Gerhard Köbler
FERNKERNLERNKURS
RECHT
Privatrecht
Schuldrecht
(Recht der Schuldverhältnisse)
§ 1 Wesen
§ 2 Arten
§ 3 Entstehung
§ 4 Inhalt
§ 5 Leistungsstörungen
§ 6 Beendigung
§ 7 Personelle Erweiterungen
§ 8 Einzelne Schuldverhältnisse
§ 1
Wesen
Das
Schuldrecht ist das im zweiten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 241-853
BGB) geregelte Recht der Schulden oder Recht der Schuldverhältnisse. Es
gliedert sich in einen (früher sechs, seit 2002 sieben Abschnitte(, die
allgemeine, grundsätzlich für alle oder wenigstens mehrere
Schuldverhältnistypen geltende Bestimmungen enthalten,) umfassenden allgemeinen
Teil (§§ 241-432 BGB) und einen ( früher siebenten, jetzt) achten
Abschnitt, der rund 30 einzelne Schuldverhältnistypen in ihren jeweiligen
Besonderheiten behandelt (§§ 433-853 BGB, besonderer Teil), die
neben den allgemeinen Gegebenheiten des allgemeinen Teiles (z. B.
Rechtsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Willenserklärung usw.) stehen und diese
ergänzen, abwandeln oder auch im Einzelfall verdrängen können. Einzelne
Schuldverhältnisse finden sich darüber hinaus auch außerhalb des Buches
Schuldrecht (z. B. §§ 965ff. BGB Verlierer-Finder, 1601ff. BGB
Unterhaltsverpflichteter-Unterhaltsberechtigter, 2147 ff. BGB Erbe-Bedachter).
I.
Schuldverhältnis
1. Schuldverhältnis im weiteren Sinn
Der vom
Bürgerlichen Gesetzbuch ohne weiteres verwandte Begriff Schuldverhältnis ist im
weiteren Sinn ein Rechtsverhältnis zwischen mindestens zwei Personen,
auf Grund dessen mindestens eine Person (Schuldner) der anderen Person (Gläubiger)
etwas schuldet (z. B. bei einem Kauf schuldet nach § 433 BGB der Verkäufer
Übertragung des Kaufgegenstandes [Übertragung des Eigentums an einer Sache,
Übertragung der Inhaberschaft an einem Recht an einem unkörperlichen
Gegenstand], der Käufer Zahlung des Kaufpreises z. B. durch Übereignung von
Geldstücken). Dieses Rechtsverhältnis ist ein Rahmenverhältnis, dass
zahlreiche verschiedene Einzelrechte und Einzelpflichten umspannen kann. Es
lässt sich zugleich als eine Art Organismus begreifen, weil es sich vor allem mit fortschreitender Zeit in
unterschiedlichen Richtungen entwickeln kann.
2. Schuldverhältmnis im engeren Sinn
Schuldverhältnis
im engeren Sinn ist die einzelne Schuld (Pflicht, Verpflichtung, Verbindlichkeit, Obligation)
des Schuldners, die sich für den Gläubiger als Forderung (Recht, Berechtigung,
Befugnis, Anspruch) darstellt. Ihr Inhalt ist die Leistung
(vgl. § 241 S. 1 BGB). Den Anspruch auf ihre Erbringung hat der Gläubiger nur
gegenüber dem Schuldner, nicht gegenüber jedermann (relatives Recht im
Gegensatz etwa zu den absoluten, gegen jedermann wirkenden Sachenrechten wie
dem Eigentum).
II. Gefälligkeitsverhältnis
Im
Unterschied zum wirtschaftlich äußerst bedeutsamen Schuldverhältnis begründet
das in der Regel auf unbedeutende Gegenstände beschränkte Gefälligkeitsverhältnis
keine Leistungspflicht.
III. Obliegenheit
Die Obliegenheit
ist nur ein Rechtsgebot im eigenen Interesse (vgl. z. B. § 149 S. 1 BGB).
IV. Haftung
Haftung ist
Einstehenmüssen. Dies ist nicht dasselbe wie Leistensollen (Schuld). Trotz
grundsätzlicher Trennung hängen aber Schuld (Leistensollen) und Haftung
(Einstehenmüssen) praktisch doch so eng zusammen, dass der Grundsatz
gilt: wer schuldet, der haftet (seit 1868 aber nicht mehr mit seinem Leib,
sondern nur noch mit seinem Vermögen; Ausnahmen sind etwa die verjährte Schuld
oder umgekehrt das von einem Nichtschuldner eingesetzte Pfand).
§2 Arten
I.
Dauerschuldverhältnis und Nichtdauerschuldverhältnis
Wie
beispielsweise der Kauf zeigt, sind viele Schuldverhältnisse auf die einmalige
kurzzeitige Erbringung einer eindeutig festgelegten Leistung (z. B. ein Liter
Milch für einen Euro) ausgerichtet, mögen sie auch noch so oft (z. B. täglich)
abgeschlossen werden. Umgekehrt gibt es aber auch Schuldverhältnisse, die in
der Art und Weise vereinbart werden, dass der Umfang der geschuldeten
Gesamtleistung nicht von vornherein feststeht, sondern von der Zeitdauer
abhängt (z. B. Miete, Leihe, Dienstvertrag, Gesellschaft,
Wasserdauerbezugsvertrag, Zeitungsbezugsvertrag usw., nicht dagegen der bloße
Verbraucherkreditkauf).
Bei einem
solchen Dauerschuldverhältnis besteht eine verstärkte Treupflicht
beider Seiten. Ist das Dauerschuldverhältnis trotz Mangels (z. B. Irrtums,
Verstoßes gegen die guten Sitten) in Vollzug gesetzt, so gilt statt der
Rückabwicklung über das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812ff.
BGB) die Auflösung vom Zeitpunkt der Geltendmachung des Mangels an.
Tritt während des Bestandes ein wichtiges Ereignis ein, erwächst
aus diesem ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (vgl. § 626 I BGB).
II.
Holschuld, Bringschuld, Schickschuld
Je nach dem
Ort (Leistungsstelle), an dem die Schuld zu erfüllen ist, unterscheiden sich
Holschuld, Bringschuld und Schickschuld.
1. Holschuld
Bei der Holschuld
ist der Ort, an dem der Schuldner die Erfüllungshandlung vornehmen muss (und
der Ort, an dem der Leistungserfolg eintreten soll), der Ort des Wohnsitzes des
Schuldners (z. B. Warenhaus, Laden).
2. Bringschuld
Bei der Bringschuld
ist Handlungsort (und Erfolgsort) der Ort des Wohnsitzes des Gläubigers (z. B.
Einfamilienhaus für Heizungsreparatur oder Öllieferung).
3. Schickschuld
Bei der Schickschuld
ist zwar Handlungsort der Ort des Wohnsitzes des Schuldners, doch ist der
Schuldner zur Vornahme der Absendung an einen davon verschiedenen Erfolgsort
verpflichtet (z. B. bei Geldschuld, vgl. § 270 I, IV BGB).
III.
Gattungsschuld und Stückschuld
Gattungsschuld ist die Schuld, bei welcher der zu leistende
Gegenstand nur nach allgemeinen, gattungsmäßigen Merkmalen bestimmt ist (z. B.
ein Auto der Marke X des Typs Y und der Farbe Z), wobei vielfach eine weitere
Einschränkung auf einen bestimmten Vorrat des Schuldners stattfindet (Vorratsschuld,
beschränkte Gattungsschuld, z. B. 1 Kilogramm Kartoffeln im
Lebensmittelladen). Demgegenüber ist die Stückschuld die Schuld, bei
welcher der zu leistende Gegenstand nur nach besonderen, einmaligen Merkmalen
bestimmt ist (z. B. dieser Gebrauchtwagen, dieses Kunstwerk).
Welche Art
von Schuld entsteht, entscheiden die Parteien durch ihre Bestimmung, doch wird
bei vertretbaren Sachen in der Regel eine Gattungsschuld, bei unvertretbaren
Sachen dagegen eine Stückschuld vereinbart.
Aus jeder
Gattungsschuld entsteht im Zuge des Leistungsvorgangs durch Konkretisierung
(Konzentration) seitens des Schuldners eine Stückschuld (§ 243 II BGB).
Voraussetzung hierfür ist, dass der Schuldner das zur Leistung einer Sache
von mittlerer Art und Güte seinerseits Erforderliche getan, d. h. einen
solchen Zustand hergestellt hat, dass die weitere Durchführung der Leistung der
Sache von mittlerer Art und Güte ohne sein Zutun geschehen kann. Bei der
Holschuld muss er die zu leistende Sache aussondern und dem Gläubiger wörtlich
anbieten, bei der Bringschuld muss er sie aussondern und am Wohnsitz des
Gläubigers tatsächlich anbieten und bei der Schickschuld muss er sie aussondern
und durch Übergabe an die Transportperson absenden.
IV.
Geldschuld und Zinsschuld
Geldschuld ist die in Geld zu erfüllende Schuld. Die Leistung
erfolgt durch Übereignung von Geldstücken (Sachen) im Wert des Nennbetrages
(oder durch über Banken erfolgende Begründung einer Forderung gegenüber einem
dritten Schuldner, z. B. Überweisung einer Forderung bzw. eines Guthabens auf
ein Konto des Gläubigers bei einem Kreditinstitut). Geldschulden sind
Gattungsschulden (str.), so dass die bloße persönliche Zahlungsunfähigkeit
den Schuldner niemals befreien kann. Im Gegensatz zur normalen Schickschuld
trägt bei der Geldschuld der Schuldner (auch) die Gefahr für den
Untergang des Geldes auf dem Transport zwischen Absendung und Ankunft beim
Gläubiger.
Zinsschuld ist die auf Zinsen (d. h. die Vergütung für den
Gebrauch eines auf Zeit überlassenen, aus vertretbaren Sachen bestehenden
Kapitals, die, in einem Bruchteil des Kapitals ausgedrückt, mit ihm gleichartig
und fortlaufend zu entrichten ist) bezogene Schuld. Im Zweifel beträgt der
(abgesehen von § 138 II BGB) frei vereinbare Zins 4 Prozent (§ 246 BGB) bzw. 5
Prozent (bei Handelsgeschäften, § 352 HGB). (Vgl. auch die §§ 247, 248 BGB).
V.
Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis
Wahlschuld ist die (seltene) Schuld, bei der mehrere Leistungen
in der Weise geschuldet werden, dass nur die eine oder die andere (im Zweifel
nach Wahl des Schuldners) zu bewirken ist (§§ 262f. BGB).
Ersetzungsbefugnis ist demgegenüber die Befugnis einer Partei des
Schuldverhältnisses statt einer an sich ausschließlich geschuldeten Leistung
eine andere zu erbringen oder zu verlangen (vgl. §§ 249 II 1, 251 II BGB),
wobei mit der Ausübung der Ersetzungsbefugnis die ursprüngliche, ersetzte
Schuld erlischt und die neue ersetzende Schuld an ihre Stelle tritt, die
ihrerseits dann mit der Leistung erlischt.
VI.
Schadensersatzschuld
Schadensersatzschuld ist die auf den Ersatz eines Schadens (z. B.
gebrochener Arm, verbranntes Buch) gerichtete Schuld.
1. Schadensarten
Schaden ist die unfreiwillige Einbuße an rechtlich
geschützten Gütern. Positiver Schaden (lat. damnum emergens) ist die
unfreiwillige Einbuße an den rechtlich geschützten vorhandenen Gütern (z. B.
Eigentum an Kraftfahrzeug), negativer Schaden (lat. lucrum cessans,
entgehender Gewinn) die unfreiwillige Einbuße an den rechtlich geschützten erst
noch zu erwerbenden Gütern (z. B. Weiterveräußerungsmöglichkeit zu einem
höheren Preis). Erfüllungsschaden (positives Interesse)
ist der durch das Fehlen der Erfüllung eingetretene Schaden (z. B. Mehrpreis
bei Deckungskauf), Vertrauensschaden (negatives Interesse) der im
Vertrauen auf die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts entstandene Schaden (z. B.
Versendungskosten). Abstrakter Schaden ist der unter Berücksichtigung
eines Marktpreises als Mindestwiederverkaufspreis abstrakt errechnete Schaden,
konkreter Schaden der an Hand der besonderen Einzelumstände ermittelte Schaden.
Vermögensschaden ist der an materiellen Gütern (z. B. Eigentum), Nichtvermögensschaden
der an immateriellen Gütern (z. B. Ehre, Freiheit) entstandene Schaden, wobei
die Grenzziehung allerdings umstritten und in Richtung auf eine
Kommerzialisierung von Immaterialgütern fließend ist. Unmittelbarer Schaden
ist der am verletzten Einzelgut selbst entstandene Schaden, mittelbarer
Schaden der an anderen, nicht selbst betroffenen Gütern, insbesondere am
Vermögen insgesamt entstandene Schaden.
2. Schadenstragung und Schadensüberwälzung
Jeden
Schaden trägt grundsätzlich der Geschädigte selbst (lat. casum sentit dominus).
Wann (an sich ausnahmsweise aber tatsächlich doch in vielen Fällen) ein anderer
den Schaden eines Geschädigten zu ersetzen hat, der Schaden also vom
Geschädigten auf einen anderen überwälzt werden kann, ist den über die gesamte
Rechtsordnung verstreuten Rechtssätzen zu entnehmen, die eine solche
Verpflichtung festlegen (z. B. Garantievertrag, §§ 280ff., 179 I BGB, culpa
in contrahendo, §§ 989ff., 823 ff. BGB, Gefährdungshaftung,
§§ 228 S. 2, 904 S. 2 BGB).
3. Voraussetzungen der Schadensersatzschuld
Allgemeine
Merkmale von Schadensersatztatbeständen, mit deren Hilfe die Frage beantwortet
werden kann, wer einen eingetretenen Schaden tragen muss, sind dabei Handlung,
Erfolg, Kausalität, Adäquanz, Rechtswidrigkeit, Verschulden
und Normzweck.
Handlung (Tun, Unterlassen trotz Handlungspflicht) ist jedes
menschliche Verhalten, das als vom Willen beherrschbar gedacht ist und daher
objektiv zugerechnet werden kann (z. B. nicht unwillkürlicher Reflex,
Naturereignis).
Erfolg ist das (bezweckte) Ergebnis einer Handlung oder
eines sonstigen Ereignisses.
Kausalität ist die Ursächlichkeit eines Ereignisses für einen
Erfolg. Im Sinne der sog. Äquivalenztheorie ist jedes Tun (z. B.
Schuss), das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg (z. B. Tod)
entfallen würde, und jedes Unterlassen (z. B. Hilfeleistung), das nicht
hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg (z. B. Tod) mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit entfallen wäre, kausal für einen Erfolg.
Rechtlich bedeutsame Adäquanz (Angemessenheit) der Kausalität (des
Ereignisses für den Erfolg) ist aber nur gegeben, wenn das Ereignis im Allgemeinen
und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem
gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Gegebenheiten
geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeiführen (Adäquanz wurde z. B. bejaht
für die Täuschung bei einem Kraftfahrzeugkauf und dem Unfallschaden des
Käufers).
Rechtswidrigkeit ist der Verstoß eines verhaltensverursachten Erfolges
gegen die Rechtsordnung. Sie wird vielfach durch das Vorliegen der Kausalkette
zwischen Verhalten und Erfolg indiziert (angezeigt), doch kann die indizierte
Bewertung als grundsätzlich rechtswidrig durch ausnahmsweises Vorliegen eines
Rechtfertigungsgrundes (z. B. Notwehr, Notstand, Einwilligung) widerlegt
werden.
Für das aus
Schuldfähigkeit (Deliktsfähigkeit, vgl. §§ 827f., 276 I 2 BGB), Schuldform
und Fehlen von Entschuldigungsgründen zusammengesetzte
Zurechnungselement Verschulden ist bei den Schuldformen (§ 276 I 1 BGB) Vorsatz
das Wissen und Wollen des Erfolges im Bewusstsein der
Rechtswidrigkeit und Fahrlässigkeit die Außerachtlassung der im Verkehr
(objektiv) erforderlichen Sorgfalt (§ 276 II BGB).
4. Naturalherstellung und Geldersatz
Ist nach
Bejahung entsprechender Schadensersatzschuldtatbestandsmerkmale eine
Schadensersatzschuld gegeben, so ist der Schuldner zur Naturalherstellung
(Naturalrestitution) verpflichtet (§ 249 S. 1 BGB). Das bedeutet, dass
er den Zustand herstellen muss, der bestehen würde, wenn der zu Ersatz
verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, wobei wegen der logischen
Unmöglichkeit, Geschehenes ungeschehen zu machen, ein möglichst gleichartiger,
wirtschaftlich gleichwertiger Zustand genügen muss (z. B. Heilung der
Verletzung, Ausbeulen der Delle, Widerruf der Beleidigung). Statt der
Naturalherstellung kann in bestimmten Fällen der dazu erforderliche Geldbetrag
oder eine Entschädigung in Geld (Geldersatz) verlangt werden (§ 249 II 1
BGB, Personenverletzung, Sachbeschädigung, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, §
250 BGB fruchtloser Fristablauf nach Fristsetzung unter Ablehnungsandrohung,
Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, § 251 I BGB Unmöglichkeit und
Unzureichendheit der Naturalherstellung, § 251 II BGB Unverhältnismäßigkeit des
Aufwandes, Ersetzungsbefugnis des Schuldners). Bei Nichtvermögensschaden
kann nach § 253 I BGB nur dann etwas anderes als Naturalherstellung verlangt
werden, wenn dies durch Gesetz bestimmt wurde. Ist wegen einer Verletzung des
Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung
Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht
Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden (§
253 II BGB).
5. Schadensberechnung
Die
Berechnung des Schadens erfolgt mit Hilfe einer sog. Differenzhypothese.
Danach ist der auf Grund des schädigenden Ereignisses tatsächlich eingetretene
Zustand (des Vermögens) des Geschädigten mit dem hypothetisch ohne das
schädigende Ereignis bestehenden Zustand (des Vermögens) zu vergleichen. Der
Unterschied (bzw. die Differenz) beider Zustände stellt grundsätzlich den
Schaden dar (, der aber notfalls wertend korrigiert werden kann).
6. Überholende Kausalität
Hinsichtlich
der Frage, ob der Handelnde Schadensersatz auch dann schuldet, wenn ein
späteres Ereignis denselben Schaden ebenfalls verursacht hätte (überholende
Kausalität), gilt der Grundsatz, dass nicht wirklich ursächlich gewordene
Ereignisse (grundsätzlich) nicht berücksichtigt werden können.
7. Vorteilsausgleich
Bewirkt die
schädigende Handlung außer einer Einbuße auch Vorteile für den Geschädigten, so
sind diese (korrigierbar in einer wertenden Betrachtung) zu berücksichtigen (,
aber z. B. nicht die bei Tötung eines Unterhaltverpflichteten dem
Unterhaltsberechtigten zugleich anfallende Erbschaft). Insbesondere hat nach §
255 BGB der, welcher für den Verlust einer Sache oder eines Rechtes einen Schadensersatzanspruch
erlangt, im Gegenzug gegen den Ersatz die Ansprüche an den
Schadensersatzpflichtigen abzutreten, die ihm auf Grund des Eigentums an
der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zustehen.
8. Mitwirkendes
Verschulden
Hat bei der
Entstehung eines Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt
(mitwirkendes Verschulden im Sinne vorwerfbaren Verstoßes gegen Gebote des
eigenen Interesses [z. B. eine bewusste Selbstgefährdung]), so hängt die
Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den
Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem
einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 254 I BGB). Dem stellt §
254 II 1 BGB die Fälle gleich, dass der Beschädigte den Schuldner nicht auf die
Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens, die der Schuldner weder kannte noch
kennen musste, aufmerksam gemacht oder dass er den Schaden weder abgewandt oder
gemindert hat (z. B. durch eine gefahrlose, schmerzlose, kostenlose sowie
sichere Aussicht auf Besserung bietende Operation). Darüberhinaus ist § 254 BGB
entsprechend anzuwenden, wenn auf der Seite des Geschädigten zwar kein
Verschulden, aber doch eine Sachgefahr und Betriebsgefahr (z. B. des
Kraftfahrzeughalters) (mitwirkend) vorhanden war.
Da nach §
254 II 2 BGB die Vorschrift des § 278 BGB entsprechend anzuwenden ist, muss
sich der Geschädigte zu seinen Lasten auch ein Verschulden seines gesetzlichen
Vertreters oder seines Erfüllungsgehilfen anrechnen lassen.
Voraussetzung ist dabei, dass zwischen den Beteiligten bereits eine rechtliche
Sonderverbindung besteht (str.), so dass in allen anderen Fällen nur § 831 BGB
entsprechende Anwendung finden kann. Dies ist deswegen bedeutsam, weil nach §
278 BGB (im Gegensatz zu § 831 BGB) ein eigenes Verschulden des Schuldners (d.
h. desjenigen, welcher sich eines Erfüllungsgehilfen bedient, bzw. des
Vertretenen) nicht erforderlich ist.
VII.
Sonstige allgemeine Arten von Schuldverhältnissen
1. Vertragsstrafe
Vertragsstrafe
ist eine meist auf Geld gerichtete, bedingte Verbindlichkeit, die der Schuldner
für den Fall der Nichterfüllung oder Schlechterfüllung einer Hauptverbindlichkeit
eingeht und die der Erzwingung deren Erfüllung und der Erübrigung eines
konkreten Schadensnachweises dient (§§ 339ff. BGB).
2. Aufwendungserstattung
Nach § 257
BGB kann, wer berechtigt ist, Erstattung von Aufwendungen, d. h.
freiwilliger Vermögenseinbußen im Interesse eines anderen, zu verlangen, die er
für einen bestimmten Zweck macht, Befreiung von einer Verbindlichkeit
beanspruchen, wenn er eine solche zu diesem Zweck eingeht. Nach § 256 S. 1 BGB
kann weiter, wer Erstattung von Aufwendungen verlangen kann, die Verzinsung des
zu erstattenden Betrages von der Zeit der Aufwendung an begehren. Wegen
einzelner Aufwendungserstattungsansprüche vgl. etwa die §§ 304, 670, 683, 684
S. 2, 970, 601 II 1 BGB usw.
3. Rechenschaftslegung und Herausgabe oder Auskunft
Wer (auf
Grund eines Rechtsgeschäftes, eines einzelnen Rechtssatzes oder aus dem
Grundsatz von Treu und Glauben) zu einer Rechenschaftslegung
verpflichtet ist, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der
Einnahmen und Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege
erteilt zu werden pflegen, solche vorzulegen, sowie evtl. eidesstattlich zu
versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben
habe, wie er dazu imstande sei (§ 259 BGB).
Wer die Herausgabe
eines Inbegriffs von Gegenständen schuldet oder verpflichtet ist, über
den Bestand eines solchen Auskunft zu erteilen, hat dem Berechtigten ein
Verzeichnis des Bestandes vorzulegen und evtl. eidesstattlich zu
versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben
habe, wie er dazu imstande sei (§ 260 BGB).
4. Herstellung bei Wegnahme einer Einrichtung
Wer von
einer Sache, die er einem anderen herauszugeben hat (z. B. Kraftfahrzeug), eine
Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat (z. B. Anhängerkupplung),
wegnehmen darf, hat im Falle der Wegnahme die Sache auf seine Kosten in
den vorigen Stand zu setzen. Umgekehrt ist der andere, wenn er den Besitz der
Sache erlangt, verpflichtet, die Wegnahme der Einrichtung (in ihrer Gänze,
nicht nur in ihren wertvollen Teilen) zu gestatten (§ 258 BGB), kann aber die
Gestattung verweigern, bis ihm für den mit der Wegnahme verbundenen Schaden
Sicherheit geleistet wird.
5. Treuhandvertrag
Auf Grund
eines (gesetzlich nicht besonders geregelten) Treuhandvertrages ist der Treuhänder
verpflichtet, die ihm übertragenen Vermögensrechte nur so auszuüben, wie dies
vereinbart wurde oder dem Zweck der Übertragung entspricht. Der Treugeber
(z. B. Sicherungsgeber) ist verpflichtet, dem Treuhänder (z. B.
Sicherungseigentümer) die zu übertragenden Vermögensrechte entsprechend den
allgemeinen Regeln zu übertragen (z. B. Übereignung der sichernden Sache).
Für den
Abschluss des Treuhandvertrages gelten keine besonderen Regeln. Auch in Form
und Inhalt sind die Vertragspartner im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen
völlig frei.
§ 3
Entstehung
Das
Schuldverhältnis kann außer durch Hoheitsakt vor allem durch Rechtsgeschäft
oder Gesetz entstehen.
I.
Rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis
Zur Begründung
eines Schuldverhältnisses sowie zur Änderung des Inhalts eines
Schuldverhältnisses ist, soweit das Gesetz nicht ein anderes vorschreibt (z. B.
§§ 657ff. BGB Auslobung, einseitiges Rechtsgeschäft, bei dem die einseitige
öffentliche Bekanntmachung genügt), ein Vertrag zwischen den Beteiligten
erforderlich (§ 311 I BGB). Entsprechend dem durch Art. 2 I GG grundgesetzlich
geschützten Grundsatz der Handlungsfreiheit besteht für das
Rechtsgeschäft Abschlussfreiheit, Inhaltsfreiheit und Formfreiheit.
Lange
geschichtliche Tradition hat es allerdings mit sich gebracht, dass sich im
alltäglichen Rechtsverkehr bestimmte Geschäftstypen mit einem mehr oder
weniger festen Regelbestand ausgebildet haben. Eine große Zahl dieser
Geschäftstypen hat bereits im Bürgerlichen Gesetzbuch oder einem anderen Gesetz
eine weitgehend abänderbare (dispositive) Gestaltung gefunden (vgl. die §§
433ff. BGB, Kommissionsvertrag, Versicherungsvertrag, Verlagsvertrag). Andere
sind bislang gesetzlich nicht besonders geregelt, haben aber doch in der
Rechtswirklichkeit übliche Gestaltungen erfahren (z. B. Leasingvertrag, Dienstverschaffungsvertrag,
Werkverschaffungsvertrag, Krankenhausvertrag, Fluchthilfevertrag,
Treuhandvertrag, Factoringvertrag, Sponsoringvertrag, Merchandisingvertrag
usw.).
An alle
diese Geschäftstypen ist der Rechtsverkehr im Schuldrecht (anders als in dem
vom Grundsatz des Typenzwanges beherrschten Sachenrecht) nicht gebunden.
Vielmehr sind im Rahmen der zwingenden (und deshalb rechtsgeschäftlich nicht
abänderbaren) gesetzlichen Vorschriften (z. B. der §§ 134, 138 BGB) beliebige
Abwandlungen und Neugestaltungen zulässig. Insbesondere ist auch ein aus
Bestandteilen verschiedener Vertragstypen zusammengesetzter gemischter
Vertrag möglich (z. B. gemischte Schenkung, Bewirtungsvertrag), wobei
hinsichtlich des anzuwendenden Rechts dann in erster Linie auf den Schwerpunkt
des Rechtsgeschäfts und danach auf den Geschäftszweck abzustellen ist,
für Einzelmerkmale aber auch das Recht eines zweiten oder weiteren
Geschäftstyps verwendet werden kann.
Durch die
Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger
Leistungen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher wird ein Anspruch gegen
diesen nicht begründet (§ 241a I BGB, beachte § 241a II, III BGB).
II. Schuldverhältnis
durch Aufnahme von Verhandlungen (culpa in contrahendo)
Ein
Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 II BGB entsteht auch durch die
Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher
der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen
Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und
Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder durch ähnliche geschäftliche
Kontakte (§ 311 II BGB).
Demnach
muss ein Kontakt zwischen zwei Personen zustandegekommen sein, der die
Wahrscheinlichkeit eines Rechtsgeschäfts zwischen ihnen erhöht (z. B. Betreten
eines Warenhauses [ausgenommen z. B. der Ladendieb], Aufnahme eines
Verkaufsgesprächs) und aus dem der eine dem anderen zu einem bestimmtem
Verhalten verpflichtet wird (z. B. Schutz, Obhut, Mitteilung, Aufklärung). Der
Verpflichtete muss die ihn treffende Verhaltenspflicht durch ein Tun
oder Unterlassen verletzt haben (z. B. liegt Verletzung einer Schutzpflicht
vor, wenn während eines Verkaufsgesprächs [infolge möglicherweise lange
zurückliegender Unachtsamkeit eines Angestellten] eine umstürzende
Linoleumrolle einen Kunden verletzt). Ist die Verletzung rechtswidrig und
schuldhaft, so ist der Schädiger (ausnahmsweise auch ein Sachwalter oder ein
Vertreter) zum Ersatz des Vertrauensschadens (ausnahmsweise des
Nichterfüllungsschadens) verpflichtet.
Nach § 311
III BGB kann dabei ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 II BGB auch zu
Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches
Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße
Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder
den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
III.
Gesetzliches Schuldverhältnis
Ein
gesetzliches Schuldverhältnis entsteht durch Verwirklichung der von der
jeweiligen Rechtsnorm festgelegten Voraussetzungen. Diese sind abgesehen davon,
dass der Abschluss eines Rechtsgeschäfts nicht notwendig ist, im Einzelnen ganz
unterschiedlich. Die wichtigsten Fälle gesetzlicher Schuldverhältnisse sind
innerhalb des Schuldrechts die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677ff.
BGB), die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812ff. BGB, beachte § 241a
II BGB) und die unerlaubte Handlung (§§ 823ff. BGB), außerhalb des
Schuldrechts das Eigentümer-nichtberechtigter Besitzer-Verhältnis (§§ 985ff.,
str.), das Eigentümer-Pfandgläubiger-Verhältnis (§§ 1215ff. BGB) sowie das
Verhältnis zwischen Kraftfahrzeughalter und
Kraftfahrzeugverkehrsunfallgeschädigtem (§ 7 StVG). Den unterschiedlichen
Voraussetzungen der einzelnen gesetzlichen Schuldverhältnisse entsprechen
unterschiedliche Rechtsfolgen.
§ 4
Inhalt
Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem
Schuldner eine Leistung zu fordern (§ 241 I 1 BGB). Kern des
Schuldverhältnisses ist also die vom Schuldner zu erbringende Leistung. Sie ist
die Vornahme des vom Schuldner dem Gläubiger gegenüber geschuldeten Verhaltens.
I.
Leistung
Die nach §
241 S. 1 BGB vom Schuldner dem Gläubiger geschuldete Leistung kann ein Tun
(tatsächliche Handlung, Willenserklärung) oder ein Unterlassen (Nichtausführung
einer gebotenen tatsächlichen Handlung, Nichtabgabe einer gebotenen
Willenserklärung) sein (§ 241 I 2 BGB). Sie kann ein Rechtsgeschäft erfordern
oder eine tatsächliche Handlung (z. B. einen Dienst). Nach § 241 II BGB kann
das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die
Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
Der Inhalt
der Leistung muss dabei bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein, weil andernfalls
eine zwangsweise Verwirklichung durch Klage, Urteil und Zwangsvollstreckung
ausgeschlossen ist. Die Bestimmung der Leistung ist in erster Linie
beiden Teilen oder einem der beiden Teile des Schuldverhältnisses überlassen.
Soll die Leistung durch einen der Vertragsschließenden oder durch einen Dritten
bestimmt werden, so ist nach den §§ 315ff. BGB im Zweifel anzunehmen, dass sie
nach billigem Ermessen, d. h. nach den Vorstellungen eines ehrenhaften,
billig abwägenden Menschen zu treffen ist. Bei Fehlen einer vorrangigen
Inhaltsbestimmung können dispositive gesetzliche Vorschriften eingreifen (z. B.
die §§ 246, 269, 271 I, 454, 612 II, 632 II BGB).
II. Art
und Weise der Leistung
1.
Leistung nach Treu und Glauben
Nach § 242
BGB hat der Schuldner die Leistung so zu bewirken, wie dies Treu und Glaube
mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Diese Vorschrift gilt
über ihren Wortlaut hinaus für beide Beteiligte des Schuldverhältnisses, über
das Schuldrecht hinaus für andere Rechtsgebiete und über das Schuldverhältnis
hinaus für andere Rechtsbeziehungen.
Sie dient
in erster Linie der Ermittlung dessen, was der Schuldner leisten muss und was
der Gläubiger fordern kann, aber auch dessen, was der Schuldner leisten kann
und der Gläubiger als Leistung annehmen muss (z. B. Überweisung eines
geschuldeten Geldbetrags statt Barzahlung).
Aus § 242
BGB können sich daneben zusätzliche Nebenleistungspflichten oder
Verhaltenspflichten ergeben. Sie lassen sich nicht abschließend erfassen,
sondern hängen von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Allgemein
handelt es sich um die Pflicht, alles zu tun, um die für die Durchführung des
Schuldverhältnisses erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen (Mitwirkungspflicht),
um die Pflicht, alles zu unterlassen, um die Leistung oder das Schuldverhältnis
insgesamt nicht zu gefährden oder zu vereiteln (Leistungstreuepflicht),
um die Pflicht, sich so zu verhalten, dass bei der Abwicklung Person, Eigentum
oder sonstige Rechtsgüter des anderen Teiles nicht verletzt werden (Schutzpflicht,
Obhutspflicht), und um die Pflicht, den anderen Teil über Umstände
aufzuklären und zu unterrichten, über die dieser nach der Verkehrsanschauung
redlicherweise Aufklärung oder Mitteilung verlangen kann (Mitteilungspflicht,
Aufklärungspflicht). Diese Pflichten können, wie § 311 II BGB zeigt,
bereits zeitlich vor einem Rechtsgeschäftabschluss stehen und begleiten den
Organismus Schuldverhältnis im Übrigen bis zu seiner vollständigen Abwicklung.
Für eine
Störung der sog. Geschäftsgrundlage bestimmt § 313 BGB ausdrücklich,
dass, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach
Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien, wenn sie diese
Veränderung vorausgesehen hätten, den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen
hätten, Anpassung des Vertrags verlangt werden kann, soweit einem Teil unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen
oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag
nicht zugemutet werden kann (§ 313 I BGB). Dabei steht es einer Veränderung der
Umstände gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags
geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 II BGB). Ist eine Anpassung
des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der
benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des
Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung (§
313 III BGB).
In anderen
Fällen kann § 242 BGB den Einwand unzulässiger Rechtsausübung
begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Rechtsausübung in Gegensatz zu
einem eigenen vorangegangenen Tun des Berechtigten steht (lat. venire contra
factum proprium), wenn ein Teil etwas verlangt, was er unmittelbar nach
Erfüllung seines Anspruches seinerseits an den Leistenden zurückgewähren müsste
(lat. dolo petit, qui petit, quod statim redditurus est) und wenn eine Partei
ein Recht längere Zeit nicht geltendgemacht hat und der Verpflichtete sich auf
die Nichtgeltendmachung einrichten durfte, die Partei dann überraschenderweise
das Recht aber doch ausübt (sog. Verwirkung).
2.
Leistung am rechten Ort
Der Leistungsort,
d. h. die Leistungsstelle für die Leistungshandlung, bestimmt sich nach § 269
BGB. Maßgebend ist danach in erster Linie die Parteivereinbarung. Bei
deren Fehlen sind die Umstände zu berücksichtigen, insbesondere die Natur des
Schuldverhältnisses, wobei vielfach die Verkehrssitte den Ausschlag gibt.
Fehlen auch solche Umstände, ist Leistungsort der Wohnsitz des
Schuldners zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses, bei im Gewerbe des
Schuldners entstandenen Verbindlichkeiten der (davon verschiedene) Ort der Niederlassung
(für die Geldschulden beachte § 270 BGB, Schickschuld).
3.
Leistung zur rechten Zeit
Fälligkeit ist der Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die
Leistung vom Schuldner verlangen darf, Erfüllbarkeit ist der Zeitpunkt,
von dem ab der Schuldner die Leistung dem Gläubiger erbringen darf. Maßgebend
für die Leistungszeit ist nach § 271 BGB in erster Linie die Parteivereinbarung.
Fehlt sie, ist auf die Umstände abzustellen. Ergeben auch die Umstände keine
Anhaltspunkte, kann der Gläubiger die Leistung sofort, d. h. so schnell
wie unter den gegebenen Umständen verkehrsgemäß möglich, verlangen, der
Schuldner sie sofort bewirken.
Wird nicht
zur rechten Zeit geleistet, kann der Schuldner in Verzug geraten (bzw.
der Gläubiger in Annahmeverzug oder Gläubigerverzug).
4.
Leistung im rechten Umfang
Der
Schuldner ist gemäß § 266 BGB zu einer Teilleistung nicht berechtigt, sofern
nicht Gesetz (z. B. § 389 BGB Aufrechnung, § 39 II WechselG),
Parteivereinbarung (z. B. Ratenzahlungsvereinbarung), Verkehrssitte oder der
Grundsatz von Treu und Glauben ihm dies gestatten.
5.
Leistung durch die rechte Person
Grundsätzlich
muss der Schuldner leisten.
Statt des
Schuldners kann ein Dritter,
ohne dass eine Einwilligung des Schuldners erforderlich ist (§ 267 I 2 BGB),
die Leistung an den Gläubiger erbringen, wenn der Schuldner nicht in Person zu
leisten hat (§ 267 I BGB), doch kann bei Widerspruch des Schuldners der
Gläubiger die Leistung ablehnen (§ 267 II BGB). Der Dritte muss aber dabei
erkennbar eine fremde Verbindlichkeit erfüllen wollen. Die Forderung des
Gläubigers erlischt dann durch die Leistung des Dritten. Für den Dritten ergibt
sich je nach der Sachlage gegen den Schuldner ein Anspruch auf Erstattung aus
Rechtsgeschäft (Auftrag) oder Gesetz (Geschäftsführung ohne Auftrag,
ungerechtfertigte Bereicherung).
Betreibt
der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen dem Schuldner gehörigen
Gegenstand, so ist jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein
Recht an dem Gegenstand zu verlieren, berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen.
Das gleiche Recht steht dem Besitzer einer Sache zu, wenn er Gefahr läuft,
durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren. In diesen Fällen bleibt
die Forderung (des Gläubigers) gegen den Schuldner trotz Erfüllung bestehen und
geht nach § 268 II, III BGB, soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt, auf
den Dritten über, wobei der Übergang nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend
gemacht werden kann.
III. Zurückbehaltungsrecht,
Leistungsverweigerungsrecht, Einrede des nichterfüllten gegenseitigen Vertrags
1.
Zurückbehaltungsrecht
Hat der
Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis (d. h. innerlich
zusammengehörigen einheitlichen Lebensverhältnis), auf dem seine Verpflichtung
beruht (sog. Konnexität), einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger,
so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die
geschuldete Leistung verweigern, bis ihm die gebührende Leistung bewirkt
wird (§ 273 I BGB). Wer zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist, hat
das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den
Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schaden zusteht, es
sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte
Handlung erlangt hat (§ 273 II BGB). Macht der Schuldner im Rechtsstreit dieses
Zurückbehaltungsrecht als Einrede geltend, so kann der Schuldner (nur) zur
Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug)
verurteilt werden (§ 274 I BGB). Das Zug-um-Zug Urteil gibt dem Gläubiger nur
eine Vollstreckungsmöglichkeit (§ 274 II BGB).
Beim
handelsrechtlichen Zurückbehaltungsrecht (§ 369 HGB) ist im Gegensatz hierzu
der Berechtigte befugt, sich aus dem zurückbehaltenen Gegenstand für seine
Forderung zu befriedigen (§ 371 I 1 HGB).
2.
Leistungsverweigerungsrecht
Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand
erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der
Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem
Leistungsinteresse des Gläubiger steht (§ 275 II 1 BGB). Bei der Bestimmung der
dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der
Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat (§ 275 II 2 BGB). Der
Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich
zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung
entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht
zugemutet werden kann (§ 275 III BGB).
3.
Einrede des nichterfüllten gegenseitigen Vertrags (§ 320 BGB)
Wer aus
einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung
(Gegenseitigkeitsleistung z. B. Kaufpreiszahlung) bis zur Bewirkung der
Gegenleistung (z. B. Übereignung) verweigern, es sei denn, dass er
vorzuleisten verpflichtet ist (§ 320 I 1 BGB). Wer aus einem gegenseitigen
Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung
verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch
auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils
gefährdet wird (§ 323 I 1 BGB). Gegenüber einer Klage bewirkt die vom Schuldner
erhobene Einrede, dass der Schuldner nur zur Erfüllung Zug um Zug zu
verurteilen ist (§ 322 BGB).
§ 5
Leistungsstörungen
In den
meisten Fällen läuft das Schuldverhältnis bis zu seiner vollständigen Erfüllung
durch Leistung ungestört ab. In Einzelfällen kommt es aber zu Störungen, die in
erster Linie die Leistung selbst betreffen. Als Grundfälle von allgemeinen, d.
h. an sich in jedem Schuldverhältnis möglichen Leistungsstörungen sind
Unmöglichkeit, Verzug, Pflichtverletzung auf Seiten des Schuldners und
Annahmeverzug (Gläubigerverzug) auf Seiten des Gläubigers anerkannt.
I.
Unmöglichkeit
Unmöglichkeit
ist die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen bestehende Nichtbewirkbarkeit
der Leistung des Schuldners. Wirtschaftliche Unmöglichkeit ist
Unmöglichkeit nur, wenn die Leistung praktisch unmöglich ist. Vorübergehende
Unmöglichkeit ist Unmöglichkeit nur, sofern kein Ende der Nichtbewirkbarkeit
abzusehen ist oder das Warten bis zu einem absehbaren Ende der
Nichtbewirkbarkeit dem Gläubiger nicht zugemutet werden kann.
1. Auswirkung auf Seiten des Schuldners
Nach § 275
I BGB ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den
Schuldner unmöglich ist (subjektive Unmöglichkeit) oder für jedermann unmöglich
ist (objektive Unmöglichkeit). Dies gilt auch, wenn die Leistung von Anfang
(Begründung des Schuldverhältnisses) an unmöglich war (anfängliche
Unmöglichkeit), weil es nach § 311a I BGB der Wirksamkeit eines Vertrags nicht
entgegensteht, dass der Schuldner nach § 275 I-III nicht zu leisten braucht und
das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. Nach § 311a II kann
der Gläubiger nach seiner Wahl Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz
seiner Aufwendungen in dem in § 284 BGB bestimmten Umfang verlangen, es sei
denn, dass der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht
kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. § 281 I 2, 3 und V
findet entsprechende Anwendung (§ 311a II 3 BGB).
2. Auswirkung auf Seiten des Gläubigers
Die Rechte des
Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326 BGB.
a) Schadensersatz
Verletzt
der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger
Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen, sofern der Schuldner die
Pflichtverletzung zu vertreten hat. Zu vertreten hat der Schuldner Vorsatz und
Fahrlässigkeit, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch
aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, inbesondere aus der Übernahme
einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist (§ 276 I 1
BGB), wobei die Vorschriften der §§ 827 und 828 BGB entsprechende Anwendung
finden (§ 276 I 2 BGB), die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im
Voraus erlassen werden kann (§ 276 III BGB) und von der Haftung wegen grober
Fahrlässigkeit nicht befreit ist, wer nur für die Sorgfalt einzustehen hat, die
er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 277 BGB). Außerdem hat der
Schuldner ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen,
deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient (Erfüllungsgehilfen),
in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden (§ 278 S. 1 BGB), wobei
aber die Vorschrift des § 276 III BGB keine Anwendung findet (§ 278 S. 2 BGB),
so dass die Haftung wegen Vorsatzes der Erfüllungsgehilfen im Voraus erlassen
werden kann.
Schadensersatz
wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen
Voraussetzung des § 286 BGB verlangen, Schadensersatz statt der Leistung nur
unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 BGB, des § 282 BGB oder des §
283 BGB.
aa)
Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet
erbrachter Leistung (§ 281 BGB)
Soweit der
Schuldner die Leistung bei Fälligkeit nicht oder nicht wie geschuldet erbringt,
kann der Gläubiger bei zu vertretender Pflichtverletzung des Schuldners (§ 280
BGB) Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner
erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat (§
281 I 1 BGB). Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der
Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an
der Teilleistung kein Interesse hat (§ 281 I 2 BGB). Hat der Schuldner die
Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, kann der Gläubiger Schadensersatz statt
der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist
(§ 281 I 3 BGB).
Die
Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und
endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung
der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des
Schadensersatzanspruchs rechtfertigen (§ 281 II BGB). An die Stelle der
Fristsetzung tritt, wenn nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung
nicht in Betracht kommt, eine Abmahnung (§ 281 III BGB).
Verlangt
der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz, ist der Anspruch auf Leistung
ausgeschlossen (§ 281 IV BGB). Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der
ganzen Leistung, kann der Schuldner seine erbrachte Teilleistung nach den §§
346-348 BGB zurückverlangen (§ 281 V BGB).
bb) Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung
einer Pflicht nach § 241 II BGB
Verletzt
der Schuldner eine Pflicht nach § 241 II BGB, kann der Gläubiger unter den
Voraussetzungen des § 280 I BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen,
wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist (§ 282 BGB).
cc) Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss
der Leistungspflicht
Braucht der
Schuldner nach § 275 I-III nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den
Voraussetzungen des § 280 I Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wobei
§ 281 I 2, 3 und § 281 V entsprechende Anwendung finden.
b) Ersatz der Aufwendungen
Anstelle
des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der
Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht
hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne
die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden (§ 284 BGB).
c) Herausgabe des Ersatzes
Erlangt der
Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275
I-III nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz
oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz
Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen (§ 285 I BGB). Kann
der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich
dieser, wenn er Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des
Ersatzanspruchs verlangt, um den Wert des erlangten Ersatzes oder
Ersatzanspruchs (§ 285 II BGB).
d) Gegenseitiger Vertrag
Braucht der
Schuldner nach § 275 I-III BGB nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die
Gegenleistung (§ 326 I 1). Bei einer Teilleistung findet § 441 III BGB
entsprechende Anwendung. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner im Fall der nicht
vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 I-III BGB nicht zu
erbringen braucht (§ 326 I 2 BGB).
Ist der
Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 I-III BGB
nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich (vom Gläubiger
zu vertretende Unmöglichkeit) oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu
vertretende Umstand während des Annahmeverzugs des Gläubigers ein, so behält
der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung (§ 326 II 1 BGB), muss sich
aber anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart
oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben
böswillig unterlässt (§ §26 II BGB).
Verlangt
der Gläubiger nach § 285 BGB Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand
erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur
Gegenleistung verpflichtet, doch mindert sich diese gemäß § 441 III BGB
insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert
der geschuldeten Leistung zurückbleibt (§ 326 III BGB).
Soweit die
nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das
Geleistete nach den §§ 346-348 BGB zurückgefordert werden (§ 326 IV BGB).
Braucht der
Schuldner nach § 275 I-III nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten.
Auf den Rücktritt findet § 323 BGB mit der Maßgabe entsprechende Anwendung,
dass die Fristsetzung entbehrlich ist (§ 326 V BGB).
II.
Verzug
1. Voraussetzungen
Leistet der
Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der
Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung, durch Erhebung der Klage auf
Leistung sowie durch Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren in Verzug
(§ 286 I BGB). Der Mahnung bedarf es nicht, wenn für die Leistung eine Zeit
nach dem Kalender bestimmt ist, der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und
eine angemessene zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich
von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, der Schuldner die
Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, aus besonderen Gründen unter
Abwägung der beiderseitigen Interessen der besondere Eintritt des Verzugs
gerechtfertigt ist (§ 286 II BGB). Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt
spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und
Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Dies
gilt, wenn der Schuldner Verbraucher ist, nur, wenn auf dies Folgen in der
Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Bei
Unsicherheit über den Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder
Zahlungsaufstellung bei einem Verbraucher tritt der Verzug spätestens 30 Tage nach
Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung ein (§ 286 III BGB).
Der
Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands
unterbliebt, den er nicht zu vertreten hat.
2. Rechtsfolgen
a) Schadensersatz wegen Verzögerung
Der
Gläubiger kann unter der Voraussetzung des § 286 BGB nach § 281 II BGB
Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung verlangen (Verzugsschaden,
Verspätungsschaden).
b) Vertretenmüssen von Fahrlässigkeit und Zufall
Während des
Verzugs hat der Schuldner jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Selbst für die
während des Verzugs durch Zufall eintretende Unmöglichkeit der Leistung
hat er einzustehen, falls nicht der Schaden ebenso bei rechtzeitiger Leistung
eingetreten wäre (§ 287 BGB).
c) Verzugszinsen
Eine Geldschuld
ist während des Verzuges mit 5 bzw. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
bzw. einem anderweitig begründeten höheren Zinssatz zu verzinsen (§ 288 BGB).
d) Rechtshängigkeit
Führt der
Gläubiger durch Erhebung einer Klage Rechtshängigkeit herbei, so gelten
für diese Lage die Regeln der §§ 291f. BGB (Prozesszinsen, Haftung
bei Herausgabepflicht nach den Regeln über das Verhältnis zwischen Eigentümer
und nichtberechtigtem Besitzer ab Rechtshängigkeit d. h. §§ 989, 987, 994 II
ff. BGB). Da in den §§ 818 IV BGB auf diese Regelung verwiesen wird, hat sie
erhebliche tatsächliche Bedeutung.
III.
Gläubigerverzug (Annahmeverzug)
1. Voraussetzungen
Der Gläubiger
kommt in Gläubigerverzug, wenn er die ihm angebotene (und noch erbringbare)
Leistung nicht annimmt. Auf Seiten des Schuldners ist dafür erforderlich, dass
der Schuldner alles tut, was notwendig ist, damit der Gläubiger nur noch
zuzugreifen braucht. Das bedeutet grundsätzlich ein tatsächliches Angebot des
Schuldners am Leistungsort (§ 294 BGB, Bringschuld), in bestimmten Fällen (§
295 BGB, Holschuld) ein nur wörtliches Angebot und in wieder einigen anderen
Fällen (§ 296 BGB) nicht einmal ein wörtliches Angebot.
2. Rechtsfolgen
Nimmt der
Gläubiger nicht nur vorübergehend (§ 299 BGB) nicht an, so entsteht der
Annahmeverzug, in dem der Schuldner nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu
vertreten hat (§ 300 I BGB), bei Gattungssachen die Gefahr auf
den Gläubiger übergeht (§ 300 II BGB), bei verzinslichen Geldschulden die Verzinsungspflicht
entfällt (§ 301 BGB), die Herausgabepflicht für Nutzungen sich auf die
gezogenen Nutzungen beschränkt (§ 302 BGB) und der Schuldner evtl. den Besitz
aufgeben (§ 303 BGB) sowie Ersatz seiner durch den Gläubigerverzug verursachten
Mehraufwendungen verlangen darf (§ 304 BGB).
§ 6
Beendigung
Das
Schuldverhältnis endet aus einer ganzen Reihe von Gründen. Sie sind -
allerdings nicht vollständig - in den §§ 346ff. BGB aufgeführt. Zu ihnen
gehören Leistungsstörung, Rücktritt (bzw. Kündigung), Erfüllung, Hinterlegung,
Aufrechnung, Erlass, Novation, Konfusion, Zeitablauf, Zweckerreichung (str.),
Bedingungseintritt, Aufhebungsvertrag und evtl. Tod eines Teils.
Im Einzelnen
ist dabei zu unterscheiden zwischen dem Schuldverhältnis im weiteren Sinn und
dem Schuldverhältnis im engeren Sinn. Durch die Beendigung eines Anspruches (z.
B. durch Erfüllung) endet nicht ohne weiteres zugleich die gesamte, dieses
einzelne Recht umhüllende Rahmenbeziehung. Deren Ende tritt vielmehr erst bei
einer endgültigen Abwicklung der gesamten zwischen den Parteien auf Grund dieses
besonderen Anknüpfungspunktes bestehenden Beziehungen (schuldrechtlicher Art)
ein.
I.
Leistungsstörung
Nach den §§
275 I, 326 I 1BGB ist ein Anspruch gegen den Schuldner unter den jeweils dort
genannten Voraussetzungen ausgeschlossen.
II.
Rücktritt
1. Wesen
des Rücktritts
Rücktritt
ist die einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die ein
Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis mit dem Ziel
umgewandelt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen. Das Rücktrittsrecht
ist also ein Gestaltungsrecht zum Zweck der Aufhebung der im
Erstgeschäft begründeten Leistungspflichten und der Begründung eventueller
Rückleistungspflichten.
2. Voraussetzungen
Erforderlich
für den Rücktritt nach den §§ 346ff. BGB ist ein Rücktrittsrecht, der
Nichtausschluss des Rücktritts (vgl. § 350 BGB) und die fristgerechte Rücktrittserklärung
(§ 349 BGB).
3. Rechtsfolgen
Rechtsfolge
des Rücktritts ist (das Erlöschen der Erfüllungsansprüche und) das
Entstehen von Zug um Zug zu erfüllenden (§ 348 S. 1 BGB) Rückgewähransprüchen
auf bereits bewirkte Leistungen innerhalb des insofern abgewandelten
ursprünglichen Schuldverhältnisses: Es sind die empfangenen Leistungen
zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben (§ 346 I BGB).
Statt der
Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit die
Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder
umgestaltet hat, der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder
untergegangen ist, wobei aber die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme
entstandene Verschlechterung außer Betracht bleibt (§ 346 II 1 BGB). Ist im
Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des
Wertersatzes zugrunde zu legen. Ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines
Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des
Gebrauchsvorteils niedriger war (§ 346 II 2 BGB). Die Pflicht zum Wertersatz
entfällt, wenn (1) sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der
Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, (2) soweit der
Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der
Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, (3) wenn im Fall eines
gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim
Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser die Sorgfalt beobachtet hat, die er
in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, doch ist in diesen Fällen eine
verbleibende Bereicherung herauszugeben (§ 346 III BGB).
Der
Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus § 346 I BGB nach den §§
280-283 BGB Schadensersatz verlangen (§ 346 IV BGB).
Zieht der
Schuldner Nutzungen entgegen den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht,
obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, so ist er dem Gläubiger zum Wertersatz
verpflichtet, wobei er im Fall eines gesetzlichen Rücktrittsrechts hinsichtlich
der Nutzungen nur für die Sorgfalt einzustehen hat, die er in eigenen
Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 347 I BGB).
Gibt der Schuldner
den Gegenstand zurück, leistet er Wertersatz oder ist seine Wertersatzpflicht
nach § 346 III Nr. 1, 2 BGB ausgeschlossen, so sind ihm notwendige Verwendungen
zu ersetzen, andere Aufwendungen, soweit der Gläubiger durch diese bereichert
wird (§ 347 BGB).
III.
Erfüllung
Erfüllung
ist das Bewirken der Leistung durch den Schuldner gegenüber dem Gläubiger,
durch welches das Schuldverhältnis erlischt (§ 362 I BGB). Im Gegensatz hierzu
erbringt der Schuldner bei der Leistung an Erfüllungs Statt statt der
geschuldeten Leistung eine andere, nicht geschuldete Leistung, so dass das
Schuldverhältnis nur erlischt, wenn der Gläubiger diese andere Leistung an
Erfüllungs Statt annimmt (§ 364 I BGB, Abänderungsvertrag, beachte § 365 BGB).
Daneben ist es auch möglich, dass der Schuldner dem Gläubiger neben der schon
vorhandenen Befriedigungsmöglichkeit eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit
verschaffen will mit dem Zusatz, dass der Gläubiger in erster Linie auf die
zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit (Leistung erfüllungshalber)
zugreifen soll. Hier erlischt die ursprüngliche Schuld mit der tatsächlichen
Befriedigung aus dem erfüllungshalber geleisteten Gegenstand (z. B. der
abgetretenen Forderung gegen einen Dritten). Bei der Übernahme einer neuen
Verbindlichkeit durch den Schuldner liegt nach § 364 II BGB im Zweifel nur
Leistung erfüllungshalber vor.
Leistung
bedeutet dabei die Herbeiführung des Leistungserfolges durch die jeweils
erforderliche Leistungshandlung (z. B. Tathandlung beim Dienstvertrag,
Rechtsgeschäft beim Kauf), wobei bei beschränkt Geschäftsfähigen bzw.
Geschäftsunfähigen der gesetzliche Vertreter als Empfangszuständiger
mitwirken bzw. handeln muss. Sachlich ist bewirkt, wenn außer der
Leistungshandlung des Schuldners (z. B. Abgabe seiner Willenserklärung und
Aufgabe seines Besitzes) auch der Leistungserfolg beim Gläubiger verwirklicht
wurde (z. B. Erlangung des Eigentums durch den Gläubiger). Wird an einen
Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so erlischt die Schuld nur, wenn
der Gläubiger vorher einwilligt oder nachher genehmigt (§§ 362 II, 185 BGB).
Als zum Empfang einer Leistung ermächtigt gilt dabei allerdings jeder
Überbringer einer (echten) Quittung (§ 370 BGB).
Hinsichtlich
der Tilgungswirkung einer Leistung auf mehrere Schulden geben die §§ 366f. BGB
Auslegungsregeln. Die Beweislast für die Leistung trägt grundsätzlich der
Schuldner (vgl. jedoch § 363 BGB). Auf Verlangen (und Kosten) des Schuldners
hat der Gläubiger ein schriftliches Empfangsbekenntnis (Quittung)
auszustellen (§ 368 BGB) und einen eventuellen Schuldschein
zurückzugeben (§ 371 BGB, vgl. § 952 I 1 BGB).
IV.
Hinterlegung
Hinterlegung
ist die im Rahmen eines Schuldverhältnisses erfolgende Übergabe einer
hinterlegungsfähigen Sache (§§ 372 S. 1 BGB, 373 HGB) durch den Schuldner an
die öffentliche Hinterlegungsstelle (Amtsgericht des Leistungsorts, § 1
Hinterlegungsordnung), die durch den auf Antrag des Schuldners ergehenden
Verwaltungsakt der Annahmeanordnung mit dem Schuldner eine öffentlichrechtliche
Sonderverbindung begründet. Hinterlegen kann der Schuldner im Gläubigerverzug
und bei einer dem Gläubiger zuzurechnenden Unsicherheit der Erfüllung (§ 372
BGB).
Schließt
der Schuldner die Rücknahme der hinterlegten Sache aus oder liegt ein sonstiger
Rücknahmeausschlussgrund vor, wird der Schuldner durch die Hinterlegung
von seiner Verbindlichkeit wie durch Leistung frei (§ 378 BGB). Für
einen eventuellen Eigentumsübergang auf den Gläubiger bedarf es aber neben der
in der Regel in der Hinterlegungsanzeige (§ 374 II BGB) des Schuldners
an den Gläubiger liegenden Einigungserklärung des Schuldners noch der
Übereignungserklärung (Einigungserklärung) des Gläubigers, für welche die
Hinterlegungsstelle Empfangsbotin des Schuldners ist.
V.
Aufrechnung
Aufrechnung
ist die wechselseitige Tilgung zweier sich gegenüberstehender, ihrem Gegenstand
nach gleichartiger Forderungen zweier Gläubiger bzw. Schuldner durch einseitige
empfangsbedürftige bedingungsfeindliche Willenserklärung (einer Seite) (§§
387ff. BGB). Die Aufrechnungserklärung bewirkt, dass die Forderungen,
soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in dem sie zur
Aufrechnung geeignet (vgl. die §§ 390ff. BGB) einander gegenübergetreten sind
(§ 389 BGB).
Zulässig
ist auch der im Gesetz nicht geregelte Aufrechnungsvertrag, der weder
Gegenseitigkeit noch Fälligkeit der Gegenforderung voraussetzt (z. B.
vertragliche Anerkennung des Saldos im Kontokorrentverhältnis [§ 355
HGB]).
VI. Erlass und negatives Schuldanerkenntnis
1. Erlass ist der auf Grund der Vertragsfreiheit ohne weiteres
mögliche, formlose, abstrakte Verfügungsvertrag zwischen Gläubiger und
Schuldner, durch den der Gläubiger auf seine Forderung verzichtet (§ 397 I
BGB).
2. Negatives Schuldanerkenntnis ist der Vertrag, in dem der
Gläubiger dem Schuldner gegenüber anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht
besteht (§ 397 II BGB).
§ 7
Personelle Erweiterungen
I.
Beteiligung Dritter
1.
Echter Vertrag zugunsten Dritter
Statt einer
Vertragspartei kann aus einem Vertrag zwischen zwei Parteien auch ein Dritter
berechtigt werden (echter Vertrag zugunsten Dritter,
§§ 328ff. BGB, z. B. Bezugsberechtigter beim Lebensversicherungsvertrag
zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsnehmer). Voraussetzung
dafür, dass der Dritte, der geschäftsunfähig sein kann, aus dem Vertrag
unmittelbar ein Recht erwirbt, ist eine entsprechende Berechtigungsabrede
der Vertragsparteien. Zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger
als den vertragsschließenden Parteien besteht ein sog. Deckungsverhältnis,
zwischen Begünstigtem und Versprechendem ein Anspruch auf die Leistung.
Nicht
zulässig ist demgegenüber der Vertrag zu Lasten Dritter,
der schuldrechtliche Verfügungsvertrag zugunsten Dritter (str.) und der
dingliche Vertrag zugunsten Dritter (str.).
2.
Unechter Vertrag zugunsten Dritter
Bei dem im
Gesetz nicht geregelten unechten Vertrag zugunsten Dritter erhält der
Dritte keinen Anspruch gegen den Schuldner, sondern nur eine Ermächtigung (z.
B. § 329 BGB, Erfüllungsübernahme). Macht der Gläubiger seinen Anspruch
geltend, muss er (vereinbarungsgemäß) Leistung an den Dritten verlangen.
3.
Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte
Ein
Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 II BGB kann auch zu Personen
entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen (§ 311 III BGB). Ein
solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem
Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen
oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst (§ 311 III 2 BGB), Hier trifft
den Schuldner eine Schutzpflicht (außer gegenüber dem Gläubiger) auch
gegenüber Dritten, die mit der Leistung des Schuldners erkennbar mehr oder
minder zwangsläufig in Berührung kommen (Leistungsnähe) und für deren
Wohl und Wehe der Gläubiger verantwortlich ist (Schutzpflicht z. B. für
Angestellte, Familienangehörige, Vereinsmitglieder, Mieter). Hat der Schuldner
eine Verletzung dieser Schutzpflicht zu vertreten, so hat er dem
Drittem den daraus erwachsenden Schaden zu ersetzen (z. B. haftet der
Elektrounternehmer auch für den Schaden, den sein Gehilfe bei den Kindern des
Bestellers schuldhaft verursacht).
4.
Drittschadensliquidation
In einer
Reihe von Fällen ergibt sich die eigenartige Gestaltung, dass ein an sich
Berechtigter keinen Schaden und ein an sich Geschädigter keine
Ersatzberechtigung hat (z. B. in den Fällen der §§ 447 I, 2174 BGB,
Einkaufskommission usw.). Hier würde der Schädiger allein deswegen von seiner
Ersatzpflicht frei, weil der Schaden, der sich in der Regel beim Gläubiger
verwirklicht, wegen der besonderen Lage ausnahmsweise in der Person des Dritten
eintritt. Hier kann und muss der hypothetisch Anspruchsberechtigte den Schaden
des anspruchslos geschädigten Dritten beim Schädiger geltend machen (vgl. auch
§ 281 BGB).
5.
Erfüllungsgehilfe
Bedient
sich der Schuldner zur Erfüllung seiner Pflichten eines (schuldfähigen, str.)
Dritten (z. B. der Werkunternehmer eines Arbeiters), so hat er nach § 278 BGB
für dessen Verschulden wie für eigenes Verschulden einzustehen. Gleiches gilt
für einen vom Erfüllungsgehilfen seinerseits zugezogenen Erfüllungsgehilfen.
6.
Leistung durch Dritte und an Dritte
Die
Leistung durch einen Dritten, der nicht bereits Erfüllungsgehilfe des
Schuldners ist, ist zulässig (§ 267 I 1 BGB). Die Leistung an einen Dritten ist
nur gemäß § 362 II BGB wirksam.
II.
Parteiänderung
Innerhalb
eines Schuldverhältnisses kann sich die Person des Gläubigers oder die Person
des Schuldners ändern, wobei dies durch Rechtsgeschäft, Gesetz oder
öffentlichrechtlichen Einzelakt geschehen kann.
1.
Parteiänderung auf der Seite des Gläubigers
a) Abtretung
Eine
Forderung kann ganz oder teilweise von dem Gläubiger (Altgläubiger, Zedent)
durch Vertrag (Abtretung, Zession) mit einem anderen (Neugläubiger, Zessionar)
auf diesen übertragen werden. Mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages, d. h.
mit der wirksamen Einigung über seinen Inhalt (z. B. A erklärt, N eine
bestimmte Forderung abzutreten, N ist damit einverstanden), tritt der neue
Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Der Vertrag ist also ein Verfügungsgeschäft
über die Forderung, das am ehesten dem Verfügungsgeschäft Übereignung von
Sachen zur Seite gestellt werden kann. Ihm liegt wie der Übereignung in der
Regel ein Verpflichtungsgeschäft (z. B. Forderungskauf, vgl. § 433 BGB) zugrunde,
zu dem es das Erfüllungsgeschäft bildet. Das Verfügungsgeschäft ist dabei in
seinem Bestand vom Bestand seines Grundgeschäfts (z. B. Forderungskauf)
unabhängig (Abstraktionsprinzip). Eine Verknüpfung findet nur über die
§§ 812ff. BGB statt, wonach die Forderung, die durch eine rechtsgrundlose
Abtretung (z. B. Nichtigkeit des Forderungskaufes) erlangt wurde,
zurückzuübertragen ist. Dies hat dann durch eine (erneute) Abtretung (Rückabtretung)
seitens des Bereicherungsschuldners zu geschehen.
Die
Abtretung ist formlos möglich. Allerdings bedarf die Übertragung einer durch
eine Hypothek gesicherten Forderung der Erteilung der
Abtretungserklärung in schriftlicher Form sowie der Übergabe des
Hypothekenbriefes (§ 1154 I BGB, vgl. auch § 792 I 2 BGB).
Die
Forderung muss bestehen oder wenigstens zur Entstehung kommen können. Einen guten
Glauben an den Bestand einer nicht bestehenden Forderung gibt es nicht.
Allerdings kann sich der Schuldner, der eine Urkunde über die Schuld
ausgestellt hat, dann, wenn die darin bezeugte Forderung unter Vorlegung der Urkunde
abgetreten wird, dem neuen Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, dass die
Eingehung oder Anerkennung des Schuldverhältnisses nur zum Schein erfolgt ist,
es sei denn, dass der neue Gläubiger bei der Abtretung den Sachverhalt kannte
oder kennen musste (§ 405 BGB).
Die
Forderung muss wenigstens bestimmbar sein. Sie muss so individualisiert
sein, dass spätestens im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung kein Zweifel darüber
besteht, ob und inwieweit von der Abtretung gerade die geltendgemachte
Forderung erfasst ist. Bei der sog. Globalzession wird hierfür etwa die
Bestimmung „alle aus einer bestimmten Art von Rechtsgeschäften erwachsenden
Forderungen“ als ausreichend angesehen.
Die
Forderung muss abtretbar sein. Nicht abtretbar sind Forderungen,
wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne
Veränderung ihres Inhaltes erfolgen kann (§ 399 1. Alt. BGB, z. B.
Urlaubsanspruch), wenn die Abtretung durch (zulässige) Vereinbarung mit dem
Schuldner ausgeschlossen wurde (§ 399 2. Alt BGB), wenn die Forderung der
Pfändung nicht unterworfen ist (§ 400 BGB) oder wenn eine gesetzliche
Einzelbestimmung die Abtretung ausschließt.
Mit der
Abtretung bleibt der bisherige Gläubiger zwar weiterhin Partei des
Schuldverhältnisses im weiteren Sinn, doch tritt im Übrigen der neue Gläubiger
an seine Stelle. Dementsprechend wird der neue Gläubiger nicht Partei des
Schuldverhältnisses als Rahmenbeziehung, wohl aber Gläubiger der wirksam
abgetretenen Forderung. Mit dieser gehen die Hypotheken (nicht dagegen
die Grundschulden), Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen,
sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen
Gläubiger über (§ 401 I BGB, weiter auch Rechte aus Vormerkung, aus
Erfüllungsübernahme oder auf Auskunft).
Der
Schuldner bleibt Partei des Schuldverhältnisses im weiteren Sinn, erhält
aber einen neuen Gläubiger der abgetretenen Forderung. An ihn muss er leisten,
während er seine Gestaltungsrechte dem alten Gläubiger gegenüber geltend
machen muss. Dem neuen Gläubiger gegenüber kann er alle Einwendungen (z.
B. aus den §§ 117, 138, 362 BGB) entgegensetzen, die in ihrem Rechtgrund
bereits zur Zeit der Abtretung gegeben gewesen waren (§ 404 BGB), sowie alle Einwendungen,
welche die Gültigkeit der Abtretung selbst betreffen. Der neue Gläubiger muss
jede Leistung, die der Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen Gläubiger
bewirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem
Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen
wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, dass der Schuldner die Abtretung
bei der Leistung oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt (§ 407 I BGB).
Wird eine bereits vom Gläubiger an einen neuen Gläubiger abgetretene Forderung
von dem bisherigen Gläubiger nochmals an einen Dritten abgetreten, so finden,
wenn der Schuldner an den Dritten leistet, oder wenn zwischen dem Schuldner und
dem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Rechtsstreit anhängig wird,
zugunsten des Schuldners (Schuldnerschutz) die Vorschriften des § 407
BGB dem früheren Erwerber gegenüber entsprechende Anwendung (§ 408 I BGB).
Zeigt der Gläubiger dem Schuldner an, dass er die Forderung abgetreten habe,
muss er dem Schuldner gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten
lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Dem neuen Gläubiger
gegenüber ist der Schuldner nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen
Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde zur Leistung
verpflichtet (§ 410 I 1 BGB, vgl. auch § 410 I 2 BGB).
Sonderformen der Abtretung sind Sicherungszession
(Abtretung nur zur Sicherung einer Forderung mit auflösender Bedingung oder
Rückübertragungsverpflichtung bei Eintritt des zu sichernden Vorganges), bei
welcher der Sicherungsgeber in der Regel aus der Sicherungsabrede zur
Einziehung der Forderung beim Schuldner ermächtigt und verpflichtet ist, Inkassoabtretung
(mit der kausalen Abrede, dass der Neugläubiger die Forderung im eigenen Namen
für Rechnung des Altgläubigers einziehen soll), der etwas weiterreichende sog. factoring-Vertrag
(Abtretung an den factor zu vollem eigenen Risiko gegen Abschlag) und die Vorausabtretung
befristeter, bedingter und künftiger Forderungen.
Gemäß § 413
BGB finden die Vorschriften über die Übertragung einer Forderung entsprechende
Anwendung auf die Übertragung anderer Rechte. Allerdings gelten vielfach
vorrangige Sonderrechtssätze.
b) Legalzession
In vielen
Fällen ordnen gesetzliche Vorschriften den Übergang einer Forderung von einer
Person auf eine andere an. Für diesen gesetzlichen Forderungsübergang
finden nach den §§ 412ff. BGB die §§ 399 bis 410 BGB (ausgenommen § 405 BGB)
entsprechende Anwendung.
c) Übergang durch Hoheitseinzelakt
Auch durch
öffentlichrechtlichen Einzelakt kann an die Stelle eines bisherigen Gläubigers
ein neuer Gläubiger gesetzt werden (vgl. die §§ 829, 835 ZPO, Überweisung an
Zahlungs Statt).
2.
Parteiänderung auf Seiten des Schuldners
a) Schuldübernahme
Eine Schuld
kann von einem Dritten durch formlosen Vertrag mit dem Gläubiger (ohne
Mitwirkung des Schuldners) in der Weise übernommen werden, dass der Dritte an
die Stelle des bisherigen Schuldners tritt (§ 414 BGB, abzugrenzen von Erfüllungsübernahme,
Garantievertrag und Bürgschaft). Statt des Vertrages zwischen
Übernehmer und Gläubiger ist auch eine Vereinbarung zwischen Übernehmer und
Schuldner möglich, deren Wirksamkeit allerdings von der Genehmigung des
Gläubigers abhängt (§ 415 I 1 BGB, schwebende Unwirksamkeit bis zur Genehmigung,
beachte § 416 BGB). Durch die (privative oder befreiende) Schuldübernahme wird
der bisherige Schuldner von der Verbindlichkeit frei, bleibt aber Partei des
Schuldverhältnisses im weiteren Sinn, hat also die zugehörigen
Gestaltungsrechte. Der neue Schuldner wird Verpflichteter der Schuld, kann aber
nach § 417 I 1 BGB dem Gläubiger alle Einwendungen entgegensetzen, die sich aus
dem Rechtsverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner
ergeben, und außerdem die Unwirksamkeit der Übernahme geltend machen. Infolge
der Schuldübernahme erlöschen die für die Forderung bestellten Bürgschaften und
Pfandrechte (§ 418 I 1 BGB), sofern die Betreffenden nicht der Schuldübernahme
zustimmen.
Bei dem
Sonderfall der gesetzlich nicht geregelten kumulativen Schuldübernahme (Schuldbeitritt)
tritt der neue Schuldner nur zusätzlich neben den alten Schuldner, dessen
Rechtsstellung sich dadurch grundsätzlich nicht ändert. Der Gläubiger gewinnt
dadurch nur einen zusätzlichen Schuldner.
b) Erbschaftskauf
Der Käufer
einer Erbschaft oder eines Erbteils hat von dem Abschluss des Kaufes an den
Nachlassgläubigern neben dem Verkäufer einzustehen (§ 2382 I 1 BGB).
c) Handelsgeschäftsübernahme
Wer ein
unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma (Namen)
fortführt, hat für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten
des früheren Inhabers einzustehen (§ 25 I 1 HGB, vgl. weiter die §§ 28, 130
HGB).
3.
Parteiwechsel im Schuldverhältnis im weiteren Sinn (Vertragsübernahme)
Der
gesetzlich nicht geregelte Wechsel einer Partei im gesamten Schuldverhältnis
ist nach § 311 BGB zulässig. Er erfordert entweder einen dreiseitigen Vertrag
aller Beteiligten oder einen Vertrag zweier Beteiligter und die Zustimmung des
Dritten. Kraft Gesetzes tritt eine neue Partei etwa im Falle der §§ 566 I
(Veräußerung eines vermieteten Grundstückes), 563, 613a BGB an die Stelle einer
bisherigen Partei.
III.
Parteimehrheit
An einem
Schuldverhältnis können sowohl auf der Seite des Gläubigers wie auch auf der
Seite des Schuldners mehrere Personen in unterschiedlicher Weise beteiligt
sein.
1.
Teilschuldverhältnisse
Teilschuldverhältnisse
sind nur möglich bei teilbaren Leistungen (vgl. §§ 431f. BGB).
a)
Teilgläubigerschaft
Haben
mehrere eine teilbare Leistung zu fordern, so ist im Zweifel jeder Gläubiger
nur zu einem gleichen Anteil berechtigt (§ 420 BGB, selten, weil für Gläubiger
ohne Interesse). Der Schuldner ist jedem Gläubiger nur zum entsprechenden
Anteil verpflichtet, kann also jedem Gläubiger den ihm gebührenden Teil bis zur
Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigern (§ 320 I 2 BGB).
b)
Teilschuldnerschaft
Schulden
mehrere eine teilbare Leistung, so ist im Zweifel jeder Schuldner nur zu einem
gleichen Anteil verpflichtet (§ 420 BGB, selten, weil für Gläubiger ohne
Interesse). Der Gläubiger kann von jedem Schuldner nur den entsprechenden
Anteil der Leistung verlangen, aber seine Gegenleistung insgesamt verweigern,
bis jeder Schuldner seine ganze Leistung bewirkt hat (§ 320 I 2 BGB).
2.
Gesamtschuldverhältnisse
Beim
Gesamtschuldverhältnis ist zwar die geschuldete Leistung nur einmal zu
erbringen, doch hat jeder von mehreren Gläubigern einen Anspruch auf die
gesamte Leistung und ist jeder von mehreren Schuldnern zur ganzen Leistung
verpflichtet.
a)
Gesamtgläubigerschaft
Sind
mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze
Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken
verpflichtet ist, so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der
Gläubiger leisten (§ 428 S. 1 BGB). Durch die Leistung an einen Gläubiger wird
er gegenüber allen frei, weshalb die Gesamtgläubigerschaft selten ist. Im
Innenverhältnis kann eine Ausgleichspflicht bestehen (§ 430 BGB).
b) Gesamtschuldnerschaft
Schulden
mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken
verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt
ist, so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der
Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen
Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet (§ 421 BGB).
Eine
Gesamtschuld entsteht außer durch besondere Vereinbarung schon dadurch, dass
sich mehrere Personen durch Rechtsgeschäft gemeinschaftlich zu einer teilbaren
Leistung verpflichten (§ 427 BGB) oder dadurch, dass mehrere eine unteilbare
Leistung schulden (§ 431 BGB, vgl. auch die §§ 840, 2058 BGB, 128 HGB). Die
Gesamtschuld ist deshalb die Regelform des Schuldens mehrerer.
Nach der
Rechtsprechung liegt eine echte Gesamtschuld nur vor, wenn ein innerer
Zusammenhang bzw. eine Zweckgemeinschaft zwischen den mehreren
Verbindlichkeiten besteht. Damit sollen alle Fälle ausgeschieden werden, in
denen durch die Leistung des einen (z. B. des Versicherers) nicht der Anspruch gegen
einen anderen (z. B. den Schädiger) erlöschen soll.
Wird einer
der Gesamtschuldner (allein) vom Gläubiger in Anspruch genommen, so muss er
zwar leisten, kann aber in der Regel im Innenverhältnis einen Ausgleich
von den anderen Gesamtschuldnern verlangen (§ 426 I BGB, Teilschuldnerschaft,
oder sonstige gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Bestimmung). Soweit ein
Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern
Ausgleich verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen
Schuldner auf ihn über, wobei dieser Übergang nicht zum Nachteil des Gläubigers
geltend gemacht werden kann (§ 426 II BGB). Dem folgen die Nebenrechte nach den
§§ 412, 401 BGB.
3.
Gemeinschaftsschuldverhältnisse
a)
Bruchteilsgläubigerschaft
Steht ein
Recht mehreren gemeinschaftlich zu (§ 741 BGB), so hat jeder Teilnehmer einen
ideellen Anteil, über den er nach § 747 S. 1 BGB verfügen kann (beachte § 747
S. 2 BGB wegen des gesamten Gegenstandes).
b)
Gesamthandsgemeinschaft
Bei
Gesamthandsgemeinschaft steht die Forderung allen Beteiligten zur gesamten Hand
zu, so dass nur alle gemeinschaftlich verfügen können und nur an alle
gemeinschaftlich geleistet werden kann (vgl. die §§ 719 I, 1419 I, 2033 II
BGB). Bei der Gesamthandsschuldnerschaft kann der Gläubiger die Forderung nur
gegen alle Schuldner in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit geltend machen
und nur in das gesamthänderisch gebundene Sondermögen vollstrecken, doch gilt
für Gesamthandsgemeinschaften in der Regel auch das Gesamtschuldprinzip.
c) Mehrere
Gläubiger einer unteilbaren Leistung
Haben
mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht
Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an sie gemeinschaftlich leisten und
jeder Gläubiger nur Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen,
dass der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder,
wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu
bestellenden Verwahrer abliefert (§ 432 BGB). Für das Innenverhältnis der
Gläubiger gelten eventuell die §§ 741ff. BGB, welche die Möglichkeit vorsehen,
durch Stimmenmehrheit eine bestimmte Verwaltung und Benutzung zu beschließen.
§ 8
Einzelne Schuldverhältnisse
Von den
rund 30 im besonderen Teil des Schuldrechts als besondere Schuldverhältnisse
behandelten Geschäftstypen stehen die rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse
im Vordergrund. Dabei geht es in einer ersten Gruppe um die Überlassung von Gegenständen
einer Person an eine andere, sei es hinsichtlich des Eigentums oder
hinsichtlich des Besitzes, sei es entgeltlich oder unentgeltlich (§§ 433-610
BGB). In einer zweiten Gruppe werden die Tätigkeiten einer Person für
eine andere Person behandelt (§§ 611ff. BGB). Hieran schließen sich
schuldrechtliche Gemeinschaften (§§ 705ff. BGB), die knapp geregelten sonstigen
rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse sowie die gesetzlichen
Schuldverhältnisse.
I. Kauf
Der Kauf
ist das praktisch bedeutsamste schuldrechtliche Geschäft einer Verkehrswirtschaft.
Er ist in den §§ 433ff. BGB geregelt. Er ist ein Verpflichtungsgeschäft,
von dem auf Grund des Abstraktionsprinzips das seiner Erfüllung dienende
Verfügungsgeschäft (Übereignung, Abtretung) streng zu trennen
ist.
1. Wesen
Kauf ist
ein gegenseitiger Vertrag, durch den sich der eine Teil (Verkäufer) zur
endgültigen Übertragung eines Gegenstands (Kaufgegenstands) in die
Rechtszuständigkeit eines anderen und der andere Teil (Käufer) zur
Zahlung des vereinbarten Preises (Kaufpreises) verpflichtet (§ 433 BGB).
2. Arten
§ 433 BGB geht
von dem Kauf einer Sache (Sachkauf) aus. Nach § 453 I BGB finden aber
die Vorschriften über den Kauf von Sachen auf den Kauf von Rechten (Rechtskauf)
(oder Forderungen [Forderungskauf]) und sonstigen Gegenständen entsprechende
Anwendung. Der Kauf kann ein einzelnes, durch individuelle Merkmale
gekennzeichnetes Stück betreffen (Stückkauf, Spezieskauf) oder den Kauf
(eines Stückes mittlerer Art und Güte) aus einer Gattung (Gattungskauf,
Genuskauf). Der Kauf unter Kaufleuten (Handelskauf) ist im
Handelsgesetzbuch, der Kauf auf Probe, der Wiederkauf, der Vorkauf und der Verbrauchsgüterkauf in den §§ 454ff.
BGB.
3.
Entstehung
Der
Kaufvertrag entsteht durch zwei sich gegenseitig deckende Willenserklärungen
des Käufers und des Verkäufers, wobei das Angebot von jeder der beiden Seiten
ausgehen kann. Der Verkäufer muss dem Inhalt nach erklären, dem Käufer (gegen
Kaufpreiszahlung) eine Sache übergeben und das Eigentum an der Sache
verschaffen zu wollen bzw. das Recht verschaffen und, wenn das Recht zum Besitz
einer Sache berechtigt, die Sache übergeben zu wollen. Der Käufer muss
umgekehrt sinngemäß erklären, dem Verkäufer (gegen dessen Leistung) den
vereinbarten Kaufpreis bezahlen und die gekaufte Sache abnehmen zu wollen (§
433 BGB).
Der Vertrag
ist grundsätzlich formfrei. Allerdings bedarf ein Vertrag, durch den sich der
eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu
erwerben (Grundstückskauf), der notariellen Beurkundung (§ 311b I BGB). Wird diese Form nicht
eingehalten, ist der Vertrag nichtig (§ 125 S. 1 BGB). Der Vertrag wird
allerdings seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die
Eintragung ins Grundbuch erfolgen (§ 311b I 2 BGB). Außerdem bedarf ein Verbraucherdarlehensvertrag
mindestens der Schriftform (§ 492 I 1 BGB).
Der
Kaufgegenstand braucht im Zeitpunkt des Vertragschlusses noch nicht zu
bestehen. Es ist auch nicht notwendig, dass er dem Verkäufer gehört.
Kaufgegenstand können außer Sachen und Rechten auch Sachgesamtheiten (z. B.
Unternehmen, Vermögen), Chancen (z. B. Los), Erfahrungen, Ideen, Energien oder
sonstige Gegenstände sein (§ 453 I BGB). Nicht kaufen kann man (grundsätzlich)
Geld oder den Besitz einer Sache.
4.
Inhalt
a) Der
Verkäufer einer Sache ist verpflichtet, dem Verkäufer das Eigentum an
der Sache (samt Zubehör) zu verschaffen (§ 433 I 1 BGB, vgl. dazu die §§ 873ff.
BGB für unbewegliche Sachen und die §§ 929ff. BGB für bewegliche Sachen). Zu
diesem Zweck muss er alle Handlungen vornehmen und alle Erklärungen abgeben, die
zum Übergang des Eigentums erforderlich sind. Er kann diese Verpflichtungen
auch als Nichtberechtigter erfüllen, obgleich hier der Käufer das Eigentum
letztlich nur wegen seines guten Glaubens erlangen kann.
Der
Verkäufer eines Rechtes oder sonstigen Gegenstands ist verpflichtet, alle
Handlungen vorzunehmen, die für den Übergang des Rechts oder sonstigen
Gegenstands erforderlich sind (z. B. § 398 BGB, beim Verkauf eines Kundenstamms
besteht die Verpflichtung zur Verschaffung etwa durch Rundschreiben oder
Zeitungsinserate).
Der
Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln und Rechtsmängeln zu
verschaffen (§ 433 I 2 BGB).
Die Sache
ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit
hat (§ 434 I 1 BGB). Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die
Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag
vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche
Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen
Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I
2 BGB). Zu der gewöhnlichen Beschaffenheit gehören auch Eigenschaften, die der
Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 I,
II ProdHaftG) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der
Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei
denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen
musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise
berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte (§
434 I 3 BGB). Ein Sachmangel ist auch dann gegeben, wenn die vereinbarte
Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß
durchgeführt worden ist. Ein Sachmangel liegt bei einer zu Montage bestimmten
Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die
Sache ist fehlerfrei montiert worden (§ 434 II BGB). Einem Sachmangel steht es
gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache oder eine zu geringe Menge liefert
(§ 434 III BGB).
Die Sache
ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur
die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können
(§ 435 S. 1). Einem Rechtsmangel steht es gleich, wenn im Grundbuch ein nicht
bestehendes Recht eingetragen ist (§ 435 S. 2 BGB).
Zusätzlich
zur Eigentumsverschaffungspflicht stellt das Gesetz beim Sachkauf die
(abdingbare) Pflicht zur Besitzverschaffung durch Übergabe der
Sache auf (vgl. die §§ 854ff. BGB, § 448 BGB Übergabekostentragungspflicht).
Bei Rechten, die zum Besitz einer Sache berechtigen (z. B. pfandgesicherte
Forderung, Nießbrauch, Erbbaurecht), schuldet der Verkäufer ebenfalls die
Übergabe der Sache. Hinzu kommen sonstige, auf Grund von Treu und Glauben (§ 242
BGB) bestehende Pflichten (beachte § 436 BGB für Erschließungsbeiträge,
öffentliche Abgaben, öffentliche Lasten).
b) Der
Käufer hat den im Zweifel sofort fälligen Kaufpreis, der durch sog. Preisklauseln
(z. B. netto Kasse, Kasse gegen Faktura, freibleibend) näher bestimmt sein
kann, zu bezahlen. Dazu kann er Geldstücke im Werte des Kaufpreises übereignen
(§§ 929ff. BGB, Barzahlung). Er kann aber den geschuldeten Betrag auch
„überweisen“ (Leistung an Erfüllungs Statt, evtl. Leistung erfüllungshalber).
Zusätzlich
muss er die gekaufte (rechtsmangelfreie und sachmangelfreie) Sache abnehmen, d.
h. körperlich entgegennehmen (meist Nebenpflicht, bei Vorliegen besonderer
Umstände [z. B. leicht verderbliche Ware] evtl. Hauptpflicht). Außerdem können
ihn weitere Nebenpflichten treffen (z. B. Kostentragungspflicht für Abnahme und
Versendung nach § 448 I BGB, bei Grundstückskauf § 448 II BGB).
5.
Leistungsstörungen
Grundsätzlich
gelten auch für den Kaufvertrag die allgemeinen Regeln über Leistungsstörungen.
Für die Bereiche der Sachmängelgewährleistung, Rechtsmängelgewährleistung und Gefahrtragung stellt das
Gesetz aber wichtige Sonderregeln auf (§§ 437ff. BGB).
a) Mangelgewährleistung
Ist die
Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen weiterer Vorschriften
vorliegen und soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, nach § 439 BGB Nacherfüllung verlangen, nach den §§
440, 323 und 326 V BGB von dem Vertrag zurücktreten
oder nach § 441 den Kaufpreis mindern
und nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen (§ 437 BGB).
Die in den
§ 437 Nr. 1 und 3 bezeichneten Ansprüche verjähren in dreißig Jahren, wenn der
Mangel in einem dinglichen Recht eines Dritten, auf Grund dessen Herausgabe der
Kaufsache verlangt werden kann, oder in einem sonstigen, im Grundbuch
eingetragenen Recht besteht, in fünf Jahren bei einem Bauwerk und bei einer
Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk
verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, und im Übrigen
in zwei Jahren (§ 438 I BGB). Die Verjährung beginnt bei Grundstücken mit der
Übergabe, im Übrigen mit der Ablieferung der Sache (§ 438 II BGB). Abweichend
von § 438 I Nr. 2, 3 und II verjähren die Ansprüche in der regelmäßigen
Verjährungsfrist (von drei Jahren), wenn der Verkäufer den Mangel arglistig
verschwiegen hat. Im Fall des Absatzes I Nr. 2 tritt die Verjährung nicht vor
Ablauf der dort bestimmten Frist ein.
Für das in
§ 437 bezeichnete Rücktrittsrecht gilt § 218 BGB. Der Käufer kann trotz einer
Unwirksamkeit des Rücktritts nach § 218 I BGB die Zahlung des Kaufpreises
insoweit verweigern, als er auf Grund des Rücktritts dazu berechtigt sein
würde. Macht er von diesem Recht Gebrauch, kann der Verkäufer vom Vertrag
zurücktreten (§ 438 IV BGB).
Auf das in
§ 437 BGB bezeichnete Minderungsrecht finden § 218 BGB und § 438 IV 2 BGB
entsprechende Anwendung (§ 438 V BGB).
aa) Nacherfüllung
Der Käufer
kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels an der
gelieferten Sache (Nachbesserung) oder die Lieferung einer anderen,
mangelfreien Sache verlangen (Nachlieferung) (§ 439 I BGB). Der Verkäufer hat
die dafür erforderlichen Aufwendungen zu tragen (§ 439 II BGB). Der Verkäufer
kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 II,
III BGB verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist,
wobei insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung
des Mangels und die Frage zu berücksichtigen sind, ob auf die andere Art der
Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden
könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere
Art der Nacherfüllung, die allerdings der Verkäufer unter den Voraussetzungen
des § 439 III 1 BGB ebenfalls verweigern kann (§ 439 III BGB). Liefert der
Verkäufer zum Zweck der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom
Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach den §§ 346 bis 348 BGB verlangen
(§ 439 IV).
bb) Rücktritt
Der Käufer
kann nach den §§ 440, 323 und 326 V BGB vom Kaufvertrag zurücktreten. Außer in
den Fällen des § 281 II und des § 323 II BGB bedarf es dabei der Fristsetzung
auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung verweigert
oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder
ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten
Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache
oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas Anderes ergibt (§ 440 BGB).
cc) Minderung des Kaufpreises
Statt des Rücktritts
kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern,
wobei der Ausschlussgrund des § 323 V 2 BGB keine Anwendung findet (§ 441 I
BGB). Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in
dem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand
zu dem wirklichen, soweit erforderlich durch Schätzung zu ermittelnden Wert
gestanden haben würde (z. B. Kaufpreis 100, Wert in mangelfreiem Zustand 120,
Wert in mangelhaftem Zustand 60, also geminderter Kaufpreis 100 x 60 : 120 =
50) (§ 441 II BGB). Hat der Käufer bereits mehr als den geminderten Kaufpreis
tatsächlich gezahlt, ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zurückzuerstatten, wobei
die §§ 346 I und 347 I BGB entsprechende Anwendung finden (§ 441 IV BGB).
dd) Schadensersatz
Der Käufer
kann nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz verlangen (§
437 Nr. 3 BGB). Außer in den Fällen des § 281 II und des § 323 II BGB bedarf es
dabei der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der
Nacherfüllung verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der
Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach
dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht
insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen
Umständen etwas Anderes ergibt (§ 440 BGB).
ee) Ersatz vergeblicher Aufwendungen
Der Käufer
kann nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen (§ 437 Nr. 3
BGB).
ff) Ausschluss der Mangelrechte
Die Rechte
des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei
Vertragsschluss den Mangel kennt, doch muss der Verkäufer ein im Grundbuch
eingetragenes Recht auch bei Kenntnis des Käufers beseitigen.
Kennt der
Käufer zwar einen Mangel nicht, ist er ihm aber nur infolge grober
Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer wegen dieses Mangels Rechte
nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder
eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat (§ 442 BGB).
gg) Beschaffenheitsgarantie und Haltbarkeitsgarantie
Übernimmt
der Verkäufer oder ein Dritter eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache
oder dafür, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte
Beschaffenheit behält (Haltbarkeitsgarantie), so stehen dem Käufer im
Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Rechte (aus einem Mangel) die Rechte
aus der Garantie zu den in der Garantieerklärung und der einschlägigen Werbung
angegebenen Bedingungen gegenüber dem Garantierenden zu (§ 443 I BGB). Soweit
eine Haltbarkeitsgarantie übernommen worden ist, wird vermutet, dass ein
während ihrer Geltungsdauer auftretender Sachmangel die Rechte aus der Garantie
begründet (§ 443 II BGB).
hh) Haftungsausschluss und Haftungsbeschränkung
Grundsätzlich
kann die Haftung des Verkäufers für Mängel nach den allgemeinen Bestimmungen
ausgeschlossen oder beschränkt werden. Auf eine Vereinbarung, durch die Rechte
des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann
sich der Verkäufer aber nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig
verschwiegen oder wenn er eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache
übernommen hat (§ 444 BGB). Wird eine Sache auf Grund eines Pfandrechts in
einer öffentlichen Versteigerung unter der Bezeichnung als Pfand verkauft, so
stehen dem Käufer Rechte wegen eines Mangels nur zu, wenn der Verkäufer den
Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der
Sache übernommen hat (§ 445 BGB).
b) Gefahrtragung
Mit der
Übergabe der verkauften Sache (oder mit Annahmeverzug) geht die Gefahr des
zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über,
wobei von der Übergabe an dem Käufer die Nutzungen gebühren und er die Lasten
der Sache tragen muss (§ 446 BGB). Versendet der Verkäufer auf Verlangen des
Käufers die verkaufte Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort, so
geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem
Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung
bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat (§ 447 I BGB). Hat der Käufer
eine besondere Anweisung über die Art der Versendung erteilt und weicht der
Verkäufer ohne dringenden Grund von der Anweisung ab, so ist der Verkäufer dem
Käufer für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich (§ 447 II BGB).
6.
Beendigung
Das
Kaufvertragsschuldverhältnis endet nach den allgemeinen Regeln, also
insbesondere durch Erfüllung.
7.
Sonderfälle
a) Vorkauf
Vorkauf ist der durch Ausübung eines Vorkaufsrechts zustande kommende
Kaufvertrag zwischen einem Verkäufer und einem an die Stelle des Käufers
tretenden Vorkaufsberechtigten. Wer (kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäfts) in
Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkauf berechtigt ist (Vorkaufsberechtigter),
kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete (durch das
Vorkaufsrecht Verpflichtete) mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den
Gegenstand geschlossen hat (§ 463 BGB). Die Ausübung des Vorkaufsrecht erfolgt
durch formlos mögliche Erklärung des Vorkaufsberechtigten gegenüber dem
Verpflichteten (§ 464 I BGB). Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der
Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den vom
Verpflichteten mit dem Dritten vereinbarten Bestimmungen zustande (§ 464 II
BGB).
b) Eigentumsvorbehaltskauf
Eigentumsvorbehaltskauf
ist der Kauf (und die Werklieferung) einer Sache, bei dem auf Grund
Parteivereinbarung der Verkäufer das Eigentum an einer beweglichen Sache (vgl.
§ 925 II BGB) trotz der Übergabe nicht sofort, sondern erst bei Eintritt einer Bedingung
(z. B. vollständige Zahlung des Kaufpreises) verlieren soll (unbedingter
Kaufvertrag mit im Zweifel aufschiebend, vgl. § 449 BGB, bedingter
Übereignung). Durch den bloßen schuldrechtlichen Kaufvertrag ändert sich
sachenrechtlich nichts. Infolge der aufschiebend bedingten Einigung erlangt der
Käufer eine Anwartschaft, über die er in Analogie zu den Regeln über das
Eigentum verfügen kann, und infolge der Übergabe den unmittelbaren Besitz. Mit
der Zahlung des Restkaufpreises wird der Erwerber regelmäßig Eigentümer und
alleiniger Besitzer.
Beim weitergeleiteten
Eigentumsvorbehalt verpflichtet sich der Käufer schuldrechtlich, nur das
Vorbehaltseigentum (durch Übertragung der Anwartschaft oder mit Einwilligung
des Veräußerers durch Übertragung des bedingten Eigentums) weiterzuübertragen.
Beim nachgeschalteten Eigentumsvorbehalt verkauft der
Anwartschaftsberechtigte, ohne seine bloße Anwartschaft offenzulegen, an einen Dritten
unter (zweitem) Eigentumsvorbehalt. Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt
vereinbaren die Kaufparteien, dass bei (Erlöschen des Eigentumsvorbehalts
durch) Weiterveräußerung, Verarbeitung, Vermischung usw. die dabei entstehende
Forderung oder Sache zwecks Sicherung der Kaufpreisforderung an die Stelle der
unter Eigentumsvorbehalt verkauften ursprünglichen Sache treten soll.
Beim Kontokorrentvorbehalt
oder Konzernvorbehalt dient der Eigentumsvorbehalt der Sicherung aller
Forderungen eines Gläubigers oder eines Konzerns von Gläubigern.
c) Verbrauchsgüterkauf
aa) Wesen
Verbrauchsgüterkauf
ist der Kauf zwischen einem Verbraucher (§ 13 BGB) und einem Unternehmer (§14 I
BGB) über eine bewegliche Sache, ausgenommen der Kauf einer gebrauchten, in
einer öffentlichen Versteigerung, an welcher der Verbraucher persönlich
teilnehmen kann, verkauften Sache (§ 474BGB).
b) Wirkungen
Für den
Verbrauchsgüterkauf gelten einige abweichende Bestimmungen (§ 474 II-479 BGB).
Insbesondere wird, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang
ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang
mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des
Mangels unvereinbar (§ 476 BGB).
d)
Tausch
Auf den
Tausch, der sich vom Kauf durch das Fehlen einer Geldgegenleistung
unterscheidet, finden die Vorschriften über den Kaufvertrag (§§ 433ff. BGB)
entsprechende Anwendung (§ 480 BGB).
II. Teilzeit-Wohnrechtevertrag
Teilzeitwohnrechtevertrag
ist der Vertrag, durch den ein Unternehmer einem Verbraucher gegen Zahlung
eines Gesamtpreises das (dingliche oder andere) Recht verschafft oder zu
verschaffen verspricht, für die Dauer von mindestens drei Jahren ein
Wohngebäude (oder einen Teil eines Wohngebäudes) jeweils für einen bestimmten
oder zu bestimmenden Zeitraum des Jahres zu Erholungszwecken oder zu
Wohnzwecken zu nutzen(§ 481 I 1 BGB). Der Vertrag bedarf mindestens der
Schriftform (§ 484 I 1 BGB). Der Verbraucher hat ein Widerrufsrecht nach § 355
BGB (§ 485 I BGB). Von den Vorschriften der §§ 481-487 BGB darf nicht zum
Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden (§ 487 S. 2 BGB).
III.
Darlehensvertrag
1. Wesen
Darlehensvertrag ist der Vertrag, durch den der Darlehensgeber
verpflichtet wird, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten
Höhe zur Verfügung zu stellen, und der Darlehensnehmer verpflichtet wird, einen
geschuldeten Zins (grundsätzlich spätestens nach Ablauf eines Jahres bzw. bei
der Rückerstattung) zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte
Darlehen zurückzuerstatten.
2. Arten
Der Darlehensvertrag kann verzinslich oder zinslos gestaltet sein.
3.
Entstehung
Der Darlehensvertrag entsteht mit Vertragsabschluss.
4.
Inhalt
Der Darlehensgeber ist verpflichtet, den Geldbetrag in der vereinbarten
Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist (bei entsprechender,
allgemein üblicher Vereinbarung) verpflichtet, den geschuldeten Zins zu zahlen
und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten (§
488 I BGB). Die Fälligkeit der Rückzahlungspflicht hängt von der Vereinbarung,
hilfsweise von einer Kündigung mit Dreimonatsfrist ab. Das zinslose Darlehen
kann der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zurückzahlen (§ 488 III BGB).
Der Darlehensnehmer hat ein ordentliches Kündigungsrecht (§ 489 BGB), der
Darlehensgeber und der Darlehensnehmer haben ein außerordentliches
Kündigungsrecht (§ 490 BGB).
5.
Verbraucherdarlehensvertrag
Für einen entgeltlichen Darlehensvertrag zwischen einem Unternehmer als
Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer gelten (grundsätzlich)
besondere Vorschriften. Danach ist der Verbraucherdarlehensvertrag
grundsätzlich mindestens schriftlich abzuschließen (§ 492 I 1 BGB, beachte §
507 BGB für Existenzgründer bei Geschäften bis zu 50000 Euro). Die vom Darlehensnehmer
zu unterzeichnende Vertragserklärung muss einen gesetzlich vorgeschriebenen
Mindestinhalt (Nettodarlehensbetrag, Gesamtbetrag aller Teilzahlungen, Art und
Weise der Rückzahlung, Zinssatz, effektiver Jahreszins, Kosten einer
Versicherung, zu bestellende Sicherheiten) aufweisen (§ 492 I 5 BGB). Besondere
Vorschriften gelten für den Überziehungskredit (§ 493 BGB). Formmängel
begründen grundsätzlich die Nichtigkeit (§ 494 BGB). Der Darlehensnehmer hat
(grundsätzlich) ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB (§ 495 I BGB). Für
Verzugszinsen gilt § 497 BGB. Wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers kann
der Darlehensgeber den Verbraucherdarlehensvertrag bei einem in Teilzahlungen
zu tilgenden Verbraucherdarlehensvertrag nur kündigen, wenn der Darlehensnehmer
mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen ganz oder teilweise und
mindestens mit einem Mindestprozentsatz des Nennbetrags des Darlehens oder des
Teilzahlungspreises in Verzug ist und der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer
erfolglos eine zweiwöchige Frist zur Zahlung des rückständigen Betrags mit der
Erklärung gesetzt hat, dass er bei Nichtzahlung innerhalb der Frist die gesamte
Restschuld verlange (§ 498 BGB).
Für Finanzierungshilfen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher
gelten die §§ 499 ff. BGB. Insbesondere sind auf Teilzahlungsgeschäfte die §§
501ff. BGB anzuwenden. Danach muss die vom Verbraucher zu unterzeichnende
Vertragerklärung einen Mindestinhalt aufweisen und kann dem Verbraucher statt
des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht nach § 356 BGB eingeräumt werden.
Für Ratenlieferungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem
Verbraucher gilt § 505 BGB.
IV.
Schenkung
Schenkung
ist der einseitig verpflichtende Vertrag, durch den sich der Schenker
verpflichtet, dem Beschenkten durch eine Zuwendung aus seinem Vermögen unentgeltlich
zu bereichern (str., vgl. die §§ 516ff. BGB). Auf Seiten des Schenkers muss
eine Vermögensminderung gewollt sein (z. B. Übereignung einer Sache, Abtretung
einer Forderung, nicht genügt z. B. Ausschlagung einer Erbschaft,
unentgeltliche Tätigkeit). Auf Seiten des Beschenkten muss eine
Vermögensvermehrung angestrebt sein ( z. B. Eigentumserwerb, nicht genügt z. B.
eine treuhänderische Übertragung). Der Zuwendung darf keine Gegenleistung (z.
B. wenn auch nur in der Form eines erwarteten bestimmten Verhaltens)
gegenüberstehen; andernfalls wird aus einer Schenkung mindestens eine
(teilweise nach anderen Regeln zu behandelnde) gemischte Schenkung.
Die nicht
sofort durch Erfüllung (z. B. Übereignung, Abtretung) vollzogene Schenkung
bedarf nach § 518 I 1 BGB hinsichtlich der Willenserklärung des Schenkers der
notariellen Beurkundung. Die bei Nichtbeachtung dieser Formerfordernisse
an sich nach § 125 S. 1 BGB eintretende Nichtigkeit wird durch die
tatsächliche Bewirkung der Leistung (z. B. Übereignung, Abtretung) geheilt (§ 518
II BGB) (nicht genügt hierfür die Beauftragung eines Dritten, dem Bedachten die
Sache nach dem Tod des Schenkers zu übergeben).
Nach § 521
BGB hat der Schenker grundsätzlich nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu
vertreten. Für Rechtsmängel und für Sachmängel gelten die besonderen
Vorschriften der §§ 523f. BGB.
Der
Schenker hat die Einrede des Notbedarfs (§ 519 BGB), kann den
Schenkungsgegenstand wegen Bedürftigkeit zurückfordern (§ 528 BGB) und
die Schenkung wegen groben Undanks des Beschenkten widerrufen (§ 530
BGB).
Schenkung
von Todes wegen ist die Schenkung,
bei der die Zuwendung unter der Bedingung versprochen wird, dass der Beschenkte
den Schenker überlebt und der Schenker sein Versprechen zu Lebzeiten nicht
durch Leistung des zugewendeten Gegenstandes vollzieht (§ 2301 BGB). Zwecks
Vermeidung von Umgehungsgeschäften unter Lebenden zur Erreichung erbrechtlicher
Ziele finden auf eine solche Schenkung die Vorschriften über Verfügungen
von Todes wegen Anwendung (Erbvertrag nötig). War allerdings das
Versprechen unbedingt und nur seine Erfüllung auf den Zeitpunkt des Todes
hinausgeschoben, gilt einfaches Schenkungsrecht (§ 518 I BGB).
V. Miete,
Pacht
1. Wesen
Miete ist
der gegenseitige Vertrag, in dem sich der Vermieter verpflichtet, dem Mieter
den Gebrauch der vermieteten Sache (z. B. Grundstück, auch Sachteil
[Haus, Raum, Wohnraum] oder Sachgesamtheit) während der Mietzeit gegen
Mietzins zu gewähren (§ 535 BGB). Das Mietrecht ist nur noch teilweise im
Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Im Interesse der sozial schutzbedürftigen
Mieter ist es seit dem ersten Weltkrieg in zahlreichen Sondergesetzen (z. B.
Wohnungsbindungsgesetz, Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von
Sozialwohnungen, Mietrechtsänderungsgesetz) abgeändert worden.
2. Entstehung
Das
Mietverhältnis entsteht durch den Abschluss des Mietvertrags. Dieser ist
grundsätzlich formfrei möglich, doch wählen die Parteien vielfach
vorformulierte schriftliche Mustermiet-verträge. Wird der Mietvertrag
über Wohnraum für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form
geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit, kann aber frühestens zum Ablauf
eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums gekündigt werden (§ 550 BGB).
3. Inhalt
Vermieter
und Mieter haben eine Reihe von Pflichten.
a)
Pflichten des Vermieters
Die
wichtigste Pflicht des Vermieters ist die Verpflichtung, dem Mieter den Gebrauch
der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren (§§ 535 I S. 1, 536
BGB). Der Vermieter hat deshalb die Mietsache dem Mieter in einem zum
vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und die während er
Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten (§ 535 I S. 2 BGB).Wozu der Mieter dabei
berechtigt ist, richtet sich nach Vertragsinhalt und Vertragszweck (z. B.
Besuche empfangen, Familienangehörige und Hauspersonal aufnehmen, Fahrzeuge
abstellen, Antennen errichten, evtl. Tiere halten, Instrumente spielen). Die Erhaltungspflicht
des Vermieters wird vielfach im Mietvertrag auf den Mieter abgewälzt. Der
Vermieter hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen (§ 535 I 3 BGB).
Der Mieter kann von dem Vermieter Aufwendungen auf die Mietsache, die der
Vermieter ihm nicht nach § 536a II BGB zu ersetzen hat, nach den Vorschriften
über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen (§ 539 I BGB). Der
Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Mietsache
versehen hat (§ 539 II BGB). Der Mieter ist ohne die Erlaubnis des Vermieters
nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen,
insbesondere sie weiter zu vermieten (§ 540 I 1 BGB). Verweigert der Vermieter
die Erlaubnis, so kann der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich mit der
gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein
wichtiger Grund vorliegt (§ 540 I 2 BGB). Überlässt der Mieter den Gebrauch
einem Dritten, so hat er ein dem Dritten bei dem Gebrauch zur Last fallendes
Verschulden zu vertreten, auch wenn der Vermieter die Überlassung erlaubt hat
(§ 540 II BGB). Setzt der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch trotz
Abmahnung des Vermieters fort, so kann dieser auf Unterlassung klagen (§ 541
BGB).
b)
Pflichten des Mieters
Die
wichtigste Pflicht des Mieters ist es, den vereinbarten Mietzins (in
Geld) zu zahlen (§ 535 II BGB). Von dieser Verpflichtung wird der Mieter nicht
dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Umstand (z. B.
Krankheit, Urlaub) an der Ausübung seines Gebrauchsrechts verhindert wird (§
537 I 1 S. 1 BGB, beachte § 537 I 2 BGB). Solange der Vermieter infolge der
Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den
Gebrauch zu gewähren, ist der Mieter zur Entrichtung der Miete nicht
verpflichtet (§ 537 II BGB).
Der Mieter
ist verpflichtet, die Mietsache beim Gebrauch nach Treu und Glauben zu
behandeln und hat folgerichtig Veränderungen oder Verschlechterungen der
gemieteten Sache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden,
nicht zu vertreten (§ 538 BGB). Nach § 536c I BGB muss er Mängel oder Gefahren
anzeigen, wenn er Nachteile vermeiden will. Weiter muss er dem Vermieter den
Zutritt zum Zweck regelmäßiger Überprüfung des Zustandes der Mietsache
gestatten. Außerdem muss er Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der
Mietsache dulden.
Sofort nach
Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter die Mietsache (durch
Rückübertragung des unmittelbaren Besitzes) zurückzugeben (§ 566 I BGB,
keine Gegenseitigkeitspflicht im Sinne der §§ 320ff. BGB). Der Vermieter kann
nach § 546 II BGB die Sache sogar von einem Dritten, dem der Mieter sie
überlassen hat, zurückverlangen. Mit Ablauf des Mietverhältnisses ist zugleich
auch das Recht des Mieters zum Besitz, das ihn vor dem Herausgabeanspruch aus
dem eventuellen Eigentum des Vermieters schützt (§ 986 I BGB), erloschen.
4. Leistungsstörungen
Für Leistungsstörungen
gelten grundsätzlich die allgemeinen Regeln mit der Maßgabe, dass infolge des
Dauerschuldverhältnischarakters der Miete das Rücktrittsrecht allgemein durch
das Kündigungsrecht ersetzt ist.
Hat die
Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre
Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt (z. B. Ungeziefer, Ausfall
der Heizung, Lärm, Baubeschränkung), oder entsteht während der Mietzeit ein
solcher Mangel (oder fehlt oder entfällt eine zugesicherte Eigenschaft oder
wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines
Dritten entzogen), so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit
aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit (§ 536 I-III BGB, nach §
536 IV BGB bei Wohnraum zum Nachteil des Mieters nicht abdingbar).
Ist ein
Mangel im Sinne des § 536 BGB bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein
solcher Mangel später wegen eines vom Vermieter zu vertretenden Umstands oder
kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der
Mieter außerdem Schadensersatz verlangen(§ 536a I BGB). Der Mieter kann den
Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
wenn der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder die
umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des
Bestands der Mietsache notwendig ist (§ 536a II BGB).
Kennt der
Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte
aus den §§ 536 und 536a BGB nicht zu (§ 536b S. 1 BGB). Ist ihm der Mangel
infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte
nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 536 B S. 2
BGB). Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache in Kenntnis des mangels an, kann
er die rechte der §§ 536, 536a BGB nur geltend machen, wenn er sie sich bei der
Annahme vorbehält (§ 536b S. 3 BGB).
Zeigt sich
im Laufe der Mietzeit ein Mangel der Mietsache oder wird eine Maßnahme zum
Schutz der Mietsache gegen eine nicht vorgesehene Gefahr erforderlich oder maßt
sich ein Dritter ein Recht an der Sache an, so hat der Mieter dies dem
Vermieter unverzüglich anzuzeigen (§ 536c I BGB). Unterlässt der Mieter die
Anzeige, so ist er dem Vermieter zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens
verpflichtet. Soweit der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige keine
Abhilfe schaffen konnte, ist der Mieter nicht berechtigt, die in § 536 BGB
bestimmten Rechte geltend zu machen, nach § 536a I BGB Schadensersatz zu
verlangen oder ohne Bestimmung einer angemessenen Frist zur Abhilfe nach § 543
III 1 BGB zu kündigen (§ 536c II BGB).
Auf eine
Vereinbarung, durch welche die Rechte des Mieters wegen eines Mangels der
Mietsache ausgeschlossen oder Beschränkt werden, kann sich der Vermieter nicht
berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 536d BGB).
5. Beendigung
Das auf
bestimmte Zeit eingegangene Mietverhältnis endet mit Ablauf der
vereinbarten Zeit, sofern es nicht in den gesetzlich zugelassenen Fällen
außerordentlich gekündigt oder verlängert wird (§ 542 II BGB). Ist die
Mietzeit, wie oft, nicht bestimmt, so kann jede Vertragspartei das
Mietverhältnis nach den gesetzlichen Vorschriften kündigen (§ 542 I BGB). Diese bedarf grundsätzlich keiner Form, bei
Mietverhältnissen über Wohnraum jedoch der Schriftform (§ 568 I BGB).
Jede
Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich
fristlos kündigen, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und
unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des
Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen
Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 I BGB).
Setzt der
Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fort, so verlängert
sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, sofern nicht eine Vertragspartei
ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem andern Teil erklärt
(§ 545 BGB).
6. Sonderfälle
Sonderfälle
der Miete sind Wohnungsmiete, Miete anderer Sachen, Pacht, Landpacht und
Leasing.
a)
Wohnungsmiete
Für Mietverhältnisse über Wohnraum gelten die §§ 535 bis 548 BGB
grundsätzlich ebenfalls (§ 549 I BGB), doch sind auch zahlreiche besondere
Bestimmungen festgelegt (z. B. Begrenzung der Mietsicherheit auf drei
Monatsmieten, Verpflichtung zur verzinslichen Anlage, Entschädigung für
Abwendung des Wegnahmerechts des Mieters, Duldungspflicht für erforderliche
Modernisierungsmaßnahmen, Unwirksamkeit einer Vertragsstrafe).
Besondere Bedeutung haben etwa Vereinbarungen über Betriebskosten (§§
556ff. BGB), Regelungen über die Miethöhe (§§ 557ff. BGB). Nach § 562 I BGB hat
der Vermieter für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an
den eingebrachten, der Pfändung unterliegenden Sachen des Mieters. Beim Tod des
Mieters tritt der mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führende Ehegatte
oder Lebenspartner(, nachrangig auch Kinder,) in das Mietverhältnis ein (§ 563
I BGB). Wird vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem
Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des
Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem
Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein (§ 566 I BGB, Kauf bricht
nicht Miete). Bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit kann der Vermieter nur
kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des
Mietverhältnisses hat (§ 573 BGB, beachte die erleichterte Kündung bei einem
vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen § 573a
BGB). Die ordentliche Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines
Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig, wobei sich die
Kündigungsfrist für den Vermieter nach fünf und acht Jahren seit der
Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate verlängert (§ 573 c I BGB).
Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen (§ 574 I 1 BGB).
b) Miete
anderer Sachen
Für Mietverhältnisse über andere Sachen gelten die besonderen
Bestimmungen der §§ 578ff. BGB (z. B. Fälligkeit der Miete am Ende der Mietzeit
nach § 579 BGB, besondere Kündigungsfristen).
c) Pacht
Pacht ist der gegenseitige Vertrag, bei dem der Verpächter
verpflichtet ist, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands (Sache,
Recht, sonstiger gebrauchsfähiger Gegenstand) und den Genuss der ordnungsgemäß
gezogenen Früchte während der Pachtzeit gegen Entgelt zu gewähren. Auf die
Pacht finden grundsätzlich die Vorschriften über die Miete entsprechende
Anwendung (§ 581 BGB).
Sonderfälle
der Pacht sind Landpacht (§§
585ff. BGB), Kleingartenpacht, Jagdpacht und Fischereipacht,
für die weitgehend Sonderegeln gelten.
d) Leasing
Leasing (Mietkauf)
ist ein aus dem amerikanischen Recht übernommener, (meist) der Miete nahestehender,
im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht besonders geregelter Vertrag, bei dem sich der
Leasinggeber zur Überlassung von Besitz und Nutzung an einer Sache, der
Leasinggeber zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet. Im Unterschied zur Miete
trägt der Leasinggeber weder die Gefahr des Untergangs der Mietsache noch hat
er für Mängel oder Schäden der Mietsache einzustehen. In der Regel kann sich
der Leasingnehmer während der Leasingzeit für den Erwerb des Eigentums am betroffenen
Gegenstand entscheiden. Beim Produzentenleasing ist Leasinggeber der
Hersteller der Sache, beim Finanzierungsleasing ist Leasinggeber eine
davon verschiedene Person.
VI.
Leihe
Leihe ist
der unvollkommen zweiseitig verpflichtende Vertrag, in dem sich der Verleiher
verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Sache auf Zeit unentgeltlich
zu gestatten (§ 598 BGB). Der Verleiher hat den Gebrauch nur zu
gestatten, nicht zu gewähren. Er hat nur Vorsatz und Fahrlässigkeit zu
vertreten (§ 599 BGB). Der Entleiher hat die geliehene Sache nach Ablauf der
Leihzeit zurückzugeben (§ 604 BGB). Mit diesem Zeitpunkt wird der
Rückgabeanspruch des Verleihers fällig.
VII.
Sachdarlehen
Sachdarlehen
ist der (je nach Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit gegenseitig oder unvollkommen
zweiseitig verpflichtende) Vertrag, in dem der Sachdarlehensgeber sich
verpflichtet, dem Sachdarlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache
(ausgenommen Geld § 607 II BGB, Darlehen 488ff. BGB) zu überlassen, und der
Sachdarlehensnehmer (zur Zahlung eines Sachdarlehensentgelts und) bei
Fälligkeit zur Rückerstattung von Sachen gleicher Art, Güte und Menge
verpflichtet ist (§ 607 BGB). In Abgrenzung zur unregelmäßigen Verwahrung,
für die allerdings nach § 700 I 1 BGB das Darlehensrecht bzw. Sachdarlehensrecht
entsprechend anzuwenden ist, ist Darlehen bzw. Sachdarlehen dann anzunehmen,
wenn es dem Empfänger vorrangig um die Nutzung der Sache geht (z. B.
Festgeldkonto, Sparvertrag), unregelmäßige Verwahrung dagegen bei anderen
Zwecken (z. B. Girokonto als Anlaufstelle und Ablaufstelle für Zahlungen). Der
Sachdarlehensgeber muss dem Sachdarlehensnehmer das Eigentum an der
Sachdarlehenssache verschaffen. Der Sachdarlehensnehmer hat ein Entgelt spätestens
bei der Rückerstattung des Sachdarlehens zu entrichten (§ 609 BGB). Bei der
Rückgabe ist dem Sachdarlehensgeber wieder Eigentum (an anderen Stücken der
vertretbaren dargeliehenen Sachen in gleicher Art, Güte und Menge) zu
verschaffen.
VIII.
Dienstvertrag
1. Wesen
Dienstvertrag
ist der gegenseitige Vertrag, in dem sich der Dienstverpflichtete zu (versprochenen)
Diensten (irgendeiner Art § 611 II BGB)), der Dienstberechtigte (Dienstherr)
zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 611 BGB). Im Gegensatz
zum Werkvertrag schuldet der Dienstverpflichtete nur seine Dienste, nicht auch
einen darüber hinausreichenden Erfolg (z. B. schuldet der Arzt nicht
auch die Gesundheit seines Patienten, der Gutachter jedoch ein sachverständiges
Ergebnis). Auf die Verhältnisse der öffentlichrechtlichen Bediensteten
(z. B. Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes, Arbeiter des öffentlichen
Dienstes) sowie die Dienstleistungspflichten der Kinder im Familienrecht (§
1619 BGB) finden die Rechtssätze über Dienstverträge grundsätzlich keine
Anwendung.
2. Arten
Innerhalb
der Dienstverträge ist zwischen selbständigen und unselbständigen Diensten zu
unterscheiden. Bei den selbständigen Diensten bleibt der Dienstverpflichtete
persönlich und wirtschaftlich unabhängig (z. B. Vorstandsmitglied einer
Aktiengesellschaft, Wirtschaftsprüfer). Bei den unselbständigen Diensten ist
der Dienstverpflichtete weisungsgebunden und sozial abhängig, so dass das
darauf nicht ausreichend abstellende Dienstvertragsrecht von Gesetzgebung und
Rechtsprechung zum Arbeitsrecht weiterentwickelt werden musste.
3. Entstehung
Das
Dienstverhältnis entsteht durch Vertrag. Dieser ist grundsätzlich frei
in Bezug auf Abschluss, Inhalt und Form. Insbesondere im Arbeitsrecht ist diese
Form aber durch Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung
verschiedentlich eingeschränkt. Nach § 2 des sog. Nachweisgesetzes vom 28. 7.
1995 hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn
des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich
niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer
auszuhändigen. Da der Vertrag ein Dauerschuldverhältnis begründet, werden
Willensmängel des Abschlusses nicht rückwirkend beachtet.
4. Inhalt
Der
Dienstverpflichtete ist zur Leistung von Diensten der versprochenen Art (in
Person, § 613 BGB) verpflichtet. Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste
jedweder Art sein. Im Einzelnen richtet sich der Inhalt nach zwingenden
gesetzlichen Vorschriften, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Einzelvertrag,
Weisung, Verkehrssitte, abänderbaren Rechtssätzen und Treu und Glauben. Aus §
242 BGB können sich auch Nebenpflichten ergeben.
Der
Dienstberechtigte ist zur Gewährung der vereinbarten Vergütung (nach
Leistung der Dienste) verpflichtet. Im Zweifel ist dabei die übliche Vergütung
als vereinbart anzusehen (§ 612 II BGB). Der Art nach ist die Vergütung in der
Regel in Geld zu entrichten.
Außerdem
ist der Dienstberechtigte nach § 242 BGB etwa zur angemessenen Beschäftigung
und zur gleichmäßigen Behandlung verpflichtet. Nach Kündigung hat er dem Dienstverpflichteten
auf dessen Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen
Dienstverhältnisses zu gewähren (§ 629 BGB) und ein schriftliches Zeugnis
zu erteilen (§ 620 BGB), das nicht unwahr und nicht unvollständig sein darf.
5. Leistungsstörungen
Für Leistungsstörungen
gelten die allgemeinen Bestimmungen, wenn auch die Vollstreckung von
Erfüllungsansprüchen des Dienstberechtigten Schwierigkeiten aufwirft. Im Annahmeverzug
des Dienstberechtigten bleibt der Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten
bestehen (§ 615 BGB). Der Vergütungsanspruch geht auch nicht dadurch verlustig,
dass der Dienstverpflichtete für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit
(bis zu 6 Wochen) durch einen in seiner Person liegenden Grund (z. B.
Krankheit, Eheschließung, Geburt eines Kindes, Umzug) ohne sein Verschulden an
der Dienstleistung verhindert wird (§ 616 I 1 BGB, beachte aber § 616 I 2 BGB [Vorteilsausgleich]).
Bei Betriebsstörungen kommt es nach der sog. Sphärentheorie darauf an,
aus welcher Risikosphäre das die Unmöglichkeit verursachende Ereignis herrührt
(z. B. gehört ein Teilstreik zur Risikosphäre des Dienstverpflichteten).
6. Beendigung
Das
Dienstverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit, mit dem Tod des
Dienstverpflichteten und mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Im Übrigen
wird es durch Kündigung nach Maßgabe der §§ 621ff. BGB beendet. Danach ist
(ordentliche, fristgebundene) Kündigung bei Dienstverhältnissen, die nicht
Arbeitsverhältnisse sind, bei Vergütung nach Tagen an jedem Tag für den Ablauf
des folgenden Tages möglich, bei Vergütung nach Wochen spätestens am ersten
Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends, bei Vergütung nach
Monaten spätestens am fünfzehnten eines Monates für den Schluss des
Kalendermonats. Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers)
kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Endes eines
Kalendermonats schriftlich (§ 623 BGB)gekündigt werden, während einer
vereinbarten Probezeit von höchstens sechs Monaten mit einer Frist von zwei
Wochen. Besteht das Arbeitsverhältnis in einem Betrieb oder Unternehmen mehr
als zwei, fünf, acht, zehn, zwölf, fünfzehn oder 20 Jahre, so beträgt die
Kündigungsfrist für eine Kündigung durch den Arbeitgeber einen Monat, zwei,
drei, vier, fünf, sechs oder sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats. Aus
wichtigem Grund (z. B. sexuelle Ansinnen, Diebstahl) kann (binnen 2 Wochen ab
Kenntnis des Grundes) fristlos gekündigt werden (§ 626 BGB).
Ein
Betriebsübergang beendet dagegen das Arbeitsverhältnis nicht (§ 613a I, II BGB,
Eintritt des Erwerbers in die Rechte und Pflichten des Veräußerers),
ebensowenig die Insolvenz des Dienstberechtigten oder ein Arbeitskampf.
IX.
Werkvertrag
1. Wesen
Werkvertrag
ist der Vertrag, durch den sich der Unternehmer zur Herstellung des
versprochenen Werks (Herstellung einer Sache, Veränderung einer Sache, durch
Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender anderer Erfolg) (aus einem
Stoff des Bestellers), der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten
Vergütung verpflichtet (§ 631 BGB). Danach schuldet der Unternehmer einen
Erfolg im Sinne eines unmittelbar durch eine Tätigkeit herbeizuführenden
Ergebnisses (z. B. Errichtung eines Gebäudes, Beförderung an einen anderen
Ort). Nicht dagegen trägt er darüberhinaus das Risiko eines damit erstrebten
späteren oder weiteren Erfolges (z. B. gewinnbringende Nutzung des errichteten
Gebäudes).
2. Entstehung
Der
Werkvertrag entsteht durch die sich deckenden Willenserklärungen der
Beteiligten. Er bedarf keiner besonderen Form.
3. Inhalt
Der
Unternehmer ist verpflichtet, unter Einhaltung der anerkannten Regeln seines
Handwerks, seines Fachs oder seiner Kunst das Werk rechtzeitig, mangelfrei
(frei von Sachmängeln und Rechtsmängeln § 633 I BGB) und mit den gegebenenfalls
zugesicherten Eigenschaften selbst oder durch Erfüllungsgehilfen herzustellen.
Ist er Eigentümer oder Besitzer des Werkes (z. B. Maler eines Porträts, nicht
z. B. Beförderungsunternehmer), so hat er dem Besteller auch Eigentum oder
Besitz zu verschaffen. Hinzukommen können aus § 242 BGB verschiedene
Aufklärungspflichten, Schutzpflichten und Treuepflichten. Nach § 650 II BGB
muss beim sog. unverbindlichen Kostenvoranschlag der Unternehmer dann, wenn
sich bei der Herstellung die Gefahr einer wesentlichen Überschreitung des
Anschlages ergibt, dem Besteller unverzüglich Anzeige erstatten, falls er sich
nicht seinerseits der Gefahr einer Schadensersatzverpflichtung aussetzen will.
Der
Besteller hat die vereinbarte Vergütung und bei Fehlen einer
Vereinbarung im Zweifel die taxmäßige oder übliche Vergütung zu entrichten (§§
631 I, 632 BGB, z. B. bei Kostenvoranschlägen als Teil einer zu erwartenden
Gesamtleistung keine Vergütung, 632a BGB Abschlagszahlungen). Zu entrichten ist
die Vergütung bei der Abnahme des Werks (bzw. seiner Teile) (§ 641 I
BGB). Soweit zur Herstellung des Werks eine Mitwirkungshandlung des Bestellers
erforderlich ist, muss der Besteller diese vornehmen (vgl. weiter die §§ 642f.
BGB).
Weiter muss
der Besteller das vertragsmäßig hergestellte Werk abnehmen (§§ 640ff. BGB,
Gegenseitigkeitspflicht, str.), sofern nicht die Abnahme nach der
Beschaffenheit des Werkes ausgeschlossen ist. Hierunter ist in der Regel sowohl
die körperliche Entgegennahme der Leistung wie auch ihre (mindestens
konkludente) Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß zu verstehen (vgl.
BGHZ 48, 262).
Nach § 647
BGB hat der Unternehmer für seine Forderungen aus dem Vertrag ein Pfandrecht
an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen des
Bestellers, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zweck der Ausbesserung in
seinen Besitz gelangt sind. Nicht erfasst hiervon werden Sachen Dritter.
Hinsichtlich dieser erlangt der Unternehmer kein gutgläubiges Pfandrecht,
sondern nur ein Herausgabeverweigerungsrecht nach § 1000 BGB.
Nach § 648
BGB kann der Unternehmer eines Bauwerks oder eines einzelnen Teils eines
Bauwerks für seine Forderungen (auch Teilforderungen) aus dem Vertrag die
Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstück des Bestellers
fordern und mit Hilfe einer eventuellen einstweiligen Verfügung durch
Vormerkung (§ 885 BGB) auch verhältnismäßig rasch absichern. Nach § 648a BGB
kann er Sicherheit für von ihm zu erbringende Vorleistungen verlangen.
4. Leistungsstörungen
Abweichend
von den allgemeinen Bestimmungen gelten für Leistungsstörungen
Sonderregeln. Nach § 644 I 3 BGB ist für den zufälligen Untergang und eine
zufällige Verschlechterung des von dem Besteller gelieferten Stoffs der
Unternehmer nicht verantwortlich. Dagegen trägt für das Werk selbst der
Unternehmer die Leistungsgefahr und die Gegenleistungsgefahr bis
zur Abnahme (§ 644 I 1 BGB). Er muss also grundsätzlich trotz zufälligen
Untergangs des Werks noch erfüllen und erhält die Vergütung nur dann, wenn er
erfüllt. Mit der Abnahme bzw. Vollendung des Werks, dem Annahmeverzug und mit
der Auslieferung an die Transportperson (bei Verlangen der Versendung durch den
Besteller) geht allerdings die Gegenleistungsgefahr auf den Besteller über (§
644 BGB, vgl. auch § 645 BGB).
Für die
Mangelgewährleistung gelten die §§ 633ff. BGB. Das Werk ist frei von
Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 633 II 1 BGB).
Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von
Sachmängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für
die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei
Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des
Werkes erwarten kann (§ 633 II 2 BGB). Einem Sachmangel steht es gleich, wenn
der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer
Menge herstellt (§ 633 II 3 BGB). Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn
Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte
gegen den Besteller geltend machen können (§ 633 III BGB). Ist das Werk
mangelhaft, kann der Besteller grundsätzlich nach § 635 BGB Nacherfüllung (nach
Wahl des Unternehmers Mangelbeseitigung oder Neuherstellung) verlangen, nach §
637 den Mangel selbst beseitigen (Selbstvornahme) und Ersatz der erforderlichen
Aufwendungen verlangen, nach den §§ 636, 323 und 326 V von dem Vertrag
zurücktreten oder nach § 638 BGB die Vergütung mindern und nach den §§ 636,
280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher
Aufwendungen verlangen (§ 634 BGB), wobei die Mangelansprüche des § 634 Nr. 1,
2 und 4 BGB grundsätzlich in zwei Jahren, bei einem Bauwerk in fünf Jahren und
im Übrigen in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB)
verjähren (§ 634a BGB). Auf einen vereinbarten Ausschluss oder eine vereinbarte
Beschränkung der Rechte des Bestellers wegen eines Mangels, kann sich der
Unternehmer nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine
Garantie für die Beschaffenheit des Werkes übernommen hat (§ 639 BGB.
5. Beendigung
Der
Werkvertrag endet nach den allgemeinen Regeln. Nach § 649 S. 1 BGB kann der
Besteller bis zur Vollendung des Werkes den Vertrag jederzeit kündigen, doch
ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss
sich jedoch das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an
Aufwendungen erspart oder anderweitig erwirbt oder zu erwerben böswillig
unterlässt (§ 649 S. 2 BGB).
6.
Sonderfälle des Werkvertrags sind Werklieferungsvertrag und Reisevertrag.
Beim Werklieferungsvertrag
verpflichtet sich der Unternehmer, das Werk (nicht aus einem vom Besteller
gelieferten Stoff, sondern) aus einem von ihm zu beschaffenden Stoff herzustellen.
Auf diesen Vertrag ist (bei vertretbaren Sachen) das Kaufvertragsrecht
anzuwenden. Bei nicht vertretbaren Sachen (eigentlicher Werklieferungsvertrag)
gelten auch die §§ 642, 643, 645, 649 und 650 BGB (§ 651 BGB).
Reisevertrag ist der Vertrag, durch den sich der Reiseveranstalter
verpflichtet, dem Reisenden gegen den vereinbarten Reisepreis eine Gesamtheit
von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen (§ 651a BGB). Zum Schutz der Reisenden
hat der Gesetzgeber eine Reihe von Vorschriften erlassen, von denen nicht zum
Nachteil des Reisenden abgewichen werden kann (§§ 651bff., 651m BGB) (z. B.
Ersetzungsbefugnis bzw. Vertragsübertragung, Abhilfe, Minderung, Kündigung
wegen Mangels, Schadensersatz, Haftungsbeschränkung, Rücktritt).
X. Mäklervertrag
(Maklervertrag)
Wer für den
Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags oder für die Vermittlung
eines Vertrags einen Maklerlohn (Mäklerlohn) verspricht, ist zur
Entrichtung des Maklerlohnes nur verpflichtet, wenn der Vertrag infolge des
Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers (Mäklers) zustandekommt (§
652 I 1 BGB). Das Versprechen eines Heiratsvermittlungslohns (Ehemaklerlohn)
begründet keine einklagbare Verbindlichkeit, doch kann das auf Grund des
Versprechens Geleistete nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine
Verbindlichkeit nicht bestanden hat (§ 656 I BGB). Der Makler ist grundsätzlich
zum Tätigwerden nicht verpflichtet.
XI.
Auslobung
Wer durch
öffentliche (nicht widerrufene) Bekanntmachung eine Belohnung für die
Vornahme einer Handlung (z. B. Ermittlung eines Unfallbeteiligten oder eines
Straftäters) aussetzt (einseitiges Rechtsgeschäft), ist verpflichtet, die Belohnung
dem zu entrichten, der die Handlung als erster vorgenommen hat, auch wenn er
nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat (§ 657 BGB).
XII.
Auftrag
1. Wesen
Auftrag ist
der unvollkommen zweiseitig verpflichtende Vertrag, durch den sich der
Beauftragte verpflichtet, für den Auftraggeber unentgeltlich ein Geschäft
(z. B. Schneeräumen, Einkaufen) zu besorgen (§§ 662ff. BGB). Im Gegensatz zur Vollmacht,
die dem Bevollmächtigten eine Rechtsmacht gegenüber Dritten gewährt, den
Vollmachtgeber zu verpflichten oder zu berechtigen (Außenverhältnis),
verpflichtet (und berechtigt) der Auftrag, der vielfach der Vollmacht
zugrundeliegt, den Beauftragten dem Auftraggeber gegenüber (Innenverhältnis).
2. Entstehung
Der Auftrag
kommt durch zwei sich deckende Willenserklärungen der Beteiligten zustande.
Nach § 663 BGB ist allerdings der, welcher zur Besorgung gewisser Geschäfte
öffentlich bestellt ist oder sich öffentlich oder dem Auftraggeber gegenüber
erboten hat, verpflichtet, dem Auftraggeber eine eventuelle Ablehnung
unverzüglich anzuzeigen.
3. Inhalt
Der
Beauftragte ist verpflichtet, das Geschäft für den Auftraggeber (im Zweifel
persönlich) auszuführen (§ 664 BGB). Er muss grundsätzlich den Weisungen
des Auftraggebers folgen (§ 665 BGB) und Nachrichten und Auskünfte
geben (§ 666 BGB). Das, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er
aus der Besorgung des Geschäfts erlangt, hat er dem Auftraggeber herauszugeben
(§ 667 BGB, str. für Schmiergeld).
Der
Auftraggeber muss dem Beauftragten die Aufwendungen (freiwillige
Vermögensopfer wie z. B. Reisekosten, nicht Bestechungsgeld), die der
Beauftragte für erforderlich halten durfte, ersetzen (§ 670 BGB).
4. Beendigung
Der
Auftraggeber kann den Auftrag jederzeit widerrufen, der Beauftragte den
Auftrag jederzeit kündigen (§ 671 I 1 BGB).
5. Sonderfälle
a) Geschäftsbesorgungsvertrag
Auf einen
Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung im
Sinne einer selbständigen Tätigkeit wirtschaftlicher Art in fremdem Interesse
gegen Entgelt zum Gegenstand hat (Geschäftsbesorgungsvertrag, z. B.
Hausverwaltung), finden die §§ 663, 665-670, 672-674 BGB und evtl. auch 671 II
BGB entsprechende Anwendung.
b) Überweisungsvertrag
Durch den
Überweisungsvertrag wird das (überweisende) Kreditinstitut gegenüber dem
Überweisenden verpflichtet, dem Begünstigten (baldmöglichst) einen bestimmten
Geldbetrag zur Gutschrift auf dessen Konto beim überweisenden Kreditinstitut
zur Verfügung zu stellen (Überweisung) sowie (übliche) Angaben zur Person des
Überweisenden und einen angegebenen Verwendungszweck mitzuteilen. Soll die
Gutschrift durch ein anderes Kreditinstitut erfolgen, ist das überweisende
Kreditinstitut verpflichtet, den Überweisungsbetrag rechtzeitig (baldmöglichst)
und grundsätzlich ungekürzt dem Kreditinstitut des Begünstigten zu übermitteln.
Der Überweisende kann, soweit vereinbart, dem Kreditinstitut den zu
überweisenden Geldbetrag auch in bar zur Verfügung stellen (§ 676a I BGB).
c) Zahlungsvertrag
Durch den
Zahlungsvertrag verpflichtet sich ein zwischengeschaltetes Kreditinstitut
gegenüber einem anderen Kreditinstitut im Rahmen des Überweisungsverkehrs einen
Überweisungsbetrag an ein weiteres Kreditinstitut oder an das Kreditinstitut
des Begünstigten weiterzuleiten (§ 676d I BGB).
d) Girovertrag
Girovertrag
ist der Vertrag, durch den das Kreditinstitut verpflichtet wird, für den Kunden
ein Konto einzurichten, eingehende Zahlungen (im Zweifel innerhalb eines
Bankgeschäftstags nach dem Gutschriftstag) gutzuschreiben und abgeschlossene
Überweisungsverträge zu Lasten dieses Kontos abzuwickeln und dem Kunden eine
weitergeleitete Angabe zur Person des Überweisenden und zum Verwendungszweck
mitzuteilen (§ 676f BGB).
XIII.
Verwahrung
Verwahrung
ist der (je nach Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit gegenseitige bzw.
unvollkommen zweiseitig verpflichtende) Vertrag, durch den sich der Verwahrer
verpflichtet, eine ihm vom Hinterleger übergebene bewegliche Sache unter
Gewährung von Raum und Übernahme von Obhut zu verwahren (aufzubewahren) (§ 688
BGB). Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern (§ 695
BGB), der Verwahrer dann, wenn eine Zeit für die Aufbewahrung nicht bestimmt
ist, die Rücknahme jederzeit verlangen. Der unentgeltliche Verwahrer hat nur
für die Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden
pflegt (§ 690 BGB, mindestens Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit).
Sonderfälle
der Verwahrung sind unregelmäßige Verwahrung (§ 700 BGB), Lagergeschäft
und Depotgeschäft.
Ein
Gastwirt, der gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung (also nicht nur zur
Verköstigung) aufnimmt, hat (auch ohne Verschulden) den Schaden zu
ersetzen, der durch den Verlust, die Zerstörung oder die Beschädigung von
Sachen (ausgenommen Fahrzeuge, in Fahrzeugen belassene Sachen, Tiere) entsteht,
die ein im Betrieb dieses Gewerbes aufgenommener Gast eingebracht (vgl.
§ 701 II BGB) hat (§ 701 I BGB, durch § 702 BGB auf höchstens 3500 Euro, bei
Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten 800 Euro beschränkt). Seinerseits hat er
für seine Forderungen (z. B. Beherbergungskosten) ein Pfandrecht an den
eingebrachten Sachen des Gasts (§ 704 BGB).
XV.
Bürgschaft
1. Wesen
Bürgschaft
ist der einseitig verpflichtende Vertrag, in dem sich der Bürge (aus
unterschiedlichen Gründen) gegenüber dem Gläubiger eines Schuldners
verpflichtet, für die (auch nur künftige oder bedingte) Schuld (dieses Dritten,
Hauptschuldners) gegenüber dem Gläubiger einzustehen (§ 765 BGB). Keine
Bürgschaften (sondern nur bürgschaftsähnlich) sind der Kreditauftrag (§ 778
BGB), die Schuldmitübernahme, die Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) und der
Garantievertrag (sowie die Wechselbürgschaft, Art. 30ff.WG).
2. Entstehung
Die
Bürgschaft entsteht durch Vertrag zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger, bei
dem die Willenserklärung eines Bürgen, für den die Bürgschaft nicht ein
Handelsgeschäft ist (§ 350 HGB), der Schriftform bedarf (§ 766 S. 1 BGB,
beachte auch § 766 S. 2 BGB).
Wird der
Bürge durch die Bürgschaft überfordert, kann die Bürgschaft unter besonderen
Umständen (z. B. Verwandtschaft, Abhängigkeit als Arbeitnehmer) wegen
Sittenwidrigkeit unwirksam sein.
3. Inhalt
Der Bürge
(, der durch die Bürgschaft nicht an die Stelle des Schuldners, der Schuldner
bleibt, tritt,) ist durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet, dem Gläubiger
für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten in deren jeweiligen Bestand
(sog. Akzessorietät der Bürgschaftsschuld im Verhältnis zur Hauptschuld)
einzustehen (§ 767 BGB). Er kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden
(z. B. Verjährung, Nichterfüllung) geltend machen (§ 780 I 1 BGB), kann die Einrede
der Vorausklage (gegen den Hauptschuldner) erheben (§ 771 BGB, beachte aber
§ 773 BGB, selbstschuldnerische Bürgschaft) und kann sich auf alle Mängel des
Bürgschaftsvertrags selbst berufen.
4. Beendigung
Die
Bürgschaft endet nach den allgemeinen Regeln. Der Bürge kann nach § 775 BGB vom
Hauptschuldner Befreiung verlangen und wird nach § 776 BGB bei Aufgabe einer
Sicherheit durch den Gläubiger frei.
Soweit der
Bürge den Gläubiger (freiwillig oder zwangsweise) befriedigt, geht die
Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner samt allen Sicherungsrechten
auf ihn über (§§ 774, 412, 401 BGB, gesetzlicher Forderungsübergang).
Zugleich entsteht in der Regel ein Anspruch des Bürgen gegen den Schuldner auf
Aufwendungserstattung aus Geschäftsführung ohne Auftrag, Geschäftsbesorgung
oder Auftrag (§§ 683, 675, 670 BGB).
5. Sonderfall
Gläubiger
und Bürge können eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbaren.
XVI.
Vergleich
Vergleich
ist der gegenseitige Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit
mindestens zweier Beteiligter (Parteien) über (tatsächliche oder rechtliche
Teile) ein(es) Rechtverhältnis(es im weitesten Sinn) im Wege gegenseitigen Nachgebens
beseitigt wird (§ 779 I 1 BGB). Der Inhalt des Vergleichs kann sehr verschieden
sein. Unwirksam ist der Vergleich, wenn der als feststehend zugrundegelegte
Sachverhalt (Geschäftsgrundlage) der Wirklichkeit nicht entspricht und
der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden
sein würde.
Der Prozessvergleich
ist Vergleich und Prozesshandlung.
XVII.
Schuldversprechen, Schuldanerkenntnis
1.
Schuldversprechen
Schuldversprechen ist der einseitig verpflichtende Vertrag, in dem der
Schuldner dem Gläubiger eine Leistung als bewusst von einem (meist bestehenden)
Grund losgelöste (und damit abstrakte) Verbindlichkeit verspricht (§ 780
BGB). Das Versprechen bedarf grundsätzlich der Schriftform (§§ 780, 782
BGB, 350f. HGB). Ist das Schuldversprechen an Erfüllungs Statt abgegeben,
erlischt die (in der Regel) zugrundeliegende Schuld. Ist das Schuldversprechen
ohne Rechtsgrund abgegeben worden, weil etwa eine zugrundeliegende Schuld nicht
besteht, kann es nach § 812 BGB herausverlangt werden (beachte auch § 821 BGB).
2.
Schuldanerkenntnis
Schuldanerkenntnis (konstitutives Schuldanerkenntnis) ist der einseitig
verpflichtende Vertrag, in dem der Schuldner anerkennt, dem Gläubiger eine
Leistung als bewusst von einem meist bestehenden Grund losgelöste (und damit abstrakte)
Verbindlichkeit zu schulden (§ 781 BGB, anders das bloß deklaratorische
Schuldanerkenntnis). Die Anerkennungserklärung bedarf grundsätzlich der Schriftform
(§§ 781, 782 BGB, 350, 351 HGB). Das negative Schuldanerkenntnis
ist in § 397 II BGB geregelt.
XVIII.
Anweisung
1. Wesen
Anweisung
ist die schriftliche Aufforderung (Urkunde) des Anweisenden (z.
B. Ausstellers, oft ein Käufer) an den Angewiesenen (z. B. Bezogenen,
oft ein Kreditinstitut), Geld, Wertpapiere oder andere vertretbare Sachen an
einen Dritten (Anweisungsempfänger, Nehmer, Remittent, oft ein
Verkäufer), der die Anweisungsurkunde vorlegt, zu leisten (§ 783 BGB). Zwischen
dem Angewiesenen und dem Anweisenden besteht das Grundverhältnis (Deckungsverhältnis),
das den Grund angibt, weshalb der Angewiesene angewiesen werden kann und der
Anweisung Folge leisten wird (z. B. Schuld des Angewiesenen gegenüber dem
Anweisenden, Schenkung, Geschäftsbesorgungsvertrag). Zwischen dem Anweisenden
und dem Anweisungsempfänger besteht das Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis),
das den Grund angibt, weshalb der Anweisende dem Anweisungsempfänger eine
Leistung (von Seiten des Angewiesenen) zukommen lassen will (z. B. Schuld des
Anweisenden gegenüber dem Anweisungsempfänger, Schenkung, Kreditgewährung).
2. Entstehung
Grundsätzlich
erfordert die Entstehung einer Anweisung einen Vertrag zwischen
Anweisendem und Anweisungsempfänger. Ausnahmsweise können zum Schutz des
Rechtsverkehrs Ausstellung der Urkunde durch den Anweisenden und Gutgläubigkeit
des Anweisungsempfängers genügen.
3. Inhalt
Durch die
Anweisung wird der Anweisungsempfänger ermächtigt, die Leistung bei dem
Angewiesenem im eigenen Namen zu erheben. Außerdem wird der Angewiesene
ermächtigt, im eigenen Namen für Rechnung des Anweisenden an den
Anweisungsempfänger zu leisten (§ 783 BGB). Einen Anspruch auf Leistung des
Angewiesenen hat der Anweisungsempfänger (noch) nicht.
Nimmt der
Angewiesene die Anweisung durch einen schriftlichen Vermerk auf der
Anweisungsurkunde (§ 784 II 1 BGB) an, so ist er durch die Annahme dem
Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet (§ 784 I BGB).
4. Beendigung
Die
Anweisung endet nach den allgemeinen Regeln.
5. Sonderfälle
Sonderfälle
der Anweisung sind kaufmännische Anweisung (§ 363 HGB), Wechsel
und Scheck.
XIX.
Inhaberschuldverschreibung
1. Wesen
Inhaberschuldverschreibung
ist die Urkunde, in welcher der Aussteller dem (jeweiligen) Inhaber der Urkunde
eine Leistung verspricht (§ 793 I 1 BGB, z. B. Industrieanleihe, Pfandbrief,
Dividendenschein, Lotterielos, beachte die Formerleichterung durch § 793 II 2
BGB).
2. Entstehung
Die
Inhaberschuldverschreibung entsteht durch (schriftliche) Ausstellung einer
Urkunde und Annahme des ersten Inhabers oder (zum Schutz des Rechtsverkehrs)
gutgläubigen Erwerb durch den Inhaber. Auf ihre Wirksamkeit ist es ohne
Einfluss, wenn die Urkunde ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben
oder geschäftsunfähig geworden ist (§ 794 II BGB).
3. Inhalt
Der
jeweilige Inhaber der Urkunde kann die versprochene Leistung vom Aussteller
verlangen, es sei denn, dass er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt
ist (§ 793 I 1 BGB, z. B. Dieb). Umgekehrt kann der Aussteller mit befreiender
Wirkung an jeden Inhaber (auch an den Dieb) leisten (§ 793 I 2 BGB), es sei
denn, dass er weiß, dass der Inhaber zur Verfügung über die Urkunde nicht
berechtigt ist (vgl. § 242 BGB). Eine Pflicht zur Leistung trifft ihn nur bei
gleichzeitiger Aushändigung der Urkunde (§ 797 BGB).
Der
Aussteller wird aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber auch dann
verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen worden oder verloren gegangen oder wenn
sie sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist (§ 794 I BGB).
Das Recht
aus der Urkunde folgt dem Recht an der Urkunde, so dass das Recht aus der
Urkunde durch Übereignung der Urkunde (§§ 929ff. BGB) übertragen wird.
4. Beendigung
Die
Inhaberschuldverschreibung endet nach den allgemeinen Regeln.
5. Sonderfälle
Als
Sonderfälle der Inhaberschuldverschreibung sind Inhaberzeichen
(Inhabermarken, Inhaberkarten, Fahrkarten, vgl. § 807 BGB) und Namenspapiere
mit Inhaberklausel (hinkende Inhaberpapiere, z. B. Sparbuch, Depotschein,
Leihhausschein, vgl. § 808 BGB, wonach der Inhaber anders als bei der
Inhaberschuldverschreibung nicht berechtigt ist, die Leistung zu
verlangen) geregelt.
XX.
Gemeinschaft
1. Wesen
Gemeinschaft
(Bruchteilsgemeinschaft) ist jede gemeinschaftliche Inhaberschaft
eines einzelnen Rechts (z. B. Eigentum. Forderung, Patent, auch Besitz) durch
mehrere, für die keine besonderen Bestimmungen eingreifen (§ 741 BGB).
2. Entstehung
Die Gemeinschaft, auf deren Recht die §§ 731
S. 2 (Gesellschaft), 1477 I (Gütergemeinschaft), 2042 II, 2044 I BGB
(Erbengemeinschaft) verweisen, entsteht in den häufigsten Fällen durch
tatsächliches äußeres Geschehen (z. B. Verbindung, Vermischung, Sammellager,
Sammelverwahrung).
3. Inhalt
Im Zweifel
stehen den Teilhabern gleiche (ideelle, rechnerische) Anteile am
gemeinschaftlichen Recht zu (§ 742 BGB, hinsichtlich der Früchte und des
Gebrauchs vgl. § 743 BGB). Die Verwaltung ist grundsätzlich
gemeinschaftlich (§ 744 BGB), doch kann durch Stimmenmehrheit eine
angemessenere Verwaltung beschlossen werden (§ 745 I BGB). Maßregeln, welche
zur Erhaltung notwendig sind, kann jeder Teilhaber (im eigenen Namen) allein
durchführen (§ 744 II BGB).
Im Außenverhältnis
gelten vor allem die allgemeinen Vorschriften (§§ 420, 427, 431, 830 BGB). Über
den gemeinschaftlichen Gegenstand können nur alle Teilhaber gemeinschaftlich
verfügen (§ 747 S. 2, vgl. § 744 II BGB). Über seinen Bruchteil kann jeder
Teilhaber allein verfügen (§§ 747 S. 1 BGB).
4. Beendigung
Die Aufhebung
der Gemeinschaft kann jeder Teilhaber grundsätzlich jederzeit verlangen (§ 749
I BGB). Sie erfolgt durch Teilung in Natur und Verlosung der Teile oder durch Verkauf
bzw. Zwangsversteigerung und Teilung des Erlöses (§§ 752 ff. BGB). Bei Schulden
kann jeder Teilhaber verlangen, dass sie aus dem gemeinschaftlichen Gegenstand
berichtigt werden (§ 755 S. 1 BGB).
5.
Sonderfall
Für das Miteigentum
gelten einige besondere Bestimmungen (§§ 1008ff. BGB).
XXI.
Gesellschaft (des bürgerlichen Rechts, bürgerlichrechtliche Gesellschaft,
BGB-Gesellschaft)
1. Wesen
Gesellschaft
ist die privatrechtliche Vereinigung mehrerer Personen (natürlicher Personen
wie juristischer Personen einschließlich nichtrechtsfähiger Personen) durch
Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen (erlaubten,
nichthandelsgewerblichen) Zweckes. Sie ist ein gesamthänderisch
gebundenes Schuldverhältnis und keine juristische Person. Sie bildet die
Grundfigur der offenen Handelsgesellschaft (§§ 105ff. HGB) und
der Kommanditgesellschaft (§§ 161ff. HGB), wird aber selbst auch
tatsächlich benutzt (z. B. Zusammenschluss von Nichtkaufleuten,
Bankenkonsortium, Kartell).
Nach einer Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 29. 1. 2001 hat eine (Außen-) Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am
Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet und kann eine Gesellschaft
des bürgerlichen Rechts unter ihrem Namen klagen und verklagt werden, so dass
eine Klage gegen einen Gesellschafter nur noch erforderlich ist, wenn auch in
dessen Privatvermögen vollstreckt werden soll. Nach einer Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts Deutschlands vom 2. 10. 2002 ist eine Gesellschaft
des bürgerlichen Rechts für Art. 14, 101 I 2 und 103 I GG grundrechtsfähig.
2. Entstehung
Die
Gesellschaft entsteht mit dem Abschluss eines grundsätzlich formfreien Gesellschaftsvertrags
durch die Gesellschafter (§ 705 BGB), wobei jede Willenserklärung gegenüber den
jeweils anderen Gesellschaftern abzugeben ist. Bei Minderjährigen ist nach den
§§ 1643 I, 1822 Nr. 3 BGB die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
erforderlich. Willensmängel werden grundsätzlich nicht rückwirkend, sondern nur
für die Zukunft beachtet. Bis zu ihrer Geltendmachung besteht die Gesellschaft
als fehlerhafte Gesellschaft.
3. Inhalt
a)
Innenverhältnis
Im Innenverhältnis
hat jeder Gesellschafter die Verpflichtung, die Erreichung des gemeinsamen
Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die
vereinbarten Beiträge (z. B. Geld, Dienste, Sachen, Rechte) zu leisten.
Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust
verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet (§ 708 BGB,
beachte § 735 BGB).
Grundsätzlich
haben alle Gesellschafter die Geschäfte (tatsächliche Verrichtungen,
Rechtsgeschäfte) gemeinschaftlich zu führen (§ 709 BGB), doch sind
abweichende Vereinbarungen möglich (§§ 710ff. BGB). Je nach dem hat dann der
jeweilige Gesellschafter auch das Recht, an der Geschäftsführung
mitzuwirken bzw. sich jedenfalls nach § 716 BGB zu unterrichten.
Jeder
Gesellschafter hat einen Anteil an dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen
(§ 718 BGB). Nach § 719 I BGB kann ein Gesellschafter nicht über seinen Anteil
an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen
verfügen. Er ist nicht berechtigt, Teilung zu verlangen. Nach § 722 BGB hat
jeder Gesellschafter einen Anteil am Gewinn oder Verlust sowie nach § 734 BGB
einen Anspruch auf einen Anteil am eventuellen Auseinandersetzungsüberschuss.
b)
Außenverhältnis (gegenüber Nichtgesellschaftern)
Im Außenverhältnis
ist nicht die Gesellschaft selbst Träger von Rechten und Pflichten, sondern
sind es die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Soweit
einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Befugnis zur
Geschäftsführung zusteht, hat er im Zweifel auch Vertretungsmacht
gegenüber Dritten (§ 714 BGB). Neben dem Grundsatz des gemeinsamen Handelns
gegenüber Dritten sind deshalb vertraglich auch vielfache andere Gestaltungen
der Vertretungsmacht (z. B. Alleinvertretungsmacht eines Gesellschafters oder
jedes Gesellschafters) möglich. Verpflichtungen der Gesellschafter entstehen
meist nach den §§ 427 (gemeinschaftliche Verpflichtung mehrerer durch Vertrag),
840 I (Verantwortlichkeit mehrerer nebeneinander aus einer unerlaubten
Handlung), 830 I 1 BGB (gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung).
4. Beendigung
Die
Gesellschaft endet durch Zeitablauf, Eintritt einer auflösenden
Bedingung, Aufhebungsvertrag, Aufhebungsbeschluss, Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft oder eines
Gesellschafters (§§ 728 S. 1, 736 BGB), Tod eines Gesellschafters (§ 727 I BGB,
aber anderweitige Vereinbarung als Eintrittsklausel oder Nachfolgeklausel
möglich, str. ob Erbengemeinschaft als solche Mitglied sein kann),
Zweckerreichung (§ 726 BGB), Kündigung seitens eines Gesellschafters (§ 723
BGB) oder eines Gesellschaftergläubigers (§ 715 BGB, beachte § 736 BGB) sowie
durch Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Person.
Nach der
Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung
unter den Gesellschaftern statt (§ 730 BGB). Dazu gehören Beendigung der
schwebenden Geschäfte, Rückgabe der überlassenen Gegenstände, Berichtigung der
gemeinschaftlichen Schulden, Rückerstattung der Einlagen, Auskehrung des
Überschusses bzw. Ausgleich des Verlusts).
Scheidet
nur ein Gesellschafter aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den
verbleibenden Gesellschaftern an (§ 738 I BGB). Als Ausgleich hierfür gebührt
dem (ausscheidenden) Gesellschafter ein nach den §§ 738ff. BGB zu berechnender
Anspruch auf den Wert seines Anteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens.
Ein
Sonderfall der Beendigung der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft ist ihre
Umwandlung in eine Handelsgesellschaft durch bloße Zweckänderung bei
Fortführung der Identität im Übrigen.
XXII.
Geschäftsführung ohne Auftrag
1. Wesen
Geschäftsführung
ohne Auftrag ist das unvollkommen zweiseitig verpflichtende (gesetzliche)
Schuldverhältnis, das dadurch entsteht, dass der (geschäftsfähige) Geschäftsführer
ohne Auftrag aber mit Fremdgeschäftsführungsbewusstsein und Fremdgeschäftsführungswillen
für einen Geschäftsherrn ein Geschäft (tatsächliches Handeln,
Rechtsgeschäft) besorgt, obwohl zwischen ihnen noch kein (rechtsgeschäftliches)
Rechtsverhältnis (z. B. Auftrag, Dienstvertrag, Werkvertrag) besteht (§ 677
BGB, z. B. Operation eines bewusstlosen Verletzten, Löschen eines Brandes,
Schließen eines Wasserhahns, Notverkauf). Geschäftsführung ohne Auftrag liegt
also nicht vor, wenn der Geschäftsführer irrtümlich glaubt, ein eigenes
Geschäft zu führen (§ 687 I BGB, vermeintliche Geschäftsführung).
Sie ist auch nicht gegeben, wenn der Geschäftsführer bewusst ein fremdes
Geschäft als eigenes führen will (§ 687 II BGB), doch gelten dann gleichwohl
nach § 687 II BGB die §§ 677, 678, 681, 682, 684 S. 1 BGB.
2. Entstehung
Die
Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht durch tatsächliche Führung eines
Geschäfts für einen anderen ohne Auftrag.
3. Inhalt
Der
Geschäftsführer hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des
Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es
erfordert (§ 677 BGB). Er muss die Geschäftsführung anzeigen (§ 681 S. 1
BGB). Er muss alles aus der Geschäftsführung Erlangte herausgeben (§§
681 S. 2, 667 BGB).
Der
Geschäftsführer kann nach § 683, 684 BGB Ersatz seiner Aufwendungen
(nicht seiner Arbeitskraft) verlangen, eventuell auch Schadensersatz.
4. Beendigung
Die
Geschäftsführung ohne Auftrag endet mit Einstellung der Geschäftsführung und
Abwicklung der Folgeansprüche.
XXIII.
Ungerechtfertigte Bereicherung (Kondiktion)
1. Wesen
Ungerechtfertigte
Bereicherung ist das einseitig verpflichtende gesetzliche Schuldverhältnis, auf
Grund dessen der Bereicherungsgläubiger (Entreicherte) gegen den Bereicherungsschuldner
(Bereicherten) einen Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung
hat (§§ 812ff. BGB).
2. Arten
Je nach
dem, ob die Vermögensverschiebung durch Leistung oder in sonstiger Art und
Weise erfolgte, unterscheidet man Leistungskondiktion und Nichtleistungskondiktion.
Im Verhältnis beider zueinander ist die Nichtleistungskondiktion subsidiär.
3. Entstehung
Das
Schuldverhältnis der ungerechtfertigten Bereicherung entsteht mit dem Eintreten
der ungerechtfertigten Bereicherung.
a) Leistungskondiktion
Bei der
Leistungskondiktion muss der Bereicherungsschuldner etwas durch Leistung
erlangt haben. Unter „etwas“ ist dabei jeder Vermögensvorteil zu
verstehen (z. B. Eigentum, Besitz, Inhaberschaft einer Forderung, Genehmigung
eines Vertrags, Eintragung in das Grundbuch, Befreiung von einer Schuld,
Ersparung einer Verbindlichkeit, Nutzung fremder Arbeitskraft), unter Leistung
die bewusste und gegenüber dem Empfänger zweckgerichtete Vermögensvermehrung
(z. B. Leistung zwecks Erfüllung einer Kaufvertragsschuld).
Der
Bereicherungsschuldner muss das etwas durch Leistung erlangt haben, ohne dass er
einen rechtfertigenden Grund für das Behalten hat.
Ein Fehlen
des Rechtsgrunds liegt dabei etwa vor, wenn geleistet wurde, obwohl eine
Verpflichtung hierzu nicht bestand (Zahlung auf eine Nichtschuld, § 812 I 1
BGB, z. B. Kaufvertrag eines Minderjährigen wird mangels Genehmigung des
gesetzlichen Vertreters nicht wirksam. Übereignung erfolgt in Erfüllung dieses
Kaufvertrages, das Eigentum ist ohne rechtfertigenden Behaltensgrund erlangt,
beachte aber die §§ 813, 814 BGB).
Fehlen des
Rechtsgrundes ist weiter gegeben, wenn der rechtliche Grund zwar an sich einmal
bestand, aber später wegfiel (§ 812 I 2 1. Alt. BGB, z. B. Eintritt einer
auflösenden Bedingung), wenn der mit einer Leistung nach dem Inhalt des
Rechtsgeschäfts bezweckte (besondere) Erfolg nicht eintrat (§ 812 I 2 2. Alt.
BGB z. B. Aushändigung einer Quittung in Erwartung einer dann wider Erwarten
doch ausbleibenden Darlehensauszahlung, beachte aber § 815 BGB), oder wenn der
Empfänger durch die Annahme gegen die guten Sitten oder gegen ein gesetzliches
Verbot verstieß (§ 817 S. 1 BGB, z. B. Annahme von Geld für die Vornahme einer
Amtshandlung, beachte aber § 817 S. 2 BGB).
b) Nichtleistungskondiktion
Bei der
Nichtleistungskondiktion muss die Vermögensvermehrung des
Bereicherungsschuldners (ohne Leistung, aber) unter Verwertung oder Benutzung
von Rechtsgütern des Entreicherten vor sich gegangen sein (z. B. Gebrauch einer
fremden Sache, Verbrauch einer fremden Sache, Anschwemmung von Erdreich).
Hierher gehören auch die Leistung an einen Nichtberechtigten,
die kraft Gesetzes dem Berechtigten gegenüber wirksam ist (§ 816 II BGB, z. B.
Leistung des Schuldners an den Altgläubiger bei der Abtretung), die wirksame entgeltliche
Verfügung eines Nichtberechtigten zu Lasten des wahren
Berechtigten (§ 816 I 1 BGB, z. B. Veräußerung einer geliehenen Maschine an
einen gutgläubigen Dritten), die wirksame unentgeltliche Verfügung
eines Nichtberechtigten zu Lasten des wahren Berechtigten (§ 816
I 2 BGB) sowie die unentgeltliche Weitergabe einer Bereicherung
(§ 822 BGB).
4. Inhalt
a) Der
Bereicherungsschuldner hat jeweils das Erlangte herauszugeben (§§ 812 I
1, 818 I BGB, z. B. Eigentum, Besitz, Befreiung von einer Verbindlichkeit,
Grundbuchposition).
Die
Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen
sowie auf das, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts (z. B. Gewinn
auf ein Los) oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder
Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt (§ 818 I BGB, z. B.
Versicherungsanspruch, Schadensersatzansprüche).
Zu
berechnen ist der Herausgabeanspruch grundsätzlich als Differenz (sog. Saldotheorie)
der den Beteiligten jeweils zustehenden Ansprüche (Herausgabeansprüche). Bei
arglistiger Täuschung oder fehlender Geschäftsfähigkeit sind dagegen beide Ansprüche
unverkürzt nebeneinanderzustellen.
b) Ist die
Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der
Empfänger aus einem anderen Grund zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert
(objektiver Verkehrswert im Zeitpunkt des Eintritts der Bereicherung) zu
ersetzen (§ 818 II BGB, z. B. bei Verarbeitung, Verbindung, Vermischung,
Verbrauch einer Sache).
c) Soweit
der Empfänger (im Zeitpunkt der Herausgabe bzw. Bösgläubigkeit) nicht mehr
bereichert ist, ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Werts
ausgeschlossen (§ 818 III BGB, sog. Wegfall der Bereicherung, z. B. bei
Verwendung des Erlangten für Luxusreise oder sonstige Luxusausgabe).
d) Auf den
Wegfall der Bereicherung kann sich der Empfänger von dem Eintritt der Rechtshängigkeit
(Klageerhebung) an (§ 818 IV BGB) und von der Kenntnis des Mangels des
rechtlichen Grundes an (§ 819 I BGB, vgl. auch § 819 II BGB) nicht berufen. Von
da an haftet er nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 818 IV, 291, 292, 989,
987 BGB). Das bedeutet vor allem, dass nunmehr fällige Geldschulden zu
verzinsen sind, der Bereicherungsschuldner für einen verschuldeten Schaden
haftet und zusätzlich nun auch schuldhaft nicht gezogene Nutzungen ersetzen
muss.
5. Einrede der
ungerechtfertigten Bereicherung
Der
Anspruch auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung kann auch als
Einrede gegenüber einem anderen Anspruch geltend gemacht werden (vgl. dazu §
821 BGB).
XXIV.
Unerlaubte Handlung
1. Wesen
Unerlaubte
Handlung ist das einseitig verpflichtende gesetzliche Schuldverhältnis, auf
Grund dessen der Geschädigte gegen den Schädiger einen Anspruch auf
Schadensersatz hat. In der Regel erfordert die unerlaubte Handlung ein
rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten, dessen Merkmale vom Geschädigten nachgewiesen
werden müssen, wobei aber in bestimmten Fallgruppen ein Verschulden des Schädigers
vermutet wird. Allerdings gibt es nicht nur einen einzigen Tatbestand der
unerlaubten Handlung, sondern zahlreiche unterschiedliche Einzeltatbestände,
deren einzelne Voraussetzungen jeweils gegeben sein müssen.
2. Einzeltatbestände
a) Rechtsgutverletzung
nach § 823 I BGB (Verletzung
genannter absoluter Rechtsgüter)
Wer durch
eine Handlung oder durch eine Unterlassung entgegen einer Handlungspflicht das
Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges
Recht, (das diesen Rechtsgütern vergleichbar ist [z. B. Grundpfandrecht,
Anwartschaftsrecht, Besitz, Recht am eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb, Immaterialgüterrecht, allgemeines
Persönlichkeitsrecht]) adäquat-kausal rechtswidrig und schuldhaft
verletzt und adäquat-kausal dadurch einen Schaden verursacht (z. B.
Auffahrunfall), hat dem Geschädigten den Schaden zu ersetzen.
Kausal ist dabei die Handlung, die nicht hinweggedacht werden
kann, ohne dass die Verletzung entfiele, bzw. die unterlassene Handlung, die
nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der negative Erfolg mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele bzw. der einzutretende positive Ausgang
eintreten würde (z. B. wäre das Kind mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit noch am Leben, wenn es die Mutter angemessen gefüttert
hätte). Adäquat ist eine Handlung, wenn sie im allgemeinen und nicht nur
unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen
Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Gegebenheiten geeignet ist, einen
Erfolg der betreffenden Art herbeizuführen.
Die Rechtswidrigkeit
wird nach der Lehre vom Erfolgsunrecht durch die Verletzung eines der
genannten Rechtsgüter angezeigt (indiziert). Entgegen dieser Indizwirkung ist
die Rechtwidrigkeit ausnahmsweise dann ausgeschlossen, wenn ein besonderer Rechtfertigungsgrund
vorliegt (z. B. Notwehr § 227 BGB, Notstand §§ 228, 904 BGB, erlaubte
Selbsthilfe §§ 229, 379 BGB, Einwilligung, mutmaßliche Einwilligung,
privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Erlaubnis).
Schuldformen sind Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 I 1 BGB
Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt).
b) Schutzgesetzverletzung nach § 823 II BGB
Wer gegen
ein Schutzgesetz, d. h. einen nicht lediglich die Allgemeinheit, sondern
mindestens auch einen oder mehrere Einzelne schützenden materiellen Rechtssatz
(z. B. die §§ 223 vorsätzliche Körperverletzung, 229 fahrlässige
Körperverletzung, 303 StGB vorsätzliche Sachbeschädigung, 1 PflVersG)
(schuldhaft) verstößt und dadurch einen Schaden eines anderen verursacht, ist,
falls der Schaden in den Schutzbereich dieser Norm fällt, dem
Geschädigten zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
c) Sittenwidrige
vorsätzliche Schädigung (§ 826
BGB)
Wer in
einer gegen die guten Sitten verstoßenden d. h. dem Anstandsgefühl
aller billig und gerecht Denkenden zuwiderlaufenden Weise einem anderen
vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens
verpflichtet. Wer also mit mindestens bedingtem Vorsatz die Schädigung eines
anderen herbeiführt, hat den dadurch entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hinsichtlich der Sittenwidrigkeit ist es nicht erforderlich, dass der Handelnde
sich ihrer bewusst ist. Es reicht aus, wenn er die Tatumstände kennt, die sein
Verhalten objektiv als Verstoß gegen die guten Sitten erscheinen lassen.
d) Kreditgefährdung (§ 824 BGB)
Wer der
Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die objektiv geeignet
ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen
Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen und die Unwahrheit kennt oder kennen
muss, hat den dem anderen daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
e) Unlautere
Bestimmung zu sexuellen Handlungen (§ 825 BGB)
Wer einen
anderen durch Hinterlist, durch Drohung oder Missbrauch eines
Abhängigkeitsverhältnisses zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen bestimmt,
hat den daraus entstehenden Schaden (z. B. Kosten der Entbindung, immaterieller
Schaden) zu ersetzen.
f) Geschäftsherrnpflichtverletzung (§ 831 BGB)
Wer einen
anderen (Verrichtungsgehilfen) zu einer Verrichtung bestellt (Geschäftsherr),
ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere (Verrichtungsgehilfe)
in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Zu einer
Verrichtung bestellt ist jeder, dem von einem anderen, von dessen Weisungen
er mehr oder weniger abhängig ist, eine Tätigkeit übertragen worden ist, gleich
ob diese rein tatsächlich, einmalig oder längerdauernd ist. Von Weisungen mehr
oder weniger abhängig ist jemand, wenn der Geschäftsherr die Tätigkeit
jederzeit beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann.
Verrichtungsgehilfen
sind etwa die Arbeiter und Angestellten eines Arbeitgebers (einschließlich der
Gesellen und Auszubildenden eines Handwerkers), Bürovorsteher,
Sprechstundenhilfe, Krankenschwester, Jagdaufseher, nicht dagegen der
Unternehmer im Verhältnis zum Besteller, das Organ einer juristischen Person,
der Gesellschafter einer Gesellschaft oder der Gerichtsvollzieher.
Der
Verrichtungsgehilfe muss widerrechtlich geschädigt haben, nicht jedoch
auch schuldhaft. Die Schädigung muss in innerem sachlichem Zusammenhang mit der
Verrichtung erfolgt sein, nicht bloß bei deren äußerer Gelegenheit (z. B.
Diebstahl, Schwarzfahrt).
Hinsichtlich
des Geschäftsherrn indiziert die Schädigung ein schuldhaftes Verhalten (vermutetes
Verschulden). Der Geschäftsherr kann sich aber dadurch von der
Einstufung seines Verhaltens als schuldhaft befreien (exkulpieren) und
damit sich auch von einer Schadensersatzpflicht lösen, dass er nachweist, dass
er bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder
Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat,
bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt
beobachtet hat oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt
entstanden sein würde (Nachweis des Fehlens der sog. culpa in eligendo
et custodiendo d. h. eines Verschuldens bei Auswahl und Überwachung).
Je
schwieriger dabei die zu verrichtende Tätigkeit ist, desto sorgfältiger muss
der Geschäftsherr bei der Auswahl des Gehilfen sein. Bei Großbetrieben kann die
Pflicht der sorgfältigen Auswahl vom eigentlichen Geschäftsherrn auf einen
Verrichtungsgehilfen (z. B. Personalleiter) übertragen sein. Hier muss der
Unternehmer dann, damit keine ungerechtfertigte Bevorzugung von
Großunternehmern eintritt, auch den Nachweis erbringen, dass auch dieser
Verrichtungsgehilfe seinerseits die nachgeordneten Gehilfen sorgfältig
ausgewählt hat bzw. zumindest den Nachweis, dass eine ordnungsgemäße
Auswahlorganisation und Überwachungsorganisation insgesamt besteht.
Die Haftung
des Geschäftsherrn aus § 831 I 1 BGB für einen Verrichtungsgehilfen steht neben
der Haftung des Schuldners nach § 278 S. 1 BGB für einen gesetzlichen Vertreter
und einen Erfüllungsgehilfen. Ein Gehilfe kann Erfüllungsgehilfe im
rechtsgeschäftsrechtlichen Bereich und Verrichtungsgehilfe im
außerrechtsgeschäftsrechtlichen Bereich sein, ohne dass dies in jedem
Einzelfall so sein muss. Die jeweiligen Voraussetzungen sind unabhängig
voneinander zu überprüfen.
g) Personenaufsichtspflichtverletzung (§ 832 BGB)
Wer kraft
Gesetzes oder Vertrags zur Führung der Aufsicht über einen Menschen
verpflichtet ist (z. B. Eltern, Kindergärtner, Lehrer), der wegen
Minderjährigkeit oder wegen seines geistigen oder körperlichen Zustands der
Beaufsichtigung bedarf, ist, falls er sich nicht von der bei Schadenseintritt
vermuteten Pflichtverletzung entlasten kann, zum Ersatz des Schadens
verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt.
h) Haustieraufsichtspflichtverletzung (§ 833 BGB)
Wird durch
ein Haustier (z. B. Pferd, Rind, Schwein, Hund, Katze, Geflügel), das
dem Beruf (z. B. Landwirt, Schlächter, Jäger, Polizeibeamter, Tierhändler), der
Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt eines Tierhalters zu dienen bestimmt ist,
ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter
und evtl. auch der Tierhüter (§ 834 BGB), sofern er sich nicht entlasten kann,
zum Schadensersatz verpflichtet. Kann er sich nach § 833 S. 2 BGB
entlasten, wird er frei. Ausgeschlossen ist die Entlastung für den Halter eines
Tiers, das nicht Haustier ist. Für ihn gilt Gefährdungshaftung (§ 833 S. 1 BGB).
i) Gebäudeaufsichtspflichtverletzung (§ 836 BGB)
Wird durch
den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück
verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des
Werkes ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der
Eigenbesitzer (§ 872 BGB) des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die
Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist,
zum Schadensersatz verpflichtet, es sei denn, dass er zum Zweck der Abwendung
der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.
j) Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG)
Verletzt
ein Beamter im haftungsrechtlichen Sinn, d. h. jemand, dem ein
öffentliches Amt anvertraut ist (z. B. Polizei, Gericht, Strafvollzug, Schule,
Post), vorsätzlich oder fahrlässig eine ihm einem Dritten gegenüber (und damit
nicht nur eine der Allgemeinheit oder der jeweiligen Behörde gegenüber)
bestehende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden
in Geld zu ersetzen. Nach Art. 34 GG haftet an seiner Stelle die Körperschaft,
in deren Diensten er steht (Anstellungskörperschaft)
3. Entstehung
Das
Schuldverhältnis entsteht mit tatsächlicher Verwirklichung aller seiner
Tatbestandsmerkmale.
4. Inhalt
Der
Schuldner ist dem Gläubiger grundsätzlich zum Ersatz des entstandenen Schadens
verpflichtet.
5. Beendigung
Das Schuldverhältnis endet nach den allgemeinen Regeln.
6.
Sonderfragen
Haben
mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen
Schaden verursacht (Mittäter, Anstifter, Gehilfen), so ist jeder für den
Schaden verantwortlich. Das gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer
von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat (§ 830
BGB).
Sind für
den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich,
so haften sie als Gesamtschuldner (§ 840 I BGB), wobei im
Innenverhältnis neben den allgemeinen Regeln der Gesamtschuldnerschaft auch
Sonderregeln gelten können (vgl. die §§ 840 IIff., 841 BGB).
Nach § 842
BGB umfasst der Schadensersatzanspruch wegen einer gegen die Person gerichteten
unerlaubten Handlung auch die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb
oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt. Bei Minderungen der
Erwerbsfähigkeit sieht § 843 BGB Geldrente oder Kapitalabfindung vor.
Nach den §§
844, 845 BGB kann aus der Tötung bzw. Verletzung eines Menschen einem
(mittelbar geschädigten) Dritten ein Schadensersatzanspruch erwachsen.
Nach § 846
BGB ist das Mitverschulden des Verletzten (entsprechend § 254 BGB) zu
berücksichtigen.
§ 829 BGB
setzt eine Ersatzpflicht trotz Fehlens einzelner Tatbestandsmerkmale (Verantwortlichkeit)
aus Billigkeit fest.
Ansprüche
auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens verjähren
nach den allgemeinen Regeln in drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und der
Person des Ersatzpflichtigen (§ 852 BGB). Ein möglicher Anspruch auf Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung bleibt nach § 852 BGB trotz Verjährung
des Schadensersatzanspruch bestehen.
XXV.
Gefährdungshaftung
1. Wesen
Gefährdungshaftung
ist das einseitig verpflichtende, gesetzliche Schuldverhältnis, bei dem (oft in
der Höhe begrenzter) Ersatz für Schaden zu leisten ist, der aus rechtmäßigen
gefährlichen Betätigungen oder rechtmäßigen gefährlichen Anlagen (unabhängig
von einem Verschulden) entstanden ist. Weil diese Haftung dem Grundsatz, dass
ohne Schuld keine Schadensüberwälzung stattfinden soll (Verschuldensprinzip),
widerspricht, wird sie (bis jetzt) nur in den gesetzlich (meist außerhalb des
Bürgerlichen Gesetzbuchs) geregelten Einzelfällen anerkannt. Diese Einzelfälle
enthalten vielfach besondere Regelungen hinsichtlich Umfang und Höhe der
Haftung, Verjährungsfrist oder Anzeigepflicht.
2.
Einzelfälle
a)
Kraftfahrzeughalterhaftung
Wird bei
dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs (oder eines Kraftfahrzeuganhängers) ein Mensch
getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache
beschädigt, so ist der Halter des Fahrzeugs verpflichtet dem Verletzten den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 7 I StVG), es sei denn, der Unfall ist
durch höhere Gewalt verursacht (zu Einzelheiten vgl. die §§ 8ff. StVG).
b)
Eisenbahnunternehmerhaftung
Wird bei
dem Betrieb einer Eisenbahn ein Mensch getötet oder verletzt, ohne dass Unfall
durch höhere Gewalt verursacht ist, hat der Unternehmer den Schaden nach
den §§ 1ff. HPflG zu ersetzen. Für Schäden an Personen bzw. Sachen bestimmen
die §§ 1ff. SHG eine 600000 bzw. 300000 Euro begrenzte Ersatzpflicht.
c)
Luftfahrzeughalterhaftung und Luftfrachtführerhaftung
Nach § 33 I
1 LuftVG haftet der Luftfahrzeughalter und nach § 44 LuftVG der
Luftfrachtführer für Schäden im Zusammenhang mit Luftfahrzeugen.
d)
Elektrizitätsanlageninhaberhaftung und Gasanlageninhaberhaftung
Eine
Haftpflicht für Inhaber einer Energieanlage (Elektrizitätsanlage, Gasanlage)
setzt § 2 HPflG fest.
e)
Gefährdungshaftung nach den §§ 25, 26 AtomG
Inhaber
einer ortsfesten Anlage zur Erzeugung von Atomenergie und Besitzer von
radioaktiven Stoffen oder Kernspaltungsstoffen haften nach den §§ 25, 26 AtomG.
f)
Gefährdungshaftung nach § 22 WHG
Verunreiniger
von Gewässern haften nach § 22 WHG.
g)
Tierhalterhaftung (§ 833 S. 1 BGB)
Wird durch
ein Tier, das nicht Haustier im Sinne von § 833 S. 2 BGB ist, ein Mensch
getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Tierhalter
verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 833
S. 1 BGB).
h)
Jagdgenossenschaftshaftung
Nach den §§
29ff. BJagdG hat die Jagdgenossenschaft den von bestimmten (jagdbaren)
Tierarten an einem Grundstück und seinen Bestandteilen angerichteten Schaden zu
ersetzen.
i)
Produktherstellerhaftung
Wird durch
den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit
verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des in
Verkehr gebrachten Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 1 ProdHaftG). Produkt ist dabei jede
bewegliche Sache, sowie Elektrizität (§ 2 ProdHaftG). Ein Produkt hat einen Fehler,
wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände
berechtigterweise erwartet werden kann (§ 3 ProdhaftG). Für den Fehler, den
Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der
Geschädigte die Beweislast. Personenschäden werden bis zu höchstens 85
Millionen Euro ersetzt (§ 10 ProdHaftG). Bei Sachschäden hat der Geschädigte
einen Schaden bis zu 500 Euro selbst zu tragen (§ 11 ProdHaftG). Der Anspruch verjährt
in drei Jahren ab Kenntnis oder Kennenmüssen (§ 12 ProdHaftG).
j)
Anlageninhaberhaftung bei Umwelteinwirkungen
Nach § 1
UmweltHG (vom 10. 12. 1990, BGBl. I, 2634) ist, wenn durch eine
Umwelteinwirkung, die von einer im Anhang des Gesetzes besonders genannten
Anlage ausgeht, jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder
eine Sache beschädigt wird, der Inhaber der Anlage verpflichtet, den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen (beachte § 2 UmweltHG für nichtbetriebene
Anlagen). Ein Schaden entsteht dabei durch eine Umwelteinwirkung, wenn er durch
Stoffe, Erschütterungen, Geräusche, Druck, Strahlung, Gase, Dämpfe, Wärme oder
sonstige Erscheinungen verursacht wird, die sich im Boden, Luft oder Wasser
ausgebreitet haben (§ 3 I UmweltHG). Die Ersatzpflicht besteht nicht, soweit
der Schaden durch höhere Gewalt verursacht wurde (§ 4 UmweltHG). Die Haftungshöchstgrenze
beträgt 85 Millionen Euro (§ 15 UmweltHG).
3. Entstehung
Das
Schuldverhältnis entsteht mit tatsächlichem Eintritt seiner Voraussetzungen.
4. Inhalt
Der
Schuldner hat dem Gläubiger grundsätzlich den entstandenen Schaden zu ersetzen.
5. Beendigung
Das
Schuldverhältnis endet nach den allgemeinen Regeln.
Im
Staatsgebiet der früheren Demokratischen Republik gilt das Schuldrecht des
Bürgerlichen Gesetzbuchs nur nach Maßgabe der Art. 230 EGBGB ([Anlage I zu Art.
8 des Einigungsvertrags Kapitel III B Abschnitt II] Ausschluss der Geltung der
§§ 616 II, III, 622 BGB) und 232 EGBGB (Maßgeblichkeit des bisherigen Rechtes
für vor dem 3. 10. 1990 begründete Schuldverhältnisse im allgemeinen, Miete
[Unanwendbarkeit von § 564 II Nr. 3 BGB, befristeter Kündigungsschutz], Pacht,
vor dem 3. 10. 1990 geschlossene Nutzungsverhältnisse nach den §§ 312 bis 315
DDR-ZGB, Verträge über wiederkehrende Dienstleistungen, Kontoverträge und
Sparkontoverträge, Kreditverträge, Bruchteilsgemeinschaften, unerlaubte
Handlungen vor dem 3. 10. 1990). Das Staatshaftungsgesetz der DDR vom 12. 5.
1969/14. 12. 1988 gilt als (abgeändertes) Landesrecht fort. Zum
Haftpflichtgesetz vgl. Anlage I Art 8 des Einigungsvertrags Kapitel III B
Abschnitt III 14.