solcher Erbtheil, der sich auf den ganzen
Nachlaß bezieht; sondern nur eine einzelne Sache, Eine oder mehrere Sachen von
gewisser Gattung; eine Summe; oder ein Recht zugedacht; so heißt das Zugedachte,
obschon dessen Werth den größten Theil der Verlassenschaft ausmacht, ein
Vermächtniß (Legat), und derjenige, dem es hinterlassen worden, ist nicht als
ein Erbe, sondern nur als ein Vermächtnißnehmer (Legatar) zu betrachten.
Zeitpunct des Erbanfalles.
§. 536. Das Erbrecht tritt erst nach dem Tode des Erbassers ein. Stirbt
ein vermeintlicher Erbe vor dem Erblasser; so hat er das noch nicht erlangte
Erbrecht auch nicht auf seinen Erben übertragen können.
§. 537. Hat der Erbe den Erblasser überlebt; so geht das Erbrecht auch
vor Uebernahme der Erbschaft, wie andere frey vererbliche Rechte, auf seine
Erben über; wenn es anders durch Entsagung, oder auf eine andere Art noch nicht
erloschen war.
Fähigkeit zu erben.
§. 538. Wer ein Vermögen zu erwerben berechtigt ist, kann in der Regel
auch erben. Hat jemand dem Rechte etwas zu erwerben überhaupt entsagt, oder auf
eine bestimmte Erbschaft gültig Verzicht gethan; so ist er dadurch des
Erbrechtes überhaupt, oder des Rechtes auf eine bestimmte Erbschaft verlustig
geworden.
§. 539. In wie fern geistliche Gemeinden, oder deren Glieder erbfähig
sind, bestimmen die politischen Vorschriften.
Ursachen der Unfähigkeit.
§. 540. Wer gegen den Erblasser eine gerichtlich strafbare Handlung, die
nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger
Freiheitsstrafe bedroht ist, begangen hat, ist so lange des Erbrechtes
unwürdig, als sich nicht aus den Umständen entnehmen läßt, daß ihm der
Erblasser vergeben habe.
§. 541. Bei gesetzlicher Erbfolge sind die Nachkommen desjenigen,
welcher sich des Erbrechtes unwürdig gemacht hat, an dessen Stelle zur Erbfolge
berufen, wenngleich er den Erblasser überlebt hat.
§. 542. Wer den Erblasser zur Erklärung des letzten Willens gezwungen;
oder betrüglicher Weise verleitet, an der Erklärung, oder Abänderung des
letzten Willens gehindert, oder einen von ihm bereits errichteten letzten
Willen unterdrückt hat, ist von dem Erbrechte ausgeschlossen, und bleibt für
allen einem Dritten dadurch zugefügten Schaden verantwortlich.
§. 543. Personen, welche des Ehebruches, oder der Blutschande
gerichtlich geständig, oder überwiesen sind, werden unter sich von dem
Erbrechte aus einer Erklärung des letzten Willens ausgeschlossen.
§. 544. In wie fern Landeseingeborne, die ihr Vaterland, oder die
Kriegsdienste ohne ordentliche Erlaubniß verlassen haben, des Erbrechtes
verlustig werden, bestimmen die politischen Verordnungen.
Nach welchem Zeitpuncte die Fähigkeit zu beurtheilen.
§. 545. Die Erbfähigkeit kann nur nach dem Zeitpuncte des wirklichen
Erbanfalles bestimmet werden. Dieser Zeitpunct ist in der Regel der Tod des
Erblassers. (§. 703.)
§. 546. Eine später erlangte Erbfähigkeit gibt kein Recht, Andern das zu
entziehen, was ihnen bereits rechtmäßig angefallen ist.
Wirkung der Annahme der Erbschaft.
§. 547. Der Erbe stellt, sobald er die Erbschaft angenommen hat, in
Rücksicht auf dieselbe den Erblasser vor. Beyde werden in Beziehung auf einen
Dritten für Eine Person gehalten. Vor der Annahme des Erben wird die Verlassenschaft
so betrachtet, als wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen würde.
§. 548. Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen zu
leisten gehabt hätte, übernimmt sein Erbe. Die von dem Gesetze verhängten
Geldstrafen, wozu der Verstorbene noch nicht verurtheilet war, gehen nicht auf
den Erben über.
§. 549. Zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten gehören auch die
Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des
Verstorbenen angemessene Begräbniß.
§. 550. Mehrere Erben werden in Ansehung ihres gemeinschaftlichen
Erbrechtes für Eine Person angesehen. Sie stehen in dieser Eigenschaft vor der
gerichtlichen Uebergabe (Einantwortung) der Erbschaft alle für Einen und Einer
für alle. In wie fern sie nach der erfolgten Uebergabe zu haften haben, wird in
dem Hauptstücke von der Besitznehmung der Erbschaft bestimmt.
Verzicht auf das Erbrecht.
§. 551. Wer über sein Erbrecht gültig verfügen kann, ist auch befugt,
durch Vertrag mit dem Erblasser im voraus darauf Verzicht zu tun. Der Vertrag
bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes oder der
Beurkundung durch gerichtliches Protokoll. Eine solche Verzichtleistung wirkt,
wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die Nachkommen.
Neuntes Hauptstück.
Von der Erklärung des letzten Willens überhaupt und den Testamenten ins
besondere.
Erklärung des letzten Willens.
§. 552. Die Anordnung, wodurch ein Erblasser sein Vermögen, oder einen
Theil desselben Einer oder mehrern Personen widerruflich auf den Todesfall
überläßt, heißt eine Erklärung des letzten Willens.
Erfordernisse:
I. Innere Form.
§. 553. Wird in einer letzten Anordnung ein Erbe eingesetzt, so heißt
sie Testament; enthält sie aber nur andere Verfügungen, so heißt sie Codicill.
Zutheilung der Erbschaft:
a) wenn nur Ein Erbe;
§. 554. Hat der Erblasser einen einzigen Erben, ohne ihn auf einen Theil
der Verlassenschaft zu beschränken, unbestimmt eingesetzt; so erhält er den
ganzen Nachlaß. Ist aber dem einzigen Erben nur ein in Beziehung auf das Ganze
bestimmter Erbtheil ausgemessen worden; so fallen die übrigen Theile den
gesetzlichen Erben zu.
b) wenn mehrere ohne Theilung;
§. 555. Sind ohne Vorschrift einer Theilung mehrere Erben eingesetzt
worden, so theilen sie zu gleichen Theilen.
c) wenn alle in bestimmten Theilen;
§. 556. Sind mehrere Erben und zwar alle in bestimmten Erbtheilen, die
aber das Ganze nicht erschöpfen, eingesetzt worden, so fallen die übrigen
Theile den gesetzlichen Erben zu. Hat aber der Erblasser die Erben zum ganzen
Nachlasse berufen; so haben die gesetzlichen Erben keinen Anspruch, obschon er
in der Berechnung der Beträge, oder in der Aufzählung der Erbstücke etwas
übergangen hätte.
d) wenn einige mit Theilen, andere ohne Theile eingesetzt sind.
§. 557. Wird unter mehrern eingesetzten Erben einigen ein bestimmter
Theil (z. B. ein Drittheil, ein Sechstheil), andern aber nichts Bestimmtes
ausgemessen; so erhalten diese den übrigen Nachlaß zu gleichen Theilen.
§. 558. Bleibt nichts übrig, so muß von sämmtlichen bestimmten Theilen
für den unbestimmt eingesetzten Erben verhältnißmäßig so viel abgezogen werden,
daß er einen gleichen Antheil mit demjenigen erhalte, der am geringsten bedacht
worden ist. Sind die Theile der Erben gleich groß, so haben sie an dem
unbestimmt eingesetzten Erben so viel abzugeben, daß er einen gleichen Antheil
mit ihnen empfange. In allen andern Fällen, wo ein Erblasser sich verrechnet
hat, ist die Theilung auf eine Art vorzunehmen, wodurch der Wille des
Erblassers nach den über das Ganze erklärten Verhältnissen auf das möglichste
erfüllt wird.
Welche Erben als Eine Person betrachtet werden.
§. 559. Treffen unter den eingesetzten Erben solche Personen zusammen,
wovon einige bey der gesetzlichen Erbfolge gegen die übrigen als Eine Person
angesehen werden müssen, (z. B. die Bruderskinder gegen des Bruder des
Erblassers); so werden sie auch bey der Theilung aus dem Testamente nur als
Eine Person betrachtet. Ein Körper, eine Gemeinde, eine Versammlung (z. B. die
Armen) werden immer nur für Eine Person gerechnet.
Recht des Zuwachses.
§. 560. Wenn alle Erben ohne Bestimmung der Theile, oder in dem
allgemeinen Ausdrucke einer gleichen Theilung zur Erbschaft berufen werden, und
es kann, oder will einer der Erben von seinem Erbrecht keinen Gebrauch machen;
so wächst der erledigte Theil den übrigen eingesetzten Erben zu.
§. 561. Sind Ein oder mehrere Erben mit, ein anderer oder mehrere ohne
Bestimmung des Erbtheiles eingesetzt; so wächst der erledigte Theil nur dem einzelnen,
oder den mehrern noch übrigen, unbestimmt eingesetzten Erben zu.
§. 562. Einem bestimmt eingesetzten Erben gebührt in keinem Falle das
Zuwachsrecht. Wenn also kein unbestimmt eingesetzter Erbe übrig ist; so fällt
ein erledigter Erbtheil nicht einem noch übrigen, für einen bestimmten Theil
eingesetzten, sondern dem gesetzlichen Erben zu.
§. 563. Wer den erledigten Erbtheil erhält, übernimmt auch die damit
verknüpften Lasten, in so fern sie nicht auf persönliche Handlungen des
eingesetzten Erben eingeschränkt sind.
§. 564. Der Erblasser muß den Erben selbst einsetzen; er kann dessen
Ernennung nicht dem Ausspruche eines Dritten überlassen.
Die Erklärung muß überlegt, bestimmt und frey seyn.
§. 565 Der Wille des Erblassers muß bestimmt, nicht durch bloße Bejahung
eines ihm gemachten Vorschlages; er muß im Zustande der vollen Besonnenheit;
mit Ueberlegung und Ernst, frey von Zwang, Betrug, und wesentlichem Irrthume
erkläret werden.
Ursachen der Unfähigkeit zu testiren;
1) Mangel der Besonnenheit;
§. 566. Wird bewiesen, daß die Erklärung im Zustande der Raserey, des
Wahnsinnes, Blödsinnes, oder der Trunkenheit geschehen sey, so ist sie
ungültig.
§. 567. Wenn behauptet
wird, daß der Erblasser, welcher den Gebrauch des Verstandes verloren hatte,
zur Zeit der letzten Anordnung bey voller Besonnenheit gewesen sei; so muß die
Behauptung durch Kunstverständige, oder durch obrigkeitliche Personen, die den
Gemüthszustand des Erblassers genau erforschten, oder durch andere zuverlässige
Beweise außer Zweifel gesetzt werden.
§. 568. Personen, denen
ein Sachwalter nach § 273 bestellt ist, können nur mündlich vor Gericht oder
mündlich notariell testieren.
3) unreifes Alter;
§. 569. Unmündige sind
zu testiren unfähig. Minderjährige, die das achtzehnte Jahr noch nicht zurückgelegt
haben, können nur mündlich vor Gericht oder mündlich notariell testiren. Das
Gericht muß durch eine angemessene Erforschung sich zu überzeugen suchen, daß
die Erklärung des letzten Willens frey und mit Ueberlegung geschehe. Die
Erklärung muß in ein Protokoll aufgenommen, und dasjenige, was sich aus der
Erforschung ergeben hat, beygerückt werden. Nach zurückgelegtem achtzehnten
Jahre kann ohne weitere Einschränkung ein letzter Wille erkläret werden.
4) wesentlicher
Irrthum;
§. 570. Ein
wesentlicher Irrthum des Erblassers macht die Anordnung ungültig. Der Irrthum
ist wesentlich, wenn der Erblasser die Person, welche er bedenken, oder den
Gegenstand, welchen er vermachen wollte, verfehlet hat.
§. 571. Zeigt sich, daß
die bedachte Person, oder die vermachte Sache nur unrichtig benannt, oder
beschrieben worden; so ist die Verfügung gültig.
§. 572. Auch wenn der
von dem Erblasser angegebene Beweggrund falsch befunden wird, bleibt die
Verfügung gültig; es wäre denn erweislich, daß der Wille des Erblassers einzig
und allein auf diesem irrigen Beweggrunde beruht habe.
5) Ordensgelübde;
§. 573. Ordenspersonen
sind in der Regel nicht befugt, zu testiren: allein, wenn der Orden eine
besondere Begünstigung, daß seine Glieder testiren können, erlangt hat; wenn
Ordenspersonen die Auflösung von den Gelübden erhalten haben; wenn sie durch
Aufhebung ihres Ordens, Stiftes oder Klosters aus ihrem Stande getreten sind;
oder wenn sie in einem solchen Verhältnisse angestellt sind, daß sie vermöge
der politischen Verordnungen nicht mehr als Angehörige des Ordens, Stiftes oder
Klosters angesehen werden, sondern vollständiges Eigenthum erwerben können; so
ist es ihnen erlaubt, durch Erklärung des letzten Willens darüber zu verfügen.
6) schwere
Criminal-Strafe;
§. 574. (Anm.: Aufgehoben
durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
Zeitpunct der
Gültigkeit der Anordnung.
§. 575. Ein
rechtsgültig erklärter letzter Wille kann durch später eintretende Hindernisse
seine Gültigkeit nicht verlieren.
§. 576. Einen
anfänglich ungültigen letzten Willen macht die später erfolgte Aufhebung des
Hindernisses nicht gültig. Wird in diesem Falle keine neue Verfügung getroffen;
so tritt das gesetzliche Erbrecht ein.
II.) Aeußere Form der
Erklärungen des letzten Willens;
§. 577. Man kann
außergerichtlich oder gerichtlich, schriftlich oder mündlich; schriftlich aber
mit, oder ohne Zeugen testiren.
1) der
außergerichtlichen schriftlichen;
§. 578. Wer
schriftlich, und ohne Zeugen testiren will, der muß das Testament oder Codicill
eigenhändig schreiben, und eigenhändig mit seinem Nahmen unterfertigen. Die
Beysetzung des Tages, des Jahres, und des Ortes, wo der letzte Wille errichtet
wird, ist zwar nicht nothwendig, aber zur Vermeidung der Streitigkeiten
räthlich.
§. 579. Einen letzten
Willen, welchen der Erblasser von einer anderen Person niederschreiben ließ,
muß er eigenhändig unterfertigen. Er muß ferner vor drei fähigen Zeugen, wovon
wenigstens zwei zugleich gegenwärtig sein müssen, ausdrücklich erklären, daß
der Aufsatz seinen letzten Willen enthalte. Endlich müssen sich auch die
Zeugen, entweder inwendig oder von außen, immer aber auf der Urkunde selbst,
und nicht etwa auf einem Umschlag, mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen
hinweisenden Zusatz unterschreiben. Den Inhalt des Testaments hat der Zeuge zu
wissen nicht nötig.
§. 580. Ein Erblasser,
welcher nicht schreiben kann, muß nebst Beobachtung der in dem vorigen §.
vorgeschriebenen Förmlichkeiten, anstatt der Unterschrift sein Handzeichen, und
zwar in Gegenwart aller drey Zeugen, eigenhändig beysetzen. Zur Erleichterung
eines bleibenden Beweises, wer der Erblasser sey, ist es auch vorsichtig, daß
Einer der Zeugen den Nahmen des Erblassers als Nahmensunterfertiger beysetze.
§. 581. Wenn der Erblasser
nicht lesen kann, so muß er den Aufsatz von einem Zeugen in Gegenwart der
anderen zwei Zeugen, die den Inhalt eingesehen haben, sich vorlesen lassen, und
bekräftigen, daß derselbe seinem Willen gemäß sei. Der Schreiber des letzten
Willens kann in allen Fällen zugleich Zeuge sein, ist aber, wenn der Erblasser
nicht lesen kann, von der Vorlesung des Aufsatzes ausgeschlossen.
§. 582. Eine Verfügung
des Erblassers durch Beziehung auf einen Zettel oder auf einen Aufsatz, ist nur
dann von Wirkung, wenn ein solcher Aufsatz mit allen zur Gültigkeit einer
letzten Willenserklärung nöthigen Erfordernissen versehen ist. Außer dem können
dergleichen von dem Erblasser angezeigte schriftliche Bemerkungen nur zur
Erläuterung seines Willens angewendet werden.
§. 583. In der Regel
gilt ein und derselbe Aufsatz nur für Einen Erblasser. Die Ausnahme in
Rücksicht der Ehegatten ist in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten enthalten.
§. 584. Einem
Erblasser, welcher die zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen
Förmlichkeiten nicht beobachten kann, oder will, steht frey, ein mündliches
Testament zu errichten.
2) der
außergerichtlichen mündlichen;
§. 585. Wer mündlich
testiret, muß vor drey fähigen Zeugen, welche zugleich gegenwärtig, und zu
bestätigen fähig sind, daß in der Person des Erblassers kein Betrug oder
Irrthum unterlaufen sey, ernstlich seinen letzten Willen erklären. Es ist zwar
nicht nothwendig, aber vorsichtig, daß die Zeugen entweder alle
gemeinschaftlich, oder ein jeder für sich zur Erleichterung des Gedächtnisses,
die Erklärung des Erblassers entweder selbst aufzeichnen, oder, so bald als
möglich, aufzeichnen lassen.
§. 586. Eine mündliche
letzte Anordnung muß auf Verlangen eines jeden, dem daran gelegen ist, durch
die übereinstimmende eidliche Aussage der drei Zeugen oder, wofern einer aus
ihnen nicht eidlich vernommen werden kann, wenigstens der zwei übrigen
bestätigt werden, widrigens diese Erklärung des letzten Willens unwirksam ist.
(§ 601).
3) der gerichtlichen.
§. 587. Der Erblasser
kann auch vor einem Gerichte schriftlich oder mündlich testiren. Die
schriftliche Anordnung muß von dem Erblasser wenigstens eigenhändig
unterschrieben seyn, und dem Gerichte persönlich übergeben werden. Das Gericht
hat den Erblasser auf den Umstand, daß seine eigenhändige Unterschrift
beygerückt seyn müsse, aufmerksam zu machen, dann den Aufsatz gerichtlich zu
versiegeln und auf dem Umschlage anzumerken, wessen letzter Wille darin
enthalten sey. Ueber das Geschäft ist ein Protokoll aufzunehmen, und der
Aufsatz gegen Ausstellung eines Empfangscheines gerichtlich zu hinterlegen.
§. 588. Will der
Erblasser seinen Willen mündlich erklären; so ist die Erklärung in ein
Protokoll aufzunehmen, und dasselbe eben so, wie in dem vorhergehenden §. von
dem schriftlichen Aufsatze gemeldet worden ist, versiegelt zu hinterlegen.
§. 589. Das Gericht,
welches die schriftliche oder mündliche Erklärung des letzten Willens aufnimmt,
muß wenigstens aus zwey eidlich verpflichteten Gerichtspersonen bestehen, deren
Einer in dem Orte, wo die Erklärung aufgenommen wird, das Richteramt zusteht.
Die Zeugenschaft der zweyten Gerichtsperson, außer dem Richter, können auch
zwey andere Zeugen vertreten.
§. 590. Im Nothfalle
können die erst bestimmten Personen sich in die Wohnung des Erblassers begeben,
seinen letzten Willen schriftlich oder mündlich aufnehmen, und dann das
Geschäft mit Beysetzung des Tages, Jahres und Ortes zu Protokoll bringen.
Unfähige Zeugen bey
letzten Anordnungen.
§. 591. Personen unter
achtzehn Jahren, Sinnlose, Blinde, Taube oder Stumme, dann diejenigen, welche
die Sprache des Erblassers nicht verstehen, können bei letzten Anordnungen
nicht Zeugen sein.
§. 592. (Anm.:
Aufgehoben durch § 57, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 593. (Anm.:
Aufgehoben durch § 1, RGBl 1860/Nr. 9.)
§. 594. Ein Erbe oder
Legatar ist in Rücksicht des ihm zugedachten Nachlasses kein fähiger Zeuge, und
eben so wenig dessen Gatte, Aeltern, Kinder, Geschwister, oder in eben dem
Grade verschwägerte Personen und die besoldeten Hausgenossen. Die Verfügung
muß, um gültig zu seyn, von dem Erblasser eigenhändig geschrieben; oder, durch
drey von den gedachten Personen verschiedene Zeugen bestätiget werden.
§. 595. Wenn der
Erblasser demjenigen, welcher den letzten Willen schreibt, oder dessen
Ehegatten, Kindern, Aeltern, Geschwistern oder in eben dem Grade verschwägerten
Personen einen Nachlaß bestimmt; so muß die Anordnung auf die im vorgehenden §.
erwähnte Art außer Zweifel gesetzt seyn.
§. 596. Was von der
Unbefangenheit und Fähigkeit des Zeugen, die Person des Erblassers außer
Zweifel zu setzen, verordnet wird, ist auch auf die gerichtlichen Personen, die
einen letzten Willen aufnehmen, anzuwenden.
Von den begünstigten
letzten Anordnungen.
§. 597. Bei letzten
Anordnungen, welche auf Schiffahrten und in Orten, wo die Pest oder ähnliche
ansteckende Seuchen herrschen, errichtet werden, sind auch Personen, die das
vierzehnte Jahr zurückgelegt haben, gültige Zeugen.
§. 598. Zu diesen
begünstigten letzten Anordnungen werden nur zwey Zeugen erfordert, wovon Einer
das Testament schreiben kann. Bey Gefahr einer Ansteckung ist auch nicht
nöthig, daß beyde zugleich gegenwärtig seyn.
§. 599. Sechs Monathe
nach geendigter Schifffahrt oder Seuche verlieren die begünstigten letzten
Willenserklärungen ihre Kraft.
§. 600. Die Begünstigungen
der Militär-Testamente sind in den Militär-Gesetzen enthalten.
Ungültigkeit der
unförmlichen letzten Anordnungen.
§. 601. Wenn der
Erblasser Eines der hier vorgeschriebenen, und nicht ausdrücklich der bloßen
Vorsicht überlassenen Erfordernisse nicht beobachtet hat; so ist die letzte
Willenserklärung ungültig.
Erbverträge sind nur
unter Ehegatten gültig.
§. 602. Erbverträge
über die ganze Verlassenschaft, oder einen in Beziehung auf das Ganze
bestimmten Theil derselben, können nur unter Ehegatten gültig geschlossen
werden. Die Vorschriften hierüber sind in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten
enthalten.
Von Schenkungen auf den
Todesfall. Beziehung.
§. 603. In wie fern
eine Schenkung auf den Todesfall als ein Vertrag, oder als ein letzter Wille zu
betrachten sey, wird in dem Hauptstücke von den Schenkungen bestimmt.
Zehntes Hauptstück.
Von Nacherben und
Fideicommissen.
Gemeine Substitution.
§. 604. Jeder Erblasser
kann für den Fall, daß der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht erlangt, Einen;
und, wenn auch dieser sie nicht erlangt, einen zweyten, und im gleichen Falle
einen dritten, oder auch noch mehrere Nacherben berufen. Diese Anordnung heißt
eine gemeine Substitution. Der in der Reihe zunächst Berufene wird Erbe.
§. 605. Hat der
Erblasser aus den bestimmten Fällen, daß der ernannte Erbe nicht Erbe seyn
kann, oder, daß er nicht Erbe seyn will, nur Einen ausgedrückt; so ist der
andere Fall ausgeschlossen.
Rechte aus derselben.
§. 606. Die dem Erben
aufgelegten Lasten werden auch auf den an seine Stelle tretenden Nacherben
ausgedehnt, wofern sie nicht durch den ausdrücklichen Willen, oder die
Beschaffenheit der Umstände, auf die Person des Erben eingeschränkt sind.
§. 607. Sind die
Miterben allein wechselseitig zu Nacherben berufen worden; so wird angenommen,
daß der Erblasser die in der Einsetzung ausgemessenen Theile auch auf die
Substitution ausdehnen wollte. Wird aber in der Substitution, außer den
Miterben, noch sonst jemand berufen, so fällt der erledigte Erbtheil Allen zu
gleichen Theilen zu.
Fideicommissarische.
§. 608. Der Erblasser
kann seinen Erben verpflichten, daß er die angetretene Erbschaft nach seinem
Tode, oder in andern bestimmten Fällen, einem zweyten ernannten Erben
überlasse. Diese Anordnung wird eine fideicommissarische Substitution genannt.
Die fideicommissarische Substitution begreift stillschweigend die gemeine in
sich.
In wie fern die Aeltern
ihren Kindern substituiren dürfen.
§. 609. Auch die
Aeltern können ihren Kindern, selbst in dem Falle, daß diese zu testiren
unfähig sind, nur in Rücksicht des Vermögens, das sie ihnen hinterlassen, einen
Erben oder Nacherben ernennen.
Stillschweigende
fideicommissarische Substitution.
§. 610. Hat der
Erblasser dem Erben verbothen, über den Nachlaß zu testiren; so ist es eine
fideicommissarische Substitution, und der Erbe muß den Nachlaß für seine
gesetzlichen Erben aufbewahren. Das Verboth, die Sache zu veräußern, schließt
das Recht, darüber zu testiren, nicht aus.
Einschränkung der
fideicommissarischen Substitution.
§. 611. Die Reihe, in welcher
die fideicommissarischen Erben auf einander folgen sollen, wird, wenn sie Alle
Zeitgenossen des Erblassers sind, gar nicht beschränkt, sie kann sich auf den
Dritten, Vierten und noch weiter ausdehnen.
§. 612. Sind es nicht
Zeitgenossen, sondern solche Nacherben, die zur Zeit des errichteten
Testamentes noch nicht geboren sind; so kann sich die fideicommissarische
Substitution in Rücksicht auf Geldsummen, und andere bewegliche Sachen bis auf
den zweyten Grad erstrecken. In Ansehung unbeweglicher Güter gilt sie nur auf
den ersten Grad; doch wird bey Bestimmung der Grade nur derjenige Nacherbe
gezählt, welcher zum Besitze der Erbschaft gelangt ist.
Rechte des Erben bey einer fideicommisarischen Substitution.
§. 613. Bis der Fall
der fideicommissarischen Substitution eintritt, kommt den eingesetzten Erben
das eingeschränkte Eigenthumsrecht, mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines
Fruchtnießers zu.
Auslegung der Substitutionen.
§. 614. Ist eine
Substitution zweifelhaft ausgedrückt; so ist sie auf eine solche Art
auszulegen, wodurch die Freyheit des Erben, über das Eigenthum zu verfügen, am
mindesten eingeschränkt wird.
Erlöschungsarten der
gemeinen und fideicommissarischen Substitution.
§. 615. Die gemeine
Substitution erlischt, sobald der eingesetzte Erbe die Erbschaft angetreten
hat; die fideikommissarische, wenn keiner von den berufenen Nacherben mehr
übrig ist; oder wenn der Fall, für den sie errichtet worden, aufhört.
Sofern nicht ein
anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, geht das Recht des fideikommissarischen
Erben auch dann auf dessen Erben über (§ 537), wenn er den Eintritt des
Substitutionsfalles nicht erlebt.
§. 616. Ins besondere
verliert die einem Sinnlosen gemachte fideicommissarische Substitution (§§.
608-609.) ihre Kraft, wenn bewiesen wird, daß er zur Zeit seiner letzten
Anordnung bey voller Besonnenheit war; oder, wenn ihm das Gericht wegen
erlangten Verstandgebrauches die freye Verwaltung des Vermögens eingeräumt hat;
und die Substitution lebt nicht wieder auf, ob er gleich wegen Rückfalls wieder
unter einen Curator gesetzt worden ist, und in der Zwischenzeit keine letzte
Anordnung errichtet hat.
§. 617. Die von einem
Erblasser seinem Kinde zur Zeit, da es noch keine Nachkommenschaft hatte,
gemachte Substitution erlischt, wenn dasselbe erbfähige Nachkommen hinterlassen
hat.
Fideicommiß.
§. 618. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Hauptarten der Fideicommisse:
§. 619. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 620. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Erbfolge in denselben.
§. 621. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 622. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 623. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 624. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 625. (Anm.: Aufgehoben
durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 626. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Bedingungen zur Errichtung eines Fideicommisses.
§. 627. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Widerruf der Errichtung.
§. 628. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Grundsatz über die
Rechte der Anwärter u. des Inhabers des Fideicommisses.
§. 629. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Besondere Rechte der Anwärter.
§. 630. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Uneingeschränkte Rechte des Inhabers u. Verbindlichkeiten desselben.
§. 631. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Eingeschränkte Rechte:
a) zur Verzichtung und Verpfändung.
§. 632. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
b) zur Verwandlung, Vertauschung oder Erbverpachtung des
Fideicommiß-Gutes.
§. 633. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 634. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
c) Verschuldung.
§. 635. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Bestimmung des zu verschuldenden Drittheils,
§. 636. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
und des Werthes des Fideicommiß-Gutes.
§. 637. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Art der Rückzahlung.
§. 638. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 639. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Haftung des Nachfolgers für die Schulden.
§. 640. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 641. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 642. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Theilung der Früchte des letzten Jahres.
§. 643. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Auflösung,
§. 644. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
oder Erlöschung eines Fideicommisses.
§. 645. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Unterschied eines Fideicommisses von Stiftungen.
§. 646. Von den
Substitutionen und Fideicommissen unterscheiden sich die Stiftungen, wodurch
die Einkünfte von Capitalien, Grundstücken oder Rechten zu gemeinnützigen
Anstalten, als: für geistliche Pfründen, Schulen, Kranken- oder Armenhäuser;
oder zum Unterhalte gewisser Personen auf alle folgende Zeiten bestimmt werden.
Die Vorschriften über Stiftungen sind in den politischen Verordnungen
enthalten.
Eilftes Hauptstück.
Von Vermächtnissen.
Von wem, wie und wem legiret;
§. 647. Zur Gültigkeit eines
Vermächtnisses (§. 535.) ist nothwendig, daß es von einem fähigen Erblasser,
einer Person, die zu erben fähig ist, durch eine gültige letzte
Willenserklärung hinterlassen werde.
§. 648. Der Erblasser
kann auch Einem oder mehrern Miterben ein Vermächtniß vorausbestimmen, in
Rücksicht desselben sind sie nur als Legatare zu betrachten.
und wer mit der Entrichtung des Vermächtnisses beschweret werden könne.
§. 649. Die
Vermächtnisse fallen in der Regel allen Erben, selbst in dem Falle, daß die
einem Miterben gehörige Sache vermacht worden ist, nach Maß ihres Erbtheiles
zur Last. Es hängt jedoch von dem Erblasser ab, ob er die Abführung des Legats
einem Miterben, oder auch einem Legatar besonders auftragen wolle.
§. 650. Ein Legatar
kann sich von der vollständigen Erfüllung des ihm aufgetragenen weitern
Vermächtnisses aus dem Grunde, daß es den Werth des ihm zugedachten Legats
übersteige, nicht entschlagen. Nimmt er aber das Legat nicht an; so muß
derjenige, dem es zufällt, den Auftrag übernehmen, oder das ihm zugefallene
Vermächtniß dem darauf gewiesenen Vermächtnißnehmer überlassen.
§. 651. Ein Erblasser,
welcher ein Legat einer gewissen Classe von Personen, als: Verwandten,
Dienstpersonen oder Armen zugedacht hat, kann die Vertheilung, welchen aus diesen
Personen, und, was jeder zukommen soll, dem Erben oder einem Dritten
überlassen. Hat der Erblasser hierüber nichts bestimmt; so bleibt die Wahl dem
Erben vorbehalten.
Substitutionen bey Vermächtnissen.
§. 652. Der Erblasser
kann bey einem Vermächtnisse eine gemeine, oder fideicommissarische
Substitution anordnen; dabey sind die in dem vorigen Hauptstücke gegebenen
Vorschriften anzuwenden.
Gegenstände eines Vermächtnisses.
§. 653. Alles, was im
gemeinen Verkehre steht: Sachen, Rechte, Arbeiten und andere Handlungen, die
einen Werth haben, können vermacht werden.
§. 654. Werden Sachen
vermacht, die zwar im gemeinen Verkehre stehen, die aber der Legatar zu
besitzen für seine Person unfähig ist, so wird ihm der ordentliche Werth
vergütet.
Allgemeine Auslegungsregel bey Vermächtnissen.
§. 655. Worte werden
auch bey Vermächtnissen in ihrer gewöhnlichen Bedeutung genommen; es müßte denn
bewiesen werden, daß der Erblasser mit gewissen Ausdrücken einen ihm eigenen
besondern Sinn zu verbinden gewohnt gewesen ist; oder, daß das Vermächtniß
sonst ohne Wirkung wäre.
Besondere Vorschriften über das Vermächtniß:
a) von Sachen einer gewissen Gattung;
§. 656. Hat der
Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung, aber ohne eine nähere
Bestimmung, vermacht, und sind mehrere solche Sachen in der Verlassenschaft
vorhanden; so steht dem Erben die Wahl zu. Er muß aber ein Stück wählen, wovon
der Legatar Gebrauch machen kann. Wird dem Legatar überlassen, Eine von den
mehrern Sachen zu nehmen oder zu wählen; so kann er auch die beste wählen.
§. 657. Wenn der
Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung ausdrücklich nur aus
seinem Eigenthume vermacht hat, und es finden sich dergleichen gar nicht in der
Verlassenschaft; so verliert das Vermächtniß seine Wirkung. Finden sie sich
nicht in der verordneten Menge; so muß sich der Legatar mit den vorhandenen
begnügen.
§. 658. Vermacht der
Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung nicht ausdrücklich aus
seinem Eigenthume, und es finden sich dergleichen nicht in der Verlassenschaft;
so muß der Erbe sie dem Legatar in einer, dessen Stande und Bedürfnissen
angemessenen, Eigenschaft verschaffen. Das Legat einer Summe Geldes verbindet
den Erben zur Zahlung derselben, ohne Rücksicht, ob bares Geld in der Verlassenschaft
vorhanden sey oder nicht.
§. 659. Der Erblasser
kann die Auswahl, welche Sache aus mehrern der Legatar haben soll, auch einem
Dritten überlassen. Schlägt sie dieser aus oder ist er vor getroffener Auswahl
gestorben; so bestimmt die Gerichtsbehörde das Legat mit Rücksicht auf den
Stand und das Bedürfniß des Legatars. Diese gerichtliche Bestimmung tritt auch
in dem Falle ein, daß der Legatar vor der ihm überlassenen Auswahl verstorben
ist.
b) das Vermächtniß
einer bestimmten Sache;
§. 660. Das Vermächtniß
einer bestimmten Sache kann von dem Legatar, wenn es in Einer oder in
verschiedenen Anordnungen wiederhohlt wird, nicht zugleich in Natur, und dem
Werthe nach verlangt werden. Andere Vermächtnisse, ob sie gleich eine Sache der
nähmlichen Art oder den nähmlichen Betrag enthalten, gebühren dem Legatar so
oft, als sie wiederhohlt worden sind.
§. 661. Das Vermächtniß
ist ohne Wirkung, wenn das vermachte Stück zur Zeit der letzten Anordnung schon
ein Eigenthum des Legatars war. Hat er es später an sich gebracht; so wird ihm
der ordentliche Werth bezahlt. Wenn er es aber von dem Erblasser selbst und
zwar unentgeldlich erhalten hat, ist das Vermächtniß für aufgehoben zu halten.
c) einer fremden Sache;
§. 662. Das Vermächtniß
einer fremden Sache, die weder dem Erblasser, noch dem Erben oder Legatar,
welcher sie einem Dritten leisten soll, gehört, ist wirkungslos. Gebührt den
erwähnten Personen ein Antheil oder Anspruch an der Sache; so ist das
Vermächtniß nur von diesem Anspruche oder Antheile zu verstehen. Ist die
vermachte Sache verpfändet oder belastet; so übernimmt der Empfänger auch die
darauf haftenden Lasten. Wenn aber der Erblasser ausdrücklich verordnet, daß
eine bestimmte fremde Sache gekauft, und dem Legatar geleistet werden solle,
der Eigenthümer hingegen sie um den Schätzungspreis nicht veräußern will; so
ist dem Legatar dieser Werth zu entrichten.
d) einer Forderung;
§. 663. Das Vermächtniß
einer Forderung, die der Erblasser an den Legatar zu machen hat, verpflichtet
den Erben, den Schuldschein zurückzustellen; oder, dem Legatar die Befreyung
von der Schuld und den rückständigen Zinsen auszufertigen.
§. 664. Vermacht der
Erblasser jemanden eine Forderung, die er an einen Dritten zu stellen hat; so
muß der Erbe die Forderung sammt den rückständigen und weiter laufenden Zinsen
dem Legatar überlassen.
§. 665. Das Vermächtniß
der Schuld, die der Erblasser dem Legatar zu entrichten hat, hat die Wirkung,
daß der Erbe die von dem Erblasser bestimmt ausgedrückte, oder von dem Legatar
ausgewiesene Schuld anerkennen, und sie, ohne Rücksicht auf die in der
Schuldverschreibung enthaltenen Bedingungen oder Fristen, längstens in der zur
Abführung der übrigen Legate bestimmten Zeitfrist berichtigen muß. Den
gefährdeten Gläubigern des Erblassers aber kann dessen Anerkennung nicht zum
Nachtheile gereichen.
§. 666. Die Erlassung
der Schuld ist nur von den gegenwärtigen, nicht auch von den erst nach dem
errichteten Vermächtnisse entstandenen Schulden zu verstehen. Wird durch ein
Vermächtniß das Pfandrecht, oder die Bürgschaft erlassen; so folgt daraus
nicht, daß auch die Schuld erlassen worden sey. Werden die Zahlungsfristen
verlängert; so müssen doch die Zinsen fort bezahlt werden.
§. 667. Wenn der
Erblasser einer Person eine Summe schuldig ist, und ihr eine gleiche Summe
vermacht; so wird nicht vermuthet, daß er die Schuld mit dem Vermächtnisse habe
tilgen wollen. Der Erbe bezahlt in diesem Falle die Summe doppelt; ein Mahl als
Schuld, und dann als Vermächtniß.
§. 668. Unter dem
Vermächtnisse aller ausstehenden Forderungen sind doch weder die Forderungen
aus öffentlichen Credits-Papieren, noch auch die auf einem unbeweglichen Gute
haftenden Capitalien, oder die aus einem dinglichen Rechte entstehenden
Forderungen begriffen.
e) des Heirathsgutes;
§. 669. Das Heirathsgut
kann vermacht werden, entweder um den Gatten von der Zurückzahlung desselben zu
befreyen; oder, um den Erben zu verpflichten, daß er der Gattinn die als
Heirathsgut eingebrachte Summe oder Sache ohne Beweis, und ohne Abzug der
darauf verwendeten Kosten abführe. Hier gelten die für andere vermachte
Forderungen gegebenen Vorschriften.
§. 670. Vermacht der
Erblasser einer dritten Person ein unbestimmtes Heiratsgut, so versteht man
darunter, ohne Rücksicht auf ihr eigenes Vermögen, ein solches Heiratsgut, das
die Eltern dieser Person zu geben schuldig wären, wenn sie ein ihren
Lebensverhältnissen entsprechendes durchschnittliches Vermögen hätten.
§. 671. Vermachen
Aeltern den Töchtern ein Heirathsgut; so wird dasselbe, wofern es nicht ausdrücklich
als ein Vorausvermächtniß erkläret worden, in den gesetzlichen oder
letztwilligen Erbtheil eingerechnet.
f) des Unterhaltes; der
Erziehung; oder Kost;
§. 672. Das Vermächtniß
des Unterhaltes begreift Nahrung, Kleidung, Wohnung und die übrigen Bedürfnisse,
und zwar auf lebenslang, wie auch den nöthigen Unterricht in sich. Alles dieses
wird auch unter Erziehung verstanden. Die Erziehung endigt sich mit der
Volljährigkeit. Unter Kost wird Speise und Trank auf lebenslang begriffen.
§. 673. Das Maß der im
vorstehenden §. angeführten Vemächtnisse, wenn es weder aus dem ausdrücklichen,
noch aus dem stillschweigenden, durch die bisherige Unterstützung erklärten
Willen des Erblassers erhellet, muß nach dem Stande bestimmt werden, welcher
dem Legatar eigen ist, oder, wozu er durch die genossene Verpflegung
vorbereitet worden ist.
g) der Mobilien; des
Hausrathes;
§. 674. Unter Mobilien
(Meublen) werden nur die zum anständigen Gebrauche der Wohnung; unter Hausrath
oder Einrichtung zugleich die zur Führung der Haushaltung erforderlichen
Geräthschaften verstanden. Die Werkzeuge zum Betriebe der Gewerbes sind, ohne
eine deutlichere Erklärung, darunter nicht begriffen.
h) eines Behältnisses;
§. 675. Ist jemanden
ein Behältniß vermacht worden, welches nicht für sich selbst bestehet, sondern
nur ein Theil eines Ganzen ist; so wird in der Regel vermuthet, daß nur
diejenigen Stücke zugedacht worden sind, welche sich bey dem Ableben des
Erblassers darin vorfinden, und zu deren Aufbewahrung das Behältniß seiner
Natur nach bestimmt, oder von dem Erblasser gewöhnlich verwendet worden ist.
§. 676. Ist hingegen
das Behältniß beweglich, oder doch eine für sich bestehende Sache; so hat der
Legatar nur auf das Behältniß, nicht auch auf die darin befindlichen Sachen
Anspruch.
§. 677. Wird ein
Schrank, ein Kasten oder eine Lade mit allen darin befindlichen Sachen
vermacht; so rechnet man dazu auch Gold und Silber, Schmuck und bares Geld,
selbst die vom Legatar dem Erblasser ausgestellten Schuldscheine. Andere
Schuldscheine oder Urkunden, worauf sich Forderungen und Rechte des Erblassers
gründen, werden nur dann dazu gerechnet, wenn sich außer denselben nichts in
dem Behältnisse befindet. Zu einem Vermächtnisse flüssiger Sachen gehören auch
die zu ihrer Verführung bestimmten Gefäße.
i) der Juwelen, des
Schmuckes und Putzes;
§. 678. Unter Juwelen
werden in der Regel nur Edelsteine und gute Perlen; unter Schmuck auch die
unechten Steine, und das aus Gold oder Silber verfertigte oder damit überzogene
Geschmeide, welches zur Zierde der Person dient; und unter Putz dasjenige
verstanden, was außer Schmuck, Geschmeide und Kleidungsstücken zur Verzierung
der Person gebraucht wird.
k) des Goldes oder
Silbers; der Wäsche; Equipage;
§. 679. Das Vermächtniß
des Goldes oder Silbers begreift das verarbeitete und unverarbeitete, doch
nicht das gemünzte noch auch dasjenige in sich, was nur ein Theil oder eine
Verzierung eines andern Verlassenschaftsstückes, z. B. einer Uhr oder Dose,
ausmacht. Die Wäsche wird nicht zur Kleidung, und Spitzen werden nicht zur
Wäsche, sondern zum Putze gerechnet. Unter Equipage werden die zur
Bequemlichkeit des Erblassers bestimmten Zugpferde und Wagen sammt dem dazu
gehörigen Geschirre; nicht auch Reitpferde und Reitzeug verstanden.
l) der Barschaft;
§. 680. Zur Barschaft
gehören auch jene öffentlichen Credits-Papiere, welche im ordentlichen Umlaufe
die Stelle des baren Geldes vertreten.
m) Ueber die Benennung:
Kinder;
§. 681. Unter dem
Worte: Kinder, werden, wenn der Erblasser die Kinder eines Andern bedenkt, nur
die Söhne und Töchter: wenn er aber seine eigenen Kinder bedenkt, auch die an
deren Stelle tretenden Nachkömmlinge begriffen, welche bey dem Ableben des
Erblassers schon erzeugt waren.
n) Verwandte;
§. 682. Ein ohne nähere
Bestimmung für die Verwandten ausgesetztes Vermächtniß wird denjenigen, welche
nach der gesetzlichen Erbfolge die nächsten sind, zugewendet, und die oben in
dem §. 559. über die Vertheilung einer Erbschaft unter solchen Personen, welche
für eine Person angesehen werden, aufgestellte Regel ist auch auf Vermächtnisse
anzuwenden.
o) Dienstpersonen.
§. 683. Hat der
Erblasser seinen Dienstpersonen ein Vermächtniß hinterlassen, und sie bloß
durch das Dienstverhältniß bezeichnet; so wird vermuthet, daß es diejenigen
erhalten sollen, welche zur Zeit seines Ablebens in dem Dienstverhältnisse
stehen. Doch kann in diesem, so wie in den übrigen Fällen, die Vermuthung durch
entgegengesetzte stärkere Vermuthungsgründe aufgehoben werden.
Anfallstag bey den
Vermächtnissen.
§. 684. Der Legatar
erwirbt in der Regel (§. 699.) gleich nach dem Tode des Erblassers für sich und
seine Nachfolger ein Recht auf das Vermächtniß. Das Eigenthumsrecht auf die
vermachte Sache aber kann nur nach den für die Erwerbung des Eigenthumes in dem
fünften Hauptstücke aufgestellten Vorschriften erlanget werden.
Zahlungstag.
§. 685. Das Vermächtniß
einzelner Verlassenschaftsstücke und darauf sich beziehender Rechte, kleine
Belohnungen des Dienstgesindes, und fromme Vermächtnisse können sogleich;
andere aber erst nach einem Jahre, von dem Tode des Erblassers, gefordert
werden.
§. 686. Bey dem
Vermächtnisse eines einzelnen Verlassenschaftsstückes kommen dem Legatar auch
die seit dem Tode des Erblassers laufenden Zinsen, entstandenen Nutzungen, und
jeder andere Zuwachs zu Statten. Er trägt hingegen auch alle auf dem Legate
haftende Lasten und selbst den Verlust, wenn es ohne Verschulden eines Andern
vermindert wird, oder gänzlich zu Grunde geht.
§. 687. Wird jemanden
ein in wiederkehrenden Fristen, als: alle Jahre, Monathe und dergleichen zu leistender
Betrag vermacht; so erhält der Legatar ein Recht auf den ganzen Betrag dieser
Frist, wenn er auch nur den Anfang der Frist erlebt hat. Doch kann der Betrag
erst mit Ablauf der Frist gefordert werden. Die erste Frist fängt mit dem
Sterbetage des Erblassers zu laufen an.
Recht des Legatars zur
Sicherstellung.
§. 688. In allen
Fällen, in welchen ein Gläubiger von einem Schuldner Sicherstellung zu fordern
berechtigt ist; kann auch ein Legatar die Sicherstellung seines Legates verlangen.
Wie die Einverleibung eines Vermächtnisses, zur Begründung eines dinglichen
Rechtes, geschehen müsse, ist oben §. 437. vorgeschrieben worden.
Wem ein erledigtes
Vermächtniß zufalle?
§. 689. Ein
Vermächtniß, welches der Legatar nicht annehmen kann oder will, fällt auf den
Nachberufenen. (§. 652). Ist kein Nachberufener vorhanden, und ist das ganze
Vermächtniß mehrern Personen ungetheilt oder ausdrücklich zu gleichen Theilen
zugedacht; so wächst der Antheil, den einer von ihnen nicht erhält, den übrigen
eben so, wie den Miterben die Erbschaft zu. Außer den gedachten zwey Fällen
bleibt das erledigte Vermächtniß in der Erbschafts-Masse.
Recht des Erben, wenn
die Lasten die Masse erschöpfen;
§. 690. Wenn die ganze
Erbschaft durch Vermächtnisse erschöpft ist; so hat der Erbe nichts weiter, als
die Vergütung seiner zum Besten der Masse gemachten Auslagen und eine seinen
Bemühungen angemessene Belohnung zu fordern. Will er den Nachlaß nicht selbst
verwalten; so muß er um die Aufstellung eines Curators anlangen.
§. 691. Können nicht
alle Legatare aus der Verlassenschafts-Masse befriediget werden; so wird das
Legat des Unterhaltes vor allen andern entrichtet, und dem Legatar gebührt der
Unterhalt von dem Tage des Erbanfalles.
oder gar übersteigen.
§. 692. Reicht die
Verlassenschaft zur Bezahlung der Schulden, anderer pflichtmäßigen Auslagen,
und zur Berichtigung aller Vermächtnisse nicht zu; so leiden die Legatare einen
verhältnißmäßigen Abzug. Daher ist der Erbe, so lange eine solche Gefahr
obwaltet, die Vermächtnisse ohne Sicherstellung zu berichtigen nicht schuldig.
§. 693. Im Falle aber,
daß die Legatare die Vermächtnisse bereits empfangen haben, wird der Abzug nach
dem Werthe, den das Vermächtniß zur Zeit des Empfanges hatte, und den daraus
gezogenen Nutzungen bestimmt. Doch steht dem Legatar auch nach empfangenem
Vermächtnisse noch immer frey, zur Vermeidung des Beytrages, das Vermächtniß,
oder den oben erwähnten Werth und die bezogenen Nutzungen in die Masse
zurückzustellen; in Rücksicht der Verbesserungen und Verschlimmerungen wird er
als ein redlicher Besitzer behandelt.
Von den gesetzlichen
Beyträgen zu öffentlichen Anstalten.
§. 694. Die Beyträge,
welche ein Erblasser nach den politischen Vorschriften zur Unterstützung der
Armen-, Invaliden- und Krankenhäuser und des öffentlichen Unterrichtes in dem
Testamente ausgesetzt hat, sind nicht als Vermächtnisse anzusehen; sie sind
eine Staatsauflage, müssen selbst von den gesetzlichen Erben entrichtet, und
können nicht nach den Grundsätzen des Privat-Rechtes, sondern nur nach den
politischen Verordnungen beurtheilt werden.
Zwölftes Hauptstück.
Von Einschränkung und
Aufhebung des letzten Willens.
Recht des Erblassers
zur Einschränkung oder Aenderung seines letzten Willens.
§. 695. Der Erblasser
kann seine Anordnung auf eine Bedingung; auf einen Zeitpunct; durch einen
Auftrag; oder, eine erklärte Absicht einschränken. Er kann auch sein Testament
oder Codicill abändern, oder es ganz aufheben.
Arten der Einschränkung
des letzten Willens:
1) Bedingung.
§. 696. Eine Bedingung
heißt eine Ereignung, wovon ein Recht abhängig gemacht wird. Die Bedingung ist
bejahend oder verneinend, je nachdem sie sich auf den Erfolg, oder Nichterfolg
der Ereignung bezieht. Sie ist aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst
nach ihrer Erfüllung zu seiner Kraft gelangt; sie ist auflösend, wenn das
zugedachte Recht bey ihrem Eintritte verloren geht.
Vorschriften:
a) über
unverständliche;
§. 697. Ganz
unverständliche Bedingungen sind für nicht beygesetzt zu achten.
b) unmögliche oder
unerlaubte;
§. 698. Die Anordnung,
wodurch jemanden unter einer aufschiebenden unmöglichen Bedingung ein Recht
ertheilt wird, ist ungültig, obschon die Erfüllung der Bedingung erst in der
Folge unmöglich, und die Unmöglichkeit den Erblasser bekannt geworden wäre.
Eine auflösende unmögliche Bedingung wird als nicht beygesetzt angesehen. Alles
dieses gilt auch von den unerlaubten Bedingungen.
c) mögliche und
erlaubte Bedingungen;
§. 699. Sind die
Bedingungen möglich und erlaubt; so kann das davon abhängende Recht nur durch
ihre genaue Erfüllung erworben werden, sie mögen vom Zufalle, von dem Willen
des bedachten Erben, Legatars, oder eines Dritten abhängen.
d) Bedingung der
Nichtverehelichung;
§. 700. Die Bedingung,
daß der Erbe oder der Legatar sich, selbst nach erreichter Volljährigkeit,
nicht verehelichen solle, ist als nicht beygesetzt anzusehen. Nur eine
verwitwete Person muß, wenn sie Ein oder mehrere Kinder hat, die Bedingung
erfüllen. Die Bedingung, daß der Erbe oder Legatar eine bestimmte Person nicht
heirathe, kann gültig auferlegt werden.
e) wenn die Bedingung
bey dem Leben des Erblassers erfüllet worden.
§. 701. Ist die in der
letzten Willenserklärung vorgeschriebene Bedingung schon bey dem Leben des Erblassers
eingetroffen; so muß die Erfüllung derselben nach dem Tode des Erblassers nur
dann wiederhohlt werden, wenn die Bedingung in einer Handlung des Erben oder
Legatars besteht, welche von ihm wiederhohlt werden kann.
Ob die Bedingung auch
auf die Nachberufenen auszudehnen sey.
§. 702. Eine dem Erben
oder Legatar beygerückte Bedingung ist, ohne ausdrückliche Erklärung des
Erblassers, auf den von dem Erblasser nachberufenen Erben oder Legatar nicht
auszudehnen.
Wirkung einer möglichen
aufschiebenden Bedingung.
§. 703. Zur Erwerbung
eines unter einer aufschiebenden Bedingung zugedachten Nachlasses ist
nothwendig, daß die bedachte Person die Erfüllung der Bedingung überlebe, und
bey dem Eintritte derselben erbfähig sey.
2) Zeitpunct.
§. 704. Ist es ungewiß,
ob der Zeitpunct, auf welchen der Erblasser das zugedachte Recht eingeschränkt,
kommen oder nicht kommen werde; so wird diese Einschränkung als eine Bedingung
angesehen.
§. 705. Ist der
Zeitpunct von der Art, daß er kommen muß; so wird das zugedachte Recht, wie
andere unbedingte Rechte, auch auf die Erben der bedachten Person übertragen,
und nur die Uebergabe bis zum gesetzten Termine verschoben.
§. 706. Wäre es
offenbar, daß die in der letzten Anordnung ausgemessene Zeit nie kommen könne;
so wird die Bestimmung dieser Zeit wie die Beysetzung einer unmöglichen
Bedingung angesehen. Nur in dem Falle, daß der Erblasser wahrscheinlich bloß in
der Berechnung der Zeit sich geirret hat, wird der Zeitpunct nach dem
wahrscheinlichen Willen des Erblasser zu bestimmen seyn.
Rechtsverhältniß bey
einer Bedingung oder einem Zeitpuncte zwischen der bedachten und ihr
nachfolgenden Person.
§. 707. So lange das
Recht des Erben oder des Legatars wegen einer noch nicht erfüllten Bedingung,
oder wegen des noch nicht gekommenen Zeitpunctes verschoben bleibt; so lange
finden im ersten Falle zwischen dem gesetzlichen und eingesetzten Erben; und im
zweyten Falle zwischen dem Erben und Legatar, in Hinsicht auf den einstweiligen
Besitz und Genuß des Nachlasses oder Legates, die nähmlichen Rechte und
Verbindlichkeiten, wie bey einer fideicommissarischen Substitution, Statt.
§. 708. Wer eine
Erbschaft oder ein Vermächtniß unter einer verneinenden oder auflösenden
Bedingung; oder, nur auf eine gewisse Zeit erhält, hat gegen den, welchem die
Erbschaft, oder das Vermächtniß, beym Eintritte der Bedingung, oder des
bestimmten Zeitpunctes zufällt, die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten,
welche einem Erben oder Legatar gegen den fideicommissarischen Substituten
zukommen (§. 613).
3) Auftrag.
§. 709. Hat der
Erblasser jemanden einen Nachlaß unter einem Auftrage zugewendet; so ist dieser
Auftrag als eine auflösende Bedingung anzusehen, daß durch die Nichterfüllung
des Auftrages der Nachlaß verwirkt werden solle (§. 696).
§. 710. In dem Falle,
daß der Auftrag nicht genau erfüllet werden kann, muß man demselben wenigstens
nach Möglichkeit nahe zu kommen suchen. Kann auch dieses nicht geschehen; so
behält doch der Belastete, wofern aus dem Willen des Erblassers nicht das
Gegentheil erhellet, den zugedachten Nachlaß. Wer sich zur Erfüllung des
Auftrages selbst unfähig gemacht hat, wird des ihm zugedachten Nachlasses
verlustig.
§. 711. Wenn der
Erblasser die Absicht, wozu er den Nachlaß bestimmt, zwar ausgedrückt, aber
nicht zur Pflicht gemacht hat, so kann die bedachte Person nicht angehalten
werden, den Nachlaß zu dieser Absicht zu verwenden.
§. 712. Die Anordnung,
wodurch der Erblasser seinem Erben eine unmögliche oder unerlaubte Handlung mit
dem Beysatze aufträgt, daß er, wofern er den Auftrag nicht befolgte, einem
Dritten ein Legat entrichten soll, ist ungültig.
Von Aufhebung der
Anordnungen, und zwar: 1) durch Errichtung einer neuen Anordnung; eines
Testamentes;
§. 713. Ein früheres
Testament wird durch ein späteres gültiges Testament nicht nur in Rücksicht der
Erbseinsetzung, sondern auch in Rücksicht der übrigen Anordnungen aufgehoben;
dafern der Erblasser in dem letztern nicht deutlich zu erkennen gibt, daß das
frühere ganz oder zum Theil bestehen solle. Diese Vorschrift gilt auch dann,
wenn in dem spätern Testamente der Erbe nur zu einem Theile der Erbschaft
berufen wird. Der übrig bleibende Theil fällt nicht den in dem frühern
Testamente eingesetzten, sondern den gesetzlichen Erben zu.
oder Codicills;
§. 714. Durch ein
späteres Codicill, deren mehrere neben einander bestehen können, werden frühere
Vermächtnisse oder Codicille nur in so fern aufgehoben, als sie mit demselben
im Widerspruche stehen.
§. 715. Kann man nicht
entscheiden, welches Testament oder Codicill das spätere sey; so gelten, in so
fern sie neben einander bestehen können, beyde, und es kommen die im Hauptstück
von der Gemeinschaft des Eigenthums aufgestellten Vorschriften zur Anwendung.
ungeachtet der früher
erklärten Unabänderlichkeit.
§. 716. Der in einem
Testament oder Kodizill angehängte Beisatz: daß jede spätere Anordnung
überhaupt, oder, wenn sie nicht mit einem bestimmten Merkmale bezeichnet ist,
null und nichtig sein solle, ist als nicht beigesetzt anzusehen.
2) durch Widerruf;
§. 717. Will der
Erblasser seine Anordnung aufheben, ohne eine neue zu errichten; so muß er sie
ausdrücklich entweder mündlich, oder schriftlich widerrufen, oder die Urkunde
vertilgen.
§. 718. Der Widerruf
kann nur in einem solchen Zustande gültig geschehen, worin man einen letzten
Willen zu erklären fähig ist.
a) einen
ausdrücklichen;
§. 719. Ein mündlicher
Widerruf einer gerichtlichen oder außergerichtlichen letzten Anordnung
erfordert so viele und solche Zeugen, als zur Gültigkeit eines mündlichen
Testamentes nöthig sind; ein schriftlicher aber, eine von dem Erblasser
eigenhändig geschriebene und unterschriebene, oder wenigstens von ihm und den
zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen Zeugen unterfertigte
Erklärung.
§. 720. Eine Anordnung des
Erblassers, wodurch er dem Erben oder Legatar unter angedrohter Entziehung
eines Vortheiles verbiethet, den letzten Willen zu bestreiten, soll für den
Fall, daß nur die Echtheit oder der Sinn der Erklärung angefochten wird, nie
von einer Wirkung seyn.
b) stillschweigenden;
§. 721. Wer in seinem
Testamente oder Codicille die Unterschrift durchschneidet; sie durchstreicht;
oder, den ganzen Inhalt auslöscht, vertilgt es. Wenn von mehreren
gleichlautenden Urkunden nur Eine vertilgt worden; so kann man daraus auf
keinen Widerruf schließen.
§. 722. Sind die
gedachten Verletzungen der Urkunde nur zufällig geschehen; oder, ist die
Urkunde in Verlust geraten; so verliert der letzte Wille seine Wirkung nicht;
wenn anders der Zufall und der Inhalt der Urkunde erwiesen wird.
§. 723. Hat ein
Erblasser eine spätere Anordnung vernichtet, die frühere schriftliche Anordnung
aber unversehrt gelassen; so kommt die frühere schriftliche wieder zur Kraft.
Eine mündliche frühere Anordnung lebt dadurch nicht wieder auf.
oder c) vermutheten.
§. 724. Ein Legat wird
für widerrufen angesehen, wenn der Erblasser die vermachte Forderung
eingetrieben und erhoben; wenn er die jemanden zugedachte Sache veräußert, und
nicht wieder zurück erhalten; oder wenn er sie auf eine solche Art in eine
andere verwandelt hat, daß die Sache ihre vorige Gestalt und ihren vorigen
Rahmen verliert.
§. 725. Wenn aber der
Schuldner die Forderung aus eigenem Antriebe berichtiget hat; wenn die
Veräußerung des Legats auf gerichtliche Anordnung geschehen; wenn die Sache
ohne Einwilligung des Erblassers verwandelt worden ist; so besteht das Legat.
3) durch Entsagung der
Erben.
§. 726. Will oder kann
weder ein Erbe, noch ein Nacherbe die Verlassenschaft annehmen; so fällt das
Erbrecht auf die gesetzlichen Erben. Diese sind aber verpflichtet, die übrigen
Verfügungen des Erblassers zu befolgen. Entsagen auch sie der Erbschaft; so
werden die Legatare verhältnißmäßig als Erben betrachtet.
Dreyzehntes Hauptstück.
Von der gesetzlichen
Erbfolge.
Fälle der gesetzlichen
Erbfolge.
§. 727. Wenn der
Verstorbene keine gültige Erklärung des letzten Willens hinterlassen; wenn er
in derselben nicht über sein ganzen Vermögen verfüget; wenn er die Personen,
denen er kraft des Gesetzes einen Erbtheil zu hinterlassen schuldig war, nicht
gehörig bedacht hat; oder, wenn die eingesetzten Erben die Erbschaft nicht
annehmen können oder wollen; so findet die gesetzliche Erbfolge ganz oder zum
Theile Statt.
§. 728. In Ermangelung
einer gültigen Erklärung des letzten Willens fällt die ganze Verlassenschaft
des Verstorbenen den gesetzlichen Erben zu. Ist aber eine gültige Erklärung des
letzten Willens vorhanden; so kommt ihnen derjenige Erbtheil zu, welcher in
derselben Niemanden zugedacht ist.
Vorschrift für den Fall
des verkürzten Pflichttheiles.
§. 729. Ist eine
Person, welcher der Erblasser kraft der Gesetze einen Erbtheil zu hinterlassen
schuldig war, durch eine letzte Willenserklärung verkürzt worden; so kann sie
sich auf die Vorschrift des Gesetzes berufen, und den nach Maßgabe des
folgenden Hauptstückes ihr gebührenden Erbtheil gerichtlich fordern.
Gesetzliche Erben;
I.) Die Verwandten aus
einer ehelichen Abstammung.
§. 730. Gesetzliche
Erben sind zuvörderst diejenigen, welche mit dem Erblasser vermittelst
ehelicher Abstammung durch die nächste Linie verwandt sind. Die
Verwandtschafts-Linien werden auf folgende Art bestimmt.
Erbfähige Linien
derselben.
§. 731. Zur ersten
Linie gehören diejenigen, welche sich unter dem Erblasser, als ihrem Stamme,
vereinigen, nämlich: seine Kinder und ihre Nachkömmlinge.
Zur zweiten Linie
gehören des Erblassers Vater und Mutter samt denjenigen, die sich mit ihm unter
Vater und Mutter vereinigen, nämlich: seine Geschwister und ihre Nachkömmlinge.
Zur dritten Linie
gehören die Großeltern samt den Geschwistern der Eltern und ihren
Nachkömmlingen.
Von der vierten Linie
sind nur des Erblassers erste Urgroßeltern zur Erbfolge berufen.
1. Linie: Die Kinder;
§. 732. Wenn der
Erblasser eheliche Kinder des ersten Grades hat, so fällt ihnen die ganze
Erbschaft zu; sie mögen männlichen oder weiblichen Geschlechtes; sie mögen bey
Lebzeiten des Erblassers oder nach seinem Tode geboren seyn. Mehrere Kinder
theilen die Erbschaft nach ihrer Zahl in gleiche Theile. Enkel von noch
lebenden Kindern, und Urenkel von noch lebenden Enkeln haben kein Recht zur
Erbfolge.
§. 733. Ist ein Kind des Erblassers vor ihm
gestorben, und sind von demselben Ein oder mehrere Enkel vorhanden; so fällt
der Antheil, welcher dem verstorbenen Kinde gebührt hätte, diesem
nachgelassenen Enkel ganz, oder den mehrern Enkeln zu gleichen Theilen zu. Ist
von diesen Enkeln ebenfalls Einer gestorben und hat Urenkel nachgelassen; so
wird auf die nähmliche Art der Antheil des verstorbenen Enkels unter die
Urenkel gleich getheilt. Sind von einem Erblasser noch entferntere
Nachkömmlinge vorhanden; so wird die Theilung verhältnißmäßig nach der eben
gegebenen Vorschrift vorgenommen.
§. 734. Auf diese Art wird eine Erbschaft nicht nur
dann getheilet, wenn Enkel von verstorbenen Kindern mit noch lebenden Kindern, oder
entferntere Nachkömmlinge mit nähern Nachkömmlingen des Erblassers
zusammentreffen; sondern auch dann, wenn die Erbschaft bloß zwischen Enkeln von
verschiedenen Kindern; oder zwischen Urenkeln von verschiedenen Enkeln zu
theilen ist. Es können also die von jedem Kinde nachgelassenen Enkel, und die
von jedem Enkel nachgelassenen Urenkel, ihrer seyn viele oder wenige, nie mehr
und nie weniger erhalten, als das verstorbene Kind oder der verstorbene Enkel
erhalten hätten, wenn sie am Leben geblieben wären.
2. Linie: Die Aeltern
und ihre Nachkömmlinge:
§. 735. Ist Niemand
vorhanden, der von dem Erblasser selbst abstammt; so fällt die Erbschaft auf
diejenigen, die mit ihm durch die zweyte Linie verwandt sind, nähmlich: auf
seine Aeltern und ihre Nachkömmlinge. Leben noch beyde Aeltern; so gebührt
ihnen die ganze Erbschaft zu gleichen Theilen. Ist Eines dieser Aeltern
verstorben; so treten dessen nachgelassene Kinder oder Nachkömmlinge in sein
Recht ein, und es wird die Hälfte, die dem Verstorbenen gebührt hätte, unter
sie nach jenen Grundsätzen getheilt, welche in den §§. 732-734 wegen Theilung
der Erbschaft zwischen Kindern und entferntern Nachkömmlingen des Erblassers
festgesetzt worden sind.
§. 736. Wenn beyde Aeltern des Erblassers verstorben sind, so wird jene
Hälfte der Erbschaft, welche dem Vater zugefallen wäre, unter seine
hinterlassenen Kinder und derselben Nachkömmlinge; die andere Hälfte aber,
welche der Mutter gebührt hätte, unter ihre Kinder und derselben Nachkömmlinge
nach den §§. 732-734. getheilet. Sind von diesen Aeltern keine andere als von
ihnen gemeinschaftlich erzeugte Kinder, oder derselben Nachkömmlinge vorhanden;
so theilen sie die beyden Hälften unter sich gleich. Sind aber außer diesen
noch Kinder vorhanden, die von dem Vater oder von der Mutter, oder von einem
und der andern in einer andern Ehe erzeugt worden sind; so erhalten die von dem
Vater und der Mutter gemeinschaftlich erzeugten Kinder oder ihre Nachkömmlinge
sowohl an der väterlichen, als an der mütterlichen Hälfte ihren gebührenden,
mit den einseitigen Geschwistern gleichen Antheil.
§. 737. Wenn Eines der verstorbenen Aeltern des Erblassers weder Kinder,
noch Nachkömmlinge hinterlassen hat; so fällt die ganze Erbschaft dem andern
noch lebenden Aelterntheile zu. Ist dieser Theil auch nicht mehr am Leben; so
wird die ganze Erbschaft unter seinen Kindern und Nachkömmlingen nach den
bereits angeführten Grundsätzen vertheilet.
3. Linie: Die Großältern und ihre Nachkommenschaft.
§. 738. Sind die Aeltern des Erblassers ohne Nachkömmlinge verstorben; so
kommt die Erbschaft auf die dritte Linie, nähmlich: auf des Erblassers
Großältern und ihre Nachkommenschaft. Die Erbschaft wird dann in zwey gleiche
Theile getheilet. Eine Hälfte gehört den Aeltern des Vaters und ihren
Nachkömmlingen; die andere den Aeltern der Mutter und ihren Nachkömmlingen.
§. 739. Jede dieser Hälften wird unter den Großältern der einen und der
anderen Seite, wenn sie beyde noch leben, gleich getheilt. Ist eines der
Großältern, oder sind beyde von der einen oder anderen Seite gestorben; so wird
die dieser Seite zugefallene Hälfte zwischen den Kindern und Nachkömmlingen
dieser Großältern nach jenen Grundsätzen getheilt, nach welchen in der zweyten
Linie die ganze Erbschaft zwischen den Kindern und Nachkömmlingen der Aeltern
des Erblassers getheilt werden muß. (§§. 735-737.)
§. 740. Sind von der väterlichen oder von der mütterlichen Seite beyde
Großältern verstorben, und weder von dem Großvater, noch von der Großmutter
dieser Seite Nachkömmlinge vorhanden; dann fällt den von der anderen Seite noch
lebenden Großältern, oder, nach derselben Tode, ihren hinterlassenen Kindern
und Nachkömmlingen die ganze Erbschaft zu.
Vierte Linie: Die Urgroßeltern.
§. 741. Nach gänzlicher Erlöschung der dritten Linie sind die
Urgroßeltern des Erblassers zur gesetzlichen Erbfolge berufen. Auf die
Großeltern des Vaters des Erblassers entfällt die eine Hälfte der Erbschaft,
auf die Großeltern der Mutter die andere Hälfte. In jede Hälfte der Erbschaft
teilen sich die beiden Großelternpaare zu gleichen Teilen. Ist ein Teil eines
Großelternpaares nicht vorhanden, so fällt das auf diesen Teil entfallende
Achtel der Erbschaft an den überlebenden Teil dieses Großelternpaares. Fehlt
ein Großelternpaar, so ist zu seinem Viertel das andere Großelternpaar desselben
Elternteiles des Erblassers berufen.
Fehlen die Großelternpaare des einen Elternteiles des Erblassers, so sind
zu der auf sie entfallenden Nachlaßhälfte die Großelternpaare des anderen
Elternteiles in demselben Ausmaß wie zu der ihnen unmittelbar zufallenden
Nachlaßhälfte berufen.
§. 742. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 743. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
5. Linie: Die zweyten Urgroßältern und ihre Nachkömmlinge.
§. 744. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 745. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 746. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 747. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
6. Linie: Die dritten Urgroßältern u. ihre Nachkommenschaft.
§. 748. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 749. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 750. Wenn jemand mit dem Erblasser von mehr als einer Seite verwandt
ist; so genießt er von jeder Seite dasjenige Erbrecht, welches ihm, als einem
Verwandten von dieser Seite ins besondere betrachtet, gebührt. (§. 736.)
Ausschließung der
entferntern Verwandten.
§. 751. Auf diese vier Linien der ehelichen Verwandtschaft wird das Recht
der Erbfolge in Ansehung eines frei vererblichen Vermögens eingeschränkt.
II. Gesetzliches
Erbrecht legitimierter Kinder
§. 752.
Ein unehelich geborenes Kind, das durch die Heirat seiner Eltern die
Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt hat, hat ein gesetzliches
Erbrecht wie ein ehelich geborenes Kind.
§. 753. Ein durch Erklärung des Bundespräsidenten legitimiertes Kind hat
zum Nachlaß seiner Mutter und ihrer Verwandten sowie, falls die Erklärung auf
Antrag des Vaters dies vorsieht, zu dessen Nachlaß ein gesetzliches Erbrecht
wie ein ehelich geborenes Kind. Soweit danach ein solches gesetzliches Erbrecht
zum Nachlaß des Vaters nicht besteht, behält das Kind das im § 754 vorgesehene
gesetzliche Erbrecht.
Zum Nachlaß der Verwandten des Vaters steht einem durch Erklärung des
Bundespräsidenten legitimierten Kinde kein gesetzliches Erbrecht zu.
III. Gesetzliches
Erbrecht unehelicher Kinder
§. 754. Ein uneheliches Kind hat zum Nachlaß der Mutter und ihrer
Verwandten ein gesetzliches Erbrecht wie ein eheliches Kind; ausgenommen sind
die Verwandten der Vaterseite der Mutter, wenn diese selbst unehelich ist.
Zum Nachlaß des Vaters, dessen Vaterschaft festgestellt ist, hat ein
uneheliches Kind, vorbehaltlich der Bestimmungen über das gesetzliche Erbrecht
der Witwe (§ 757 Abs. 2 erster Satz), ein gesetzliches Erbrecht wie ein
eheliches Kind, doch gehen ihm die ehelichen Nachkommen und die diesen erbrechtlich
Gleichgestellten vor. Dieses gesetzliche Erbrecht des unehelichen Kindes wird
durch eine Feststellung im Sinne des § 164b Abs. 1 zweiter Satz nicht berührt.
Die Vaterschaft muß vor dem Tode des Vaters festgestellt worden sein, außer das
Kind ist zu dieser Zeit noch minderjährig; in diesem Falle genügt es, daß die
Klage auf Feststellung spätestens zum Ablauf eines Jahres nach dem Tode des
Vaters erhoben worden ist.
Zum Nachlaß der Verwandten des Vaters steht einem unehelichen Kinde kein
gesetzliches Erbrecht zu.
IV. Gesetzliches Erbrecht zum Nachlaß legitimierter Kinder
§. 755. Die Eltern und ihre Verwandten haben zum Nachlaß eines unehelich
geborenen Kindes, das durch die Heirat seiner Eltern die Rechtsstellung eines
ehelichen Kindes erlangt hat, ein gesetzliches Erbrecht wie zum Nachlaß eines
ehelich geborenen Kindes.
§. 755a. Die Mutter und ihre Verwandten haben zum Nachlaß eines durch
Erklärung des Bundespräsidenten legitimierten Kindes ein gesetzliches Erbrecht
wie zum Nachlaß eines ehelich geborenen Kindes, der Vater nur, wenn das Kind zu
seinem Nachlaß ein gesetzliches Erbrecht wie das eines ehelich geborenen Kindes
hätte; soweit danach ein solches gesetzliches Erbrecht zum Nachlaß des Kindes
nicht besteht, behält der Vater das im § 756 vorgesehene gesetzliche Erbrecht.
Den Verwandten des Vaters steht zum Nachlaß eines solchen Kindes kein
gesetzliches Erbrecht zu.
V. Gesetzliches
Erbrecht zum Nachlaß unehelicher Kinder
§. 756. Die Mutter und ihre Verwandten haben zum Nachlaß eines
unehelichen Kindes ein gesetzliches Erbrecht wie zum Nachlaß eines ehelichen
Kindes; ausgenommen sind die Verwandten der Vaterseite der Mutter, wenn diese
selbst unehelich ist.
Der Vater, dessen Vaterschaft festgestellt ist, hat zum Nachlaß eines
unehelichen Kindes, vorbehaltlich der Bestimmungen über das gesetzliche
Erbrecht des Ehegatten (§ 757 Abs. 2 zweiter Satz), ein gesetzliches Erbrecht
wie zum Nachlaß eines ehelichen Kindes. Die Vaterschaft muß vor dem Tode des
Kindes festgestellt oder doch die Klage auf Feststellung vor dem Tode des
Kindes erhoben worden sein.
Den Verwandten des Vaters steht zum Nachlaß eines unehelichen Kindes kein
gesetzliches Erbrecht zu.
VI. Gesetzliches
Erbrecht des Ehegatten
§. 757. Der Ehegatte des Erblassers ist neben ehelichen Kindern des
Erblassers und deren Nachkommen zu einem Drittel des Nachlasses, neben Eltern
des Erblassers und deren Nachkommen oder neben Großeltern zu zwei Dritteln des
Nachlasses gesetzlicher Erbe. Sind neben Großeltern Nachkommen verstorbener
Großeltern vorhanden, so erhält überdies der Ehegatte von dem restlichen
Drittel des Nachlasses den Teil, der nach den §§ 739 und 740 den Nachkommen der
verstorbenen Großeltern zufallen würde. Sind weder gesetzliche Erben der ersten
oder der zweiten Linie noch Großeltern vorhanden, so erhält der Ehegatte den
ganzen Nachlaß.
Hinterläßt ein Ehemann neben seiner Witwe ein uneheliches Kind, so
bestimmt sich der gesetzliche Erbteil der Witwe im Sinne des Abs. 1 so, wie
wenn das uneheliche Kind nicht vorhanden wäre. Hinterläßt ein uneheliches Kind
neben seinem Ehegatten seinen Vater, so bestimmt sich der gesetzliche Erbteil
des Ehegatten im Sinne des Abs. 1 so, wie wenn der Vater nicht vorhanden wäre.
In den Erbteil des Ehegatten ist alles einzurechnen, was dieser durch
Ehepakt oder Erbvertrag aus dem Vermögen des Erblassers erhält.
§. 758. Sofern der Ehegatte nicht rechtmäßig enterbt worden ist, gebühren
ihm als gesetzliches Vorausvermächtnis die zum ehelichen Haushalt gehörenden
beweglichen Sachen (Hausrat), neben Kindern des Erblassers jedoch nur das für
den eigenen, seinen bisherigen Lebensverhältnissen angemessenen Bedarf Nötige.
§. 759. Ein aus seinem Verschulden geschiedener Ehegatte hat kein
gesetzliches Erbrecht und keinen Anspruch auf das gesetzliche
Vorausvermächtnis.
Das gesetzliche
Erbrecht und der Anspruch auf das gesetzliche Vorausvermächtnis ist dem
überlebenden Ehegatten auch dann versagt, wenn der Erblasser zur Zeit seines
Todes auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe gemäß dem Ehegesetz vom 6. Juli 1938
(Reichsgesetzbl. I S. 807) zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben
hatte, sofern im Falle der Scheidung oder Aufhebung der Ehegatte als schuldig
anzusehen wäre.
Erblose
Verlassenschaft.
§. 760. Wenn kein zur Erbfolge Berechtigter vorhanden ist oder wenn
niemand die Erbschaft erwirbt, fällt die Verlassenschaft als ein erbloses Gut
dem Staate anheim.
Abweichungen von der
allgemeinen Erbfolgeordnung.
§. 761. Die Abweichungen von der in diesem Hauptstücke bestimmten
gesetzlichen Erbfolge in Rücksicht auf Bauerngüter, und die Verlassenschaft
geistlicher Personen sind in den politischen Gesetzen enthalten.
Vierzehntes Hauptstück.
Von dem Pflichttheile
und der Anrechnung in den Pflicht- oder Erbtheil.
Welchen Personen als
Notherben ein Pflichttheil gebühre.
§. 762. Die Personen,
die der Erblasser in der letzten Anordnung bedenken muß, sind seine Kinder, in
Ermangelung solcher seine Eltern, und der Ehegatte.
§. 763. Unter dem
Nahmen Kinder werden nach der allgemeinen Regeln (§. 42.) auch Enkel und
Urenkel; und unter dem Nahmen Aeltern alle Großältern begriffen. Es findet hier
zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlechte; zwischen ehelicher und
unehelicher Geburt kein Unterschied Statt, sobald für diese Person das Recht
und die Ordnung der gesetzlichen Erbfolge eintreten würde.
§. 764. Der Erbtheil,
welchen diese Personen zu fordern berechtigt sind, heißt: Pflichttheil; sie
selbst werden in dieser Rücksicht Notherben genannt.
In welchem Betrage,
§. 765. Als Pflichtteil
gebührt jedem Kind und dem Ehegatten die Hälfte dessen, was ihm nach der
gesetzlichen Erbfolge zugefallen wäre.
§. 766. In der
aufsteigenden Linie gebührt jedem Notherben als Pflichttheil ein Drittheil
dessen, was er nach der gesetzlichen Erbfolge erhalten haben würde.
und unter was für
Beschränkungen.
§. 767. Wer auf das
Erbrecht Verzicht geleistet hat; wer nach den in dem achten Hauptstücke
enthaltenen Vorschriften von dem Erbrechte ausgeschlossen wird; oder von dem
Erblasser rechtmäßig enterbet worden ist; hat auf einen Pflichttheil einen
Anspruch, und wird bey der Ausmessung desselben so betrachtet, als wenn er gar
nicht vorhanden wäre.
Erfordernisse einer
rechtmäßigen Enterbung.
§. 768. Ein Kind kann
enterbt werden:
1) (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 7, RGBl 1868/Nr. 49.)
2) wenn es den
Erblasser im Nothstande hülflos gelassen hat;
3) wenn es wegen einer
oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer
lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist;
4) wenn es eine gegen
die öffentliche Sittlichkeit anstößige Lebensart beharrlich führet.
§. 769. Aus den
gleichen Gründen können auch der Ehegatte und die Eltern enterbt werden; der
Ehegatte außerdem dann, wenn er seine Beistandpflicht, die Eltern, wenn sie die
Pflege und Erziehung des Erblassers gröblich vernachlässigt haben.
§. 770. Ueberhaupt kann
einem Notherben auch solcher Handlungen wegen, die einen Erben nach den §§.
540-542. des Erbrechtes unwürdig machen, durch die letzte Willenserklärung der
Pflichttheil entzogen werden.
§. 771. Die
Enterbungsursache muß immer, sie mag von dem Erblasser ausgedrückt seyn oder
nicht, von dem Erben erwiesen werden, und in den Worten, und dem Sinne des
Gesetzes gegründet seyn.
§. 772. Die Enterbung
wird nur durch einen ausdrücklichen in der gesetzlichen Form erklärten Widerruf
aufgehoben.
§. 773. Wenn bey einem
sehr verschuldeten oder verschwenderischen Notherben das wahrscheinliche
Besorgniß obwaltet, daß der ihm gebührende Pflichttheil ganz oder größten
Theils seinen Kindern entgehen würde; so kann ihm der Pflichttheil von dem
Erblasser, jedoch nur dergestalt entzogen werden, daß solcher den Kindern des
Notherben zugewendet werde.
Wie der Pflichttheil zu
hinterlassen.
§. 774. Der
Pflichttheil kann in Gestalt eines Erbtheiles oder Vermächtnisses, auch ohne
ausdrückliche Benennung des Pflichttheiles hinterlassen werden. Er muß aber dem
Notherben ganz frey bleiben. Jede denselben einschränkende Bedingung oder
Belastung ist ungültig. Wird dem Notherben ein größerer Erbtheil zugedacht; so
kann sie nur auf den Theil, welcher den Pflichttheil übersteigt, bezogen
werden.
Rechtsmittel des
Notherben:
a) bey einer
widerrechtlichen Enterbung oder Verkürzung in dem Pflichttheile;
§. 775. Ein Notherbe,
welcher ohne die in den §§. 768-773 vorgeschriebenen Bedingungen enterbt
worden, kann den ihm gebührenden vollen Pflichttheil; und, wenn er in dem
reinen Betrage des Pflichttheils verkürzt worden ist, die Ergänzung desselben
fordern.
b) bey einer gänzlichen
Uebergehung.
§. 776. Wenn aus
mehrern Kindern, deren Daseyn dem Erblasser bekannt war, Eines ganz mit
Stillschweigen übergangen wird; so kann es ebenfalls nur den Pflichttheil
fordern.
§. 777. Wenn aber aus
den Umständen erwiesen werden kann, daß die Uebergehung Eines aus mehrern
Kindern nur daher rühre, weil dem Erblasser das Daseyn desselben unbekannt war,
so ist der Uebergangene nicht schuldig, sich mit dem Pflichttheile zu begnügen;
sondern er kann den Erbtheil, welcher für den am mindesten begünstigten
Notherben ausfällt; wofern aber der einzige noch übrige Notherbe eingesetzt
wird, oder alle übrige zu gleichen Theilen berufen sind, einen gleichen
Erbtheil verlangen.
§. 778. Hat der
Erblasser einen einzigen Notherben, und er übergeht ihn aus oben gedachtem
Irrthume mit Stillschweigen; oder erhält ein kinderloser Erblasser erst nach
Erklärung seines letzten Willens einen Notherben, für den keine Vorsehung
getroffen ist; so werden nur die zu öffentlichen Anstalten, zur Belohnung
geleisteter Dienste, oder zu frommen Absichten bestimmten Vermächtnisse in
einem, den vierten Theil der reinen Verlassenschaft nicht übersteigenden,
Betrage verhältnißmäßig entrichtet, alle übrige Anordnungen den letzten Willens
aber gänzlich entkräftet. Sie erlangen jedoch, wenn der Notherbe vor dem
Erblasser verstorben ist, wieder ihre Kraft.
§. 779. Wenn ein Kind
vor dem Erblasser stirbt und Abstämmlinge hinterläßt; so treten diese mit
Stillschweigen übergangenen Abstämmlinge in Ansehung des Erbrechtes an die
Stelle des Kindes.
§. 780. Die
Abstämmlinge eines enterbten Kindes sind bloß befugt, den Pflichtteil zu
verlangen, dies aber auch, wenn der Enterbte den Erblasser überlebt hat.
§. 781. Werden der
Ehegatte oder die Eltern mit Stillschweigen übergangen, so können sie nur den
Pflichtteil fordern.
§. 782. Wenn der Erbe beweisen
kann, daß ein mit Stillschweigen übergangener Notherbe sich einer der in den
§§. 768-770. angeführten Enterbungsursachen schuldig gemacht hat; so wird die
Uebergehung als eine stillschweigende rechtliche Enterbung angesehen.
Wer zur Entrichtung des
Erb- oder Pflichttheils beyzutragen habe.
§. 783. In allen
Fällen, wo einem Notherben der gebührende Erb- oder Pflichttheil gar nicht,
oder nicht vollständig ausgemessen worden ist, müssen sowohl die eingesetzten
Erben, als auch die Legatare verhältnißmäßig zur vollständigen Entrichtung
beytragen.
Art der Ausmessung und
Berechnung des Pflichttheiles.
§. 784. Um den
Pflichtteil richtig ausmessen zu können, werden alle zur Verlassenschaft
gehörigen beweglichen und unbeweglichen Sachen, alle Rechte und Forderungen,
welche der Erblasser auf seine Nachfolger frei zu vererben befugt war, selbst
alles, was ein Erbe oder Legatar in die Masse schuldig ist, genau beschrieben
und geschätzt. Den Noterben steht frei, der Schätzung beizuwohnen und ihre
Erinnerungen dabei zu machen. Auf eine Feilbietung der Verlassenschaftsstücke
zur Erhebung des wahren Wertes kann von ihnen nicht gedrungen werden. Schulden
und andere Lasten, welche schon bei Lebzeiten des Erblassers auf dem Vermögen
hafteten, werden von der Masse abgerechnet.
§. 785. Auf Verlangen
eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder des pflichtteilsberechtigten
Ehegatten sind bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in
Anschlag zu bringen. Der Gegenstand der Schenkung ist dem Nachlaß mit dem Wert
hinzuzurechnen, der für die Anrechnung nach § 794 maßgebend ist.
Das Recht nach Abs. 1
steht einem Kind nur hinsichtlich solcher Schenkungen zu, die der Erblasser zu
einer Zeit gemacht hat, zu der er ein pflichtteilsberechtigtes Kind gehabt hat,
dem Ehegatten nur hinsichtlich solcher Schenkungen, die während seiner Ehe mit
dem Erblasser gemacht worden sind.
In jedem Fall bleiben
Schenkungen unberücksichtigt, die der Erblaser aus Einkünften ohne Schmälerung
seines Stammvermögens, zu gemeinnützigen Zwecken, in Entsprechung einer
sittlichen Pflicht oder aus Rücksichten des Anstandes gemacht hat. Gleiches
gilt für Schenkungen, die früher als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers an
nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht worden sind.
§. 786. Der Pflichttheil
wird ohne Rücksicht auf Vermächtnisse, und andere aus dem letzten Willen
entspringenden Lasten berechnet. Bis zur wirklichen Zutheilung ist die
Verlassenschaft, in Ansehung des Gewinnes und der Nachtheile, als ein zwischen
den Haupt- und Notherben verhältnißmäßig gemeinschaftliches Gut zu betrachten.
Anrechnung zum
Pflichttheile.
§. 787. Alles, was die
Notherben durch Legate oder andere Verfügungen des Erblassers wirklich aus der
Verlassenschaft erhalten, wird bey Bestimmung ihres Pflichttheiles in Rechnung
gebracht.
Wenn bei Bestimmung des
Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag zu bringen sind, muß sich jeder Noterbe
auf die dadurch bewirkte Erhöhung seines Pflichtteiles die nach § 785 zum
Nachlasse hinzuzurechnenden Geschenke anrechnen lassen, die er selbst vom
Erblasser erhalten hat.
§. 788. Was der
Erblasser bey Lebzeiten seiner Tochter oder Enkelinn zum Heirathsgute; seinem
Sohne oder Enkel zur Ausstattung, oder unmittelbar zum Antritte eines Amtes,
oder was immer für eines Gewerbes gegeben; oder zur Bezahlung der Schulden
eines großjährigen Kinder verwendet hat, wird in den Pflichttheil eingerechnet.
§. 789. Überhaupt sind
in den Pflichtteil die als Vorschuß darauf geleisteten Zuwendungen des
Erblassers unter Lebenden einzurechnen; in den Pflichtteil des Ehegatten
außerdem alles, was er als gesetzliches Vorausvermächtnis (§ 758) erhält.
oder zum Erbtheile bey
der gesetzlichen Erbfolge.
§. 790. Die Anrechnung
bey der Erbfolge der Kinder aus einem letzten Willen geschieht nur dann, wenn
sie von dem Erblasser ausdrücklich verordnet wird. Dagegen muß auch bey der
gesetzlichen Erbfolge ein Kind sich dasjenige, was es von dem Erblasser bey
dessen Lebenszeit zu den oben (§. 788.) erwähnten Zwecken empfangen hat,
anrechnen lassen. Einem Enkel wird nicht nur das, was er unmittelbar selbst;
sondern auch, was seine Aeltern, in deren Stelle er tritt, auf solche Arte
empfangen haben, in den Erbtheil eingerechnet.
§. 791. Was Aeltern
außer den erwähnten Fällen einem Kinde zugewendet haben, wird, wenn die Aeltern
nicht ausdrücklich die Erstattung sich ausbedungen haben, für eine Schenkung
gehalten, und nicht angerechnet.
§. 792. Die Aeltern
können einem Kinde die Anrechnung auch bey der gesetzlichen Erbfolge
ausdrücklich erlassen. Wenn aber die nöthige Erziehung der übrigen Kinder weder
aus ihrem eigenen, noch aus dem Vermögen der Aeltern bestritten werden könnte;
so muß das Kind dasjenige, was es zu den im §. 788. erwähnten Zwecken in voraus
empfangen hat, sich in dem Maße anrechnen lassen, als es zur Erziehung für die
Geschwister nothwendig ist.
§. 793. Die Anrechnung
des Empfangenen zum Erbtheile geschieht dadurch, daß jedes Kind den nähmlichen
Betrag noch vor der Theilung erhält. Ist die Verlassenschaft dazu nicht
hinreichend; so kann zwar das früher begünstigte Kind keinen Erbtheil
ansprechen, aber auch zu keiner Erstattung angehalten werden.
§. 794. Bey jeder
Anrechnung wird, wenn das Empfangene nicht in barem Gelde; sondern in andern
beweglichen oder unbeweglichen Sachen bestand, der Werth der letztern nach dem
Zeitpuncte des Empfanges; der erstern dagegen nach dem Zeitpuncte des
Erbanlasses bestimmt.
Anspruch des Notherben
auf den nothwendigen,
§. 795. Einem
Notherben, der von seinem Pflichttheile selbst gesetzmäßig ausgeschlossen wird,
muß doch immer der nothwendige Unterhalt ausgemessen werden.
und des Ehegatten auf
den Unterhalt
§. 796. Der Ehegatte
hat, außer in den Fällen der §§ 759 und 795, solange er sich nicht
wiederverehelicht, an die Erben bis zum Wert der Verlassenschaft einen Anspruch
auf Unterhalt nach den sinngemäß anzuwendenden Grundsätzen des § 94. In diesen
Anspruch ist alles einzurechnen, was der Ehegatte nach dem Erblasser durch
vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als
Pflichtteil, durch öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Leistung erhält;
desgleichen eigenes Vermögen des Ehegatten oder Erträgnisse einer von ihm
tatsächlich ausgeübten oder einer solchen Erwerbstätigkeit, die von ihm den
Umständen nach erwartet werden kann.
Fünfzehntes Hauptstück.
Von Besitznehmung der
Erbschaft.
Bedingungen zur
rechtlichen Besitznehmung einer Erbschaft.
§. 797. Niemand darf
eine Erbschaft eigenmächtig in Besitz nehmen. Das Erbrecht muß vor Gericht
verhandelt und von demselben die Einantwortung des Nachlasses, das ist, die
Uebergabe in den rechtlichen Besitz, bewirket werden.
§. 798. Wie weit das
Gericht nach einem Todesfalle von Amts wegen vorzugehen habe, und welche
Fristen und Vorsichtsmittel bey diesem Abhandlungsgeschäfte zu beobachten seyn,
bestimmen die besondern, über das gerichtliche Verfahren bestehenden,
Vorschriften. Hier wird festgesetzt, was dem Erben oder demjenigen, der sonst
einen Anspruch an die Verlassenschaft hat, zu thun obliege, um zu dem Besitze
dessen, was ihm gebühret, zu gelangen.
Ausweisung des
Rechtstitels: Erbserklärung.
§. 799. Wer eine
Erbschaft in Besitz nehmen will, muß den Rechtstitel, ob sie ihm aus einer
letzten Anordnung; aus einem gültigen Erbvertrage; oder aus dem Gesetze
zufalle, dem Gerichte ausweisen, und sich ausdrücklich erklären, daß er die
Erbschaft annehme.
§. 800. Die Antretung
der Erbschaft oder die Erbserklärung muß zugleich enthalten, ob sie unbedingt,
oder mit Vorbehalt der Rechtswohlthat des Inventariums geschehe.
Wirkung der
unbedingten,
§. 801. Die unbedingte
Erbserklärung hat zur Folge, daß der Erbe allen Gläubigern des Erblassers für
ihre Forderungen, und allen Legataren für ihre Vermächtnisse haften muß, wenn
gleich die Verlassenschaft nicht hinreichet.
und der bedingten
Erklärung.
§. 802. Wird die
Erbschaft mit Vorbehalt der rechtlichen Wohlthat des Inventariums angetreten;
so ist sogleich vom Gerichte das Inventarium auf Kosten der Masse aufzunehmen.
Ein solcher Erbe wird den Gläubigern und Legataren nur so weit verbunden, als
die Verlassenschaft für ihre, und auch seine eigenen, außer dem Erbrechte ihm
zustehenden, Forderungen hinreicht.
Berechtigung zur
bedingten oder unbedingten Antretung oder Ausschlagung der Erbschaft.
§. 803. Der Erblasser
kann dem Erben den Vorbehalt dieser rechtlichen Wohltat nicht benehmen, noch
die Errichtung eines Inventariums verbiethen. Selbst die in einem Erbvertrage
zwischen Ehegatten darauf geschehene Verzicht ist von keiner Wirkung.
§. 804. Die Errichtung
des Inventariums kann auch von demjenigen verlangt werden, dem ein Pflichttheil
gebühret.
§. 805. Wer seine
Rechte selbst verwalten kann, dem steht frey, die Erbschaft unbedingt, oder mit
Vorbehalt der obigen Rechtswohlthat anzutreten oder auch auszuschlagen.
Vormünder und Curatoren haben die am gehörigen Orte ertheilten Vorschriften zu
befolgen. (§. 233.)
§. 806. Der Erbe kann
seine gerichtliche Erbserklärung nicht mehr widerrufen, noch auch die
unbedingte abändern, und sich die Rechtswohlthat des Inventariums vorbehalten.
§. 807. Wenn aus
mehrern Miterben einige unbedingt; andere aber, oder auch nur Einer aus ihnen
mit Vorbehalt der erwähnten Rechtswohlthat sich zu Erben erklären; so ist ein
Inventarium zu errichten und die auf diesen Vorbehalt beschränkte Erbserklärung
der Verlassenschaftsabhandlung zum Grunde zu legen. In diesem, so wie in allen
Fällen, in welchen ein Inventarium errichtet werden muß, genießt auch
derjenige, welcher einer unbedingte Erbserklärung abgegeben hat, so lange ihm
die Erbschaft noch nicht übergeben worden, die rechtliche Wohlthat des Inventariums.
§. 808. Wird jemand zum
Erben eingesetzt, dem auch ohne letzte Willenserklärung das Erbrecht ganz oder
zum Theile gebührt hätte; so ist er nicht befugt, sich auf die gesetzliche
Erbfolge zu berufen und dadurch die Erklärung des letzten Willens zu vereiteln.
Er muß die Erbschaft entweder aus dem letzten Willen antreten, oder ihr ganz
entsagen. Personen aber, denen ein Pflichttheil gebühret, können die Erbschaft
mit Vorbehalt ihres Pflichttheiles ausschlagen.
Uebertragung des
Erbrechtes.
§. 809. Stirbt der Erbe
ehe, als er die angefallene Erbschaft angetreten oder ausgeschlagen hat; so
treten seine Erben, wenn der Erblasser diese nicht ausgeschlossen, oder nicht
andere Nacherben bestimmt hat, in das Recht, die Erbschaft anzunehmen, oder
auszuschlagen. (§. 537.)
Vorkehrungen vor
Einantwortung der Erbschaft:
a) Verwaltung;
§. 810. Wenn der Erbe
bey Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweiset, ist ihm die
Besorgung und Benützung der Verlassenschaft zu überlassen.
b) Sicherstellung oder
Befriedigung der Gläubiger;
§. 811. Für die
Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger des Erblassers wird vom Gerichte
nicht weiter gesorgt, als sie selbst verlangen. Die Gläubiger sind aber nicht
schuldig, eine Erbserklärung abzuwarten. Sie können ihre Ansprüche wider die
Masse anbringen, und begehren: daß zur Vertretung derselben ein Curator
bestellt werde, gegen welchen sie ihre Forderungen ausführen können.
c) Absonderung der
Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben;
§. 812. Besorget ein
Erbschaftsgläubiger, ein Legatar, oder ein Notherbe, daß er durch Vermengung
der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben für seine Forderung Gefahr
laufen könne; so kann er vor der Einantwortung verlangen, daß die Erbschaft von
dem Vermögen des Erben abgesondert, vom Gerichte verwahrt, oder von einem
Curator verwaltet, sein Anspruch darauf vorgemerkt und berichtiget werde. In
einem solchen Falle hat ihm aber der Erbe, obschon dieser sich unbedingt als
Erbe erkläret hätte, aus eigenem Vermögen nicht
mehr zu haften.
d) Einberufung der
Verlassenschaftsgläubiger.
§. 813. Dem Erben oder
dem aufgestellten Verlassenschafts-Curator steht es frey, zur Erforschung des
Schuldenstandes die Ausfertigung eines Edictes, wodurch alle Gläubiger zur
Anmeldung und Darthuung ihrer Forderungen auf eine den Umständen angemessene
Zeit einberufen werden, nachzusuchen, und bis nach verstrichener Frist mit der
Befriedigung der Gläubiger inne zu halten.
Wirkung der
Einberufung;
§. 814. Die Wirkung
dieser gerichtlichen Einberufung ist, daß den Gläubigern, welche sich binnen
der bestimmten Zeitfrist nicht gemeldet haben, an die Verlassenschaft, wenn sie
durch die Bezahlung der angemeldeten Forderungen erschöpft worden ist, kein
weiterer Anspruch zusteht, als in so fern ihnen ein Pfandrecht gebühret.
oder, der Unterlassung
derselben.
§. 815. Unterläßt der
Erbe die ihm bewilligte Vorsicht der gerichtlichen Einberufung; oder
befriediget er sogleich einige der sich anmeldenden Gläubiger, ohne auf die Rechte
der übrigen Rücksicht zu nehmen, und bleiben einige Gläubiger aus
Unzulänglichkeit der Verlassenschaft unbezahlt; so haftet er ihnen, ungeachtet
der bedingten Erbserklärung, mit seinem ganzen Vermögen in dem Maße, als sie
die Zahlung erhalten haben würden, wenn die Verlassenschaft nach der
gesetzlichen Ordnung zur Befriedigung der Gläubiger verwendet worden wäre.
e) Ausweisung über die
Erfüllung des letzten Willens, entweder von dem Testaments-Executor;
§. 816. Hat der
Erblasser einen Vollzieher (Executor) seines letzten Willens ernannt; so hängt
es von dessen Willkühr ab, dieses Geschäft auf sich zu nehmen. Hat er es
übernommen, so ist er schuldig, entweder als ein Machthaber die Anordnungen des
Erblassers selbst zu vollziehen, oder den saumseligen Erben zur Vollziehung
derselben zu betreiben.
oder dem Erben.
§. 817. Ist kein
Vollzieher der letzten Willens ernannt, oder unterzieht sich der ernannte dem
Geschäfte nicht; so liegt dem Erben unmittelbar ob, den Willen des Erblassers
so viel möglich zu erfüllen, oder die Erfüllung sicher zu stellen, und sich
gegen das Gericht darüber auszuweisen. In Ansehung bestimmter Legatare hat er
bloß darzuthun, daß er denselben von dem ihnen zugefallenen Vermächtnisse
Nachricht gegeben habe (§. 688.)
§. 818. Was der Erbe,
ehe er zum Besitze der Erbschaft gelangen kann, an Abgaben zu entrichten, und
im Falle, daß sein Erblasser gegen das Staats-Aerarium in Verrechnung gestanden
ist, hierwegen auszuweisen habe, darüber enthalten die politischen Verordnungen
die besondere Vorschrift.
Wann die Erbschaft
einzuantworten.
§. 819. Sobald über die
eingebrachte Erbserklärung der rechtmäßige Erbe vom Gerichte erkannt, und von
demselben die Erfüllung der Verbindlichkeiten geleistet ist, wird ihm die
Erbschaft eingeantwortet und die Abhandlung geschlossen. Uebrigens hat der Erbe
um die Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen zu erwirken, die
Vorschrift des §. 436. zu befolgen.
Haftung der
gemeinschaftlichen Erben.
§. 820. Mehrere Erben,
welche eine gemeinschaftliche Erbschaft ohne die rechtliche Wohlthat des
Inventariums angetreten haben, haften allen Erbschaftsgläubigern und Legataren,
selbst nach der Einantwortung, Alle für Einen und Einer für Alle. Unter sich
aber sind sie nach Verhältniß ihrer Erbtheile beyzutragen schuldig.
§. 821. Haben die
gemeinschaftlichen Erben von der rechtlichen Wohlthat des Inventariums Gebrauch
gemacht; so sind sie vor der Einantwortung den Erbschaftsgläubigern und
Legataren nach dem §. 550. zu haften verbunden. Nach der erfolgten
Einantwortung haftet jeder einzelne selbst für die, die Erbschafts-Masse nicht
übersteigenden, Lasten nur nach Verhältniß seines Erbtheiles.
Sicherheitsmittel der
Gläubiger des Erben.
§. 822. Vor der
Einantwortung können Gläubiger des Erben nur auf die einzelnen Bestandteile des
Nachlasses Exekution führen, über welche dem Erben vom Nachlaßgerichte die
freie Verfügung überlassen worden ist.
Erbschaftsklagen.
§. 823. Auch nach
erhaltener Einantwortung kann der Besitznehmer von jenem, der ein besseres oder
gleiches Erbrecht zu haben behauptet, auf Abtretung oder Theilung der Erbschaft
belangt werden. Das Eigenthum einzelner Erbschaftstücke wird nicht mit der
Erbschafts-, sondern der Eigenthumsklage verfolgt.
Wirkung derselben.
§. 824. Wenn der
Beklagte zur Abtretung der Verlassenschaft ganz oder zum Theile verhalten wird;
so sind die Ansprüche auf die Zurückstellung der von dem Besitzer bezogenen
Früchte; oder auf die Vergütung der von demselben in dem Nachlasse verwendeten
Kosten nach jenen Grundsätzen zu beurtheilen, welche in Rücksicht auf den
redlichen oder unredlichen Besitzer in dem Hauptstücke vom Besitze überhaupt
festgesetzt sind. Ein dritter redlicher Besitzer ist für die in der
Zwischenzeit erworbenen Erbstücke niemanden verantwortlich.
Sechzehntes Hauptstück.
Von der Gemeinschaft
des Eigenthums und anderer dinglichen Rechte.
Ursprung einer
Gemeinschaft.
§. 825. So oft das
Eigenthum der nähmlichen Sache, oder ein und dasselbe Recht mehreren Personen
ungetheilt zukommt; besteht eine Gemeinschaft. Sie gründet sich auf eine
zufällige Ereignung; auf ein Gesetz; auf eine letzte Willenserklärung; oder auf
einen Vertrag.
§. 826. Nach
Verschiedenheit der Quellen, aus denen eine Gemeinschaft entspringt, erhalten
auch die Rechte und Pflichten der Theilhaber ihre nähere Bestimmung. Die
besondern Vorschriften über eine durch Vertrag entstehende Gemeinschaft der
Güter sind in dem sieben und zwanzigsten Hauptstücke enthalten.
§. 827. Wer einen
Antheil an einer gemeinschaftlichen Sache anspricht, der muß sein Recht, wenn
es von den übrigen Theilnehmern widersprochen wird, beweisen.
Gemeinschaftliche
Rechte der Theilhaber.
§. 828. So lange alle
Theilhaber einverstanden sind, stellen sie nur Eine Person vor, und haben das
Recht, mit der gemeinschaftlichen Sache nach Belieben zu schalten. Sobald sie
uneinig sind, kann kein Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache eine
Veränderung vornehmen, wodurch über den Antheil des Andern verfügt würde.
Rechte des Theilhabers
auf seinen Antheil.
§. 829. Jeder
Theilhaber ist vollständiger Eigenthümer seines Antheiles. In so fern er die
Rechte seiner Mitgenossen nicht verletzt, kann er denselben, oder die Nutzungen
davon willkührlich und unabhängig verpfänden, vermachen, oder sonst veräußern.
(§. 361.)
§. 830. Jeder Theilhaber
ist befugt, auf Ablegung der Rechnung und auf Vertheilung des Ertrages zu
dringen. Er kann in der Regel auch die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen;
doch nicht zur Unzeit, oder zum Nachtheile der Uebrigen. Er muß sich daher
einen, den Umständen angemessenen, nicht wohl vermeidlichen Aufschub gefallen
lassen.
§. 831. Hat sich ein
Theilhaber zur Fortsetzung der Gemeinschaft verbunden, so kann er zwar vor
Verlauf der Zeit nicht austreten; allein diese Verbindlichkeit wird, wie andere
Verbindlichkeiten, aufgehoben, und erstreckt sich nicht auf die Erben, wenn
diese nicht selbst dazu eingewilliget haben.
§. 832. Auch die
Anordnung eines Dritten, wodurch eine Sache zur Gemeinschaft bestimmt wird, muß
zwar von den ersten Theilhabern, nicht auch von ihren Erben befolgt werden.
Eine Verbindlichkeit zu einer immerwährenden Gemeinschaft kann nicht bestehen.
Rechte der Theilhaber
in der gemeinschaftlichen Sache:
a) In Rücksicht des
Hauptstammes.
§. 833. Der Besitz und
die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache kommt allen Theilhabern insgesammt
zu. In Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des
Hauptstammes betreffen, entscheidet die Mehrheit der Stimmen, welche nicht nach
den Personen, sondern nach Verhältniß der Antheile der Theilnehmer gezählet
werden.
§. 834. Bey wichtigen
Veränderungen aber, welche zur Erhaltung oder bessern Benützung des
Hauptstammes vorgeschlagen werden, können die Ueberstimmten Sicherstellung für
künftigen Schaden; oder, wenn diese verweigert wird, den Austritt aus der
Gemeinschaft verlangen.
§. 835. Wollen sie
nicht austreten; oder geschähe der Austritt zur Unzeit; so soll das Los, ein
Schiedsmann, oder, wofern sie sich darüber nicht einhellig vereinigen, der
Richter entscheiden, ob die Veränderung unbedingt oder gegen Sicherstellung
Statt finden soll oder nicht. Diese Arten der Entscheidung treten auch bey
gleichen Stimmen der Mitglieder ein.
§. 836. Ist ein
Verwalter der gemeinschaftlichen Sachen zu bestellen; so entscheidet über
dessen Auswahl die Mehrheit der Stimmen, und in deren Abgang der Richter.
§. 837. Der Verwalter
des gemeinschaftlichen Gutes wird als ein Machthaber angesehen. Er ist
einerseits verbunden, ordentliche Rechnung abzulegen; andererseits aber befugt,
alle nützlich gemachte Auslagen in Abrechnung zu bringen. Dieses gilt auch in
dem Falle, daß ein Theilgenosse ein gemeinschaftliches Gut ohne Auftrag der
übrigen Theilnehmer verwaltet.
§. 838. Wird die
Verwaltung Mehrern überlassen; so entscheidet auch unter ihnen die Mehrheit der
Stimmen.
b) der Nutzungen und
Lasten.
§. 839. Die
gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten werden nach Verhältniß der Antheile
ausgemessen. Im Zweifel wird jeder Antheil gleich groß angesehen; wer das
Gegentheil behauptet, muß es beweisen.
§. 840. Ordentlicher
Weise sind die erzielten Nutzungen in Natur zu theilen. Ist aber diese
Vertheilung nicht thunlich; so ist jeder berechtigt, auf die öffentliche
Feilbiethung zu dringen. Der gelöste Werth wird den Theilhabern verhältnißmäßig
entrichtet.
c) der Theilung.
§. 841. Bey der nach
aufgehobener Gemeinschaft vorzunehmenden Theilung der gemeinschaftlichen Sache
gilt keine Mehrheit der Stimmen. Die Theilung muß zur Zufriedenheit eines jeden
Sachgenossen vorgenommen werden. Können sie nicht einig werden; so entscheidet
das Los, oder ein Schiedsmann, oder, wenn sie sich über die Bestimmung der
einen oder andern dieser Entscheidungsarten nicht einhellig vereinigen, der
Richter.
§. 842. Ein Schiedsmann
oder der Richter entscheidet auch, ob bey der Theilung liegender Gründe oder
Gebäude ein Theilgenosse, zur Benützung seines Antheiles, einer Servitut
bedürfe, und unter welcher Bedingung sie ihm zu verwilligen sey.
§. 843. Kann eine
gemeinschaftliche Sache entweder gar nicht, oder nicht ohne beträchtliche
Verminderung des Werthes getheilt werden, so ist sie, und zwar wenn auch nur
Ein Theilgenosse es verlangt, vermittelst gerichtlicher Feilbiethung zu
verkaufen, und der Kaufschilling unter die Theilhaber zu vertheilen.
§. 844. Servituten,
Grenzzeichen und die zum gemeinschaftlichen Gebrauche nötigen Urkunden sind
keiner Teilung fähig. Die Urkunden werden, wenn sonst nichts im Wege steht, bei
dem ältesten Teilhaber niedergelegt. Die übrigen erhalten auf ihre Kosten
beglaubigte Abschriften. Die Grunddienstbarkeiten bestehen mangels Vereinbarung
zugunsten aller Teile fort; jedoch darf die Dienstbarkeit dadurch nicht
erweitert oder für das dienstbare Gut beschwerlicher werden. Kommt die Ausübung
der Dienstbarkeit nur einzelnen Teilen zugute, so erlischt das Recht
hinsichtlich der übrigen Teile.
§. 845. Bei Teilungen
der Grundstücke sind die gegenseitigen Grenzen durch entsprechende Grenzzeichen
auf eine deutliche und unwandelbare Art zu bezeichnen.
§. 846. Ueber die
gemachte Theilung sind Urkunden zu errichten. Ein Theilhaber einer unbeweglichen
Sache erhält auch erst dadurch ein dingliches Recht auf seinen Antheil, daß die
darüber errichtete Urkunde den öffentlichen Büchern einverleibt wird. (§. 436.)
§. 847. Die bloße
Teilung was immer für eines gemeinschaftlichen Gutes kann einem Dritten nicht
zum Nachteile gereichen; alle ihm zustehenden Pfand-, Servituts- und anderen
dinglichen Rechte werden nach wie vor der Teilung ausgeübt. Trifft jedoch die
Ausübung einer Grunddienstbarkeit nur ein Teilstück, so erlischt das Recht
hinsichtlich der übrigen Teile.
§. 848. Auch
persönliche Rechte, die einem Dritten gegen eine Gemeinschaft zustehen, haben
ungeachtet des erfolgten Austrittes ihre vorige Kraft. Ebenso kann derjenige,
welcher an eine Gemeinschaft schuldig ist, die Zahlung nicht an einzelne Teilnehmer
entrichten. Solche Schulden müssen an die ganze Gemeinschaft oder an jenen, der
sie ordentlich vorstellt, abgetragen werden.
§. 848a. Gewährt eine
Dienstbarkeit oder eine andere dingliche Last einen Anspruch auf Nutzungen, so
kann bei Teilung des herrschenden Grundstückes jeder Berechtigte und bei
Teilung des belasteten Grundstückes jeder Belastete eine gerichtliche Regelung
der Ausübung begehren. Die Ausübung ist mit Rücksicht auf die Natur und
Zweckbestimmung des Rechtes sowie auf das Größenverhältnis und die
wirtschaftliche Besonderheit der einzelnen Liegenschaftsteile ohne Erschwerung
der Last so zu regeln, wie es allen Interessen billigerweise entspricht.
§. 849. Was bisher von
der Gemeinschaft überhaupt bestimmt worden ist, läßt sich auch auf die einer
Familie, als einer Gemeinschaft, zustehenden Rechte und Sachen, z. B.
Stiftungen, Fideicommisse u. dgl. anwenden.
Erneuerung und
Berichtigung der Grenzen
§. 850. Wenn die
Grenzzeichen zwischen zwei Grundstücken durch was immer für Umstände so verletzt
worden sind, daß sie ganz unkenntlich werden könnten, oder wenn die Grenzen
wirklich unkennbar oder streitig sind, so hat jeder der Nachbarn das Recht, die
gerichtliche Erneuerung oder Berichtigung der Grenze zu verlangen. Zu diesem
Behufe sind die Nachbarn zu einer Verhandlung im Verfahren außer Streitsachen
mit dem Bedeuten zu laden, daß trotz Ausbleibens des Geladenen die Grenze
festgesetzt und vermarkt werden wird.
§. 851. Sind die
Grenzen wirklich unkennbar geworden oder streitig, so werden sie nach dem
letzten ruhigen Besitzstande festgesetzt. Läßt sich dieser nicht feststellen,
so hat das Gericht die streitige Fläche nach billigem Ermessen zu verteilen.
Jeder Partei bleibt es
vorbehalten, ihr besseres Recht im Prozeßweg geltend zu machen.
§. 852. Die wichtigsten
Behelfe bey einer Gränzberichtigung sind: die Ausmessung und Beschreibung, oder
auch die Abzeichnung des streitigen Grundes; dann, die sich darauf beziehenden
öffentlichen Bücher und andere Urkunden; endlich, die Aussagen sachkündiger
Zeugen, und das von Sachverständigen nach vorgenommenem Augenscheine gegebene
Gutachten.
§. 853. Die Kosten des
Verfahrens sind von den Nachbarn nach Maß ihrer Grenzlinien zu bestreiten. Der
Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn sich aus der
Verhandlung ergibt, daß die Grenzerneuerung oder Grenzberichtigung nicht
notwendig war, weil die Grenze nicht bestritten oder hinlänglich kenntlich
gewesen ist, oder weil die anderen Beteiligten zur außergerichtlichen
Vermarkung bereit waren. Die Kosten einer Vertretung hat der Vertretene selbst
zu tragen.
Wenn das Verfahren
durch Störung des ruhigen Besitzes veranlaßt wurde, kann das Gericht die Kosten
ganz oder teilweise der Partei auferlegen, die den Streit veranlaßt hat.
Vermuthete Gemeinschaft.
§. 853a. Für Grenzen
von Grundstücken, die im Grenzkataster enthalten sind, finden die Bestimmungen
der §§ 850 bis 853 keine Anwendung.
§. 854. Erdfurchen,
Zäune, Hecken, Planken, Mauern, Privat-Bäche, Canäle, Plätze und andere
dergleichen Scheidewände, die sich zwischen benachbarten Grundstücken befinden,
werden für ein gemeinschaftliches Eigenthum angesehen; wenn nicht Wapen, Auf-
oder Inschriften, oder andere Kennzeichen und Behelfe das Gegentheil beweisen.
§. 855. Jeder
Mitgenosse kann eine gemeinschaftliche Mauer auf seiner Seite bis zur Hälfte in
der Dicke benützen, auch Blindthüren und Wandschränke dort anbringen, wo auf
der entgegengesetzten Seite noch keine angebracht sind. Doch darf das Gebäude
durch einen Schorstein, Feuerherd oder andere Anlagen nicht in Gefahr gesetzt,
und der Nachbar auf keine Art in dem Gebrauche seines Antheiles gehindert
werden.
§. 856. Alle
Miteigenthümer tragen zur Erhaltung solcher gemeinschaftlichen Scheidewände
verhältnißmäßig bey. Wo sie doppelt vorhanden sind; oder das Eigenthum getheilt
ist, bestreitet jeder die Unterhaltungskosten für das, was ihm allein gehört.
§. 857. Ist die
Stellung einer Scheidewand von der Art, daß die Ziegel, Latten oder Steine nur
auf einer Seite vorlaufen oder abhängen; oder sind die Pfeiler, Säulen,
Ständer, Bachställe auf einer Seite eingegraben; so ist im Zweifel auf dieser
Seite das ungetheilte Eigenthum der Scheidewand, wenn nicht aus einer
beyderseitigen Belastung, Einfügung, aus andern Kennzeichen, oder sonstigen
Beweisen das Gegentheil erhellet. Auch derjenige wird für den ausschließenden
Besitzer einer Mauer gehalten, welcher eine in der Richtung gleich fortlaufende
Mauer von gleicher Höhe und Dicke unstreitig besitzt.
§. 858. In der Regel
ist der ausschließende Besitzer nicht schuldig, seine verfallene Mauer oder
Planke neu aufzuführen; nur dann muß er sie in gutem Stande erhalten, wenn
durch die Oeffung für den Gränznachbar Schaden zu befürchten stünde. Es ist
aber jeder Eigenthümer verbunden, auf der rechten Seite seines Haupteinganges
für die nöthige Einschließung seines Raumes, und für die Abtheilung von dem
fremden Raume zu sorgen.
Zweyter Theil.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen
Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück.
Von Verträgen und
Rechtsgeschäften überhaupt.
Grund der persönlichen Sachenrechte.
§. 859. Die persönlichen Sachenrechte, vermöge welcher eine Person einer
andern zu einer Leistung verbunden ist, gründen sich unmittelbar auf ein
Gesetz; oder auf ein Rechtsgeschäft; oder auf eine erlittene Beschädigung.
Auslobung
§. 860. Die nicht an bestimmte Personen gerichtete Zusage einer Belohnung
für eine Leistung oder einen Erfolg (Auslobung) wird durch die öffentliche
Bekanntmachung verbindlich. Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum
Gegenstande hat, ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die
Bewerbung bestimmt ist.
§. 860a. Bis zur Vollendung der Leistung kann die Auslobung in derselben
Form, in welcher sie bekannt gemacht war, oder einer gleich wirksamen Form,
oder durch besondere Mitteilung widerrufen werden, wenn anders darauf in der
Bekanntmachung nicht ausdrücklich oder durch Bestimmung einer Frist verzichtet
ist. Der Widerruf ist aber unwirksam gegenüber demjenigen, der die Leistung im
Hinblick auf die Auslobung vollbracht hat, wenn er dartut, daß der Widerruf ihm
zu dieser Zeit ohne sein Verschulden nicht bekannt geworden war.
§. 860b. Ist die Leistung von mehreren Personen vollbracht worden, so
gebührt, falls nicht aus der Auslobung ein anderer Wille hervorgeht, die
Belohnung demjenigen, der die Leistung zuerst vollbracht hat, und bei
gleichzeitiger Vollendung allen zu gleichen Teilen.
Abschließung des Vertrages.
§. 861. Wer sich erkläret, daß er jemanden sein Recht übertragen, daß
heißt, daß er ihm etwas gestatten, etwas geben, daß er für ihn etwas thun, oder
seinetwegen etwas unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der
Andere das Versprechen gültig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen
beyder Theile ein Vertrag zu Stande. So lange die Unterhandlungen dauern, und
das Versprechen noch nicht gemacht, oder weder zum voraus, noch nachher
angenommen ist, entsteht kein Vertrag.
§. 862. Das Versprechen (Antrag) muß innerhalb der vom Antragsteller
bestimmten Frist angenommen werden. In Ermanglung einer solchen muß der einem
Anwesenden oder mittels Fernsprechers von Person zu Person gemachte Antrag
sogleich, der sonst einem Abwesenden gemachte Antrag längstens bis zu dem
Zeitpunkte angenommen werden, in welchem der Antragsteller unter der
Voraussetzung, daß sein Antrag rechtzeitig angekommen sei, bei rechtzeitiger
und ordnungsmäßiger Absendung der Antwort deren Eintreffen erwarten darf;
widrigenfalls ist der Antrag erloschen. Vor Ablauf der Annahmefrist kann der
Antrag nicht zurückgenommen werden. Er erlischt auch nicht, wenn ein Teil
während der Annahmefrist stirbt oder handlungsunfähig wird, sofern nicht ein
anderer Wille des Antragstellers aus den Umständen hervorgeht.
§. 862a. Als rechtzeitig gilt die Annahme, wenn die Erklärung innerhalb
der Annahmefrist dem Antragsteller zugekommen ist. Trotz ihrer Verspätung kommt
jedoch der Vertrag zustande, wenn der Antragsteller erkennen mußte, daß die
Annahmeerklärung rechtzeitig abgesendet wurde, und gleichwohl seinen Rücktritt
dem andern nicht unverzüglich anzeigt.
§. 863. Man kann seinen Willen nicht nur ausdrücklich durch Worte und
allgemein angenommene Zeichen; sondern auch stillschweigend durch solche
Handlungen erklären, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen
Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen.
In bezug auf die Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen
ist auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht
zu nehmen.
§. 864. Ist eine ausdrückliche Erklärung der Annahme nach der Natur des
Geschäftes oder der Verkehrssitte nicht zu erwarten, so kommt der Vertrag
zustande, wenn dem Antrag innerhalb der hierfür bestimmten oder den Umständen
angemessenen Frist tatsächlich entsprochen worden ist.
§. 864a. Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, werden nicht
Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen
auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde,
nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen
besonders darauf hingewiesen.
Erfordernisse eines gültigen Vertrages:
1) Fähigkeiten der Personen;
§. 865. Kinder unter sieben Jahren und Personen über sieben Jahre, die
den Gebrauch der Vernunft nicht haben, sind – außer in den Fällen des § 151
Abs. 3 – unfähig, ein Versprechen zu machen oder es anzunehmen. Andere Personen
hingegen, die von Eltern, einem Vormund oder einem Sachwalter abhängen, können
zwar ein bloß zu ihrem Vorteil gemachtes Versprechen annehmen; wenn sie aber
eine damit verknüpfte Last übernehmen oder selbst etwas versprechen, hängt –
außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 und des § 273a Abs. 2 – die Gültigkeit des
Vertrages nach den in dem dritten und vierten Hauptstück des ersten Teiles
gegebenen Vorschriften in der Regel von der Einwilligung des Vertreters oder
zugleich des Gerichtes ab. Bis diese Einwilligung erfolgt, kann der andere Theil nicht
zurücktreten, aber eine angemessene Frist zur Erklärung verlangen.
§. 866. Wer nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahrs listigerweise
vorgibt, daß er Verträge zu schließen fähig sei, und dadurch einen anderen, der
darüber nicht leicht Erkundigung einholen konnte, hintergeht, ist zur
Genugtuung verpflichtet.
§. 867. Was zur Gültigkeit eines Vertrages mit einer unter der besondern
Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehenden Gemeinde, (§. 27.) oder ihren
einzelnen Gliedern und Stellvertretern erfordert werde, ist aus der Verfassung
derselben und den politischen Gesetzen zu entnehmen. (§. 290.)
§. 868. (Anm.:
Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
2) wahre Einwilligung.
§. 869. Die Einwilligung in einen Vertrag muß frey, ernstlich, bestimmt
und verständlich erkläret werden. Ist die Erklärung unverständlich; ganz unbestimmt;
oder erfolgt die Annahme unter andern Bestimmungen, als unter welchen das
Versprechen geschehen ist; so entsteht kein Vertrag. Wer sich, um einen Andern
zu bevortheilen, undeutlicher Ausdrücke bedient, oder ein Scheinhandlung
unternimmt, leistet Genugthuung.
§. 870. Wer von dem anderen Teile durch List oder durch ungerechte und
gegründete Furcht (§ 55) zu einem Vertrage veranlaßt worden, ist ihn zu halten
nicht verbunden.
§. 871. War ein Teil über den Inhalt der von ihm abgegebenen oder dem
anderen zugegangenen Erklärung in einem Irrtum befangen, der die Hauptsache
oder eine wesentliche Beschaffenheit derselben betrifft, worauf die Absicht
vorzüglich gerichtet und erklärt wurde, so entsteht für ihn keine
Verbindlichkeit, falls der Irrtum durch den anderen veranlaßt war, oder diesem
aus den Umständen offenbar auffallen mußte oder noch rechtzeitig aufgeklärt
wurde.
Ein Irrtum eines Teiles über einen Umstand, über den ihn der andere nach
geltenden Rechtsvorschriften aufzuklären gehabt hätte, gilt immer als Irrtum
über den Inhalt des Vertrages und nicht bloß als solcher über den
Bewegungsgrund oder den Endzweck (§ 901).
§. 872. Betrifft aber der Irrthum weder die Hauptsache, noch eine
wesentliche Beschaffenheit derselben, sondern einen Nebenumstand; so bleibt der
Vertrag, in so fern beyde Theile in den Hauptgegenstand gewilliget, und den
Nebenumstand nicht als vorzügliche Absicht erkläret haben, noch immer gültig:
allein dem Irregeführten ist von dem Urheber des Irrthumes die angemessene
Vergütung zu leisten.
§. 873. Eben diese Grundsätze sind auch auf den Irrthum in der Person
desjenigen, welchem ein Versprechen gemacht worden ist, anzuwenden; in so fern
ohne den Irrthum der Vertrag entweder gar nicht, oder doch nicht auf solche Art
errichtet worden wäre. Als Irrtum in der Person gilt jedenfalls der Irrtum über
das Vorhandensein einer erforderlichen verwaltungsrechtlichen Befugnis zur
Erbringung der Leistung.
§. 874. In jedem Falle muß derjenige, welcher einen Vertrag durch List
oder ungerechte Furcht bewirket hat, für die nachtheiligen Folgen Genugthuung
leisten.
§. 875. Ist einer der Vertragschließenden von einem Dritten durch List
oder durch ungerechte und gegründete Furcht zu einem Vertrage bewogen; oder zu
einer irrtümlichen Erklärung veranlaßt worden; so ist der Vertrag gültig. Nur
in dem Falle, daß der andere Teil an der Handlung des Dritten teilnahm oder von
derselben offenbar wissen mußte, kommen die §§ 870 bis 874 zur Anwendung.
§. 876. Die vorstehenden Bestimmungen (§§ 869 bis 875) finden entsprechende
Anwendung auf sonstige Willenserklärungen, welche einer anderen Person
gegenüber abzugeben sind.
§. 877. Wer die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung
verlangt, muß dagegen auch Alles zurückstellen, was es aus einem solchen
Vertrage zu seinem Vortheile erhalten hat.
3) Möglichkeit der Leistung.
§. 878. Was geradezu unmöglich ist, kann nicht Gegenstand eines gültigen
Vertrages werden. Ist Mögliches und Unmögliches zugleich bedungen, so bleibt
der Vertrag in ersterem Teile gültig, wenn anders aus dem Vertrage nicht
hervorgeht, daß kein Punkt von dem anderen abgesondert werden könne. Wer bei
Abschließung des Vertrages die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte, hat dem
anderen Teile, falls von diesem nicht dasselbe gilt, den Schaden zu ersetzen,
den er durch das Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrages erlitten hat.
§. 879. Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die
guten Sitten verstößt, ist nichtig.
Insbesondere sind folgende Verträge nichtig:
1. wenn etwas für die Unterhandlung eines Ehevertrages bedungen wird;
2. wenn ein
Rechtsfreund eine ihm anvertraute Streitsache ganz oder teilweise an sich löst
oder sich einen bestimmten Teil des Betrages versprechen läßt, der der Partei
zuerkannt wird;
3. wenn eine Erbschaft
oder ein Vermächtnis, die man von einer dritten Person erhofft, noch bei
Lebzeiten derselben veräußert wird;
4. wenn jemand den
Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder
Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten
für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren läßt, deren
Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem Mißverhältnisse steht.
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern
enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen
Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter
Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.
§. 880. Wird der Gegenstand, worüber ein Vertrag geschlossen worden, vor
dessen Uebergabe dem Verkehre entzogen; so ist es eben so viel, als wenn man
den Vertrag nicht geschlossen hätte.
§. 880a. Hat jemand einem andern eine Leistung eines Dritten versprochen,
so gilt dies als Zusage seiner Verwendung bei dem Dritten; ist er aber für den
Erfolg eingestanden, so haftet er für volle Genugtuung, wenn die Leistung des
Dritten ausbleibt.
Verträge zugunsten Dritter
§. 881. Hat sich jemand eine Leistung an einen Dritten versprechen lassen,
so kann er fordern, daß an den Dritten geleistet werde.
Ob und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht
erwirbt, vom Versprechenden Erfüllung zu fordern, ist aus der Vereinbarung und
der Natur und dem Zwecke des Vertrages zu beurteilen. Im Zweifel erwirbt der
Dritte dieses Recht, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteile gereichen
soll.
Das Recht auf die bei einer Gutsabtretung vom Übernehmer zugunsten eines
Dritten versprochenen Leistungen gilt mangels anderer Vereinbarungen dem
Dritten als mit der Übergabe des Gutes erworben.
§. 882. Weist der Dritte das aus dem Vertrag erworbene Recht zurück, so
gilt das Recht als nicht erworben.
Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegen den
Dritten zu.
Form der Verträge.
§. 883. Ein Vertrag kann mündlich oder schriftlich; vor Gericht oder
außerhalb desselben; mit oder ohne Zeugen errichtet werden. Diese
Verschiedenheit der Form macht, außer den im Gesetze bestimmten Fällen, in
Ansehung der Verbindlichkeit keinen Unterschied.
§. 884. Haben die Parteien für einen Vertrag die Anwendung einer
bestimmten Form vorbehalten, so wird vermutet, daß sie vor Erfüllung dieser
Form nicht gebunden sein wollen.
§. 885. Ist zwar noch
nicht die förmliche Urkunde, aber doch ein Aufsatz über die Hauptpunkte
errichtet und von den Parteien unterfertigt worden (Punktation), so gründet
auch schon ein solcher Aufsatz diejenigen Rechte und Verbindlichkeiten, welche
darin ausgedrückt sind.
§. 886. Ein Vertrag,
für den Gesetz oder Parteiwille Schriftlichkeit bestimmt, kommt durch die
Unterschrift der Parteien oder, falls sie des Schreibens unkundig oder wegen
Gebrechens unfähig sind, durch Beisetzung ihres gerichtlich oder notariell
beglaubigten Handzeichens oder Beisetzung des Handzeichens vor zwei Zeugen,
deren einer den Namen der Partei unterfertigt, zustande. Der schriftliche
Abschluß des Vertrages wird durch gerichtliche oder notarielle Beurkundung
ersetzt. Eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege
ist nur da genügend, wo sie im Geschäftsverkehr üblich ist.
§. 887. (Anm.:
Aufgehoben durch § 95, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
Gemeinschaftliche Verbindlichkeit oder Berechtigung.
§. 888. Wenn zwey oder
mehrere Personen jemanden eben dasselbe Recht zu einer Sache versprechen, oder
es von ihm annehmen; so wird sowohl die Forderung, als die Schuld nach den
Grundsätzen der Gemeinschaft des Eigenthumes getheilt.
§. 889. Außer den in
dem Gesetze bestimmten Fällen haftet also aus mehrern Mitschuldnern einer
theilbaren Sache jeder nur für seinen Antheil, und eben so muß von mehrern
Mitgenossen einer theilbaren Sache, jeder sich mit dem ihm gebührenden Theile
begnügen.
§. 890. Betrifft es
hingegen untheilbare Sachen; so kann ein Gläubiger, wenn er der einzige ist,
solche von einem jeden Mitschuldner fordern. Wenn aber mehrere Gläubiger und
nur Ein Schuldner da sind; so ist dieser die Sache einem einzelnen
Mitgläubiger, ohne Sicherstellung heraus zu geben, nicht verpflichtet; er kann
auf die Uebereinkunft aller Mitgläubiger dringen, oder die gerichtliche
Verwahrung der Sache verlangen.
Correalität.
§. 891. Versprechen
mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungetheilten Hand dergestalt, daß
sich Einer für Alle, und Alle für Einen ausdrücklich verbinden; so haftet jede einzelne
Person für das Ganze. Es hängt dann von dem Gläubiger ab, ob er von allen, oder
von einigen Mitschuldnern das Ganze, oder nach von ihm gewählten Antheilen,
oder ob er es von einem Einzigen fordern wolle. Selbst nach erhobener Klage
bleibt ihm, wenn er von derselben absteht, diese Wahl vorbehalten; und, wenn er
von einem oder dem andern Mitschuldner nur zum Theile befriediget wird; so kann
er das Rückständige von den übrigen fordern.
§. 892. Hat hingegen
einer mehrern Personen eben dasselbe Ganze zugesagt, und sind diese
ausdrücklich berechtiget worden, es zur ungetheilten Hand fordern zu können; so
muß der Schuldner das Ganze demjenigen dieser Gläubiger entrichten, der ihn
zuerst darum angeht.
§. 893. Sobald ein
Mitschuldner dem Gläubiger das Ganze entrichtet hat, darf dieser von den
übrigen Mitschuldnern nichts mehr fordern; und sobald ein Mitgläubiger von dem
Schuldner ganz befriediget worden ist, haben die übrigen Mitgläubiger keinen
Anspruch mehr.
§. 894. Ein
Mitschuldner kann dadurch, daß er mit dem Gläubiger lästigere Bedingungen
eingeht, den übrigen keinen Nachtheil zuziehen, und die Nachsicht oder
Befreyung, welche ein Mitschuldner für seine Person erhält, kommt den übrigen
nicht zu Statten.
§. 895. Wie weit aus
mehrern Mitgläubigern, welchen eben dasselbe Ganze zur ungetheilten Hand
zugesagt worden ist, derjenige, welcher die ganze Forderung für sich erhalten
hat, den übrigen Gläubigern hafte, muß aus den besondern, zwischen den
Mitgläubigern bestehenden, rechtlichen Verhältnissen bestimmt werden. Besteht
kein solches Verhältniß; so ist einer dem andern keine Rechenschaft schuldig.
§. 896. Ein
Mitschuldner zur ungetheilten Hand, welcher die ganze Schuld aus dem Seinigen
abgetragen hat, ist berechtiget, auch ohne geschehene Rechtsabtretung, von den
übrigen den Ersatz, und zwar, wenn kein anderes besonderes Verhältniß unter
ihnen besteht, zu gleichen Theilen zu fordern. War einer aus ihnen unfähig,
sich zu verpflichten, oder ist er unvermögend, seiner Verpflichtung Genüge zu
leisten; so muß ein solcher ausfallender Antheil ebenfalls von allen
Mitverpflichteten übernommen werden. Die erhaltene Befreyung eines
Mitverpflichteten kann den übrigen bey der Forderung des Ersatzes nicht
nachtheilig seyn. (§. 894.)
Nebenbestimmungen bey Verträgen:
1) Bedingungen;
§. 897. In Ansehung der
Bedingungen bey Verträgen gelten überhaupt die nähmlichen Vorschriften, welche
über die den Erklärungen des letzten Willens beygesetzten Bedingungen
aufgestellt worden sind.
§. 898. Verabredungen
unter solchen Bedingungen, welche bey einem letzten Willen für nicht beigesetzt
angesehen werden, sind ungültig.
§. 899. Ist die in
einem Vertrage vorgeschriebene Bedingung schon vor dem Vertrage eingetroffen;
so muß sie nach dem Vertrage nur dann wiederhohlet werden, wenn sie in einer
Handlung dessen, der das Recht erwerben soll, besteht und von ihm wiederhohlet
werden kann.
2) Bewegungsgrund;
§. 900. Ein unter einer
aufschiebenden Bedingung zugesagtes Recht geht auch auf die Erben über.
§. 901. Haben die Parteyen
den Bewegungsgrund, oder den Endzweck ihrer Einwilligung ausdrücklich zur
Bedingung gemacht; so wird der Bewegungsgrund oder Endzweck wie eine andere
Bedingung angesehen. Außer dem haben dergleichen Aeußerungen auf die Gültigkeit
entgeldlicher Verträge keinen Einfluß. Bey den unentgeldlichen aber sind die
bey den letzten Anordnungen gegebenen Vorschriften anzuwenden.
3) Zeit, Ort und Art der Erfüllung;
§. 902. Eine durch
Vertrag oder Gesetz bestimmte Frist ist vorbehaltlich anderer Festsetzung so zu
berechnen, daß bei einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgezählt
wird, in welchen das Ereignis fällt, von dem der Fristenlauf beginnt.
Das Ende einer nach
Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Frist fällt auf denjenigen Tag der
letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach seiner Benennung oder Zahl
dem Tage des Ereignisses entspricht, mit dem der Lauf der Frist beginnt, wenn
aber dieser Tag in dem letzten Monat fehlt, auf den letzten Tag dieses Monats.
Unter einem halben
Monate sind fünfzehn Tage zu verstehen, unter der Mitte eines Monats der
fünfzehnte dieses Monats.
§. 903. Ein Recht,
dessen Erwerbung an einen bestimmten Tag gebunden ist, wird mit dem Anfang
dieses Tages erworben. Die Rechtsfolgen der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit
oder eines Versäumnisses treten erst mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist
ein. Fällt der für die Abgabe einer Erklärung oder für eine Leistung bestimmte
letzte Tag auf einen Sonntag oder anerkannten Feiertag, so tritt an dessen
Stelle, vorbehaltlich gegenteiliger Vereinbarung, der nächstfolgende Werktag.
§. 904. Ist keine
gewisse Zeit für die Erfüllung des Vertrages bestimmt worden; so kann sie
sogleich, nähmlich ohne unnöthigen Aufschub, gefordert werden. Hat der
Verpflichtete die Erfüllungszeit seiner Willkühr vorbehalten; so muß man
entweder seinen Tod abwarten, und sich an die Erben halten; oder, wenn es um
eine bloß persönliche, nicht vererbliche, Pflicht zu thun ist, die
Erfüllungszeit von dem Richter nach Billigkeit festsetzen lassen. Letzteres
findet auch dann Statt, wenn der Verpflichtete die Erfüllung, nach Möglichkeit,
oder Thunlichkeit versprochen hat. Uebrigens müssen die Vorschriften, welche
oben (§§. 704-706) in Rücksicht der den letzten Anordnungen beygerückten
Zeitbestimmung gegeben werden, auch hier angewendet werden.
§. 905. Kann der
Erfüllungsort weder aus der Verabredung noch aus der Natur oder dem Zwecke des
Geschäftes bestimmt werden, so ist an dem Orte zu leisten, wo der Schuldner zur
Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz hatte, oder, wenn die
Verbindlichkeit im Betriebe des gewerblichen oder geschäftlichen Unternehmens
des Schuldners entstand, am Orte der Niederlassung. In Ansehung des Maßes, des
Gewichtes und der Geldsorten ist auf den Ort der Erfüllung zu sehen.
Geldzahlungen hat der
Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen
Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen. Hat sich dieser nach der Entstehung der
Forderung geändert, so trägt der Gläubiger die dadurch bewirkte Erhöhung der
Gefahr und der Kosten.
§. 906. Kann das
Versprechen auf mehrere Arten erfüllet werden; so hat der Verpflichtete die
Wahl; er kann aber von der einmahl getroffenen Wahl für sich allein nicht
abgehen.
§. 907. Wird ein
Vertrag ausdrücklich mit Vorbehalt der Wahl geschlossen, und dieselbe durch
zufälligen Untergang eines oder mehrerer Wahlstücke vereitelt; so ist der
Theil, dem die Wahl zusteht, an den Vertrag nicht gebunden. Unterläuft aber ein
Verschulden des Verpflichteten; so muß er dem Berechtigten für die Vereitlung
der Wahl haften.
4) Angeld;
§. 908. Was bey
Abschließung eines Vertrages voraus gegeben wird, ist, außer dem Falle einer
besondern Verabredung, nur als ein Zeichen der Abschließung, oder als eine
Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrages zu betrachten, und heißt Angeld.
Wird der Vertrag durch Schuld einer Partey nicht erfüllet; so kann die
schuldlose Partey das von ihr empfangene Angeld behalten, oder den doppelten
Betrag des von ihr gegebenen Angeldes zurückfordern. Will sie sich aber damit
nicht begnügen, so kann sie auf die Erfüllung; oder, wenn diese nicht mehr
möglich ist, auf den Ersatz dringen.
5) Reugeld;
§. 909. Wird bey
Schließung eines Vertrages ein Betrag bestimmt, welchen ein oder der andere
Theil in dem Falle, daß er von dem Vertrage vor der Erfüllung zurücktreten
will, entrichten muß; so wird der Vertrag gegen Reugeld geschlossen. In diesem
Falle muß entweder der Vertrag erfüllt, oder das Reugeld bezahlet werden. Wer
den Vertrag auch nur zum Theile erfüllet; oder das, was von dem Andern auch nur
zum Theile zur Erfüllung geleistet worden ist, angenommen hat, kann selbst
gegen Entrichtung des Reugeldes nicht mehr zurücktreten.
§. 910. Wenn ein Angeld
gegeben, und zugleich das Befugniß des Rücktrittes ohne Bestimmung eines
besondern Reugeldes bedungen wird; so vertritt das Angeld die Stelle des
Reugeldes. Im Falle des Rücktrittes verliert also der Geber das Angeld; oder
der Empfänger stellt das Doppelte zurück.
§. 911. Wer nicht durch
bloßen Zufall, sondern durch sein Verschulden an der Erfüllung des Vertrages
verhindert wird, muß ebenfalls das Reugeld entrichten.
6) Nebengebühren.
§. 912. Der Gläubiger
ist von seinem Schuldner außer der Hauptschuld zuweilen auch Nebengebühren zu
fordern berechtiget. Sie bestehen in dem Zuwachse, und in den Früchten der
Hauptsache; in den bestimmten oder in den Zögerungs-Zinsen; oder in dem Ersatze
des verursachten Schadens; oder dessen, was dem Andern daran liegt, daß die
Verbindlichkeit nicht gehörig erfüllet worden; endlich in dem Betrage, welchen
ein Theil sich auf diesen Fall bedungen hat.
§. 913. In wie weit mit
einem dinglichen Rechte das Recht auf den Zuwachs, oder auf die Früchte
verbunden sey, ist in dem ersten und vierten Hauptstücke des zweyten Theiles
bestimmet worden. Wegen eines bloß persönlichen Rechtes hat der Berechtigte
noch keinen Anspruch auf Nebengebühren. In wie weit dem Gläubiger ein Recht auf
diese zukomme, ist theils aus den besondern Arten und Bestimmungen der
Verträge; theils aus dem Hauptstücke, von dem Rechte des Schadenersatzes und
der Genugthuung, zu entnehmen.
Auslegungsregeln bey Verträgen.
§. 914. Bei Auslegung
von Verträgen ist nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften,
sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen,
wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.
§. 915. Bey einseitig
verbindlichen Verträgen wird im Zweifel angenommen, daß sich der Verpflichtete
eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte; bey zweyseitig
verbindlichen wird eine undeutliche Aeußerung zum Nachtheile desjenigen
erkläret, der sich derselben bedienet hat. (§. 869.)
§. 916. Eine
Willenserklärung, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum
Schein abgegeben wird, ist nichtig. Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen
werden, so ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen.
Einem Dritten, der im
Vertrauen auf die Erklärung Rechte erworben hat, kann die Einrede des
Scheingeschäftes nicht entgegengesetzt werden.
Allgemeine Bestimmungen
über entgeltliche Verträge und Geschäfte
§. 917. Bei einem
entgeltlichen Vertrage werden entweder Sachen mit Sachen, oder Handlungen,
worunter auch die Unterlassungen gehören, mit Handlungen, oder endlich Sachen
mit Handlungen und Handlungen mit Sachen vergolten.
§. 917a. Ist zum Schutz
eines Vertragspartners gesetzlich bestimmt, daß kein höheres oder kein
niedrigeres als ein bestimmtes Entgelt vereinbart werden darf, so ist eine
Entgeltvereinbarung soweit unwirksam, als sie dieses Höchstmaß über-
beziehungsweise dieses Mindestmaß unterschreitet. Im zweiten Fall gilt das
festgelegte Mindestentgelt als vereinbart.
§. 918. Wenn ein
entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am
gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wird, kann der andere entweder
Erfüllung und Schadenersatz wegen der Verspätung begehren oder unter
Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag
erklären.
Ist die Erfüllung für
beide Seiten teilbar, so kann wegen Verzögerung einer Teilleistung der
Rücktritt nur hinsichtlich der einzelnen oder auch aller noch ausstehenden
Teilleistungen erklärt werden.
§. 919. Ist die
Erfüllung zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist
bei sonstigem Rücktritt bedungen, so muß der Rücktrittsberechtigte, wenn er auf
der Erfüllung bestehen will, das nach Ablauf der Zeit dem andern ohne Verzug
anzeigen; unterläßt er dies, so kann er später nicht mehr auf der Erfüllung
bestehen. Dasselbe gilt, wenn die Natur des Geschäftes oder der dem Verpflichteten
bekannte Zweck der Leistung entnehmen läßt, daß die verspätete Leistung oder,
im Falle der Verspätung einer Teilleistung, die noch übrigen Leistungen für den
Empfänger kein Interesse haben.
§. 920. Wird die
Erfüllung durch Verschulden des Verpflichteten oder einen von ihm zu
vertretenden Zufall vereitelt, so kann der andere Teil entweder Schadenersatz
wegen Nichterfüllung fordern oder vom Vertrage zurücktreten. Bei teilweiser
Vereitlung steht ihm der Rücktritt zu, falls die Natur des Geschäftes oder der
dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen läßt, daß die
teilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat.
§. 921. Der Rücktritt
vom Vertrage läßt den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung
verursachten Schadens unberührt. Das bereits empfangene Entgelt ist auf solche
Art zurückzustellen oder zu vergüten, daß kein Teil aus dem Schaden des anderen
Gewinn zieht.
Gewährleistung.
§. 922. Wenn jemand
eine Sache auf eine entgeldliche Art einem Andern überläßt, so leistet er Gewähr,
daß sie die ausdrücklich bedungenen, oder gewöhnlich dabey vorausgesetzten
Eigenschaften habe, und daß sie der Natur des Geschäftes, oder der getroffenen
Verabredung gemäß benützt, und verwendet werden könne.
Fälle der Gewährleistung.
§. 923. Wer also der
Sache Eigenschaften beylegt, die sie nicht hat, und die ausdrücklich oder
vermöge der Natur des Geschäftes stillschweigend bedungen worden sind; wer
ungewöhnliche Mängel, oder Lasten derselben verschweigt; wer eine nicht mehr
vorhandene, oder eine fremde Sache als die seinige veräußert; wer fälschlich
vorgibt, daß die Sache zu einem bestimmten Gebrauche tauglich; oder daß sie
auch von den gewöhnlichen Mängeln und Lasten frey sey; der hat, wenn das
Widerspiel hervorkommt, dafür zu haften.
§. 924. (Anm.: Aufgehoben
durch § 117, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
§. 925. Durch
Verordnung wird bestimmt, inwiefern die Vermutung eintritt, daß ein Tier schon
vor der Übergabe krank gewesen ist, wenn innerhalb bestimmter Fristen gewisse
Krankheiten und Mängel hervorkommen.
§. 926. Von der
rechtlichen Vermutung, daß der Mangel schon vor der Übergabe des Tieres
vorhanden war, kann aber der Übernehmer nur dann Gebrauch machen, wenn er dem
Übergeber oder in dessen Abwesenheit dem Gemeindevorsteher sogleich von dem
bemerkten Fehler Nachricht gibt oder das Tier durch einen Sachverständigen
untersuchen läßt oder die gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des
Beweises beantragt.
§. 927. Vernachlässigt
der Übernehmer diese Vorsicht, so liegt ihm der Beweis ob, daß das Tier schon
vor der Übergabe mangelhaft war. Immer steht aber auch dem Übergeber der Beweis
offen, daß der gerügte Mangel erst nach der Übergabe eingetreten sei.
§. 928. Fallen die
Mängel einer Sache in die Augen oder sind die auf der Sache haftenden Lasten
aus den öffentlichen Büchern zu ersehen, so findet außer dem Falle arglistigen
Verschweigens des Mangels oder einer ausdrücklichen Zusage, daß die Sache von
allen Fehlern und Lasten frei sei, keine Gewährleistung statt (§ 443). Schulden
und Rückstände, welche auf der Sache haften, müssen stets vertreten werden.
§. 929. Wer eine fremde
Sache wissentlich an sich bringt, hat eben so wenig Anspruch auf eine
Gewährleistung, als derjenige, welcher ausdrücklich darauf Verzicht gethan hat.
§. 930. Werden Sachen
in Pausch und Bogen, nähmlich so, wie sie stehen und liegen, ohne Zahl, Maß und
Gewicht übergeben; so ist der Uebergeber, außer dem Falle, daß eine von ihm
fälschlich vorgegebene, oder von dem Empfänger bedungene Beschaffenheit
mangelt, für die daran entdeckten Fehler nicht verantwortlich.
Bedingung der Gewährleistung.
§. 931. Wenn der
Übernehmer wegen eines von einem Dritten auf die Sache erhobenen Anspruches von
der Gewährleistung Gebrauch machen will, so muß er seinem Vormann den Streit
verkündigen. Unterläßt er dies, so verliert er zwar noch nicht das Recht der
Schadloshaltung, aber sein Vormann kann ihm alle wider den Dritten unausgeführt
gebliebenen Einwendungen entgegensetzen und sich dadurch von der Entschädigung
in dem Maße befreien, als erkannt wird, daß diese Einwendungen, wenn von ihnen
der gehörige Gebrauch gemacht worden wäre, eine andere Entscheidung gegen den
Dritten veranlaßt haben würden.
Wirkung.
§. 932. Ist der die
Gewährleistung begründende Mangel von der Art, daß er nicht mehr behoben werden
kann und daß er den ordentlichen Gebrauch der Sache verhindert, so kann der
Übernehmer die gänzliche Aufhebung des Vertrages, wenn hingegen der Mangel den
ordentlichen Gebrauch nicht verhindert oder wenn er behoben werden kann,
entweder eine angemessene Minderung des Entgelts oder die Verbesserung oder den
Nachtrag des Fehlenden fordern. In allen Fällen haftet der Übergeber für den
verschuldeten Schaden. Eine unerhebliche Minderung des Wertes kommt nicht in
Betracht.
§. 932a. Während des Rechtsstreites über die Aufhebung des Vertrages
wegen eines Viehmangels hat das Gericht auf Antrag einer der Parteien, sobald
die Besichtigung nicht mehr erforderlich ist, durch einstweilige Verfügung den
gerichtlichen Verkauf des Tieres und die gerichtliche Hinterlegung des Erlöses
anzuordnen.
Erlöschung des Rechtes der Gewährleistung.
§. 933. Wer die
Gewährleistung fordern will, muß sein Recht, wenn es unbewegliche Sachen
betrifft, binnen drei Jahren, wenn es bewegliche Sachen betrifft, binnen sechs
Monaten und, wenn es sich um Viehmängel handelt, binnen sechs Wochen
gerichtlich geltend machen, sonst ist die Klage erloschen. Die Frist beginnt
von dem Tage der Ablieferung der Sache; für die Gewährleistung wegen solcher
Viehmängel bezüglich deren eine Vermutungsfrist besteht, von dem Tage, an dem
diese endet; für die Gewährleistung wegen eines von einem Dritten auf die Sache
erhobenen Anspruches aber von dem Tage, an welchem dieser dem Erwerber bekannt
wurde.
Die Geltendmachung
durch Einrede bleibt dem Erwerber vorbehalten, wenn er innerhalb der Frist dem
Übergeber den Mangel angezeigt hat.
Schadloshaltung wegen Verkürzung über die Hälfte.
§. 934. Hat bey
zweyseitig verbindlichen Geschäften ein Theil nicht einmahl die Hälfte dessen,
was er dem andern gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Werthe erhalten; so
räumt das Gesetz dem verletzten Theile das Recht ein, die Aufhebung und die
Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Dem andern Theile steht aber
bevor, das Geschäft dadurch aufrecht zu erhalten, daß er den Abgang bis zum
gemeinen Werthe zu ersetzen bereit ist. Das Mißverhältniß des Werthes wird nach
dem Zeitpuncte des geschlossenen Geschäftes bestimmt.
§. 935. Die Anwendung
des § 934 kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden; er ist jedoch dann
nicht anzuwenden, wenn jemand erklärt hat, die Sache aus besonderer Vorliebe um
einen außerordentlichen Werth zu übernehmen; wenn er, obgleich ihm der wahre
Werth bekannt war, sich dennoch zu dem unverhältnißmäßigen Werthe verstanden
hat; ferner, wenn aus dem Verhältnisse der Personen zu vermuthen ist, daß sie
einen, aus einem entgeldlichen und unentgeldlichen vermischten, Vertrag
schließen wollten; wenn sich der eigentliche Werth nicht mehr erheben läßt;
endlich wenn die Sache von dem Gerichte versteigert worden ist.
Von der Verabredung eine künftigen Vertrages.
§. 936. Die
Verabredung, künftig erst einen Vertrag schließen zu wollen, ist nur dann
verbindlich, wenn sowohl die Zeit der Abschließung, als die wesentlichen Stücke
des Vertrages bestimmt, und die Umstände inzwischen nicht dergestalt verändert
worden sind, daß dadurch der ausdrücklich bestimmte, oder aus den Umständen
hervorleuchtende Zweck vereitelt, oder das Zutrauen des einen oder andern
Theiles verloren wird. Ueberhaupt muß auf die Vollziehung solcher Zusagen längstens
in einem Jahre nach dem bedungenen Zeitpuncte gedrungen werden; widrigen Falls
ist das Recht erloschen.
Von dem Verzicht auf Einwendungen.
§. 937. Allgemeine,
unbestimmte Verzichtleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrages
sind ohne Wirkung.
Achtzehntes Hauptstück.
Von Schenkungen.
Schenkung.
§. 938. Ein Vertrag,
wodurch eine Sache jemanden unentgeldlich überlassen wird, heißt eine
Schenkung.
In wie fern eine
Verzichtleistung eine Schenkung sey.
§. 939. Wer auf ein
gehofftes, oder wirklich angefallenes, oder zweifelhaftes Recht Verzicht thut,
ohne es einem Andern ordentlich abzutreten, oder dasselbe dem Verpflichteten
mit dessen Einwilligung zu erlassen, ist für keinen Geschenkgeber anzusehen.
Belohnende Schenkung.
§. 940. Es verändert
die Wesenheit der Schenkung nicht, wenn sie aus Erkenntlichkeit; oder in
Rücksicht auf die Verdienste des Beschenkten; oder als eine besondere Belohnung
desselben gemacht worden ist; nur darf er vorher kein Klagerecht darauf gehabt
haben.
§. 941. Hat der
Beschenkte ein Klagerecht auf die Belohnung gehabt, entweder, weil sie unter
den Parteyen schon bedungen, oder durch das Gesetz vorgeschrieben war; so hört
das Geschäft auf, eine Schenkung zu seyn, und ist als ein entgeldlicher Vertrag
anzusehen.
Wechselseitige
Schenkungen.
§. 942. Sind
Schenkungen vorher dergestalt bedungen, das der Schenkende wieder beschenkt
werden muß; so entsteht keine wahre Schenkung im Ganzen; sondern nur in
Ansehung des übersteigenden Werthes.
Form des Schenkungsvertrages,
§. 943. Aus einem bloß
mündlichen, ohne wirkliche Uebergabe geschlossenen Schenkungsvertrage erwächst
dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Dieses Recht muß durch eine schriftliche
Urkunde begründet werden.
und Maß einer
Schenkung.
§. 944. Ein unbeschränkter
Eigenthümer kann mit Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften auch sein ganzes
gegenwärtiges Vermögen verschenken. Ein Vertrag aber, wodurch das künftige
Vermögen verschenket wird, besteht nur in so weit, als er die Hälfte diese
Vermögens nicht übersteigt.
In wie fern der Geber
für das Geschenkte hafte.
§. 945. Wer wissentlich
eine fremde Sache verschenkt, und dem Geschenknehmer diesen Umstand
verschweigt, haftet für die nachtheiligen Folgen.
Unwiderruflichkeit der
Schenkungen.
§. 946. Schenkungsverträge
dürfen in der Regel nicht widerrufen werden.
Ausnahmen:
1) wegen Dürftigkeit;
§. 947. Geräth der
Geschenkgeber in der Folge in solche Dürftigkeit, daß es ihm an dem nöthigen
Unterhalte gebricht; so ist er befugt, jährlich von dem geschenkten Betrage die
gesetzlichen Zinsen, in so weit die geschenkte Sache, oder derselben Werth noch
vorhanden ist, und ihm der nöthige Unterhalt mangelt, von dem Beschenkten zu
fordern, wenn sich anders dieser nicht selbst in gleich dürftigen Umständen
befindet. Aus mehrern Geschenknehmern ist der frühere nur in so weit verbunden,
als die Beyträge der spätern zum Unterhalte nicht zureichen.
2) Undanks;
§. 948. Wenn der
Beschenkte sich gegen seinen Wohlthäter eines groben Undankes schuldig macht,
kann die Schenkung widerrufen werden. Unter groben Undanke wird eine Verletzung
am Leibe, an Ehre, an Freyheit, oder am Vermögen verstanden, welche von der Art
ist, daß gegen den Verletzer von Amts wegen, oder auf Verlangen des Verletzten
nach dem Strafgesetze verfahren werden kann.
§. 949. Der Undank
macht den Undankbaren für seine Person zum unredlichen Besitzer, und gibt
selbst dem Erben, des Verletzten, in so fern der letztere den Undank nicht
verziehen hat, und noch etwas von dem Geschenke in Natur oder Werthe vorhanden
ist, ein Recht zur Widerrufungsklage auch gegen den Erben des Verletzers.
3) Verkürzung des
schuldigen Unterhalts;
§. 950. Wer jemanden
den Unterhalt zu reichen schuldig ist, kann dessen Recht durch Beschenkung eines
Dritten nicht verletzen. Der auf solche Art Verkürzte ist befugt, den
Beschenkten um die Ergänzung desjenigen zu belangen, was ihm der Schenkende nun
nicht mehr zu leisten vermag. Bey mehrern Geschenknehmern ist die obige (§.
947.) Vorschrift anzuwenden.
4) des Pflichttheils;
§. 951. Wenn bei
Bestimmung des Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag gebracht werden (§ 785),
der Nachlaß aber zu dessen Deckung nicht ausreicht, kann der verkürzte Noterbe
vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes zur Deckung des Fehlbetrages
verlangen. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des Fehlbetrages
abwenden.
Ist der Beschenkte
selbst pflichtteilsberechtigt, so haftet er dem andern nur so weit, als er
infolge der Schenkung mehr als den ihm bei Einrechnung der Schenkungen
gebührenden Pflichtteil erhalten würde.
Unter mehreren
Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur in dem Maße, als der später
Beschenkte zur Herausgabe nicht verpflichtet oder nicht imstande ist.
Gleichzeitig Beschenkte haften verhältnismäßig.
§. 952. Besitzt der
Beschenkte die geschenkte Sache oder ihren Werth nicht mehr; so haftet er nur
in so fern, als er sie unredlicher Weise aus dem Besitze gelassen hat.
5) der Gläubiger;
§. 953. Unter eben
dieser (§. 952.) Beschränkung können auch diejenigen Geschenke zurückgefordert
werden, wodurch die zur Zeit der Schenkung schon vorhandenen Gläubiger verkürzt
worden sind. Auf Gläubiger, deren Forderungen jünger sind, als die Schenkung,
erstreckt sich dieses Recht nur dann, wenn der Beschenkte eines hinterlistigen
Einverständnisses überwiesen werden kann.
6) wegen nachgeborner
Kinder.
§. 954. Dadurch, daß
einem kinderlosen Geschenkgeber nach geschlossenem Schenkungsvertrage Kinder
geboren werden, erwächst weder ihm, noch den nachgebornen Kindern das Recht,
die Schenkung zu widerrufen. Doch kann er, oder das nachgeborne Kind, im
Nothfalle sowohl gegen den Beschenkten, als gegen dessen Erben das oben
angeführte Recht auf die gesetzlichen Zinsen des geschenkten Betrages geltend
machen. (§. 947.)
Welche Schenkungen auf
die Erben nicht übergehen.
§. 955. Hat der
Geschenkgeber dem Beschenkten eine Unterstützung in gewissen Fristen
zugesichert, so erwächst für die Erben derselben weder ein Recht, noch eine
Verbindlichkeit; es müßte denn in dem Schenkungsvertrage ausdrücklich anders
bedungen worden seyn.
Schenkung auf den
Todesfall.
§. 956. Eine Schenkung,
deren Erfüllung erst nach dem Tode des Schenkenden erfolgen soll, ist mit
Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten als ein Vermächtniß gültig. Nur
dann ist sie als ein Vertrag anzusehen, wenn der Beschenkte sie angenommen, der
Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat,
und eine schriftliche Urkunde darüber dem Beschenkten eingehändiget worden ist.
Neunzehntes Hauptstück.
Von dem
Verwahrungsvertrage.
Verwahrungsvertrag.
§. 957. Wenn jemand
eine fremde Sache in seine Obsorge übernimmt; so entsteht ein
Verwahrungsvertrag. Das angenommene Versprechen, eine fremde, noch nicht
übergebene Sache in die Obsorge zu übernehmen, macht zwar den versprechenden
Theil verbindlich; es ist aber noch kein Verwahrungsvertrag.
§. 958. Durch den
Verwahrungsvertrag erwirbt der Uebernehmer weder Eigenthum, noch Besitz, noch
Gebrauchsrecht; er ist bloßer Inhaber mit der Pflicht, die ihm anvertraute
Sache vor Schaden zu sichern.
Wann er in einen
Darleihens- oder Leihvertrag;
§. 959. Wird dem
Verwahrer auf sein Verlangen, oder durch freywilliges Anerbiethen des
Hinterlegers der Gebrauch gestattet; so hört im ersten Falle der Vertrag gleich
nach der Verwilligung; im zweyten aber von dem Augenblicke, da das Anerbiethen
angenommen, oder von der hinterlegten Sache wirklich Gebrauch gemacht worden
ist, auf, ein Verwahrungsvertrag zu seyn; er wird bey verbrauchbaren Sachen in
einen Darleihens-, bey unverbrauchbaren in einen Leihvertrag umgeändert, und es
treten die damit verbundenen Rechte und Pflichten ein.
oder in eine
Bevollmächtigung übergehe.
§. 960. Es können
bewegliche und unbewegliche Sachen in Obsorge gegeben werden. Wird aber dem
Uebernehmer zugleich ein anderes, auf die anvertraute Sache sich beziehendes,
Geschäft aufgetragen; so wird er als ein Gewalthaber angesehen.
Pflichten und Rechte
des Verwahrers;
§. 961. Die
Hauptpflicht des Verwahrers ist: die ihm anvertraute Sache durch die bestimmte
Zeit sorgfältig zu bewahren, und nach Verlauf derselben dem Hinterleger in eben
dem Zustande, in welchem er sie übernommen hat, und mit allem Zuwachse
zurückzustellen.
§. 962. Der Verwahrer
muß dem Hinterleger auf Verlangen die Sache auch noch vor Verlauf der Zeit
zurückstellen, und kann nur den Ersatz des ihm etwa verursachten Schadens
begehren. Er kann hingegen die ihm anvertraute Sache nicht früher zurückgeben;
es wäre denn, daß ein unvorhergesehener Umstand ihn außer Stand setzte, die
Sache mit Sicherheit oder ohne seinen eigenen Nachtheil zu verwahren.
§. 963. Ist die
Verwahrungszeit weder ausdrücklich bestimmt worden, noch sonst aus
Nebenumständen abzunehmen; so kann die Verwahrung nach Belieben aufgekündet
werden.
§. 964. Der Verwahrer
haftet dem Hinterleger für den aus der Unterlassung der pflichtmäßigen Obsorge
verursachten Schaden, aber nicht für den Zufall; selbst dann nicht, wenn er die
anvertraute, obschon kostbarere Sache, mit Aufopferung seiner eigenen hätte
retten können.
§. 965. Hat aber der Verwahrer
von der hinterlegten Sache Gebrauch gemacht; hat er sie ohne Noth und ohne
Erlaubniß des Hinterlegers einem Dritten in Verwahrung gegeben; oder die
Zurückstellung verzögert, und die Sache leidet einen Schaden, welchem sie bey
dem Hinterleger nicht ausgesetzt gewesen wäre; so kann er keinen Zufall
vorschützen, und die Beschädigung wird ihm zugerechnet.
§. 966. Wenn Sachen
verschlossen oder versiegelt hinterlegt, und in der Folge das Schloß oder
Siegel verletzt worden; so ist der Hinterleger, wenn er eine Abgang behauptet,
zur Beschwörung seiner Schadens, in so fern derselbe nach seinem Stande,
Gewerbe, Vermögen und den übrigen Umständen wahrscheinlich ist, nach Vorschrift
der Gerichtsordnung zuzulassen; es wäre denn, daß der Verwahrer beweisen könnte,
daß die Verletzung des Schlosses oder Siegels ohne sein Verschulden geschehen
sey. Das Nähmliche hat auch dann zu gelten, wenn sämmtliche auf solche Art
hinterlegte Sachen in Verlust gerathen sind.
und des Hinterlegers.
§. 967. Der Hinterleger
ist verpflichtet, dem Verwahrer den schuldbarer Weise zugefügten Schaden, und
die zur Erhaltung der verwahrten Sache, oder zur Vermehrung der fortdauernden
Nutzungen verwendeten Kosten zu ersetzen. Hat der Verwahrer im Nothfalle, um
das hinterlegte Gut zu retten, seine eigenen Sachen aufgeopfert; so kann er
einen angemessenen Ersatz fordern. Die wechselseitigen Forderungen des
Verwahrers und Hinterlegers einer beweglichen Sache können aber nur binnen
dreyßig Tagen von Zeit der Zurückstellung angebracht werden.
Sequester.
§. 968. Wird eine in
Anspruch genommene Sache von den streitenden Parteyen oder vom Gerichte
jemanden in Verwahrung gegeben; so heißt der Verwahrer, Sequester. Die Rechte
und Verbindlichkeiten des Sequesters werden nach den hier festgesetzten Grundsätzen
beurtheilt.
Ob dem Verwahrer ein
Lohn gebühre.
§. 969. Ein Lohn kann
für die Aufbewahrung nur dann gefordert werden, wenn er ausdrücklich, oder nach
dem Stande des Aufbewahrers stillschweigend bedungen worden ist.
Gastaufnahme
§. 970. Gastwirte, die
Fremde beherbergen, haften als Verwahrer für die von den aufgenommenen Gästen
eingebrachten Sache, sofern sie nicht beweisen, daß der Schaden weder durch sie
oder einen ihrer Leute verschuldet noch durch fremde, in dem Hause aus- und
eingehende Personen verursacht ist. Hat bei der Entstehung des Schadens ein
Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hat der Richter nach den Umständen
zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt.
Als eingebracht gelten
die Sachen, die dem Wirte oder einem seiner Leute übergeben oder an einen von
diesen angewiesenen oder hierzu bestimmten Ort gebracht sind. Ebenso haften
Unternehmer, die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen
eingestellten Tiere und Fahrzeuge und die auf diesen befindlichen Sachen.
Den Wirten werden
gleichgehalten die Besitzer von Badeanstalten in Rücksicht auf die
üblicherweise eingebrachten Sachen der Badegäste. 4 8
§. 970a. Ablehnung der
Haftung durch Anschlag ist ohne rechtliche Wirkung. Für Kostbarkeiten, Geld und
Wertpapiere haftet der Gastwirt nur bis zum Betrage von 1500 Schilling, es sei
denn, daß er diese Sachen in Kenntnis ihrer Beschaffenheit zur Aufbewahrung
übernommen hat oder daß der Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten
verschuldet ist.
§. 970b. Der Ersatzanspruch
aus der Gastaufnahme erlischt, wenn der Beschädigte nach erlangter Kenntnis von
dem Schaden nicht ohne Verzug dem Wirte die Anzeige macht. Dies gilt jedoch
nicht, wenn die Sachen vom Wirte zur Aufbewahrung übernommen waren.
§. 970c. Den im § 970
bezeichneten Personen steht das Recht zu, zur Sicherung ihrer Forderungen aus
der Beherbergung und Verpflegung sowie ihrer Auslagen für die Gäste die
eingebrachten Sachen zurückzuhalten.
Zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Leihvertrage.
Leihvertrag.
§. 971. Wenn jemanden
eine unverbrauchbare Sache bloß zum unentgeldlichen Gebrauch auf eine bestimmte
Zeit übergeben wird; so entsteht ein Leihvertrag. Der Vertrag, wodurch man
jemanden eine Sache zu leihen verspricht, ohne sie zu übergeben, ist zwar
verbindlich, aber noch kein Leihvertrag.
Rechte und Pflichten
des Entlehners:
1) in Rücksicht des
Verbrauches;
§. 972. Der Entlehner
erwirbt das Recht, den ordentlichen oder näher bestimmten Gebrauch von der
Sache zu machen. Nach Verlauf der Zeit ist er verpflichtet, eben dieselbe Sache
zurückzustellen.
2) der Zurückstellung;
§. 973. Wenn keine Zeit
zur Zurückgabe festgesetzt, wohl aber die Absicht des Gebrauches bestimmt
worden ist; so ist der Entlehner verbunden, mit dem Gebrauche nicht zu zögern,
und die Sache so bald als möglich zurück zu geben.
§. 974. Hat man weder
die Dauer, noch die Absicht des Gebrauches bestimmt; so entsteht kein wahrer
Vertrag, sondern ein unverbindliches Bittleihen (Precarium), und der Verleiher
kann die entlehnte Sache nach Willkühr zurückfordern.
§. 975. Bey einem
Streite über die Dauer des Gebrauches muß der Entlehner das Recht auf den
längern Gebrauch beweisen.
§. 976. Wenn gleich die
verlehnte Sache vor Verlauf der Zeit und vor geendigtem Gebrauche dem Verleiher
selbst unentbehrlich wird; so hat er ohne ausdrückliche Verabredung doch kein
Recht, die Sache früher zurück zu nehmen.
§. 977. Der Entlehner
ist zwar in der Regel berechtiget, die entlehnte Sache auch vor der bestimmten
Zeit zurück zu geben: fällt aber die frühere Zurückgabe dem Verleiher
beschwerlich, so kann sie wider seinen Willen nicht Statt finden.
3) der Beschädigung;
§. 978. Wenn der
Entlehner die geliehene Sache anders gebraucht, als es bedungen war, oder den Gebrauch
derselben eigenmächtig einem Dritten gestattet; so ist er dem Verleiher
verantwortlich, und dieser auch berechtiget, die Sache sogleich zurück zu
fordern.
§. 979. Wird die
geliehene Sache beschädiget, oder zu Grunde gerichtet; so muß der Entlehner
nicht nur den zunächst durch sein Verschulden verursachten, sondern auch den
zufälligen Schaden, den er durch eine widerrechtliche Handlung veranlaßt hat,
so wie der Verwahrer einer Sache ersetzen. (§. 965.)
§. 980. Dadurch, daß
der Entlehner für ein verlornes Lehnstück den Werth erlegt, hat er noch kein
Recht, dasselbe, wenn es wieder gefunden wird, gegen den Willen des
Eigenthümers für sich zu behalten, wenn dieser bereit ist, den empfangenen
Werth zurück zu geben.
4) der
Erhaltungskosten.
§. 981. Die mit dem
Gebrauche ordentlicher Weise verbunden Kosten muß der Entlehner selbst
bestreiten. Die außerordentlichen Erhaltungskosten hat er zwar, dafern er die
Sache dem Verleiher nicht zur eigenen Besorgung überlassen kann oder will,
inzwischen vorzuschießen; doch werden sie ihm gleich einem redlichen Besitzer
vergütet.
Beschädigung der
wechselseitigen Klagen.
§. 982. Wenn der
Verleiher nach der Zurücknahme des Lehnstückes dessen Mißbrauch, oder
übertriebene Abnutzung innerhalb dreyßig Tagen nicht gerüget; oder, wenn der
Entlehner nach der Zurückgabe von den auf die Sache verwendeten
außerordentlichen Kosten binnen eben diesem Zeitraume keine Meldung gemacht
hat; so ist die Klage erloschen.
Ein u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von dem
Darleihensvertrage.
Darleihen.
§. 983. Wenn jemanden
verbrauchbare Sachen unter der Bedingung übergeben werden, daß er zwar
willkührlich darüber verfügen könne, aber nach einer gewissen Zeit eben so viel
von derselben Gattung und Güte zurück geben soll; so entsteht ein
Darleihensvertrag. Er ist mit dem, obgleich ebenfalls verbindlichen Vertrage
(§. 936), ein Darleihen künftig zu geben, nicht zu verwechseln.
Arten desselben.
§. 984. Ein Darleihen
wird entweder in Geld oder in anderen verbrauchbaren Sachen, und zwar ohne,
oder gegen Zinsen gegeben. Im letzteren Falle nennet man es auch einen
Zinsenvertrag.
Gelddarleihen.
§. 985. Ein
Gelddarleihen kann klingende Münze, oder Papiergeld, oder öffentliche
Schuldscheine (Obligationen) zum Gegenstande haben.
a) in klingender Münze,
oder Papiergeld;
§. 986. In wie fern ein
Darleihen in klingender Münze überhaupt geschlossen werden könne, und in
welcher Währung (Valuta) ein solches Darleihen, oder ein Darleihen in
Papiergeld zurück zu zahlen sey, bestimmen die darüber bestehenden besonderen
Vorschriften.
§. 987. Wenn ein
Darleiher sich die Zahlungen in der besonderen, von ihm gegebenen, Münz-Sorte
bedungen hat; so muß die Zahlung in eben dieser Münz-Sorte geleistet werden.
§. 988. Gesetzliche
Münzveränderungen ohne Veränderung des inneren Gehaltes gehen auf Rechnung des
Darleihers. Er empfängt die Zahlung in der bestimmten, gegebenen Münz-Sorte, z.
B. von 1000 Stücken kaiserlicher Ducaten, oder 3000 Zwanzig-Kreuzer Stücken
ohne Rücksicht, ob deren äußerer Werth in der Zwischenzeit erhöht oder vermindert
worden ist. Wird aber der innere Werth geändert; so ist die Zahlung im
Verhältniß zu dem inneren Werthe, den die gegebenen Münz-Sorte zur Zeit des
Darleihens hatte, zu leisten.
§. 989. Sind zur Zeit
der Rückzahlung dergleichen Münz-Sorten im Staate nicht im Umlaufe; so muß der
Schuldner den Gläubiger mit zunächst ähnlichen Geldstücken in solcher Zahl und
Art befriedigen, daß derselbe den zur Zeit des Darleihens bestandenen innern
Werth dessen, was er gegeben hat, erhalte.
b) in Schuldscheinen.
§. 990. In öffentlichen
Schuldscheinen können Darleihen in der Art gültig geschlossen werden, daß die
Tilgung der Schuld entweder mit einem durchaus gleichen öffentlichen
Schuldscheine, wie der dargeliehene war, geleistet, oder der Betrag nach dem
Werthe, welchen der Schuldschein zur Zeit des Darleihens hatte, zurückgezahlt
werde.
§. 991. Wenn statt
Geldes ein Privat-Schuldschein oder Waaren gegeben worden sind; so ist der
Schuldner nur verbunden, entweder den Schuldschein oder die empfangenen Waaren
unbeschädigt zurück zu stellen, oder dem Gläubiger den von diesem zu
erweisenden Schaden zu ersetzen.
c) Darleihen in anderen
verbrauchbaren Gegenständen.
§. 992. Bey Darleihen,
die nicht über Geld, sondern über andere verbrauchbare Gegenstände geschlossen
werden, macht es, dafern nur die Zurückstellung in der nähmlichen Gattung, Güte
und Menge bedungen worden, keinen Unterschied, wenn sie in der Zwischenzeit am
Werthe gestiegen oder gefallen sind.
Zinsen.
§. 993. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 994. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 995. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 996. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 997. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 998. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 999. Zinsen von
Gelddarleihen sind in der nähmlichen Währung (Valuta), wie das Capital selbst
zu entrichten.
§. 1000. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 1001. Damit ein
Schuldschein über einen Darleihensvertrag einen vollständigen Beweis mache,
müssen darin der eigentliche Darleiher oder Gläubiger sowohl, als der
eigentliche Anleiher oder Schuldner; der Gegenstand und Betrag des Darleihens;
und, wenn es in Geld gegeben wird, die Gattung desselben, wie auch alle auf die
Zahlung der Hauptschuld sowohl, als auf die etwa zu entrichtenden Zinsen sich
beziehende Bedingungen redlich und deutlich bestimmt werden. Die äußere, zur
Beweiskraft nöthige Form einer Schuldurkunde setzt die Gerichtsordnung fest.
Zwey u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von der
Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung.
Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1002. Der Vertrag,
wodurch jemand ein ihm aufgetragenes Geschäft im Nahmen des Andern zur
Besorgung übernimmt, heißt Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1003. Personen,
welche zur Besorgung bestimmter Geschäfte öffentlich bestellt worden, sind
schuldig, über einen darauf sich beziehenden Auftrag ohne Zögerung gegen den
Auftragenden sich ausdrücklich zu erklären, ob sie denselben annehmen oder
nicht; widrigen Falls bleiben sie dem Auftragenden für den dadurch veranlaßten
Nachtheil verantwortlich.
Eintheilung der
Bevollmächtigung in eine unentgeldliche oder entgeldliche;
§. 1004. Wird für die
Besorgung eines fremden Geschäftes entweder ausdrücklich, oder nach dem Stande
des Geschäftsträgers auch nur stillschweigend eine Belohnung bedungen; so
gehört der Vertrag zu den entgeldlichen, außer dem aber zu den unentgeldlichen.
mündliche oder
schriftliche;
§. 1005.
Bevollmächtigungsverträge können mündlich oder schriftlich geschlossen werden.
Die von dem Gewaltgeber dem Gewalthaber hierüber ausgestellte Urkunde wird
Vollmacht genannt.
allgemeine oder
besondere;
§. 1006. Es gibt
allgemeine und besondere Vollmachten, je nachdem jemanden die Besorgung aller,
oder nur einiger Geschäfte anvertraut wird. Die besonderen Vollmachten können
bloß gerichtliche oder bloß außergerichtliche Geschäfte überhaupt; oder sie
können einzelne Angelegenheiten der einen oder andern Gattung zum Gegenstande
haben.
Unumschränkte, oder
beschränkte;
§. 1007. Vollmachten
werden entweder mit unumschränkter oder mit beschränkter Freyheit zu handeln
ertheilet. Durch die erstere wird der Gewalthaber berechtiget, das Geschäft
nach seinem besten Wissen und Gewissen zu leiten; durch die letztere aber
werden ihm die Gränzen, wie weit, und die Art, wie er dasselbe betreiben soll,
vorgeschrieben.
§. 1008. Folgende
Geschäfte: Wenn im Nahmen eines Andern Sachen veräußert, oder entgeldlich
übernommen; Anleihen oder Darleihen geschlossen; Geld oder Geldeswerth erhoben;
Processe anhängig gemacht; Eide aufgetragen, angenommen oder zurückgeschoben,
oder Vergleiche getroffen werden sollen, erfordern eine besondere, auf diese
Gattungen der Geschäfte lautende Vollmacht. Wenn aber eine Erbschaft unbedingt
angenommen oder ausgeschlagen; Gesellschaftsverträge errichtet; Schenkungen
gemacht; das Befugniß, einen Schiedsrichter zu wählen, eingeräumt, oder Rechte
unentgeldlich aufgegeben werden sollen; ist eine besondere, auf das einzelne
Geschäft ausgestellte Vollmacht nothwendig. Allgemeine, selbst unbeschränkte
Vollmachten sind in diesen Fällen nur hinreichend, wenn die Gattung des
Geschäftes in der Vollmacht ausgedrückt worden ist.
Rechte und
Verbindlichkeiten des Gewalthabers;
§. 1009. Der
Gewalthaber ist verpflichtet, das Geschäft seinem Versprechen und der
erhaltenen Vollmacht gemäß, emsig und redlich zu besorgen, und allen aus dem
Geschäfte entspringenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen. Er ist, ob er
gleich eine beschränkte Vollmacht hat, berechtiget, alle Mittel anzuwenden, die
mit der Natur des Geschäftes nothwendig verbunden, oder der erklärten Absicht
des Machtgebers gemäß sind. Ueberschreitet er aber die Gränzen der Vollmacht;
so haftet er für die Folgen.
§. 1010. Trägt der
Gewalthaber das Geschäft ohne Noth einem Dritten auf; so haftet er ganz allein
für den Erfolg. Wird ihm aber die Bestellung eines Stellvertreters in der
Vollmacht ausdrücklich gestattet, oder durch die Umstände unvermeidlich; so
verantwortet er nur ein bey der Auswahl der Person begangenes Verschulden.
§. 1011. Wird mehrern
Bevollmächtigten zugleich ein Geschäft aufgetragen; so ist die Mitwirkung Aller
zur Gültigkeit des Geschäftes, und Verpflichtung des Machtgebers nothwendig;
wenn nicht ausdrücklich Einem oder Mehreren aus ihnen die volle Befugniß in der
Vollmacht ertheilt worden ist.
§. 1012. Der
Gewalthaber ist schuldig, dem Machtgeber den durch sein Verschulden
verursachten Schaden zu ersetzen, und die bey dem Geschäfte vorkommenden
Rechnungen, so oft dieser es verlangt, vorzulegen.
§. 1013. Gewalthaber
sind, außer dem im §. 1004. enthaltenen Falle, nicht befugt, ihrer Bemühung
wegen eine Belohnung zu fordern. Es ist ihnen nicht erlaubt, ohne Willen des
Machtgebers in Rücksicht auf die Geschäftsverwaltung von einem Dritten
Geschenke anzunehmen. Die erhaltenen werden zur Armen-Casse eingezogen.
des Gewaltgebers;
§. 1014. Der
Gewaltgeber ist verbunden, dem Gewalthaber allen zur Besorgung des Geschäftes
nothwendig oder nützlich gemachten Aufwand, selbst bey fehlgeschlagenem Erfolge,
zu ersetzen, und ihm auf Verlangen zur Bestreitung der baren Auslagen auch
einen angemessenen Vorschuß zu leisten; er muß ferner allen durch sein
Verschulden entstandenen, oder mit der Erfüllung des Auftrages verbundenen
Schaden vergüten.
§. 1015. Leidet der
Gewalthaber bey der Geschäftsführung nur zufälliger Weise Schaden; so kann er
in dem Falle, daß er das Geschäft unentgeldlich zu besorgen übernahm, einen
solchen Betrag fordern, welcher ihm bey einem entgeldlichen Vertrage zur
Vergütung der Bemühung nach dem höchsten Schätzungswerthe gebührt haben würde.
§. 1016. Ueberschreitet
der Gewalthaber die Gränzen seiner Vollmacht; so ist der Gewaltgeber nur in so
fern verbunden, als er das Geschäft genehmiget, oder den aus dem Geschäfte
entstandenen Vortheil sich zuwendet.
in Rücksicht eines
Dritten.
§. 1017. In so fern der
Gewalthaber nach dem Inhalte der Vollmacht den Gewaltgeber vorstellt, kann er
ihm Rechte erwerben und Verbindlichkeiten auflegen. Hat er also innerhalb der
Gränzen der offenen Vollmacht mit einem Dritten einen Vertrag geschlossen; so
kommen die dadurch gegründeten Rechte und Verbindlichkeiten dem Gewaltgeber und
dem Dritten; nicht aber dem Gewalthaber zu. Die dem Gewalthaber ertheilte
geheime Vollmacht hat auf die Rechte des Dritten keinen Einfluß.
§. 1018. Auch in dem
Falle, daß der Gewaltgeber einen solchen Gewalthaber, der sich selbst zu
verbinden unfähig ist, aufgestellt hat, sind die innerhalb der Gränzen der
Vollmacht geschlossenen Geschäfte sowohl für den Gewaltgeber, als für den
Dritten verbindlich.
§. 1019. (Anm.:
Aufgehoben durch § 108, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
Auflösung des Vertrages
durch den Widerruf.
§. 1020. Es steht dem
Machtgeber frey, die Vollmacht nach Belieben zu widerrufen; doch muß er dem
Gewalthaber nicht nur die in der Zwischenzeit gehabten Kosten und den sonst
erlittenen Schaden ersetzen; sondern auch einen der Bemühung angemessenen Theil
der Belohnung entrichten. Dieses findet auch dann Statt, wenn die Vollendung
des Geschäftes durch einen Zufall verhindert worden ist.
die Aufkündung;
§. 1021. Auch der
Machthaber kann die angenommene Vollmacht aufkünden. Wenn er sie aber vor
Vollendung des ihm insbesondere aufgetragenen, oder vermöge der allgemeinen
Vollmacht angefangenen Geschäftes aufkündet; so muß er, dafern nicht ein
unvorgesehenes und unvermeidliches Hinderniß eingetreten ist, allen daraus
entstandenen Schaden ersetzen.
den Tod.
§. 1022. In der Regel
wird die Vollmacht sowohl durch den Tod des Gewaltgebers, als des Gewalthabers
aufgehoben. Läßt sich aber das angefangene Geschäft ohne offenbaren Nachtheil
der Erben nicht unterbrechen, oder erstreckt sich die Vollmacht selbst auf den
Sterbefall des Gewaltgebers; so hat der Gewalthaber das Recht und die Pflicht,
das Geschäft zu vollenden.
§. 1023. Die von einem
Körper (Gemeinschaft) ausgestellten und übernommenen Vollmachten werden durch
die Erlöschung der Gemeinschaft aufgehoben.
oder Concurs.
§. 1024. Verfällt der
Machtgeber in Concurs; so sind alle Handlungen, die der Gewalthaber nach
Kundmachung des Concurses im Nahmen des Concurs-Schuldners unternommen hat,
ohne Rechtskraft. Eben so erklärt die Verhängung des Concurses über das
Vermögen des Machthabers schon an und für sich die ertheilte Vollmacht für
aufgehoben.
In wie fern die
Verbindlichkeit fortdauere.
§. 1025. Wird die
Vollmacht durch Widerruf, Aufkündung, oder durch den Tod des Gewaltgebers oder
Gewalthabers aufgehoben; so müssen doch die Geschäfte, welche keinen Aufschub
leiden, so lange fortgesetzt werden, bis von dem Machtgeber oder dessen Erben
eine andere Verfügung getroffen worden ist, oder füglich getroffen werden
konnte.
§. 1026. Auch bleiben
die mit einem Dritten, dem die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden
unbekannt war, geschlossenen Verträge verbindlich, und der Gewaltgeber kann
sich nur bey dem Gewalthaber, der die Aufhebung verschwiegen hat, wegen seines
Schadens erhohlen.
Stillschweigende
Bevollmächtigung der Dienstpersonen.
§. 1027. Die in diesem
Hauptstücke enthaltenen Vorschriften haben auch ihre Anwendung auf die Eigenthümer
einer Handlung, eines Schiffes, Kaufladens oder andern Gewerbes, welche die
Verwaltung einem Factor, Schiffer, Ladendiener oder andern Geschäftsträgern
anvertrauen.
§. 1028. Die Rechte
solcher Geschäftsführer sind vorzüglich aus der Urkunde ihrer Bestellung,
dergleichen unter Handelsleuten das ordentlich kundgemachte Befugniß der
Unterzeichnung (Firma) ist, zu beurtheilen.
§. 1029. Ist die
Vollmacht nicht schriftlich gegeben worden; so wird ihr Umfang aus dem
Gegenstande, und aus der Natur des Geschäftes beurtheilet. Wer einem Andern
eine Verwaltung anvertraut hat, von dem wird vermuthet, daß er ihm auch die
Macht eingeräumt habe, alles dasjenige zu thun, was die Verwaltung selbst
erfordert und was gewöhnlich damit verbunden ist. (§. 1009.)
§. 1030. Gestattet der
Eigenthümer einer Handlung, oder eines Gewerbes seinem Diener oder Lehrlinge,
Waaren im Laden oder außer demselben zu verkaufen; so wird vermuthet, daß sie
bevollmächtigt seyn, die Bezahlung zu empfangen, und Quittungen dagegen
auszustellen.
§. 1031. Die Vollmacht,
Waaren im Nahmen des Eigenthümers zu verkaufen, erstreckt sich aber nicht auf
das Recht, in seinem Nahmen Waaren einzukaufen; auch dürfen Fuhrleute weder den
Werth der ihnen anvertrauten Güter beziehen, noch Geld darauf anleihen, wenn es
nicht ausdrücklich in Frachtbriefen bestimmt worden ist.
§. 1032. Dienstgeber
und Familienhäupter sind nicht verbunden, das, was von ihren Dienstpersonen
oder andern Hausgenossen in ihrem Nahmen auf Borg genommen wird, zu bezahlen.
Der Borger muß in solchen Fällen den gemachten Auftrag erweisen.
§. 1033. Besteht aber
zwischen dem Borgnehmer und dem Borggeber ein ordentliches Einschreibebuch,
worin die ausgeborgten Sachen aufgezeichnet werden; so gilt die Vermuthung, daß
der Ueberbringer dieses Buches bevollmächtiget sey, die Waare auf Borg zu
nehmen.
Gerichtliche und
gesetzliche Bevollmächtigung.
§. 1034. Das Recht der
Vormünder und Curatoren, die Geschäfte ihrer Pflegebefohlenen zu verwalten, gründet
sich auf die Anordnung des Gerichtes, von welchem sie bestellet sind. Das Recht
der Eltern, ihre minderjährigen ehelichen Kinder zu vertreten, wird unmittelbar
durch das Gesetz eingeräumt.
Geschäftsführung ohne
Auftrag;
§. 1035. Wer weder
durch ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrag, noch vom Gerichte, noch
aus dem Gesetze das Befugniß erhalten hat, darf der Regel nach sich in das
Geschäft eines Andern nicht mengen. Hätte er sich dessen angemaßt; so ist er
für alle Folgen verantwortlich.
im Nothfalle;
§. 1036. Wer, obgleich
unberufen, ein fremdes Geschäft zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens
besorgt, dem ist derjenige, dessen Geschäft er besorgt hat, den nothwendigen
und zweckmäßig gemachten Aufwand zu ersetzen schuldig; wenn gleich die Bemühung
ohne Verschulden fruchtlos geblieben ist. (§. 403.)
oder zum Nutzen des
Andern;
§. 1037. Wer fremde
Geschäfte bloß, um den Nutzen des Andern zu befördern, übernehmen will, soll
sich um dessen Einwilligung bewerben. Hat der Geschäftsführer zwar diese
Vorschrift unterlassen, aber das Geschäft auf seine Kosten zu des Andern
klarem, überwiegenden Vortheile geführet; so müssen ihm von diesem die darauf
verwendeten Kosten ersetzt werden.
§. 1038. Ist aber der
überwiegende Vortheil nicht klar; oder hat der Geschäftsführer eigenmächtig so
wichtige Veränderungen in einer fremden Sache vorgenommen, daß die Sache dem
Andern zu dem Zwecke, wozu er sie bisher benützte, unbrauchbar wird, so ist
dieser zu keinem Ersatze verbunden; er kann vielmehr verlangen, daß der
Geschäftsführer auf eigene Kosten die Sache in den vorigen Stand zurücksetze,
oder, wenn das nicht möglich ist, ihm volle Genugthuung leiste.
§. 1039. Wer ein
fremdes Geschäft ohne Auftrag auf sich genommen hat, muß es bis zur Vollendung
fortsetzen, und gleich einem Bevollmächtigten genaue Rechnung darüber ablegen.
gegen den Willen des
Andern.
§. 1040. Wenn jemand
gegen den gültig erklärten Willen des Eigenthümers sich eines fremden
Geschäftes anmasset, oder den rechtmäßigen Bevollmächtigten durch eine solche
Einmengung an der Besorgung des Geschäftes verhindert; so verantwortet er nicht
nur den hieraus erwachsenen Schaden und entgangenen Gewinn, sondern er verliert
auch den gemachten Aufwand, in so fern er nicht in Natur zurück genommen werden
kann.
Verwendung einer Sache
zum Nutzen des Andern.
§. 1041. Wenn ohne
Geschäftsführung eine Sache zum Nutzen eines Anderen verwendet worden ist; kann
der Eigenthümer sie in Natur, oder, wenn dieß nicht mehr geschehen kann, den
Werth verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der
Nutzen in der Folge vereitelt worden ist.
§. 1042. Wer für einen
Andern einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetze selbst hätte machen
müssen, hat das Recht, den Ersatz zu fordern.
§. 1043. Hat jemand in
einem Nothfalle, um einen größern Schaden von sich und Andern abzuwenden, sein
Eigenthum aufgeopfert; so müssen ihn Alle, welche daraus Vortheil zogen,
verhältnißmäßig entschädigen. Die ausführlichere Anwendung dieser Vorschrift
auf Seegefahren ist ein Gegenstand der Seegesetze.
§. 1044. Die
Vertheilung der Kriegsschäden wird nach besondern Vorschriften von den
politischen Behörden bestimmt.
Drey u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von dem Tauschvertrage.
Tausch.
§. 1045. Der Tausch ist
ein Vertrag, wodurch eine Sache gegen eine andere Sache überlassen wird. Die
wirkliche Uebergabe ist nicht zur Errichtung; sondern nur zur Erfüllung des
Tauschvertrages, und zur Erwerbung des Eigenthumes nothwendig.
§. 1046. Das Geld ist
kein Gegenstand des Tauschvertrages; doch lassen sich Gold und Silber als eine
Waare und selbst als Münz-Sorten in so weit vertauschen, als sie nur gegen
andere Münz-Sorten, goldene nähmlich gegen silberne, kleinere gegen größere
Stücke verwechselt werden sollen.
Rechte und Pflichten
der Tauschenden
§. 1047. Tauschende
sind vermöge des Vertrages verpflichtet, die vertauschten Sachen der
Verabredung gemäß mit ihren Bestandteilen und mit allem Zugehör zu rechter
Zeit, am gehörigen Ort und in eben dem Zustand, in welchem sie sich bei
Schließung des Vertrages befunden haben, zum freien Besitze zu übergeben und zu
übernehmen.
insbesondere in
Rücksicht der Gefahr
§. 1048. Ist keine Zeit
bedungen, zu welcher die Uebergabe geschehen soll, und wird in der Zwischenzeit
entweder die vertauschte bestimmte Sache durch Verboth außer Verkehr gesetzt,
oder zufälliger Weise ganz, oder doch über die Hälfte am Werthe zu Grunde
gerichtet, so ist der Tausch für nicht geschlossen anzusehen.
§. 1049. Andere in
dieser Zwischenzeit durch Zufall erfolgte Verschlimmerungen der Sache und Lasten
gehen auf die Rechnung des Besitzers. Sind jedoch Sachen in Pausch und Bogen
behandelt worden; so trägt der Uebernehmer den zufälligen Untergang einzelner
Stücke, wenn anders hierdurch das Ganze nicht über die Hälfte am Werthe
verändert worden ist.
und der Nutzungen vor
der Uebergabe.
§. 1050. Dem Besitzer
gebühren die Nutzungen der vertauschten Sache bis zur bedungenen Zeit der
Uebergabe. Von dieser Zeit an gebühren sie, sammt dem Zuwachse, dem
Uebernehmer, obgleich die Sache noch nicht übergeben worden ist.
§. 1051. Ist keine Zeit
zur Uebergabe der bestimmten Sache bedungen, und fällt keinem Theile ein
Versehen zur Last; so sind die obigen Vorschriften wegen Gefahr und Nutzungen
(§§. 1048-1050) auf den Zeitpunct der Uebergabe selbst anzuwenden; in so fern
die Parteyen nicht etwas Anderes festgesetzt haben.
§. 1052. Wer auf die
Übergabe dringen will, muß seine Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu
erfüllen bereit sein. Auch der zur Vorausleistung Verpflichtete kann seine
Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern,
wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet
ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mußten.
Vier u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von dem Kaufvertrage.
Kaufvertrag.
§. 1053. Durch den
Kaufvertrag wird eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem Andern
überlassen. Er gehört, wie der Tausch zu den Titeln ein Eigenthum zu erwerben.
Die Erwerbung erfolgt erst durch die Uebergabe des Kaufgegenstandes. Bis zur
Uebergabe behält der Verkäufer das Eigenthumsrecht.
Erfordernisse des
Kaufvertrages.
§. 1054. Wie die
Einwilligung des Käufers und Verkäufers beschaffen seyn müssen, und welche
Sache gekauft und verkauft werden dürfen, dieses wird nach den Regeln des
Verträge überhaupt bestimmt. Der Kaufpreis muß im baren Gelde bestehen, und
darf weder unbestimmt, noch gesetzwidrig seyn.
Der Kaufpreis muß
a) im baren Gelde
bestehen;
§. 1055. Wird eine Sache
theils gegen Geld; theils gegen eine andere Sache veräußert; so wird der
Vertrag, je nachdem der Werth am Gelde mehr oder weniger, als der gemeine Werth
der gegebenen Sache beträgt, zum Kaufe oder Tausche, und bey gleichem Werthe
der Sache, zum Kaufe gerechnet.
b) bestimmt;
§. 1056. Käufer und
Verkäufer können die Festsetzung des Preises auch einer dritten bestimmten
Person überlassen. Wird von dieser in dem bedungenen Zeitraume nichts
festgesetzt; oder will im Falle, daß kein Zeitraum bedungen worden ist, ein
Theil vor der Bestimmung des Preises zurücktreten; so wird der Kaufvertrag als
nicht geschlossen angesehen.
§. 1057. Wird die
Bestimmung des Preises mehreren Personen überlassen, so entscheidet die
Mehrheit der Stimmen. Fallen die Stimmen so verschieden aus, daß der Preis
nicht einmahl durch wirkliche Mehrheit der Stimmen festgesetzt wird; so ist der
Kauf für nicht eingegangen zu achten.
§. 1058. Auch der
Werth, welcher bey einer frühern Veräußerung bedungen worden ist, kann zur
Bestimmung des Preises dienen. Hat man den ordentlichen Marktpreis zum Grunde
gelegt, so wird der mittlere Marktpreis des Ortes und der Zeit, wo und in
welcher der Vertrag erfüllet werden muß, angenommen.
c) nicht gesetzwidrig
seyn.
§. 1059. (Anm.:
Aufgehoben durch § 33 Z. 7, BGBl 1979/Nr. 140 - Konsumentenschutzgesetz.)
§. 1060. Außer diesem
Falle kann der Kauf sowohl von dem Käufer als Verkäufer nur wegen Verletzung
über die Hälfte bestritten werden (§§. 934-935). Diese Beschwerde findet auch
dann Statt, wenn der Ausspruch des Kaufpreises einem Dritten überlassen worden
ist.
Pflichten des
Verkäufers,
§. 1061. Der Verkäufer
ist schuldig, die Sache bis zur Zeit der Uebergabe sorgfältig zu verwahren und
sie dem Käufer nach eben den Vorschriften zu übergeben, welche oben bey dem Tausche
(§. 1047) aufgestellt worden sind.
und des Käufers.
§. 1062. Der Käufer
hingegen ist verbunden, die Sache sogleich, oder zur bedungenen Zeit zu
übernehmen, zugleich aber auch das Kaufgeld bar abzuführen; widrigen Falls ist
der Verkäufer ihm die Uebergabe der Sache zu verweigern berechtiget.
§. 1063. Wird die Sache
dem Käufer von dem Verkäufer ohne das Kaufgeld zu erhalten, übergeben; so ist
die Sache auf Borg verkauft, und das Eigenthum derselben geht gleich auf den
Käufer über.
Gefahr und Nutzen des
Kaufgegenstandes.
§. 1064. In Rücksicht
der Gefahr und Nutzungen einer zwar gekauften, aber noch nicht übergebenen
Sache gelten die nähmlichen Vorschriften, die bey dem Tauschvertrage gegeben
worden sind. (§§. 1048-1051.)
Kauf einer gehofften
Sache.
§. 1065. Wenn Sachen,
die noch zu erwarten stehen, gekauft werden; so sind die in dem Hauptstücke von
gewagten Geschäften gegebenen Anordnungen anzuwenden.
Allgemeine Vorschrift.
§. 1066. In allen bey einem
Kaufvertrag vorkommenden Fällen, welche in dem Gesetze nicht ausdrücklich
entschieden werden, sind die in den Hauptstücken von Verträgen überhaupt, und
von dem Tauschvertrage insbesondere aufgestellten Vorschriften anzuwenden.
Besondere Arten oder Nebenverträge
eines Kaufvertrages.
§. 1067. Besondere
Arten oder Nebenverträge eines Kaufvertrages sind: der Vorbehalt des
Wiederkaufes, des Rückverkaufes, des Vorkaufes; der Verkauf auf die Probe; der
Verkauf mit Vorbehalt eines bessern Käufers; und der Verkaufsauftrag.
Verkauf mit Vorbehalt
des Wiederkaufes.
§. 1068. Das Recht eine
verkaufte Sache wieder einzulösen, heißt das Recht des Wiederkaufes. Ist dieses
Recht dem Verkäufer überhaupt und ohne nähere Bestimmung eingeräumt, so wird
von einer Seite das Kaufstück in einem nicht verschlimmerten Zustande; von der
andern Seite aber das erlegte Kaufgeld zurück gegeben, und die inzwischen
beyderseits aus dem Gelde und der Sache gezogenen Nutzungen bleiben gegen
einander aufgehoben.
§. 1069. Hat der Käufer
das Kaufstück aus dem Seinigen verbessert; oder zu dessen Erhaltung
außerordentliche Kosten verwendet, so gebührt ihm gleich einem redlichen
Besitzer der Ersatz; er haftet aber auch dafür, wenn durch sein Verschulden der
Werth verändert, oder die Zurückgabe vereitelt worden ist.
§. 1070. Der Vorbehalt
des Wiederkaufes findet nur bei unbeweglichen Sachen statt und gebührt dem
Verkäufer nur für seine Lebenszeit. Er kann sein Recht weder auf die Erben noch
auf einen anderen übertragen. Ist das Recht in die öffentlichen Bücher
einverleibt, so kann die Sache auch einem Dritten abgefordert werden und dieser
wird nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf mit Vorbehalt des
Rückverkaufes.
§. 1071. Den nähmlichen
Beschränkungen unterliegt das von dem Käufer ausbedungene Recht, die Sache dem
Verkäufer wieder zurück zu verkaufen; und es sind auf dasselbe die für den
Wiederkauf ertheilten Vorschriften anzuwenden. Ist aber die Bedingung des
Wiederverkaufs oder Wiederkaufs verstellt, und eigentlich, um ein Pfandrecht
oder ein Borggeschäft zu verbergen, gebraucht worden, so tritt die Vorschrift
des §. 916 ein.
Vorbehalt des
Vorkaufsrechtes.
§. 1072. Wer eine Sache
mit der Bedingung verkauft, daß der Käufer, wenn er solche wieder verkaufen
will, ihm die Einlösung anbiethen soll, der hat das Vorkaufsrecht.
§. 1073. Das
Vorkaufsrecht ist in der Regel ein persönliches Recht. In Rücksicht auf
unbewegliche Güter kann es durch Eintragung in die öffentlichen Bücher in ein
dingliches verwandelt werden.
§. 1074. Auch kann das
Vorkaufsrecht weder einem Dritten abgetreten, noch auf die Erben des
Berechtigten übertragen werden.
§. 1075. Der
Berechtigte muß bewegliche Sachen binnen vier und zwanzig Stunden; unbewegliche
aber binnen dreyßig Tagen, nach der geschehenen Anbiethung, wirklich einlösen.
Nach Verlauf dieser Zeit ist das Vorkaufsrecht erloschen.
§. 1076. Das
Vorkaufsrecht hat im Falle einer gerichtlichen Feilbiethung der mit diesem
Rechte belasteten Sache keine andere Wirkung, als daß der den öffentlichen
Büchern einverleibte Berechtigte zur Feilbiethung insbesondere vorgeladen
werden muß.
§. 1077. Der zur
Einlösung Berechtigte muß außer dem Falle einer andern Verabredung, den
vollständigen Preis, welcher von einem Dritten angebothen worden ist, entrichten.
Kann er die außer dem gewöhnlichen Kaufpreise angebothenen Nebenbedingungen
nicht erfüllen, und lassen sie sich auch durch einen Schätzungswerth nicht
ausgleichen; so kann das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden.
§. 1078. Das
Vorkaufsrecht läßt sich auf andere Veräußerungsarten ohne eine besondere
Verabredung nicht ausdehnen.
§. 1079. Hat der
Besitzer dem Berechtigten die Einlösung nicht angebothen, so muß er ihm für
allen Schaden haften. Im Falle eines dinglichen Vorkaufsrechtes kann die
veräußerte Sache dem Dritten abgefordert werden, und dieser wird nach
Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf auf die Probe.
§. 1080. Der Kauf auf
Probe ist unter der im Belieben des Käufers stehenden Bedingung geschlossen,
daß er die Ware genehmige. Die Bedingung ist im Zweifel eine aufschiebende; der
Käufer ist vor der Genehmigung an den Kauf nicht gebunden, der Verkäufer hört
auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer bis zum Ablaufe der Probezeit nicht
genehmigt.
§. 1081. Ist die Sache zum
Zwecke der Besichtigung oder Probe bereits übergeben, so gilt Stillschweigen
des Käufers bis nach Ablauf der Probezeit als Genehmigung.
§. 1082. Ist die
Probezeit durch Verabredung nicht bestimmt worden, so wird sie bey beweglichen
Sachen auf drey Tage; bey unbeweglichen aber auf Ein Jahr angenommen.
Verkauf mit Vorbehalt
eines bessern Käufers.
§. 1083. Wird das
Kaufgeschäft mit dem Vorbehalte verabredet, daß der Verkäufer, wenn sich binnen
einer bestimmten Zeit ein besserer Käufer meldet, denselben vorzuziehen befugt
sey; so bleibt in dem Falle, daß das Kaufstück nicht übergeben worden, die
Wirklichkeit des Vertrages bis zum Eintritte der Bedingung aufgeschoben.
§. 1084. Ist das
Kaufstück übergeben worden, so ist der Kaufvertrag abgeschlossen; er wird aber
durch den Eintritt der Bedingung wieder aufgelöset. Bey dem Mangel einer
ausdrücklichen Zeitbestimmung wird der bey dem Kaufe auf die Probe angenommene
Zeitraum vermuthet.
§. 1085. Ob der neue
Käufer besser sey, beurtheilet der Verkäufer. Er kann den zweyten Käufer, wenn
der erste auch noch mehr zahlen wollte, vorziehen. Bey der Auflösung des
Vertrages heben sich die Nutzungen der Sache und des Geldes gegen einander auf.
In Rücksicht der Verbesserungen oder Verschlimmerungen wird der Käufer gleich
einem redlichen Besitzer behandelt.
Verkaufsauftrag.
§. 1086. Wenn jemand
seine bewegliche Sache einem Andern für einen gewissen Preis zum Verkaufe
übergibt, mit der Bedingung, daß ihm der Uebernehmer binnen einer festgesetzten
Zeit entweder das bestimmte Kaufgeld liefern oder die Sache zurückstellen soll;
so ist der Uebergeber vor Verlauf der Zeit die Sache zurück zu fordern nicht
berechtiget; der Uebernehmer aber muß nach deren Ablauf das bestimmte Kaufgeld
entrichten.
§. 1087. Während der festgesetzten Zeit bleibt der Uebergeber
Eigenthümer. Der Uebernehmer haftet ihm für den durch sein Verschulden
verursachten Schaden, und es werden ihm bey Zurückstellung der Sache nur solche
Kosten vergütet, die dem Uebergeber zum Nutzen gereichen.
§. 1088. Ist die Sache unbeweglich; oder ist der Preis, oder die
Zahlungsfrist nicht bestimmt; so wird der Uebernehmer wie ein Gewalthaber
angesehen. In keinem Falle kann die zum Verkaufe anvertraute Sache dem Dritten,
welcher sie von dem Uebernehmer redlicher Weise an sich gebracht hat,
abgefordert werden. (§. 367.)
§. 1089. Auch bey gerichtlichen Verkäufen finden die über Verträge, und
den Tausch- und Kaufvertrag insbesondere aufgestellten Vorschriften in der
Regel Statt; in so fern nicht in diesem Gesetze, oder in der Gerichtsordnung
eigene Anordnungen enthalten sind.
Fünf u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von Bestand- Erbpacht-
und Erbzins-Verträgen.
Bestandvertrag.
§. 1090. Der Vertrag,
wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit
und gegen einen bestimmten Preis erhält, heißt überhaupt Bestandvertrag.
I.) Mieth- und
Pachtvertrag.
§. 1091. Der
Bestandvertrag wird, wenn sich die in Bestand gegebene Sache ohne weitere
Bearbeitung gebrauchen läßt, ein Miethvertrag; wenn sie aber nur durch Fleiß
und Mühe benützt werden kann, ein Pachtvertrag genannt. Werden durch einen
Vertrag Sachen von der ersten und zweyten Art zugleich in Bestand gegeben; so
ist der Vertrag nach der Beschaffenheit der Hauptsache zu beurtheilen.
Erfordernisse.
§. 1092. Mieth- und
Pachtverträge können über die nähmlichen Gegenstände und auf die nähmliche Art,
als der Kaufvertrag geschlossen werden. Der Mieth- und Pachtzins wird, wenn
keine andere Uebereinkunft getroffen worden ist, wie das Kaufgeld entrichtet.
§. 1093. Der
Eigenthümer kann sowohl seine beweglichen und unbeweglichen Sachen, als seine
Rechte in Bestand geben; er kann aber auch in den Fall kommen, den Gebrauch
seiner eigenen Sache, wenn er einem Dritten gebührt, in Bestand zu nehmen.
Wirkung.
§. 1094. Sind die
vertragschließenden Theile über das Wesentliche des Bestandes, nähmlich über
die Sache und den Preis, übereingekommen; so ist der Vertrag vollkommen
abgeschlossen, und der Gebrauch der Sache für gekauft anzusehen.
§. 1095. Wenn ein
Bestandvertrag in die öffentlichen Bücher eingetragen ist; so ist das Recht des
Bestandnehmers als ein dingliches Recht zu betrachten, welches sich auch der
nachfolgende Besitzer auf die noch übrige Zeit gefallen lassen muß.
Wechselseitige Rechte:
1) In Hinsicht auf Ueberlassung,
Erhaltung, Benützung.
§. 1096. Vermieter und
Verpächter sind verpflichtet, das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem
Stande zu übergeben und zu erhalten und die Bestandinhaber in dem bedungenen
Gebrauche oder Genusse nicht zu stören. Ist das Bestandstück bei der Übergabe
derart mangelhaft oder wird es während der Bestandzeit ohne Schuld des
Bestandnehmers derart mangelhaft, daß es zu dem bedungenen Gebrauche nicht
taugt, so ist der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit
von der Entrichtung des Zinses befreit. Auf diese Befreiung kann bei der Miete
unbeweglicher Sachen im voraus nicht verzichtet werden.
Der Pächter hat die
gewöhnlichen Ausbesserungen der Wirtschaftsgebäude nur insoweit selbst zu
tragen, als sie mit den Materialien des Gutes und den Diensten, die er nach der
Beschaffenheit des Gutes zu fordern berechtigt ist, bestritten werden können.
§. 1097. Werden
Ausbesserungen nötig, welche dem Bestandgeber obliegen, so ist der
Bestandnehmer bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet, dem Bestandgeber ohne
Verzug Anzeige zu machen. Der Bestandnehmer wird als ein Geschäftsführer ohne
Auftrag betrachtet, wenn er auf das Bestandstück einen dem Bestandgeber
obliegenden Aufwand (§ 1036) oder einen nützlichen Aufwand (§ 1037) gemacht
hat; er muß aber den Ersatz längstens binnen sechs Monaten nach Zurückstellung
des Bestandstückes gerichtlich fordern, sonst ist die Klage erloschen.
§. 1098. Mieter und
Pächter sind berechtiget, die Miet- und Pachtstücke dem Vertrage gemäß durch
die bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu benützen, oder auch in Afterbestand zu
geben, wenn es ohne Nachteil des Eigentümers geschehen kann und im Vertrage
nicht ausdrücklich untersagt worden ist.
2) Lasten;
§. 1099. Bey
Vermiethungen trägt alle Lasten und Abgaben der Vermiether. Bey eigentlichen
Pachtungen, wenn sie in Pausch und Bogen geschehen, übernimmt der Pächter, mit
Ausschluß der eingetragenen Hypothecar-Lasten, alle übrige; wird aber die
Pachtung nach einem Anschlage geschlossen, so trägt er jene Lasten, welche von
dem Ertrage abgezogen worden sind, oder bloß von den Früchten, und nicht von
dem Grunde selbst entrichtet werden müssen.
3) Zins.
§. 1100. Ist nichts
anderes vereinbart oder ortsüblich, so ist der Zins, wenn eine Sache auf ein
oder mehrere Jahre in Bestand genommen wird, halbjährlich, bei einer kürzeren
Bestandzeit hingegen nach Verlauf derselben zu entrichten.
§. 1101. Zur
Sicherstellung des Bestandzinses hat der Vermieter einer unbeweglichen Sache
das Pfandrecht an den eingebrachten, dem Mieter oder seinen mit ihm in
gemeinschaftlichem Haushalte lebenden Familienmitgliedern gehörigen
Einrichtungsstücken und Fahrnissen, soweit sie nicht der Pfändung entzogen
sind. Das Pfandrecht erlischt, wenn die Gegenstände vor ihrer pfandweisen Beschreibung
entfernt werden, es sei denn, daß dies infolge einer gerichtlichen Verfügung
geschieht und der Vermieter binnen drei Tagen nach dem Vollzuge sein Recht bei
Gericht anmeldet.
Zieht der Mieter aus
oder werden Sachen verschleppt, ohne daß der Zins entrichtet oder
sichergestellt ist, so kann der Vermieter die Sachen auf eigene Gefahr
zurückbehalten, doch muß er binnen drei Tagen um die pfandweise Beschreibung
ansuchen oder die Sachen herausgeben.
Dem Verpächter eines
Grundstückes steht in gleichem Umfange und mit gleicher Wirkung das Pfandrecht
an dem auf dem Pachtgute vorhandenen Vieh und den Wirtschaftsgerätschaften und
den darauf noch befindlichen Früchten zu.
§. 1102. Der
Bestandgeber kann sich zwar die Vorausbezahlung des Bestandzinses bedingen. Hat
aber der Bestandnehmer mehr als eine Fristzahlung voraus geleistet, so kann er
dieselbe einem später eingetragenen Gläubiger oder neuen Eigentümer nur dann
entgegensetzen, wenn sie in dem öffentlichen Buch ersichtlich gemacht ist.
Zins in Früchten.
§. 1103. Wenn der
Eigenthümer sein Gut mit der Bedingung überläßt, daß der Uebernehmer die
Wirthschaft betreiben, und dem Uebergeber einen auf die ganze Nutzung sich
beziehenden Theil, z. B. ein Drittheil oder die Hälfte der Früchte geben solle;
so entsteht kein Pacht-, sondern ein Gesellschaftsvertrag, welcher nach den
darüber aufgestellten Regeln beurtheilet wird.
Fälle und Bedingungen
einer Erlassung des Zinses.
§. 1104. Wenn die in
Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg oder
Seuche, großer Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen
Mißwachses gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der
Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet-
oder Pachtzins zu entrichten.
§. 1105. Behält der
Mieter trotz eines solchen Zufalls einen beschränkten Gebrauch des Mietstückes,
so wird ihm auch ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen. Dem
Pächter gebührt ein Erlaß an dem Pachtzinse, wenn durch außerordentliche
Zufälle die Nutzungen des nur auf ein Jahr gepachteten Gutes um mehr als die
Hälfte des gewöhnlichen Ertrages gefallen sind. Der Verpächter ist so viel zu
erlassen schuldig, als durch diesen Abfall an dem Pachtzinse mangelt.
§. 1106. Hat der
Bestandnehmer unbestimmt alle Gefahren auf sich genommen; so werden darunter
nur die Feuer-, Wasserschäden und Wetterschläge verstanden. Andere
außerordentliche Unglücksfälle kommen nicht auf seine Gefahr. Verbindet er sich
aber ausdrücklich, auch alle andere außerordentliche Unglücksfälle zu tragen;
so wird deßwegen noch nicht vermuthet, daß er auch für den zufälligen Untergang
des ganzen Pachtstückes haften wolle.
§. 1107. Wird der
Gebrauch oder Genuß des Bestandstückes nicht wegen dessen Beschädigung oder
sonst entstandener Unbrauchbarkeit, sondern aus einem dem Bestandnehmer
zugestoßenen Hindernisse oder Unglücksfalle vereitelt, oder waren zur Zeit der
Beschädigung die Früchte von dem Grunde schon abgesondert, so fällt die widrige
Ereignung dem Bestandnehmer allein zur Last. Er muß den Zins doch entrichten.
Der Bestandgeber muß sich aber den ersparten Aufwand und die Vorteile, die er
durch anderweitige Verwertung des Bestandstückes erlangt, anrechnen.
§. 1108. Behauptet der
Pächter den Erlaß des ganzen Pachtzinses oder eines Theiles davon entweder aus
dem Vertrage oder aus dem Gesetze; so muß er dem Verpächter ohne Zeitverlust
den geschehenen Unglücksfall anzeigen, und die Begebenheit, wenn sie nicht
landkundig ist, gerichtlich, oder wenigstens durch zwey sachkundige Männer erheben
lassen; ohne diese Vorsicht wird er nicht angehört.
4) Zurückstellung;
§. 1109. Nach
geendigtem Bestandvertrage muß der Bestandnehmer die Sache dem etwa errichteten
Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat,
gepachtete Grundstücke aber mit Rücksicht auf die Jahreszeit, in welcher der
Pacht geendigt worden ist, in gewöhnlicher wirtschaftlicher Kultur
zurückstellen. Weder ein Zurückbehaltungsrecht oder die Einwendung der
Kompensation noch selbst des früheren Eigentumsrechtes kann ihn vor der
Zurückstellung schützen.
§. 1110. Wenn bey dem
Bestandvertrage kein Inventarium errichtet worden ist; so tritt die nähmliche
Vermuthung, wie bey der Fruchtnießung (§. 518) ein.
§. 1111. Wird das
Mieth- oder Pachtstück beschädiget, oder durch Mißbrauch abgenützt; so haften
Miether und Pächter sowohl für ihr eigenes, als des Afterbestandnehmers
Verschulden, nicht aber für den Zufall. Doch muß der Bestandgeber den Ersatz
aus dieser Haftung längstens binnen Einem Jahre nach Zurückstellung des
Bestandstückes gerichtlich fordern; sonst ist das Recht erloschen.
5) Auflösung des
Bestandvertrages:
a) durch Untergang der
Sache;
§. 1112. Der
Bestandvertrag löset sich von selbst auf, wenn die bestandene Sache zu Grunde
geht. Geschieht dieß aus Verschulden des einen Theiles, so gebührt dem andern
Ersatz; geschieht es durch einen Unglücksfall, so ist kein Theil dem andern
dafür verantwortlich.
b) Verlauf der Zeit;
§. 1113. Der
Bestandvertrag erlischt auch durch den Verlauf der Zeit, welcher ausdrücklich
oder stillschweigend, entweder durch den nach einem gewissen Zeitraume
ausgemessenen Zins, wie bey so genannten Tag- Wochen- und Monathzimmern, oder
durch die erklärte, oder aus dem Umständen hervorleuchtende Absicht des
Bestandnehmers bedungen worden ist.
wenn keine Erneuerung
geschieht;
§. 1114. Der
Bestandvertrag kann aber nicht nur ausdrücklich; sondern auch stillschweigend
erneuert werden. Ist in dem Vertrage eine vorläufige Aufkündigung bedungen
worden; so wird der Vertrag durch die Unterlassung der gehörigen Aufkündigung
stillschweigend erneuert. Ist keine Aufkündigung bedungen worden; so geschieht
eine stillschweigende Erneuerung, wenn der Bestandnehmer nach Verlauf der
Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen oder zu benützen, und der Bestandgeber
es dabey bewenden läßt.
§. 1115. Die
stillschweigende Erneuerung des Bestandvertrages geschieht unter den nähmlichen
Bedingungen, unter welchen er vorher geschlossen war. Doch erstreckt sie sich
bey Pachtung nur auf Ein Jahr; wenn aber der ordentliche Genuß erst in einem
spätern Zeitraume erfolgen kann, auf eine so lange Zeit als nothwendig ist, um
die Nutzungen einmahl beziehen zu können. Miethungen, wofür man den Zins erst
nach einem ganzen oder halben Jahre zu bezahlen pflegt, werden auf ein halbes
Jahr; alle kürzere Miethungen aber auf diejenige Zeit stillschweigend erneuert,
welche vorher durch den Bestandvertrag bestimmt war. Von wiederhohlten
Erneuerungen gilt das Nähmliche, was hier in Rücksicht der ersten Erneuerung
vorgeschrieben ist.
c) Aufkündigung;
§. 1116. In so fern die
Dauer eines Bestandvertrages weder ausdrücklich, noch stillschweigend, noch
durch besondere Vorschriften bestimmt ist, muß derjenige, welcher den Vertrag
aufheben will, dem Andern die Pachtung sechs Monathe; die Miethung einer
unbeweglichen Sache vierzehn Tage; und einer beweglichen vier und zwanzig
Stunden vorher aufkündigen, als die Abtretung erfolgen soll.
§. 1116a. Durch den Tod
eines der vertragschließenden Teile wird der Bestandvertrag nicht aufgeschoben.
Wohnungsmieten können jedoch, wenn der Mieter stirbt, ohne Rücksicht auf die
vereinbarte Dauer sowohl von den Erben des Mieters wie von dem Vermieter unter
Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1117. Der
Bestandnehmer ist berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem
Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück in einem Zustand
übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem
bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein beträchtlicher Teil durch
Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der
Gesundheitsschädlichkeit gemieteter Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter
auch dann zu, wenn er im Vertrage darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der
Räume beim Vertragsabschluß gekannt hat.
§. 1118. Der
Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn
der Bestandnehmer der Sache einen erheblichen nachtheiligen Gebrauch davon
macht; wenn er nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses
dergestalt säumig ist, daß er mit Ablauf des Termines den rückständigen
Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat; oder, wenn ein vermiethetes
Gebäude neu aufgeführt werden muß. Eine nützlichere Bauführung ist der Miether
zu seinem Nachtheile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber nothwendige
Ausbesserungen.
§. 1119. Wenn dem
Vermiether die Nothwendigkeit der neuen Bauführung schon zur Zeit des
geschlossenen Vertrages bekannt seyn mußte; oder, wenn die Nothwendigkeit der
durch längere Zeit fortzusetzenden Ausbesserungen aus Vernachlässigung der
kleinern Ausbesserungen entstanden ist; so muß dem Miether für den vermißten
Gebrauch eine angemessene Entschädigung geleistet werden.
d) Veräußerung der
Sache.
§. 1120. Hat der
Eigenthümer das Bestandstück an einen Andern veräußert, und ihm bereits
übergeben; so muß der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen
Bücher eingetragen ist (§. 1095), nach der gehörigen Aufkündigung dem neuen
Besitzer weichen. Er ist aber berechtiget, von dem Bestandgeber in Rücksicht
auf den erlittenen Schaden, und entgangenen Nutzen eine vollkommene Genugthuung
zu fordern.
§. 1121. Bei einer
zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung ist das Bestandrecht, wenn es in die
öffentlichen Bücher eingetragen ist, gleich einer Dienstbarkeit zu behandeln.
Hat der Ersteher das Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muß ihm der
Bestandnehmer nach gehöriger Aufkündigung weichen.
II. Erbpacht.
§. 1122. Der Vertrag, wodurch
jemanden das Nutzeigenthum eines Gutes erblich unter der Bedingung überlassen
wird, daß er die jährlichen Nutzungen mit einer jährlichen, im Verhältnisse zu
dem Ertrage bestimmten Abgabe im Gelde, in Früchten, oder auch in
verhältnißmäßigen Diensten vergelten solle, heißt ein Erbpachtvertrag.
III. Erbzinsvertrag.
§. 1123. Wird eine
geringe Abgabe von dem Besitzer nur zur Anerkennung des Grundeigenthumes
geleistet, so heißt der Grund ein Erbzinsgut und der darüber errichtete Vertrag
ein Erbzinsvertrag.
§. 1124 Im Zweifel, ob
ein Nutzeigenthum ein Erbpachtgut aber ein Erbzinsgut sey, ist auf den Betrag
des jährlichen Zinses, und andere Schuldigkeiten Rücksicht zu nehmen. Steht
dieser Betrag mit den jährlichen reinen Nutzungen außer allem Verhältnisse; so
ist das Nutzeigenthum ein Erbzinsgut; läßt sich aber wenigstens von alten
Zeiten her und bey ganz öde übernommenen Gründen ein Verhältniß denken; so ist
es ein Erbpachtgut. (§. 359.)
IV. Bodenzins.
§. 1125. Ist ein
Eigenthum dergestalt getheilt, daß einem Theile die Substanz des Grundes sammt
der Benützung der Unterfläche, dem andern Theile aber nur die Benützung der
Oberfläche erblich gehört; so heißt die jährliche von diesem letztern Besitzer
zu entrichtende Abgabe, Bodenzins.
Erwerbung des nutzbaren
Eigenthumes.
§. 1126. Das getheilte
Eigenthum einer unbeweglichen Sache kann eben so wenig, als das vollständige
ohne Einverleibung in die öffentlichen Bücher oder Register erworben werden.
Ein gültiger Titel gründet nur ein persönliches Recht gegen die verbundene
Person, aber kein dingliches Recht gegen einen Dritten. (§. 431.)
Gemeinschaftliche
Rechte des Ober- und Nutzungseigenthümers.
§. 1127. Die Rechte des
Ober- und Nutzungseigenthümers kommen überhaupt darin überein, daß ein Jeder
mit seinem Theile in so weit verfügen kann, als die Rechte des Andern dadurch
nicht verletzet werden. (§. 363.)
§. 1128. Einer wie der
andere ist berechtiget, seinen Antheil gerichtlich zu verfolgen, ihn zu
verpfänden, und unter Lebenden oder durch eine letzte Willenserklärung zu
veräußern. Wer eine Einschränkung behauptet, muß solche durch die gehörigen
Urkunden, durch so genannte Gewährbriefe oder Handfesten beweisen.
Besondere Rechte und
Pflichten des Obereigenthümers.
§. 1129. Der
Obereigenthümer ist insbesondere berechtigt, dem Nutzungseigenthümer nicht nur
die Verringerung der Nutzungssache; sondern auch alle Veränderungen zu
untersagen, wodurch die Ausübung seiner Rechte vereitelt oder erschwert werden
kann.
1) in Rücksicht der
Erhaltung, Bearbeitung und Veränderungen des Gutes.
§. 1130. Er kann also
verlangen, daß der Nutzungseigenthümer für die Erhaltung und Bestellung der
Grundstücke Sorge trage. Vernachlässiget er, ungeachtet der geschehenen
Warnung, die Erfüllung dieser Pflichten, oder ist er die auf dem Grunde haftenden
Lasten zu tragen unfähig; so kann der Obereigenthümer auf die Ueberlassung des
Gutes an andere Erbpacht- oder Erbzins-Männer dringen.
2) des Erbzinses.
§. 1131. Das
vorzüglichste Recht des Erbpacht- und Erbzinsherrn besteht in der Beziehung des
jährlichen Zinses und anderer bedungenen Gebühren. Diese können unter keinem
Vorwande erhöhet, von den zum Grunde nicht gehörigen Fahrnissen aber, so wie
von andern beweglichen Sachen, gar nicht bezogen werden.
Wann der Zins zu
entrichten.
§. 1132. Der jährliche
Zins muß, wenn nichts verabredet oder durch Provincial-Gesetze bestimmt ist, in
der ersten Hälfte des Monaths November abgeführt werden.
Wann eine Erlassung
Statt finde?
§. 1133. In der Regel
haftet ein unvollständiger Eigenthümer dem andern nicht für den Zufall: Allein,
wenn ein Erbpächter durch Ueberschwemmungen, Krieg oder Seuchen sein Pachtgut
zu benützen verhindert worden ist; so muß demselben für die Zeit der vermißten
Benützung ein angemessener Erlaß vom Zinse gestattet werden.
§. 1134 Ein Erbzinsmann
hat auf einen ähnlichen Erlaß keinen Anspruch; er muß, so lange ein Theil des
Erbzinsgutes vorhanden ist, den festgesetzten Erbzins voll entrichten.
Recht bey verzögerter
Entrichtung des Zinses.
§. 1135. Hat der
Erbzinsmann den Zins in der bedungenen Zeit nicht abgeführt; so kann der
Erbzinsherr verlangen, daß die Nutzung in Beschlag genommen, und er aus
derselben schadlos gehalten werde.
§. 1136. Ein
Erbpachtherr hat in Ansehung des über Ein Jahr ausständigen Zinses die Wahl,
entweder die Pfändung der Nutzungen, oder die gerichtliche Versteigerung des
Erbpachtgutes zur Berichtigung der Rückstände zu verlangen.
3) In Rücksicht der
Lasten und Verbesserungen.
§. 1137. Der
Obereigenthümer ist verpflichtet, den Nutzungseigenthümer in Rücksicht des
unmittelbar von ihm erhaltenen Nutzungseigenthumes zu vertreten, und wenn das
Nutzungsrecht mit der Substanz wieder vereiniget wird, ihm oder seinem
Nachfolger die getroffenen Verbesserungen wie einem andern redlichen Besitzer
zu vergüten, und für die Richtigkeit der öffentlichen Bücher und Register, die
er über seine Zinsgüter führet, zu haften.
§. 1138. Für andere von
dem Nutzungseigenthümer aufgebürdete und den öffentlichen Büchern nicht
einverleibte Lasten haftet der Obereigenthümer nicht. Der Nutzungseigenthümer kann
überhaupt einem Andern nicht mehr Recht übertragen, als er selbst hat. Das
Recht des Einen erlischt also mit dem Rechte des Andern.
Rechte und
Verbindlichkeiten des Nutzungseigenthümers überhaupt.
§. 1139. Die Rechte und
Verbindlichkeiten des Nutzungseigenthümers stehen überhaupt mit den
festgesetzten Verbindlichkeiten und Rechten des Obereigenthümers im
Verhältnisse.
Insbesondere 1) in
Rücksicht der Veräußerung.
§. 1140. Der
Nutzungseigenthümer bedarf zur Veräußerung die Einwilligung des
Obereigenthümers nicht; doch muß er ihn dem Nachfolger zur Beurtheilung, ob
derselbe dem Gute vorzustehen, und die darauf haftenden Lasten zu entrichten
fähig sey, nahmhaft machen. Auf ein Vorkaufs- oder Einstandsrecht hat der
Obereigenthümer keinen Anspruch.
§. 1141. Hat sich aber
der Obereigenthümer diese Einwilligung und Rechte ausdrücklich vorbehalten; so
muß er sich binnen dreyßig Tagen nach der ihm gemachten ordentlichen Anzeige
erklären. Nach dieser Frist wird seine Einwilligung für ertheilt gehalten. Ohne
Ausübung des Vorkaufs- oder Einstandsrechtes kann er die Einwilligung nur wegen
offenbarer Gefahr der Substanz und der damit verknüpften Rechte verweigern.
§. 1142. Die Abgabe,
welche der Obereigenthümer zuweilen von einem neuen Nutzungseigenthümer zu
fordern hat, heißt, wenn die Veränderung bey Lebzeiten geschieht, Lehenwaare
(Laudemium); geschieht sie aber von Todes wegen, Sterbelehen. Beyde werden auch
Veränderungsgebühren genannt. Ob und wie diese Rechte gegründet seyn, entscheidet
die Landesverfassung, die öffentlichen Bücher und Urkunden, oder ein
dreyßigjähriger ruhiger Besitz.
2) In Rücksicht eines
Schatzes und der Verminderung der Substanz.
§. 1143. Dem
Nutzungseigenthümer gebührt auch ein verhältnißmäßiger Theil von einem gefundenem
Schatze (§. 399). Er ist sogar befugt, die Substanz zu verringern, wenn er dem
Obereigenthümer beweisen kann, daß die Benutzung des Grundes sonst nicht Statt
finde. (§. 1129.)
3) der Lasten;
§. 1144. Der
Nutzungseigenthümer trägt alle ordentliche und außerordentliche dem Gute
anklebende Lasten; er entrichtet die Steuern, Zehenden und andere besonders
vorgemerkten Abgaben. Für Lasten, die den Zins betreffen, haftet der
Obereigenthümer.
4) des Gewährbriefes.
§. 1145. Jeder neue
Nutzungseigenthümer ist in der Regel verbunden, sich von dem Obereigenthümer
einen Beglaubigungsschein oder eine Urkunde des erneuerten Nutzungseigenthumes
zu verschaffen.
Besondere Verhältnisse
zwischen Gutsbesitzern und Unterthanen.
§. 1146. In wie fern
die Nutzungseigenthümer gegen die Obereigenthümer noch in andern Verhältnissen
stehen, und welche Rechte und Verbindlichkeiten insbesondere zwischen den
Gutsbesitzern und den Gutsunterthanen bestehen, ist aus der Verfassung jeder
Provinz, und den politischen Vorschriften zu entnehmen.
Rechte aus dem
Bodenzinse.
§. 1147. Wer nichts als
einen Bodenzins entrichtet, hat nur auf die Benutzung der Oberfläche, als:
Bäume, Pflanzen und Gebäude, und auf einen Theil des auf derselben gefundenen
Schatzes Anspruch. Vergrabene Schätze und andere unterirdische Nutzungen
gehören dem Obereigenthümer allein zu.
Erlöschung des
Nutzungseigenthumes.
§. 1148. Was von der
Aufhebung des vollständigen Eigenthumes bestimmt worden ist, (§. 444) gilt
überhaupt auch von dem getheilten.
§. 1149. Erbpacht- und
Erbzinsgüter gehen auf alle Erben über, die nicht ausdrücklich ausgeschlossen
worden sind. Hat der Nutzungseigenthümer keinen rechtmäßigen Nachfolger; so
wird das Nutzungseigenthum mit dem Obereigenthume vereiniget. Doch muß der
Obereigenthümer, wenn er von diesem Rechte Gebrauch machen will, alle Schulden
des Nutzungseigenthümers, die aus einem andern Vermögen nicht getilgt werden
können, berichtigen. In wie fern ein Obereigenthümer das heimgefallene Gut an
Andere zu überlassen verbunden sey, bestimmen die politischen Verordnungen.
§. 1150. Durch
Zerstörung der Pflanzen, Bäume und Gebäude geht das Nutzungseigenthum der
Oberfläche nicht verloren. So lange noch ein Theil des Grundes bleibt, kann ihn
der Besitzer, wenn er anders seinen Zins abführt, mit neuen Pflanzen, Bäumen
und Gebäuden besetzen.
Sechs u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von Verträgen über
Dienstleistungen
Dienst- und
Werkvertrag.
§. 1151. Wenn jemand
sich auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet,
so entsteht ein Dienstvertrag; wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen
Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag.
Insoweit damit eine
Geschäftsbesorgung (§ 1002) verbunden ist, müssen auch die Vorschriften über
den Bevollmächtigungsvertrag beobachtet werden.
§. 1152. Ist im Vertrage
kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so gilt ein
angemessenes Entgelt als bedungen.
1. Dienstvertrag.
§. 1153. Wenn sich aus
dem Dienstvertrage oder aus den Umständen nichts anderes ergibt, hat der
Dienstnehmer die Dienste in eigener Person zu leisten und ist der Anspruch auf
die Dienste nicht übertragbar. Soweit über Art und Umfang der Dienste nichts
vereinbart ist, sind die den Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten.
Anspruch auf das
Entgelt.
§. 1154. Wenn nichts
anderes vereinbart oder bei Diensten der betreffenden Art üblich ist, ist das
Entgelt nach Leistung der Dienste zu entrichten.
Ist das Entgelt nach
Monaten oder kürzeren Zeiträumen bemessen, so ist es am Schlusse des einzelnen
Zeitraumes; ist es nach längeren Zeiträumen bemessen, am Schlusse eines jeden
Kalendermonats zu entrichten. Ein nach Stunden, nach Stück oder
Einzelleistungen bemessenes Entgelt ist für die schon vollendeten Leistungen am
Schlusse einer jeden Kalenderwoche, wenn es sich jedoch um Dienste höherer Art
handelt, am Schlusse eines jeden Kalendermonats zu entrichten.
In jedem Falle wird das
bereits verdiente Entgelt mit der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig.
§. 1154a. Der nach
Stück oder Einzelleistungen entlohnte Dienstnehmer kann einen den geleisteten
Diensten und seinen Auslagen entsprechenden Vorschuß vor Fälligkeit des
Entgelts verlangen.
§. 1154b. Der
Dienstnehmer behält seinen Anspruch auf das Entgelt, wenn er nach mindestens
vierzehntägiger Dienstleistung durch Krankheit oder Unglücksfall für eine
verhältnismäßig kurze, jedoch eine Woche nicht übersteigende Zeit an der
Dienstleistung verhindert wird, ohne dies vorsätzlich oder durch grobe
Fahrlässigkeit verschuldet zu haben. Dasselbe gilt, wenn er durch andere
wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden an der
Dienstleistung verhindert wird.
Beträge, die der
Dienstnehmer für die Zeit der Verhinderung auf Grund einer
öffentlichrechtlichen Versicherung bezieht, kann der Dienstgeber mit jenem
Teile in Abzug bringen, der dem Verhältnisse seiner tatsächlichen
Beitragsleistung zu dem Gesamtversicherungsbeitrag entspricht.
§. 1155. Auch für
Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, gebührt dem Dienstnehmer
das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite
des Dienstgebers liegen, daran gehindert worden ist; er muß sich jedoch
anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch
anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
Wurde er infolge
solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Dienstleistung verkürzt, so gebührt
ihm angemessene Entschädigung.
Pflichten des
Dienstgebers im Falle der Erkrankung.
§. 1156. Ist der
Dienstnehmer bei einem Dienstverhältnisse, das seine Erwerbstätigkeit
hauptsächlich in Anspruch nimmt, in die Hausgemeinschaft des Dienstgebers
aufgenommen, so hat ihm dieser im Falle einer weder vorsätzlich noch durch
grobe Fahrlässigkeit herbeigeführten Erkrankung nebst den Geldbezügen die erforderliche
Verpflegung und ärztliche Behandlung und die notwendigen Heilmittel bis zu
vierzehn Tagen zu gewähren, wenn das Dienstverhältnis schon vierzehn Tage, und
bis zu vier Wochen, wenn es schon ein halbes Jahr gedauert hat.
Die Verpflegung und
Behandlung kann auch durch Aufnahme in eine Krankenanstalt oder mit Zustimmung
des Dienstnehmers bei dritten Personen gewährt werden. Sofern die Natur der
Krankheit dies notwendig macht, kann der Dienstnehmer Pflege in einer
Krankenanstalt fordern.
Die nach diesen
Bestimmungen dem Dienstgeber obliegenden Verpflichtungen treten nicht ein, wenn
das Dienstverhältnis nur für die Zeit eines vorübergehenden Bedarfes
eingegangen wurde und noch nicht einen Monat gedauert hat.
§. 1156a. Barauslagen
für die ärztliche Behandlung und die Beschaffung der notwendigen Heilmittel
sowie die Kosten der Pflege in einer Krankenanstalt oder bei dritten Personen
können auf die für die Zeit der Erkrankung entfallenden Geldbezüge des
Dienstnehmers angerechnet werden.
Auf die Geldbezüge dürfen
Beträge, die der Dienstnehmer für die Zeit der Erkrankung auf Grund einer
öffentlichrechtlichen Versicherung bezieht, mit jenem Teile angerechnet werden,
der dem Verhältnisse der tatsächlichen Beitragsleistung des Dienstgebers zu dem
Gesamtversicherungsbeitrage entspricht. Die übrigen im § 1156 bezeichneten
Verpflichtungen des Dienstgebers entfallen insoweit, als dem Dienstnehmer auf
Grund einer Versicherung die gleichen Leistungen gewährt werden.
Erlöschen der
Ansprüche.
§. 1156b. Die dem
Dienstgeber nach den §§ 1154b und 1156 obliegenden Verpflichtungen erlöschen,
wenn das Dienstverhältnis infolge Ablaufes der Zeit, für die es eingegangen
wurde, oder infolge einer früheren Kündigung oder einer Entlassung endet, die
nicht durch die Erkrankung oder sonstige die Person des Dienstnehmers
betreffende wichtige Gründe im Sinne des § 1154b verursacht ist. Wird der
Dienstnehmer wegen der Verhinderung entlassen oder wird ihm während der
Verhinderung gekündigt, so bleibt die dadurch herbeigeführte Beendigung des Dienstverhältnisses
in Ansehung der bezeichneten Ansprüche außer Betracht.
Fürsorgepflicht des
Dienstgebers.
§. 1157. Der
Dienstgeber hat die Dienstleistungen so zu regeln und bezüglich der von ihm
beizustellenden oder beigestellten Räume und Gerätschaften auf seine Kosten
dafür zu sorgen, daß Leben und Gesundheit des Dienstnehmers, soweit es nach der
Natur der Dienstleistung möglich ist, geschützt werden.
Ist der Dienstnehmer in
die Hausgemeinschaft des Dienstgebers aufgenommen, so hat dieser in Ansehung des
Wohn- und Schlafraumes, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit
die mit Rücksicht auf Gesundheit, Sittlichkeit und Religion des Dienstnehmers
erforderlichen Anordnungen zu treffen.
Endigung des
Dienstverhältnisses.
§. 1158. Das
Dienstverhältnis endet mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen wurde.
Ein auf Probe oder nur
für die Zeit eines vorübergehenden Bedarfes vereinbartes Dienstverhältnis kann
während des ersten Monates von beiden Teilen jederzeit gelöst werden.
Ein für die Lebenszeit
einer Person oder für länger als fünf Jahre vereinbartes Dienstverhältnis kann
von dem Dienstnehmer nach Ablauf von fünf Jahren unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von sechs Monaten gelöst werden.
Ist das
Dienstverhältnis ohne Zeitbestimmung eingegangen oder fortgesetzt worden, so
kann es durch Kündigung nach folgenden Bestimmungen gelöst werden.
Kündigungsfristen.
§. 1159. Eine Kündigung
ist zulässig:
wenn bei einem
Dienstverhältnisse, das keine Dienste höherer Art zum Gegenstande hat, das
Entgelt nach Stunden oder Tagen, nach Stück oder Einzelleistungen bemessen ist,
jederzeit für den folgenden Tag; wenn ein solches Dienstverhältnis die
Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon
drei Monate gedauert hat oder wenn das Entgelt nach Wochen bemessen ist,
spätestens am ersten Werktage für den Schluß der Kalenderwoche. Die Wirkung der
Kündigung tritt im Falle der Entlohnung nach Stück oder Einzelleistungen
keinesfalls vor Vollendung der zur Zeit der Kündigung in Ausführung begriffenen
Leistungen ein.
§. 1159a. Wenn ein
Dienstverhältnis, das Dienste höherer Art zum Gegenstande hat, die
Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon
drei Monate gedauert hat, so ist ohne Rücksicht auf die Art der Bemessung des
Entgelts eine mindestens vierwöchentliche Kündigungsfrist einzuhalten.
Dasselbe gilt
überhaupt, wenn das Entgelt nach Jahren bemessen ist.
§. 1159b. In allen
anderen Fällen kann das Dienstverhältnis unter Einhaltung einer mindestens vierzehntägigen
Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1159c. Die
Kündigungsfrist muß immer für beide Teile gleich sein. Wurden ungleiche Fristen
vereinbart, so gilt für beide Teile die längere Frist.
Aufsuchen einer neuen
Stellung.
§. 1160. Ist der
Dienstnehmer in die Hausgemeinschaft des Dienstgebers aufgenommen oder durch
das Dienstverhältnis gehindert, eine andere Stellung aufzusuchen, so ist ihm
nach der Kündigung zu diesem Behufe ohne Schmälerung des Entgelts auf Verlangen
die angemessene Zeit freizugeben.
Konkurs.
§. 1161. Welche
Wirkungen die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Dienstgebers auf
das Dienstverhältnis hat, bestimmt die Konkursordnung.
Vorzeitige Auflösung.
§. 1162. Das
Dienstverhältnis kann, wenn es für bestimmte Zeit eingegangen wurde, vor Ablauf
dieser Zeit, sonst aber ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem Teile
aus wichtigen Gründen gelöst werden.
§. 1162a. Wenn der
Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt, kann der Dienstgeber
entweder dessen Wiedereintritt zur Dienstleistung nebst Schadenersatz oder
Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages verlangen. Wird der
Dienstnehmer wegen eines Verschuldens vorzeitig entlassen, so hat er
Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages zu leisten. Für die schon
bewirkten Leistungen, deren Entgelt noch nicht fällig ist, steht dem
Dienstnehmer ein Anspruch auf den entsprechenden Teil des Entgelts nur insoweit
zu, als sie nicht durch die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses für
den Dienstgeber ihren Wert ganz oder zum größten Teil eingebüßt haben.
§. 1162b. Wenn der
Dienstgeber den Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig entläßt oder wenn
ihn ein Verschulden an dem vorzeitigen Austritte des Dienstnehmers trifft,
behält dieser, unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes, seine
vertragsgemäßen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur
Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der Vertragszeit oder durch
ordnungsmäßige Kündigung hätte verstreichen müssen, unter Anrechnung dessen,
was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch
anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
Soweit jedoch der oben genannte Zeitraum drei Monate nicht übersteigt, kann der
Dienstnehmer das ganze für diese Zeit gebührende Entgelt ohne Abzug sofort
fordern.
§. 1162c. Trifft beide
Teile ein Verschulden an der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses, so hat
der Richter nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein
Ersatz gebührt.
§. 1162d. Ansprüche
wegen vorzeitigen Austrittes oder vorzeitiger Entlassung im Sinne der §§ 1162a
und 1162b müssen bei sonstigem Ausschlusse binnen sechs Monaten nach Ablauf des
Tages, an dem sie erhoben werden konnten, gerichtlich geltend gemacht werden.
Zeugnis.
§. 1163. Bei Beendigung
des Dienstverhältnisses ist dem Dienstnehmer auf sein Verlangen ein
schriftliches Zeugnis über die Dauer und Art der Dienstleistung auszustellen.
Verlangt der Dienstnehmer während der Dauer des Dienstverhältnisses ein
Zeugnis, so ist ihm ein solches auf seine Kosten auszustellen. Eintragungen und
Anmerkungen im Zeugnisse, durch die dem Dienstnehmer die Erlangung einer neuen
Stellung erschwert wird, sind unzulässig.
Zeugnisse des
Dienstnehmers, die sich in Verwahrung des Dienstgebers befinden, sind dem
Dienstnehmer auf Verlangen jederzeit auszufolgen.
Zwingende Vorschriften.
§. 1164. Die
Berechtigungen des Dienstnehmers, die sich aus den Bestimmungen der §§ 1154,
Absatz 3, 1156 bis 1159b, 1160 und 1162a bis 1163 ergeben, können durch den Dienstvertrag
nicht aufgehoben oder beschränkt werden.
Der Anspruch des
Dienstnehmers auf das Entgeld nach § 1154b, Abs. 1, erster Satz, kann, wenn die
Verhinderung länger als drei Tage gedauert hat, für die ersten drei Tage weder
durch Einzeldienstvertrag noch durch Arbeitsordnung (Dienstordnung) aufgehoben
oder beschränkt werden.
2. Werkvertrag.
§. 1165. Der
Unternehmer ist verpflichtet, das Werk persönlich auszuführen oder unter seiner
persönlichen Verantwortung ausführen zu lassen.
§. 1166. Hat derjenige,
der die Verfertigung einer Sache übernommen hat, den Stoff dazu zu liefern, so
ist der Vertrag im Zweifel als Kaufvertrag; liefert aber der Besteller den
Stoff, im Zweifel als Werkvertrag zu betrachten.
Gewährleistung für
Mängel.
§. 1167. Bei wesentlichen
Mängeln, welche das Werk unbrauchbar machen oder der ausdrücklichen Bedingung
zuwiderlaufen, kann der Besteller vom Vertrage abgehen. Will er das nicht oder
sind die Mängel weder wesentlich noch gegen die ausdrückliche Bedingung, so
kann er die Verbesserung, falls diese nicht einen unverhältnismäßigen Aufwand
erfordern würde, oder eine angemessene Minderung des Entgelts fordern. Zur
Verbesserung muß er dem Unternehmer eine angemessene Frist setzen, mit der
Erklärung, daß er nach deren Ablauf die Verbesserung ablehne. Im übrigen kommen
die für die Gewährleistung bei entgeltlichen Verträgen überhaupt gegebenen
Vorschriften zur Anwendung.
Vereitlung der
Ausführung.
§. 1168. Unterbleibt
die Ausführung des Werkes, so gebührt dem Unternehmer gleichwohl das vereinbarte
Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des
Besteller liegen daran verhindert worden ist; er muß sich jedoch anrechnen, was
er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung
erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Wurde er infolge solcher
Umstände durch Zeitverlust bei der Ausführung des Werkes verkürzt, so gebührt
ihm angemessene Entschädigung.
Unterbleibt eine zur
Ausführung des Werkes erforderliche Mitwirkung des Bestellers, so ist der
Unternehmer auch berechtigt, ihm zur Nachholung eine angemessene Frist zu
setzen mit der Erklärung, daß nach fruchtlosem Verstreichen der Frist der
Vertrag als aufgehoben gelte.
§. 1168a. Geht das Werk
vor seiner Übernahme durch einen bloßen Zufall zugrunde, so kann der
Unternehmer kein Entgelt verlangen. Der Verlust des Stoffes trifft denjenigen
Teil, der ihn beigestellt hat. Mißlingt aber das Werk infolge offenbarer
Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger
Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer für den Schaden
verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat.
Fürsorgepflicht.
§. 1169. Die
Bestimmungen des § 1157, mit Ausnahme der die Regelung der Dienstleistungen und
die Arbeits- und Erholungszeit betreffenden, finden auf den Werkvertrag
sinngemäße Anwendung.
Entrichtung des
Entgelts.
§. 1170. In der Regel
ist das Entgelt nach vollendetem Werk zu entrichten. Wird aber das Werk in
gewissen Abteilungen verrichtet oder sind Auslagen damit verbunden, die der
Unternehmer nicht auf sich genommen hat, so ist dieser befugt, einen
verhältnismäßigen Teil des Entgelts und den Ersatz der gemachten Auslagen schon
vorher zu fordern.
§. 1170a. Ist dem
Vertrage ein Kostenvoranschlag unter ausdrücklicher Gewährleistung für seine
Richtigkeit zugrunde gelegt, so kann der Unternehmer auch bei unvorhergesehener
Größe oder Kostspieligkeit der voranschlagten Arbeiten keine Erhöhung des
Entgelts fordern.
Ist ein Voranschlag
ohne Gewährleistung zugrunde gelegt und erweist sich eine beträchtliche
Überschreitung als unvermeidlich, so kann der Besteller unter angemessener
Vergütung der vom Unternehmer geleisteten Arbeit vom Vertrage zurücktreten.
Sobald sich eine solche Überschreitung als unvermeidlich herausstellt, hat der
Unternehmer dies dem Besteller unverzüglich anzuzeigen, widrigenfalls er jeden
Anspruch wegen der Mehrarbeiten verliert.
Erlöschen durch Tod.
§. 1171. Ein
Werkvertrag über Arbeiten, bei denen es auf die besonderen persönlichen Eigenschaften
des Unternehmers ankommt, erlischt durch dessen Tod und seine Erben können nur
den Preis für den zubereiteten brauchbaren Stoff und einen dem Werte der
geleisteten Arbeit angemessenen Teil des Entgelts fordern. Stirbt der
Besteller, so bleiben die Erben an den Vertrag gebunden.
3. Verlagsvertrag.
§. 1172. Durch den
Verlagsvertrag verpflichtet sich der Urheber eines Werkes der Literatur, der
Tonkunst oder der bildenden Künste oder sein Rechtsnachfolger, das Werk einem
anderen zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen,
dieser (der Verleger) dagegen, das Werk zu vervielfältigen und die
Vervielfältigungsstücke zu verbreiten.
§. 1173. Wurde über die
Anzahl der Auflagen nichts bestimmt, so ist der Verleger nur zu einer Auflage
berechtigt. Vor dem Absatze der Auflage darf der Urheber über das Werk nur dann
anderweitig verfügen, wenn er dem Verleger eine angemessene Schadloshaltung
leistet.
4. Leistung zu
unerlaubtem Zweck.
§. 1174. Was jemand
wissentlich zur Bewirkung einer unmöglichen oder unerlaubten Handlung gegeben
hat, kann er nicht wieder zurückfordern. Inwiefern es der Fiskus einzuziehen
berechtigt sei, bestimmen die politischen Verordnungen. Ist aber etwas zur
Verhinderung einer unerlaubten Handlung demjenigen der diese Handlung begehen
wollte, gegeben worden, so findet die Zurückforderung statt.
Ein zum Zweck eines
verbotenen Spieles gegebenes Darlehen kann nicht zurückgefordert werden.
Sieben u. zwanzigst.
Hauptstück.
Von dem Vertrage über
eine Gemeinschaft der Güter.
Entstehung einer
Erwerbsgesellschaft.
Begriff.
§. 1175. Durch einen
Vertrag, vermöge dessen zwey oder mehrere Personen einwilligen, ihre Mühe
allein, oder auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, wird
eine Gesellschaft zu einem gemeinschaftlichen Erwerbe errichtet.
Eintheilung.
§. 1176. Je nachdem die
Mitglieder einer Gesellschaft nur einzelne Sachen, oder Summen; oder eine ganze
Gattung von Sachen, z. B. alle Waaren, alle Früchte, alle liegende Gründe, oder
endlich ihr ganzes Vermögen ohne Ausnahme der Gemeinschaft widmen, sind auch
die Arten der Gesellschaft verschieden, und die Gesellschaftsrechte mehr oder
weniger ausgedehnt.
§. 1177. Wenn ein
Gesellschaftsvertrag auf das ganze Vermögen lautet; so wird doch nur das
gegenwärtige darunter verstanden. Wird aber auch das künftige Vermögen mit
begriffen; so versteht man darunter nur das erworbene, nicht das ererbte; außer
es wäre beydes ausdrücklich bedungen worden.
Form der Errichtung.
§. 1178.
Gesellschaftsverträge, welche sich nur auf das gegenwärtige, oder nur auf das
zukünftige Vermögen beziehen, sind ungültig, wenn das von dem einen und dem
andern Theile eingebrachte Gut nicht ordentlich beschrieben, und verzeichnet
worden ist.
§. 1179. Wie der
gesellschaftliche Vertrag unter Handelsleuten zu errichten, in die gehörigen
Register einzutragen und öffentlich bekannt zu machen sey, bestimmen die
besondern Handels- und politischen Gesetze. Werden nur einzelne Geschäfte
gemeinschaftlich betrieben; so ist genug, wenn der darüber errichtete Vertrag
in den Handlungsbüchern erscheint.
§. 1180. Der Vertrag
über eine Gemeinschaft des ganzen sowohl gegenwärtigen als künftigen Vermögens,
welcher gewöhnlich nur zwischen Ehegatten errichtet zu werden pflegt, ist nach
den in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten hierüber ertheilten Vorschriften zu
beurtheilen. Die gegenwärtigen Vorschriften beziehen sich auf die übrigen Arten
der durch Vertrag errichteten Gütergemeinschaft.
Wirkung des Vertrages
und des wirklichen Beytrages.
§. 1181. Der
Gesellschaftsvertrag gehört zwar unter die Titel, ein Eigenthum zu erwerben;
die Erwerbung selbst aber, und die Gemeinschaft der Güter oder Sachen kommt nur
durch die Uebergabe derselben zu Stande.
Hauptstamm.
§. 1182. Alles, was ausdrücklich
zum Betriebe des gemeinschaftlichen Geschäftes bestimmt worden ist, macht das
Capital, oder den Hauptstamm der Gesellschaft aus. Das Uebrige, was jedes
Mitglied besitzt, wird als ein abgesondertes Gut betrachtet.
§. 1183. Wenn Geld,
verbrauchbare, oder zwar unverbrauchbare, jedoch in Geldwerth angeschlagene
Sachen eingelegt werden; so ist nicht nur der daraus verschaffte Nutzen,
sondern auch der Hauptstamm in Rücksicht der Mitglieder, welche hierzu
beygetragen haben, als ein gemeinschaftlichen Eigenthum anzusehen. Wer nur
seine Mühe zum gemeinschaftlichen Nutzen zu verwenden verspricht, hat zwar auf
den Gewinn, nicht aber auf den Hauptstamm einen Anspruch. (§. 1192.)
Rechte und Pflichten
der Mitglieder:
Beytrag zum
Hauptstamme; (Fond)
§. 1184. Jedes Mitglied
ist, außer dem Falle einer besonderen Verabredung, verbunden, einen gleichen
Antheil zum gemeinschaftlichen Hauptstamme beyzutragen.
Mitwirkung;
§. 1185. In der Regel
sind alle Mitglieder verbunden, ohne Rücksicht auf ihren größern oder geringern
Antheil, zu dem gemeinschaftlichen Nutzen gleich mitzuwirken.
§. 1186. Kein Mitglied
ist befugt, die Mitwirkung einem Dritten anzuvertrauen; oder jemanden in die
Gesellschaft aufzunehmen; oder ein der Gesellschaft schädliches Nebengeschäft
zu unternehmen.
§. 1187. Die Pflichten
der Mitglieder werden durch den Vertrag genauer bestimmt. Wer sich bloß zur
Arbeit verbunden hat, der ist keinen Beytrag schuldig. Wer lediglich einen
Geld- oder andern Beytrag verheißen hat, der hat weder die Verbindlichkeit, noch
das Recht, auf eine andere Art zu dem gemeinschaftlichen Erwerbe mitzuwirken.
§. 1188. Bey der
Berathschlagung und Entscheidung über die gesellschaftlichen Angelegenheiten
sind, wenn keine andere Verabredung besteht, die in dem Hauptstücke von der
Gemeinschaft des Eigenthumes gegebenen Vorschriften anzuwenden. (§§. 833-842.)
Nachschuß zum
Hauptstamme;
§. 1189. Die Mitglieder
können zu einem mehreren Beytrage, als wozu sie sich verpflichtet haben, nicht
gezwungen werden. Fände jedoch bey veränderten Umständen ohne Vermehrung des
Beytrages die Erreichung des gesellschaftlichen Zweckes gar nicht Statt; so
kann das sich weigernde Mitglied austreten, oder zum Austritte verhalten
werden.
Betrieb der
anvertrauten Geschäfte;
§. 1190. Wird Einem
oder einigen Mitgliedern der Betrieb der Geschäfte anvertraut; so sind sie als
Bevollmächtigte zu betrachten. Auf ihre Berathschlagungen und Entscheidungen
über gesellschaftliche Angelegenheiten sind ebenfalls, die oben (§§. 833-842)
erwähnten Vorschriften anzuwenden.
Haftung für den
Schaden;
§. 1191. Jedes Mitglied
haftet für den Schaden, den es der Gesellschaft durch sein Verschulden zugefügt
hat. Dieser Schaden läßt sich mit dem Nutzen, den es der Gesellschaft sonst
verschaffte, nicht ausgleichen. Hat aber ein Mitglied durch ein eigenmächtig
unternommenes neues Geschäft der Gesellschaft von einer Seite Schaden, und von
der andern Nutzen verursacht; so soll eine verhältnißmäßige Ausgleichung Statt
finden.
Vertheilung des
Gewinnes;
§. 1192. Das Vermögen,
welches nach Abzug aller Kosten und erlittenen Nachtheile über den Hauptstamm
zurück bleibt, ist der Gewinn. Der Hauptstamm selbst bleibt ein Eigenthum
derjenigen, welche dazu beygetragen haben; außer es wäre der Werth der Arbeiten
zum Capitale geschlagen und alles als ein gemeinschaftliches Gut erklärt
worden.
§. 1193. Der Gewinn
wird nach Verhältniß der Capitals-Beyträge vertheilt, und die von allen
Mitgliedern geleisteten Arbeiten heben sich gegen einander auf. Wenn ein oder
einige Mitglieder bloß arbeiten, oder nebst dem Capitals–Beytrage zugleich
Arbeiten leisten; so wird für die Bemühungen, wenn keine Verabredung besteht,
und die Gesellschafter sich nicht vereinigen können, der Betrag mit Rücksicht
auf die Wichtigkeit des Geschäftes, die angewendete Mühe und den verschafften
Nutzen vom Gerichte bestimmt.
§. 1194. Besteht der
Gewinn nicht in barem Gelde, sondern in andern Arten der Nutzungen; so
geschieht die Theilung nach der in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des
Eigenthumes enthaltenen Vorschrift. (§§. 840–843.)
§. 1195. Die
Gesellschaft kann einem Mitgliede, seiner vorzüglichen Eigenschaften oder
Bemühungen wegen, einen größern Gewinn bewilligen, als ihm nach seinem Antheile
zukäme; nur dürfen dergleichen Ausnahmen nicht in gesetzwidrige Verabredungen
oder Verkürzungen ausarten.
§. 1196. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
Vertheilung des
Verlustes;
§. 1197. Hat die
Gesellschaft ihre Einlage ganz oder zum Theile verloren; so wird der Verlust in
dem Verhältnisse vertheilet, wie im entgegengesetzten Falle der Gewinn
vertheilt worden wäre. Wer kein Capital gegeben hat, büßt seine Bemühungen ein.
Rechnungslegung;
§. 1198. Die
Mitglieder, denen die Verwaltung anvertraut ist, sind verbunden, über den
gemeinschaftlichen Hauptstamm und über die dahin gehörigen Einnahmen und
Ausgaben ordentlich Rechnung zu führen und abzulegen.
§. 1199. Die
Schlußrechnung und Theilung des Gewinnes oder Verlustes kann vor Vollendung des
Geschäftes nicht gefordert werden. Wenn aber Geschäfte betrieben werden, die
durch mehrere Jahre fortdauern und einen jährlichen Nutzen abwerfen sollen; so
können die Mitglieder, wenn anders das Hauptgeschäft nicht darunter leidet,
jährlich sowohl die Rechnung, als die Vertheilung des Gewinnes verlangen.
Uebrigens kann jedes Mitglied zu jeder Zeit auf seine Kosten die Rechnungen
einsehen.
§. 1200. Wer sich mit
der bloßen Vorlegung des Abschlusses (Bilanz) begnügt, oder auch seinem Rechte,
Rechnung zu fordern, entsagt hat, kann, wenn er einen Betrug auch nur in Einem
Theile der Verwaltung beweiset, sowohl für den vergangenen Fall, als für alle
künftige Fälle auf eine vollständige Rechnung dringen.
Verhältniß gegen
Nichtmitglieder.
§. 1201. Ohne die
ausdrückliche oder stillschweigende, rechtliche Einwilligung der Mitglieder oder
ihrer Bevollmächtigten kann die Gesellschaft einem Dritten nicht verbindlich
gemacht werden. Bey Handelsleuten begreift das kund gemachte, Einem oder
mehreren Mitgliedern ertheilte Recht, die Firma zu führen, nähmlich alle
Urkunden und Schriften im Nahmen der Gesellschaft zu unterschreiben, schon eine
allseitige Vollmacht in sich. (§. 1028.)
§. 1202. Ein Mitglied,
welches nur mit einem Theile seines Vermögens in der Gesellschaft steht, kann
ein von dem gemeinschaftlichen abgesondertes Vermögen besitzen, worüber es nach
Belieben zu verfügen berechtiget ist. Rechte und Verbindlichkeiten, die ein
Dritter gegen die Gesellschaft hat, müssen also von den Rechten und
Verbindlichkeiten gegen einzelne Mitglieder unterschieden werden.
§. 1203. Was also
jemand an ein einzelnes Mitglied, und nicht an die Gesellschaft zu fordern oder
zu zahlen hat, kann er auch nur an das einzelne Mitglied, und nicht an die
Gesellschaft fordern oder bezahlen. Eben so hat aber bey gesellschaftlichen
Forderungen oder Schulden jedes Mitglied nur für seinen Antheil ein Recht oder
eine Verbindlichkeit zur Zahlung, außer in dem Falle, welcher bey Handelsleuten
vermuthet wird, daß Alle für Einen und Einer für Alle etwas zugesagt oder
angenommen haben.
§. 1204. Die geheimen
Mitglieder einer Handlungsgesellschaft; solche nähmlich, welche ihr einen Theil
des Fonds auf Gewinn und Verlust dargeliehen haben, aber nicht als Mitglieder
angekündiget worden sind, haften in keinem Falle mit mehr als mit dem
dargeliehenen Capitale. Die kund gemachten Mitglieder haften mit ihrem ganzen
Vermögen.
Auflösung der
Gesellschaft, und Austritt aus derselben.
§. 1205. Die
Gesellschaft löset sich von selbst auf, wenn das unternommene Geschäft
vollendet; oder nicht mehr fortzuführen; wenn der ganze gemeinschaftliche Hauptstamm
zu Grunde gegangen; oder wenn die zur Dauer der Gesellschaft festgesetzte Zeit
verflossen ist.
§. 1206. Die
gesellschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten gehen in der Regel nicht auf
die Erben eines Mitgliedes über. Doch sind diese, wenn mit ihnen die
Gesellschaft nicht fortgesetzt wird, berechtiget, die Rechnungen bis auf den
Tod des Erblassers zu fordern und berichtigen zu lassen. Sie sind aber im
entgegengesetzten Falle auch verbunden, Rechnungen zu legen, und zu
berichtigen.
§. 1207. Besteht die
Gesellschaft nur aus zwey Personen; so erlischt sie durch das Absterben der
Einen. Besteht sie aus mehreren; so wird von den übrigen Mitgliedern vermuthet,
daß sie die Gesellschaft noch unter sich fortsetzen wollen. Diese Vermuthung
gilt auch überhaupt von den Erben der Handelsleute.
§. 1208. Lautet der von
Personen, die keine Handelsleute sind, errichtete Gesellschaftsvertrag
ausdrücklich auch auf ihrer Erben; so sind diese, wenn sie die Erbschaft
antreten, verpflichtet, sich nach dem Willen des Erblassers zu fügen; allein
auf die Erbeserben erstreckt sich dieser Wille nicht; noch weniger vermag er
eine immerwährende Gesellschaft zu begründen. (§. 832.)
§. 1209. Wenn der Erbe
die von dem Verstorbenen für die Gesellschaft übernommenen Dienste zu erfüllen
nicht im Stande ist; so muß er sich einem verhältnißmäßigen Abzuge an dem
ausgemessenen Antheile unterziehen.
§. 1210. Wenn ein
Mitglied die wesentlichen Bedingungen der Vertrages nicht erfüllet; wenn es in
Concurs verfällt; wenn es durch eine oder mehrere gerichtlich strafbare
Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als
einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind das Vertrauen verliert; so kann es vor
Verlauf der Zeit von der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
§. 1211. Man kann den
Gesellschaftsvertrag vor Verlauf der Zeit aufkündigen, wenn dasjenige Mitglied,
von welchem der Betrieb des Geschäftes vorzüglich abhing, gestorben oder
ausgetreten ist.
§. 1212. Wenn die Zeit
zur Dauer der Gesellschaft weder ausdrücklich bestimmt worden ist, noch aus der
Natur des Geschäftes bestimmt werden kann; so mag jedes Mitglied den Vertrag
nach Willkühr aufkündigen; nur darf es nicht mit Arglist oder zur Unzeit
geschehen. (§. 830.)
§. 1213. Die Wirkungen
einer zwar bestrittenen, aber in der Folge für rechtmäßig erklärten
Ausschließung oder Aufkündung werden auf den Tag, wo sie geschehen sind, zurück
gezogen.
§. 1214. Die Aufhebung
einer Handlungsgesellschaft; die Aufnahme und der Austritt ihrer öffentlichen
Mitglieder, muß eben so, wie die Errichtung, öffentlich bekannt gemacht werden.
Aus dieser Bekanntmachung wird auch die Kraft und die Dauer der Vollmachten
beurtheilt.
Theilung des
gesellschaftlichen Vermögens.
§. 1215. Bey der nach
Auflösung einer Gesellschaft vorzunehmenden Theilung des gesellschaftlichen
Vermögens sind nebst den obigen Bestimmungen die nähmlichen Vorschriften zu
beobachten, welche in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes über
die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache überhaupt aufgestellet worden sind.
§. 1216. Die in diesem
Hauptstücke enthaltenen Anordnungen sind auch auf die Handlungsgesellschaften
anzuwenden; in so fern hierüber nicht besondere Vorschriften bestehen.
Acht u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von den Ehe-Pacten.
Ehe-Pacte.
§. 1217. Ehe-Pacte
heißen diejenigen Verträge, welche in Absicht auf die eheliche Verbindung über
das Vermögen geschlossen werden, und haben vorzüglich das Heirathsgut; die
Widerlage; Morgengabe; die Gütergemeinschaft; Verwaltung und Fruchtnießung des
eigenen Vermögens; die Erbfolge, oder die auf den Todesfall bestimmte
lebenslange Fruchtnießung des Vermögens, und den Witwengehalt zum Gegenstande.
1) Heirathsgut.
§. 1218. Unter
Heirathsgut versteht man dasjenige Vermögen, welches von der Ehegattinn, oder
für sie von einem Dritten dem Manne zur Erleichterung des mit der ehelichen
Gesellschaft verbundenen Aufwandes übergeben oder zugesichert wird.
Dessen Bestellung;
§. 1219. Wenn die Braut
eigenes Vermögen besitzt, und volljährig ist; so hängt es von ihr und dem
Bräutigame ab, wie sie sich wegen des Heirathsgutes, und wegen anderer
wechselseitigen Gaben mit einander verstehen wollen. Ist aber die Braut noch
minderjährig, so muß der Vertrag von ihrem gesetzlichen Vertreter geschlossen
werden.
§. 1220. Besitzt die
Braut kein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen, so
sind Eltern oder Großeltern nach der Reihenfolge und nach den Grundsätzen, nach
denen sie für den Unterhalt der Kinder zu sorgen haben, verpflichtet, den
Töchtern oder Enkelinnen bei ihrer Verehelichung ein Heiratsgut zu geben oder
dazu verhältnismäßig beizutragen.
§. 1221. Berufen sich
Aeltern oder Großältern auf ihr Unvermögen zur Bestellung eines anständigen
Heirathsgutes; so soll auf Ansuchen der Brautperson das Gericht die Umstände,
jedoch ohne strenge Erforschung des Vermögensstandes, untersuchen, und hiernach
ein angemessenes Heirathsgut bestimmen, oder die Aeltern und Großältern davon
freysprechen.
§. 1222. Wenn eine Tochter
ohne Wissen, oder gegen den Willen ihrer Aeltern sich verehelichet hat, und das
Gericht die Ursache der Mißbilligung gegründet findet; so sind die Aeltern
selbst in dem Falle, daß sie in der Folge die Ehe genehmigen, nicht schuldig,
ihr ein Heirathsgut zu geben.
§. 1223. Hat eine
Tochter ihr Heirathsgut schon erhalten, und es, obschon ohne ihr Verschulden,
verloren; so ist sie nicht mehr, selbst nicht im Falle einer zweyten Ehe,
berechtiget, ein neues zu fordern.
§. 1224. Im Zweifel, ob
das Heirathsgut von dem Vermögen der Aeltern oder der Braut ausgesetzt worden
sey, wird das Letztere angenommen. Haben aber Aeltern das Heirathsgut ihrer
minderjährigen Tochter ohne obervormundschaftliche Genehmigung bereits
ausgezahlt; so wird vermuthet, daß es die Aeltern aus eigenem Vermögen gethan
haben.
Uebergabe,
§. 1225. Hat sich der
Ehemann vor geschlossener Ehe kein Heirathsgut bedungen; so ist er auch keines
zu fordern berechtiget. Die Uebergabe des bedungenen Heirathsgutes kann, wenn
keine andere Zeit festgesetzt worden ist, gleich nach geschlossener Ehe
begehret werden.
und Beweis derselben.
§. 1226. Wenn über das
Vermögen des Ehemannes ein Concurs verhängt wird; so macht seine vor Ausbruch
des Concurses geschehene schriftliche oder mündliche Bestätigung, daß er das
Heirathsgut empfangen habe, gegen jedermann einen Beweis. Erfolgt aber die
Bestätigung erst nach ausgebrochenem Concurse; so hat sie gegen die Gläubiger
keine Beweiseskraft.
Gegenstand des
Heirathsgutes und Rechte des Ehemannes und der Ehefrau in Rücksicht desselben.
§. 1227. Alles, was
sich veräußern und nutzen läßt, ist zum Heirathsgute geeignet. So lange die
eheliche Gesellschaft fortgesetzt wird, gehört die Fruchtnießung des
Heirathsgutes, und dessen, was demselben zuwächst, dem Manne. Besteht das
Heirathsgut in barem Gelde, in abgetretenen Schuldforderungen oder
verbrauchbaren Sachen; so gebührt ihm das vollständige Eigenthum.
§. 1228. Besteht das
Heirathsgut in unbeweglichen Gütern, in Rechten oder Fahrnissen, welche mit
Schonung der Substanz benutzt werden können; so wird die Ehegattinn so lange
als Eigenthümerinn und der Mann als Fruchtnießer desselben angesehen, bis
bewiesen wird, daß der Ehemann das Heirathsgut für einen bestimmten Preis
übernommen, und sich nur zur Zurückgabe dieses Geldbetrages verbunden hat.
§. 1229. Nach dem
Gesetze fällt das Heirathsgut nach dem Tode des Mannes seiner Ehegattinn, und
wenn sie vor ihm stirbt, ihren Erben heim. Soll sie oder ihre Erben davon
ausgeschlossen seyn; so muß dieses ausdrücklich bestimmt werden. Wer das
Heirathsgut freywillig bestellet, kann sich ausbedingen, daß es nach dem Tode
des Mannes auf ihn zurückfalle.
2) Widerlage.
§. 1230. Was der
Bräutigam oder ein Dritter der Braut zur Vermehrung des Heirathsgutes aussetzt,
heißt Widerlage. Hiervon gebührt zwar der Ehegattinn während der Ehe kein
Genuß; allein wenn sie den Mann überlebt, gebührt ihr ohne besondere
Uebereinkunft auch das freye Eigenthum, obgleich dem Manne auf den Fall seines
Ueberlebens das Heirathsgut nicht verschrieben worden ist.
§. 1231. Weder der
Bräutigam, noch seine Aeltern sind verbunden, eine Widerlage zu bestimmen. Doch
in eben der Art, in welcher die Aeltern der Braut schuldig sind, ihr ein
Heirathsgut auszusetzen, liegt auch den Aeltern des Bräutigams ob, ihm eine
ihrem Vermögen angemessene Ausstattung zu geben. (§§. 1220-1223).
3) Morgengabe.
§. 1232. Das Geschenk,
welches der Mann seiner Gattinn am ersten Morgen zu geben verspricht, heißt
Morgengabe. Ist dieselbe versprochen worden; so wird im Zweifel vermuthet, daß
sie binnen den ersten drey Jahren der Ehe schon überreicht worden sey.
4) Gütergemeinschaft.
§. 1233. Die eheliche
Verbindung allein begründet noch keine Gemeinschaft der Güter zwischen den
Eheleuten. Dazu wird ein besonderer Vertrag erfordert, dessen Umfang und
rechtliche Form nach den §§. 1177. u. 1178 des vorigen Hauptstückes beurtheilt
wird.
§. 1234. Die
Gütergemeinschaft unter Ehegatten wird in der Regel nur auf den Todesfall
verstanden. Sie gibt dem Ehegatten das Recht auf die Hälfte dessen, was von den
der Gemeinschaft wechselseitig unterzogenen Gütern nach Ableben des andern
Ehegatten noch vorhanden seyn wird.
§. 1235. Bey einer
Gemeinschaft, die sich auf das ganze Vermögen bezieht, sind vor der Theilung
alle Schulden ohne Ausnahme; bey einer Gemeinschaft aber, die bloß das
gegenwärtige, oder bloß das künftige Vermögen zum Gegenstande hat, nur
diejenigen Schulden abzuziehen, die zum Nutzen des gemeinschaftlichen Gutes
verwendet worden sind.
§. 1236. Besitzt ein
Ehegatte ein unbewegliches Gut, und wird das Recht des andern Ehegatten zur
Gemeinschaft in die öffentlichen Bücher eingetragen; so erhält dieser durch die
Eintragung auf die Hälfte der Substanz des Gutes ein dingliches Recht, vermöge
dessen der eine Ehegatte über diese Hälfte keine Anordnung machen kann; auf die
Nutzungen aber während der Ehe erhält er durch die Einverleibung keinen
Anspruch. Nach dem Tode des Ehegatten gebührt dem überlebenden Theile sogleich
das freye Eigenthum seines Antheiles. Doch kann eine solche Einverleibung den
auf das Gut früher eingetragenen Gläubigern nicht zum Nachtheile gereichen.
5. Gesetzlicher
ehelicher Güterstand
§. 1237. Haben Eheleute
über die Verwendung ihres Vermögens keine besondere Uebereinkunft getroffen; so
behält jeder Ehegatte sein voriges Eigenthumsrecht, und auf das, was ein jeder
Theil während der Ehe erwirbt, und auf was immer für eine Art überkommt, hat
der andere keinen Anspruch.
§. 1238. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)
§. 1239. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)
§. 1240. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)
§. 1241. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)
6) Witwengehalt;
§. 1242. Das, was einer
Gattinn auf den Fall des Witwenstandes zum Unterhalte bestimmt wird, heißt
Witwengehalt. Dieser gebührt der Witwe gleich nach dem Tode des Mannes, und
soll immer auf drey Monathe vorhinein entrichtet werden.
§. 1243. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 4, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 1244. Wenn die Witwe
sich verehelichet; so verliert sie das Recht auf den Witwengehalt.
Sicherstellung des
Heirathsgutes, der Widerlage und des Witwengehaltes;
§. 1245. Wer das
Heirathsgut übergibt, ist berechtiget, bey der Uebergabe; oder wenn in der
Folge Gefahr eintritt, von demjenigen, der es empfängt, eine angemessene
Sicherstellung zu fordern. Vormünder und Curatoren einer pflegebefohlenen Braut
können die Sicherstellung des Heirathsgutes, und eben so der bedungenen
Widerlage und des Witwengehaltes ohne Genehmigung des obervormundschaftlichen
Gerichtes nicht erlassen.
Schenkungen unter
Ehegatten und Verlobten;
§. 1246. Die Gültigkeit
oder Ungültigkeit der Schenkungen zwischen Ehegatten wird nach den für die
Schenkungen überhaupt bestehenden Gesetzen beurtheilt.
§. 1247. Was ein Mann
seiner Ehegattinn an Schmuck, Edelsteinen und andern Kostbarkeiten zum Putze
gegeben hat, wird im Zweifel nicht für gelehnt; sondern für geschenkt
angesehen. Wenn aber ein verlobter Theil dem andern; oder auch ein Dritter dem
einen oder andern Theile in Rücksicht auf die künftige Ehe etwas zusichert oder
schenket; so kann, wenn die Ehe ohne Verschulden des Geschenkgebers nicht
erfolgt, die Schenkung widerrufen werden.
Wechselseitige
Testamente;
§. 1248. Den Ehegatten
ist gestattet, in einem und dem nähmlichen Testamente sich gegenseitig, oder
auch andere Personen als Erben einzusetzen. Auch ein solches Testament ist
widerruflich; es kann aber aus der Widerrufung des einen Theiles auf die
Widerrufung des andern Theiles nicht geschlossen werden. (§. 583.)
Erbverträge.
Erfordernisse zur
Gültigkeit des Erbvertrages.
§. 1249. Zwischen
Ehegatten kann auch ein Erbvertrag, wodurch der künftige Nachlaß, oder ein
Theil desselben versprochen, und das Versprechen angenommen wird, geschlossen
werden. (§. 602.) Zur Gültigkeit eines solchen Vertrages ist jedoch nothwendig,
daß er schriftlich mit allen Erfordernissen eines schriftlichen Testamentes
errichtet werde.
§. 1250. Ein
pflegebefohlener Ehegatte kann zwar die ihm versprochene, unnachtheilige
Verlassenschaft annehmen; aber die Verfügung über seine eigene Verlassenschaft
kann, ohne Genehmhaltung des Gerichtes, nur in so fern bestehen, als sie ein
gültiges Testament ist.
Vorschrift über die
eingerückten Bedingungen.
§. 1251. Was von
Bedingungen bey Verträgen überhaupt gesagt worden ist, muß auch auf Erbverträge
zwischen Ehegatten angewendet werden.
Wirkung des
Erbvertrages.
§. 1252. Ein selbst den
öffentlichen Büchern einverleibter Erbvertrag hindert den Ehegatten nicht, mit
seinem Vermögen, so lange er lebt, nach Belieben zu schalten. Das Recht,
welches daraus entsteht, setzt den Tod des Erblassers voraus; es kann von dem
Vertragserben, wenn er den Erblasser nicht überlebt, weder auf Andere
übertragen, noch der künftigen Erbschaft willen eine Sicherstellung gefordert
werden.
§. 1253. Durch den
Erbvertrag kann ein Ehegatte auf das Recht, zu testiren, nicht gänzlich
Verzicht thun. Ein reiner Viertheil, worauf weder der jemanden gebührende
Pflichttheil, noch eine andere Schuld haften darf, bleibt kraft des Gesetzes zur
freyen letzten Anordnung immer vorbehalten. Hat der Erblasser darüber nicht
verfüget; so fällt er doch nicht dem Vertragserben, obschon die ganze
Verlassenschaft versprochen worden wäre, sondern den gesetzlichen Erben zu.
Erlöschung desselben.
§. 1254. Der Erbvertrag
kann zum Nachtheile des andern Gatten, mit dem er geschlossen worden ist, nicht
widerrufen; sondern nur nach Vorschrift der Gesetze entkräftet werden. Den
Notherben bleiben ihre Rechte, wie gegen eine andere letzte Anordnung
vorbehalten.
Fruchtnießung auf den
Todesfall. (Advitalitäts-Recht.)
§. 1255. Wenn ein
Ehegatte dem andern die Fruchtnießung seines Vermögens auf den Fall des
Ueberlebens ertheilet; so wird er dadurch in der freyen Verfügung durch
Handlungen unter Lebenden nicht beschränkt; das Recht der Fruchtnießung (§§.
509-520.) bezieht sich nur auf den Nachlaß des frey vererblichen Vermögens.
§. 1256. Wird aber die
Fruchtnießung eines unbeweglichen Gutes mit Einwilligung des Verleihers den
öffentlichen Büchern einverleibt; so kann dieselbe in Hinsicht dieses Gutes
nicht mehr verkürzt werden.
§. 1257. In dem Falle,
daß der überlebende Theil sich wieder verehelichet, oder die Fruchtnießung
einem Andern abtreten will, haben die Kinder des verstorbenen Ehegatten das
Recht zu verlangen, daß ihnen dieselbe gegen einen angemessenen jährlichen
Betrag überlassen werde.
§. 1258. Ein Ehegatte,
welcher auf die Fruchtnießung der ganzen Verlassenschaft des andern Ehegatten,
oder eines Theiles derselben Anspruch macht, hat kein Recht, den ihm in dem Falle
der gesetzlichen Erbfolge von dem Gesetze ausgemessenen Antheil zu fordern.
(§§. 757–759.)
Einkindschaft.
§. 1259. Die
Einkindschaft, das ist, ein Vertrag, wodurch Kinder aus verschiedenen Ehen in
der Erbfolge einander gleich gehalten werden sollen, hat keine rechtliche
Wirkung.
Absonderung des
Vermögens in dem Falle:
1) eines Concurses;
§. 1260. Wenn über das
Vermögen des Mannes bey seinen Lebzeiten ein Concurs eröffnet wird; so kann die
Ehegattinn zwar noch nicht die Zurückstellung des Heirathsgutes, und die
Herausgabe der Widerlage, sondern nur die Sicherstellung für den Fall der
Auflösung der Ehe gegen die Gläubiger verlangen. Sie ist überdieß berechtiget,
von Zeit der Concurs-Eröffnung den Genuß des witiblichen Unterhaltes, und wenn
keiner bedungen ist, den Genuß des Heirathsgutes anzusprechen. Dieser Anspruch
auf den einen, oder den andern Genuß hat aber nicht Statt, wenn bewiesen wird,
daß die Ehegattinn an dem Verfalle der Vermögensumstände des Mannes Ursache
sey.
§. 1261. Verfällt die
Gattinn mit ihrem Vermögen in den Concurs; so bleiben die Ehe-Pacte
unverändert.
§. 1262. Ist zwischen
den Ehegatten eine Gemeinschaft der Güter bedungen; so hört dieselbe durch den
Concurs des ein oder des andern Ehegatten auf, und das zwischen ihnen
gemeinschaftliche Vermögen wird, wie bey dem Tode, getheilt.
2) einer freywilligen;
§. 1263. Wenn Ehegatten
übereinkommen, geschieden zu leben, so hängt es auch von ihrem Einverständnisse
ab, welches immer zugleich zu treffen ist, (§§. 103-105) ob sie ihre Ehe-Pacte
fortdauern lassen, oder auf welche Art sie dieselben abändern wollen.
oder 3) einer
gerichtlichen Scheidung;
§. 1264. Ist aber auf
die Scheidung durch richterliches Urtheil erkannt worden, und trägt kein Theil,
oder jeder Theil Schuld an der Scheidung, so kann ein oder der andere Ehegatte
verlangen, daß die Ehe-Pacte für aufgehoben erklärt werden; worüber von dem
Gerichte stets ein Vergleich zu versuchen ist (§. 108.). Ist ein Theil
schuldlos, so steht demselben frey, die Fortsetzung oder Aufhebung der
Ehe-Pacte, oder nach Umständen, den angemessenen Unterhalt zu verlangen.
4) Nichtigerklärung;
§. 1265. Wird eine Ehe
für ungültig erklärt; so zerfallen auch die Ehe-Pacte, das Vermögen kommt, in
so fern es vorhanden ist, in den vorigen Stand zurück. Der Schuldtragende Theil
hat aber dem schuldlosen Theile Entschädigung zu leisten. (§. 102.)
5) Trennung der Ehe.
§. 1266. Wird die
Trennung der Ehe (§§. 115 u. 133) auf Verlangen beyder Ehegatten, ihrer unüberwindlichen
Abneigung wegen, verwilliget; so sind die Ehe-Pacte, so weit darüber kein
Vergleich getroffen wird (§. 117), für beyde Theile erloschen. Wird auf die
Trennung der Ehe durch Urtheil erkannt, so gebührt dem schuldlosen Ehegatten
nicht nur volle Genugthuung, sondern von dem Zeitpuncte der erkannten Trennung
alles dasjenige, was ihm in den Ehe-Pacten auf den Fall des Ueberlebens
bedungen worden ist. Das Vermögen, worüber eine Gütergemeinschaft bestanden
hat, wird wie bey dem Tode getheilt, und das Recht aus einem Erbvertrage bleibt
dem Schuldlosen auf den Todesfall vorbehalten. Die gesetzliche Erbfolge (§§.
757-759) kann ein getrennter, obgleich schuldloser Ehegatte nicht ansprechen.
Neun u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von den
Glücksverträgen.
Glücksverträge.
§. 1267. Ein Vertrag,
wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vortheiles versprochen und
angenommen wird, ist ein Glücksvertrag. Er gehört, je nachdem etwas dagegen
versprochen wird oder nicht, zu den entgeldlichen oder unentgeldlichen Verträgen.
§. 1268. Bey
Glücksverträgen findet das Rechtsmittel wegen Verkürzung über die Hälfte des
Werthes nicht Statt.
Arten der
Glücksverträge.
§. 1269. Glücksverträge
sind: die Wette; das Spiel und das Los; alle über gehoffte Rechte, oder über
künftige noch unbestimmte Sachen errichtete Kauf- und andere Verträge; ferner,
die Leibrenten; die gesellschaftlichen Versorgungsanstalten; endlich, die
Versicherungs- und Bodmereyverträge.
1) die Wette;
§. 1270. Wenn über ein
beyden Theilen noch unbekanntes Ereigniß ein bestimmter Preis zwischen ihnen
für denjenigen, dessen Behauptung der Erfolg entspricht, verabredet wird; so
entsteht eine Wette. Hatte der gewinnende Theil von dem Ausgange Gewißheit, und
verheimlichte er sie dem andern Theile; so macht er sich einer Arglist
schuldig, und die Wette ist ungültig. Der verlierende Theil aber, dem der
Ausgang vorher bekannt war, ist als Geschenkgeber anzusehen.
§. 1271. Redliche und
sonst erlaubte Wetten sind in so weit verbindlich, als der bedungene Preis
nicht bloß versprochen; sondern wirklich entrichtet, oder hinterlegt worden
ist. Gerichtlich kann der Preis nicht gefordert werden.
2) das Spiel;
§. 1272. Jedes Spiel
ist eine Art von Wette. Die für Wetten festgesetzten Rechte gelten auch für
Spiele. Welche Spiele überhaupt, oder für besondere Classen verbothen; wie
Personen, die verbothene Spiele treiben, und diejenigen, die ihnen dazu
Unterschleif geben, zu bestrafen sind, bestimmen die politischen Gesetze.
3) Los;
§. 1273. Ein zwischen
Privat-Personen auf eine Wette oder auf ein Spiel abzielendes Los wird nach den
für Wetten und Spiele festgesetzten Vorschriften beurtheilet. Soll aber eine
Theilung, eine Wahl, oder eine Streitigkeit durch das Los entschieden werden;
so treten dabey die Rechte der übrigen Verträge ein.
§. 1274.
Staats-Lotterien sind nicht nach der Eigenschaft der Wette und des Spieles;
sondern nach den jedes Mahl darüber kund gemachten Planen, zu beurtheilen.
4) Hoffnungskauf.
§. 1275. Wer für ein
bestimmtes Maß von einem künftigen Erträgnisse einen verhältnißmäßigen Preis
verspricht, schließt einen ordentlichen Kaufvertrag.
§. 1276. Wer die
künftigen Nutzungen einer Sache in Pausch und Bogen; oder wer die Hoffnung
derselben in einem bestimmten Preise kauft, errichtet einen Glücksvertrag; er trägt
die Gefahr der ganz vereitelten Erwartung; es gebühren ihm aber auch alle
ordentliche erzielte Nutzungen.
insbesondere eines
Kuxes;
§. 1277. Der Antheil an
einem Bergwerke heißt Kux. Der Kauf eines Kuxes gehört zu den gewagten
Verträgen. Der Verkäufer haftet nur für die Richtigkeit des Kuxes, und der
Käufer hat sich nach den Gesetzen über den Bergbau zu benehmen.
oder einer Erbschaft.
§. 1278. Der Käufer
einer von dem Verkäufer angetretenen, oder ihm wenigstens angefallenen
Erbschaft tritt nicht allein in die Rechte; sondern auch in die
Verbindlichkeiten des Verkäufers als Erben ein, in so weit diese nicht bloß
persönlich sind. Wenn also bey dem Kaufe kein Inventarium zum Grunde gelegt
wird, ist auch der Erbschaftskauf ein gewagtes Geschäft.
Der Erbschaftskauf
bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes oder der
Beurkundung durch gerichtliches Protokoll.
§. 1279. Auf Sachen,
die dem Verkäufer nicht als Erben; sondern aus einem andern Grunde, z. B. als
Vorausvermächtniß, als Fideicommiß, als Substitution, als Schuldforderung aus
der Verlassenschaft gebühren, und ihm auch ohne Erbrecht gebührt hätten, hat
der Erbschaftskäufer keinen Anspruch. Dagegen erhält er alles, was der
Erbschaft selbst zuwächst, es sey durch den Abgang eines Legatars, oder eines
Miterben, oder auf was immer für eine andere Art, in so weit der Verkäufer
darauf Anspruch gehabt hätte.
§. 1280. Alles, was der
Erbe aus dem Erbrechte erhält, wie z. B. die bezogenen Früchte und Forderungen,
wird mit zur Masse gerechnet; alles hingegen, was er aus dem Seinigen auf die
Antretung der Erbschaft, oder auf die Verlassenschaft verwendet hat, wird von
der Masse abgezogen. Dahin gehören die bezahlten Schulden; die schon
abgeführten Vermächtnisse, Abgaben und Gerichtsgebühren; und wenn es nicht
ausdrücklich anders verabredet worden ist, auch die Begräbnißkosten.
§. 1281. In so weit der
Verkäufer die Verlassenschaft vor der Uebergabe verwaltet hat, haftet er dem
Käufer dafür, wie ein anderer Geschäftsträger.
§. 1282. Die
Erbschaftsgläubiger und Vermächtnißnehmer aber können sich ihrer Befriedigung
wegen sowohl an den Käufer der Erbschaft, als an den Erben selbst halten. Ihre
Rechte, so wie jene der Erbschaftsschuldner werden durch den Verkauf der
Erbschaft nicht geändert, und die Erbschaftsantretung des Einen gilt auch für
den Andern.
§. 1283. Hat man bey
dem Verkaufe der Erbschaft ein Inventarium zum Grunde gelegt; so haftet der
Verkäufer für dasselbe. Ist der Kauf ohne ein solches Verzeichniß geschehen; so
haftet er für die Richtigkeit seines Erbrechtes, wie er es angegeben hat, und
für allen dem Käufer durch sein Verschulden zugefügten Schaden.
5) Leibrente;
§. 1284. Wird jemanden
für Geld, oder gegen eine für Geld geschätzte Sache auf die Lebensdauer einer
gewissen Person eine bestimmte jährliche Entrichtung versprochen; so ist es ein
Leibrentenvertrag.
§. 1285. Die Dauer der
Leibrente kann von dem Leben des einen oder andern Theiles, oder auch eines
Dritten abhängen. Sie wird im Zweifel vierteljährig vorhinein entrichtet; und
nimmt in allen Fällen mit dem Leben desjenigen, auf dessen Kopf sie beruhet,
ihr Ende.
§. 1286. Weder die
Gläubiger, noch die Kinder desjenigen, welcher sich eine Leibrente bedingt,
sind berechtiget, den Vertrag umzustoßen. Doch steht den Erstern frey, ihre
Befriedigung aus den Leibrenten zu suchen; den Letztern aber, die Hinterlegung
eines entbehrlichen Theiles der Rente zu fordern, um sich den ihnen nach dem
Gesetze gebührenden Unterhalt darauf versichern zu lassen.
6) gesellschaftliche
Versorgungsanstalten;
§. 1287. Der Vertrag,
wodurch vermittelst einer Einlage ein gemeinschaftlicher Versorgungsfond für
die Mitglieder, ihre Gattinnen oder Waisen errichtet wird, ist aus der Natur
und dem Zwecke einer solchen Anstalt, und den darüber festgesetzten
Bedingungen, zu beurtheilen.
7)
Versicherungsvertrag;
§. 1288. Wenn jemand
die Gefahr des Schadens, welcher einen Andern ohne dessen Verschulden treffen
könnte, auf sich nimmt, und ihm gegen einen gewissen Preis den bedungenen
Ersatz zu leisten verspricht; so entsteht der Versicherungsvertrag. Der
Versicherer haftet dabey für den zufälligen Schaden, und der Versicherte für
den versprochenen Preis.
§. 1289. Der
gewöhnliche Gegenstand dieses Vertrages sind Waaren, die zu Wasser oder zu
Lande verführt werden. Es können aber auch andere Sachen, z. B. Häuser und
Grundstücke gegen Feuer- Wasser- und andere Gefahren versichert werden.
§. 1290. Ereignet sich
der zufällige Schade, wofür die Entschädigung versichert worden ist; so muß der
Versicherte, wenn kein unüberwindliches Hinderniß dazwischen kommt, oder nichts
anderes verabredet worden ist, dem Versicherer, wenn sie sich im nähmlichen
Orte befinden, binnen drey Tagen, sonst aber in derjenigen Zeitfrist davon
Nachricht geben, welche zur Bekanntmachung der Annahme eines von einem Abwesenden
gemachten Versprechens bestimmt worden ist. (§. 862). Unterläßt er die Anzeige;
kann er den Unfall nicht erweisen; oder kann der Versicherer beweisen, daß der
Schade aus Verschulden des Versicherten entstanden ist; so hat dieser auch
keinen Anspruch auf die versicherte Summe.
§. 1291. Wenn der
Untergang der Sache dem Versicherten; oder der gefahrlose Zustand derselben dem
Versicherer zur Zeit des geschlossenen Vertrages schon bekannt war; so ist der
Vertrag ungültig.
8) Bodmerey- und
See-Assecurancen.
§. 1292. Die
Bestimmungen in Rücksicht der Versicherungen zur See; so wie die Vorschriften
über den Bodmerey-Vertrag sind ein Gegenstand der Seegesetze.
Dreyßigstes Hauptstück.
Von dem Rechte des
Schadensersatzes und der Genugthuung.
Schade.
§. 1293. Schade heißt
jeder Nachtheil, welcher jemanden an Vermögen, Rechten oder seiner Person
zugefügt worden ist. Davon unterscheidet sich der Entgang des Gewinnes, den
jemand nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge zu erwarten hat.
Quellen der
Beschädigung.
§. 1294. Der Schade
entspringt entweder aus einer widerrechtlichen Handlung, oder Unterlassung
eines Andern; oder aus einem Zufalle. Die widerrechtliche Beschädigung wird
entweder willkührlich, oder unwillkührlich zugefügt. Die willkührliche
Beschädigung aber gründet sich theils in einer bösen Absicht, wenn der Schade
mit Wissen und Willen; theils in einem Versehen, wenn er aus schuldbarer
Unwissenheit, oder aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen
Fleißes verursacht worden ist. Beydes wird ein Verschulden genannt.
Von der Verbindlichkeit
zum Schadensersatze:
1) von dem Schaden aus
Verschulden;
§. 1295. Jedermann ist
berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus
Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer
Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.
Auch wer in einer gegen
die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zufügt, ist dafür
verantwortlich, jedoch falls dies in Ausübung eines Rechtes geschah, nur dann,
wenn die Ausübung des Rechtes offenbar den Zweck hatte, den anderen zu
schädigen.
§. 1296. Im Zweifel
gilt die Vermuthung, daß ein Schade ohne Verschulden eines Andern entstanden
sey.
§. 1297. Es wird aber
auch vermuthet, daß jeder, welcher den Verstandesgebrauch besitzt, eines
solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit fähig sey, welcher bey
gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann. Wer bey Handlungen, woraus
eine Verkürzung der Rechte eines Andern entsteht, diesen Grad des Fleißes oder
der Aufmerksamkeit unterläßt, macht sich eines Versehen schuldig.
§. 1298. Wer vorgibt,
daß er an der Erfüllung seiner vertragsmäßigen oder gesetzlichen
Verbindlichkeit ohne sein Verschulden verhindert worden sey, dem liegt der Beweis
ob.
insbesondere a) der
Sachverständigen,
§. 1299. Wer sich zu
einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerke öffentlich
bekennet; oder wer ohne Noth freywillig ein Geschäft übernimmt, dessen
Ausführung eigene Kunstkenntnisse, oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß
erfordert, gibt dadurch zu erkennen, daß er sich den nothwendigen Fleiß und die
erforderlichen, nicht gewöhnlichen, Kenntnisse zutraue; er muß daher den Mangel
derselben vertreten. Hat aber derjenige, welcher ihm das Geschäft überließ, die
Unerfahrenheit desselben gewußt; oder, bey gewöhnlicher Aufmerksamkeit wissen
können, so fällt zugleich dem Letzteren Versehen zur Last.
§. 1300. Ein
Sachverständiger ist auch dann verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in
Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen einen nachtheiligen
Rath ertheilet. Außer diesem Falle haftet ein Rathgeber nur für den Schaden,
welchen er wissentlich durch Ertheilung des Rathes dem Andern verursachet hat.
oder b) mehrerer
Theilnehmer.
§. 1301. Für einen
widerrechtlich zugefügten Schaden können mehrere Personen verantwortlich
werden, indem sie gemeinschaftlich, unmittelbarer oder mittelbarer Weise, durch
Verleiten, Drohen, Befehlen, Helfen, Verhehlen und dgl.; oder auch nur durch
Unterlassung der besonderen Verbindlichkeit das Uebel zu verhindert, dazu
beygetragen haben.
§. 1302. In einem
solchen Falle verantwortet, wenn die Beschädigung in einem Versehen gegründet
ist, und die Antheile sich bestimmen lassen, jeder nur den durch sein Versehen
verursachten Schaden. Wenn aber der Schade vorsätzlich zugefügt worden ist;
oder, wenn die Antheile der Einzelnen an der Beschädigung sich nicht bestimmen
lassen; so haften Alle für Einen und Einer für Alle; doch bleibt demjenigen,
welcher den Schaden ersetzt hat, der Rückersatz gegen die Uebrigen vorbehalten.
§. 1303. In wie weit
mehrere Mitschuldner bloß aus der unterlassenen Erfüllung ihrer Verbindlichkeit
zu haften haben, ist aus der Beschaffenheit des Vertrages zu beurtheilen.
§. 1304. Wenn bey einer
Beschädigung zugleich ein Verschulden von Seite des Beschädigten eintritt; so
trägt er mit dem Beschädiger den Schaden verhältnißmäßig; und, wenn sich das
Verhältniß nicht bestimmen läßt, zu gleichen Theilen.
2) aus dem Gebrauche
des Rechtes;
§. 1305. Wer von seinem
Rechte innerhalb der rechtlichen Schranken (§ 1295, Absatz 2) Gebrauch macht,
hat den für einen anderen daraus entspringenden Nachteil nicht zu verantworten.
3) aus einer
schuldlosen oder unwillkührlichen Handlung;
§. 1306. Den Schaden,
welchen jemand ohne Verschulden oder durch eine unwillkührliche Handlung
verursacht hat, ist er in der Regel zu ersetzen nicht schuldig.
§. 1306a. Wenn jemand
im Notstand einen Schaden verursacht, um eine unmittelbar drohende Gefahr von
sich oder anderen abzuwenden, hat der Richter unter Erwägung, ob der
Beschädigte die Abwehr aus Rücksicht auf die dem anderen drohende Gefahr
unterlassen hat, sowie des Verhältnisses der Größe der Beschädigung zu dieser
Gefahr oder endlich des Vermögens des Beschädigers und des Beschädigten zu
erkennen, ob und in welchem Umfange der Schaden zu ersetzen ist.
§. 1307. Wenn sich
jemand aus eigenem Verschulden in einen Zustand der Sinnesverwirrung oder in
einen Notstand versetzt hat, so ist auch der in demselben verursachte Schade
seinem Verschulden zuzuschreiben. Eben dieses gilt auch von einem Dritten, der
durch sein Verschulden diese Lage bei dem Beschädiger veranlaßt hat.
§. 1308. Wenn Wahn-
oder Blödsinnige oder Unmündige jemanden beschädigen, der durch irgendein
Verschulden hierzu selbst Veranlassung gegeben hat, so kann er keinen Ersatz
ansprechen.
§. 1309. Außer diesem
Falle gebührt ihm der Ersatz von denjenigen Personen, denen der Schade wegen
Vernachlässigung der ihnen über solche Personen anvertrauten Obsorge
beygemessen werden kann.
§. 1310. Kann der
Beschädigte auf solche Art den Ersatz nicht erhalten; so soll der Richter mit
Erwägung des Umstandes, ob dem Beschädiger, ungeachtet er gewöhnlich seines
Verstandes nicht mächtig ist, in dem bestimmten Falle nicht dennoch ein
Verschulden zur Last liege; oder, ob der Beschädigte aus Schonung des
Beschädigers die Vertheidigung unterlassen habe; oder endlich, mit Rücksicht
auf das Vermögen des Beschädigers und des Beschädigten; auf den ganzen Ersatz
oder doch einen billigen Theil desselben erkennen.
4) durch Zufall.
§. 1311. Der bloße
Zufall trifft denjenigen, in dessen Vermögen oder Person er sich ereignet. Hat
aber jemand den Zufall durch ein Verschulden veranlaßt; hat er ein Gesetz, das
den zufälligen Beschädigungen vorzubeugen sucht, übertreten; oder sich ohne
Noth in fremde Geschäfte gemengt; so haftet er für allen Nachtheil, welcher
außer dem nicht erfolgt wäre.
§. 1312. Wer in einem
Nothfalle jemanden einen Dienst geleistet hat, dem wird der Schade, welchen er
nicht verhütet hat, nicht zugerechnet; es wäre denn, daß er einen Andern, der
noch mehr geleistet haben würde, durch seine Schuld daran verhindert hätte.
Aber auch in diesem Falle kann er den sicher verschaften Nutzen gegen den
verursachten Schaden in Rechnung bringen.
5) durch fremde Handlungen.
§. 1313. Für fremde,
widerrechtliche Handlungen, woran jemand keinen Theil genommen hat, ist er in
der Regel auch nicht verantwortlich. Selbst in den Fällen, wo die Gesetze das
Gegentheil anordnen, bleibt ihm der Rückersatz gegen den Schuldtragenden
vorbehalten.
§. 1313a. Wer einem
andern zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet ihm für das Verschulden
seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung
bedient, wie für sein eigenes.
§. 1314. Wer eine
Dienstperson ohne Zeugnis aufnimmt oder wissentlich eine durch ihre Leibes-
oder Gemütsbeschaffenheit gefährliche Person im Dienste behält oder ihr
Aufenthalt gibt, haftet dem Hausherrn und den Hausgenossen für den Ersatz des
durch die gefährliche Beschaffenheit dieser Personen verursachten Schadens.
§. 1315. Überhaupt
haftet derjenige, welcher sich einer untüchtigen oder wissentlich einer
gefährlichen Person zur Besorgung seiner Angelegenheiten bedient, für den
Schaden, den sie in dieser Eigenschaft einem Dritten zufügt.
§. 1316. Gastwirte, die
Fremde beherbergen, sowie die anderen in § 970 bezeichneten Personen, ferner
Fuhrleute haften für den Schaden, welchen ihre eigenen oder die von ihnen
zugewiesenen Dienstpersonen an den eingebrachten oder übernommenen Sachen einem
Gast oder Reisenden in ihrem Hause, ihrer Anstalt oder ihrem Fahrzeuge
verursachen.
§. 1317. In wie fern
bey öffentlichen Versendungsanstalten für den Schaden eine Haftung übernommen
werden, bestimmen die besondern Vorschriften.
§. 1318. Wird jemand
durch das Herabfallen einer gefährlich aufgehängten oder gestellten Sache;
oder, durch Herauswerfen oder Herausgießen aus einer Wohnung beschädiget; so
haftet derjenige, aus dessen Wohnung geworfen oder gegossen worden, oder die
Sache herabgefallen ist, für den Schaden.
6. Durch ein Bauwerk
§. 1319. Wird durch
Einsturz oder Ablösung von Teilen eines Gebäudes oder eines anderen auf einem
Grundstück aufgeführten Werkes jemand verletzt oder sonst ein Schaden
verursacht, so ist der Besitzer des Gebäudes oder Werkes zum Ersatze
verpflichtet, wenn die Ereignung die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des
Werkes ist und er nicht beweist, daß er alle zur Abwendung der Gefahr
erforderliche Sorgfalt angewendet habe.
6a. durch einen Weg;
§. 1319a. Wird durch
den mangelhaften Zustand eines Weges ein Mensch getötet, an seinem Körper oder
an seiner Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so haftet derjenige
für den Ersatz des Schadens, der für den ordnungsgemäßen Zustand des Weges als
Halter verantwortlich ist, sofern er oder einer seiner Leute den Mangel
vorsätzlich oder grobfahrlässig verschuldet hat. Ist der Schaden bei einer
unerlaubten, besonders auch widmungswidrigen, Benützung des Weges entstanden
und ist die Unerlaubtheit dem Benützer entweder nach der Art des Weges oder
durch entsprechende Verbotszeichen, eine Abschrankung oder eine sonstige
Absperrung des Weges erkennbar gewesen, so kann sich der Geschädigte auf den
mangelhaften Zustand des Weges nicht berufen.
Ein Weg im Sinn des
Abs. 1 ist eine Landfläche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen
für den Verkehr jeder Art oder für bestimmte Arten des Verkehrs benützt werden
darf, auch wenn sie nur für einen eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist;
zu einem Weg gehören auch die in seinem Zug befindlichen und dem Verkehr
dienenden Anlagen, wie besonders Brücken, Stützmauern, Futtermauern,
Durchlässe, Gräben und Pflanzungen. Ob der Zustand eines Weges mangelhaft ist,
richtet sich danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung,
für seine Anlage und Betreuung angemessen und zumutbar ist.
Ist der mangelhafte
Zustand durch Leute des Haftpflichtigen verschuldet worden, so haften auch sie
nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.
7. Durch ein Tier
§. 1320. Wird jemand
durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige dafür verantwortlich, der es dazu
angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das
Tier hält, ist verantwortlich, wenn er nicht beweist, daß er für die
erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hatte.
§. 1321. Wer auf seinem
Grund und Boden fremdes Vieh antrifft, ist deßwegen noch nicht berechtigt, es
zu tödten. Er kann es durch anpassende Gewalt verjagen; oder, wenn er dadurch
Schaden gelitten hat, das Recht der Privat-Pfändung über so viele Stücke Viehes
ausüben, als zu seiner Entschädigung hinreicht. Doch muß er binnen acht Tagen
sich mit dem Eigenthümer abfinden, oder seine Klage vor den Richter bringen;
widrigenfalls aber das gepfändete Vieh zurückstellen.
§. 1322. Das gepfändete
Vieh muß auch zurückgestellt werden, wenn der Eigenthümer eine andere
angemessene Sicherheit leistet.
Arten des
Schadensersatzes.
§. 1323. Um den Ersatz
eines verursachten Schadens zu leisten, muß alles in den vorigen Stand zurück
versetzet, oder, wenn dieses nicht thunlich ist, der Schätzungswerth vergütet
werden. Betrifft der Ersatz nur den erlittenen Schaden, so wird er eigentlich
eine Schadloshaltung; wofern er sich aber auch auf den entgangenen Gewinn, und
die Tilgung der verursachten Beleidigung erstreckt, volle Genugthuung genannt.
§. 1324. In dem Falle
eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten
Schadens ist der Beschädigte volle Genugthuung; in den übrigen Fällen aber nur
die eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtiget. Hiernach ist in den
Fällen, wo im Gesetze der allgemeine Ausdruck: Ersatz, vorkommt, zu
beurtheilen, welche Art des Ersatzes zu leisten sey.
Insbesondere 1) bey
Verletzungen an dem Körper;
§. 1325. Wer jemanden
an seinem Körper verletzt, bestreitet die Heilungskosten des Verletzten;
ersetzt ihm den entgangenen, oder, wenn der Beschädigte zum Erwerb unfähig
wird, auch den künftig entgehenden Verdienst; und bezahlt ihm auf Verlangen
überdieß ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzensgeld.
§. 1326. Ist die
verletzte Person durch die Mißhandlung verunstaltet worden; so muß zumahl, wenn
sie weiblichen Geschlechtes ist, in so fern auf diesen Umstand Rücksicht
genommen werden, als ihr besseres Fortkommen dadurch verhindert werden kann.
§. 1327. Erfolgt aus
einer körperlichen Verletzung der Tod, so müssen nicht nur alle Kosten, sondern
auch den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetze zu
sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden.
§. 1328. Wer eine
Frauensperson durch eine strafbare Handlung oder sonst durch Hinterlist,
Drohungen oder Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der
außerehelichen Beiwohnung bestimmt, hat ihr den erlittenen Schaden und
entgangenen Gewinn zu ersetzen.
2) an der persönlichen
Freyheit;
§. 1329. Wer jemanden
durch gewaltsame Entführung, durch Privatgefangennehmung oder vorsätzlich durch
einen widerrechtlichen Arrest seiner Freiheit beraubt, ist verpflichtet, dem
Verletzten die vorige Freiheit zu verschaffen und volle Genugtuung zu leisten.
Kann er ihm die Freiheit nicht mehr verschaffen, so muß er den Hinterbliebenen,
wie bei der Tötung, Ersatz leisten.
3) an der Ehre;
§. 1330. Wenn jemandem
durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schade oder Entgang des Gewinnes verursacht
worden ist, so ist er berechtigt, den Ersatz zu fordern.
Dies gilt auch, wenn
jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen
eines anderen gefährden und deren Unwahrheit er kannte oder kennen mußte. In
diesem Falle kann auch der Widerruf und die Veröffentlichung desselben verlangt
werden. Für eine nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit der
Mitteilende nicht kennt, haftet er nicht, wenn er oder der Empfänger der
Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte.
4) an dem Vermögen.
§. 1331. Wird jemand an
seinem Vermögen vorsätzlich oder durch auffallende Sorglosigkeit eines andern
beschädiget; so ist er auch den entgangenen Gewinn, und wenn der Schade
vermittelst einer durch ein Strafgesetz verbothenen Handlung, oder aus
Muthwillen und Schadenfreude verursachet worden ist, den Werth der besondern
Vorliebe zu fordern berechtiget.
§. 1332. Der Schade,
welcher aus einem mindern Grade des Versehens oder der Nachlässigkeit
verursacht worden ist, wird nach dem gemeinen Werthe, den die Sache zur Zeit
der Beschädigung hatte, ersetzt.
Insonderheit durch
Verzögerung der Zahlung.
Verzögerungszinse.
§. 1333. Der Schade,
welchen der Schuldner seinem Gläubiger durch Verzögerung der bedungenen Zahlung
des schuldigen Capitals zugefügt hat, wird durch die von dem Gesetze bestimmten
Zinsen vergütet. (§. 995.)
§. 1334. Eine
Verzögerung fällt einem Schuldner überhaupt zur Last, wenn er den durch Gesetz
oder Vertrag bestimmten Zahlungstag nicht zuhält; oder wenn er in dem Falle,
daß die Zahlungszeit nicht bestimmt ist, nach dem Tage der geschehenen
gerichtlichen oder außergerichtlichen Einmahnung sich nicht mit dem Gläubiger
abgefunden hat.
§. 1335. Hat der
Gläubiger ohne gerichtliche Einmahnung die Zinsen bis auf den Betrag der
Hauptschuld steigen lassen; so erlischt das Recht, von dem Capitale weitere
Zinsen zu fordern. Von dem Tage der erhobenen Klage können jedoch neuerdings
Zinsen verlangt werden.
Bedingung des
Vergütungsvertrages (Conventional-Strafe).
§. 1336. Die vertragschließenden
Teile können eine besondere Übereinkunft treffen, daß auf den Fall des entweder
gar nicht oder nicht auf gehörige Art oder zu spät erfüllten Versprechens
anstatt des zu vergütenden Nachteiles ein bestimmter Geld- oder anderer Betrag
entrichtet werden solle (§ 912). Der Schuldner erlangt mangels besonderer
Vereinbarung nicht das Recht, sich durch Bezahlung des Vergütungsbetrages von
der Erfüllung zu befreien. Wurde die Konventionalstrafe für die Nichteinhaltung
der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes versprochen, so kann sie neben der
Erfüllung gefordert werden.
In allen Fällen ist der
Vergütungsbetrag, wenn er vom Schuldner als übermäßig erwiesen wird, von dem
Richter, allenfalls nach Einvernehmung von Sachverständigen, zu mäßigen.
Verbindlichkeit der
Erben des Beschädigers.
§. 1337. Die
Verbindlichkeit zum Ersatze des Schadens, und des entgangenen Gewinnes, oder
zur Entrichtung des bedungenen Vergütungsbetrages haftet auf dem Vermögen, und
geht auf die Erben über.
Rechtsmittel der Entschädigung.
§. 1338. Das Recht zum
Schadensersatze muß in der Regel, wie jedes andere Privat-Recht, bey dem
ordentlichen Richter angebracht werden. Hat der Beschädiger zugleich ein
Strafgesetz übertreten; so trifft ihn auch die verhängte Strafe. Die Verhandlung
über den Schadensersatz aber gehört auch in diesem Falle, in so fern sie nicht
durch die Strafgesetze dem Strafgerichte oder der politischen Behörde
aufgetragen ist, zu dem Civil-Gerichte.
§. 1339. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl 1974/Nr. 496.)
§. 1340. Diese Behörden
haben in dem Falle, daß sich die Entschädigung unmittelbar bestimmen läßt,
sogleich darüber nach den in diesem Hauptstücke ertheilten Vorschriften zu
erkennen. Wenn aber der Ersatz des Schadens nicht unmittelbar bestimmt werden kann,
ist in dem Erkenntnisse überhaupt auszudrücken, daß dem Beschädigten die
Entschädigung im Wege Rechtens zu suchen vorbehalten bleibe. Dieser Weg ist
auch in Criminal-Fällen dem Beschädigten, und in andern Fällen beyden Theilen
dann vorbehalten, wenn sie mit der von der Strafbehörde erfolgten Bestimmung
des Ersatzes sich nicht befriedigen wollten.
§. 1341. Gegen das
Verschulden eines Richters beschwert man sich bey der höhern Behörde. Diese
untersucht und beurtheilt die Beschwerde von Amts wegen.
Dritter Theil des
bürgerlichen Gesetzbuches.
Von den
gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.
Erstes Hauptstück.
Von Befestigung der
Rechte und Verbindlichkeiten.
Gemeinschaftliche
Bestimmungen der Rechte.
§. 1342. Sowohl
Personenrechte als Sachenrechte, und daraus entspringende Verbindlichkeiten
können gleichförmig befestiget, umgeändert und aufgehoben werden.
Arten der Befestigung
eines Rechtes;
§. 1343. Die
rechtlichen Arten der Sicherstellung einer Verbindlichkeit und der Befestigung eines
Rechtes, durch welche den Berechtigten ein neues Recht eingeräumet wird, sind:
die Verpflichtung eines Dritten für den Schuldner, und die Verpfändung.
I.) durch Verpflichtung
eines Dritten.
§. 1344. Ein Dritter kann
sich den Gläubiger für den Schuldner auf dreyerley Art verpflichten: Ein Mahl,
wenn er mit Einwilligung des Gläubigers die Schuld als Alleinzahler übernimmt;
dann, wenn er der Verbindlichkeit als Mitschuldner beytritt; endlich, wenn er
sich für die Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verbindet, daß der erste
Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle.
§. 1345. Wenn jemand
mit Einwilligung des Gläubigers die ganze Schuld eines Andern übernimmt; so
geschieht keine Befestigung, sondern eine Umänderung der Verbindlichkeit, wovon
in dem folgenden Hauptstücke gehandelt wird.
a) Als Bürge;
§. 1346. Wer sich zur
Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verpflichtet, daß der erste Schuldner
die Verbindlichkeit nicht erfülle, wird ein Bürge, und das zwischen ihm und dem
Gläubiger getroffene Uebereinkommen ein Bürgschaftsvertrag genannt. Hier bleibt
der erste Schuldner noch immer der Hauptschuldner, und der Bürge kommt nur als
Nachschuldner hinzu.
Zur Gültigkeit des
Bürgschaftsvertrages ist erforderlich, daß die Verpflichtungserklärung des
Bürgen schriftlich abgegeben wird.
b) Als Mitschuldner;
§. 1347. Wenn jemand,
ohne die den Bürgen zu Statten kommende Bedingung, einer Verbindlichkeit als
Mitschuldner beytritt; so entsteht eine Gemeinschaft mehrerer Mitschuldner,
deren rechtliche Folgen nach den in dem Hauptstücke von Verträgen überhaupt
gegebenen Vorschriften zu beurtheilen sind. (§§. 888-896.)
Entschädigungsbürge.
§. 1348. Wer dem Bürgen
auf den Fall, daß derselbe durch seine Bürgschaft zu Schaden kommen sollte,
Entschädigung zusagt, heißt Entschädigungsbürge.
Wer sich verbürgen
könne.
§. 1349. Fremde
Verbindlichkeiten kann ohne Unterschied des Geschlechtes jedermann auf sich
nehmen, dem die freye Verwaltung seines Vermögens zusteht.
Für welche Verbindlichkeiten.
§. 1350. Eine
Bürgschaft kann nicht nur über Summen und Sachen, sondern auch über erlaubte
Handlungen und Unterlassungen in Beziehung auf den Vortheil oder Nachtheil,
welcher aus denselben für den Sichergestellten entstehen kann, geleistet
werden.
§. 1351.
Verbindlichkeiten, welche nie zu Recht bestanden haben, oder schon aufgehoben
sind, können weder übernommen, noch bekräftiget werden.
§. 1352. Wer sich für
eine Person verbürgt, die sich vermöge ihrer persönlichen Eigenschaft nicht
verbinden kann, ist, obschon ihm diese Eigenschaft unbekannt war, gleich einem
ungetheilten Mitschuldner verpflichtet. (§. 896.)
Umfang der Bürgschaft.
§. 1353. Die Bürgschaft
kann nicht weiter ausgedehnt werden, als sich der Bürge ausdrücklich erkläret
hat. Wer sich für ein zinsbares Capital verbürget, haftet nur für jene
rückständigen Zinsen, welche der Gläubiger noch nicht einzutreiben berechtiget
war.
§. 1354. Von der
Einwendung, wodurch ein Schuldner nach Vorschrift der Gesetze die Beybehaltung
eines Theiles seines Vermögens zu seinem Unterhalte zu fordern berechtiget ist,
kann der Bürge nicht Gebrauch machen.
Wirkung.
§. 1355. Der Bürge kann
in der Regel erst dann belanget werden, wenn der Hauptschuldner auf des
Gläubigers gerichtliche oder außergerichtliche Einmahnung seine Verbindlichkeit
nicht erfüllet hat.
§. 1356. Der Bürge kann
aber, selbst wenn er sich ausdrücklich nur für den Fall verbürget hat, daß der
Hauptschuldner zu zahlen unvermögend sey, zuerst belanget werden, wenn der
Hauptschuldner in Concurs verfallen, oder wenn er zur Zeit, als die Zahlung
geleistet werden sollte, unbekannten Aufenthaltes, und der Gläubiger keiner
Nachlässigkeit zu beschuldigen ist.
§. 1357. Wer sich als
Bürge und Zahler verpflichtet hat, haftet als ungetheilter Mitschuldner für die
ganze Schuld; es hängt von der Willkühr des Gläubigers ab, ob er zuerst den
Hauptschuldner, oder den Bürgen, oder beyde zugleich belangen wolle. (§. 891.)
§. 1358. Wer eine
fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich oder mit bestimmten
Vermögensstücken haftet, tritt in die Rechte des Gläubigers und ist befugt, von
dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Zu diesem Ende ist
der befriedigte Gläubiger verbunden, dem Zahler alle vorhandenen Rechtsbehelfe
und Sicherungsmittel auszuliefern.
§. 1359. Haben für den
nähmlichen ganzen Betrag mehrere Personen Bürgschaft geleistet; so haftet jede
für den ganzen Betrag. Hat aber Eine von ihnen die ganze Schuld abgetragen; so
gebührt ihr gleich dem Mitschuldner (§. 896.) das Recht des Rückersatzes gegen
die übrigen.
§. 1360. Wenn dem
Gläubiger vor, oder bey Leistung der Bürgschaft noch außer derselben von dem
Hauptschuldner, oder einem Dritten ein Pfand gegeben wird; so steht ihm zwar
noch immer frey, den Bürgen der Ordnung nach (§. 1355.) zu belangen; aber er
ist nicht befugt, zu dessen Nachtheil sich des Pfandes zu begeben.
§. 1361. Hat der Bürge
oder Zahler den Gläubiger befriediget, ohne sich mit dem Hauptschuldner
einzuverstehen; so kann dieser Alles gegen jene einwenden, was er gegen den
Gläubiger hätte einwenden können.
§. 1362. Der Bürge kann
von dem Entschädigungsbürgen nur dann Entschädigung verlangen, wenn er sich den
Schaden nicht durch sein eigenes Verschulden zugezogen hat.
Arten der Erlöschung
der Bürgschaft.
§. 1363. Die Verbindlichkeit
des Bürgen hört verhältnißmäßig mit der Verbindlichkeit des Schuldners auf. Hat
sich der Bürge nur auf eine gewisse Zeit verpflichtet; so haftet er nur für
diesen Zeitraum. Die Entlassung eines Mitbürgen kommt diesem zwar gegen den
Gläubiger; aber nicht gegen die übrigen Mitbürgen zu Statten. (§. 896).
§. 1364. Durch den
Verlauf der Zeit, binnen welcher der Schuldner hätte zahlen sollen, wird der
Bürge, wenn auch der Gläubiger auf die Befriedigung nicht gedrungen hat, noch
nicht von seiner Bürgschaft befreyt; allein er ist befugt, von dem Schuldner,
wenn er mit dessen Einwilligung Bürgschaft geleistet hat, zu verlangen, daß er
ihm Sicherheit verschaffe. Auch der Gläubiger ist dem Bürgen in so weit
verantwortlich, als dieser wegen dessen Saumseligkeit in Eintreibung der Schuld
an Erhohlung des Ersatzes zu Schaden kommt.
§. 1365. Wenn gegen den
Schuldner ein gegründetes Besorgniß der Zahlungsunfähigkeit oder der Entfernung
aus den Erbländern, für welche dieses Gesetzbuch vorgeschrieben ist, eintritt;
so steht dem Bürgen das Recht zu, von dem Schuldner die Sicherstellung der
verbürgten Schuld zu verlangen.
§. 1366. Wenn das
verbürgte Geschäft beendiget ist; so kann die Abrechnung, und die Aufhebung der
Bürgschaft gefordert werden.
§. 1367. Ist der
Bürgschaftsvertrag weder durch eine Hypothek, noch durch ein Faustpfand
befestiget; so erlischt er binnen drey Jahren nach dem Tode des Bürgen, wenn
der Gläubiger in der Zwischenzeit unterlassen hat, von dem Erben die verfallene
Schuld gerichtlich oder außergerichtlich einzumahnen.
II.) Durch
Pfandvertrag.
§. 1368. Pfandvertrag
heißt derjenige Vertrag, wodurch der Schuldner, oder ein Anderer anstatt seiner
auf eine Sache dem Gläubiger das Pfandrecht wirklich einräumet, folglich ihm
das bewegliche Pfandstück übergibt, oder das unbewegliche durch die Pfandbücher
verschreibt. Der Vertrag, ein Pfand übergeben zu wollen, ist noch kein
Pfandvertrag.
Wirkung des
Pfandvertrages.
§. 1369. Was bey
Verträgen überhaupt Rechtens ist, gilt auch bey dem Pfandvertrage; er ist
zweyseitig verbindlich. Der Pfandnehmer muß das Handpfand wohl verwahren und es
dem Verpfänder, so bald dieser die Befriedigung leistet, zurück geben. Betrifft
es eine Hypothek; so muß der befriedigte Gläubiger den Verpfänder in den Stand
setzen, die Löschung der Verbindlichkeit aus den Hypotheken-Büchern bewirken zu
können. Die mit dem Pfandbesitze verknüpften Rechte und Verbindlichkeiten des
Pfandgebers und Pfandnehmers sind im sechsten Hauptstücke des zweyten Theiles
bestimmt worden.
§. 1370. Der Handpfandnehmer
ist verbunden, dem Pfandgeber einen Pfandschein auszustellen, und darin die
unterscheidenden Kennzeichen des Pfandes zu beschreiben. Auch können die
wesentlichen Bedingungen des Pfandvertrages in dem Pfandscheine angeführet
werden.
Unerlaubte Bedingungen.
§. 1371. Alle der Natur
des Pfand- und Darleihensvertrages entgegen stehende Bedingungen und
Nebenverträge sind ungültig. Dahin gehören die Verabredungen: daß nach der
Verfallzeit der Schuldforderung das Pfandstück dem Gläubiger zufalle; daß er es
nach Willkühr, oder in einem schon im voraus bestimmten Preise veräußern, oder
für sich behalten könne; daß der Schuldner das Pfand niemahls einlösen, oder
ein liegendes Gut keinem Andern verschreiben, oder daß der Gläubiger nach der
Verfallzeit die Veräußerung des Pfandes nicht verlangen dürfe.
§. 1372. Der
Nebenvertrag, daß dem Gläubiger die Fruchtnießung der verpfändeten Sache
zustehen solle, ist ohne rechtliche Wirkung. Ist dem Gläubiger der bloße
Gebrauch eines beweglichen Pfandstückes eingeräumt worden (§. 459.), so muß
diese Benützung auf eine dem Schuldner unschädliche Art geschehen.
Auf welche Art in der
Regel Sicherstellung zu leisten ist.
§. 1373. Wer verbunden
ist, eine Sicherstellung zu leisten, muß diese Verbindlichkeit durch ein
Handpfand, oder durch eine Hypothek erfüllen. Nur in dem Falle, daß er ein
Pfand zu geben außer Stande ist, werden taugliche Bürgen angenommen.
§. 1374. Niemand ist
schuldig eine Sache, die zur Sicherstellung dienen soll, in einem höheren, als
dem, bey Häusern auf die Hälfte, bey Grundstücken aber, und bey beweglichen
Gütern auf zwey Drittheile der Schätzung bestimmten, Werthe zum Pfande
anzunehmen. Wer ein angemessenes Vermögen besitzt, und in der Provinz belangt
werden kann, ist ein tauglicher Bürge.
Zweytes Hauptstück.
Von Umänderung der
Rechte und Verbindlichkeiten.
Umänderung der Rechte
und Verbindlichkeiten;
§. 1375. Es hängt von
dem Willen des Gläubigers und des Schuldners ab, ihre gegenseitigen
willkührlichen Rechte und Verbindlichkeiten umzuändern. Die Umänderung kann
ohne, oder mit Hinzukunft einer dritten Person, und zwar entweder eines neuen
Gläubigers, oder eines neuen Schuldners geschehen.
1) durch Novation;
§. 1376. Die Umänderung
ohne Hinzukunft einer dritten Person findet Statt, wenn der Rechtsgrund, oder
wenn der Hauptgegenstand einer Forderung verwechselt wird, folglich die alte
Verbindlichkeit in eine neue übergeht.
§. 1377. Eine solche
Umänderung heißt Neuerungsvertrag (Novation). Vermöge dieses Vertrages hört die
vorige Hauptverbindlichkeit auf, und die neue nimmt zugleich ihren Anfang.
§. 1378. Die mit der
vorigen Hauptverbindlichkeit verknüpften Bürgschafts- Pfand- und anderen Rechte
erlöschen durch den Neuerungsvertrag, wenn die Theilnehmer nicht durch ein
besonderes Einverständniß hierüber etwas Anderes festgesetzt haben.
§. 1379. Die näheren
Bestimmungen, wo, wann und wie eine schon vorhandene Verbindlichkeit erfüllet
werden soll, und andere Nebenbestimmungen, wodurch in Rücksicht auf den
Hauptgegenstand oder Rechtsgrund keine Umänderung geschieht, sind eben so wenig
als ein Neuerungsvertrag anzusehen, als die bloße Ausstellung eines neuen
Schuldscheines, oder einer andern dahin gehörigen Urkunde. Auch kann eine
solche Abänderung in den Nebenbestimmungen einem Dritten, welcher derselben
nicht beygezogen worden ist, keine neue Last auflegen. Im Zweifel wird die alte
Verbindlichkeit nicht für aufgelöst gehalten, so lange sie mit der neuen noch
wohl bestehen kann.
2) Vergleich.
§. 1380. Ein
Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt
bestimmt werden, daß jede Partey sich wechselseitig etwas zu geben, zu thun,
oder zu unterlassen verbindet, heißt Vergleich. Der Vergleich gehört zu den
zweyseitigen verbindlichen Verträgen, und wird nach eben denselben Grundsätzen
beurtheilet.
§. 1381. Wer dem
Verpflichteten mit dessen Einwilligung ein unstreitiges oder zweifelhaftes
Recht unentgeldlich erläßt, macht eine Schenkung (§. 939).
Ungültigkeit eines
Vergleiches in Rücksicht des Gegenstandes;
§. 1382. Es gibt zweifelhafte
Fälle, welche durch einen Vergleich nicht beygelegt werden dürfen. Dahin gehört
der zwischen Eheleuten über die Gültigkeit ihrer Ehe entstandene Streit. Diesen
kann nur der durch das Gesetz bestimmte Gerichtsstand entscheiden.
§. 1383. Ueber den
Inhalt einer letzten Anordnung kann vor deren Bekanntmachung kein Vergleich
errichtet werden. Die hierüber entstandene Wette wird nach den Grundsätzen von
Glücksverträgen beurtheilt.
§. 1384. Vergleiche
über Gesetzübertretungen sind nur in Hinsicht auf die Privat-Genugthuung
gültig; die gesetzmäßige Untersuchung und Bestrafung kann dadurch bloß dann
abgewendet werden, wenn die Uebertretungen von der Art sind, daß die Behörde
nur auf Verlangen der Parteyen ihr Amt zu handeln angewiesen ist.
oder anderer Mängel.
§. 1385. Ein Irrthum
kann den Vergleich nur in so weit ungültig machen, als er die Wesenheit der
Person, oder des Gegenstandes betrifft.
§. 1386. Aus dem Grunde
einer Verletzung über die Hälfte kann ein redlich errichteter Vergleich nicht
angefochten werden.
§. 1387. Eben so wenig
können neu gefundene Urkunden, wenn sie auch den gänzlichen Mangel eines
Rechtes auf Seite einer Partey entdeckten, einen redlich eingegangenen
Vergleich entkräften.
§. 1388. Ein offenbarer
Rechnungsverstoß, oder ein Fehler, welcher bey dem Abschlusse eines Vergleiches
in dem Summiren oder Abziehen begangen wird, schadet keinem der
vertragmachenden Theile.
Umfang des Vergleiches.
§. 1389. Ein Vergleich,
welcher über eine besondere Streitigkeit geschlossen worden ist, erstreckt sich
nicht auf andere Fälle. Selbst allgemeine, auf alle Streitigkeiten überhaupt
lautende Vergleiche sind auf solche Rechte nicht anwendbar, die geflissentlich
verheimlichet worden sind, oder auf welche die sich vergleichenden Parteyen
nicht denken konnten.
Wirkung in Rücksicht
der Nebenverbindlichkeiten.
§. 1390. Bürgen und
Pfänder, welche zur Sicherheit des ganzen noch streitigen Rechtes gegeben
worden sind, haften auch für den Theil, der durch den Vergleich bestimmt worden
ist. Doch bleiben dem Bürgen und einem dritten Verpfänder, welche dem
Vergleiche nicht beygestimmt haben, alle Einwendungen gegen den Gläubiger
vorbehalten, welche ohne geschlossenen Vergleich der Forderung hätten
entgegengesetzt werden können.
§. 1391. Der Vertrag,
wodurch Parteyen zur Entscheidung streitiger Rechte einen Schiedsrichter
bestellen, erhält seine Bestimmung in der Gerichtsordnung.
3) Cession.
§. 1392. Wenn eine
Forderung von einer Person an die andere übertragen, und von dieser angenommen
wird; so entsteht die Umänderung des Rechtes mit Hinzukunft eines neuen
Gläubigers. Eine solche Handlung heißt Abtretung (Cession), und kann mit, oder
ohne Entgeld geschlossen werden.
Gegenstände der
Cession.
§. 1393. Alle
veräußerliche Rechte sind ein Gegenstand der Abtretung. Rechte, die der Person
ankleben, folglich mit ihr erlöschen, können nicht abgetreten werden.
Schuldscheine, die auf den Ueberbringer lauten, werden schon durch Uebergabe
abgetreten, und bedürfen nebst dem Besitze keines andern Beweises der
Abtretung.
Wirkung.
§. 1394. Die Rechte des
Uebernehmers sind mit den Rechten des Ueberträgers in Rücksicht auf die
überlassene Forderung eben dieselben.
§. 1395. Durch den
Abtretungsvertrag entsteht nur zwischen dem Ueberträger (Cedent) und dem
Uebernehmer der Forderung (Cessionar); nicht aber zwischen dem Letzten und dem
übernommenen Schuldner (Cessus) eine neue Verbindlichkeit. Daher ist der
Schuldner, so lange ihm der Uebernehmer nicht bekannt wird, berechtiget, den
ersten Gläubiger zu bezahlen, oder sich sonst mit ihm abzufinden.
§. 1396. Dieses kann
der Schuldner nicht mehr, so bald ihm der Uebernehmer bekannt gemacht worden
ist; allein es bleibt ihm das Recht, seine Einwendungen gegen die Forderung
anzubringen. Hat er die Forderung gegen den redlichen Uebernehmer für richtig
erkannt; so ist er verbunden, denselben als seinen Gläubiger zu befriedigen.
Haftung des Cedenten.
§. 1397. Wer eine
Forderung ohne Entgeld abtritt, also verschenkt, haftet nicht weiter für
dieselbe. Kommt aber die Abtretung auf eine entgeldliche Art zu Stande; so
haftet der Ueberträger dem Uebernehmer sowohl für die Richtigkeit, als für die
Einbringlichkeit der Forderung, jedoch nie für mehr, als er von dem Uebernehmer
erhalten hat.
§. 1398. In so fern der
Uebernehmer über die Einbringlichkeit der Forderung aus den öffentlichen
Pfandbüchern sich belehren konnte, gebührt ihm in Rücksicht der
Uneinbringlichkeit keine Entschädigung. Auch für eine zur Zeit der Abtretung
einbringliche, und durch einen bloßen Zufall oder durch Versehen des
Uebernehmers uneinbringlich gewordene Forderung haftet der Ueberträger nicht.
§. 1399. Ein Versehen
dieser Art begeht der Uebernehmer, wenn er die Forderung zur Zeit, als sie
aufgekündiget werden kann, nicht aufkündiget, oder nach verfallener
Zahlungsfrist nicht eintreibt; wenn er dem Schuldner nachsieht; wenn er die
noch mögliche Sicherheit zu rechter Zeit sich zu verschaffen versäumt, oder die
gerichtliche Execution zu betreiben unterläßt.
4) Anweisung
(Assignation).
§. 1400. Durch die
Anweisung auf eine Leistung eines Dritten wird der Empfänger der Anweisung
(Assignatar) zur Einhebung der Leistung bei dem Angewiesenen (Assignat) und der
letztere zur Leistung an ersteren für Rechnung des Anweisenden (Assignant)
ermächtigt. Einen unmittelbaren Anspruch erlangt der Anweisungsempfänger gegen
den Angewiesenen erst, wenn die Erklärung des Angewiesenen über die Annahme der
Anweisung ihm zugekommen ist.
§. 1401. Insoweit der
Angewiesene das zu Leistende dem Anweisenden bereits schuldet, ist er diesem
gegenüber verpflichtet, der Anweisung Folge zu leisten. Wenn durch die
Anweisung eine Schuld des Anweisenden bei dem Empfänger, der die Anweisung
angenommen hat, getilgt werden soll, ist der Empfänger verpflichtet, den
Angewiesenen zur Leistung aufzufordern.
Will der Empfänger von der
Anweisung keinen Gebrauch machen oder verweigert der Angewiesene die Annahme
oder die Leistung, so hat der Empfänger dies dem Anweisenden ohne Verzug
anzuzeigen.
Die Tilgung der Schuld
erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist, erst durch die Leistung.
§. 1402. Hat der
Angewiesene die Anweisung dem Empfänger gegenüber angenommen, so kann er diesem
nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme
betreffen oder sich aus dem Inhalte der Anweisung oder aus seinen persönlichen
Beziehungen zum Empfänger ergeben.
§. 1403. Solange der
Angewiesene die Anweisung noch nicht dem Empfänger gegenüber angenommen hat,
kann sie der Anweisende widerrufen. Besteht zwischen dem Anweisenden und dem
Angewiesenen kein anderer Rechtsgrund, so gelten für das Rechtsverhältnis
zwischen beiden die Vorschriften über den Bevollmächtigungsvertrag; die
Anweisung erlischt jedoch nicht durch den Tod des Anweisenden oder
Angewiesenen. Inwiefern die Aufhebung der Anweisung auch gegenüber dem
Empfänger rechtswirksam ist, bestimmt sich nach dem zwischen diesem und dem
Anweisenden obwaltenden Rechtsverhältnis.
Der Anspruch des
Empfängers gegen den Angewiesenen verjährt in drei Jahren.
5. Schuldübernahme
§. 1404. Wer einem
Schuldner verspricht, die Leistung an dessen Gläubiger zu bewirken
(Erfüllungsübernahme), haftet dem Schuldner dafür, daß der Gläubiger ihn nicht
in Anspruch nehme. Dem Gläubiger erwächst daraus unmittelbar kein Recht.
§. 1405. Wer einem
Schuldner erklärt, seine Schuld zu übernehmen (Schuldübernahme), tritt als
Schuldner an dessen Stelle, wenn der Gläubiger einwilligt. Bis diese
Einwilligung erfolgt oder falls sie verweigert wird, haftet er wie bei
Erfüllungsübernahme (§ 1404). Die Einwilligung des Gläubigers kann entweder dem
Schuldner oder dem Übernehmer erklärt werden.
§. 1406. Auch ohne
Vereinbarung mit dem Schuldner kann ein Dritter durch Vertrag mit dem Gläubiger
die Schuld übernehmen.
Im Zweifel ist aber die
dem Gläubiger erklärte Übernahme als Haftung neben dem bisherigen Schuldner,
nicht an dessen Stelle zu verstehen.
§. 1407. Die
Verbindlichkeiten des Übernehmers sind mit den Verbindlichkeiten des bisherigen
Schuldners in Rücksicht auf die übernommene Schuld ebendieselben. Der
Übernehmer kann dem Gläubiger die aus dem Rechtsverhältnis zwischen diesem und
dem bisherigen Schuldner entspringenden Einwendungen entgegensetzen.
Die Nebenrechte der
Forderung werden durch den Schuldnerwechsel nicht berührt. Bürgen und von
dritten Personen bestellte Pfänder haften jedoch nur dann fort, wenn der Bürge
oder Verpfänder dem Schuldnerwechsel zugestimmt hat.
§. 1408. Übernimmt bei
Veräußerung einer Liegenschaft der Erwerber ein auf ihr haftendes Pfandrecht,
so ist dies im Zweifel als Schuldübernahme zu verstehen. Der Veräußerer kann,
nach vollzogener Übertragung des Eigentums, den Gläubiger zur Annahme des neuen
Schuldners an seiner Stelle schriftlich mit der Wirkung auffordern, daß die
Einwilligung als erteilt gilt, wenn sie nicht binnen sechs Monaten versagt
wird. Auf diese Wirkung muß in der Aufforderung ausdrücklich hingewiesen sein.
§. 1409. Übernimmt
jemand ein Vermögen oder ein Unternehmen, so ist er unbeschadet der
fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus den zum Vermögen oder
Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen
mußte, unmittelbar verpflichtet. Er wird aber von der Haftung insoweit frei,
als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat, wie der Wert des
übernommenen Vermögens oder Unternehmens beträgt.
Ist jedoch ein naher
Angehöriger des Veräußerers (§ 32 KO) der Übernehmer, so trifft ihn diese
Verpflichtung, soweit er nicht beweist, daß ihm die Schulden bei der Übergabe
weder bekannt waren noch bekannt sein mußten.
Entgegenstehende
Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Übernehmer zum Nachteile der Gläubiger
sind diesen gegenüber unwirksam.
§. 1409a. Wer ein
Vermögen oder ein Unternehmen im Weg der Zwangsvollstreckung, des Konkurses,
des Ausgleichsverfahrens (auch des fortgesetzten Verfahrens) oder der
Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger erwirbt, haftet nicht
nach § 1409 Abs. 1 und 2.
§. 1410. Wird der
Eintritt des neuen Schuldners an Stelle des bisherigen Schuldners in der Weise
verabredet, daß an die Stelle des aufgehobenen Schuldverhältnisses eine
Verpflichtung des neuen Schuldners aus selbständigem Rechtsgrunde oder unter
Änderung des Hauptgegenstandes der Forderung gesetzt wird, so treten nicht die
Wirkungen der Schuldübernahme, sondern eines Neuerungsvertrages (§§ 1377, 1378)
ein.
Drittes Hauptstück.
Von Aufhebung der
Rechte und Verbindlichkeiten.
Aufhebung der Rechte u.
Verbindlichkeiten.
§. 1411. Rechte und
Verbindlichkeiten stehen in einem solchen Zusammenhange, daß mit Erlöschung des
Rechtes die Verbindlichkeit, und mit Erlöschen der letzteren das Recht
aufgehoben wird.
1.) Durch die Zahlung.
§. 1412. Die
Verbindlichkeit wird vorzüglich durch die Zahlung, das ist, durch die Leistung
dessen, was man zu leisten schuldig ist, aufgelöset (§. 469).
Wie die Zahlung zu
leisten.
§. 1413. Gegen seinen
Willen kann weder der Gläubiger gezwungen werden, etwas anderes anzunehmen, als
er zu fordern hat, noch der Schuldner, etwas anderes zu leisten, als er zu
leisten verbunden ist. Dieses gilt auch von der Zeit, dem Orte und der Art, die
Verbindlichkeit zu erfüllen.
§. 1414. Wird, weil der
Gläubiger und der Schuldner einverstanden sind, oder weil die Zahlung selbst
unmöglich ist, etwas Anderes an Zahlungs-Statt gegeben; so ist die Handlung als
ein entgeldliches Geschäft zu betrachten.
§. 1415. Der Gläubiger
ist nicht schuldig, die Zahlung einer Schuldpost theilweise, oder auf Abschlag
anzunehmen. Sind aber verschiedene Posten zu zahlen; so wird diejenige für
abgetragen gehalten, welche der Schuldner, mit Einwilligung des Gläubigers
tilgen zu wollen, sich ausdrücklich erkläret hat.
§. 1416. Wird die
Willensmeinung des Schuldners bezweifelt, oder von dem Gläubiger widersprochen;
so sollen zuerst die Zinsen, dann das Capital, von mehreren Capitalien aber
dasjenige, welches schon eingefordert, oder wenigstens fällig ist, und nach
diesem dasjenige, welches schuldig zu bleiben dem Schuldner am meisten
beschwerlich fällt, abgerechnet werden.
wann;
§. 1417. Wenn die
Zahlungsfrist auf keine Art bestimmt ist; so tritt die Verbindlichkeit, die
Schuld zu zahlen, erst mit dem Tage ein, an welchem die Einmahnung geschehen
ist. (§. 904.)
§. 1418. In gewissen
Fällen wird die Zahlungsfrist durch die Natur der Sache bestimmt. Alimente
werden wenigstens auf einen Monath voraus bezahlt. Stirbt der Verpflegte
während dieser Zeit; so sind dessen Erben nicht schuldig, etwas von der
Vorausbezahlung zurück zu geben.
§. 1419. Hat der
Gläubiger gezögert, die Zahlung anzunehmen; so fallen die widrigen Folgen auf
ihn.
§. 1420. Wenn der Ort
und die Art der Leistung nicht bestimmt sind, so müssen die oben (§ 905) aufgestellten
Vorschriften angewendet werden.
von wem;
§. 1421. Auch eine
Person, die sonst unfähig ist, ihr Vermögen zu verwalten, kann eine richtige
und verfallene Schuld rechtmäßig abtragen, und sich ihrer Verbindlichkeit
entledigen. Hätte sie aber eine noch ungewisse, oder nicht verfallene Schuld
abgetragen; so ist ihr Vormund oder Curator berechtiget, das Bezahlte zurück zu
fordern.
§. 1422. Wer die Schuld
eines anderen, für die er nicht haftet (§ 1358), bezahlt, kann vor oder bei der
Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangen; hat er dies getan,
so wirkt die Zahlung als Einlösung der Forderung.
§. 1423. Wird die
Einlösung mit Einverständnis des Schuldners angeboten, so muß der Gläubiger die
Zahlung annehmen; doch hat er außer dem Falle des Betruges für die
Einbringlichkeit und die Richtigkeit der Forderung nicht zu haften. Ohne
Einwilligung des Schuldners kann dem Gläubiger von einem Dritten in der Regel
(§ 462) die Zahlung nicht aufgedrängt werden.
an wen;
§. 1424. Der
Schuldbetrag muß dem Gläubiger oder dessen zum Empfange geeigneten Machthaber,
oder demjenigen geleistet werden, den das Gericht als Eigenthümer der Forderung
anerkannt hat. Was jemand an eine Person bezahlt hat, die ihr Vermögen nicht
selbst verwalten darf, ist er in so weit wieder zu zahlen verbunden, als das
Bezahlte nicht wirklich vorhanden, oder zum Nutzen des Empfängers verwendet
worden ist.
Gerichtliche
Hinterlegung der Schuld.
§. 1425. Kann eine
Schuld aus dem Grunde, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem
Angebothenen unzufrieden ist, oder aus andern wichtigen Gründen nicht bezahlt
werden; so steht dem Schuldner bevor, die abzutragende Sache bey dem Gerichte
zu hinterlegen; oder, wenn sie dazu nicht geeignet ist, die gerichtliche
Einleitung zu deren Verwahrung anzusuchen. Jede dieser Handlungen, wenn sie
rechtmäßig geschehen und dem Gläubiger bekannt gemacht worden ist, befreyt den
Schuldner von seiner Verbindlichkeit, und wälzt die Gefahr der geleisteten
Sache auf den Gläubiger.
Quittungen;
§. 1426. (Der Zahler
ist in allen Fällen berechtiget, von dem Befriedigten eine Quittung, nähmlich
ein schriftliches Zeugniß der erfüllten Verbindlichkeit, zu verlangen. In der
Quittung muß der Nahme des Schuldners und des Gläubigers, so wie der Ort, die
Zeit und der Gegenstand der getilgten Schuld ausgedrückt, und sie muß von dem
Gläubiger, oder dessen Machthaber unterschrieben werden.) Die Kosten der
Quittung hat, wenn nichts anderes vereinbart ist, der Gläubiger zu tragen.
§. 1427. Eine Quittung
über das bezahlte Capital gründet die Vermuthung, daß auch die Zinsen davon
bezahlt worden seyn.
§. 1428. Besitzt der
Gläubiger von dem Schuldner einen Schuldschein; so ist er nebst Ausstellung
einer Quittung verbunden, denselben zurück zu geben, oder die allenfalls
geleistete Abschlagszahlung auf dem Schuldschein selbst abschreiben zu lassen.
Der zurück erhaltene Schuldschein ohne Quittung gründet für den Schuldner die
rechtliche Vermuthung der geleisteten Zahlung; er schließt aber den Gegenbeweis
nicht aus. Ist der Schuldschein, welcher zurück gegeben werden soll, in Verlust
gerathen; so ist der Zahlende berechtiget, Sicherstellung zu fordern, oder den
Betrag gerichtlich zu hinterlegen, und zu verlangen, daß der Gläubiger die
Tödtung des Schuldscheines der Gerichtsordnung gemäß bewirke.
§. 1429. Eine Quittung,
die der Gläubiger dem Schuldner für eine abgetragene neuere Schuldpost
ausgestellt hat, beweiset zwar nicht, daß auch andere ältere Posten abgetragen
worden seyn: wenn es aber gewisse Gefälle, Renten, oder solche Zahlungen
betrifft, welche, wie Geld- Grund- Haus- oder Capitals-Zinsen, aus eben
demselben Titel und zu einer gewissen Zeit geleistet werden sollen; so wird
vermuthet, daß derjenige, welcher sich mit der Quittung des letzt verfallenen
Termines ausweiset, auch die früher verfallenen berichtiget habe.
§. 1430. Eben so wird
von Handels- und Gewerbsleuten, welche mit ihren Abnehmern (Kunden) zu gewissen
Fristen die Rechnung abzuschließen pflegen, vermuthet; daß ihnen, wenn sie über
die Rechnung aus einer späteren Frist quittirt haben, auch die früheren
Rechnungen bezahlt seyn.
Zahlung einer
Nichtschuld.
§. 1431. Wenn jemand
aus einem Irrthume, wäre es auch ein Rechtsirrthum, eine Sache oder eine
Handlung geleistet worden, wozu er gegen den Leistenden kein Recht hat; so kann
in der Regel im ersten Falle die Sache zurückgefordert, im zweyten aber ein dem
verschafften Nutzen angemessener Lohn verlangt werden.
§. 1432. Doch können
Zahlungen einer verjährten, oder einer solchen Schuld, welche nur aus Mangel
der Förmlichkeiten ungültig ist, oder zu deren Eintreibung das Gesetz bloß das
Klagerecht versagt, eben so wenig zurückgefordert werden, als wenn jemand eine
Zahlung leistet, von der er weiß, daß er sie nicht schuldig ist.
§. 1433. Diese
Vorschrift (§. 1432) kann aber auf den Fall, in welchem ein Pflegebefohlener,
oder eine andere Person bezahlt hat, welche nicht frey über ihr Eigenthum
verfügen kann, nicht angewendet werden.
§. 1434. Die
Zurückstellung des Bezahlten kann auch dann begehret werden, wenn die
Schuldforderung auf was immer für eine Art noch ungewiß ist; oder wenn sie noch
von der Erfüllung einer beygesetzten Bedingung abhängt. Die Bezahlung einer
richtigen und unbedingten Schuld kann aber deßwegen nicht zurückgefordert
werden, weil die Zahlungsfrist noch nicht verfallen ist.
§. 1435. Auch Sachen,
die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, kann der Geber von dem
Empfänger zurück fordern, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört
hat.
§. 1436. War jemand
verbunden, aus zwey Sachen nur Eine nach seiner Willkühr zu geben, und hat er
aus Irrthum beyde gegeben; so hängt es von ihm ab, die eine, oder die andere
zurück zu fordern.
§. 1437. Der Empfänger
einer bezahlten Nichtschuld wird als ein redlicher oder unredlicher Besitzer
angesehen, je nachdem er den Irrthum des Gebers gewußt hat, oder aus den
Umständen vermuthen mußte, oder nicht.
2) Compensation.
§. 1438. Wenn
Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die richtig, gleichartig, und so beschaffen
sind, daß eine Sache, die dem Einen als Gläubiger gebührt, von diesem auch als
Schuldner dem Andern entrichtet werden kann; so entsteht, in so weit die
Forderungen sich gegen einander ausgleichen, eine gegenseitige Aufhebung der
Verbindlichkeit (Compensation), welche schon für sich die gegenseitige Zahlung
bewirket.
§. 1439. Zwischen einer
richtigen und nicht richtigen, so wie zwischen einer fälligen und noch nicht
fälligen Forderung findet die Compensation nicht Statt. In wie fern gegen eine
Concurs-Masse die Compensation Statt finde, wird in der Gerichtsordnung
bestimmt.
§. 1440. Ebenso lassen
sich Forderungen, welche ungleichartige oder bestimmte und unbestimmte Sachen
zum Gegenstande haben, gegeneinander nicht aufheben. Eigenmächtig oder listig
entzogene, entlehnte, in Verwahrung oder in Bestand genommene Stücke sind
überhaupt kein Gegenstand der Zurückbehaltung oder der Kompensation.
§. 1441. Ein Schuldner
kann seinem Gläubiger dasjenige nicht in Aufrechnung bringen, was dieser einem
Dritten und der Dritte dem Schuldner zu zahlen hat. Selbst eine Summe, die
jemand an eine Staats-Casse zu fordern hat, kann gegen eine Zahlung, die er an
eine andere Staats-Casse leisten muß, nicht abgerechnet werden.
§. 1442. Wenn eine
Forderung allmählich auf mehrere übertragen wird; so kann der Schuldner zwar
die Forderung, welche er zur Zeit der Abtretung an den ersten Inhaber derselben
hatte, so wie auch jene, die ihm gegen den letzten Inhaber zusteht, in
Abrechnung bringen; nicht aber auch diejenige, welche ihm an einen der
Zwischeninhaber zustand.
§. 1443. Gegen eine den
öffentlichen Büchern einverleibte Forderung kann die Einwendung der
Compensation einem Cessionar nur dann entgegengesetzt werden, wenn die
Gegenforderung ebenfalls und zwar bey der Forderung selbst eingetragen, oder
dem Cessionar bey Uebernehmung der letztern bekannt gemacht worden ist.
3.) Entsagung.
§. 1444. In allen
Fällen, in welchen der Gläubiger berechtiget ist, sich seines Rechtes zu
begeben, kann er demselben auch zum Vortheile seines Schuldners entsagen, und
hierdurch die Verbindlichkeit des Schuldners aufheben.
4) Vereinigung.
§. 1445. So oft auf was
immer für eine Art das Recht mit der Verbindlichkeit in Einer Person vereinigt
wird, erlöschen beyde; außer, wenn es dem Gläubiger noch frey steht, eine
Absonderung seiner Rechte zu verlangen (§§. 802 und 812), oder wenn
Verhältnisse von ganz verschiedener Art eintreten. Daher wird durch die
Nachfolge des Schuldners in die Verlassenschaft seines Gläubigers in den
Rechten der Erbschaftsgläubiger, der Miterben oder Legatare, und durch die
Beerbung des Schuldners und Bürgen in den Rechten des Gläubigers nichts
geändert.
§. 1446. Rechte und
Verbindlichkeiten, welche den öffentlichen Büchern einverleibt sind, werden
durch die Vereinigung nicht aufgehoben, bis die Löschung aus den öffentlichen
Büchern erfolgt ist (§ 526). Bis dahin kann das eingetragene Pfandrecht vom
Eigentümer oder im Wege der Zwangsvollstreckung auf einen Dritten übertragen
werden (§§ 469 bis 470).
5.) Untergang der
Sache.
§1447. Der zufällige
gänzliche Untergang einer bestimmten Sache hebt alle Verbindlichkeit, selbst
die, den Werth derselben zu vergüten, auf. Dieser Grundsatz gilt auch für
diejenigen Fälle, in welchen die Erfüllung der Verbindlichkeit, oder die
Zahlung einer Schuld durch einen andern Zufall unmöglich wird. In jedem Falle
muß aber der Schuldner das, was er um die Verbindlichkeit in Erfüllung zu
bringen erhalten hat, zwar gleich einem redlichen Besitzer, jedoch auf solche
Art zurückstellen oder vergüten, daß er aus dem Schaden des Andern keinen
Gewinn zieht.
6.) Tod.
§. 1448. Durch den Tod
erlöschen nur solche Rechte und Verbindlichkeiten, welche auf die Person
eingeschränkt sind, oder die bloß persönliche Handlungen des Verstorbenen
betreffen.
7) Verlauf der Zeit.
§. 1449. Rechte und
Verbindlichkeiten erlöschen auch durch den Verlauf der Zeit, worauf sie durch
einen letzten Willen, Vertrag, richterlichen Ausspruch, oder durch das Gesetz
beschränkt sind. Auf welche Art sie durch die vom Gesetze bestimmte Verjährung aufgehoben
werden, wird in dem folgenden Hauptstücke festgesetzt.
Von der Einsetzung in
den vorigen Stand.
§. 1450. Die
bürgerlichen Gesetze, nach welchen widerrechtliche Handlungen und Geschäfte,
wenn die Verjährung nicht im Wege steht, unmittelbar bestritten werden können,
gestatten keine Einsetzung in den vorigen Stand. Die zum gerichtlichen
Verfahren gehörigen Fälle der Einsetzung in den vorigen Stand sind in der
Gerichtsordnung bestimmt.
Viertes Hauptstück.
Von der Verjährung und
Ersitzung.
Verjährung.
§. 1451. Die Verjährung
ist der Verlust eines Rechtes, welches während der von dem Gesetze bestimmten
Zeit nicht ausgeübt worden ist.
Ersitzung.
§. 1452. Wird das
verjährte Recht vermöge des gesetzlichen Besitzes zugleich auf jemand Andern
übertragen; so heißt es ein ersessenes Recht, und die Erwerbungsart, Ersitzung.
Wer verjähren und
ersitzen kann.
§. 1453. Jeder, der
sonst zu erwerben fähig ist, kann auch ein Eigenthum oder andere Rechte durch
Ersitzung erwerben.
Gegen wen?
§. 1454. Die Verjährung
und Ersitzung kann gegen alle Privat-Personen, welche ihre Rechte selbst
auszuüben fähig sind, Statt finden. Gegen Mündel und Pflegebefohlene; gegen
Kirchen, Gemeinden und andere moralische Körper; gegen Verwalter des
öffentlichen Vermögens und gegen diejenigen, welche ohne ihr Verschulden
abwesend sind, wird sie nur unter den unten (§§. 1494, 1472 und 1475) folgenden
Beschränkungen gestattet.
Welche Gegenstände.
§. 1455. Was sich
erwerben läßt, kann auch ersessen werden. Sachen hingegen, welche man vermöge
ihrer wesentlichen Beschaffenheit, oder vermöge der Gesetze nicht besitzen
kann; ferner, Sachen und Rechte, welche schlechterdings unveräußerlich sind,
sind kein Gegenstand der Ersitzung.
§. 1456. Aus diesem
Grunde können weder die dem Staatsoberhaupte als solchen allein zukommenden
Rechte, z. B. das Recht, Zölle anzulegen, Münzen zu prägen, Steuern
auszuschreiben, und andere Hoheitsrechte (Regalien) durch Ersitzung erworben,
noch die diesen Rechten entsprechenden Schuldigkeiten verjährt werden.
§. 1457. Andere dem Staatsoberhaupte zukommende, doch nicht ausschließend
vorbehaltene Rechte, z. B. auf Waldungen, Jagden, Fischereyen u. d. gl., können
zwar überhaupt von andern Staatsbürgern, doch nur binnen einem längern als dem
gewöhnlichen Zeitraume (§. 1472.) ersessen werden.
§. 1458. Die Rechte eines Ehegatten, der Eltern, eines Kindes und andere
Personen-Rechte sind kein Gegenstand der Ersitzung. Doch kommt denjenigen,
welche dergleichen Rechte redlicher Weise ausüben, die schuldlose Unwissenheit
zur einstweiligen Behauptung und Ausübung ihrer vermeinten Rechte zu Statten.
§. 1459. Die Rechte eines Menschen über seine Handlungen und über sein
Eigenthum, z. B. eine Ware da oder dort zu kaufen, seine Wiesen oder sein
Wasser zu benutzen, unterliegen, außer dem Falle, daß das Gesetz mit der binnen
einem Zeitraume unterlassenen Ausübung ausdrücklich den Verlust derselben
verknüpfet, keiner Verjährung. Hat aber eine Person der andern die Ausübung
eines solchen Rechtes untersagt, oder sie daran verhindert; so fängt der Besitz
des Untersagungsrechtes von Seite der Einen gegen die Freyheit der Andern von
dem Augenblicke an, als sich diese dem Verbothe, oder der Verhinderung gefüget
hat, und es wird dadurch, wenn alle übrige Erfordernisse eintreffen, die
Verjährung oder die Ersitzung bewirket. (§. 313 u. 351.)
Erfordernisse zur Ersitzung:
1) Besitz.
§. 1460. Zur Ersitzung wird nebst der Fähigkeit der Person und des
Gegenstandes erfordert: daß jemand die Sache oder das Recht, die auf diese Art
erworben werden sollen, wirklich besitze; daß sein Besitz rechtmäßig, redlich
und echt sey, und durch die ganze von dem Gesetze bestimmte Zeit fortgesetzt
werde. (§. 309, 316, 326 und 345.)
Und zwar a) ein rechtmäßiger;
§. 1461. Jeder Besitz, der sich auf einen solchen Titel gründet, welche zur
Uebernahme des Eigenthumes, wenn solches dem Uebergeber gebührt hätte,
hinlänglich gewesen wäre, ist rechtmäßig und zur Ersitzung hinreichend.
Dergleichen sind, z. B. das Vermächtniß, die Schenkung, das Darleihen, der Kauf
und Verkauf, der Tausch, die Zahlung u. s. w.
§. 1462. Verpfändete, geliehene, in Verwahrung, oder zur Fruchtnießung
gegebene Sachen können von Gläubigern, Entlehnern und Verwahrern oder
Fruchtnießern, aus Mangel eines rechtmäßigen Titels, niemahls ersessen werden.
Ihre Erben stellen die Erblasser vor, und haben nicht mehr Titel als dieselben.
Nur dem dritten rechtmäßigen Besitzer kann die Ersitzungszeit zu Statten
kommen.
b) redlicher;
§. 1463. Der Besitz muß redlich seyn. Die Unredlichkeit des vorigen
Besitzers hindert aber einen redlichen Nachfolger oder Erben nicht, die
Ersitzung von dem Tage seines Besitzes anzufangen. (§. 1493.)
c) echter.
§. 1464. Der Besitz muß auch echt seyn. Wenn jemand sich einer Sache mit
Gewalt oder List bemächtiget, oder in den Besitz heimlich einschleicht, oder
eine Sache nur bittweise besitzt; so kann weder er selbst, noch können seine
Erben dieselbe verjähren.
2) Verlauf der Zeit.
§. 1465. Zur Ersitzung und Verjährung ist auch der in dem Gesetze
vorgeschriebene Verlauf der Zeit nothwendig. Außer dem, durch die Gesetze für
einige besondere Fälle festgesetzten Zeitraume, wird hier das in allen übrigen
Fällen zur Ersitzung oder Verjährung nöthige Zeitmaß überhaupt bestimmt. Es
kommt dabey sowohl auf die Verschiedenheit der Rechte und der Sachen, als der
Personen an.
Ersitzungszeit. Ordentliche;
§. 1466. Das Eigenthumsrecht, dessen Gegenstand eine bewegliche Sache ist,
wird durch einen dreyjährigen rechtlichen Besitz ersessen.
§. 1467. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte
Teilnovelle.)
§. 1468. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher eingeführt sind,
und die Erwerbung unbeweglicher Sachen aus den Gerichts-Acten und andern
Urkunden zu erweisen ist, oder wenn die Sache auf den Nahmen desjenigen, der
die Besitzrechte darüber ausübet, nicht eingetragen ist; wird die Ersitzung
erst nach dreyßig Jahren vollendet.
§. 1469. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte
Teilnovelle.)
§. 1470. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher bestehen, oder ein
solches Recht denselben nicht einverleibt ist, kann es der redliche Inhaber
erst nach dreyßig Jahren ersitzen.
§. 1471. Bey Rechten, die selten ausgeübt werden können, z. B. bey dem
Rechte, eine Pfründe zu vergeben, oder jemanden bey Herstellung einer Brücke
zum Beytrage anzuhalten, muß derjenige, welcher die Ersitzung behauptet, nebst
einem Verlaufe von dreyßig Jahren, zugleich erweisen, daß der Fall zur Ausübung
binnen dieser Zeit wenigstens drey Mahl sich ergeben, und er jedes Mahl dieses
Recht ausgeübt habe.
Außerordentliche.
§. 1472. Gegen den Fiscus, das ist, gegen die Verwalter der Staatsgüter und
des Staatsvermögens, in so weit die Verjährung Platz greift (§§. 287, 289 u.
1456-1457), ferner gegen die Verwalter der Güter der Kirchen, Gemeinden und
anderer erlaubten Körper, reicht die gemeine ordentliche Ersitzungszeit nicht
zu. Der Besitz beweglicher Sachen, so wie auch der Besitz der unbeweglichen,
oder der darauf ausgeübten Dienstbarkeiten und anderer Rechte, wenn sie auf den
Nahmen des Besitzers den öffentlichen Büchern einverleibt sind, muß durch sechs
Jahre fortgesetzt werden. Rechte solcher Art, die auf den Nahmen des Besitzers
in die öffentlichen Bücher nicht einverleibt sind, und alle übrige Rechte
lassen sich gegen den Fiscus und die hier angeführten begünstigten Personen nur
durch den Besitz von vierzig Jahren erwerben.
§. 1473. Wer mit einer von dem Gesetze in Ansehung der Verjährungszeit
begünstigten Person in Gemeinschaft steht, dem kommt die nähmliche Begünstigung
zu Statten. Begünstigungen der längeren Verjährungsfrist haben auch gegen
andere, darin ebenfalls begünstigte, Personen ihre Wirkung.
§. 1474. Die Eigenschaft eines Familien-Fideicommisses, eines Erbpacht- und
Erbzinsgutes geht nur durch einen frey eigenthümlichen Besitz von vierzig
Jahren verloren.
§. 1475. Der Aufenthalt des Eigenthümers außer der Provinz, in welcher sich
die Sache befindet, steht der ordentlichen Ersitzung und Verjährung in so weit
entgegen, daß die Zeit einer willkührlichen und schuldlosen Abwesenheit nur zur
Hälfte, folglich Ein Jahr nur für sechs Monathe, gerechnet wird. Doch soll auf
kurze Zeiträume der Abwesenheit, welche durch kein volles Jahr ununterbrochen
gedauert haben, nicht Bedacht genommen, und überhaupt die Zeit nie weiter als
bis auf dreyßig Jahre zusammen ausgedehnet werden. Schuldbare Abwesenheit
genießt keine Ausnahme von der ordentlichen Verjährungszeit.
§. 1476. Auch derjenige, welcher eine bewegliche Sache unmittelbar von
einem unechten, oder von einem unredlichen Besitzer an sich gebracht hat, oder
seinen Vormann anzugeben nicht vermag; muß den Verlauf der sonst ordentlichen
Ersitzungszeit doppelt abwarten.
§. 1477. Wer die Ersitzung auf einen Zeitraum von dreyßig oder vierzig
Jahren stützt, bedarf keiner Angabe des rechtmäßigen Titels. Die gegen ihn
erwiesene Unredlichkeit des Besitzes schließt aber auch in diesem längeren
Zeitraume die Ersitzung aus.
Verjährungszeit. Allgemeine.
§. 1478. In so fern jede Ersitzung eine Verjährung in sich begreift, werden
beyde mit den vorgeschriebenen Erfordernissen in Einem Zeitraume vollendet. Zur
eigentlichen Verjährung aber ist der bloße Nichtgebrauch eines Rechtes, das an
sich schon hätte ausgeübt werden können, durch dreyßig Jahre hinlänglich.
§. 1479. Alle Rechte gegen einen Dritten, sie mögen den öffentlichen
Büchern einverleibt seyn oder nicht, erlöschen also in der Regel längstens
durch den dreyßigjährigen Nichtgebrauch, oder durch ein so lange Zeit
beobachtetes Stillschweigen.
§. 1480. Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen,
insbesondere Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen, sowie
zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten erlöschen in drei Jahren; das Recht
selbst wird durch einen Nichtgebrauch von dreißig Jahren verjährt.
Ausnahmen.
§. 1481. Die in dem Familien- und überhaupt in dem Personen-Rechte
gegründeten Verbindlichkeiten, z. B. den Kindern den unentbehrlichen Unterhalt
zu verschaffen, so wie diejenigen, welche dem oben (§. 1459.) angeführten
Rechte, mit seinem Eigenthume frey zu schalten, zusagen, z. B. die
Verbindlichkeit, die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache oder die
Gränzbestimmung vornehmen zu lassen, können nicht verjährt werden.
§. 1482. Auf gleiche Weise wird derjenige, welcher ein Recht auf einem
fremden Grunde in Ansehung des Ganzen oder auf verschiedene beliebige Arten
ausüben konnte, bloß dadurch, daß er es durch noch so lange Zeit nur auf einem
Theile des Grundes oder nur auf eine bestimmte Weise ausübte, in seinem Rechte
nicht eingeschränkt; sondern die Beschränkung muß durch Erwerbung oder
Ersitzung des Untersagungs- oder Hinderungsrechtes bewirkt werden. (§. 351.)
Eben dieses ist auch auf den Fall anzuwenden, wenn jemand ein gegen alle
Mitglieder einer Gemeinde zustehendes Recht bisher nur gegen gewisse Mitglieder
derselben ausgeübt hat.
§. 1483. So lange der Gläubiger das Pfand in Händen hat, kann ihm die
unterlassene Ausübung des Pfandrechtes nicht eingewendet und das Pfandrecht
nicht verjährt werden. Auch das Recht des Schuldners, sein Pfand einzulösen,
bleibt unverjährt. In so fern aber die Forderung den Werth des Pfandes
übersteigt, kann sie inzwischen durch Verjährung erlöschen.
§. 1484. Zur Verjährung solcher Rechte, die nur selten ausgeübt werden
können, wird erfordert, daß während der Verjährungszeit von dreyßig Jahren von
drey Gelegenheiten, ein solches Recht auszuüben, kein Gebrauch gemacht worden
sey. (§. 1471.)
§. 1485. In Rücksicht der in dem § 1472 begünstigten Personen werden, wie
zur Ersitzung, also auch zur Verjährung, vierzig Jahre erfordert.
Die allgemeine Regel, daß ein Recht wegen des Nichtgebrauches erst nach
Verlauf von dreißig oder vierzig Jahren verloren gehe, ist nur auf diejenigen
Fälle anwendbar, für welche das Gesetz nicht einen kürzeren Zeitraum
ausgemessen hat (§ 1465).
Besondere Verjährungszeit
§. 1486. In drei Jahren sind verjährt: die Forderungen
1. für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige
Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen
Betriebe;
2. für Lieferung land-
und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse in einem Betriebe der Land- und
Forstwirtschaft;
3. für die Übernahme
zur Beköstigung, Pflege, Heilung, zur Erziehung oder zum Unterricht durch
Personen, die sich damit befassen, oder in Anstalten, die diesem Zwecke dienen;
4. von Miet- und
Pachtzinsen;
5. der Dienstnehmer wegen
des Entgelts und des Auslagenersatzes aus den Dienstverträgen von
Hilfsarbeitern, Taglöhnern, Dienstboten und allen Privatbediensteten, sowie der
Dienstgeber wegen der auf solche Forderungen gewährten Vorschüsse;
6. der Ärzte,
Tierärzte, Hebammen, der Privatlehrer, der Advokaten, Notare, Patentanwälte und
aller anderen zur Besorgung gewisser Angelegenheiten öffentlich bestellten
Personen wegen Entlohnung ihrer Leistungen und Ersatzes ihrer Auslagen, sowie
der Parteien wegen der Vorschüsse an diese Personen.
§. 1486a. Der Anspruch eines Ehegatten auf Abgeltung seiner Mitwirkung im
Erwerb des anderen (§ 98) verjährt in drei Jahren vom Ende des Monats, in dem
die Leistung erbracht worden ist.
§. 1487. Die Rechte, eine Erklärung des letzten Willens umzustoßen; den
Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern; eine Schenkung wegen
Undankbarkeit des Beschenkten zu widerrufen oder den Beschenkten wegen
Verkürzung des Pflichtteils in Anspruch zu nehmen; einen entgeltlichen Vertrag
wegen Verletzung über die Hälfte aufzuheben, oder die vorgenommene Teilung
eines gemeinschaftlichen Gutes zu bestreiten; und die Forderung wegen einer bei
dem Vertrage unterlaufenen Furcht oder eines Irrtums, wobei sich der andere
vertragmachende Teil keiner List schuldig gemacht hat, müssen binnen drei
Jahren geltend gemacht werden. Nach Verlauf dieser Zeit sind sie verjährt.
§. 1488. Das Recht der Dienstbarkeit wird durch den Nichtgebrauch verjährt,
wenn sich der verpflichtete Theil der Ausübung der Servitut widersetzt, und der
Berechtigte durch drey auf einander folgende Jahre sein Recht nicht geltend
gemacht hat.
§. 1489. Jede Entschädigungsklage ist in drei Jahren von der Zeit an
verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Beschädigers dem
Beschädigten bekannt wurde, der Schade mag durch Übertretung einer
Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.
Ist dem Beschädigten der Schade oder die Person des Beschädigers nicht bekannt
geworden oder ist der Schade aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren
Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als
einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind entstanden, so erlischt das Klagerecht
nur nach dreißig Jahren.
§. 1490. Klagen über Ehrenbeleidigungen, die lediglich in Beschimpfungen
durch Worte, Schriften oder Geberden bestehen, können nach Verlauf eines Jahres
nicht mehr erhoben werden. Besteht aber die Beleidigung in Tätlichkeiten, so
dauert das Klagerecht auf Genugtuung durch drei Jahre.
Auf Schadenersatzklagen wegen Gefährdung des Kredits, des Erwerbes oder
des Fortkommens eines andern durch Verbreitung unwahrer Tatsachen sind die
Vorschriften des § 1489 anzuwenden.
§. 1491. Einige Rechte sind von den Gesetzen auf eine noch kürzere Zeit eingeschränkt.
Hierüber kommen die Vorschriften an den Orten, wo diese Rechte abgehandelt
werden, vor.
§. 1492. Wie lange das Wechselrecht einem Wechselbriefe zu Statten komme,
ist in der Wechselordnung bestimmt.
Einrechnung der Verjährungszeit des Vorfahrers.
§. 1493. Wer eine Sache von einem rechtmäßigen und redlichen Besitzer
redlich übernimmt, der ist als Nachfolger berechtiget, die Ersitzungszeit
seines Vorfahrers mit einzurechnen (§. 1463). Eben dieses gilt auch von der
Verjährungszeit. Bey einer Ersitzung von dreyßig oder vierzig Jahren findet
diese Einrechnung auch ohne einen rechtmäßigen Titel, und bey der eigentlichen
Verjährung selbst ohne guten Glauben, oder schuldlose Unwissenheit Statt.
Hemmung der Verjährung.
§. 1494. Gegen solche Personen, welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre
Rechte selbst zu verwalten unfähig sind, wie gegen Pupillen, Wahn- oder Blödsinnige, kann die
Ersitzungs- oder Verjährungszeit, dafern diesen Personen keine gesetzlichen
Vertreter bestellt sind, nicht anfangen. Die ein Mahl angefangene Ersitzungs-
oder Verjährungszeit läuft zwar fort; sie kann aber nie früher als binnen zwey
Jahren nach den gehobenen Hindernissen vollendet werden.
§. 1495. Auch zwischen Ehegatten, dann zwischen Kindern oder
Pflegebefohlenen, und ihren Aeltern oder Vormündern kann, so lang erstere in
ehelicher Verbindung, letztere unter älterlicher oder vormundschaftlicher
Gewalt stehen, die Ersitzung oder Verjährung weder angefangen, noch fortgesetzt
werden. Das gilt nicht für die Ansprüche eines Ehegatten auf Abgeltung seiner
Mitwirkung im Erwerb des anderen (§ 98); doch wird die Verjährung so lange
gehemmt, als zwischen den Ehegatten ein gerichtliches Verfahren zur
Entscheidung über einen Anspruch im Sinn des § 100 anhängig ist und gehörig
fortgesetzt wird.
§. 1496. Durch Abwesenheit in Civil- oder Kriegsdiensten, oder durch
gänzlichen Stillstand der Rechtspflege, z. B. in Pest- oder Kriegszeiten, wird
nicht nur der Anfang, sondern so lange dieses Hinderniß dauert, auch die
Fortsetzung der Ersitzung oder Verjährung gehemmet.
Unterbrechung der Verjährung.
§. 1497. Die Ersitzung sowohl, als die Verjährung wird unterbrochen, wenn
derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlaufe der
Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des Andern
anerkannt hat, oder wenn er von dem Berechtigten belangt, und die Klage gehörig
fortgesetzt wird. Wird aber die Klage durch einen rechtskräftigen Spruch für
unstatthaft erklärt; so ist die Verjährung für ununterbrochen zu halten.
Wirkung der Ersitzung oder Verjährung.
§. 1498. Wer eine Sache oder ein Recht ersessen hat, kann gegen den
bisherigen Eigenthümer bey dem Gerichte die Zuerkennung des Eigenthumes
ansuchen, und das zuerkannte Recht, wofern es einen Gegenstand der öffentlichen
Bücher ausmacht, den letzteren einverleiben lassen.
§. 1499. Auf gleiche Art kann nach Verlauf der Verjährung der Verpflichtete
die Löschung seiner in den öffentlichen Büchern eingetragenen Verbindlichkeit,
oder die Nichtigerklärung des dem Berechtigten bisher zugestandenen Rechtes und
der darüber ausgestellten Urkunden erwirken.
§. 1500. Das aus der Ersitzung oder Verjährung erworbene Recht kann aber
demjenigen, welcher im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor der
Einverleibung desselben eine Sache oder ein Recht an sich gebracht hat, zu
keinem Nachtheile gereichen.
§. 1501. Auf die Verjährung ist, ohne Einwendung der Parteyen, von Amts
wegen kein Bedacht zu nehmen.
Entsagung oder Verlängerung der Verjährung.
§. 1502. Der Verjährung kann weder im voraus entsagt, noch kann eine
längere Verjährungsfrist, als durch die Gesetze bestimmt ist, bedungen werden.
1 Siehe JGS 1846/Nr.
970: „Hinsichtlich des Schatzes überhaupt, somit auch hinsichtlich
archäologischer Funde, wird das Drittheil, welches nach §. 399 des allgemeinen
bürgerlichen Gesetzbuches für das Staatsvermögen vorbehalten ist, von nun an
aufgegeben; der Schatz ist daher ohne Abzug dieses Drittheiles zwischen dem
Finder und dem Eigenthümer des Grundes zu gleichen Theilen, und bei getheiltem Eigenthume
des Grundes ist der auf den Eigenthümer des Grundes fallende Theil zwischen den
Ober- und Nutzungs-Eigenthümer zu theilen.“
2 Entfallen
3 Entfallen
4 Beachte BGBl 1921/Nr.
638, § 1.:
„Die im § 970, Absatz 1
und 3, a.b.G.B. den Gastwirten und Badeanstaltsbesitzern auferlegte Haftung
wird bis auf weiteres auf den Höchstbetrag von 50.000 K beschränkt, es sei
denn, daß die Sachen dem Unternehmer besonders zur Aufbewahrung übergeben
worden sind oder daß der Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten verschuldet
ist.
Auf die Haftung von
Unternehmern, die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen
eingestellten Tiere und Fahrnisse und die auf diesen befindlichen Sachen (§
970, Absatz 2, a.b.G.B.) findet die Vorschrift des Absatzes 1 keine Anwendung.“
5 Beachte:
Nach § 55 Abs. 2 lit.
a, dRGBl I 1939/S. 1186, ist § 278 erster Satz aufgehoben; nach einer
Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 21.5.1952, Juristische Blätter 1952,
S. 99, bezieht sich diese Aufhebung nur auf den ersten Satzteil des ersten
Satzes.
6 Entfallen
7 Entfallen
8 Beachte BGBl 1951/Nr.
259, § 1.:
„Der im § 1 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 16. November 1921, BGBl. Nr. 638, festgesetzte Höchstbetrag
wird auf 3000 S, der im § 2 desselben Bundesgesetzes vorgesehene Höchstbetrag
auf 1500 S erhöht.“