Gerhard Köbler

 

FERNKERNLERNKURS RECHT

 

Privatrecht

 

Schuldrecht (Recht der Schuldverhältnisse)

 

§ 1 Wesen

§ 2 Arten

§ 3 Entstehung

§ 4 Inhalt

§ 5 Leistungsstörungen

§ 6 Beendigung

§ 7 Personelle Erweiterungen

§ 8 Einzelne Schuldverhältnisse

 

§ 1 Wesen

Das Schuldrecht ist das im zweiten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 241-853 BGB) geregelte Recht der Schulden oder Recht der Schuldverhältnisse. Es gliedert sich in einen (früher sechs, seit 2002 sieben Abschnitte(, die allgemeine, grundsätzlich für alle oder wenigstens mehrere Schuldverhältnistypen geltende Bestimmungen enthalten,) umfassenden allgemeinen Teil (§§ 241-432 BGB) und einen ( früher siebenten, jetzt) achten Abschnitt, der rund 30 einzelne Schuldverhältnistypen in ihren jeweiligen Besonderheiten behandelt (§§ 433-853 BGB, besonderer Teil), die neben den allgemeinen Gegebenheiten des allgemeinen Teiles (z. B. Rechtsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Willenserklärung usw.) stehen und diese ergänzen, abwandeln oder auch im Einzelfall verdrängen können. Einzelne Schuldverhältnisse finden sich darüber hinaus auch außerhalb des Buches Schuldrecht (z. B. §§ 965ff. BGB Verlierer-Finder, 1601ff. BGB Unterhaltsverpflichteter-Unterhaltsberechtigter, 2147 ff. BGB Erbe-Bedachter).

I. Schuldverhältnis

1. Schuldverhältnis im weiteren Sinn

Der vom Bürgerlichen Gesetzbuch ohne weiteres verwandte Begriff Schuldverhältnis ist im weiteren Sinn ein Rechtsverhältnis zwischen mindestens zwei Personen, auf Grund dessen mindestens eine Person (Schuldner) der anderen Person (Gläubiger) etwas schuldet (z. B. bei einem Kauf schuldet nach § 433 BGB der Verkäufer Übertragung des Kaufgegenstandes [Übertragung des Eigentums an einer Sache, Übertragung der Inhaberschaft an einem Recht an einem unkörperlichen Gegenstand], der Käufer Zahlung des Kaufpreises z. B. durch Übereignung von Geldstücken). Dieses Rechtsverhältnis ist ein Rahmenverhältnis, dass zahlreiche verschiedene Einzelrechte und Einzelpflichten umspannen kann. Es lässt sich zugleich als eine Art Organismus begreifen, weil es sich vor allem mit fortschreitender Zeit in unterschiedlichen Richtungen entwickeln kann.

2. Schuldverhältmnis im engeren Sinn

Schuldverhältnis im engeren Sinn ist die einzelne Schuld (Pflicht, Verpflichtung, Verbindlichkeit, Obligation) des Schuldners, die sich für den Gläubiger als Forderung (Recht, Berechtigung, Befugnis, Anspruch) darstellt. Ihr Inhalt ist die Leistung (vgl. § 241 S. 1 BGB). Den Anspruch auf ihre Erbringung hat der Gläubiger nur gegenüber dem Schuldner, nicht gegenüber jedermann (relatives Recht im Gegensatz etwa zu den absoluten, gegen jedermann wirkenden Sachenrechten wie dem Eigentum).

II. Gefälligkeitsverhältnis

Im Unterschied zum wirtschaftlich äußerst bedeutsamen Schuldverhältnis begründet das in der Regel auf unbedeutende Gegenstände beschränkte Gefälligkeitsverhältnis keine Leistungspflicht.

III. Obliegenheit

Die Obliegenheit ist nur ein Rechtsgebot im eigenen Interesse (vgl. z. B. § 149 S. 1 BGB).

IV. Haftung

Haftung ist Einstehenmüssen. Dies ist nicht dasselbe wie Leistensollen (Schuld). Trotz grundsätzlicher Trennung hängen aber Schuld (Leistensollen) und Haftung (Einstehenmüssen) praktisch doch so eng zusammen, dass der Grundsatz gilt: wer schuldet, der haftet (seit 1868 aber nicht mehr mit seinem Leib, sondern nur noch mit seinem Vermögen; Ausnahmen sind etwa die verjährte Schuld oder umgekehrt das von einem Nichtschuldner eingesetzte Pfand).

 

§2 Arten

I. Dauerschuldverhältnis und Nichtdauerschuldverhältnis

Wie beispielsweise der Kauf zeigt, sind viele Schuldverhältnisse auf die einmalige kurzzeitige Erbringung einer eindeutig festgelegten Leistung (z. B. ein Liter Milch für einen Euro) ausgerichtet, mögen sie auch noch so oft (z. B. täglich) abgeschlossen werden. Umgekehrt gibt es aber auch Schuldverhältnisse, die in der Art und Weise vereinbart werden, dass der Umfang der geschuldeten Gesamtleistung nicht von vornherein feststeht, sondern von der Zeitdauer abhängt (z. B. Miete, Leihe, Dienstvertrag, Gesellschaft, Wasserdauerbezugsvertrag, Zeitungsbezugsvertrag usw., nicht dagegen der bloße Verbraucherkreditkauf).

Bei einem solchen Dauerschuldverhältnis besteht eine verstärkte Treupflicht beider Seiten. Ist das Dauerschuldverhältnis trotz Mangels (z. B. Irrtums, Verstoßes gegen die guten Sitten) in Vollzug gesetzt, so gilt statt der Rückabwicklung über das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812ff. BGB) die Auflösung vom Zeitpunkt der Geltendmachung des Mangels an. Tritt während des Bestandes ein wichtiges Ereignis ein, erwächst aus diesem ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (vgl. § 626 I BGB).

II. Holschuld, Bringschuld, Schickschuld

Je nach dem Ort (Leistungsstelle), an dem die Schuld zu erfüllen ist, unterscheiden sich Holschuld, Bringschuld und Schickschuld.

1. Holschuld

Bei der Holschuld ist der Ort, an dem der Schuldner die Erfüllungshandlung vornehmen muss (und der Ort, an dem der Leistungserfolg eintreten soll), der Ort des Wohnsitzes des Schuldners (z. B. Warenhaus, Laden).

2. Bringschuld

Bei der Bringschuld ist Handlungsort (und Erfolgsort) der Ort des Wohnsitzes des Gläubigers (z. B. Einfamilienhaus für Heizungsreparatur oder Öllieferung).

3. Schickschuld

Bei der Schickschuld ist zwar Handlungsort der Ort des Wohnsitzes des Schuldners, doch ist der Schuldner zur Vornahme der Absendung an einen davon verschiedenen Erfolgsort verpflichtet (z. B. bei Geldschuld, vgl. § 270 I, IV BGB).

III. Gattungsschuld und Stückschuld

Gattungsschuld ist die Schuld, bei welcher der zu leistende Gegenstand nur nach allgemeinen, gattungsmäßigen Merkmalen bestimmt ist (z. B. ein Auto der Marke X des Typs Y und der Farbe Z), wobei vielfach eine weitere Einschränkung auf einen bestimmten Vorrat des Schuldners stattfindet (Vorratsschuld, beschränkte Gattungsschuld, z. B. 1 Kilogramm Kartoffeln im Lebensmittelladen). Demgegenüber ist die Stückschuld die Schuld, bei welcher der zu leistende Gegenstand nur nach besonderen, einmaligen Merkmalen bestimmt ist (z. B. dieser Gebrauchtwagen, dieses Kunstwerk).

Welche Art von Schuld entsteht, entscheiden die Parteien durch ihre Bestimmung, doch wird bei vertretbaren Sachen in der Regel eine Gattungsschuld, bei unvertretbaren Sachen dagegen eine Stückschuld vereinbart.

Aus jeder Gattungsschuld entsteht im Zuge des Leistungsvorgangs durch Konkretisierung (Konzentration) seitens des Schuldners eine Stückschuld (§ 243 II BGB). Voraussetzung hierfür ist, dass der Schuldner das zur Leistung einer Sache von mittlerer Art und Güte seinerseits Erforderliche getan, d. h. einen solchen Zustand hergestellt hat, dass die weitere Durchführung der Leistung der Sache von mittlerer Art und Güte ohne sein Zutun geschehen kann. Bei der Holschuld muss er die zu leistende Sache aussondern und dem Gläubiger wörtlich anbieten, bei der Bringschuld muss er sie aussondern und am Wohnsitz des Gläubigers tatsächlich anbieten und bei der Schickschuld muss er sie aussondern und durch Übergabe an die Transportperson absenden.

IV. Geldschuld und Zinsschuld

Geldschuld ist die in Geld zu erfüllende Schuld. Die Leistung erfolgt durch Übereignung von Geldstücken (Sachen) im Wert des Nennbetrages (oder durch über Banken erfolgende Begründung einer Forderung gegenüber einem dritten Schuldner, z. B. Überweisung einer Forderung bzw. eines Guthabens auf ein Konto des Gläubigers bei einem Kreditinstitut). Geldschulden sind Gattungsschulden (str.), so dass die bloße persönliche Zahlungsunfähigkeit den Schuldner niemals befreien kann. Im Gegensatz zur normalen Schickschuld trägt bei der Geldschuld der Schuldner (auch) die Gefahr für den Untergang des Geldes auf dem Transport zwischen Absendung und Ankunft beim Gläubiger.

Zinsschuld ist die auf Zinsen (d. h. die Vergütung für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen, aus vertretbaren Sachen bestehenden Kapitals, die, in einem Bruchteil des Kapitals ausgedrückt, mit ihm gleichartig und fortlaufend zu entrichten ist) bezogene Schuld. Im Zweifel beträgt der (abgesehen von § 138 II BGB) frei vereinbare Zins 4 Prozent (§ 246 BGB) bzw. 5 Prozent (bei Handelsgeschäften, § 352 HGB). (Vgl. auch die §§ 247, 248 BGB).

V. Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis

Wahlschuld ist die (seltene) Schuld, bei der mehrere Leistungen in der Weise geschuldet werden, dass nur die eine oder die andere (im Zweifel nach Wahl des Schuldners) zu bewirken ist (§§ 262f. BGB).

Ersetzungsbefugnis ist demgegenüber die Befugnis einer Partei des Schuldverhältnisses statt einer an sich ausschließlich geschuldeten Leistung eine andere zu erbringen oder zu verlangen (vgl. §§ 249 II 1, 251 II BGB), wobei mit der Ausübung der Ersetzungsbefugnis die ursprüngliche, ersetzte Schuld erlischt und die neue ersetzende Schuld an ihre Stelle tritt, die ihrerseits dann mit der Leistung erlischt.

VI. Schadensersatzschuld

Schadensersatzschuld ist die auf den Ersatz eines Schadens (z. B. gebrochener Arm, verbranntes Buch) gerichtete Schuld.

1. Schadensarten

Schaden ist die unfreiwillige Einbuße an rechtlich geschützten Gütern. Positiver Schaden (lat. damnum emergens) ist die unfreiwillige Einbuße an den rechtlich geschützten vorhandenen Gütern (z. B. Eigentum an Kraftfahrzeug), negativer Schaden (lat. lucrum cessans, entgehender Gewinn) die unfreiwillige Einbuße an den rechtlich geschützten erst noch zu erwerbenden Gütern (z. B. Weiterveräußerungsmöglichkeit zu einem höheren Preis). Erfüllungsschaden (positives Interesse) ist der durch das Fehlen der Erfüllung eingetretene Schaden (z. B. Mehrpreis bei Deckungskauf), Vertrauensschaden (negatives Interesse) der im Vertrauen auf die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts entstandene Schaden (z. B. Versendungskosten). Abstrakter Schaden ist der unter Berücksichtigung eines Marktpreises als Mindestwiederverkaufspreis abstrakt errechnete Schaden, konkreter Schaden der an Hand der besonderen Einzelumstände ermittelte Schaden. Vermögensschaden ist der an materiellen Gütern (z. B. Eigentum), Nichtvermögensschaden der an immateriellen Gütern (z. B. Ehre, Freiheit) entstandene Schaden, wobei die Grenzziehung allerdings umstritten und in Richtung auf eine Kommerzialisierung von Immaterialgütern fließend ist. Unmittelbarer Schaden ist der am verletzten Einzelgut selbst entstandene Schaden, mittelbarer Schaden der an anderen, nicht selbst betroffenen Gütern, insbesondere am Vermögen insgesamt entstandene Schaden.

2. Schadenstragung und Schadensüberwälzung

Jeden Schaden trägt grundsätzlich der Geschädigte selbst (lat. casum sentit dominus). Wann (an sich ausnahmsweise aber tatsächlich doch in vielen Fällen) ein anderer den Schaden eines Geschädigten zu ersetzen hat, der Schaden also vom Geschädigten auf einen anderen überwälzt werden kann, ist den über die gesamte Rechtsordnung verstreuten Rechtssätzen zu entnehmen, die eine solche Verpflichtung festlegen (z. B. Garantievertrag, §§ 280ff., 179 I BGB, culpa in contrahendo, §§ 989ff., 823 ff. BGB, Gefährdungshaftung, §§ 228 S. 2, 904 S. 2 BGB).

3. Voraussetzungen der Schadensersatzschuld

Allgemeine Merkmale von Schadensersatztatbeständen, mit deren Hilfe die Frage beantwortet werden kann, wer einen eingetretenen Schaden tragen muss, sind dabei Handlung, Erfolg, Kausalität, Adäquanz, Rechtswidrigkeit, Verschulden und Normzweck.

Handlung (Tun, Unterlassen trotz Handlungspflicht) ist jedes menschliche Verhalten, das als vom Willen beherrschbar gedacht ist und daher objektiv zugerechnet werden kann (z. B. nicht unwillkürlicher Reflex, Naturereignis).

Erfolg ist das (bezweckte) Ergebnis einer Handlung oder eines sonstigen Ereignisses.

Kausalität ist die Ursächlichkeit eines Ereignisses für einen Erfolg. Im Sinne der sog. Äquivalenztheorie ist jedes Tun (z. B. Schuss), das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg (z. B. Tod) entfallen würde, und jedes Unterlassen (z. B. Hilfeleistung), das nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg (z. B. Tod) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfallen wäre, kausal für einen Erfolg. Rechtlich bedeutsame Adäquanz (Angemessenheit) der Kausalität (des Ereignisses für den Erfolg) ist aber nur gegeben, wenn das Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Gegebenheiten geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeiführen (Adäquanz wurde z. B. bejaht für die Täuschung bei einem Kraftfahrzeugkauf und dem Unfallschaden des Käufers).

Rechtswidrigkeit ist der Verstoß eines verhaltensverursachten Erfolges gegen die Rechtsordnung. Sie wird vielfach durch das Vorliegen der Kausalkette zwischen Verhalten und Erfolg indiziert (angezeigt), doch kann die indizierte Bewertung als grundsätzlich rechtswidrig durch ausnahmsweises Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes (z. B. Notwehr, Notstand, Einwilligung) widerlegt werden.

Für das aus Schuldfähigkeit (Deliktsfähigkeit, vgl. §§ 827f., 276 I 2 BGB), Schuldform und Fehlen von Entschuldigungsgründen zusammengesetzte Zurechnungselement Verschulden ist bei den Schuldformen (§ 276 I 1 BGB) Vorsatz das Wissen und Wollen des Erfolges im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit und Fahrlässigkeit die Außerachtlassung der im Verkehr (objektiv) erforderlichen Sorgfalt (§ 276 II BGB).

4. Naturalherstellung und Geldersatz

Ist nach Bejahung entsprechender Schadensersatzschuldtatbestandsmerkmale eine Schadensersatzschuld gegeben, so ist der Schuldner zur Naturalherstellung (Naturalrestitution) verpflichtet (§ 249 S. 1 BGB). Das bedeutet, dass er den Zustand herstellen muss, der bestehen würde, wenn der zu Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, wobei wegen der logischen Unmöglichkeit, Geschehenes ungeschehen zu machen, ein möglichst gleichartiger, wirtschaftlich gleichwertiger Zustand genügen muss (z. B. Heilung der Verletzung, Ausbeulen der Delle, Widerruf der Beleidigung). Statt der Naturalherstellung kann in bestimmten Fällen der dazu erforderliche Geldbetrag oder eine Entschädigung in Geld (Geldersatz) verlangt werden (§ 249 II 1 BGB, Personenverletzung, Sachbeschädigung, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, § 250 BGB fruchtloser Fristablauf nach Fristsetzung unter Ablehnungsandrohung, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, § 251 I BGB Unmöglichkeit und Unzureichendheit der Naturalherstellung, § 251 II BGB Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes, Ersetzungsbefugnis des Schuldners). Bei Nichtvermögensschaden kann nach § 253 I BGB nur dann etwas anderes als Naturalherstellung verlangt werden, wenn dies durch Gesetz bestimmt wurde. Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden (§ 253 II BGB).

5. Schadensberechnung

Die Berechnung des Schadens erfolgt mit Hilfe einer sog. Differenzhypothese. Danach ist der auf Grund des schädigenden Ereignisses tatsächlich eingetretene Zustand (des Vermögens) des Geschädigten mit dem hypothetisch ohne das schädigende Ereignis bestehenden Zustand (des Vermögens) zu vergleichen. Der Unterschied (bzw. die Differenz) beider Zustände stellt grundsätzlich den Schaden dar (, der aber notfalls wertend korrigiert werden kann).

6. Überholende Kausalität

Hinsichtlich der Frage, ob der Handelnde Schadensersatz auch dann schuldet, wenn ein späteres Ereignis denselben Schaden ebenfalls verursacht hätte (überholende Kausalität), gilt der Grundsatz, dass nicht wirklich ursächlich gewordene Ereignisse (grundsätzlich) nicht berücksichtigt werden können.

7. Vorteilsausgleich

Bewirkt die schädigende Handlung außer einer Einbuße auch Vorteile für den Geschädigten, so sind diese (korrigierbar in einer wertenden Betrachtung) zu berücksichtigen (, aber z. B. nicht die bei Tötung eines Unterhaltverpflichteten dem Unterhaltsberechtigten zugleich anfallende Erbschaft). Insbesondere hat nach § 255 BGB der, welcher für den Verlust einer Sache oder eines Rechtes einen Schadensersatzanspruch erlangt, im Gegenzug gegen den Ersatz die Ansprüche an den Schadensersatzpflichtigen abzutreten, die ihm auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zustehen.

8. Mitwirkendes Verschulden

Hat bei der Entstehung eines Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt (mitwirkendes Verschulden im Sinne vorwerfbaren Verstoßes gegen Gebote des eigenen Interesses [z. B. eine bewusste Selbstgefährdung]), so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 254 I BGB). Dem stellt § 254 II 1 BGB die Fälle gleich, dass der Beschädigte den Schuldner nicht auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, aufmerksam gemacht oder dass er den Schaden weder abgewandt oder gemindert hat (z. B. durch eine gefahrlose, schmerzlose, kostenlose sowie sichere Aussicht auf Besserung bietende Operation). Darüberhinaus ist § 254 BGB entsprechend anzuwenden, wenn auf der Seite des Geschädigten zwar kein Verschulden, aber doch eine Sachgefahr und Betriebsgefahr (z. B. des Kraftfahrzeughalters) (mitwirkend) vorhanden war.

Da nach § 254 II 2 BGB die Vorschrift des § 278 BGB entsprechend anzuwenden ist, muss sich der Geschädigte zu seinen Lasten auch ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters oder seines Erfüllungsgehilfen anrechnen lassen. Voraussetzung ist dabei, dass zwischen den Beteiligten bereits eine rechtliche Sonderverbindung besteht (str.), so dass in allen anderen Fällen nur § 831 BGB entsprechende Anwendung finden kann. Dies ist deswegen bedeutsam, weil nach § 278 BGB (im Gegensatz zu § 831 BGB) ein eigenes Verschulden des Schuldners (d. h. desjenigen, welcher sich eines Erfüllungsgehilfen bedient, bzw. des Vertretenen) nicht erforderlich ist.

VII. Sonstige allgemeine Arten von Schuldverhältnissen

1. Vertragsstrafe

Vertragsstrafe ist eine meist auf Geld gerichtete, bedingte Verbindlichkeit, die der Schuldner für den Fall der Nichterfüllung oder Schlechterfüllung einer Hauptverbindlichkeit eingeht und die der Erzwingung deren Erfüllung und der Erübrigung eines konkreten Schadensnachweises dient (§§ 339ff. BGB).

2. Aufwendungserstattung

Nach § 257 BGB kann, wer berechtigt ist, Erstattung von Aufwendungen, d. h. freiwilliger Vermögenseinbußen im Interesse eines anderen, zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, Befreiung von einer Verbindlichkeit beanspruchen, wenn er eine solche zu diesem Zweck eingeht. Nach § 256 S. 1 BGB kann weiter, wer Erstattung von Aufwendungen verlangen kann, die Verzinsung des zu erstattenden Betrages von der Zeit der Aufwendung an begehren. Wegen einzelner Aufwendungserstattungsansprüche vgl. etwa die §§ 304, 670, 683, 684 S. 2, 970, 601 II 1 BGB usw.

3. Rechenschaftslegung und Herausgabe oder Auskunft

Wer (auf Grund eines Rechtsgeschäftes, eines einzelnen Rechtssatzes oder aus dem Grundsatz von Treu und Glauben) zu einer Rechenschaftslegung verpflichtet ist, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, solche vorzulegen, sowie evtl. eidesstattlich zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, wie er dazu imstande sei (§ 259 BGB).

Wer die Herausgabe eines Inbegriffs von Gegenständen schuldet oder verpflichtet ist, über den Bestand eines solchen Auskunft zu erteilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestandes vorzulegen und evtl. eidesstattlich zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, wie er dazu imstande sei (§ 260 BGB).

4. Herstellung bei Wegnahme einer Einrichtung

Wer von einer Sache, die er einem anderen herauszugeben hat (z. B. Kraftfahrzeug), eine Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat (z. B. Anhängerkupplung), wegnehmen darf, hat im Falle der Wegnahme die Sache auf seine Kosten in den vorigen Stand zu setzen. Umgekehrt ist der andere, wenn er den Besitz der Sache erlangt, verpflichtet, die Wegnahme der Einrichtung (in ihrer Gänze, nicht nur in ihren wertvollen Teilen) zu gestatten (§ 258 BGB), kann aber die Gestattung verweigern, bis ihm für den mit der Wegnahme verbundenen Schaden Sicherheit geleistet wird.

5. Treuhandvertrag

Auf Grund eines (gesetzlich nicht besonders geregelten) Treuhandvertrages ist der Treuhänder verpflichtet, die ihm übertragenen Vermögensrechte nur so auszuüben, wie dies vereinbart wurde oder dem Zweck der Übertragung entspricht. Der Treugeber (z. B. Sicherungsgeber) ist verpflichtet, dem Treuhänder (z. B. Sicherungseigentümer) die zu übertragenden Vermögensrechte entsprechend den allgemeinen Regeln zu übertragen (z. B. Übereignung der sichernden Sache).

Für den Abschluss des Treuhandvertrages gelten keine besonderen Regeln. Auch in Form und Inhalt sind die Vertragspartner im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen völlig frei.

 

§ 3 Entstehung

Das Schuldverhältnis kann außer durch Hoheitsakt vor allem durch Rechtsgeschäft oder Gesetz entstehen.

I. Rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis

Zur Begründung eines Schuldverhältnisses sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist, soweit das Gesetz nicht ein anderes vorschreibt (z. B. §§ 657ff. BGB Auslobung, einseitiges Rechtsgeschäft, bei dem die einseitige öffentliche Bekanntmachung genügt), ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich (§ 311 I BGB). Entsprechend dem durch Art. 2 I GG grundgesetzlich geschützten Grundsatz der Handlungsfreiheit besteht für das Rechtsgeschäft Abschlussfreiheit, Inhaltsfreiheit und Formfreiheit.

Lange geschichtliche Tradition hat es allerdings mit sich gebracht, dass sich im alltäglichen Rechtsverkehr bestimmte Geschäftstypen mit einem mehr oder weniger festen Regelbestand ausgebildet haben. Eine große Zahl dieser Geschäftstypen hat bereits im Bürgerlichen Gesetzbuch oder einem anderen Gesetz eine weitgehend abänderbare (dispositive) Gestaltung gefunden (vgl. die §§ 433ff. BGB, Kommissionsvertrag, Versicherungsvertrag, Verlagsvertrag). Andere sind bislang gesetzlich nicht besonders geregelt, haben aber doch in der Rechtswirklichkeit übliche Gestaltungen erfahren (z. B. Leasingvertrag, Dienstverschaffungsvertrag, Werkverschaffungsvertrag, Krankenhausvertrag, Fluchthilfevertrag, Treuhandvertrag, Factoringvertrag, Sponsoringvertrag, Merchandisingvertrag usw.).

An alle diese Geschäftstypen ist der Rechtsverkehr im Schuldrecht (anders als in dem vom Grundsatz des Typenzwanges beherrschten Sachenrecht) nicht gebunden. Vielmehr sind im Rahmen der zwingenden (und deshalb rechtsgeschäftlich nicht abänderbaren) gesetzlichen Vorschriften (z. B. der §§ 134, 138 BGB) beliebige Abwandlungen und Neugestaltungen zulässig. Insbesondere ist auch ein aus Bestandteilen verschiedener Vertragstypen zusammengesetzter gemischter Vertrag möglich (z. B. gemischte Schenkung, Bewirtungsvertrag), wobei hinsichtlich des anzuwendenden Rechts dann in erster Linie auf den Schwerpunkt des Rechtsgeschäfts und danach auf den Geschäftszweck abzustellen ist, für Einzelmerkmale aber auch das Recht eines zweiten oder weiteren Geschäftstyps verwendet werden kann.

Durch die Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher wird ein Anspruch gegen diesen nicht begründet (§ 241a I BGB, beachte § 241a II, III BGB).

II. Schuldverhältnis durch Aufnahme von Verhandlungen (culpa in contrahendo)

Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 II BGB entsteht auch durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder durch ähnliche geschäftliche Kontakte (§ 311 II BGB).

Demnach muss ein Kontakt zwischen zwei Personen zustandegekommen sein, der die Wahrscheinlichkeit eines Rechtsgeschäfts zwischen ihnen erhöht (z. B. Betreten eines Warenhauses [ausgenommen z. B. der Ladendieb], Aufnahme eines Verkaufsgesprächs) und aus dem der eine dem anderen zu einem bestimmtem Verhalten verpflichtet wird (z. B. Schutz, Obhut, Mitteilung, Aufklärung). Der Verpflichtete muss die ihn treffende Verhaltenspflicht durch ein Tun oder Unterlassen verletzt haben (z. B. liegt Verletzung einer Schutzpflicht vor, wenn während eines Verkaufsgesprächs [infolge möglicherweise lange zurückliegender Unachtsamkeit eines Angestellten] eine umstürzende Linoleumrolle einen Kunden verletzt). Ist die Verletzung rechtswidrig und schuldhaft, so ist der Schädiger (ausnahmsweise auch ein Sachwalter oder ein Vertreter) zum Ersatz des Vertrauensschadens (ausnahmsweise des Nichterfüllungsschadens) verpflichtet.

Nach § 311 III BGB kann dabei ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 II BGB auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

III. Gesetzliches Schuldverhältnis

Ein gesetzliches Schuldverhältnis entsteht durch Verwirklichung der von der jeweiligen Rechtsnorm festgelegten Voraussetzungen. Diese sind abgesehen davon, dass der Abschluss eines Rechtsgeschäfts nicht notwendig ist, im Einzelnen ganz unterschiedlich. Die wichtigsten Fälle gesetzlicher Schuldverhältnisse sind innerhalb des Schuldrechts die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677ff. BGB), die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812ff. BGB, beachte § 241a II BGB) und die unerlaubte Handlung (§§ 823ff. BGB), außerhalb des Schuldrechts das Eigentümer-nichtberechtigter Besitzer-Verhältnis (§§ 985ff., str.), das Eigentümer-Pfandgläubiger-Verhältnis (§§ 1215ff. BGB) sowie das Verhältnis zwischen Kraftfahrzeughalter und Kraftfahrzeugverkehrsunfallgeschädigtem (§ 7 StVG). Den unterschiedlichen Voraussetzungen der einzelnen gesetzlichen Schuldverhältnisse entsprechen unterschiedliche Rechtsfolgen.

 

§ 4 Inhalt

Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern (§ 241 I 1 BGB). Kern des Schuldverhältnisses ist also die vom Schuldner zu erbringende Leistung. Sie ist die Vornahme des vom Schuldner dem Gläubiger gegenüber geschuldeten Verhaltens.

I. Leistung

Die nach § 241 S. 1 BGB vom Schuldner dem Gläubiger geschuldete Leistung kann ein Tun (tatsächliche Handlung, Willenserklärung) oder ein Unterlassen (Nichtausführung einer gebotenen tatsächlichen Handlung, Nichtabgabe einer gebotenen Willenserklärung) sein (§ 241 I 2 BGB). Sie kann ein Rechtsgeschäft erfordern oder eine tatsächliche Handlung (z. B. einen Dienst). Nach § 241 II BGB kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Der Inhalt der Leistung muss dabei bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein, weil andernfalls eine zwangsweise Verwirklichung durch Klage, Urteil und Zwangsvollstreckung ausgeschlossen ist. Die Bestimmung der Leistung ist in erster Linie beiden Teilen oder einem der beiden Teile des Schuldverhältnisses überlassen. Soll die Leistung durch einen der Vertragsschließenden oder durch einen Dritten bestimmt werden, so ist nach den §§ 315ff. BGB im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen, d. h. nach den Vorstellungen eines ehrenhaften, billig abwägenden Menschen zu treffen ist. Bei Fehlen einer vorrangigen Inhaltsbestimmung können dispositive gesetzliche Vorschriften eingreifen (z. B. die §§ 246, 269, 271 I, 454, 612 II, 632 II BGB).

II. Art und Weise der Leistung

1. Leistung nach Treu und Glauben

Nach § 242 BGB hat der Schuldner die Leistung so zu bewirken, wie dies Treu und Glaube mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Diese Vorschrift gilt über ihren Wortlaut hinaus für beide Beteiligte des Schuldverhältnisses, über das Schuldrecht hinaus für andere Rechtsgebiete und über das Schuldverhältnis hinaus für andere Rechtsbeziehungen.

Sie dient in erster Linie der Ermittlung dessen, was der Schuldner leisten muss und was der Gläubiger fordern kann, aber auch dessen, was der Schuldner leisten kann und der Gläubiger als Leistung annehmen muss (z. B. Überweisung eines geschuldeten Geldbetrags statt Barzahlung).

Aus § 242 BGB können sich daneben zusätzliche Nebenleistungspflichten oder Verhaltenspflichten ergeben. Sie lassen sich nicht abschließend erfassen, sondern hängen von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Allgemein handelt es sich um die Pflicht, alles zu tun, um die für die Durchführung des Schuldverhältnisses erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen (Mitwirkungspflicht), um die Pflicht, alles zu unterlassen, um die Leistung oder das Schuldverhältnis insgesamt nicht zu gefährden oder zu vereiteln (Leistungstreuepflicht), um die Pflicht, sich so zu verhalten, dass bei der Abwicklung Person, Eigentum oder sonstige Rechtsgüter des anderen Teiles nicht verletzt werden (Schutzpflicht, Obhutspflicht), und um die Pflicht, den anderen Teil über Umstände aufzuklären und zu unterrichten, über die dieser nach der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung oder Mitteilung verlangen kann (Mitteilungspflicht, Aufklärungspflicht). Diese Pflichten können, wie § 311 II BGB zeigt, bereits zeitlich vor einem Rechtsgeschäftabschluss stehen und begleiten den Organismus Schuldverhältnis im Übrigen bis zu seiner vollständigen Abwicklung.

Für eine Störung der sog. Geschäftsgrundlage bestimmt § 313 BGB ausdrücklich, dass, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, Anpassung des Vertrags verlangt werden kann, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 I BGB). Dabei steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 II BGB). Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung (§ 313 III BGB).

In anderen Fällen kann § 242 BGB den Einwand unzulässiger Rechtsausübung begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Rechtsausübung in Gegensatz zu einem eigenen vorangegangenen Tun des Berechtigten steht (lat. venire contra factum proprium), wenn ein Teil etwas verlangt, was er unmittelbar nach Erfüllung seines Anspruches seinerseits an den Leistenden zurückgewähren müsste (lat. dolo petit, qui petit, quod statim redditurus est) und wenn eine Partei ein Recht längere Zeit nicht geltendgemacht hat und der Verpflichtete sich auf die Nichtgeltendmachung einrichten durfte, die Partei dann überraschenderweise das Recht aber doch ausübt (sog. Verwirkung).

2. Leistung am rechten Ort

Der Leistungsort, d. h. die Leistungsstelle für die Leistungshandlung, bestimmt sich nach § 269 BGB. Maßgebend ist danach in erster Linie die Parteivereinbarung. Bei deren Fehlen sind die Umstände zu berücksichtigen, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, wobei vielfach die Verkehrssitte den Ausschlag gibt. Fehlen auch solche Umstände, ist Leistungsort der Wohnsitz des Schuldners zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses, bei im Gewerbe des Schuldners entstandenen Verbindlichkeiten der (davon verschiedene) Ort der Niederlassung (für die Geldschulden beachte § 270 BGB, Schickschuld).

3. Leistung zur rechten Zeit

Fälligkeit ist der Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung vom Schuldner verlangen darf, Erfüllbarkeit ist der Zeitpunkt, von dem ab der Schuldner die Leistung dem Gläubiger erbringen darf. Maßgebend für die Leistungszeit ist nach § 271 BGB in erster Linie die Parteivereinbarung. Fehlt sie, ist auf die Umstände abzustellen. Ergeben auch die Umstände keine Anhaltspunkte, kann der Gläubiger die Leistung sofort, d. h. so schnell wie unter den gegebenen Umständen verkehrsgemäß möglich, verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

Wird nicht zur rechten Zeit geleistet, kann der Schuldner in Verzug geraten (bzw. der Gläubiger in Annahmeverzug oder Gläubigerverzug).

4. Leistung im rechten Umfang

Der Schuldner ist gemäß § 266 BGB zu einer Teilleistung nicht berechtigt, sofern nicht Gesetz (z. B. § 389 BGB Aufrechnung, § 39 II WechselG), Parteivereinbarung (z. B. Ratenzahlungsvereinbarung), Verkehrssitte oder der Grundsatz von Treu und Glauben ihm dies gestatten.

5. Leistung durch die rechte Person

Grundsätzlich muss der Schuldner leisten.

Statt des Schuldners kann ein Dritter, ohne dass eine Einwilligung des Schuldners erforderlich ist (§ 267 I 2 BGB), die Leistung an den Gläubiger erbringen, wenn der Schuldner nicht in Person zu leisten hat (§ 267 I BGB), doch kann bei Widerspruch des Schuldners der Gläubiger die Leistung ablehnen (§ 267 II BGB). Der Dritte muss aber dabei erkennbar eine fremde Verbindlichkeit erfüllen wollen. Die Forderung des Gläubigers erlischt dann durch die Leistung des Dritten. Für den Dritten ergibt sich je nach der Sachlage gegen den Schuldner ein Anspruch auf Erstattung aus Rechtsgeschäft (Auftrag) oder Gesetz (Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigte Bereicherung).

Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen dem Schuldner gehörigen Gegenstand, so ist jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstand zu verlieren, berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen. Das gleiche Recht steht dem Besitzer einer Sache zu, wenn er Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren. In diesen Fällen bleibt die Forderung (des Gläubigers) gegen den Schuldner trotz Erfüllung bestehen und geht nach § 268 II, III BGB, soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt, auf den Dritten über, wobei der Übergang nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden kann.

III. Zurückbehaltungsrecht, Leistungsverweigerungsrecht, Einrede des nichterfüllten gegenseitigen Vertrags

1. Zurückbehaltungsrecht

Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis (d. h. innerlich zusammengehörigen einheitlichen Lebensverhältnis), auf dem seine Verpflichtung beruht (sog. Konnexität), einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis ihm die gebührende Leistung bewirkt wird (§ 273 I BGB). Wer zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schaden zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat (§ 273 II BGB). Macht der Schuldner im Rechtsstreit dieses Zurückbehaltungsrecht als Einrede geltend, so kann der Schuldner (nur) zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) verurteilt werden (§ 274 I BGB). Das Zug-um-Zug Urteil gibt dem Gläubiger nur eine Vollstreckungsmöglichkeit (§ 274 II BGB).

Beim handelsrechtlichen Zurückbehaltungsrecht (§ 369 HGB) ist im Gegensatz hierzu der Berechtigte befugt, sich aus dem zurückbehaltenen Gegenstand für seine Forderung zu befriedigen (§ 371 I 1 HGB).

2. Leistungsverweigerungsrecht

Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubiger steht (§ 275 II 1 BGB). Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat (§ 275 II 2 BGB). Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann (§ 275 III BGB).

3. Einrede des nichterfüllten gegenseitigen Vertrags (§ 320 BGB)

Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung (Gegenseitigkeitsleistung z. B. Kaufpreiszahlung) bis zur Bewirkung der Gegenleistung (z. B. Übereignung) verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist (§ 320 I 1 BGB). Wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird (§ 323 I 1 BGB). Gegenüber einer Klage bewirkt die vom Schuldner erhobene Einrede, dass der Schuldner nur zur Erfüllung Zug um Zug zu verurteilen ist (§ 322 BGB).

 

§ 5 Leistungsstörungen

In den meisten Fällen läuft das Schuldverhältnis bis zu seiner vollständigen Erfüllung durch Leistung ungestört ab. In Einzelfällen kommt es aber zu Störungen, die in erster Linie die Leistung selbst betreffen. Als Grundfälle von allgemeinen, d. h. an sich in jedem Schuldverhältnis möglichen Leistungsstörungen sind Unmöglichkeit, Verzug, Pflichtverletzung auf Seiten des Schuldners und Annahmeverzug (Gläubigerverzug) auf Seiten des Gläubigers anerkannt.

I. Unmöglichkeit

Unmöglichkeit ist die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen bestehende Nichtbewirkbarkeit der Leistung des Schuldners. Wirtschaftliche Unmöglichkeit ist Unmöglichkeit nur, wenn die Leistung praktisch unmöglich ist. Vorübergehende Unmöglichkeit ist Unmöglichkeit nur, sofern kein Ende der Nichtbewirkbarkeit abzusehen ist oder das Warten bis zu einem absehbaren Ende der Nichtbewirkbarkeit dem Gläubiger nicht zugemutet werden kann.

1. Auswirkung auf Seiten des Schuldners

Nach § 275 I BGB ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner unmöglich ist (subjektive Unmöglichkeit) oder für jedermann unmöglich ist (objektive Unmöglichkeit). Dies gilt auch, wenn die Leistung von Anfang (Begründung des Schuldverhältnisses) an unmöglich war (anfängliche Unmöglichkeit), weil es nach § 311a I BGB der Wirksamkeit eines Vertrags nicht entgegensteht, dass der Schuldner nach § 275 I-III nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. Nach § 311a II kann der Gläubiger nach seiner Wahl Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner Aufwendungen in dem in § 284 BGB bestimmten Umfang verlangen, es sei denn, dass der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. § 281 I 2, 3 und V findet entsprechende Anwendung (§ 311a II 3 BGB).

2. Auswirkung auf Seiten des Gläubigers

Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326 BGB.

a) Schadensersatz

Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen, sofern der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Zu vertreten hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, inbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist (§ 276 I 1 BGB), wobei die Vorschriften der §§ 827 und 828 BGB entsprechende Anwendung finden (§ 276 I 2 BGB), die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann (§ 276 III BGB) und von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit ist, wer nur für die Sorgfalt einzustehen hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 277 BGB). Außerdem hat der Schuldner ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient (Erfüllungsgehilfen), in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden (§ 278 S. 1 BGB), wobei aber die Vorschrift des § 276 III BGB keine Anwendung findet (§ 278 S. 2 BGB), so dass die Haftung wegen Vorsatzes der Erfüllungsgehilfen im Voraus erlassen werden kann.

Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 BGB verlangen, Schadensersatz statt der Leistung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 BGB, des § 282 BGB oder des § 283 BGB.

aa) Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung (§ 281 BGB)

Soweit der Schuldner die Leistung bei Fälligkeit nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger bei zu vertretender Pflichtverletzung des Schuldners (§ 280 BGB) Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat (§ 281 I 1 BGB). Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat (§ 281 I 2 BGB). Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist (§ 281 I 3 BGB).

Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen (§ 281 II BGB). An die Stelle der Fristsetzung tritt, wenn nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht kommt, eine Abmahnung (§ 281 III BGB).

Verlangt der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz, ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen (§ 281 IV BGB). Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, kann der Schuldner seine erbrachte Teilleistung nach den §§ 346-348 BGB zurückverlangen (§ 281 V BGB).

bb) Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 II BGB

Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 II BGB, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 I BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist (§ 282 BGB).

cc) Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht

Braucht der Schuldner nach § 275 I-III nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 I Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wobei § 281 I 2, 3 und § 281 V entsprechende Anwendung finden.

b) Ersatz der Aufwendungen

Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden (§ 284 BGB).

c) Herausgabe des Ersatzes

Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 I-III nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen (§ 285 I BGB). Kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich dieser, wenn er Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangt, um den Wert des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs (§ 285 II BGB).

d) Gegenseitiger Vertrag

Braucht der Schuldner nach § 275 I-III BGB nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung (§ 326 I 1). Bei einer Teilleistung findet § 441 III BGB entsprechende Anwendung. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner im Fall der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 I-III BGB nicht zu erbringen braucht (§ 326 I 2 BGB).

Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 I-III BGB nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich (vom Gläubiger zu vertretende Unmöglichkeit) oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand während des Annahmeverzugs des Gläubigers ein, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung (§ 326 II 1 BGB), muss sich aber anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ §26 II BGB).

Verlangt der Gläubiger nach § 285 BGB Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet, doch mindert sich diese gemäß § 441 III BGB insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt (§ 326 III BGB).

Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346-348 BGB zurückgefordert werden (§ 326 IV BGB).

Braucht der Schuldner nach § 275 I-III nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten. Auf den Rücktritt findet § 323 BGB mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist (§ 326 V BGB).

II. Verzug

1. Voraussetzungen

Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung, durch Erhebung der Klage auf Leistung sowie durch Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren in Verzug (§ 286 I BGB). Der Mahnung bedarf es nicht, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der besondere Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist (§ 286 II BGB). Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Dies gilt, wenn der Schuldner Verbraucher ist, nur, wenn auf dies Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Bei Unsicherheit über den Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung bei einem Verbraucher tritt der Verzug spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung ein (§ 286 III BGB).

Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbliebt, den er nicht zu vertreten hat.

2. Rechtsfolgen

a) Schadensersatz wegen Verzögerung

Der Gläubiger kann unter der Voraussetzung des § 286 BGB nach § 281 II BGB Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung verlangen (Verzugsschaden, Verspätungsschaden).

b) Vertretenmüssen von Fahrlässigkeit und Zufall

Während des Verzugs hat der Schuldner jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Selbst für die während des Verzugs durch Zufall eintretende Unmöglichkeit der Leistung hat er einzustehen, falls nicht der Schaden ebenso bei rechtzeitiger Leistung eingetreten wäre (§ 287 BGB).

c) Verzugszinsen

Eine Geldschuld ist während des Verzuges mit 5 bzw. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bzw. einem anderweitig begründeten höheren Zinssatz zu verzinsen (§ 288 BGB).

d) Rechtshängigkeit

Führt der Gläubiger durch Erhebung einer Klage Rechtshängigkeit herbei, so gelten für diese Lage die Regeln der §§ 291f. BGB (Prozesszinsen, Haftung bei Herausgabepflicht nach den Regeln über das Verhältnis zwischen Eigentümer und nichtberechtigtem Besitzer ab Rechtshängigkeit d. h. §§ 989, 987, 994 II ff. BGB). Da in den §§ 818 IV BGB auf diese Regelung verwiesen wird, hat sie erhebliche tatsächliche Bedeutung.

III. Gläubigerverzug (Annahmeverzug)

1. Voraussetzungen

Der Gläubiger kommt in Gläubigerverzug, wenn er die ihm angebotene (und noch erbringbare) Leistung nicht annimmt. Auf Seiten des Schuldners ist dafür erforderlich, dass der Schuldner alles tut, was notwendig ist, damit der Gläubiger nur noch zuzugreifen braucht. Das bedeutet grundsätzlich ein tatsächliches Angebot des Schuldners am Leistungsort (§ 294 BGB, Bringschuld), in bestimmten Fällen (§ 295 BGB, Holschuld) ein nur wörtliches Angebot und in wieder einigen anderen Fällen (§ 296 BGB) nicht einmal ein wörtliches Angebot.

2. Rechtsfolgen

Nimmt der Gläubiger nicht nur vorübergehend (§ 299 BGB) nicht an, so entsteht der Annahmeverzug, in dem der Schuldner nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat (§ 300 I BGB), bei Gattungssachen die Gefahr auf den Gläubiger übergeht (§ 300 II BGB), bei verzinslichen Geldschulden die Verzinsungspflicht entfällt (§ 301 BGB), die Herausgabepflicht für Nutzungen sich auf die gezogenen Nutzungen beschränkt (§ 302 BGB) und der Schuldner evtl. den Besitz aufgeben (§ 303 BGB) sowie Ersatz seiner durch den Gläubigerverzug verursachten Mehraufwendungen verlangen darf (§ 304 BGB).

 

§ 6 Beendigung

Das Schuldverhältnis endet aus einer ganzen Reihe von Gründen. Sie sind - allerdings nicht vollständig - in den §§ 346ff. BGB aufgeführt. Zu ihnen gehören Leistungsstörung, Rücktritt (bzw. Kündigung), Erfüllung, Hinterlegung, Aufrechnung, Erlass, Novation, Konfusion, Zeitablauf, Zweckerreichung (str.), Bedingungseintritt, Aufhebungsvertrag und evtl. Tod eines Teils.

Im Einzelnen ist dabei zu unterscheiden zwischen dem Schuldverhältnis im weiteren Sinn und dem Schuldverhältnis im engeren Sinn. Durch die Beendigung eines Anspruches (z. B. durch Erfüllung) endet nicht ohne weiteres zugleich die gesamte, dieses einzelne Recht umhüllende Rahmenbeziehung. Deren Ende tritt vielmehr erst bei einer endgültigen Abwicklung der gesamten zwischen den Parteien auf Grund dieses besonderen Anknüpfungspunktes bestehenden Beziehungen (schuldrechtlicher Art) ein.

I. Leistungsstörung

Nach den §§ 275 I, 326 I 1BGB ist ein Anspruch gegen den Schuldner unter den jeweils dort genannten Voraussetzungen ausgeschlossen.

II. Rücktritt

1. Wesen des Rücktritts

Rücktritt ist die einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die ein Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis mit dem Ziel umgewandelt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen. Das Rücktrittsrecht ist also ein Gestaltungsrecht zum Zweck der Aufhebung der im Erstgeschäft begründeten Leistungspflichten und der Begründung eventueller Rückleistungspflichten.

2. Voraussetzungen

Erforderlich für den Rücktritt nach den §§ 346ff. BGB ist ein Rücktrittsrecht, der Nichtausschluss des Rücktritts (vgl. § 350 BGB) und die fristgerechte Rücktrittserklärung (§ 349 BGB).

3. Rechtsfolgen

Rechtsfolge des Rücktritts ist (das Erlöschen der Erfüllungsansprüche und) das Entstehen von Zug um Zug zu erfüllenden (§ 348 S. 1 BGB) Rückgewähransprüchen auf bereits bewirkte Leistungen innerhalb des insofern abgewandelten ursprünglichen Schuldverhältnisses: Es sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben (§ 346 I BGB).

Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist, wobei aber die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht bleibt (§ 346 II 1 BGB). Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen. Ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war (§ 346 II 2 BGB). Die Pflicht zum Wertersatz entfällt, wenn (1) sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, (2) soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, (3) wenn im Fall eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser die Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, doch ist in diesen Fällen eine verbleibende Bereicherung herauszugeben (§ 346 III BGB).

Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus § 346 I BGB nach den §§ 280-283 BGB Schadensersatz verlangen (§ 346 IV BGB).

Zieht der Schuldner Nutzungen entgegen den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, so ist er dem Gläubiger zum Wertersatz verpflichtet, wobei er im Fall eines gesetzlichen Rücktrittsrechts hinsichtlich der Nutzungen nur für die Sorgfalt einzustehen hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 347 I BGB).

Gibt der Schuldner den Gegenstand zurück, leistet er Wertersatz oder ist seine Wertersatzpflicht nach § 346 III Nr. 1, 2 BGB ausgeschlossen, so sind ihm notwendige Verwendungen zu ersetzen, andere Aufwendungen, soweit der Gläubiger durch diese bereichert wird (§ 347 BGB).

III. Erfüllung

Erfüllung ist das Bewirken der Leistung durch den Schuldner gegenüber dem Gläubiger, durch welches das Schuldverhältnis erlischt (§ 362 I BGB). Im Gegensatz hierzu erbringt der Schuldner bei der Leistung an Erfüllungs Statt statt der geschuldeten Leistung eine andere, nicht geschuldete Leistung, so dass das Schuldverhältnis nur erlischt, wenn der Gläubiger diese andere Leistung an Erfüllungs Statt annimmt (§ 364 I BGB, Abänderungsvertrag, beachte § 365 BGB). Daneben ist es auch möglich, dass der Schuldner dem Gläubiger neben der schon vorhandenen Befriedigungsmöglichkeit eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit verschaffen will mit dem Zusatz, dass der Gläubiger in erster Linie auf die zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit (Leistung erfüllungshalber) zugreifen soll. Hier erlischt die ursprüngliche Schuld mit der tatsächlichen Befriedigung aus dem erfüllungshalber geleisteten Gegenstand (z. B. der abgetretenen Forderung gegen einen Dritten). Bei der Übernahme einer neuen Verbindlichkeit durch den Schuldner liegt nach § 364 II BGB im Zweifel nur Leistung erfüllungshalber vor.

Leistung bedeutet dabei die Herbeiführung des Leistungserfolges durch die jeweils erforderliche Leistungshandlung (z. B. Tathandlung beim Dienstvertrag, Rechtsgeschäft beim Kauf), wobei bei beschränkt Geschäftsfähigen bzw. Geschäftsunfähigen der gesetzliche Vertreter als Empfangszuständiger mitwirken bzw. handeln muss. Sachlich ist bewirkt, wenn außer der Leistungshandlung des Schuldners (z. B. Abgabe seiner Willenserklärung und Aufgabe seines Besitzes) auch der Leistungserfolg beim Gläubiger verwirklicht wurde (z. B. Erlangung des Eigentums durch den Gläubiger). Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so erlischt die Schuld nur, wenn der Gläubiger vorher einwilligt oder nachher genehmigt (§§ 362 II, 185 BGB). Als zum Empfang einer Leistung ermächtigt gilt dabei allerdings jeder Überbringer einer (echten) Quittung (§ 370 BGB).

Hinsichtlich der Tilgungswirkung einer Leistung auf mehrere Schulden geben die §§ 366f. BGB Auslegungsregeln. Die Beweislast für die Leistung trägt grundsätzlich der Schuldner (vgl. jedoch § 363 BGB). Auf Verlangen (und Kosten) des Schuldners hat der Gläubiger ein schriftliches Empfangsbekenntnis (Quittung) auszustellen (§ 368 BGB) und einen eventuellen Schuldschein zurückzugeben (§ 371 BGB, vgl. § 952 I 1 BGB).

IV. Hinterlegung

Hinterlegung ist die im Rahmen eines Schuldverhältnisses erfolgende Übergabe einer hinterlegungsfähigen Sache (§§ 372 S. 1 BGB, 373 HGB) durch den Schuldner an die öffentliche Hinterlegungsstelle (Amtsgericht des Leistungsorts, § 1 Hinterlegungsordnung), die durch den auf Antrag des Schuldners ergehenden Verwaltungsakt der Annahmeanordnung mit dem Schuldner eine öffentlichrechtliche Sonderverbindung begründet. Hinterlegen kann der Schuldner im Gläubigerverzug und bei einer dem Gläubiger zuzurechnenden Unsicherheit der Erfüllung (§ 372 BGB).

Schließt der Schuldner die Rücknahme der hinterlegten Sache aus oder liegt ein sonstiger Rücknahmeausschlussgrund vor, wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit wie durch Leistung frei (§ 378 BGB). Für einen eventuellen Eigentumsübergang auf den Gläubiger bedarf es aber neben der in der Regel in der Hinterlegungsanzeige (§ 374 II BGB) des Schuldners an den Gläubiger liegenden Einigungserklärung des Schuldners noch der Übereignungserklärung (Einigungserklärung) des Gläubigers, für welche die Hinterlegungsstelle Empfangsbotin des Schuldners ist.

V. Aufrechnung

Aufrechnung ist die wechselseitige Tilgung zweier sich gegenüberstehender, ihrem Gegenstand nach gleichartiger Forderungen zweier Gläubiger bzw. Schuldner durch einseitige empfangsbedürftige bedingungsfeindliche Willenserklärung (einer Seite) (§§ 387ff. BGB). Die Aufrechnungserklärung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in dem sie zur Aufrechnung geeignet (vgl. die §§ 390ff. BGB) einander gegenübergetreten sind (§ 389 BGB).

Zulässig ist auch der im Gesetz nicht geregelte Aufrechnungsvertrag, der weder Gegenseitigkeit noch Fälligkeit der Gegenforderung voraussetzt (z. B. vertragliche Anerkennung des Saldos im Kontokorrentverhältnis [§ 355 HGB]).

VI. Erlass und negatives Schuldanerkenntnis

1. Erlass ist der auf Grund der Vertragsfreiheit ohne weiteres mögliche, formlose, abstrakte Verfügungsvertrag zwischen Gläubiger und Schuldner, durch den der Gläubiger auf seine Forderung verzichtet (§ 397 I BGB).

2. Negatives Schuldanerkenntnis ist der Vertrag, in dem der Gläubiger dem Schuldner gegenüber anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht besteht (§ 397 II BGB).

 

§ 7 Personelle Erweiterungen

I. Beteiligung Dritter

1. Echter Vertrag zugunsten Dritter

Statt einer Vertragspartei kann aus einem Vertrag zwischen zwei Parteien auch ein Dritter berechtigt werden (echter Vertrag zugunsten Dritter, §§ 328ff. BGB, z. B. Bezugsberechtigter beim Lebensversicherungsvertrag zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsnehmer). Voraussetzung dafür, dass der Dritte, der geschäftsunfähig sein kann, aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erwirbt, ist eine entsprechende Berechtigungsabrede der Vertragsparteien. Zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger als den vertragsschließenden Parteien besteht ein sog. Deckungsverhältnis, zwischen Begünstigtem und Versprechendem ein Anspruch auf die Leistung.

Nicht zulässig ist demgegenüber der Vertrag zu Lasten Dritter, der schuldrechtliche Verfügungsvertrag zugunsten Dritter (str.) und der dingliche Vertrag zugunsten Dritter (str.).

2. Unechter Vertrag zugunsten Dritter

Bei dem im Gesetz nicht geregelten unechten Vertrag zugunsten Dritter erhält der Dritte keinen Anspruch gegen den Schuldner, sondern nur eine Ermächtigung (z. B. § 329 BGB, Erfüllungsübernahme). Macht der Gläubiger seinen Anspruch geltend, muss er (vereinbarungsgemäß) Leistung an den Dritten verlangen.

3. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte

Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 II BGB kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen (§ 311 III BGB). Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst (§ 311 III 2 BGB), Hier trifft den Schuldner eine Schutzpflicht (außer gegenüber dem Gläubiger) auch gegenüber Dritten, die mit der Leistung des Schuldners erkennbar mehr oder minder zwangsläufig in Berührung kommen (Leistungsnähe) und für deren Wohl und Wehe der Gläubiger verantwortlich ist (Schutzpflicht z. B. für Angestellte, Familienangehörige, Vereinsmitglieder, Mieter). Hat der Schuldner eine Verletzung dieser Schutzpflicht zu vertreten, so hat er dem Drittem den daraus erwachsenden Schaden zu ersetzen (z. B. haftet der Elektrounternehmer auch für den Schaden, den sein Gehilfe bei den Kindern des Bestellers schuldhaft verursacht).

4. Drittschadensliquidation

In einer Reihe von Fällen ergibt sich die eigenartige Gestaltung, dass ein an sich Berechtigter keinen Schaden und ein an sich Geschädigter keine Ersatzberechtigung hat (z. B. in den Fällen der §§ 447 I, 2174 BGB, Einkaufskommission usw.). Hier würde der Schädiger allein deswegen von seiner Ersatzpflicht frei, weil der Schaden, der sich in der Regel beim Gläubiger verwirklicht, wegen der besonderen Lage ausnahmsweise in der Person des Dritten eintritt. Hier kann und muss der hypothetisch Anspruchsberechtigte den Schaden des anspruchslos geschädigten Dritten beim Schädiger geltend machen (vgl. auch § 281 BGB).

5. Erfüllungsgehilfe

Bedient sich der Schuldner zur Erfüllung seiner Pflichten eines (schuldfähigen, str.) Dritten (z. B. der Werkunternehmer eines Arbeiters), so hat er nach § 278 BGB für dessen Verschulden wie für eigenes Verschulden einzustehen. Gleiches gilt für einen vom Erfüllungsgehilfen seinerseits zugezogenen Erfüllungsgehilfen.

6. Leistung durch Dritte und an Dritte

Die Leistung durch einen Dritten, der nicht bereits Erfüllungsgehilfe des Schuldners ist, ist zulässig (§ 267 I 1 BGB). Die Leistung an einen Dritten ist nur gemäß § 362 II BGB wirksam.

II. Parteiänderung

Innerhalb eines Schuldverhältnisses kann sich die Person des Gläubigers oder die Person des Schuldners ändern, wobei dies durch Rechtsgeschäft, Gesetz oder öffentlichrechtlichen Einzelakt geschehen kann.

1. Parteiänderung auf der Seite des Gläubigers

a) Abtretung

Eine Forderung kann ganz oder teilweise von dem Gläubiger (Altgläubiger, Zedent) durch Vertrag (Abtretung, Zession) mit einem anderen (Neugläubiger, Zessionar) auf diesen übertragen werden. Mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages, d. h. mit der wirksamen Einigung über seinen Inhalt (z. B. A erklärt, N eine bestimmte Forderung abzutreten, N ist damit einverstanden), tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Der Vertrag ist also ein Verfügungsgeschäft über die Forderung, das am ehesten dem Verfügungsgeschäft Übereignung von Sachen zur Seite gestellt werden kann. Ihm liegt wie der Übereignung in der Regel ein Verpflichtungsgeschäft (z. B. Forderungskauf, vgl. § 433 BGB) zugrunde, zu dem es das Erfüllungsgeschäft bildet. Das Verfügungsgeschäft ist dabei in seinem Bestand vom Bestand seines Grundgeschäfts (z. B. Forderungskauf) unabhängig (Abstraktionsprinzip). Eine Verknüpfung findet nur über die §§ 812ff. BGB statt, wonach die Forderung, die durch eine rechtsgrundlose Abtretung (z. B. Nichtigkeit des Forderungskaufes) erlangt wurde, zurückzuübertragen ist. Dies hat dann durch eine (erneute) Abtretung (Rückabtretung) seitens des Bereicherungsschuldners zu geschehen.

Die Abtretung ist formlos möglich. Allerdings bedarf die Übertragung einer durch eine Hypothek gesicherten Forderung der Erteilung der Abtretungserklärung in schriftlicher Form sowie der Übergabe des Hypothekenbriefes (§ 1154 I BGB, vgl. auch § 792 I 2 BGB).

Die Forderung muss bestehen oder wenigstens zur Entstehung kommen können. Einen guten Glauben an den Bestand einer nicht bestehenden Forderung gibt es nicht. Allerdings kann sich der Schuldner, der eine Urkunde über die Schuld ausgestellt hat, dann, wenn die darin bezeugte Forderung unter Vorlegung der Urkunde abgetreten wird, dem neuen Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, dass die Eingehung oder Anerkennung des Schuldverhältnisses nur zum Schein erfolgt ist, es sei denn, dass der neue Gläubiger bei der Abtretung den Sachverhalt kannte oder kennen musste (§ 405 BGB).

Die Forderung muss wenigstens bestimmbar sein. Sie muss so individualisiert sein, dass spätestens im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung kein Zweifel darüber besteht, ob und inwieweit von der Abtretung gerade die geltendgemachte Forderung erfasst ist. Bei der sog. Globalzession wird hierfür etwa die Bestimmung „alle aus einer bestimmten Art von Rechtsgeschäften erwachsenden Forderungen“ als ausreichend angesehen.

Die Forderung muss abtretbar sein. Nicht abtretbar sind Forderungen, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhaltes erfolgen kann (§ 399 1. Alt. BGB, z. B. Urlaubsanspruch), wenn die Abtretung durch (zulässige) Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen wurde (§ 399 2. Alt BGB), wenn die Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist (§ 400 BGB) oder wenn eine gesetzliche Einzelbestimmung die Abtretung ausschließt.

Mit der Abtretung bleibt der bisherige Gläubiger zwar weiterhin Partei des Schuldverhältnisses im weiteren Sinn, doch tritt im Übrigen der neue Gläubiger an seine Stelle. Dementsprechend wird der neue Gläubiger nicht Partei des Schuldverhältnisses als Rahmenbeziehung, wohl aber Gläubiger der wirksam abgetretenen Forderung. Mit dieser gehen die Hypotheken (nicht dagegen die Grundschulden), Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über (§ 401 I BGB, weiter auch Rechte aus Vormerkung, aus Erfüllungsübernahme oder auf Auskunft).

Der Schuldner bleibt Partei des Schuldverhältnisses im weiteren Sinn, erhält aber einen neuen Gläubiger der abgetretenen Forderung. An ihn muss er leisten, während er seine Gestaltungsrechte dem alten Gläubiger gegenüber geltend machen muss. Dem neuen Gläubiger gegenüber kann er alle Einwendungen (z. B. aus den §§ 117, 138, 362 BGB) entgegensetzen, die in ihrem Rechtgrund bereits zur Zeit der Abtretung gegeben gewesen waren (§ 404 BGB), sowie alle Einwendungen, welche die Gültigkeit der Abtretung selbst betreffen. Der neue Gläubiger muss jede Leistung, die der Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen Gläubiger bewirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, dass der Schuldner die Abtretung bei der Leistung oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt (§ 407 I BGB). Wird eine bereits vom Gläubiger an einen neuen Gläubiger abgetretene Forderung von dem bisherigen Gläubiger nochmals an einen Dritten abgetreten, so finden, wenn der Schuldner an den Dritten leistet, oder wenn zwischen dem Schuldner und dem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Rechtsstreit anhängig wird, zugunsten des Schuldners (Schuldnerschutz) die Vorschriften des § 407 BGB dem früheren Erwerber gegenüber entsprechende Anwendung (§ 408 I BGB). Zeigt der Gläubiger dem Schuldner an, dass er die Forderung abgetreten habe, muss er dem Schuldner gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Dem neuen Gläubiger gegenüber ist der Schuldner nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde zur Leistung verpflichtet (§ 410 I 1 BGB, vgl. auch § 410 I 2 BGB).

Sonderformen der Abtretung sind Sicherungszession (Abtretung nur zur Sicherung einer Forderung mit auflösender Bedingung oder Rückübertragungsverpflichtung bei Eintritt des zu sichernden Vorganges), bei welcher der Sicherungsgeber in der Regel aus der Sicherungsabrede zur Einziehung der Forderung beim Schuldner ermächtigt und verpflichtet ist, Inkassoabtretung (mit der kausalen Abrede, dass der Neugläubiger die Forderung im eigenen Namen für Rechnung des Altgläubigers einziehen soll), der etwas weiterreichende sog. factoring-Vertrag (Abtretung an den factor zu vollem eigenen Risiko gegen Abschlag) und die Vorausabtretung befristeter, bedingter und künftiger Forderungen.

Gemäß § 413 BGB finden die Vorschriften über die Übertragung einer Forderung entsprechende Anwendung auf die Übertragung anderer Rechte. Allerdings gelten vielfach vorrangige Sonderrechtssätze.

b) Legalzession

In vielen Fällen ordnen gesetzliche Vorschriften den Übergang einer Forderung von einer Person auf eine andere an. Für diesen gesetzlichen Forderungsübergang finden nach den §§ 412ff. BGB die §§ 399 bis 410 BGB (ausgenommen § 405 BGB) entsprechende Anwendung.

c) Übergang durch Hoheitseinzelakt

Auch durch öffentlichrechtlichen Einzelakt kann an die Stelle eines bisherigen Gläubigers ein neuer Gläubiger gesetzt werden (vgl. die §§ 829, 835 ZPO, Überweisung an Zahlungs Statt).

2. Parteiänderung auf Seiten des Schuldners

a) Schuldübernahme

Eine Schuld kann von einem Dritten durch formlosen Vertrag mit dem Gläubiger (ohne Mitwirkung des Schuldners) in der Weise übernommen werden, dass der Dritte an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt (§ 414 BGB, abzugrenzen von Erfüllungsübernahme, Garantievertrag und Bürgschaft). Statt des Vertrages zwischen Übernehmer und Gläubiger ist auch eine Vereinbarung zwischen Übernehmer und Schuldner möglich, deren Wirksamkeit allerdings von der Genehmigung des Gläubigers abhängt (§ 415 I 1 BGB, schwebende Unwirksamkeit bis zur Genehmigung, beachte § 416 BGB). Durch die (privative oder befreiende) Schuldübernahme wird der bisherige Schuldner von der Verbindlichkeit frei, bleibt aber Partei des Schuldverhältnisses im weiteren Sinn, hat also die zugehörigen Gestaltungsrechte. Der neue Schuldner wird Verpflichteter der Schuld, kann aber nach § 417 I 1 BGB dem Gläubiger alle Einwendungen entgegensetzen, die sich aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner ergeben, und außerdem die Unwirksamkeit der Übernahme geltend machen. Infolge der Schuldübernahme erlöschen die für die Forderung bestellten Bürgschaften und Pfandrechte (§ 418 I 1 BGB), sofern die Betreffenden nicht der Schuldübernahme zustimmen.

Bei dem Sonderfall der gesetzlich nicht geregelten kumulativen Schuldübernahme (Schuldbeitritt) tritt der neue Schuldner nur zusätzlich neben den alten Schuldner, dessen Rechtsstellung sich dadurch grundsätzlich nicht ändert. Der Gläubiger gewinnt dadurch nur einen zusätzlichen Schuldner.

b) Erbschaftskauf

Der Käufer einer Erbschaft oder eines Erbteils hat von dem Abschluss des Kaufes an den Nachlassgläubigern neben dem Verkäufer einzustehen (§ 2382 I 1 BGB).

c) Handelsgeschäftsübernahme

Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma (Namen) fortführt, hat für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers einzustehen (§ 25 I 1 HGB, vgl. weiter die §§ 28, 130 HGB).

3. Parteiwechsel im Schuldverhältnis im weiteren Sinn (Vertragsübernahme)

Der gesetzlich nicht geregelte Wechsel einer Partei im gesamten Schuldverhältnis ist nach § 311 BGB zulässig. Er erfordert entweder einen dreiseitigen Vertrag aller Beteiligten oder einen Vertrag zweier Beteiligter und die Zustimmung des Dritten. Kraft Gesetzes tritt eine neue Partei etwa im Falle der §§ 566 I (Veräußerung eines vermieteten Grundstückes), 563, 613a BGB an die Stelle einer bisherigen Partei.

III. Parteimehrheit

An einem Schuldverhältnis können sowohl auf der Seite des Gläubigers wie auch auf der Seite des Schuldners mehrere Personen in unterschiedlicher Weise beteiligt sein.

1. Teilschuldverhältnisse

Teilschuldverhältnisse sind nur möglich bei teilbaren Leistungen (vgl. §§ 431f. BGB).

a) Teilgläubigerschaft

Haben mehrere eine teilbare Leistung zu fordern, so ist im Zweifel jeder Gläubiger nur zu einem gleichen Anteil berechtigt (§ 420 BGB, selten, weil für Gläubiger ohne Interesse). Der Schuldner ist jedem Gläubiger nur zum entsprechenden Anteil verpflichtet, kann also jedem Gläubiger den ihm gebührenden Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigern (§ 320 I 2 BGB).

b) Teilschuldnerschaft

Schulden mehrere eine teilbare Leistung, so ist im Zweifel jeder Schuldner nur zu einem gleichen Anteil verpflichtet (§ 420 BGB, selten, weil für Gläubiger ohne Interesse). Der Gläubiger kann von jedem Schuldner nur den entsprechenden Anteil der Leistung verlangen, aber seine Gegenleistung insgesamt verweigern, bis jeder Schuldner seine ganze Leistung bewirkt hat (§ 320 I 2 BGB).

2. Gesamtschuldverhältnisse

Beim Gesamtschuldverhältnis ist zwar die geschuldete Leistung nur einmal zu erbringen, doch hat jeder von mehreren Gläubigern einen Anspruch auf die gesamte Leistung und ist jeder von mehreren Schuldnern zur ganzen Leistung verpflichtet.

a) Gesamtgläubigerschaft

Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist, so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten (§ 428 S. 1 BGB). Durch die Leistung an einen Gläubiger wird er gegenüber allen frei, weshalb die Gesamtgläubigerschaft selten ist. Im Innenverhältnis kann eine Ausgleichspflicht bestehen (§ 430 BGB).

b) Gesamtschuldnerschaft

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist, so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet (§ 421 BGB).

Eine Gesamtschuld entsteht außer durch besondere Vereinbarung schon dadurch, dass sich mehrere Personen durch Rechtsgeschäft gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung verpflichten (§ 427 BGB) oder dadurch, dass mehrere eine unteilbare Leistung schulden (§ 431 BGB, vgl. auch die §§ 840, 2058 BGB, 128 HGB). Die Gesamtschuld ist deshalb die Regelform des Schuldens mehrerer.

Nach der Rechtsprechung liegt eine echte Gesamtschuld nur vor, wenn ein innerer Zusammenhang bzw. eine Zweckgemeinschaft zwischen den mehreren Verbindlichkeiten besteht. Damit sollen alle Fälle ausgeschieden werden, in denen durch die Leistung des einen (z. B. des Versicherers) nicht der Anspruch gegen einen anderen (z. B. den Schädiger) erlöschen soll.

Wird einer der Gesamtschuldner (allein) vom Gläubiger in Anspruch genommen, so muss er zwar leisten, kann aber in der Regel im Innenverhältnis einen Ausgleich von den anderen Gesamtschuldnern verlangen (§ 426 I BGB, Teilschuldnerschaft, oder sonstige gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Bestimmung). Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleich verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über, wobei dieser Übergang nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden kann (§ 426 II BGB). Dem folgen die Nebenrechte nach den §§ 412, 401 BGB.

3. Gemeinschaftsschuldverhältnisse

a) Bruchteilsgläubigerschaft

Steht ein Recht mehreren gemeinschaftlich zu (§ 741 BGB), so hat jeder Teilnehmer einen ideellen Anteil, über den er nach § 747 S. 1 BGB verfügen kann (beachte § 747 S. 2 BGB wegen des gesamten Gegenstandes).

b) Gesamthandsgemeinschaft

Bei Gesamthandsgemeinschaft steht die Forderung allen Beteiligten zur gesamten Hand zu, so dass nur alle gemeinschaftlich verfügen können und nur an alle gemeinschaftlich geleistet werden kann (vgl. die §§ 719 I, 1419 I, 2033 II BGB). Bei der Gesamthandsschuldnerschaft kann der Gläubiger die Forderung nur gegen alle Schuldner in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit geltend machen und nur in das gesamthänderisch gebundene Sondermögen vollstrecken, doch gilt für Gesamthandsgemeinschaften in der Regel auch das Gesamtschuldprinzip.

c) Mehrere Gläubiger einer unteilbaren Leistung

Haben mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an sie gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, dass der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert (§ 432 BGB). Für das Innenverhältnis der Gläubiger gelten eventuell die §§ 741ff. BGB, welche die Möglichkeit vorsehen, durch Stimmenmehrheit eine bestimmte Verwaltung und Benutzung zu beschließen.


§ 8 Einzelne Schuldverhältnisse

Von den rund 30 im besonderen Teil des Schuldrechts als besondere Schuldverhältnisse behandelten Geschäftstypen stehen die rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse im Vordergrund. Dabei geht es in einer ersten Gruppe um die Überlassung von Gegenständen einer Person an eine andere, sei es hinsichtlich des Eigentums oder hinsichtlich des Besitzes, sei es entgeltlich oder unentgeltlich (§§ 433-610 BGB). In einer zweiten Gruppe werden die Tätigkeiten einer Person für eine andere Person behandelt (§§ 611ff. BGB). Hieran schließen sich schuldrechtliche Gemeinschaften (§§ 705ff. BGB), die knapp geregelten sonstigen rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse sowie die gesetzlichen Schuldverhältnisse.

I. Kauf

Der Kauf ist das praktisch bedeutsamste schuldrechtliche Geschäft einer Verkehrswirtschaft. Er ist in den §§ 433ff. BGB geregelt. Er ist ein Verpflichtungsgeschäft, von dem auf Grund des Abstraktionsprinzips das seiner Erfüllung dienende Verfügungsgeschäft (Übereignung, Abtretung) streng zu trennen ist.

1. Wesen

Kauf ist ein gegenseitiger Vertrag, durch den sich der eine Teil (Verkäufer) zur endgültigen Übertragung eines Gegenstands (Kaufgegenstands) in die Rechtszuständigkeit eines anderen und der andere Teil (Käufer) zur Zahlung des vereinbarten Preises (Kaufpreises) verpflichtet (§ 433 BGB).

2. Arten

§ 433 BGB geht von dem Kauf einer Sache (Sachkauf) aus. Nach § 453 I BGB finden aber die Vorschriften über den Kauf von Sachen auf den Kauf von Rechten (Rechtskauf) (oder Forderungen [Forderungskauf]) und sonstigen Gegenständen entsprechende Anwendung. Der Kauf kann ein einzelnes, durch individuelle Merkmale gekennzeichnetes Stück betreffen (Stückkauf, Spezieskauf) oder den Kauf (eines Stückes mittlerer Art und Güte) aus einer Gattung (Gattungskauf, Genuskauf). Der Kauf unter Kaufleuten (Handelskauf) ist im Handelsgesetzbuch, der Kauf auf Probe, der Wiederkauf, der Vorkauf und der Verbrauchsgüterkauf in den §§ 454ff. BGB.

3. Entstehung

Der Kaufvertrag entsteht durch zwei sich gegenseitig deckende Willenserklärungen des Käufers und des Verkäufers, wobei das Angebot von jeder der beiden Seiten ausgehen kann. Der Verkäufer muss dem Inhalt nach erklären, dem Käufer (gegen Kaufpreiszahlung) eine Sache übergeben und das Eigentum an der Sache verschaffen zu wollen bzw. das Recht verschaffen und, wenn das Recht zum Besitz einer Sache berechtigt, die Sache übergeben zu wollen. Der Käufer muss umgekehrt sinngemäß erklären, dem Verkäufer (gegen dessen Leistung) den vereinbarten Kaufpreis bezahlen und die gekaufte Sache abnehmen zu wollen (§ 433 BGB).

Der Vertrag ist grundsätzlich formfrei. Allerdings bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben (Grundstückskauf), der notariellen Beurkundung (§ 311b I BGB). Wird diese Form nicht eingehalten, ist der Vertrag nichtig (§ 125 S. 1 BGB). Der Vertrag wird allerdings seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung ins Grundbuch erfolgen (§ 311b I 2 BGB). Außerdem bedarf ein Verbraucherdarlehensvertrag mindestens der Schriftform (§ 492 I 1 BGB).

Der Kaufgegenstand braucht im Zeitpunkt des Vertragschlusses noch nicht zu bestehen. Es ist auch nicht notwendig, dass er dem Verkäufer gehört. Kaufgegenstand können außer Sachen und Rechten auch Sachgesamtheiten (z. B. Unternehmen, Vermögen), Chancen (z. B. Los), Erfahrungen, Ideen, Energien oder sonstige Gegenstände sein (§ 453 I BGB). Nicht kaufen kann man (grundsätzlich) Geld oder den Besitz einer Sache.

4. Inhalt

a) Der Verkäufer einer Sache ist verpflichtet, dem Verkäufer das Eigentum an der Sache (samt Zubehör) zu verschaffen (§ 433 I 1 BGB, vgl. dazu die §§ 873ff. BGB für unbewegliche Sachen und die §§ 929ff. BGB für bewegliche Sachen). Zu diesem Zweck muss er alle Handlungen vornehmen und alle Erklärungen abgeben, die zum Übergang des Eigentums erforderlich sind. Er kann diese Verpflichtungen auch als Nichtberechtigter erfüllen, obgleich hier der Käufer das Eigentum letztlich nur wegen seines guten Glaubens erlangen kann.

Der Verkäufer eines Rechtes oder sonstigen Gegenstands ist verpflichtet, alle Handlungen vorzunehmen, die für den Übergang des Rechts oder sonstigen Gegenstands erforderlich sind (z. B. § 398 BGB, beim Verkauf eines Kundenstamms besteht die Verpflichtung zur Verschaffung etwa durch Rundschreiben oder Zeitungsinserate).

Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln und Rechtsmängeln zu verschaffen (§ 433 I 2 BGB).

Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 I 1 BGB). Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 BGB). Zu der gewöhnlichen Beschaffenheit gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 I, II ProdHaftG) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte (§ 434 I 3 BGB). Ein Sachmangel ist auch dann gegeben, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Ein Sachmangel liegt bei einer zu Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die Sache ist fehlerfrei montiert worden (§ 434 II BGB). Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache oder eine zu geringe Menge liefert (§ 434 III BGB).

Die Sache ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können (§ 435 S. 1). Einem Rechtsmangel steht es gleich, wenn im Grundbuch ein nicht bestehendes Recht eingetragen ist (§ 435 S. 2 BGB).

Zusätzlich zur Eigentumsverschaffungspflicht stellt das Gesetz beim Sachkauf die (abdingbare) Pflicht zur Besitzverschaffung durch Übergabe der Sache auf (vgl. die §§ 854ff. BGB, § 448 BGB Übergabekostentragungspflicht). Bei Rechten, die zum Besitz einer Sache berechtigen (z. B. pfandgesicherte Forderung, Nießbrauch, Erbbaurecht), schuldet der Verkäufer ebenfalls die Übergabe der Sache. Hinzu kommen sonstige, auf Grund von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestehende Pflichten (beachte § 436 BGB für Erschließungsbeiträge, öffentliche Abgaben, öffentliche Lasten).

b) Der Käufer hat den im Zweifel sofort fälligen Kaufpreis, der durch sog. Preisklauseln (z. B. netto Kasse, Kasse gegen Faktura, freibleibend) näher bestimmt sein kann, zu bezahlen. Dazu kann er Geldstücke im Werte des Kaufpreises übereignen (§§ 929ff. BGB, Barzahlung). Er kann aber den geschuldeten Betrag auch „überweisen“ (Leistung an Erfüllungs Statt, evtl. Leistung erfüllungshalber).

Zusätzlich muss er die gekaufte (rechtsmangelfreie und sachmangelfreie) Sache abnehmen, d. h. körperlich entgegennehmen (meist Nebenpflicht, bei Vorliegen besonderer Umstände [z. B. leicht verderbliche Ware] evtl. Hauptpflicht). Außerdem können ihn weitere Nebenpflichten treffen (z. B. Kostentragungspflicht für Abnahme und Versendung nach § 448 I BGB, bei Grundstückskauf § 448 II BGB).

5. Leistungsstörungen

Grundsätzlich gelten auch für den Kaufvertrag die allgemeinen Regeln über Leistungsstörungen. Für die Bereiche der Sachmängelgewährleistung, Rechtsmängelgewährleistung und Gefahrtragung stellt das Gesetz aber wichtige Sonderregeln auf (§§ 437ff. BGB).

a) Mangelgewährleistung

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen weiterer Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, nach § 439 BGB Nacherfüllung verlangen, nach den §§ 440, 323 und 326 V BGB von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen (§ 437 BGB).

Die in den § 437 Nr. 1 und 3 bezeichneten Ansprüche verjähren in dreißig Jahren, wenn der Mangel in einem dinglichen Recht eines Dritten, auf Grund dessen Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann, oder in einem sonstigen, im Grundbuch eingetragenen Recht besteht, in fünf Jahren bei einem Bauwerk und bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, und im Übrigen in zwei Jahren (§ 438 I BGB). Die Verjährung beginnt bei Grundstücken mit der Übergabe, im Übrigen mit der Ablieferung der Sache (§ 438 II BGB). Abweichend von § 438 I Nr. 2, 3 und II verjähren die Ansprüche in der regelmäßigen Verjährungsfrist (von drei Jahren), wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Im Fall des Absatzes I Nr. 2 tritt die Verjährung nicht vor Ablauf der dort bestimmten Frist ein.

Für das in § 437 bezeichnete Rücktrittsrecht gilt § 218 BGB. Der Käufer kann trotz einer Unwirksamkeit des Rücktritts nach § 218 I BGB die Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern, als er auf Grund des Rücktritts dazu berechtigt sein würde. Macht er von diesem Recht Gebrauch, kann der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten (§ 438 IV BGB).

Auf das in § 437 BGB bezeichnete Minderungsrecht finden § 218 BGB und § 438 IV 2 BGB entsprechende Anwendung (§ 438 V BGB).

aa) Nacherfüllung

Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels an der gelieferten Sache (Nachbesserung) oder die Lieferung einer anderen, mangelfreien Sache verlangen (Nachlieferung) (§ 439 I BGB). Der Verkäufer hat die dafür erforderlichen Aufwendungen zu tragen (§ 439 II BGB). Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 II, III BGB verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist, wobei insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen sind, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung, die allerdings der Verkäufer unter den Voraussetzungen des § 439 III 1 BGB ebenfalls verweigern kann (§ 439 III BGB). Liefert der Verkäufer zum Zweck der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach den §§ 346 bis 348 BGB verlangen (§ 439 IV).

bb) Rücktritt

Der Käufer kann nach den §§ 440, 323 und 326 V BGB vom Kaufvertrag zurücktreten. Außer in den Fällen des § 281 II und des § 323 II BGB bedarf es dabei der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas Anderes ergibt (§ 440 BGB).

cc) Minderung des Kaufpreises

Statt des Rücktritts kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern, wobei der Ausschlussgrund des § 323 V 2 BGB keine Anwendung findet (§ 441 I BGB). Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen, soweit erforderlich durch Schätzung zu ermittelnden Wert gestanden haben würde (z. B. Kaufpreis 100, Wert in mangelfreiem Zustand 120, Wert in mangelhaftem Zustand 60, also geminderter Kaufpreis 100 x 60 : 120 = 50) (§ 441 II BGB). Hat der Käufer bereits mehr als den geminderten Kaufpreis tatsächlich gezahlt, ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zurückzuerstatten, wobei die §§ 346 I und 347 I BGB entsprechende Anwendung finden (§ 441 IV BGB).

dd) Schadensersatz

Der Käufer kann nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz verlangen (§ 437 Nr. 3 BGB). Außer in den Fällen des § 281 II und des § 323 II BGB bedarf es dabei der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas Anderes ergibt (§ 440 BGB).

ee) Ersatz vergeblicher Aufwendungen

Der Käufer kann nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen (§ 437 Nr. 3 BGB).

ff) Ausschluss der Mangelrechte

Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt, doch muss der Verkäufer ein im Grundbuch eingetragenes Recht auch bei Kenntnis des Käufers beseitigen.

Kennt der Käufer zwar einen Mangel nicht, ist er ihm aber nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer wegen dieses Mangels Rechte nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat (§ 442 BGB).

gg) Beschaffenheitsgarantie und Haltbarkeitsgarantie

Übernimmt der Verkäufer oder ein Dritter eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache oder dafür, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält (Haltbarkeitsgarantie), so stehen dem Käufer im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Rechte (aus einem Mangel) die Rechte aus der Garantie zu den in der Garantieerklärung und der einschlägigen Werbung angegebenen Bedingungen gegenüber dem Garantierenden zu (§ 443 I BGB). Soweit eine Haltbarkeitsgarantie übernommen worden ist, wird vermutet, dass ein während ihrer Geltungsdauer auftretender Sachmangel die Rechte aus der Garantie begründet (§ 443 II BGB).

hh) Haftungsausschluss und Haftungsbeschränkung

Grundsätzlich kann die Haftung des Verkäufers für Mängel nach den allgemeinen Bestimmungen ausgeschlossen oder beschränkt werden. Auf eine Vereinbarung, durch die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer aber nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder wenn er eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat (§ 444 BGB). Wird eine Sache auf Grund eines Pfandrechts in einer öffentlichen Versteigerung unter der Bezeichnung als Pfand verkauft, so stehen dem Käufer Rechte wegen eines Mangels nur zu, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat (§ 445 BGB).

b) Gefahrtragung

Mit der Übergabe der verkauften Sache (oder mit Annahmeverzug) geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über, wobei von der Übergabe an dem Käufer die Nutzungen gebühren und er die Lasten der Sache tragen muss (§ 446 BGB). Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat (§ 447 I BGB). Hat der Käufer eine besondere Anweisung über die Art der Versendung erteilt und weicht der Verkäufer ohne dringenden Grund von der Anweisung ab, so ist der Verkäufer dem Käufer für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich (§ 447 II BGB).

6. Beendigung

Das Kaufvertragsschuldverhältnis endet nach den allgemeinen Regeln, also insbesondere durch Erfüllung.

7. Sonderfälle

a) Vorkauf

Vorkauf ist der durch Ausübung eines Vorkaufsrechts zustande kommende Kaufvertrag zwischen einem Verkäufer und einem an die Stelle des Käufers tretenden Vorkaufsberechtigten. Wer (kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäfts) in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkauf berechtigt ist (Vorkaufsberechtigter), kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete (durch das Vorkaufsrecht Verpflichtete) mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat (§ 463 BGB). Die Ausübung des Vorkaufsrecht erfolgt durch formlos mögliche Erklärung des Vorkaufsberechtigten gegenüber dem Verpflichteten (§ 464 I BGB). Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den vom Verpflichteten mit dem Dritten vereinbarten Bestimmungen zustande (§ 464 II BGB).

b) Eigentumsvorbehaltskauf

Eigentumsvorbehaltskauf ist der Kauf (und die Werklieferung) einer Sache, bei dem auf Grund Parteivereinbarung der Verkäufer das Eigentum an einer beweglichen Sache (vgl. § 925 II BGB) trotz der Übergabe nicht sofort, sondern erst bei Eintritt einer Bedingung (z. B. vollständige Zahlung des Kaufpreises) verlieren soll (unbedingter Kaufvertrag mit im Zweifel aufschiebend, vgl. § 449 BGB, bedingter Übereignung). Durch den bloßen schuldrechtlichen Kaufvertrag ändert sich sachenrechtlich nichts. Infolge der aufschiebend bedingten Einigung erlangt der Käufer eine Anwartschaft, über die er in Analogie zu den Regeln über das Eigentum verfügen kann, und infolge der Übergabe den unmittelbaren Besitz. Mit der Zahlung des Restkaufpreises wird der Erwerber regelmäßig Eigentümer und alleiniger Besitzer.

Beim weitergeleiteten Eigentumsvorbehalt verpflichtet sich der Käufer schuldrechtlich, nur das Vorbehaltseigentum (durch Übertragung der Anwartschaft oder mit Einwilligung des Veräußerers durch Übertragung des bedingten Eigentums) weiterzuübertragen. Beim nachgeschalteten Eigentumsvorbehalt verkauft der Anwartschaftsberechtigte, ohne seine bloße Anwartschaft offenzulegen, an einen Dritten unter (zweitem) Eigentumsvorbehalt. Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbaren die Kaufparteien, dass bei (Erlöschen des Eigentumsvorbehalts durch) Weiterveräußerung, Verarbeitung, Vermischung usw. die dabei entstehende Forderung oder Sache zwecks Sicherung der Kaufpreisforderung an die Stelle der unter Eigentumsvorbehalt verkauften ursprünglichen Sache treten soll.

Beim Kontokorrentvorbehalt oder Konzernvorbehalt dient der Eigentumsvorbehalt der Sicherung aller Forderungen eines Gläubigers oder eines Konzerns von Gläubigern.

c) Verbrauchsgüterkauf

aa) Wesen

Verbrauchsgüterkauf ist der Kauf zwischen einem Verbraucher (§ 13 BGB) und einem Unternehmer (§14 I BGB) über eine bewegliche Sache, ausgenommen der Kauf einer gebrauchten, in einer öffentlichen Versteigerung, an welcher der Verbraucher persönlich teilnehmen kann, verkauften Sache (§ 474BGB).

b) Wirkungen

Für den Verbrauchsgüterkauf gelten einige abweichende Bestimmungen (§ 474 II-479 BGB). Insbesondere wird, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar (§ 476 BGB).

d) Tausch

Auf den Tausch, der sich vom Kauf durch das Fehlen einer Geldgegenleistung unterscheidet, finden die Vorschriften über den Kaufvertrag (§§ 433ff. BGB) entsprechende Anwendung (§ 480 BGB).

II. Teilzeit-Wohnrechtevertrag

Teilzeitwohnrechtevertrag ist der Vertrag, durch den ein Unternehmer einem Verbraucher gegen Zahlung eines Gesamtpreises das (dingliche oder andere) Recht verschafft oder zu verschaffen verspricht, für die Dauer von mindestens drei Jahren ein Wohngebäude (oder einen Teil eines Wohngebäudes) jeweils für einen bestimmten oder zu bestimmenden Zeitraum des Jahres zu Erholungszwecken oder zu Wohnzwecken zu nutzen(§ 481 I 1 BGB). Der Vertrag bedarf mindestens der Schriftform (§ 484 I 1 BGB). Der Verbraucher hat ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB (§ 485 I BGB). Von den Vorschriften der §§ 481-487 BGB darf nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden (§ 487 S. 2 BGB).

III. Darlehensvertrag

1. Wesen

Darlehensvertrag ist der Vertrag, durch den der Darlehensgeber verpflichtet wird, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, und der Darlehensnehmer verpflichtet wird, einen geschuldeten Zins (grundsätzlich spätestens nach Ablauf eines Jahres bzw. bei der Rückerstattung) zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten.

2. Arten

Der Darlehensvertrag kann verzinslich oder zinslos gestaltet sein.

3. Entstehung

Der Darlehensvertrag entsteht mit Vertragsabschluss.

4. Inhalt

Der Darlehensgeber ist verpflichtet, den Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist (bei entsprechender, allgemein üblicher Vereinbarung) verpflichtet, den geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten (§ 488 I BGB). Die Fälligkeit der Rückzahlungspflicht hängt von der Vereinbarung, hilfsweise von einer Kündigung mit Dreimonatsfrist ab. Das zinslose Darlehen kann der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zurückzahlen (§ 488 III BGB).

Der Darlehensnehmer hat ein ordentliches Kündigungsrecht (§ 489 BGB), der Darlehensgeber und der Darlehensnehmer haben ein außerordentliches Kündigungsrecht (§ 490 BGB).

5. Verbraucherdarlehensvertrag

Für einen entgeltlichen Darlehensvertrag zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer gelten (grundsätzlich) besondere Vorschriften. Danach ist der Verbraucherdarlehensvertrag grundsätzlich mindestens schriftlich abzuschließen (§ 492 I 1 BGB, beachte § 507 BGB für Existenzgründer bei Geschäften bis zu 50000 Euro). Die vom Darlehensnehmer zu unterzeichnende Vertragserklärung muss einen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt (Nettodarlehensbetrag, Gesamtbetrag aller Teilzahlungen, Art und Weise der Rückzahlung, Zinssatz, effektiver Jahreszins, Kosten einer Versicherung, zu bestellende Sicherheiten) aufweisen (§ 492 I 5 BGB). Besondere Vorschriften gelten für den Überziehungskredit (§ 493 BGB). Formmängel begründen grundsätzlich die Nichtigkeit (§ 494 BGB). Der Darlehensnehmer hat (grundsätzlich) ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB (§ 495 I BGB). Für Verzugszinsen gilt § 497 BGB. Wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers kann der Darlehensgeber den Verbraucherdarlehensvertrag bei einem in Teilzahlungen zu tilgenden Verbraucherdarlehensvertrag nur kündigen, wenn der Darlehensnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen ganz oder teilweise und mindestens mit einem Mindestprozentsatz des Nennbetrags des Darlehens oder des Teilzahlungspreises in Verzug ist und der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer erfolglos eine zweiwöchige Frist zur Zahlung des rückständigen Betrags mit der Erklärung gesetzt hat, dass er bei Nichtzahlung innerhalb der Frist die gesamte Restschuld verlange (§ 498 BGB).

Für Finanzierungshilfen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gelten die §§ 499 ff. BGB. Insbesondere sind auf Teilzahlungsgeschäfte die §§ 501ff. BGB anzuwenden. Danach muss die vom Verbraucher zu unterzeichnende Vertragerklärung einen Mindestinhalt aufweisen und kann dem Verbraucher statt des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht nach § 356 BGB eingeräumt werden.

Für Ratenlieferungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gilt § 505 BGB.

IV. Schenkung

Schenkung ist der einseitig verpflichtende Vertrag, durch den sich der Schenker verpflichtet, dem Beschenkten durch eine Zuwendung aus seinem Vermögen unentgeltlich zu bereichern (str., vgl. die §§ 516ff. BGB). Auf Seiten des Schenkers muss eine Vermögensminderung gewollt sein (z. B. Übereignung einer Sache, Abtretung einer Forderung, nicht genügt z. B. Ausschlagung einer Erbschaft, unentgeltliche Tätigkeit). Auf Seiten des Beschenkten muss eine Vermögensvermehrung angestrebt sein ( z. B. Eigentumserwerb, nicht genügt z. B. eine treuhänderische Übertragung). Der Zuwendung darf keine Gegenleistung (z. B. wenn auch nur in der Form eines erwarteten bestimmten Verhaltens) gegenüberstehen; andernfalls wird aus einer Schenkung mindestens eine (teilweise nach anderen Regeln zu behandelnde) gemischte Schenkung.

Die nicht sofort durch Erfüllung (z. B. Übereignung, Abtretung) vollzogene Schenkung bedarf nach § 518 I 1 BGB hinsichtlich der Willenserklärung des Schenkers der notariellen Beurkundung. Die bei Nichtbeachtung dieser Formerfordernisse an sich nach § 125 S. 1 BGB eintretende Nichtigkeit wird durch die tatsächliche Bewirkung der Leistung (z. B. Übereignung, Abtretung) geheilt (§ 518 II BGB) (nicht genügt hierfür die Beauftragung eines Dritten, dem Bedachten die Sache nach dem Tod des Schenkers zu übergeben).

Nach § 521 BGB hat der Schenker grundsätzlich nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Für Rechtsmängel und für Sachmängel gelten die besonderen Vorschriften der §§ 523f. BGB.

Der Schenker hat die Einrede des Notbedarfs (§ 519 BGB), kann den Schenkungsgegenstand wegen Bedürftigkeit zurückfordern (§ 528 BGB) und die Schenkung wegen groben Undanks des Beschenkten widerrufen (§ 530 BGB).

Schenkung von Todes wegen ist die Schenkung, bei der die Zuwendung unter der Bedingung versprochen wird, dass der Beschenkte den Schenker überlebt und der Schenker sein Versprechen zu Lebzeiten nicht durch Leistung des zugewendeten Gegenstandes vollzieht (§ 2301 BGB). Zwecks Vermeidung von Umgehungsgeschäften unter Lebenden zur Erreichung erbrechtlicher Ziele finden auf eine solche Schenkung die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung (Erbvertrag nötig). War allerdings das Versprechen unbedingt und nur seine Erfüllung auf den Zeitpunkt des Todes hinausgeschoben, gilt einfaches Schenkungsrecht (§ 518 I BGB).

V. Miete, Pacht

1. Wesen

Miete ist der gegenseitige Vertrag, in dem sich der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache (z. B. Grundstück, auch Sachteil [Haus, Raum, Wohnraum] oder Sachgesamtheit) während der Mietzeit gegen Mietzins zu gewähren (§ 535 BGB). Das Mietrecht ist nur noch teilweise im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Im Interesse der sozial schutzbedürftigen Mieter ist es seit dem ersten Weltkrieg in zahlreichen Sondergesetzen (z. B. Wohnungsbindungsgesetz, Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen, Mietrechtsänderungsgesetz) abgeändert worden.

2. Entstehung

Das Mietverhältnis entsteht durch den Abschluss des Mietvertrags. Dieser ist grundsätzlich formfrei möglich, doch wählen die Parteien vielfach vorformulierte schriftliche Mustermiet-verträge. Wird der Mietvertrag über Wohnraum für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit, kann aber frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums gekündigt werden (§ 550 BGB).

3. Inhalt

Vermieter und Mieter haben eine Reihe von Pflichten.

a) Pflichten des Vermieters

Die wichtigste Pflicht des Vermieters ist die Verpflichtung, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren (§§ 535 I S. 1, 536 BGB). Der Vermieter hat deshalb die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und die während er Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten (§ 535 I S. 2 BGB).Wozu der Mieter dabei berechtigt ist, richtet sich nach Vertragsinhalt und Vertragszweck (z. B. Besuche empfangen, Familienangehörige und Hauspersonal aufnehmen, Fahrzeuge abstellen, Antennen errichten, evtl. Tiere halten, Instrumente spielen). Die Erhaltungspflicht des Vermieters wird vielfach im Mietvertrag auf den Mieter abgewälzt. Der Vermieter hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen (§ 535 I 3 BGB).
Der Mieter kann von dem Vermieter Aufwendungen auf die Mietsache, die der Vermieter ihm nicht nach § 536a II BGB zu ersetzen hat, nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen (§ 539 I BGB). Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Mietsache versehen hat (§ 539 II BGB). Der Mieter ist ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie weiter zu vermieten (§ 540 I 1 BGB). Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, so kann der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt (§ 540 I 2 BGB). Überlässt der Mieter den Gebrauch einem Dritten, so hat er ein dem Dritten bei dem Gebrauch zur Last fallendes Verschulden zu vertreten, auch wenn der Vermieter die Überlassung erlaubt hat (§ 540 II BGB). Setzt der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch trotz Abmahnung des Vermieters fort, so kann dieser auf Unterlassung klagen (§ 541 BGB).

b) Pflichten des Mieters

Die wichtigste Pflicht des Mieters ist es, den vereinbarten Mietzins (in Geld) zu zahlen (§ 535 II BGB). Von dieser Verpflichtung wird der Mieter nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Umstand (z. B. Krankheit, Urlaub) an der Ausübung seines Gebrauchsrechts verhindert wird (§ 537 I 1 S. 1 BGB, beachte § 537 I 2 BGB). Solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, ist der Mieter zur Entrichtung der Miete nicht verpflichtet (§ 537 II BGB).

Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache beim Gebrauch nach Treu und Glauben zu behandeln und hat folgerichtig Veränderungen oder Verschlechterungen der gemieteten Sache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht zu vertreten (§ 538 BGB). Nach § 536c I BGB muss er Mängel oder Gefahren anzeigen, wenn er Nachteile vermeiden will. Weiter muss er dem Vermieter den Zutritt zum Zweck regelmäßiger Überprüfung des Zustandes der Mietsache gestatten. Außerdem muss er Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Mietsache dulden.

Sofort nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter die Mietsache (durch Rückübertragung des unmittelbaren Besitzes) zurückzugeben (§ 566 I BGB, keine Gegenseitigkeitspflicht im Sinne der §§ 320ff. BGB). Der Vermieter kann nach § 546 II BGB die Sache sogar von einem Dritten, dem der Mieter sie überlassen hat, zurückverlangen. Mit Ablauf des Mietverhältnisses ist zugleich auch das Recht des Mieters zum Besitz, das ihn vor dem Herausgabeanspruch aus dem eventuellen Eigentum des Vermieters schützt (§ 986 I BGB), erloschen.

4. Leistungsstörungen

Für Leistungsstörungen gelten grundsätzlich die allgemeinen Regeln mit der Maßgabe, dass infolge des Dauerschuldverhältnischarakters der Miete das Rücktrittsrecht allgemein durch das Kündigungsrecht ersetzt ist.

Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt (z. B. Ungeziefer, Ausfall der Heizung, Lärm, Baubeschränkung), oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel (oder fehlt oder entfällt eine zugesicherte Eigenschaft oder wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten entzogen), so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit (§ 536 I-III BGB, nach § 536 IV BGB bei Wohnraum zum Nachteil des Mieters nicht abdingbar).

Ist ein Mangel im Sinne des § 536 BGB bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines vom Vermieter zu vertretenden Umstands oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter außerdem Schadensersatz verlangen(§ 536a I BGB). Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist (§ 536a II BGB).

Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus den §§ 536 und 536a BGB nicht zu (§ 536b S. 1 BGB). Ist ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 536 B S. 2 BGB). Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache in Kenntnis des mangels an, kann er die rechte der §§ 536, 536a BGB nur geltend machen, wenn er sie sich bei der Annahme vorbehält (§ 536b S. 3 BGB).

Zeigt sich im Laufe der Mietzeit ein Mangel der Mietsache oder wird eine Maßnahme zum Schutz der Mietsache gegen eine nicht vorgesehene Gefahr erforderlich oder maßt sich ein Dritter ein Recht an der Sache an, so hat der Mieter dies dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen (§ 536c I BGB). Unterlässt der Mieter die Anzeige, so ist er dem Vermieter zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Soweit der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige keine Abhilfe schaffen konnte, ist der Mieter nicht berechtigt, die in § 536 BGB bestimmten Rechte geltend zu machen, nach § 536a I BGB Schadensersatz zu verlangen oder ohne Bestimmung einer angemessenen Frist zur Abhilfe nach § 543 III 1 BGB zu kündigen (§ 536c II BGB).

Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Mieters wegen eines Mangels der Mietsache ausgeschlossen oder Beschränkt werden, kann sich der Vermieter nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 536d BGB).

5. Beendigung

Das auf bestimmte Zeit eingegangene Mietverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit, sofern es nicht in den gesetzlich zugelassenen Fällen außerordentlich gekündigt oder verlängert wird (§ 542 II BGB). Ist die Mietzeit, wie oft, nicht bestimmt, so kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis nach den gesetzlichen Vorschriften kündigen (§ 542 I BGB). Diese bedarf grundsätzlich keiner Form, bei Mietverhältnissen über Wohnraum jedoch der Schriftform (§ 568 I BGB).

Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 I BGB).

Setzt der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fort, so verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, sofern nicht eine Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem andern Teil erklärt (§ 545 BGB).

6. Sonderfälle

Sonderfälle der Miete sind Wohnungsmiete, Miete anderer Sachen, Pacht, Landpacht und Leasing.

a) Wohnungsmiete

Für Mietverhältnisse über Wohnraum gelten die §§ 535 bis 548 BGB grundsätzlich ebenfalls (§ 549 I BGB), doch sind auch zahlreiche besondere Bestimmungen festgelegt (z. B. Begrenzung der Mietsicherheit auf drei Monatsmieten, Verpflichtung zur verzinslichen Anlage, Entschädigung für Abwendung des Wegnahmerechts des Mieters, Duldungspflicht für erforderliche Modernisierungsmaßnahmen, Unwirksamkeit einer Vertragsstrafe).

Besondere Bedeutung haben etwa Vereinbarungen über Betriebskosten (§§ 556ff. BGB), Regelungen über die Miethöhe (§§ 557ff. BGB). Nach § 562 I BGB hat der Vermieter für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten, der Pfändung unterliegenden Sachen des Mieters. Beim Tod des Mieters tritt der mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führende Ehegatte oder Lebenspartner(, nachrangig auch Kinder,) in das Mietverhältnis ein (§ 563 I BGB). Wird vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein (§ 566 I BGB, Kauf bricht nicht Miete). Bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit kann der Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (§ 573 BGB, beachte die erleichterte Kündung bei einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen § 573a BGB). Die ordentliche Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig, wobei sich die Kündigungsfrist für den Vermieter nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate verlängert (§ 573 c I BGB). Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen (§ 574 I 1 BGB).

b) Miete anderer Sachen

Für Mietverhältnisse über andere Sachen gelten die besonderen Bestimmungen der §§ 578ff. BGB (z. B. Fälligkeit der Miete am Ende der Mietzeit nach § 579 BGB, besondere Kündigungsfristen).

c) Pacht

Pacht ist der gegenseitige Vertrag, bei dem der Verpächter verpflichtet ist, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands (Sache, Recht, sonstiger gebrauchsfähiger Gegenstand) und den Genuss der ordnungsgemäß gezogenen Früchte während der Pachtzeit gegen Entgelt zu gewähren. Auf die Pacht finden grundsätzlich die Vorschriften über die Miete entsprechende Anwendung (§ 581 BGB).

Sonderfälle der Pacht sind Landpacht (§§ 585ff. BGB), Kleingartenpacht, Jagdpacht und Fischereipacht, für die weitgehend Sonderegeln gelten.

d) Leasing

Leasing (Mietkauf) ist ein aus dem amerikanischen Recht übernommener, (meist) der Miete nahestehender, im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht besonders geregelter Vertrag, bei dem sich der Leasinggeber zur Überlassung von Besitz und Nutzung an einer Sache, der Leasinggeber zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet. Im Unterschied zur Miete trägt der Leasinggeber weder die Gefahr des Untergangs der Mietsache noch hat er für Mängel oder Schäden der Mietsache einzustehen. In der Regel kann sich der Leasingnehmer während der Leasingzeit für den Erwerb des Eigentums am betroffenen Gegenstand entscheiden. Beim Produzentenleasing ist Leasinggeber der Hersteller der Sache, beim Finanzierungsleasing ist Leasinggeber eine davon verschiedene Person.

VI. Leihe

Leihe ist der unvollkommen zweiseitig verpflichtende Vertrag, in dem sich der Verleiher verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Sache auf Zeit unentgeltlich zu gestatten (§ 598 BGB). Der Verleiher hat den Gebrauch nur zu gestatten, nicht zu gewähren. Er hat nur Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 599 BGB). Der Entleiher hat die geliehene Sache nach Ablauf der Leihzeit zurückzugeben (§ 604 BGB). Mit diesem Zeitpunkt wird der Rückgabeanspruch des Verleihers fällig.

VII. Sachdarlehen

Sachdarlehen ist der (je nach Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit gegenseitig oder unvollkommen zweiseitig verpflichtende) Vertrag, in dem der Sachdarlehensgeber sich verpflichtet, dem Sachdarlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache (ausgenommen Geld § 607 II BGB, Darlehen 488ff. BGB) zu überlassen, und der Sachdarlehensnehmer (zur Zahlung eines Sachdarlehensentgelts und) bei Fälligkeit zur Rückerstattung von Sachen gleicher Art, Güte und Menge verpflichtet ist (§ 607 BGB). In Abgrenzung zur unregelmäßigen Verwahrung, für die allerdings nach § 700 I 1 BGB das Darlehensrecht bzw. Sachdarlehensrecht entsprechend anzuwenden ist, ist Darlehen bzw. Sachdarlehen dann anzunehmen, wenn es dem Empfänger vorrangig um die Nutzung der Sache geht (z. B. Festgeldkonto, Sparvertrag), unregelmäßige Verwahrung dagegen bei anderen Zwecken (z. B. Girokonto als Anlaufstelle und Ablaufstelle für Zahlungen). Der Sachdarlehensgeber muss dem Sachdarlehensnehmer das Eigentum an der Sachdarlehenssache verschaffen. Der Sachdarlehensnehmer hat ein Entgelt spätestens bei der Rückerstattung des Sachdarlehens zu entrichten (§ 609 BGB). Bei der Rückgabe ist dem Sachdarlehensgeber wieder Eigentum (an anderen Stücken der vertretbaren dargeliehenen Sachen in gleicher Art, Güte und Menge) zu verschaffen.

VIII. Dienstvertrag

1. Wesen

Dienstvertrag ist der gegenseitige Vertrag, in dem sich der Dienstverpflichtete zu (versprochenen) Diensten (irgendeiner Art § 611 II BGB)), der Dienstberechtigte (Dienstherr) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 611 BGB). Im Gegensatz zum Werkvertrag schuldet der Dienstverpflichtete nur seine Dienste, nicht auch einen darüber hinausreichenden Erfolg (z. B. schuldet der Arzt nicht auch die Gesundheit seines Patienten, der Gutachter jedoch ein sachverständiges Ergebnis). Auf die Verhältnisse der öffentlichrechtlichen Bediensteten (z. B. Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes, Arbeiter des öffentlichen Dienstes) sowie die Dienstleistungspflichten der Kinder im Familienrecht (§ 1619 BGB) finden die Rechtssätze über Dienstverträge grundsätzlich keine Anwendung.

2. Arten

Innerhalb der Dienstverträge ist zwischen selbständigen und unselbständigen Diensten zu unterscheiden. Bei den selbständigen Diensten bleibt der Dienstverpflichtete persönlich und wirtschaftlich unabhängig (z. B. Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, Wirtschaftsprüfer). Bei den unselbständigen Diensten ist der Dienstverpflichtete weisungsgebunden und sozial abhängig, so dass das darauf nicht ausreichend abstellende Dienstvertragsrecht von Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Arbeitsrecht weiterentwickelt werden musste.

3. Entstehung

Das Dienstverhältnis entsteht durch Vertrag. Dieser ist grundsätzlich frei in Bezug auf Abschluss, Inhalt und Form. Insbesondere im Arbeitsrecht ist diese Form aber durch Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung verschiedentlich eingeschränkt. Nach § 2 des sog. Nachweisgesetzes vom 28. 7. 1995 hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Da der Vertrag ein Dauerschuldverhältnis begründet, werden Willensmängel des Abschlusses nicht rückwirkend beachtet.

4. Inhalt

Der Dienstverpflichtete ist zur Leistung von Diensten der versprochenen Art (in Person, § 613 BGB) verpflichtet. Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jedweder Art sein. Im Einzelnen richtet sich der Inhalt nach zwingenden gesetzlichen Vorschriften, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Einzelvertrag, Weisung, Verkehrssitte, abänderbaren Rechtssätzen und Treu und Glauben. Aus § 242 BGB können sich auch Nebenpflichten ergeben.

Der Dienstberechtigte ist zur Gewährung der vereinbarten Vergütung (nach Leistung der Dienste) verpflichtet. Im Zweifel ist dabei die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen (§ 612 II BGB). Der Art nach ist die Vergütung in der Regel in Geld zu entrichten.

Außerdem ist der Dienstberechtigte nach § 242 BGB etwa zur angemessenen Beschäftigung und zur gleichmäßigen Behandlung verpflichtet. Nach Kündigung hat er dem Dienstverpflichteten auf dessen Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren (§ 629 BGB) und ein schriftliches Zeugnis zu erteilen (§ 620 BGB), das nicht unwahr und nicht unvollständig sein darf.

5. Leistungsstörungen

Für Leistungsstörungen gelten die allgemeinen Bestimmungen, wenn auch die Vollstreckung von Erfüllungsansprüchen des Dienstberechtigten Schwierigkeiten aufwirft. Im Annahmeverzug des Dienstberechtigten bleibt der Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten bestehen (§ 615 BGB). Der Vergütungsanspruch geht auch nicht dadurch verlustig, dass der Dienstverpflichtete für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit (bis zu 6 Wochen) durch einen in seiner Person liegenden Grund (z. B. Krankheit, Eheschließung, Geburt eines Kindes, Umzug) ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird (§ 616 I 1 BGB, beachte aber § 616 I 2 BGB [Vorteilsausgleich]). Bei Betriebsstörungen kommt es nach der sog. Sphärentheorie darauf an, aus welcher Risikosphäre das die Unmöglichkeit verursachende Ereignis herrührt (z. B. gehört ein Teilstreik zur Risikosphäre des Dienstverpflichteten).

6. Beendigung

Das Dienstverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit, mit dem Tod des Dienstverpflichteten und mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Im Übrigen wird es durch Kündigung nach Maßgabe der §§ 621ff. BGB beendet. Danach ist (ordentliche, fristgebundene) Kündigung bei Dienstverhältnissen, die nicht Arbeitsverhältnisse sind, bei Vergütung nach Tagen an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages möglich, bei Vergütung nach Wochen spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends, bei Vergütung nach Monaten spätestens am fünfzehnten eines Monates für den Schluss des Kalendermonats. Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Endes eines Kalendermonats schriftlich (§ 623 BGB)gekündigt werden, während einer vereinbarten Probezeit von höchstens sechs Monaten mit einer Frist von zwei Wochen. Besteht das Arbeitsverhältnis in einem Betrieb oder Unternehmen mehr als zwei, fünf, acht, zehn, zwölf, fünfzehn oder 20 Jahre, so beträgt die Kündigungsfrist für eine Kündigung durch den Arbeitgeber einen Monat, zwei, drei, vier, fünf, sechs oder sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats. Aus wichtigem Grund (z. B. sexuelle Ansinnen, Diebstahl) kann (binnen 2 Wochen ab Kenntnis des Grundes) fristlos gekündigt werden (§ 626 BGB).

Ein Betriebsübergang beendet dagegen das Arbeitsverhältnis nicht (§ 613a I, II BGB, Eintritt des Erwerbers in die Rechte und Pflichten des Veräußerers), ebensowenig die Insolvenz des Dienstberechtigten oder ein Arbeitskampf.

IX. Werkvertrag

1. Wesen

Werkvertrag ist der Vertrag, durch den sich der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks (Herstellung einer Sache, Veränderung einer Sache, durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender anderer Erfolg) (aus einem Stoff des Bestellers), der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 BGB). Danach schuldet der Unternehmer einen Erfolg im Sinne eines unmittelbar durch eine Tätigkeit herbeizuführenden Ergebnisses (z. B. Errichtung eines Gebäudes, Beförderung an einen anderen Ort). Nicht dagegen trägt er darüberhinaus das Risiko eines damit erstrebten späteren oder weiteren Erfolges (z. B. gewinnbringende Nutzung des errichteten Gebäudes).

2. Entstehung

Der Werkvertrag entsteht durch die sich deckenden Willenserklärungen der Beteiligten. Er bedarf keiner besonderen Form.

3. Inhalt

Der Unternehmer ist verpflichtet, unter Einhaltung der anerkannten Regeln seines Handwerks, seines Fachs oder seiner Kunst das Werk rechtzeitig, mangelfrei (frei von Sachmängeln und Rechtsmängeln § 633 I BGB) und mit den gegebenenfalls zugesicherten Eigenschaften selbst oder durch Erfüllungsgehilfen herzustellen. Ist er Eigentümer oder Besitzer des Werkes (z. B. Maler eines Porträts, nicht z. B. Beförderungsunternehmer), so hat er dem Besteller auch Eigentum oder Besitz zu verschaffen. Hinzukommen können aus § 242 BGB verschiedene Aufklärungspflichten, Schutzpflichten und Treuepflichten. Nach § 650 II BGB muss beim sog. unverbindlichen Kostenvoranschlag der Unternehmer dann, wenn sich bei der Herstellung die Gefahr einer wesentlichen Überschreitung des Anschlages ergibt, dem Besteller unverzüglich Anzeige erstatten, falls er sich nicht seinerseits der Gefahr einer Schadensersatzverpflichtung aussetzen will.

Der Besteller hat die vereinbarte Vergütung und bei Fehlen einer Vereinbarung im Zweifel die taxmäßige oder übliche Vergütung zu entrichten (§§ 631 I, 632 BGB, z. B. bei Kostenvoranschlägen als Teil einer zu erwartenden Gesamtleistung keine Vergütung, 632a BGB Abschlagszahlungen). Zu entrichten ist die Vergütung bei der Abnahme des Werks (bzw. seiner Teile) (§ 641 I BGB). Soweit zur Herstellung des Werks eine Mitwirkungshandlung des Bestellers erforderlich ist, muss der Besteller diese vornehmen (vgl. weiter die §§ 642f. BGB).

Weiter muss der Besteller das vertragsmäßig hergestellte Werk abnehmen (§§ 640ff. BGB, Gegenseitigkeitspflicht, str.), sofern nicht die Abnahme nach der Beschaffenheit des Werkes ausgeschlossen ist. Hierunter ist in der Regel sowohl die körperliche Entgegennahme der Leistung wie auch ihre (mindestens konkludente) Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß zu verstehen (vgl. BGHZ 48, 262).

Nach § 647 BGB hat der Unternehmer für seine Forderungen aus dem Vertrag ein Pfandrecht an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen des Bestellers, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zweck der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind. Nicht erfasst hiervon werden Sachen Dritter. Hinsichtlich dieser erlangt der Unternehmer kein gutgläubiges Pfandrecht, sondern nur ein Herausgabeverweigerungsrecht nach § 1000 BGB.

Nach § 648 BGB kann der Unternehmer eines Bauwerks oder eines einzelnen Teils eines Bauwerks für seine Forderungen (auch Teilforderungen) aus dem Vertrag die Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstück des Bestellers fordern und mit Hilfe einer eventuellen einstweiligen Verfügung durch Vormerkung (§ 885 BGB) auch verhältnismäßig rasch absichern. Nach § 648a BGB kann er Sicherheit für von ihm zu erbringende Vorleistungen verlangen.

4. Leistungsstörungen

Abweichend von den allgemeinen Bestimmungen gelten für Leistungsstörungen Sonderregeln. Nach § 644 I 3 BGB ist für den zufälligen Untergang und eine zufällige Verschlechterung des von dem Besteller gelieferten Stoffs der Unternehmer nicht verantwortlich. Dagegen trägt für das Werk selbst der Unternehmer die Leistungsgefahr und die Gegenleistungsgefahr bis zur Abnahme (§ 644 I 1 BGB). Er muss also grundsätzlich trotz zufälligen Untergangs des Werks noch erfüllen und erhält die Vergütung nur dann, wenn er erfüllt. Mit der Abnahme bzw. Vollendung des Werks, dem Annahmeverzug und mit der Auslieferung an die Transportperson (bei Verlangen der Versendung durch den Besteller) geht allerdings die Gegenleistungsgefahr auf den Besteller über (§ 644 BGB, vgl. auch § 645 BGB).

Für die Mangelgewährleistung gelten die §§ 633ff. BGB. Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 633 II 1 BGB). Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann (§ 633 II 2 BGB). Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt (§ 633 II 3 BGB). Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können (§ 633 III BGB). Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller grundsätzlich nach § 635 BGB Nacherfüllung (nach Wahl des Unternehmers Mangelbeseitigung oder Neuherstellung) verlangen, nach § 637 den Mangel selbst beseitigen (Selbstvornahme) und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, nach den §§ 636, 323 und 326 V von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 BGB die Vergütung mindern und nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen (§ 634 BGB), wobei die Mangelansprüche des § 634 Nr. 1, 2 und 4 BGB grundsätzlich in zwei Jahren, bei einem Bauwerk in fünf Jahren und im Übrigen in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) verjähren (§ 634a BGB). Auf einen vereinbarten Ausschluss oder eine vereinbarte Beschränkung der Rechte des Bestellers wegen eines Mangels, kann sich der Unternehmer nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit des Werkes übernommen hat (§ 639 BGB.

5. Beendigung

Der Werkvertrag endet nach den allgemeinen Regeln. Nach § 649 S. 1 BGB kann der Besteller bis zur Vollendung des Werkes den Vertrag jederzeit kündigen, doch ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss sich jedoch das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder anderweitig erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 649 S. 2 BGB).

6. Sonderfälle des Werkvertrags sind Werklieferungsvertrag und Reisevertrag.

Beim Werklieferungsvertrag verpflichtet sich der Unternehmer, das Werk (nicht aus einem vom Besteller gelieferten Stoff, sondern) aus einem von ihm zu beschaffenden Stoff herzustellen. Auf diesen Vertrag ist (bei vertretbaren Sachen) das Kaufvertragsrecht anzuwenden. Bei nicht vertretbaren Sachen (eigentlicher Werklieferungsvertrag) gelten auch die §§ 642, 643, 645, 649 und 650 BGB (§ 651 BGB).

Reisevertrag ist der Vertrag, durch den sich der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden gegen den vereinbarten Reisepreis eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen (§ 651a BGB). Zum Schutz der Reisenden hat der Gesetzgeber eine Reihe von Vorschriften erlassen, von denen nicht zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden kann (§§ 651bff., 651m BGB) (z. B. Ersetzungsbefugnis bzw. Vertragsübertragung, Abhilfe, Minderung, Kündigung wegen Mangels, Schadensersatz, Haftungsbeschränkung, Rücktritt).

X. Mäklervertrag (Maklervertrag)

Wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags oder für die Vermittlung eines Vertrags einen Maklerlohn (Mäklerlohn) verspricht, ist zur Entrichtung des Maklerlohnes nur verpflichtet, wenn der Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers (Mäklers) zustandekommt (§ 652 I 1 BGB). Das Versprechen eines Heiratsvermittlungslohns (Ehemaklerlohn) begründet keine einklagbare Verbindlichkeit, doch kann das auf Grund des Versprechens Geleistete nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat (§ 656 I BGB). Der Makler ist grundsätzlich zum Tätigwerden nicht verpflichtet.

XI. Auslobung

Wer durch öffentliche (nicht widerrufene) Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung (z. B. Ermittlung eines Unfallbeteiligten oder eines Straftäters) aussetzt (einseitiges Rechtsgeschäft), ist verpflichtet, die Belohnung dem zu entrichten, der die Handlung als erster vorgenommen hat, auch wenn er nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat (§ 657 BGB).

XII. Auftrag

1. Wesen

Auftrag ist der unvollkommen zweiseitig verpflichtende Vertrag, durch den sich der Beauftragte verpflichtet, für den Auftraggeber unentgeltlich ein Geschäft (z. B. Schneeräumen, Einkaufen) zu besorgen (§§ 662ff. BGB). Im Gegensatz zur Vollmacht, die dem Bevollmächtigten eine Rechtsmacht gegenüber Dritten gewährt, den Vollmachtgeber zu verpflichten oder zu berechtigen (Außenverhältnis), verpflichtet (und berechtigt) der Auftrag, der vielfach der Vollmacht zugrundeliegt, den Beauftragten dem Auftraggeber gegenüber (Innenverhältnis).

2. Entstehung

Der Auftrag kommt durch zwei sich deckende Willenserklärungen der Beteiligten zustande. Nach § 663 BGB ist allerdings der, welcher zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist oder sich öffentlich oder dem Auftraggeber gegenüber erboten hat, verpflichtet, dem Auftraggeber eine eventuelle Ablehnung unverzüglich anzuzeigen.

3. Inhalt

Der Beauftragte ist verpflichtet, das Geschäft für den Auftraggeber (im Zweifel persönlich) auszuführen (§ 664 BGB). Er muss grundsätzlich den Weisungen des Auftraggebers folgen (§ 665 BGB) und Nachrichten und Auskünfte geben (§ 666 BGB). Das, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Besorgung des Geschäfts erlangt, hat er dem Auftraggeber herauszugeben (§ 667 BGB, str. für Schmiergeld).

Der Auftraggeber muss dem Beauftragten die Aufwendungen (freiwillige Vermögensopfer wie z. B. Reisekosten, nicht Bestechungsgeld), die der Beauftragte für erforderlich halten durfte, ersetzen (§ 670 BGB).

4. Beendigung

Der Auftraggeber kann den Auftrag jederzeit widerrufen, der Beauftragte den Auftrag jederzeit kündigen (§ 671 I 1 BGB).

5. Sonderfälle

a) Geschäftsbesorgungsvertrag

Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung im Sinne einer selbständigen Tätigkeit wirtschaftlicher Art in fremdem Interesse gegen Entgelt zum Gegenstand hat (Geschäftsbesorgungsvertrag, z. B. Hausverwaltung), finden die §§ 663, 665-670, 672-674 BGB und evtl. auch 671 II BGB entsprechende Anwendung.

b) Überweisungsvertrag

Durch den Überweisungsvertrag wird das (überweisende) Kreditinstitut gegenüber dem Überweisenden verpflichtet, dem Begünstigten (baldmöglichst) einen bestimmten Geldbetrag zur Gutschrift auf dessen Konto beim überweisenden Kreditinstitut zur Verfügung zu stellen (Überweisung) sowie (übliche) Angaben zur Person des Überweisenden und einen angegebenen Verwendungszweck mitzuteilen. Soll die Gutschrift durch ein anderes Kreditinstitut erfolgen, ist das überweisende Kreditinstitut verpflichtet, den Überweisungsbetrag rechtzeitig (baldmöglichst) und grundsätzlich ungekürzt dem Kreditinstitut des Begünstigten zu übermitteln. Der Überweisende kann, soweit vereinbart, dem Kreditinstitut den zu überweisenden Geldbetrag auch in bar zur Verfügung stellen (§ 676a I BGB).

c) Zahlungsvertrag

Durch den Zahlungsvertrag verpflichtet sich ein zwischengeschaltetes Kreditinstitut gegenüber einem anderen Kreditinstitut im Rahmen des Überweisungsverkehrs einen Überweisungsbetrag an ein weiteres Kreditinstitut oder an das Kreditinstitut des Begünstigten weiterzuleiten (§ 676d I BGB).

d) Girovertrag

Girovertrag ist der Vertrag, durch den das Kreditinstitut verpflichtet wird, für den Kunden ein Konto einzurichten, eingehende Zahlungen (im Zweifel innerhalb eines Bankgeschäftstags nach dem Gutschriftstag) gutzuschreiben und abgeschlossene Überweisungsverträge zu Lasten dieses Kontos abzuwickeln und dem Kunden eine weitergeleitete Angabe zur Person des Überweisenden und zum Verwendungszweck mitzuteilen (§ 676f BGB).

XIII. Verwahrung

Verwahrung ist der (je nach Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit gegenseitige bzw. unvollkommen zweiseitig verpflichtende) Vertrag, durch den sich der Verwahrer verpflichtet, eine ihm vom Hinterleger übergebene bewegliche Sache unter Gewährung von Raum und Übernahme von Obhut zu verwahren (aufzubewahren) (§ 688 BGB). Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern (§ 695 BGB), der Verwahrer dann, wenn eine Zeit für die Aufbewahrung nicht bestimmt ist, die Rücknahme jederzeit verlangen. Der unentgeltliche Verwahrer hat nur für die Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 690 BGB, mindestens Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit).

Sonderfälle der Verwahrung sind unregelmäßige Verwahrung (§ 700 BGB), Lagergeschäft und Depotgeschäft.

XIV. Einbringung von Sachen bei Gastwirten

Ein Gastwirt, der gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung (also nicht nur zur Verköstigung) aufnimmt, hat (auch ohne Verschulden) den Schaden zu ersetzen, der durch den Verlust, die Zerstörung oder die Beschädigung von Sachen (ausgenommen Fahrzeuge, in Fahrzeugen belassene Sachen, Tiere) entsteht, die ein im Betrieb dieses Gewerbes aufgenommener Gast eingebracht (vgl. § 701 II BGB) hat (§ 701 I BGB, durch § 702 BGB auf höchstens 3500 Euro, bei Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten 800 Euro beschränkt). Seinerseits hat er für seine Forderungen (z. B. Beherbergungskosten) ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Gasts (§ 704 BGB).

XV. Bürgschaft

1. Wesen

Bürgschaft ist der einseitig verpflichtende Vertrag, in dem sich der Bürge (aus unterschiedlichen Gründen) gegenüber dem Gläubiger eines Schuldners verpflichtet, für die (auch nur künftige oder bedingte) Schuld (dieses Dritten, Hauptschuldners) gegenüber dem Gläubiger einzustehen (§ 765 BGB). Keine Bürgschaften (sondern nur bürgschaftsähnlich) sind der Kreditauftrag (§ 778 BGB), die Schuldmitübernahme, die Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) und der Garantievertrag (sowie die Wechselbürgschaft, Art. 30ff.WG).

2. Entstehung

Die Bürgschaft entsteht durch Vertrag zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger, bei dem die Willenserklärung eines Bürgen, für den die Bürgschaft nicht ein Handelsgeschäft ist (§ 350 HGB), der Schriftform bedarf (§ 766 S. 1 BGB, beachte auch § 766 S. 2 BGB).

Wird der Bürge durch die Bürgschaft überfordert, kann die Bürgschaft unter besonderen Umständen (z. B. Verwandtschaft, Abhängigkeit als Arbeitnehmer) wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein.

3. Inhalt

Der Bürge (, der durch die Bürgschaft nicht an die Stelle des Schuldners, der Schuldner bleibt, tritt,) ist durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet, dem Gläubiger für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten in deren jeweiligen Bestand (sog. Akzessorietät der Bürgschaftsschuld im Verhältnis zur Hauptschuld) einzustehen (§ 767 BGB). Er kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden (z. B. Verjährung, Nichterfüllung) geltend machen (§ 780 I 1 BGB), kann die Einrede der Vorausklage (gegen den Hauptschuldner) erheben (§ 771 BGB, beachte aber § 773 BGB, selbstschuldnerische Bürgschaft) und kann sich auf alle Mängel des Bürgschaftsvertrags selbst berufen.

4. Beendigung

Die Bürgschaft endet nach den allgemeinen Regeln. Der Bürge kann nach § 775 BGB vom Hauptschuldner Befreiung verlangen und wird nach § 776 BGB bei Aufgabe einer Sicherheit durch den Gläubiger frei.

Soweit der Bürge den Gläubiger (freiwillig oder zwangsweise) befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner samt allen Sicherungsrechten auf ihn über (§§ 774, 412, 401 BGB, gesetzlicher Forderungsübergang). Zugleich entsteht in der Regel ein Anspruch des Bürgen gegen den Schuldner auf Aufwendungserstattung aus Geschäftsführung ohne Auftrag, Geschäftsbesorgung oder Auftrag (§§ 683, 675, 670 BGB).

5. Sonderfall

Gläubiger und Bürge können eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbaren.

XVI. Vergleich

Vergleich ist der gegenseitige Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit mindestens zweier Beteiligter (Parteien) über (tatsächliche oder rechtliche Teile) ein(es) Rechtverhältnis(es im weitesten Sinn) im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (§ 779 I 1 BGB). Der Inhalt des Vergleichs kann sehr verschieden sein. Unwirksam ist der Vergleich, wenn der als feststehend zugrundegelegte Sachverhalt (Geschäftsgrundlage) der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

Der Prozessvergleich ist Vergleich und Prozesshandlung.

XVII. Schuldversprechen, Schuldanerkenntnis

1. Schuldversprechen

Schuldversprechen ist der einseitig verpflichtende Vertrag, in dem der Schuldner dem Gläubiger eine Leistung als bewusst von einem (meist bestehenden) Grund losgelöste (und damit abstrakte) Verbindlichkeit verspricht (§ 780 BGB). Das Versprechen bedarf grundsätzlich der Schriftform (§§ 780, 782 BGB, 350f. HGB). Ist das Schuldversprechen an Erfüllungs Statt abgegeben, erlischt die (in der Regel) zugrundeliegende Schuld. Ist das Schuldversprechen ohne Rechtsgrund abgegeben worden, weil etwa eine zugrundeliegende Schuld nicht besteht, kann es nach § 812 BGB herausverlangt werden (beachte auch § 821 BGB).

2. Schuldanerkenntnis

Schuldanerkenntnis (konstitutives Schuldanerkenntnis) ist der einseitig verpflichtende Vertrag, in dem der Schuldner anerkennt, dem Gläubiger eine Leistung als bewusst von einem meist bestehenden Grund losgelöste (und damit abstrakte) Verbindlichkeit zu schulden (§ 781 BGB, anders das bloß deklaratorische Schuldanerkenntnis). Die Anerkennungserklärung bedarf grundsätzlich der Schriftform (§§ 781, 782 BGB, 350, 351 HGB). Das negative Schuldanerkenntnis ist in § 397 II BGB geregelt.

XVIII. Anweisung

1. Wesen

Anweisung ist die schriftliche Aufforderung (Urkunde) des Anweisenden (z. B. Ausstellers, oft ein Käufer) an den Angewiesenen (z. B. Bezogenen, oft ein Kreditinstitut), Geld, Wertpapiere oder andere vertretbare Sachen an einen Dritten (Anweisungsempfänger, Nehmer, Remittent, oft ein Verkäufer), der die Anweisungsurkunde vorlegt, zu leisten (§ 783 BGB). Zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisenden besteht das Grundverhältnis (Deckungsverhältnis), das den Grund angibt, weshalb der Angewiesene angewiesen werden kann und der Anweisung Folge leisten wird (z. B. Schuld des Angewiesenen gegenüber dem Anweisenden, Schenkung, Geschäftsbesorgungsvertrag). Zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger besteht das Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis), das den Grund angibt, weshalb der Anweisende dem Anweisungsempfänger eine Leistung (von Seiten des Angewiesenen) zukommen lassen will (z. B. Schuld des Anweisenden gegenüber dem Anweisungsempfänger, Schenkung, Kreditgewährung).

2. Entstehung

Grundsätzlich erfordert die Entstehung einer Anweisung einen Vertrag zwischen Anweisendem und Anweisungsempfänger. Ausnahmsweise können zum Schutz des Rechtsverkehrs Ausstellung der Urkunde durch den Anweisenden und Gutgläubigkeit des Anweisungsempfängers genügen.

3. Inhalt

Durch die Anweisung wird der Anweisungsempfänger ermächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenem im eigenen Namen zu erheben. Außerdem wird der Angewiesene ermächtigt, im eigenen Namen für Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten (§ 783 BGB). Einen Anspruch auf Leistung des Angewiesenen hat der Anweisungsempfänger (noch) nicht.

Nimmt der Angewiesene die Anweisung durch einen schriftlichen Vermerk auf der Anweisungsurkunde (§ 784 II 1 BGB) an, so ist er durch die Annahme dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet (§ 784 I BGB).

4. Beendigung

Die Anweisung endet nach den allgemeinen Regeln.

5. Sonderfälle

Sonderfälle der Anweisung sind kaufmännische Anweisung (§ 363 HGB), Wechsel und Scheck.

XIX. Inhaberschuldverschreibung

1. Wesen

Inhaberschuldverschreibung ist die Urkunde, in welcher der Aussteller dem (jeweiligen) Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (§ 793 I 1 BGB, z. B. Industrieanleihe, Pfandbrief, Dividendenschein, Lotterielos, beachte die Formerleichterung durch § 793 II 2 BGB).

2. Entstehung

Die Inhaberschuldverschreibung entsteht durch (schriftliche) Ausstellung einer Urkunde und Annahme des ersten Inhabers oder (zum Schutz des Rechtsverkehrs) gutgläubigen Erwerb durch den Inhaber. Auf ihre Wirksamkeit ist es ohne Einfluss, wenn die Urkunde ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig geworden ist (§ 794 II BGB).

3. Inhalt

Der jeweilige Inhaber der Urkunde kann die versprochene Leistung vom Aussteller verlangen, es sei denn, dass er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist (§ 793 I 1 BGB, z. B. Dieb). Umgekehrt kann der Aussteller mit befreiender Wirkung an jeden Inhaber (auch an den Dieb) leisten (§ 793 I 2 BGB), es sei denn, dass er weiß, dass der Inhaber zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist (vgl. § 242 BGB). Eine Pflicht zur Leistung trifft ihn nur bei gleichzeitiger Aushändigung der Urkunde (§ 797 BGB).

Der Aussteller wird aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber auch dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen worden oder verloren gegangen oder wenn sie sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist (§ 794 I BGB).

Das Recht aus der Urkunde folgt dem Recht an der Urkunde, so dass das Recht aus der Urkunde durch Übereignung der Urkunde (§§ 929ff. BGB) übertragen wird.

4. Beendigung

Die Inhaberschuldverschreibung endet nach den allgemeinen Regeln.

5. Sonderfälle

Als Sonderfälle der Inhaberschuldverschreibung sind Inhaberzeichen (Inhabermarken, Inhaberkarten, Fahrkarten, vgl. § 807 BGB) und Namenspapiere mit Inhaberklausel (hinkende Inhaberpapiere, z. B. Sparbuch, Depotschein, Leihhausschein, vgl. § 808 BGB, wonach der Inhaber anders als bei der Inhaberschuldverschreibung nicht berechtigt ist, die Leistung zu verlangen) geregelt.

XX. Gemeinschaft

1. Wesen

Gemeinschaft (Bruchteilsgemeinschaft) ist jede gemeinschaftliche Inhaberschaft eines einzelnen Rechts (z. B. Eigentum. Forderung, Patent, auch Besitz) durch mehrere, für die keine besonderen Bestimmungen eingreifen (§ 741 BGB).

2. Entstehung

 Die Gemeinschaft, auf deren Recht die §§ 731 S. 2 (Gesellschaft), 1477 I (Gütergemeinschaft), 2042 II, 2044 I BGB (Erbengemeinschaft) verweisen, entsteht in den häufigsten Fällen durch tatsächliches äußeres Geschehen (z. B. Verbindung, Vermischung, Sammellager, Sammelverwahrung).

3. Inhalt

Im Zweifel stehen den Teilhabern gleiche (ideelle, rechnerische) Anteile am gemeinschaftlichen Recht zu (§ 742 BGB, hinsichtlich der Früchte und des Gebrauchs vgl. § 743 BGB). Die Verwaltung ist grundsätzlich gemeinschaftlich (§ 744 BGB), doch kann durch Stimmenmehrheit eine angemessenere Verwaltung beschlossen werden (§ 745 I BGB). Maßregeln, welche zur Erhaltung notwendig sind, kann jeder Teilhaber (im eigenen Namen) allein durchführen (§ 744 II BGB).

Im Außenverhältnis gelten vor allem die allgemeinen Vorschriften (§§ 420, 427, 431, 830 BGB). Über den gemeinschaftlichen Gegenstand können nur alle Teilhaber gemeinschaftlich verfügen (§ 747 S. 2, vgl. § 744 II BGB). Über seinen Bruchteil kann jeder Teilhaber allein verfügen (§§ 747 S. 1 BGB).

4. Beendigung

Die Aufhebung der Gemeinschaft kann jeder Teilhaber grundsätzlich jederzeit verlangen (§ 749 I BGB). Sie erfolgt durch Teilung in Natur und Verlosung der Teile oder durch Verkauf bzw. Zwangsversteigerung und Teilung des Erlöses (§§ 752 ff. BGB). Bei Schulden kann jeder Teilhaber verlangen, dass sie aus dem gemeinschaftlichen Gegenstand berichtigt werden (§ 755 S. 1 BGB).

5. Sonderfall

Für das Miteigentum gelten einige besondere Bestimmungen (§§ 1008ff. BGB).

XXI. Gesellschaft (des bürgerlichen Rechts, bürgerlichrechtliche Gesellschaft, BGB-Gesellschaft)

1. Wesen

Gesellschaft ist die privatrechtliche Vereinigung mehrerer Personen (natürlicher Personen wie juristischer Personen einschließlich nichtrechtsfähiger Personen) durch Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen (erlaubten, nichthandelsgewerblichen) Zweckes. Sie ist ein gesamthänderisch gebundenes Schuldverhältnis und keine juristische Person. Sie bildet die Grundfigur der offenen Handelsgesellschaft (§§ 105ff. HGB) und der Kommanditgesellschaft (§§ 161ff. HGB), wird aber selbst auch tatsächlich benutzt (z. B. Zusammenschluss von Nichtkaufleuten, Bankenkonsortium, Kartell).

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. 1. 2001 hat eine (Außen-) Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet und kann eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts unter ihrem Namen klagen und verklagt werden, so dass eine Klage gegen einen Gesellschafter nur noch erforderlich ist, wenn auch in dessen Privatvermögen vollstreckt werden soll. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Deutschlands vom 2. 10. 2002 ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts für Art. 14, 101 I 2 und 103 I GG grundrechtsfähig.

2. Entstehung

Die Gesellschaft entsteht mit dem Abschluss eines grundsätzlich formfreien Gesellschaftsvertrags durch die Gesellschafter (§ 705 BGB), wobei jede Willenserklärung gegenüber den jeweils anderen Gesellschaftern abzugeben ist. Bei Minderjährigen ist nach den §§ 1643 I, 1822 Nr. 3 BGB die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Willensmängel werden grundsätzlich nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft beachtet. Bis zu ihrer Geltendmachung besteht die Gesellschaft als fehlerhafte Gesellschaft.

3. Inhalt

a) Innenverhältnis

Im Innenverhältnis hat jeder Gesellschafter die Verpflichtung, die Erreichung des gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge (z. B. Geld, Dienste, Sachen, Rechte) zu leisten. Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet (§ 708 BGB, beachte § 735 BGB).

Grundsätzlich haben alle Gesellschafter die Geschäfte (tatsächliche Verrichtungen, Rechtsgeschäfte) gemeinschaftlich zu führen (§ 709 BGB), doch sind abweichende Vereinbarungen möglich (§§ 710ff. BGB). Je nach dem hat dann der jeweilige Gesellschafter auch das Recht, an der Geschäftsführung mitzuwirken bzw. sich jedenfalls nach § 716 BGB zu unterrichten.

Jeder Gesellschafter hat einen Anteil an dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen (§ 718 BGB). Nach § 719 I BGB kann ein Gesellschafter nicht über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen. Er ist nicht berechtigt, Teilung zu verlangen. Nach § 722 BGB hat jeder Gesellschafter einen Anteil am Gewinn oder Verlust sowie nach § 734 BGB einen Anspruch auf einen Anteil am eventuellen Auseinandersetzungsüberschuss.

b) Außenverhältnis (gegenüber Nichtgesellschaftern)

Im Außenverhältnis ist nicht die Gesellschaft selbst Träger von Rechten und Pflichten, sondern sind es die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Befugnis zur Geschäftsführung zusteht, hat er im Zweifel auch Vertretungsmacht gegenüber Dritten (§ 714 BGB). Neben dem Grundsatz des gemeinsamen Handelns gegenüber Dritten sind deshalb vertraglich auch vielfache andere Gestaltungen der Vertretungsmacht (z. B. Alleinvertretungsmacht eines Gesellschafters oder jedes Gesellschafters) möglich. Verpflichtungen der Gesellschafter entstehen meist nach den §§ 427 (gemeinschaftliche Verpflichtung mehrerer durch Vertrag), 840 I (Verantwortlichkeit mehrerer nebeneinander aus einer unerlaubten Handlung), 830 I 1 BGB (gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung).

4. Beendigung

Die Gesellschaft endet durch Zeitablauf, Eintritt einer auflösenden Bedingung, Aufhebungsvertrag, Aufhebungsbeschluss, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft oder eines Gesellschafters (§§ 728 S. 1, 736 BGB), Tod eines Gesellschafters (§ 727 I BGB, aber anderweitige Vereinbarung als Eintrittsklausel oder Nachfolgeklausel möglich, str. ob Erbengemeinschaft als solche Mitglied sein kann), Zweckerreichung (§ 726 BGB), Kündigung seitens eines Gesellschafters (§ 723 BGB) oder eines Gesellschaftergläubigers (§ 715 BGB, beachte § 736 BGB) sowie durch Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Person.

Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt (§ 730 BGB). Dazu gehören Beendigung der schwebenden Geschäfte, Rückgabe der überlassenen Gegenstände, Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden, Rückerstattung der Einlagen, Auskehrung des Überschusses bzw. Ausgleich des Verlusts).

Scheidet nur ein Gesellschafter aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den verbleibenden Gesellschaftern an (§ 738 I BGB). Als Ausgleich hierfür gebührt dem (ausscheidenden) Gesellschafter ein nach den §§ 738ff. BGB zu berechnender Anspruch auf den Wert seines Anteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens.

Ein Sonderfall der Beendigung der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft ist ihre Umwandlung in eine Handelsgesellschaft durch bloße Zweckänderung bei Fortführung der Identität im Übrigen.

XXII. Geschäftsführung ohne Auftrag

1. Wesen

Geschäftsführung ohne Auftrag ist das unvollkommen zweiseitig verpflichtende (gesetzliche) Schuldverhältnis, das dadurch entsteht, dass der (geschäftsfähige) Geschäftsführer ohne Auftrag aber mit Fremdgeschäftsführungsbewusstsein und Fremdgeschäftsführungswillen für einen Geschäftsherrn ein Geschäft (tatsächliches Handeln, Rechtsgeschäft) besorgt, obwohl zwischen ihnen noch kein (rechtsgeschäftliches) Rechtsverhältnis (z. B. Auftrag, Dienstvertrag, Werkvertrag) besteht (§ 677 BGB, z. B. Operation eines bewusstlosen Verletzten, Löschen eines Brandes, Schließen eines Wasserhahns, Notverkauf). Geschäftsführung ohne Auftrag liegt also nicht vor, wenn der Geschäftsführer irrtümlich glaubt, ein eigenes Geschäft zu führen (§ 687 I BGB, vermeintliche Geschäftsführung). Sie ist auch nicht gegeben, wenn der Geschäftsführer bewusst ein fremdes Geschäft als eigenes führen will (§ 687 II BGB), doch gelten dann gleichwohl nach § 687 II BGB die §§ 677, 678, 681, 682, 684 S. 1 BGB.

2. Entstehung

Die Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht durch tatsächliche Führung eines Geschäfts für einen anderen ohne Auftrag.

3. Inhalt

Der Geschäftsführer hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert (§ 677 BGB). Er muss die Geschäftsführung anzeigen (§ 681 S. 1 BGB). Er muss alles aus der Geschäftsführung Erlangte herausgeben (§§ 681 S. 2, 667 BGB).

Der Geschäftsführer kann nach § 683, 684 BGB Ersatz seiner Aufwendungen (nicht seiner Arbeitskraft) verlangen, eventuell auch Schadensersatz.

4. Beendigung

Die Geschäftsführung ohne Auftrag endet mit Einstellung der Geschäftsführung und Abwicklung der Folgeansprüche.

XXIII. Ungerechtfertigte Bereicherung (Kondiktion)

1. Wesen

Ungerechtfertigte Bereicherung ist das einseitig verpflichtende gesetzliche Schuldverhältnis, auf Grund dessen der Bereicherungsgläubiger (Entreicherte) gegen den Bereicherungsschuldner (Bereicherten) einen Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung hat (§§ 812ff. BGB).

2. Arten

Je nach dem, ob die Vermögensverschiebung durch Leistung oder in sonstiger Art und Weise erfolgte, unterscheidet man Leistungskondiktion und Nichtleistungskondiktion. Im Verhältnis beider zueinander ist die Nichtleistungskondiktion subsidiär.

3. Entstehung

Das Schuldverhältnis der ungerechtfertigten Bereicherung entsteht mit dem Eintreten der ungerechtfertigten Bereicherung.

a) Leistungskondiktion

Bei der Leistungskondiktion muss der Bereicherungsschuldner etwas durch Leistung erlangt haben. Unter „etwas“ ist dabei jeder Vermögensvorteil zu verstehen (z. B. Eigentum, Besitz, Inhaberschaft einer Forderung, Genehmigung eines Vertrags, Eintragung in das Grundbuch, Befreiung von einer Schuld, Ersparung einer Verbindlichkeit, Nutzung fremder Arbeitskraft), unter Leistung die bewusste und gegenüber dem Empfänger zweckgerichtete Vermögensvermehrung (z. B. Leistung zwecks Erfüllung einer Kaufvertragsschuld).

Der Bereicherungsschuldner muss das etwas durch Leistung erlangt haben, ohne dass er einen rechtfertigenden Grund für das Behalten hat.

Ein Fehlen des Rechtsgrunds liegt dabei etwa vor, wenn geleistet wurde, obwohl eine Verpflichtung hierzu nicht bestand (Zahlung auf eine Nichtschuld, § 812 I 1 BGB, z. B. Kaufvertrag eines Minderjährigen wird mangels Genehmigung des gesetzlichen Vertreters nicht wirksam. Übereignung erfolgt in Erfüllung dieses Kaufvertrages, das Eigentum ist ohne rechtfertigenden Behaltensgrund erlangt, beachte aber die §§ 813, 814 BGB).

Fehlen des Rechtsgrundes ist weiter gegeben, wenn der rechtliche Grund zwar an sich einmal bestand, aber später wegfiel (§ 812 I 2 1. Alt. BGB, z. B. Eintritt einer auflösenden Bedingung), wenn der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte (besondere) Erfolg nicht eintrat (§ 812 I 2 2. Alt. BGB z. B. Aushändigung einer Quittung in Erwartung einer dann wider Erwarten doch ausbleibenden Darlehensauszahlung, beachte aber § 815 BGB), oder wenn der Empfänger durch die Annahme gegen die guten Sitten oder gegen ein gesetzliches Verbot verstieß (§ 817 S. 1 BGB, z. B. Annahme von Geld für die Vornahme einer Amtshandlung, beachte aber § 817 S. 2 BGB).

b) Nichtleistungskondiktion

Bei der Nichtleistungskondiktion muss die Vermögensvermehrung des Bereicherungsschuldners (ohne Leistung, aber) unter Verwertung oder Benutzung von Rechtsgütern des Entreicherten vor sich gegangen sein (z. B. Gebrauch einer fremden Sache, Verbrauch einer fremden Sache, Anschwemmung von Erdreich). Hierher gehören auch die Leistung an einen Nichtberechtigten, die kraft Gesetzes dem Berechtigten gegenüber wirksam ist (§ 816 II BGB, z. B. Leistung des Schuldners an den Altgläubiger bei der Abtretung), die wirksame entgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten zu Lasten des wahren Berechtigten (§ 816 I 1 BGB, z. B. Veräußerung einer geliehenen Maschine an einen gutgläubigen Dritten), die wirksame unentgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten zu Lasten des wahren Berechtigten (§ 816 I 2 BGB) sowie die unentgeltliche Weitergabe einer Bereicherung (§ 822 BGB).

4. Inhalt

a) Der Bereicherungsschuldner hat jeweils das Erlangte herauszugeben (§§ 812 I 1, 818 I BGB, z. B. Eigentum, Besitz, Befreiung von einer Verbindlichkeit, Grundbuchposition).

Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen sowie auf das, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts (z. B. Gewinn auf ein Los) oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt (§ 818 I BGB, z. B. Versicherungsanspruch, Schadensersatzansprüche).

Zu berechnen ist der Herausgabeanspruch grundsätzlich als Differenz (sog. Saldotheorie) der den Beteiligten jeweils zustehenden Ansprüche (Herausgabeansprüche). Bei arglistiger Täuschung oder fehlender Geschäftsfähigkeit sind dagegen beide Ansprüche unverkürzt nebeneinanderzustellen.

b) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grund zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert (objektiver Verkehrswert im Zeitpunkt des Eintritts der Bereicherung) zu ersetzen (§ 818 II BGB, z. B. bei Verarbeitung, Verbindung, Vermischung, Verbrauch einer Sache).

c) Soweit der Empfänger (im Zeitpunkt der Herausgabe bzw. Bösgläubigkeit) nicht mehr bereichert ist, ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Werts ausgeschlossen (§ 818 III BGB, sog. Wegfall der Bereicherung, z. B. bei Verwendung des Erlangten für Luxusreise oder sonstige Luxusausgabe).

d) Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Empfänger von dem Eintritt der Rechtshängigkeit (Klageerhebung) an (§ 818 IV BGB) und von der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes an (§ 819 I BGB, vgl. auch § 819 II BGB) nicht berufen. Von da an haftet er nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 818 IV, 291, 292, 989, 987 BGB). Das bedeutet vor allem, dass nunmehr fällige Geldschulden zu verzinsen sind, der Bereicherungsschuldner für einen verschuldeten Schaden haftet und zusätzlich nun auch schuldhaft nicht gezogene Nutzungen ersetzen muss.

5. Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung

Der Anspruch auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung kann auch als Einrede gegenüber einem anderen Anspruch geltend gemacht werden (vgl. dazu § 821 BGB).

XXIV. Unerlaubte Handlung

1. Wesen

Unerlaubte Handlung ist das einseitig verpflichtende gesetzliche Schuldverhältnis, auf Grund dessen der Geschädigte gegen den Schädiger einen Anspruch auf Schadensersatz hat. In der Regel erfordert die unerlaubte Handlung ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten, dessen Merkmale vom Geschädigten nachgewiesen werden müssen, wobei aber in bestimmten Fallgruppen ein Verschulden des Schädigers vermutet wird. Allerdings gibt es nicht nur einen einzigen Tatbestand der unerlaubten Handlung, sondern zahlreiche unterschiedliche Einzeltatbestände, deren einzelne Voraussetzungen jeweils gegeben sein müssen.

2. Einzeltatbestände

a) Rechtsgutverletzung nach § 823 I BGB (Verletzung genannter absoluter Rechtsgüter)

Wer durch eine Handlung oder durch eine Unterlassung entgegen einer Handlungspflicht das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht, (das diesen Rechtsgütern vergleichbar ist [z. B. Grundpfandrecht, Anwartschaftsrecht, Besitz, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, Immaterialgüterrecht, allgemeines Persönlichkeitsrecht]) adäquat-kausal rechtswidrig und schuldhaft verletzt und adäquat-kausal dadurch einen Schaden verursacht (z. B. Auffahrunfall), hat dem Geschädigten den Schaden zu ersetzen.

Kausal ist dabei die Handlung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Verletzung entfiele, bzw. die unterlassene Handlung, die nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der negative Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele bzw. der einzutretende positive Ausgang eintreten würde (z. B. wäre das Kind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch am Leben, wenn es die Mutter angemessen gefüttert hätte). Adäquat ist eine Handlung, wenn sie im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Gegebenheiten geeignet ist, einen Erfolg der betreffenden Art herbeizuführen.

Die Rechtswidrigkeit wird nach der Lehre vom Erfolgsunrecht durch die Verletzung eines der genannten Rechtsgüter angezeigt (indiziert). Entgegen dieser Indizwirkung ist die Rechtwidrigkeit ausnahmsweise dann ausgeschlossen, wenn ein besonderer Rechtfertigungsgrund vorliegt (z. B. Notwehr § 227 BGB, Notstand §§ 228, 904 BGB, erlaubte Selbsthilfe §§ 229, 379 BGB, Einwilligung, mutmaßliche Einwilligung, privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Erlaubnis).

Schuldformen sind Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 I 1 BGB Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt).

b) Schutzgesetzverletzung nach § 823 II BGB

Wer gegen ein Schutzgesetz, d. h. einen nicht lediglich die Allgemeinheit, sondern mindestens auch einen oder mehrere Einzelne schützenden materiellen Rechtssatz (z. B. die §§ 223 vorsätzliche Körperverletzung, 229 fahrlässige Körperverletzung, 303 StGB vorsätzliche Sachbeschädigung, 1 PflVersG) (schuldhaft) verstößt und dadurch einen Schaden eines anderen verursacht, ist, falls der Schaden in den Schutzbereich dieser Norm fällt, dem Geschädigten zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

c) Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung (§ 826 BGB)

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden d. h. dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zuwiderlaufenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Wer also mit mindestens bedingtem Vorsatz die Schädigung eines anderen herbeiführt, hat den dadurch entstehenden Schaden zu ersetzen. Hinsichtlich der Sittenwidrigkeit ist es nicht erforderlich, dass der Handelnde sich ihrer bewusst ist. Es reicht aus, wenn er die Tatumstände kennt, die sein Verhalten objektiv als Verstoß gegen die guten Sitten erscheinen lassen.

d) Kreditgefährdung (§ 824 BGB)

Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die objektiv geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen und die Unwahrheit kennt oder kennen muss, hat den dem anderen daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

e) Unlautere Bestimmung zu sexuellen Handlungen (§ 825 BGB)

Wer einen anderen durch Hinterlist, durch Drohung oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen bestimmt, hat den daraus entstehenden Schaden (z. B. Kosten der Entbindung, immaterieller Schaden) zu ersetzen.

f) Geschäftsherrnpflichtverletzung (§ 831 BGB)

Wer einen anderen (Verrichtungsgehilfen) zu einer Verrichtung bestellt (Geschäftsherr), ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere (Verrichtungsgehilfe) in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Zu einer Verrichtung bestellt ist jeder, dem von einem anderen, von dessen Weisungen er mehr oder weniger abhängig ist, eine Tätigkeit übertragen worden ist, gleich ob diese rein tatsächlich, einmalig oder längerdauernd ist. Von Weisungen mehr oder weniger abhängig ist jemand, wenn der Geschäftsherr die Tätigkeit jederzeit beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann.

Verrichtungsgehilfen sind etwa die Arbeiter und Angestellten eines Arbeitgebers (einschließlich der Gesellen und Auszubildenden eines Handwerkers), Bürovorsteher, Sprechstundenhilfe, Krankenschwester, Jagdaufseher, nicht dagegen der Unternehmer im Verhältnis zum Besteller, das Organ einer juristischen Person, der Gesellschafter einer Gesellschaft oder der Gerichtsvollzieher.

Der Verrichtungsgehilfe muss widerrechtlich geschädigt haben, nicht jedoch auch schuldhaft. Die Schädigung muss in innerem sachlichem Zusammenhang mit der Verrichtung erfolgt sein, nicht bloß bei deren äußerer Gelegenheit (z. B. Diebstahl, Schwarzfahrt).

Hinsichtlich des Geschäftsherrn indiziert die Schädigung ein schuldhaftes Verhalten (vermutetes Verschulden). Der Geschäftsherr kann sich aber dadurch von der Einstufung seines Verhaltens als schuldhaft befreien (exkulpieren) und damit sich auch von einer Schadensersatzpflicht lösen, dass er nachweist, dass er bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde (Nachweis des Fehlens der sog. culpa in eligendo et custodiendo d. h. eines Verschuldens bei Auswahl und Überwachung).

Je schwieriger dabei die zu verrichtende Tätigkeit ist, desto sorgfältiger muss der Geschäftsherr bei der Auswahl des Gehilfen sein. Bei Großbetrieben kann die Pflicht der sorgfältigen Auswahl vom eigentlichen Geschäftsherrn auf einen Verrichtungsgehilfen (z. B. Personalleiter) übertragen sein. Hier muss der Unternehmer dann, damit keine ungerechtfertigte Bevorzugung von Großunternehmern eintritt, auch den Nachweis erbringen, dass auch dieser Verrichtungsgehilfe seinerseits die nachgeordneten Gehilfen sorgfältig ausgewählt hat bzw. zumindest den Nachweis, dass eine ordnungsgemäße Auswahlorganisation und Überwachungsorganisation insgesamt besteht.

Die Haftung des Geschäftsherrn aus § 831 I 1 BGB für einen Verrichtungsgehilfen steht neben der Haftung des Schuldners nach § 278 S. 1 BGB für einen gesetzlichen Vertreter und einen Erfüllungsgehilfen. Ein Gehilfe kann Erfüllungsgehilfe im rechtsgeschäftsrechtlichen Bereich und Verrichtungsgehilfe im außerrechtsgeschäftsrechtlichen Bereich sein, ohne dass dies in jedem Einzelfall so sein muss. Die jeweiligen Voraussetzungen sind unabhängig voneinander zu überprüfen.

g) Personenaufsichtspflichtverletzung (§ 832 BGB)

Wer kraft Gesetzes oder Vertrags zur Führung der Aufsicht über einen Menschen verpflichtet ist (z. B. Eltern, Kindergärtner, Lehrer), der wegen Minderjährigkeit oder wegen seines geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, ist, falls er sich nicht von der bei Schadenseintritt vermuteten Pflichtverletzung entlasten kann, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt.

h) Haustieraufsichtspflichtverletzung (§ 833 BGB)

Wird durch ein Haustier (z. B. Pferd, Rind, Schwein, Hund, Katze, Geflügel), das dem Beruf (z. B. Landwirt, Schlächter, Jäger, Polizeibeamter, Tierhändler), der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt eines Tierhalters zu dienen bestimmt ist, ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter und evtl. auch der Tierhüter (§ 834 BGB), sofern er sich nicht entlasten kann, zum Schadensersatz verpflichtet. Kann er sich nach § 833 S. 2 BGB entlasten, wird er frei. Ausgeschlossen ist die Entlastung für den Halter eines Tiers, das nicht Haustier ist. Für ihn gilt Gefährdungshaftung (§ 833 S. 1 BGB).

i) Gebäudeaufsichtspflichtverletzung (§ 836 BGB)

Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Eigenbesitzer (§ 872 BGB) des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, zum Schadensersatz verpflichtet, es sei denn, dass er zum Zweck der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.

j) Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG)

Verletzt ein Beamter im haftungsrechtlichen Sinn, d. h. jemand, dem ein öffentliches Amt anvertraut ist (z. B. Polizei, Gericht, Strafvollzug, Schule, Post), vorsätzlich oder fahrlässig eine ihm einem Dritten gegenüber (und damit nicht nur eine der Allgemeinheit oder der jeweiligen Behörde gegenüber) bestehende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden in Geld zu ersetzen. Nach Art. 34 GG haftet an seiner Stelle die Körperschaft, in deren Diensten er steht (Anstellungskörperschaft)

3. Entstehung

Das Schuldverhältnis entsteht mit tatsächlicher Verwirklichung aller seiner Tatbestandsmerkmale.

4. Inhalt

Der Schuldner ist dem Gläubiger grundsätzlich zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet.

5. Beendigung

Das Schuldverhältnis endet nach den allgemeinen Regeln.

6. Sonderfragen

Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht (Mittäter, Anstifter, Gehilfen), so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat (§ 830 BGB).

Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner (§ 840 I BGB), wobei im Innenverhältnis neben den allgemeinen Regeln der Gesamtschuldnerschaft auch Sonderregeln gelten können (vgl. die §§ 840 IIff., 841 BGB).

Nach § 842 BGB umfasst der Schadensersatzanspruch wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung auch die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt. Bei Minderungen der Erwerbsfähigkeit sieht § 843 BGB Geldrente oder Kapitalabfindung vor.

Nach den §§ 844, 845 BGB kann aus der Tötung bzw. Verletzung eines Menschen einem (mittelbar geschädigten) Dritten ein Schadensersatzanspruch erwachsen.

Nach § 846 BGB ist das Mitverschulden des Verletzten (entsprechend § 254 BGB) zu berücksichtigen.

§ 829 BGB setzt eine Ersatzpflicht trotz Fehlens einzelner Tatbestandsmerkmale (Verantwortlichkeit) aus Billigkeit fest.

Ansprüche auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens verjähren nach den allgemeinen Regeln in drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen (§ 852 BGB). Ein möglicher Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung bleibt nach § 852 BGB trotz Verjährung des Schadensersatzanspruch bestehen.

XXV. Gefährdungshaftung

1. Wesen

Gefährdungshaftung ist das einseitig verpflichtende, gesetzliche Schuldverhältnis, bei dem (oft in der Höhe begrenzter) Ersatz für Schaden zu leisten ist, der aus rechtmäßigen gefährlichen Betätigungen oder rechtmäßigen gefährlichen Anlagen (unabhängig von einem Verschulden) entstanden ist. Weil diese Haftung dem Grundsatz, dass ohne Schuld keine Schadensüberwälzung stattfinden soll (Verschuldensprinzip), widerspricht, wird sie (bis jetzt) nur in den gesetzlich (meist außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs) geregelten Einzelfällen anerkannt. Diese Einzelfälle enthalten vielfach besondere Regelungen hinsichtlich Umfang und Höhe der Haftung, Verjährungsfrist oder Anzeigepflicht.

2. Einzelfälle

a) Kraftfahrzeughalterhaftung

Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs (oder eines Kraftfahrzeuganhängers) ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter des Fahrzeugs verpflichtet dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 7 I StVG), es sei denn, der Unfall ist durch höhere Gewalt verursacht (zu Einzelheiten vgl. die §§ 8ff. StVG).

b) Eisenbahnunternehmerhaftung

Wird bei dem Betrieb einer Eisenbahn ein Mensch getötet oder verletzt, ohne dass Unfall durch höhere Gewalt verursacht ist, hat der Unternehmer den Schaden nach den §§ 1ff. HPflG zu ersetzen. Für Schäden an Personen bzw. Sachen bestimmen die §§ 1ff. SHG eine 600000 bzw. 300000 Euro begrenzte Ersatzpflicht.

c) Luftfahrzeughalterhaftung und Luftfrachtführerhaftung

Nach § 33 I 1 LuftVG haftet der Luftfahrzeughalter und nach § 44 LuftVG der Luftfrachtführer für Schäden im Zusammenhang mit Luftfahrzeugen.

d) Elektrizitätsanlageninhaberhaftung und Gasanlageninhaberhaftung

Eine Haftpflicht für Inhaber einer Energieanlage (Elektrizitätsanlage, Gasanlage) setzt § 2 HPflG fest.

e) Gefährdungshaftung nach den §§ 25, 26 AtomG

Inhaber einer ortsfesten Anlage zur Erzeugung von Atomenergie und Besitzer von radioaktiven Stoffen oder Kernspaltungsstoffen haften nach den §§ 25, 26 AtomG.

f) Gefährdungshaftung nach § 22 WHG

Verunreiniger von Gewässern haften nach § 22 WHG.

g) Tierhalterhaftung (§ 833 S. 1 BGB)

Wird durch ein Tier, das nicht Haustier im Sinne von § 833 S. 2 BGB ist, ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Tierhalter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 833 S. 1 BGB).

h) Jagdgenossenschaftshaftung

Nach den §§ 29ff. BJagdG hat die Jagdgenossenschaft den von bestimmten (jagdbaren) Tierarten an einem Grundstück und seinen Bestandteilen angerichteten Schaden zu ersetzen.

i) Produktherstellerhaftung

Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des in Verkehr gebrachten Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 1 ProdHaftG). Produkt ist dabei jede bewegliche Sache, sowie Elektrizität (§ 2 ProdHaftG). Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden kann (§ 3 ProdhaftG). Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Personenschäden werden bis zu höchstens 85 Millionen Euro ersetzt (§ 10 ProdHaftG). Bei Sachschäden hat der Geschädigte einen Schaden bis zu 500 Euro selbst zu tragen (§ 11 ProdHaftG). Der Anspruch verjährt in drei Jahren ab Kenntnis oder Kennenmüssen (§ 12 ProdHaftG).

j) Anlageninhaberhaftung bei Umwelteinwirkungen

Nach § 1 UmweltHG (vom 10. 12. 1990, BGBl. I, 2634) ist, wenn durch eine Umwelteinwirkung, die von einer im Anhang des Gesetzes besonders genannten Anlage ausgeht, jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wird, der Inhaber der Anlage verpflichtet, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (beachte § 2 UmweltHG für nichtbetriebene Anlagen). Ein Schaden entsteht dabei durch eine Umwelteinwirkung, wenn er durch Stoffe, Erschütterungen, Geräusche, Druck, Strahlung, Gase, Dämpfe, Wärme oder sonstige Erscheinungen verursacht wird, die sich im Boden, Luft oder Wasser ausgebreitet haben (§ 3 I UmweltHG). Die Ersatzpflicht besteht nicht, soweit der Schaden durch höhere Gewalt verursacht wurde (§ 4 UmweltHG). Die Haftungshöchstgrenze beträgt 85 Millionen Euro (§ 15 UmweltHG).

3. Entstehung

Das Schuldverhältnis entsteht mit tatsächlichem Eintritt seiner Voraussetzungen.

4. Inhalt

Der Schuldner hat dem Gläubiger grundsätzlich den entstandenen Schaden zu ersetzen.

5. Beendigung

Das Schuldverhältnis endet nach den allgemeinen Regeln.

 

Anhang

Im Staatsgebiet der früheren Demokratischen Republik gilt das Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur nach Maßgabe der Art. 230 EGBGB ([Anlage I zu Art. 8 des Einigungsvertrags Kapitel III B Abschnitt II] Ausschluss der Geltung der §§ 616 II, III, 622 BGB) und 232 EGBGB (Maßgeblichkeit des bisherigen Rechtes für vor dem 3. 10. 1990 begründete Schuldverhältnisse im allgemeinen, Miete [Unanwendbarkeit von § 564 II Nr. 3 BGB, befristeter Kündigungsschutz], Pacht, vor dem 3. 10. 1990 geschlossene Nutzungsverhältnisse nach den §§ 312 bis 315 DDR-ZGB, Verträge über wiederkehrende Dienstleistungen, Kontoverträge und Sparkontoverträge, Kreditverträge, Bruchteilsgemeinschaften, unerlaubte Handlungen vor dem 3. 10. 1990). Das Staatshaftungsgesetz der DDR vom 12. 5. 1969/14. 12. 1988 gilt als (abgeändertes) Landesrecht fort. Zum Haftpflichtgesetz vgl. Anlage I Art 8 des Einigungsvertrags Kapitel III B Abschnitt III 14.