Gerhard Köbler
FERNKERNLERNKURS
RECHT
Privatrecht
Erbrecht
§ 1 Erbfolge
§ 2 Stellung der
Erben
§ 3 Mehrheit von
Erben
§ 4 Pflichtteil
§ 5
Erbschaftskauf
§ 6 Schenkung auf
den Todesfall durch Rechtsgeschäft unter Lebenden
Das Erbrecht ist
das im fünften Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 1922-2385 BGB) geregelte
Recht der privatrechtlichen vermögensrechtlichen Folgen des Todes (Erbfalls)
eines Menschen (Erblassers). Es wird in bedeutsamem Maß geprägt durch
das zum öffentlichen Recht zählende Erbschaftsteuerrecht, nach dem im
Erbfall je nach der Größe des Vermögens beachtliche Teile vom Staat als Steuer
eingefordert werden können. Im verbleibenden Rest geht das Vermögen auf
Rechtsträger des Privatrechts über.
Das private
Erbrecht (Art. 14 GG) ist die einleuchtende Folge des privaten Eigentums (Art. 14 GG). Entsprechend der
liberalen Grundhaltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch das Erbrecht vom
Grundsatz der Privatautonomie beherrscht, der sich vor allem in der Testierfreiheit
(vgl. § 2302 BGB) verwirklicht. Danach kann jeder Mensch entscheiden, an wen
nach seinem Tod sein Vermögen fallen soll. Nimmt er, obwohl ihm das Gesetz
völlige Freiheit gewährt, keine vom Gesetz abweichende Bestimmung durch letztwillige
Verfügung (Rechtsgeschäft) vor, erhalten seine Verwandten in der vom
Gesetzgeber festgelegten Reihenfolge (gesetzliche
Erbfolge) die Güter. Weicht er von der gesetzlich vorgesehenen Reihenfolge durch
Willenserklärung (gewillkürte Erbfolge)
ab, kann nahen enterbten Verwandten ein Pflichtteil zustehen.
Das Vermögen (Erbe, Nachlass) geht dabei im Gegensatz
zur Einzelnachfolge (Singularsukzession) des Sachenrechts im Erbrecht als
Einheit von einem Menschen (Erblasser) auf eine andere oder mehrere andere Person(en)
(Erbe[n]) über (Universalsukzession, Gesamtrechtsnachfolge), so dass
Einzelerwerbsakte (z. B. Übereignung, Abtretung) weder nötig noch möglich sind.
Mehrere Personen erben als Gesamthand (Miterbengemeinschaft). Den
oder die erbrechtlichen Erwerber (Erbe[n]) trifft die Haftung für die Schulden
des Verstorbenen (Erblassers), welche der Erwerber (Erbe) oder die Erwerber (Erben)
auf das übernommene Vermögen beschränken (unbeschränkte, aber beschränkbare Erbenhaftung)
und damit von dem Vermögen fernhalten kann oder können, das der Erwerber (Erbe)
unabhängig vom Erbfall hat.
§ 1 Erbfolge
Mit dem Tod eines
Menschen (Erbfall) geht dessen Vermögen (Erbschaft, Nachlass,
str. ob nur Aktivvermögen oder auch Passivvermögen) als Ganzes (von ihm als dem
Erblasser) auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über (§
1922 I BGB). Erbe ist in erster Linie die natürliche Person oder juristische
Person, die der Erblasser dazu in einer besonderen Willenserklärung (Testament,
Erbvertrag, §§ 1937, 1941 BGB) bestimmt (gewillkürter Erbe), in Ermangelung
einer solchen Bestimmung (häufig) die Person, die das Bürgerliche Gesetzbuch (hilfsweise)
dazu bestimmt (§§ 1924ff. BGB, gesetzlicher Erbe). Erbe kann in jedem
Fall aber nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt (§ 1923 I BGB) bzw. (z. B.
als juristische Person) rechtsfähig ist. Dabei gilt nach der Fiktion des § 1923
II BGB der (werdende Mensch), der zur Zeit des Erbfalls zwar noch nicht lebte,
aber bereits erzeugt war (und nach dem Erbfall wenigstens lebend zur Welt
kommt, sog. nasciturus [Leibesfrucht]), als vor dem Erbfall geboren. Bei
außerhalb des Mutterleibs befruchtetem Ei kann diese Fiktion erst vom Zeitpunkt
der Einpflanzung des Eies in einen individuellen Mutterleib gelten.
I. Gesetzliche
Erbfolge
Die Regeln des
Bürgerlichen Gesetzbuchs über die bei Fehlen einer (vorgehenden)
rechtsgeschäftlichen Bestimmung (recht häufig) eintretende (gesetzliche)
Erbfolge (Verwandtenerbfolge) gehen (nicht von der natürlichen, tatsächlichen
Verwandtschaft, sondern) von der rechtlichen Verwandtschaft aus (z. B. nicht
vom Ehemann stammendes Kind, als Kind angenommene, biologisch nicht verwandte
Person, nicht Ehegatte, Verwandte des Ehegatten, Ehegatte des Verwandten, vgl.
§ 1589 BGB). Innerhalb der Verwandten unterscheidet das Gesetz einander jeweils
ausschließende Ordnungen von Verwandten. Neben den Verwandten ist auch der der den
Erblasser überlebende Ehegatte kraft Gesetzes erbberechtigt (§§ 1931ff. BGB) (,
sodass sich wegen der im tatsächlichen Einzelfall durchaus verwickelten
Verhältnisse grundsätzlich eine graphische Übersicht über die Gegebenheiten
empfiehlt).
1.
Verwandtenerbrecht
a) Gesetzliche
Erben der ersten Ordnung (Parentel, Familienschaft) sind die Abkömmlinge
des Erblassers (§ 1924 I BGB, z. B. Sohn, Tochter, Enkel, Urenkel). Ein zur
Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling (z. B. Sohn, Tochter) schließt die durch
ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (z. B. Enkel, Urenkel usw.) von
der Erbfolge aus (§ 1924 II BGB, Repräsentation). Umgekehrt treten an die
Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings (z. B. Sohn,
Tochter) die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (z. B. Enkel,
sog. Erbfolge nach Stämmen, Eintrittsrecht, § 1924 III BGB). Da Kinder
jeweils zu gleichen Teilen erben (§ 1924 IV BGB), wird etwa ein Erblasser,
dessen einer von zwei Söhnen unter Hinterlassung von drei Töchtern vor dem
Erblasser verstorben war, grundsätzlich zur Hälfte vom den Erblasser
überlebenden Sohn und zu je einem Sechstel von seinen an Stelle des
vorverstorbenen Sohnes eintretenden drei Enkelinnen beerbt (beachte aber
gegebenenfalls das [zusätzliche] Ehegattenerbrecht des überlebenden Ehegatten
nach § 1931 I 1 BGB).
b) Gesetzliche
Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge
(§ 1925 I BGB, z. B. Geschwister des Erblassers, Neffen, Nichten usw.). Leben
zur Zeit des Erbfalls die (zwei) Eltern, so erben sie (unter Ausschluss ihrer
Abkömmlinge d. h. z. B. der Geschwister des Erblassers) allein und zu gleichen
Teilen (§ 1925 II BGB). Lebt zur Zeit des Erbfalls ein Elternteil nicht mehr,
so treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge (§§ 1925 III 1,
1924 BGB, Liniensystem innerhalb des Parentelsystems). Sind Abkömmlinge nicht
vorhanden, erbt der überlebende Elternteil allein (§ 1925 III BGB) (beachte
aber gegebenenfalls das [zusätzliche] Ehegattenerbrecht des überlebenden
Ehegatten nach § 1931 I BGB).
c) Gesetzliche
Erben dritter Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren
Abkömmlinge (z. B. Onkel, Tante, Vetter, Base des Erblassers, § 1926 I BGB).
Leben zur Zeit des Erbfalls die (vier) Großeltern, so erben sie allein und zu
gleichen Teilen (§ 1926 II BGB). Lebt zur Zeit des Erbfalls von einem
Großelternpaar ein Großelternteil nicht mehr, so treten seine Abkömmlinge, bei
deren Fehlen der andere Großelternteil dieses Großelternpaars und bei dessen
Fehlen dessen Abkömmlinge an seine Stelle (§ 1926 III BGB). Lebt zur Zeit des
Erbfalls ein Großelternpaar nicht mehr und sind Abkömmlinge der Verstorbenen
nicht vorhanden, so erben die anderen Großeltern oder ihre Abkömmlinge allein
(§ 1926 IV BGB). Soweit Abkömmlinge an die Stelle ihrer Eltern oder ihrer
Voreltern treten, finden die für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden
Vorschriften Anwendung (§ 1926 V BGB). Bei mehrfacher Verwandtschaft (in
verschiedenen Stämmen) gilt jeder Anteil als besonderer Erbteil (§ 1927 S. 2
BGB).
d) Gesetzliche
Erben vierter Ordnung sind die (acht) Urgroßeltern des Erblassers und deren
Abkömmlinge (§ 1928 I BGB). Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern, so erben
sie allein und zu gleichen Teilen, ohne Unterschied, ob sie derselben Linie
oder verschiedenen Linien angehören (§ 1928 II BGB). Leben zur Zeit des
Erbfalls Urgroßeltern nicht mehr, so erbt von ihren Abkömmlingen der, welcher
mit dem Erblasser dem Grade nach am nächsten verwandt ist (Anwendung des
Gradualsystems innerhalb des Parentelsystems). Mehrere gleich nahe Verwandte
erben zu gleichen Teilen (§ 1928 III BGB).
e) Gesetzliche
Erben der fünften Ordnung und der ferneren Ordnungen sind die entfernteren
Voreltern des Erblassers (z. B. 16 Ururgroßeltern, 32 Urururgroßeltern) und
deren Abkömmlinge, auf welche die Vorschriften des § 1928 II, III BGB
entsprechende Anwendung finden (§ 1929 II BGB).
f) Verhältnis
der verschiedenen Ordnungen zueinander
Im Verhältnis der
Verwandten verschiedener Ordnungen gilt § 1930 BGB, nach dem ein Verwandter
nicht zur Erbfolge berufen ist, solange ein Verwandter einer vorhergehenden
Ordnung vorhanden ist (z. B. schließt die Enkelin des Erblassers die Mutter des
Erblassers oder die Schwester des Erblassers die Base des Erblassers als Erbin
aus).
2.
Ehegattenerbrecht
a) Grundsatz
Der überlebende
Ehegatte des Erblassers ist (bei einer bis zum Erbfall bestehenden Ehe) neben
Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten
Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe
berufen (§ 1931 I 1 BGB). Treffen mit Großeltern (wegen Vorversterbens
einzelner Großeltern) Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der
Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Anteil, der nach § 1926 BGB den
Abkömmlingen zufallen würde (§ 1931 I BGB). Sind weder Verwandte der ersten
oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der Ehegatte die
ganze Erbschaft (§ 1931 II BGB).
b) Erhöhung bei Zugewinngemeinschaft
Lebten die
Ehegatten im (Regel-)Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so wird nach den
§§ 1931 III, 1371 I BGB (dann, wenn der Güterstand durch den Tod eines
Ehegatten beendet wird,) der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass
sich (unabhängig von einem tatsächlich erzielten Zugewinn) der gesetzliche
Erbteil um ein Viertel der Erbschaft erhöht (beachte auch § 1371 IV BGB),
so dass beispielsweise ein Erblasser, dessen einer von zwei Söhnen unter
Hinterlassung von drei Töchtern vor ihm verstorben war, zur Hälfte von seiner
überlebenden Ehefrau (ein Viertel als Ehefrau, ein Viertel als
Zugewinnausgleich), zu einem Viertel vom überlebenden Sohn (Hälfte vermindert
um das Ehegattenerbrecht und den Zugewinnausgleich der Ehefrau des Erblassers bzw.
Mutter des Sohns) und zu je einem Zwölftel von den drei Enkelinnen (je ein
Sechstel der Hälfte bzw. je ein Drittel eines Viertels der Erbschaft) beerbt
wird.
Wird der
überlebende Ehegatte (bei Zugewinngemeinschaft) z. B. infolge Enterbung
nicht Erbe und steht ihm infolge Fehlens einer Vermächtnisbestimmung
auch kein Vermächtnis zu, so kann er (im Erbfall) Ausgleich des
Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 BGB verlangen
(Hälfte des Unterschieds der Zugewinne der Ehegatten). Der Pflichtteil
des überlebenden Ehegatten oder eines anderen Pflichtteilsberechtigten bestimmt
sich in diesem Fall nach dem nach § 1931 BGB zu berechnenden nicht (nach § 1371
I BGB) erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten (§ 1371 II BGB). Schlägt der
überlebende Ehegatte die Erbschaft aus, so kann er neben dem Ausgleich des
Zugewinns (nach §§ 1373ff. BGB) den Pflichtteil auch dann verlangen, wenn
dieser ihm nach den erbrechtlichen Bestimmungen nicht zustünde, es sei denn,
dass er durch Vertrag mit seinem Ehegatten auf sein gesetzliches Erbrecht oder
sein Pflichtteilsrecht verzichtet hat (§ 1371 III BGB).
c) Erhöhung bei Gütertrennung und ein oder zwei
Kindern des Erblassers
Bestand beim
Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem
überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben
der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen (§ 1931 IV BGB, d.
h. alle erben zur Hälfte bzw. einem Drittel).
d) Fortgesetzte Gütergemeinschaft
Haben die
Ehegatten durch Ehevertrag fortgesetzte Gütergemeinschaft (§§ 1483ff.
BGB) vereinbart (und wird diese weder durch letztwillige Verfügung des
vorverstorbenen Ehegatten ausgeschlossen noch vom überlebenden Ehegatten
abgelehnt), so wird der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut
nicht vererbt, sondern besteht die gütergemeinschaftliche Gesamthand zwischen
dem überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen erbberechtigten
Abkömmlingen fort (§ 1483 I BGB, beachte § 1483 II BGB bei nicht
gemeinschaftlichen Abkömmlingen des Erblassers).
e) Voraus des überlebenden Ehegatten
Ist der
überlebende Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern
gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm außer dem Erbteil die zum ehelichen Haushalt
gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht Zubehör eines Grundstücks sind, und
die Hochzeitsgeschenke als Voraus. Ist der überlebende Ehegatte
neben Verwandten der ersten Ordnung gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm diese
Gegenstände, soweit er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt (§
1932 I BGB, beachte den Verweis des § 1932 II BGB auf die für Vermächtnisse
geltenden Vorschriften, gesetzliches Vermächtnis).
f) Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechts
Das Erbrecht des
überlebenden Ehegatten und das Recht auf den Voraus sind ausgeschlossen, wenn
zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung
der Ehe (Ehescheidung) gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt
oder ihr zugestimmt hatte oder wenn der Erblasser auf Aufhebung der Ehe (Eheaufhebung)
zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben hatte (§ 1933 S. 1 BGB, beachte
den Unterhaltsanspruch nach § 1933 S. 2 BGB).
g) Zusammentreffen von Ehegattenerbrecht und
Verwandtenerbrecht im Ehegatten
Gehört der
überlebende Ehegatte außerdem zu den erbberechtigten Verwandten, so erbt er
zugleich als Verwandter (einen besonderen Erbteil, § 1934 BGB).
3.
Staatserbrecht
Ist zur Zeit des
Erbfalls weder ein Verwandter noch ein Ehegatte des Erblassers als gesetzlicher
Erbe vorhanden (und hat der Erblasser keine Erbeinsetzung durch letztwillige
Verfügung vorgenommen, so dass auch kein gewillkürter Erbe bestimmt ist), so
ist der Fiskus des Bundesstaats (Landes), dem der Erblasser zur Zeit des Todes
angehört d. h. in dem er eine Niederlassung gehabt hat, hilfsweise der
(Reichsfiskus bzw.) Bundesfiskus gesetzlicher Erbe (§ 1936 I 1 BGB,
Zwangserbrecht des Staates zum Zweck ordnungsgemäßer Abwicklung erbenloser
Nachlässe mit der Folge beschränkter Erbenhaftung).
II.
Gewillkürte Erbfolge
Nach § 1937 BGB kann
der Erblasser durch einseitige Verfügung von Todes wegen (Testament,
letztwillige „Verfügung“) und nach § 1941 BGB durch Erbvertrag
(abweichend von der gesetzlichen Erbfolge oder eventuell diese auch nur
nachvollziehend) einen (oder mehrere) Erben (sowie evtl. einen Ersatzerben, §§
2096ff. BGB) einsetzen (Erbeinsetzung), wobei es für die Auslegung einer
nicht eindeutigen Willenserklärung entscheidend darauf ankommt, ob der
Erblasser will, dass der Betreffende Gesamtrechtsnachfolger wird.
Durch Testament
oder Erbvertrag kann der Erblasser auch einen Verwandten, den Ehegatten oder
den Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, ohne einen Erben
einzusetzen (§ 1938 BGB, Enterbung).
Daneben kann eine
letztwillige Verfügung auch Vermächtnisse oder Auflagen begründen.
1. Testament
Die Errichtung
eines Testaments ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Der Erblasser kann
ein Testament nur persönlich errichten (§ 2064 BGB). Er kann weder eine
letztwillige Verfügung in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen hat,
ob sie gelten soll oder nicht gelten soll, noch die Bestimmung der Person, die
eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstands der
Zuwendung einem anderen überlassen (§ 2065 BGB).
a) Voraussetzung der Testamentserrichtung
Voraussetzung der
Testamentserrichtung ist die Testierfähigkeit des Erblassers. Jeder
Geschäftsfähige ist auch testierfähig, jeder Geschäftsunfähige ist auch
testierunfähig. Ein (beschränkt geschäftsfähiger) Minderjähriger, der das 16.
Lebensjahr vollendet hat, kann ein Testament errichten, jedoch nur durch
mündliche Erklärung oder durch Übergabe einer offenen Schrift (§§ 2229 I, 2233
BGB).
b) Errichtung des Testaments
Ein Testament
kann in ordentlicher Form oder (mit beschränkter Gültigkeitsdauer von 3
Monaten) als Nottestament errichtet werden. In ordentlicher Form kann es
errichtet werden zur Niederschrift eines Notars oder durch eine vom Erblasser
nach § 2247 BGB abgegebene Erklärung (eigenhändiges Testament, holographisches
Testament, § 2231 BGB, beachte auch § 2233 II, III BGB für Analphabeten und
Stumme). Nottestamente sind das Nottestament vor dem Bürgermeister
(sowie 2 Zeugen, § 2249 BGB), das Nottestament in besonderen Fällen (vor 3
Zeugen, Dreizeugentestament, §§ 2250 BGB) und das Seetestament (Nottestament
auf See vor drei Zeugen, § 2251 BGB).
aa) Das ordentliche
Testament zur Niederschrift eines Notars wird errichtet, indem der
Erblasser dem Notar seinen letzten Willen mündlich erklärt oder ihm eine offene
oder verschlossene, nicht notwendig von ihm selbst geschriebene Schrift mit der
Erklärung übergibt, dass die Schrift seinen letzten Willen enthalte (§ 2232
BGB, beachte das Beurkundungsgesetz, für vor dem 1. 1. 1970 verfasste
Testamente gilt das vor dem Beurkundungsgesetz geltende Recht).
bb) Das (ordentliche,
durch eine vom Erblasser nach § 2247 BGB abgegebene Erklärung geschaffene,) eigenhändige
Testament wird durch eigenhändige
(evtl. auch mit Fuß oder Mund in irgendeiner verständlichen Schrift oder
Sprache) geschriebene und
(identifizierbar) eigenhändig am
Ende des Textes unterschriebene
Erklärung des Erblassers errichtet. Dabei soll der Erblasser in der Erklärung
angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er sie
geschrieben hat (§§ 2247 II, V BGB). Er kann verlangen, dass das Testament in
amtliche Verwahrung (vgl. § 2258a BGB) genommen wird (§ 2248 BGB), aus welcher
er es jederzeit wieder zurückverlangen kann (§ 2256 II, III BGB).
c) Widerruf des Testaments
Der Erblasser
kann ein Testament sowie eine einzelne in einem Testament enthaltene Verfügung
jederzeit widerrufen (§ 2253 BGB). Der Widerruf
erfolgt durch Testament, wobei durch die Errichtung eines späteren Testaments
ein früheres Testament insoweit aufgehoben wird, als das spätere Testament mit
dem früheren Testament in Widerspruch steht (§ 2258 I BGB), durch Vernichtung
oder von erkennbarem Aufhebungswillen bestimmte Veränderung der
Testamentsurkunde oder durch Rücknahme eines vor einem Notar errichteten
ordentlichen Testaments oder eines vor dem Bürgermeister errichteten Nottestaments
aus der amtlichen Verwahrung (§§ 2254ff. BGB). Der Widerruf durch ein
Widerrufstestament kann wie jedes andere Testament widerrufen werden.
d) Gemeinschaftliches Testament von Ehegatten
Eine besondere
Art des Testaments ist das gemeinschaftliche
Testament, das nur von Ehegatten errichtet werden kann (§§ 2265ff. BGB).
Für dieses genügt das eigenhändige Schreiben durch einen Ehegatten und das
eigenhändige Unterschreiben durch beide Ehegatten (§ 2267 BGB). Wird später die
Ehe durch Urteil aufgelöst, ist das gemeinschaftliche Testament in der Regel
seinem ganzen Inhalt nach unwirksam (§§ 2268, 2077 BGB, vgl. § 2077 II BGB für
Antrag auf Scheidung, Zustimmung zu einem solchen Antrag oder Antrag auf
Aufhebung der Ehe). Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament
Verfügungen getroffen, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen
nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde (wechselbezügliche Verfügung), so hat die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen
Verfügung die Unwirksamkeit der anderen zur Folge (§ 2270 I BGB).
2. Erbvertrag
Erbvertrag ist
der Vertrag zwischen mindestens zwei Personen, in dem mindestens einer der
Vertragschließenden (Erblasser) vertragsmäßige Verfügungen von Todes wegen
(Erbeinsetzung, Vermächtnis, Auflage) trifft (§ 2278 BGB). Der
Vertragserblasser muss grundsätzlich unbeschränkte Geschäftsfähigkeit
haben (§ 2275 BGB, beschränkte Geschäftsfähigkeit genügt bei einem Ehegatten
oder Verlobten). Er kann den Erbvertrag nur persönlich schließen (§ 2274
BGB). Der Erbvertrag kann grundsätzlich nur vor einem Notar bei gleichzeitiger
Anwesenheit beider Teile geschlossen werden (§ 2276 I 1 BGB).
Einseitiger
Erbvertrag ist der Erbvertrag, in dem nur ein Vertragspartner (eine)
vertragsmäßige Verfügung(en) von Todes wegen trifft, zweiseitiger Erbvertrag
der Erbvertrag, in dem beide Vertragsparteien vertragsmäßige Verfügungen von
Todes wegen vornehmen (§§ 2278 I, 2298 I BGB).
Durch eine
vertragsmäßige Verfügung wird der Verfügende im Interesse seines Vertragsgegners
grundsätzlich gebunden (§ 2289 I BGB). Allerdings kann der erbrechtlich
Gebundene durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden grundsätzlich frei über sein
Vermögen verfügen (beachte aber die §§ 2287f. BGB). Die Bindungswirkung
kann durch Aufhebungsvertrag, gemeinschaftliches Aufhebungstestament,
(einseitiges) Aufhebungstestament mit Zustimmung des Vertragsgegners, Rücktritt
und Anfechtung beseitigt werden (§§ 2290ff. BGB).
3. Auslegung
der Verfügung von Todes wegen
Bei der Auslegung
letztwilliger Willenserklärungen gelten grundsätzlich die allgemeinen Regeln.
Insbesondere beim Testament ist, weil es keinen schutzwürdigen Dritten kennt,
jedoch der Wille des Erblassers besonders zu berücksichtigen.
Dementsprechend ist dann, wenn der Inhalt einer letztwilligen Verfügung
verschiedene Auslegungen zulässt, im Zweifel die Auslegung vorzuziehen, bei der
die (gewollte) Verfügung Erfolg haben kann (§ 2084 BGB). Bei der Auslegung
selbst sind alle zugänglichen Umstände außerhalb der Testamentsurkunde
heranzuziehen. Umstritten ist allerdings, ob der durch Auslegung ermittelte
Wille des Erblassers nur dann formgültig erklärt ist, wenn er in der
Testamentsurkunde hinreichend angedeutet ist. Im Übrigen enthalten die §§
2066ff. BGB gesetzliche Auslegungsregeln für Bezeichnungen wie gesetzliche
Erben, Verwandte, Kinder des Erblassers, Abkömmlinge des Erblassers,
Abkömmlinge eines Dritten, die Armen usw.
4. Anfechtung
der Verfügung von Todes wegen
Eine letztwillige
Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner
Erklärung im Irrtum war (Inhaltsirrtum) oder eine Erklärung dieses
Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (Erklärungshandlungsirrtum wie z.
B. Verschreiben) und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der
Sachlage nicht abgegeben haben würde, oder der Erblasser zu der Verfügung durch
die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines
Umstands (Motivirrtum, einschließlich arglistiger Täuschung) oder
widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist (§ 2078 BGB, beachte
auch § 2079 BGB für die Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten).
Anfechtungsberechtigt
ist, wer mit dem Wegfall der Verfügung Erbe wird oder von einer Verpflichtung
befreit wird (§ 2080 I BGB). Er muss binnen Jahresfrist ab Kenntnis vom
Anfechtungsgrund eine (formlose) Anfechtungserklärung abgeben. Empfänger ist in
bestimmten Fällen das Nachlassgericht (§ 2081 f. BGB), sonst der
Anfechtungsgegner (§ 143 IV 1 BGB).
Den Erbvertrag
kann auch der Erblasser selbst anfechten (§ 2282 I 1 BGB), ebenso das gemeinschaftliche
Testament hinsichtlich der wechselseitigen Verfügungen.
5. Nichtigkeit
der Verfügung von Todes wegen
Für die Verfügung
von Todes wegen gelten grundsätzlich die Vorschriften des allgemeinen Teiles,
doch hat die Unwirksamkeit einer von mehreren in einem Testament enthaltenen
Verfügungen die Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen nur zur Folge, wenn
anzunehmen ist, dass der Erblasser diese nicht ohne die unwirksame Verfügung
getroffen hätte (§ 2085 BGB).
III.
Ausschluss von der Erbfolge
1. Enterbung
Der Erblasser
kann durch Testament oder Erbvertrag eine Person, die nach gesetzlicher
Erbfolge Erbe wäre, (teilweise oder gänzlich) von der Erbfolge
ausschließen (§§ 1938, 2278 II BGB, ohne gleichzeitig einen anderen als Erben
einsetzen zu müssen). Diese Enterbung erstreckt sich im Zweifel nicht auf die Abkömmlinge
des Ausgeschlossenen. Sie berührt nicht das Pflichtteilsrecht. Sie
bedarf keiner Begründung. Eine unzutreffende Begründung ist an sich
unschädlich, kann aber einen Anfechtungsgrund nach § 2078 II BGB abgeben.
Stillschweigende Enterbung ist möglich, doch muss der Ausschließungswille
unzweideutig aus den Umständen erkennbar sein. Im Erbvertrag kann die Enterbung
eine einseitige Verfügung sein.
2.
Erbunwürdigkeit
Erbunwürdig ist
nach § 2239 BGB vor allem, wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich
getötet oder zu töten versucht hat oder wer den Erblasser vorsätzlich und
widerrechtlich gehindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder
aufzuheben (beachte die Verzeihung nach § 2343 BGB). Die Erbunwürdigkeit muss
binnen Jahresfrist ab Kenntnis durch Anfechtungsklage einer Person, welcher der
Wegfall des Erbunwürdigen zumindest mittelbar zustatten kommt, geltend gemacht
werden (§§ 2340ff. BGB). Ist ein Erbe für erbunwürdig erklärt, gilt der Anfall
an ihn als nicht erfolgt (§ 2344 I BGB).
Entsprechendes
gilt für Vermächtnis und Pflichtteil (§ 2345 BGB, Vermächtnisunwürdigkeit,
Pflichtteilsunwürdigkeit).
3. Erbverzicht
Verwandte sowie
der Ehegatte des Erblassers können durch notariell beurkundeten Vertrag mit dem
Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht oder ihr Pflichtteilsrecht verzichten
(§§ 2346ff. BGB). Wer durch Testament als Erbe eingesetzt oder mit einem
Vermächtnis bedacht ist oder wem als Drittem in einem Erbvertrag eine Zuwendung
gemacht ist, kann ebenfalls durch Vertrag mit dem Erblasser auf diese
rechtsgeschäftlich begründete Stellung verzichten (§ 2352 BGB).
IV.
Ausschlagung und Annahme der Erbschaft
1. Ausschlagung der Erbschaft
Der Erbe hat das
vererbliche Recht, eine (ihm kraft Gesetzes ohne seinen Willen angefallene)
Erbschaft ganz auszuschlagen (§ 1942 I BGB, ausgenommen der Fiskus als
gesetzlicher Erbe, § 1942 II BGB, nur teilweise Ausschlagung ist unwirksam, §
1950 BGB). Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen (evtl. 6 Monaten) ab
Kenntnis vom Anfall und Grund der Berufung (und vor einer Annahme der
Erbschaft) erfolgen (§§ 1944, 1943 BGB). Sie ist zur Niederschrift des
Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem Nachlassgericht
zu erklären (§ 1945 BGB). Sie kann angefochten werden (§§ 1954ff. BGB,
Annahme). Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den
Ausschlagenden als nicht erfolgt (§ 1953 I BGB).
2. Annahme der Erbschaft
Der mit dem
Erbfall (wegen des Ausschlagungsrechts des Erben zunächst nur vorläufig) entstehende
Zustand wird beseitigt durch die Annahme der Erbschaft, die den Verlust des
Ausschlagungsrechts und die Endgültigkeit des Erbschaftsanfalls bewirkt. Die
Annahme ist eine Willenserklärung des vorläufigen Erben, die auch schlüssig
abgegeben werden kann (z. B. Verkauf, Antrag auf Erteilung eines Erbscheins).
Sie kann nach den allgemeinen Regeln angefochten werden (z. B. bei
Überschuldung des Nachlasses [verkehrswesentliche Eigenschaft, str.], beachte §
2308 BGB).
Die Anfechtung
der Annahme gilt als Ausschlagung (§ 1957 I BGB).
Mit dem Ablauf der Ausschlagungsfrist gilt die Erbschaft als angenommen (§ 1943 BGB).
§ 2 Stellung
der Erben
I. Rechte
1.
Rechtsstellung im Allgemeinen
Mit dem Erbfall
wird der Erbe vorläufig, mit der Annahme (bzw. dem Ablauf der
Ausschlagungsfrist ohne Ausschlagung) endgültig kraft Gesetzes Inhaber aller
Rechte des Erblassers (z. B. Eigentümer von Sachen, Inhaber von Forderungen,
für Besitz § 857 BGB), ohne dass irgendwelche einzelne Erwerbshandlungen
notwendig wären. Allerdings kann sein Erbrecht in verschiedener Hinsicht
beschränkt oder beschwert sein und muss er es möglicherweise erst formell oder
materiell durchsetzen. Ist ihm dies gelungen, stellt sich für ihn vor allem die
Frage der Haftung gegenüber einem möglichen Gläubiger.
2.
Erbschaftsherausgabeanspruch
Der Erbe kann von
jedem, der auf Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts
etwas aus der Erbschaft erlangt hat (Erbschaftsbesitzer), oder jedem,
der von diesem die Erbschaft durch Vertrag erworben hat (§ 2030 BGB), die Herausgabe
des Erlangten bzw. des durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft
Erworbenen (Surrogation) sowie der Nutzungen und Früchte verlangen (§§
2018f. BGB, Anspruch besteht neben eventuellen einzelnen Herausgabeansprüchen
z. B. aus § 985 BGB). Dabei haftet der gutgläubige, unverklagte
Erbschaftsbesitzer, der zur Herausgabe außerstande ist, nach den Vorschriften
über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 2021,
818ff. BGB, beachte § 822 BGB). Der verklagte Erbschaftsbesitzer und der
bösgläubige Erbschaftsbesitzer haften nach den Vorschriften, die im Verhältnis zwischen
Eigentümer und nichtberechtigtem Besitzer von der Rechtshängigkeit an gelten
(§§ 2023, 987 II, 989 BGB). Der deliktische Erbschaftsbesitzer haftet nach den
Regeln über den Schadensersatz bei unerlaubten Handlungen (§§ 2025, 992,
823ff. BGB).
3. Erbschein
Das
Nachlassgericht hat dem Erben (zur Erleichterung des Nachweises seiner Rechte)
auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht (und evtl. die Größe seines Erbteils)
(einschließlich eventueller Verfügungsbeschränkungen) zu erteilen (§ 2353 BGB).
Nach § 2365 BGB wird vermutet, dass dem, der in dem Erbschein als Erbe
bezeichnet ist, das in dem Erbrecht angegebene Erbrecht zustehe und dass er
nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen beschränkt sei. Erwirbt
jemand von dem im Erbschein als Erben Bezeichneten durch Rechtsgeschäft einen
Erbschaftsgegenstand, ein Recht an einem solchen Gegenstand oder die Befreiung
von einem zur Erbschaft gehörenden Recht, so gilt zu seinem Gunsten der Inhalt
des Erbscheins grundsätzlich als richtig (§ 2366 BGB, beachte § 2367 BGB).
II.
Beschränkungen
1.
Vorerbschaft und Nacherbschaft
Der Erblasser
kann einen Erben (als Nacherben) in der Weise einsetzen, dass dieser erst Erbe
wird, nachdem zunächst ein anderer (Vorerbe) Erbe geworden ist (§ 2100 BGB).
Mit dem Eintritt des Erbfalls erwirbt dann der Vorerbe die Erbschaft, doch
erlangt gleichzeitig der Nacherbe bereits ein (vererbliches, übertragbares) Anwartschaftsrecht.
Der Vorerbe kann nach dem Erbfall und vor dem Nacherbfall über die zur
Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen (§ 2122 BGB), ist aber in seiner
Verfügungsfreiheit erheblich eingeschränkt (§§ 2113ff. BGB, Grundstücke,
Grundpfandrechte, Schenkung, anders bei befreiter Vorerbschaft [§ 2136 BGB]).
Nach dem Eintritt der Nacherbfolge (, mit welcher der Vorerbe aufhört, Erbe zu
sein und die Erbschaft dem Nacherben anfällt [§ 2139 BGB],) ist der Vorerbe
verpflichtet, dem Nacherben die Erbschaft herauszugeben (§ 2130 S. 1 BGB).
2.
Testamentsvollstreckung
Der Erblasser
kann durch Testament (oder in einem Erbvertrag) einen oder mehrere Testamentsvollstrecker
ernennen (§ 2197 BGB, Ernennung durch Dritten und durch Nachlassgericht
möglich). Testamentsvollstrecker kann dabei auch eine juristische Person sein.
Das Amt des Testamentsvollstreckers beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der
Ernannte das Amt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht annimmt (§ 2202
BGB, § 2368 BGB Testamentsvollstreckerzeugnis).
Der
Testamentsvollstrecker hat den Nachlass zu verwalten und insbesondere die letztwilligen
Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen (§§ 2205, 2203 BGB).
Dazu ist er vor allem berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und
über die Nachlassgegenstände (entgeltlich) zu verfügen (§ 2205 S. 2 BGB,
für Verpflichtungen vgl. die §§ 2206f. BGB). Der Testamentvollstrecker kann für
die Führung seines Amtes grundsätzlich eine angemessene Vergütung verlangen (§
2221 BGB).
Der Erbe
kann über einen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden
Nachlassgegenstand nicht verfügen (§ 2211 BGB, anders Verpflichtungen). Ein der
Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht kann nur von dem
Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden (§ 2212 BGB, vgl. für
Passivprozesse § 2213 BGB). Auf das Rechtsverhältnis (gesetzliches
Schuldverhältnis) des Testamentsvollstreckers zum Erben finden grundsätzlich
die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664, 666, 668, 670, 673 S. 2
und 674 BGB entsprechende Anwendung (§ 2218 I BGB).
Der
Testamentsvollstrecker hat dem Erben unverzüglich nach der Annahme des Amtes
ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und
der bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen (§ 2215 I BGB). Bei einer
länger dauernden Testamentsvollstreckung kann der Erbe jährliche
Rechnungslegung verlangen (§ 2218 II BGB). Nach Beendigung der
Testamentsvollstreckung ist der Erbe grundsätzlich unbeschränkt berechtigt.
Das Amt des
Testamentsvollstreckers erlischt vor allem mit seinem Tod (§§ 2225 BGB), mit
dem Verlust der Geschäftsfähigkeit (§§ 2225, 2201 BGB), mit der Kündigung durch
ihn (§ 2226 S. 1 BGB) sowie mit der Entlassung durch das Nachlassgericht (§
2227 I BGB).
III.
Beschwerungen
1. Vermächtnis
Vermächtnis ist
die Zuwendung eines einzelnen Vermögensvorteils durch den Erblasser an
einen anderen von Todes wegen, ohne dass der Betreffende als Erbe
eingesetzt wird (vgl. die §§ 1939, 2147ff. BGB). Es kann auf Rechtsgeschäft
(Testament, Erbvertrag) oder Gesetz (Voraus, Dreißigster,
§ 1969) beruhen. Ob im Einzelfall eine Erbeinsetzung oder ein
Vermächtnis vorliegt, hängt davon ab, ob der Erblasser den Bedachten
unmittelbar im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge am Nachlass beteiligen
(Erbeinsetzung) oder ob er ihm nur einen schuldrechtlichen Anspruch
(Vermächtnis) gegen den Beschwerten zuwenden wollte (beachte § 2087 II BGB).
Beschwert ist, wer zur Erfüllung der
Verbindlichkeit aus dem Vermächtnis verpflichtet ist. Dies kann ein Erbe,
Ersatzerbe, Vorerbe, Nacherbe, ein Vermächtnisnehmer (Untervermächtnis, § 2147
S. 1 BGB) oder ein Begünstigter eines Vertrags zugunsten Dritter (str.) sein
(nicht Testamentsvollstrecker, Erbeserbe, Pflichtteilsberechtigter). Bedacht
kann jede Person sein. Gegenstand der Zuwendung ist ein Vermögensvorteil
i. S. einer unmittelbaren Vermehrung des Vermögens des Bedachten (z. B. Besitz,
dingliches Recht, Forderung, Befreiung von einer Verbindlichkeit).
Das Vermächtnis
fällt dem Bedachten in der Regel mit dem Erbfall an (§§ 2176, 1922 I BGB,
beachte aber die §§ 2177, 2178 BGB). Grundsätzlich entsteht dann der (sofort
fällige) Anspruch des Bedachten gegen den Beschwerten auf Leistung des
vermachten Gegenstands (§§ 2174, 271 BGB). Wie der Erbe erlangt der Vermächtnisnehmer
mit seinem Anspruch ein Recht zur Ausschlagung (§ 2176 BGB), das mit der
Annahme (oder dem Ablauf der Ausschlagungsfrist ohne Ausschlagung) erlischt.
2. Auflage
Auflage ist die
in einer Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) enthaltene
(verbindliche) Anordnung des Erblassers, die den Beschwerten (Erben,
Vermächtnisnehmer) zu einer Leistung (Tun, Unterlassen, z. B.
Grabpflege, Nichtveröffentlichung eines Tagebuchs) verpflichtet, ohne einem
anderen ein Recht auf diese Leistung
zuzuwenden (§ 1940 BGB). Für die Auflage gilt, soweit dies nicht durch
die fehlende Gläubigerstellung des Auflagebegünstigten ausgeschlossen ist, das
Recht der Vermächtnisse (vgl. § 2192 BGB).
Die Vollziehung
der Auflage können Erbe, Miterbe, Testamentsvollstrecker (, evtl. die
zuständige Behörde) sowie der verlangen, dem der Wegfall des mit der Auflage
zunächst Beschwerten unmittelbar zugute kommen würde (z. B. Ersatzerbe,
Nacherbe, Ersatzvermächtnisnehmer).
IV. Haftung
des Erben für Nachlassverbindlichkeiten
Der Erbe haftet
für die Nachlassverbindlichkeiten 8d. H. für die den Nachlass betreffenden
Verbindlichkeiten, § 1967 I BGB, vgl. auch § 1922 I BGB). Er schuldet den
betreffenden Gläubigern die Erfüllung ihrer Ansprüche. Dafür haftet er
grundsätzlich mit seinem ganzen Vermögen d. h. sowohl mit dem ihm vor dem
Erbfall zustehenden Vermögen als auch mit dem durch den Erbfall an ihn
gelangten (, vor dem Erbfall dem Erblasser zustehenden) Vermögen (Nachlass).
Der Erbe kann aber (bis zum Ablauf von drei Monaten nach Annahme der Erbschaft
regelmäßig die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit verweigern § 2014,
Dreimonatseinrede und generell) in bestimmter Weise die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten
auf den Nachlass beschränken und dadurch sein vor dem Erbfall vorhandenes
Vermögen von der Haftung für Nachlassverbindlichkeiten freihalten.
Nachlassverbindlichkeiten
sind die vom Erblasser herrührenden Schulden (Erblasserschulden, z. B.
aus Kaufvertrag, aus ungerechtfertigter Bereicherung) und die den Erben als solchen
treffenden Verbindlichkeiten (Erbfallschulden z. B.
Pflichtteilsverbindlichkeiten, Vermächtnisverbindlichkeiten, Dreißigster [§
1969 BGB], Auflageverbindlichkeiten, Kosten der standesgemäßen Beerdigung,
Erbersatzansprüche, Zugewinnausgleichsanspruch, Erbschaftsteuer, Kosten der
Todeserklärung, Unterhaltsanspruch der die Geburt des Erben erwartenden Mutter,
Kosten der Nachlassabwicklung) (§ 1967 II BGB, vgl. für
Geschäftsverbindlichkeiten die §§ 27 I, 139 IV, 173 HGB).
Nach § 1970 BGB
können der Erbe, der Nachlassverwalter, der Nachlasspfleger, der
Testamentsvollstrecker und der Erbschaftskäufer die Nachlassgläubiger mit
Ausnahme bestimmter nicht betroffener Gläubiger (z. B. die §§ 1971f. BGB, z. B.
Pfandgläubiger, Pflichtteilsberechtigte, Vermächtnisnehmer) im Wege des Aufgebotsverfahrens
zur Anmeldung ihrer Forderungen auffordern. Meldet sich ein Gläubiger nicht,
ist er durch das Aufgebotsurteil (§§ 947 IIff., 952 I ZPO) ausgeschlossen (nach
§ 1974 I 1 BGB gleichgestellt ist der seine Forderung später als fünf Jahre
nach dem Erbfall dem Erben gegenüber geltend machende Gläubiger). Dies hat zwar
nicht das Erlöschen der Forderung zur Folge, doch haftet für sie der Erbe nur
mit dem Nachlass (§§ 1973ff. BGB).
Der Erbe ist
berechtigt, ein (gemäß den §§ 2002f. BGB mit Hilfe einer zuständigen Behörde
oder eines Notars erstelltes) Verzeichnis des Nachlasses (Inventar) bei
dem Nachlassgericht einzureichen (§ 1993 BGB), wozu ihm auch das
Nachlassgericht auf Antrag eines Nachlassgläubigers eine Frist von mindestens
einem und höchstens drei Monaten setzen kann (§§ 1993ff. BGB). Ist das Inventar
rechtzeitig errichtet worden, wird im Verhältnis zwischen Erben und
Nachlassgläubigern vermutet, dass zur Zeit des Erbfalls weitere, nicht im
Inventar erfasste Nachlassgegenstände nicht vorhanden gewesen seien (§ 2009
BGB), während bei nicht rechtzeitiger Errichtung des Inventars der Erbe allen
Nachlassgläubigern unbeschränkbar haftet (§ 1994 I 2 BGB).
Im Übrigen
beschränkt sich die Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten auf den
Nachlass, wenn durch Beschluss des Nachlassgerichts eine Nachlasspflegschaft
zum Zweck der Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung)
angeordnet oder durch Beschluss des Insolvenzgerichts das Nachlassinsolvenzverfahren
(§ 1975 BGB) eröffnet ist. Ist das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung
der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendigt, so finden auf die Haftung
des Erben die Vorschriften des § 1973 BGB entsprechende Anwendung (§ 1989 BGB).
Fehlt eine den Kosten der Nachlassverwaltung oder des
Nachlassinsolvenzverfahrens genügende Masse, so kann der Erbe gegenüber seinen
Gläubigern die Dürftigkeitseinrede erheben (§ 1990 BGB).
§ 3 Mehrheit
von Erben
I. Wesen
Mehrheit von
Erben ist die von mehreren bei einem Erbfall vorhandenen Erben gebildete
Personenmehrheit. Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass
gemeinschaftliches Vermögen (Sondervermögen) der Erben (Miterben) (§
2032 BGB, § 2041 BGB Surrogation).
Sie bilden bis zur Auseinandersetzung eine gesamthänderisch verbundene Miterbengemeinschaft.
Stirbt vor der
Auseinandersetzung dieser Miterbengemeinschaft einer der Miterben und
hinterlässt er seinerseits mehrere Erben, so geht sein Anteil am Sondervermögen
der Erbengemeinschaft auf seine Erben über. Sie bilden eine Erbeserbengemeinschaft.
Für ihre Verwaltung gelten die Vorschriften der §§ 2038ff. BGB wie für jede
andere Erbengemeinschaft.
II. Entstehung
Die
Miterbengemeinschaft entsteht mit dem Anfall des Nachlasses an mehrere Erben.
III. Inhalt
1. Verwaltung
Die Verwaltung
des Nachlasses steht (, ohne dass das Gesetz ausdrücklich zwischen
Geschäftsführung und Vertretung trennt,) den Erben gemeinschaftlich zu (§ 2038
I 1 BGB). Jeder Miterbe ist den anderen Miterben gegenüber verpflichtet, zu
Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich sind.
Die zur Erhaltung notwendigen Maßregeln kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der
anderen treffen. Im Übrigen gilt das Recht der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 743,
745 [Möglichkeit des Beschlusses, die Verwaltung einem oder mehreren zu
übertragen], 746, 748, 2038 II 1 BGB). Verfügungen über einen einzelnen
Nachlassgegenstand (z. B. Grundstück) können die Erben nur gemeinschaftlich
treffen (§ 2040 I BGB), nicht also (grundsätzlich) ein Miterbe allein.
2. Haftung
Die Erben
haften für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner
(§ 2058 BGB). Bis zur Teilung kann der Nachlassgläubiger die Befriedigung aus
dem ungeteilten Nachlass von sämtlichen Miterben verlangen (§ 2059 II BGB),
während jeder Miterbe die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten aus dem
Vermögen, das er außer seinem Anteil an dem Nachlass hat, grundsätzlich
verweigern kann (§ 2059 BGB). Nach der Teilung haftet jeder Miterbe in den
Fällen des § 2060 BGB (Ausschluss im Aufgebotsverfahrens, Verschweigung in 5
Jahren, Nachlassinsolvenzverfahren) nur für den seinem Erbteil entsprechenden
Teil einer Nachlassverbindlichkeit (§ 2060 BGB).
3. Verfügung über Miterbenanteil
Jeder Miterbe
kann (entgegen der in allen Gesamthandsgemeinschaften an sich bestehenden
gesamthänderischen Bindung kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung) über
seinen Anteil (Miterbenanteil) am Nachlass (gesamte Erbschaft) verfügen
(§ 2033 I 1 BGB). Ein entsprechender Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung
(§ 2033 I 2 BGB, beachte § 2034 BGB, Vorkaufsrecht der anderen Miterben). Über
seinen Anteil an einem einzelnen Nachlassgegenstand (z. B. einzelnes
Grundstück innerhalb des Nachlasses) kann ein Miterbe (entsprechend dem
Gesamthandsprinzip) nicht verfügen (§ 2033 II BGB).
4. Auseinandersetzung
Jeder Miterbe
kann grundsätzlich jederzeit Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft
verlangen (§ 2042 BGB, beachte § 2044 BGB). Die Auseinandersetzung erfolgt (am
einfachsten nach Veräußerung aller Nachlassgegenstände und der damit erreichten
Umwandlung des aus Gegenständen verschiedenster Art zusammengesetzten Nachlasses
in ein einheitliches Geldvermögen) nach Berichtigung der
Nachlassverbindlichkeiten durch Verteilung des Überschusses an die Erben nach
dem Verhältnis ihrer Erbteile (§ 2047 I BGB). Daneben ist jede andere Art
einverständlicher Aufteilung möglich.
IV. Beendigung
Die
Erbengemeinschaft endet vor allem mit der Auseinandersetzung oder der
Vereinigung aller Miterbenanteile in einer Person.
§ 4 Pflichtteil
Ist ein
Abkömmling, ein Elternteil oder der Ehegatte des Erblassers durch Verfügung
von Todes wegen von der Erbschaft ausgeschlossen, so kann er von dem Erben
die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil
verlangen (§ 2303 BGB, beachte § 2309 BGB). Ist einem Pflichtteilsberechtigten
ein Erbteil hinterlassen, der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen
Erbteils, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Miterben als Pflichtteil
den Wert des an der Hälfte fehlenden Teiles verlangen (§ 2305 BGB, beachte §
2306 BGB). Ist ein Pflichtteilsberechtigter mit einem Vermächtnis bedacht, so
kann er den Pflichtteil verlangen, wenn er das Vermächtnis ausschlägt,
andernfalls nur den Unterschied des Wertes von Vermächtnis und Pflichtteil (§
2307 BGB).
Bei der
Feststellung des für die Berechnung des Pflichtteils maßgebenden Erbteils werden
die Personen mitgezählt, die durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge
ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig
erklärt sind (§ 2310 BGB, nicht die durch Erbverzicht Ausgeschlossenen). Bei
Zugewinngemeinschaft ist, wenn der Ehegatte Erbe wird, vom nach § 1371 I BGB
erhöhten Erbteil des Ehegatten auszugehen. Ist der Ehegatte weder Erbe noch
Vermächtnisnehmer, so kann er nach § 1371 II BGB Zugewinnausgleich und den kleinen
Pflichtteil verlangen, der nach dem nicht nach § 1371 I BGB erhöhten
gesetzlichen Erbteil des Ehegatten berechnet ist (beachte auch § 1371 III, IV).
Der Nachlasswert ist nach den §§ 2311ff. BGB zu ermitteln.
Bestimmte
Zuwendungen unter Lebenden werden vom Pflichtteilsanspruch abgezogen (§§
2315f., 2057a BGB). Umgekehrt kann der Pflichtteilsberechtigte in der Regel vom
Erben (beachte § 2329 BGB) eine Ergänzung des Pflichtteils verlangen, wenn der
Erblasser innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall einem anderen eine Schenkung
gemacht hat, die keiner sittlichen Pflicht oder Rücksichtnahme auf den Anstand
entsprach (§§ 2325, 2330 BGB).
Der
Pflichtteilsanspruch ist bei Erbunwürdigkeit und Erbverzicht ausgeschlossen (§§
2345 II, 2346 I 2 BGB). Auf ihn kann durch notariell beurkundeten Vertrag
verzichtet werden. Ausnahmsweise kann der Erblasser auch dem grundsätzlich zum
Pflichtteil Berechtigten den Pflichtteilsanspruch entziehen (§§ 2333ff. BGB).
§ 5 Erbschaftskauf
Erbschaftskauf
ist der Kauf der Erbschaft oder eines Erbteils vom Erben oder
einem Miterben. Der Verkäufer muss die einzelnen Erbschaftsgegenstände bzw. den
Erbteil als Einheit (§ 2033 I 2 BGB) übertragen wollen, nicht als Mehrheit
einzelner Gegenstände. Der Kaufvertrag bedarf nach § 2371 BGB der notariellen
Beurkundung. Vom Abschluss des Vertrags an trägt der Käufer die Gefahr des
zufälligen Untergangs oder einer zufälligen Verschlechterung eines
Erbschaftsgegenstands (§ 2380 S. 1 BGB).
Der Verkäufer
haftet nicht für Sachmängel (§ 2376 II BGB) und nur eingeschränkt für
Rechtsmängel (§ 2376 I BGB).
Der Erbe bleibt
trotz des Erbschaftsverkaufs Erbe. Der Käufer wird aber in verschiedener
Hinsicht so gestellt, als hätte er vermögensrechtlich selbst mit dem Erbfall
die Rechtsnachfolge nach dem Erblasser angetreten.
§ 6 Schenkung
auf den Todesfall durch Rechtsgeschäft unter Lebenden
Schenkung auf den
Todesfall ist die Schenkung, bei der das Wirksamwerden des
Schenkungsversprechens durch den Tod des Zuwendenden befristet und durch das
Überleben des Leistungsempfängers bedingt ist (vgl. § 2301 I 1 BGB). Von ihr
ist die Schenkung zu trennen, bei der nur die Fälligkeit erst mit dem Tod des
Zuwendenden eintreten soll, sowie die Schenkung, bei der eine Vermittlungsperson
des Zuwendenden vor der Ausführung der Schenkung stirbt.
I. Vollzogene
Schenkung auf den Todesfall
Vollzieht der
Schenker die Schenkung auf den Todesfall, so finden die Vorschriften über Schenkungen
unter Lebenden Anwendung (§ 2301 II BGB), so dass ein unter Außerachtlassung
der Formvorschrift des § 518 I 1 BGB abgegebenes Schenkungsversprechen
nach § 518 II BGB durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt ist.
Wann ein Vollzug vorliegt, ist streitig. Nach Sinn und Zweck des § 2301
I 1, 2 BGB erfordert der Vollzug jedenfalls mehr als die schuldrechtliche
Verpflichtung zur Übereignung. Dieses mehr ist bereits anzunehmen, wenn sich
der Rechtserwerb des Bedachten ohne weiteres Zutun des Erblassers oder der
Erben von selbst vollendet. Verwendet der Erblasser einen Mittler, so scheidet
Vollzug dann aus, wenn der Zuwendende veranlasst hat, dass das Vollzugsgeschäft
erst nach seinem Tod durch den Mittler vorgenommen wird.
II. Nicht
vollzogene Schenkung auf den Todesfall
Vollzieht der
Schenker die Schenkung auf den Todesfall nicht, so finden die Vorschriften über
Verfügungen von Todes wegen Anwendung (§ 2301 I 1 BGB). Ein
Schenkungsversprechen ist nur wirksam, wenn es in der Form eines Erbvertrags
(§ 2276 BGB) oder eines Testaments (str.) abgegeben wurde. Ist die Form
nicht eingehalten, ist das Versprechen unwirksam, ist die Form eingehalten, so
ist die Zuwendung als Vermächtnis anzusehen (str.).
Anhang:
Für das
Staatsgebiet der früheren Deutschen Demokratischen Republik gilt das Erbrecht
des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur nach Maßgabe des Art. 235 EGBGB (Anlage I zu
Art. 8 des Einigungsvertrages Kapitel III B Abschnitt erbrechtliche
Verhältnisse [Maßgeblichkeit des bisherigen Erbrechts bei Erbfall vor dem 3. 10.
1990]).