Gerhard Köbler

 

FERNKERNLERNKURS RECHT

 

Privatrecht

 

Personenrecht (bzw. allgemeiner Teil)

 

§ 1 Natürliche Person

§ 2 Juristische Person

§ 3 Gesamthand und nicht rechtsfähiger Verein

§ 4 Sache

§ 5 Recht

§ 6 Willenserklärung

§ 7 Vertrag

§ 8 Rechtsgeschäft

§ 9 Mangelhaftes Rechtsgeschäft

§ 10 Stellvertretung

 

Das in fünf Bücher gegliederte Bürgerliche Gesetzbuch beginnt mit einem allgemeinen Teil. Er beruht auf der logisch-theoretischen Forderung des Naturrechtlers Daniel Nettelbladt (1749), das Allgemeine vor das Besondere zu stellen. Er will das für alle (bürgerlichrechtlichen bzw. privatrechtlichen) Rechtsverhältnisse des Personenrechts, des Schuldrechts, des Sachenrechts, des Familienrechts und des Erbrechts gleichermaßen geltende Recht erfassen und zur Vermeidung von Wiederholungen gewissermaßen vor die Klammer ziehen. Deshalb gibt er allgemeine Regeln über Personen (§§ 1ff. BGB), Sachen (und Tiere) (§§ 90ff. BGB), Rechtsgeschäfte (§§ 104ff. BGB) und (in vier weiteren Abschnitten) anderes (Fristen, Termine §§ 186ff. BGB, Verjährung §§ 194ff. BGB, Ausübung der Rechte, Selbstverteidigung, Selbsthilfe §§ 226ff. BGB, Sicherheitsleistung §§ 232ff. BGB), gliedert sich also selbst nochmals ungefähr so wie das gesamte Gesetzbuch (Personen, Schulden, Sachen und anderes).

Er erreicht sein Ziel nur unvollkommen. Zum einen enthält er nicht alle allgemeinen Rechtssätze, die eigentlich hierher gehören würden (z. B. steht der für alle Rechtsgebiete geltende Grundsatz von Treu und Glauben in § 241 des Buches Schuldrecht). Zum anderen gibt er für das Personenrecht nicht nur allgemeine, sondern auch bereits alle besonderen Regeln, so dass ein besonderes Buch Personenrecht entbehrlich ist.

Daneben ist der allgemeine Teil auch pädagogisch-didaktisch problematisch. Da er nur die aus den besonderen Erscheinungen abstrahierten allgemeinen Grundsätze enthält, steht er notwendigerweise auf einer sehr abstrakten Vorstellungsebene, welche naturgemäß einem lesenden Anfänger, der die besonderen Erscheinungsfälle noch nicht kennt, besondere Verständnisschwierigkeiten bereitet. Außerdem müssen die in ihm enthaltenen allgemeinen Regeln in jedem konkreten Einzelfall mit einer Vielzahl von Einzelregeln der besonderen Sachgebiete verknüpft werden, was häufig zu zusätzlichen, den Anfänger leicht unnötig verwirrenden Problemen führt, denen am ehesten durch Beschränkung auf die wichtigsten Grundfragen und deren Veranschaulichung an den einfachsten Beispielen begegnet werden kann.

 

§ 1 Natürliche Person

Das Recht ist eine nur in den Gedanken und Gedankenäußerungen der Menschen bestehende menschliche Sollensordnung, so dass im Mittelpunkt des Privatrechts gewissermaßen von selbst der Mensch steht. Neben sich selbst hat allerdings der Mensch im Laufe der geschichtlichen Entwicklung zur Erleichterung seiner Tätigkeit weitere, künstlich geschaffene Träger von Rechten und Pflichten gestellt. Deswegen hat die Rechtswissenschaft als übergreifenden Oberbegriff über alle Rechtsträger die abstrakte Rechtsfigur der Person (im Gegensatz zur Sache) oder gar des Rechtssubjekts (im Gegensatz zu den Rechtsobjekten) geschaffen, innerhalb deren der Mensch nur die Unterart natürliche Person als die in der Natur wirklich vorhandene Person bildet, die in Gegensatz zu den juristischen Personen steht, die nur im Recht bzw. durch Recht vorhanden sind und in der Natur fehlen.

I. Rechtsfähigkeit

1. Wesen

Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, (selbst) Träger von Rechten (z. B. Eigentum, Kaufpreisanspruch) und Pflichten (z. B. Kaufpreiszahlungspflicht, Duldungspflicht des Pfandschuldners) zu sein (Rechtsfähigkeit). Sie ist Voraussetzung für die Stellung als Rechtssubjekt. Sie wird von der jeweiligen Rechtsgemeinschaft zuerkannt oder verweigert.

2. Entstehung

Seit der Aufklärung wird der Mensch allgemein als frei, gleich und rechtsfähig behandelt. Deswegen stellt sich nur die Frage, in welchem genauen Zeitpunkt die Rechtsfähigkeit des Menschen eintritt. Das Bürgerliche Gesetzbuch entscheidet sie in § 1 dahin, dass die Rechtsfähigkeit des Menschen mit der Vollendung der Geburt beginnt.

Im Gegensatz zum Strafrecht, das auf den Beginn der Geburt abstellt, bezieht sich das Privatrecht demnach auf den Zeitpunkt des vollständigen Austrittes eines Kindes aus dem Mutterleib. Mit diesem Zeitpunkt ist der Mensch in der Lage, Rechte (z. B. Eigentum, Unterhaltsanspruch) oder Pflichten (z. B. Betreuungskostenzahlungspflicht) zu haben. Vor diesem Zeitpunkt stellt das Recht nur in einigen besonderen Fällen den werdenden Menschen dem gewordenen Menschen gleich (§§ 844 II 2 [Ersatzanspruch gegen den Täter bei Tötung eines Unterhaltspflichtigen], 1923 II [Erbfähigkeit] BGB), schützt aber davon unabhängig das werdende Leben in vielfacher anderer Hinsicht (z. B. Schadensersatzanspruch nach § 823 I BGB bei vorgeburtlicher Schädigung im Mutterleib).

3. Inhalt

Wer Rechtsfähigkeit hat, kann Träger (Inhaber) von Rechten (Berechtigter) und Pflichten (Verpflichteter) sein (z. B. Eigentümer, Gläubiger, Schuldner). Er kann jedoch damit noch nicht Rechte und Pflichten willentlich verändern. Zu rechtlich wirksamen Erklärungen seines Willens bedarf er auch der Geschäftsfähigkeit.

4. Beendigung

Die Rechtsfähigkeit des Menschen endet mit seinem Tod. Hierfür wird auf Grund der heutigen medizinischen Kenntnisse und des Interesses der Allgemeinheit an Transplantationsmöglichkeiten bereits der Zeitpunkt als entscheidend angesehen, in welchem keine Hirnströme mehr feststellbar sind. Zur Klärung der Ungewissheit, ob ein Mensch noch lebt oder jedenfalls als tot behandelt werden darf, kommt unter Umständen auch eine Todeserklärung nach dem besonderen Verschollenheitsgesetz in Betracht. Die Frage, was mit den bisherigen Rechten des verstorbenen (oder für tot erklärten) Rechtsträgers (im genauen Zeitpunkt seines Todes oder der Wirksamkeit seiner Todeserklärung) geschieht, beantwortet das Erbrecht.

II. Geschäftsfähigkeit, beschränkte Geschäftsfähigkeit, Geschäftsunfähigkeit

Von der Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit zu unterscheiden, selbständig rechtlich bedeutsame Handlungen vorzunehmen (Handlungsfähigkeit), insbesondere die Fähigkeit selbst Geschäfte abschließen, d. h. rechtsverbindliche Erklärungen abgeben und entgegennehmen zu können (Geschäftsfähigkeit). Sie setzt die Rechtsfähigkeit voraus, tritt aber (in der Regel) nicht im gleichen Zeitpunkt wie die Rechtsfähigkeit ein. Entsprechend der natürlichen menschlichen Entwicklung von der Geburt (Säugling) bis zur vollständigen Reife (Erwachsener) stellt auch das Recht für die Frage der Geschäftsfähigkeit nicht nur (wie bei der Rechtsfähigkeit) auf die Tatsache des Lebens überhaupt, sondern in erster Linie auf ein gewisses Lebensalter ab.

1. Geschäftsunfähigkeit

a) Wesen

Geschäftsunfähigkeit ist das vollständige Fehlen der Geschäftsfähigkeit.

b) Entstehung

Geschäftsunfähig ist nach § 104 Nr. 1 BGB der Mensch, der nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat. Vollendet ist dabei ein Lebensjahr nach § 187 II 2 BGB (entgegen der von § 187 I BGB für den Beginn einer Frist gegebenen Grundregel) mit dem Beginn des (nächsten) Geburtstages. Wer z. B. am 21. 2. 1980 oder wer am 8. 10. 1983 geboren ist, ist bis zum Ablauf des 20. 2. 1987 bzw. des 7. 10. 1990 geschäftsunfähig.

Geschäftsunfähig ist daneben nach § 104 Nr. 2 BGB auch, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand (wie z. B. bei Bewusstlosigkeit oder Volltrunkenheit) seiner Natur nach ein vorübergehender ist (beachte dafür § 105 II BGB).

c) Inhalt

Die Erklärung des Willens (Willenserklärung) eines Geschäftsunfähigen ist nichtig (§ 105 I BGB), hat rechtlich also keine Folgen (ebenso die Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird, § 105 II BGB). Dementsprechend kann ein Geschäftsunfähiger nicht wirksam kaufen, übereignen, heiraten oder einen Erben einsetzen. Wird umgekehrt eine Willenserklärung eines Geschäftsfähigen (z. B. Kaufvertragsangebot) einem Geschäftsunfähigen gegenüber abgegeben, so wird sie nach § 131 I BGB nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter (z. B. den Eltern) zugeht. Mit dem Zugang an den gesetzlichen Vertreter erlangt sie Wirksamkeit.

Eine Ausnahme enthält § 105a BGB. Tätigt ein volljähriger Geschäftsunfähiger ein Geschäft des täglichen Lebens, das mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden kann, so gilt der von ihm geschlossene Vertrag in Ansehung von Leistung und, soweit vereinbart, Gegenleistung als wirksam, sobald Leistung und Gegenleistung bewirkt sind, ausgenommen bei erheblicher Gefahr für die Person oder das Vermögen des Geschäftsunfähigen.

d) Beendigung

Die Geschäftsunfähigkeit endet mit Erlangung der (beschränkten) Geschäftsfähigkeit (bzw. einem möglichen früheren Tod).

2. Beschränkte Geschäftsfähigkeit

a) Wesen

Beschränkte Geschäftsfähigkeit ist die im Umfang eingeschränkte Geschäftsfähigkeit.

b) Entstehung

Beschränkt geschäftsfähig ist, wer das siebente Lebensjahr vollendet hat, aber noch minderjährig ist (§ 106 BGB), also das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 2 BGB).

c) Inhalt

Mit der Vollendung des 7. Lebensjahres wird die grundsätzliche Fähigkeit erworben, selbst rechtsverbindliche Erklärungen abgeben und entgegennehmen zu können. Allerdings gelten nach § 106 BGB die Beschränkungen der §§ 107 bis 113 BGB. Danach ist zu unterscheiden zwischen Willenserklärungen, durch die der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, und Willenserklärungen, durch die der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, zwischen Willenserklärungen mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und Willenserklärungen ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters sowie zwischen Verträgen und einseitigen Rechtsgeschäften, weil der Gesetzgeber mit Hilfe eines recht verwickelten Systems von Grundsätzen und Ausnahmen einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz der Interessen des beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen einerseits und dem Schutz der Interessen der (unbeschränkt geschäftsfähigen) Geschäftspartner andererseits erreichen will.

aa) lediglich rechtlich vorteilhafte Willenserklärung

Die Willenserklärung des beschränkt geschäftsfähigen Menschen, durch die er unmittelbar lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, ist ohne weiteres wirksam. Entscheidend ist dabei, dass rechtlich nur ein Vorteil eintritt, ohne dass es darauf ankommt, ob wirtschaftlich ein Vorteil erwächst. Lediglich einen rechtlichen Vorteil vermittelt etwa die Annahme eines nur den Schenker verpflichtenden Schenkungsangebotes (Schenkungsvertragsverpflichtungsangebots), die Annahme eines nur den Übereigner belastenden Übereignungsangebotes bezüglich einer Sache (trotz der eventuellen Belastung des Eigentümers der Sache mit öffentlichen Lasten wie etwa Grundsteuern) oder die Annahme eines nur den Abtretenden belastenden Abtretungsangebotes bezüglich einer Forderung an den Minderjährigen, während der (aus Angebot und Annahme bestehende) Abschluss eines (zweiseitig verpflichtenden und damit zwar berechtigenden aber zugleich auch verpflichtenden) Kaufvertrages oder Mietvertrages notwendigerweise immer auch Verpflichtungen (Übereignungspflicht des bisherigen Eigentümers bzw. Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters oder Zahlungspflicht des Erwerbers oder Mieters) nach sich zieht und deswegen niemals nur einen rechtlichen Vorteil zur Folge hat.

bb) nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Willenserklärung

Die nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Willenserklärung des beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen ist nicht ohne weiteres wirksam, sondern grundsätzlich unwirksam, sofern nicht ausnahmsweise ein weiterer Wirksamkeit verschaffender Umstand hinzukommt. Dies kann eine Einwilligung sein, eine Genehmigung, eine Bewirkung der Leistung mit eigenen Mitteln oder eine Ermächtigung zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes oder zu einem Eintritt in einen Dienst oder in eine Arbeit.

aaa) Einwilligung

Die Willenserklärung eines beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen, durch die er unmittelbar nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, ist ausnahmsweise dann grundsätzlich wirksam, wenn der gesetzliche Vertreter (z. B. Eltern) seine Einwilligung d. h. seine vorherige Zustimmung (vgl. § 183 S. 1 BGB) erteilt hat. Dies gilt für einen Vertrag (z. B. Kaufvertrag, vgl. § 108 I BGB) ebenso wie für ein einseitiges Rechtsgeschäft (z. B. Kündigung, vgl. § 111 S. 1 BGB). Fehlt die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, ist die Willenserklärung grundsätzlich unwirksam (vgl. §§ 108 I, 111 S. 1 BGB), so dass der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige aus ihr nicht verpflichtet sein kann. Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form.

Trotz Vorliegens einer Einwilligung ist eine Willenserklärung eines beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen, durch die er unmittelbar nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, ausnahmsweise dann grundsätzlich unwirksam, wenn sie ein einseitiges, einem anderen gegenüber vorgenommenes Rechtsgeschäft (z. B. Kündigung) betrifft, der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige die (vorhandene) Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist (§ 111 S. 2 BGB). Ausnahmsweise ist unter diesen Voraussetzungen die Willenserklärung des beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen aber dann doch wirksam, wenn der gesetzliche Vertreter den anderen von der Einwilligung bereits vor der Willenserklärung in Kenntnis gesetzt hatte (§ 111 S. 3 BGB).

bbb) Genehmigung

aaaa) Vertrag

Schließt der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige ohne die nach § 107 BGB (wegen Eintritts eines rechtlichen Nachteils) erforderliche Einwilligung (d. h. vorherige Zustimmung) seines gesetzlichen Vertreters (z. B. Eltern) einen ihn auch verpflichtenden und damit nicht lediglich rechtlich vorteilhaften Vertrag (z. B. Kaufvertrag oder Mietvertrag), so hängt die Wirksamkeit dieses Vertrages von der Genehmigung (d. h. nachträglichen Zustimmung, vgl. § 184 I BGB) des gesetzlichen Vertreters (z. B. Eltern) ab (§ 108 I BGB). Bis zur Erteilung der Genehmigung ist der Vertrag noch nicht wirksam, sondern noch unwirksam, kann aber noch wirksam werden, was man schwebende Unwirksamkeit nennt.

Der gesetzliche Vertreter kann in dieser Lage frei entscheiden, ob er die zur Wirksamkeit erforderliche Genehmigung erteilen oder verweigern will. Will er genehmigen, kann er die Genehmigung sowohl dem beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen gegenüber wie auch dem Vertragspartner des beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen gegenüber erklären. Fordert ihn allerdings, was formlos möglich ist, der Vertragspartner zur Erklärung über die Genehmigung auf, kann er die Genehmigung nur noch gegenüber dem Vertragspartner selbst erklären. Eine vor dieser Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird durch die Aufforderung nachträglich unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von 2 Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden. Wird sie innerhalb dieser Frist nicht erklärt, so gilt sie als verweigert (§ 108 II BGB), wodurch der Vertrag endgültig unwirksam wird.

Ist der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige während der Zeit der schwebenden Unwirksamkeit volljährig geworden, kann er durch eigene Genehmigung die schwebende Unwirksamkeit beseitigen (§ 108 III BGB).

Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der Vertragspartner des beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen grundsätzlich zu einem Widerruf seiner Willenserklärung berechtigt, den er gegenüber dem beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen oder gegenüber dessen gesetzlichem Vertreter erklären kann (§ 109 I BGB). Ein Widerrufsrecht des Vertragspartners besteht allerdings dann mangels Schutzbedürftigkeit ausnahmsweise nicht, wenn der Vertragspartner die Minderjährigkeit des beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen gekannt hat. Hat der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige in einem solchen Fall der Wahrheit zuwider die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters behauptet, so kann der Vertragspartner seine Willenserklärung doch trotz Kenntnis der Minderjährigkeit grundsätzlich widerrufen. Ausnahmsweise kann er dann nicht widerrufen, wenn ihm außer der Minderjährigkeit auch das Fehlen der Einwilligung trotz der gegenteiligen Behauptung des beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen bei dem Abschluss des Vertrages bekannt war (§ 109 II BGB).

bbbb) Einseitiges Rechtsgeschäft

Ein einseitiges Rechtsgeschäft des beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen kann durch Genehmigung nicht wirksam werden (vgl. die §§ 111, 108 I BGB).

ccc) Bewirken der vertragsmäßigen Leistung mit eigenen Mitteln

Ausnahmsweise kann ein von einem Minderjährigen geschlossener, nicht lediglich rechtlich vorteilhafter Vertrag trotz Fehlens einer (ausdrücklichen) (vorherigen) Einwilligung oder Ausbleibens einer (nachträglichen) Genehmigung wirksam werden. Dies setzt allerdings voraus, dass der Minderjährige die vertragsmäßige (d. h. seine im an sich unwirksamen Vertrag vereinbarte) Leistung (z. B. Zahlung eines Kaufpreises) vollständig mit Mitteln bewirkt (z. B. Taschengeld, Arbeitskraft [str.]), die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von seinem gesetzlichen Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind (§ 110 BGB, sog. Taschengeldparagraph). Hier wird die Überlassung der Mittel oder die Zustimmung zur Überlassung als eine besondere Form der allgemeinen Einwilligung (schlüssiger Generalkonsens) des gesetzlichen Vertreters zu Verträgen dieses Umfangs behandelt.

ddd) Ermächtigung zu Erwerbsgeschäft oder Diensteintritt

Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts d. h. eines auf Gewinnerzielung gerichteten wirtschaftlichen Unternehmens, so ist der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige nach § 112 BGB für alle Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt (z. B. Kaufvertrag, Dienstvertrag), sofern es sich nicht um Rechtsgeschäfte handelt, zu denen der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen selbst nach den §§ 1643, 1821f. BGB der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedürfte (z. B. Veräußerung von Grundstücken, Erteilung von Prokura, Begründung einer Wechselverbindlichkeit).

Ermächtigt der gesetzliche Vertreter den Minderjährigen in Dienst oder Arbeit zu treten, so ist der Minderjährige nach § 113 BGB infolge dieser Willenserklärung für alle Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienstverhältnisses oder eines Arbeitsverhältnisses (z. B. Abschluss, Kündigung) der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen (z. B. Annahme des Lohnes, Einrichtung eines Bankkontos), sofern es sich nicht um Verträge handelt, für die der gesetzliche Vertreter selbst der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf. Nicht erfasst werden von dieser Ermächtigung Berufausbildungsverträge, weil bei ihnen der Ausbildungszweck überwiegt.

eee) Eheschließung und Testamentserrichtung

Eine Ehe kann ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger mit Vollendung des 16. Lebensjahres schließen, wenn das Familiengericht auf Antrag Befreiung von dem Erfordernis der Geschäftsfähigkeit erteilt hat und der künftige Ehegatte das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 1303 II BGB).

Ein Testament kann ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger mit Vollendung des 16. Lebensjahres errichten (§ 2229 BGB, beachte § 2229 IV für krankhafte Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche und Bewusstseinsstörung).

d) Beendigung

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit endet mit Vollendung des 18. Lebensjahrs (bzw. früher eintretender Geschäftsunfähigkeit [§ 104 Nr. 2 BGB] oder früherem Tod).

3. Geschäftsfähigkeit

a) Wesen

Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, selbst (ohne Beschränkung) Geschäfte abschließen, d. h. rechtsverbindliche Erklärungen abgeben und entgegennehmen zu können.

b) Entstehung

Mit Erreichung der Volljährigkeit d. h. mit Vollendung des 18. Lebensjahrs, erlangt jeder Mensch grundsätzlich die im Gesetz als Regelfall vorausgesetzte und deswegen nicht näher behandelte Geschäftsfähigkeit.

c) Inhalt

Der Geschäftsfähige kann grundsätzlich alle Rechtsgeschäfte selbst abschließen. Einen guten Glauben an die Geschäftsfähigkeit eines Menschen gibt es aber wegen der Schutzbedürftigkeit der geschäftunfähigen und der nur beschränkt geschäftsfähigen Menschen nicht. Der unerkannt Geschäftsunfähige und der unerkannt beschränkt Geschäftsfähige bilden von daher eine Gefahr für den Rechtsverkehr, die jedoch von den Geschäftsfähigen hingenommen werden muss, die nicht davon ausgehen können, dass jedes Geschäft mit einem tatsächlich nicht voll Geschäftsfähigen alle angestrebten Wirkungen entfaltet.

d) Beendigung

Die Geschäftsfähigkeit endet mit Eintritt der Geschäftsunfähigkeit (§ 104 Nr. 2 BGB) bzw. dem Tod.

III. Deliktsunfähigkeit, bedingte Deliktsfähigkeit, Deliktsfähigkeit

Deliktsfähigkeit ist die Fähigkeit, für die privatrechtlichen Folgen (Schaden) eines Deliktes (d. h. einer unerlaubten Handlung) verantwortlich zu sein, Deliktsunfähigkeit die Unfähigkeit, für die privatrechtlichen Folgen (Schaden) eines Deliktes (d. h. einer unerlaubten Handlung) nicht verantwortlich zu sein.

1. Deliktsunfähigkeit

Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt (z. B. Körperverletzung, Eigentumsverletzung), nicht verantwortlich (§ 828 I BGB). Ein Anspruch auf Ersatz des von ihm verursachten Schadens, wie ihn z. B. die §§ 823ff. BGB in Schadensfällen gewähren, besteht grundsätzlich nicht. Allerdings kennt § 829 BGB unter besonderen Umständen eine Schadenloshaltung aus Billigkeitsgründen.

Wer im Zustand der Bewusstlosigkeit (z. B. Ohnmacht) oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit einem anderen Schaden zufügt, ist ebenfalls für den Schaden nicht verantwortlich (§ 827 S. 1 BGB). Hat er sich freilich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen von ihm in diesem Zustand widerrechtlich verursachten Schaden in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit d. h. Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, zur Last fiele. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn er ohne Verschulden in diesen Zustand geraten ist (§ 827 S. 2 BGB).

Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, sofern er nicht die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat (§ 828 II BGB).

2. Bedingte Deliktsfähigkeit

Wer (das siebente, aber) nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, dann nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat (§ 828 III BGB). Demnach ist entscheidend, ob seine geistige Entwicklung ihn bereits in den Stand setzt, das Unrecht seiner Handlung gegenüber den Mitmenschen und zugleich die Verpflichtung zu erkennen, in irgendeiner Weise für die Folgen seiner Handlung selbst einstehen zu müssen. Ist die Fähigkeit zur Erkenntnis einer Verhaltenspflicht gegenüber dem Verletzten oder gegenüber der Allgemeinheit auf Grund der Prüfung der Umstände des Einzelfalles (Lebensalter, individuelle geistige Entwicklung) zu bejahen, so kann hieraus in der Regel der Schluss auf die Einsicht zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit gezogen werden. Auf die individuelle Steuerungsfähigkeit, sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, kommt es demgegenüber nicht an.

Bei Verneinung der Deliktsfähigkeit im Einzelfall kann gegen den Betreffenden kein Schadensersatzanspruch etwa aus den §§ 823ff. BGB geltend gemacht werden, doch sieht auch hierfür § 829 BGB die Möglichkeit einer Schadloshaltung aus Billigkeitsgründen vor.

3. Deliktsfähigkeit

Mit der Vollendung des achtzehnten Lebensjahres tritt grundsätzlich die uneingeschränkte Verantwortlichkeit ein.

IV. Wohnsitz

In der (vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit übergewechselten) Gesellschaft der Gegenwart hat der Mensch regelmäßig einen Wohnsitz als Schwerpunkt der Lebensverhältnisse. Der Wohnsitz entsteht nach § 7 I BGB durch die ständige Niederlassung (des unbeschränkt geschäftsfähigen Menschen [§ 8 BGB] an einem Ort (bzw. der kleinsten politischen Gemeinde, zu der dieser Ort gehört). An diesen Wohnsitz knüpft die Rechtsordnung in vielfacher Hinsicht an (z. B. Haupterfüllungsort § 269 I BGB, allgemeiner Gerichtsstand § 13 ZPO, Zuständigkeit des Standesbeamten für die Eheschließung). Neben dem Normalfall eines einzigen Wohnsitzes ist es auch möglich, gleichzeitig mehrere Wohnsitze (§ 7 II BGB) oder überhaupt keinen Wohnsitz (vgl. § 7 III BGB) zu haben. Aufgehoben wird der Wohnsitz mit der Aufhebung der Niederlassung im Willen der Aufgabe (§ 7 III BGB).

Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz der Eltern bzw. des Personensorgeberechtigten (§ 11 BGB). Es behält diesen Wohnsitz, bis es ihn wirksam aufhebt. Wer geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig ist, kann einen Wohnsitz nur mit Willen seines gesetzlichen Vertreters begründen oder aufheben (§ 8 I BGB), es sei denn, er ist oder war bereits verheiratet (§ 8 II BGB).

Ein (nicht nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leistender) Soldat hat grundsätzlich seinen Wohnsitz am (letzten inländischen) Standort (§ 9 BGB).

V. Name

Der Name ist die gesetzlich vorgeschriebene und gesetzlich erworbene sprachliche Kennzeichnung eines Menschen (oder einer anderen Person). Der Name wird grundsätzlich von den Eltern des Menschen (oder von den Gründern der anderen Person) im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen festgelegt und kann nur nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen nachträglich geändert werden. Wird das (gegen jedermann geschützte) Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann nach § 12 BGB der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen und bei Besorgnis weiterer Beeinträchtigung auf Unterlassung klagen.

 

§ 2 Juristische Person

Juristische Person ist die rechtlich geregelte soziale Organisation (Zusammenfassung von Personen oder Sachen), der die geltende Rechtsordnung (aus praktischen Erwägungen) eine eigene allgemeine Rechtsfähigkeit zuerkennt, so dass sie (unabhängig von ihrem Bestand an Mitgliedern [natürlichen Personen oder juristischen Personen]) selbst Träger von Rechten und Pflichten ist. Solche rechtlichen Zweckschöpfungen sind im Bereich des öffentlichen Rechtes etwa Staat bzw. Land, Landkreis, Gemeinde, Sozialversicherungsträger, Universität, Handelskammer, Religionsgemeinschaft (als Körperschaften) sowie Anstalt und (öffentlichrechtliche) Stiftung, nicht dagegen die einzelne Behörde oder das einzelne Amt, die nur unselbständige Einrichtungen der jeweiligen juristischen Person (z. B. Land, Landkreis, Gemeinde) darstellen. Innerhalb des Privatrechts enthält das Bürgerliche Gesetzbuch zwei Grundformen der juristischen Person. Dies sind der eingetragene Verein, der als Mitgliedervereinigung, d. h. Körperschaft, strukturiert ist und die Ausgangsform für Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genossenschaft und Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit bildet, und die Stiftung.

I. Verein

1. Wesen

Verein ist die auf eine gewisse Dauer berechnete Personenvereinigung mit körperschaftlicher Verfassung, die als einheitliches Ganzes gedacht wird, daher einen Gesamtnamen führt und im Bestand vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängig ist. Der Verein kann rechtsfähig sein oder nichtrechtsfähig. Der rechtsfähige Verein hat Rechtsfähigkeit und ist damit juristische Person. Der nichtrechtsfähige Verein ist zwar Verein, jedoch mangels Rechtsfähigkeit nicht juristische Person.

2. Entstehung

Grundlage für die Entstehung eines Vereines ist ein Gründungsvertrag (Rechtsgeschäft) mehrerer (mindestens zweier) Personen, in dem sich diese über den Zusammenschluss, den Zweck (z. B. ideeller Zweck wie Förderung des Sports oder wirtschaftlicher Zweck wie Erzielung von Einkünften), die Unabhängigkeit des Bestandes von den Mitgliedern und (beim rechtsfähigen Verein) die Entstehung als juristische Person einigen. In aller Regel wird von den Gründern im Gründungsvertrag auch die Verfassung des Vereins durch die Satzung festgelegt. Für diese gibt das Bürgerliche Gesetzbuch einige Mussvorschriften (§ 57 I BGB Zweck, Name, Sitz, Hinweis darauf, dass der Verein eingetragen werden soll) sowie einige Sollvorschriften (§ 58 BGB über Eintritt und Austritt von Mitgliedern, Leistung von Mitgliedsbeiträgen, Bildung des Vorstandes, Mitgliederversammlung), lässt aber im übrigen Raum für freie Ausgestaltung dieses Rechtsgeschäftes.

Der Verein kann entsprechend seinem Zweck entweder wirtschaftlicher Verein oder Idealverein sein und dementsprechend unterschiedlichen Bestimmungen unterliegen.

Der wirtschaftliche Verein, d. h. der Verein, bei dem der Hauptzweck auf eine nach außen gewendete, die Verschaffung wirtschaftlicher Vorteile anstrebende entgeltliche Betätigung dauernder Art gerichtet ist, (sowie der ausländische Verein) erlangt die Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung (§§ 22, 23 BGB), auf die kein Rechtsanspruch besteht und die abzulehnen ist, wenn andere geeignete Rechtsformen (z. B. Sonderformen wie Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung, für die jeweils besondere Gesetze gelten) zur Verfügung stehen. Beispiele für den deswegen eher seltenen wirtschaftlichen Verein sind die Verwertungsgesellschaft WORT, Inkassoverein, Privatärztliche Verrechnungsstelle oder Funktaxizentrale.

Der Idealverein, d. h. der Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (z. B. Sportverein, Gesangverein, Grundeigentümerverein, Arbeitnehmerverband), erlangt nach Anmeldung (§ 59 BGB) Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts (§§ 21, 55ff. BGB). Die Eintragung erfolgt, wenn gewisse Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (§§ 55ff. BGB). Bei der Eintragung in das Vereinsregister sind der Name und der Sitz des Vereins, der Tag der Errichtung der Satzung, die Vorstandsmitglieder und etwaige Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstands sowie Abweichungen der Satzung vom Gesetz hinsichtlich der Beschlussfassung anzugeben und einzutragen (§ 64 BGB). Die Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt (§ 56 BGB). Mit der vom Amtsgericht zu veröffentlichenden Eintragung erhält der Verein, der sich damit eingetragener Verein (e. V.) nennen darf und muss, die Rechtsfähigkeit.

Der zwischen Gründung und Eintragung bzw. Erlangung der Rechtsfähigkeit bestehende sog. Vorverein ist (bei im Wesentlichen gleichbleibenden Mitgliedern, Namen und Zweck) mit dem späteren rechtsfähigen Verein identisch. Eine Überführung von Rechten und Pflichten des Vorvereines auf den Verein ist nicht erforderlich. Eine etwaige persönliche Haftung der Mitglieder und der für den Verein Handelnden erlischt, da mit Erlangung der Rechtsfähigkeit der Verein als Schuldner vorhanden ist (str.).

3. Struktur

a) Organisation

Jeder Verein muss entsprechend den §§ 21ff. BGB und der diese Vorschriften konkretisierenden Satzung mindestens einen Vorstand und eine Mitgliederversammlung als Organe, durch die er handelt, haben.

aa) Vorstand

Der Vorstand, der selbst nicht Mitglied des Vereins zu sein braucht (Fremdorganschaft, Drittorganschaft), kann aus einer oder mehreren Personen bestehen (§ 26 I BGB). Er wird in der Regel von der Mitgliederversammlung bestellt (§ 27 I BGB), in dringenden Fällen vom zuständigen Amtsgericht (§ 29 BGB, Notvorstand). Obgleich er Organ ist, gewährt ihm § 26 II BGB die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, der den Verein unbeschränkt außergerichtlich und gerichtlich bei Rechtshandlungen gegenüber Dritten (z. B. Kaufvertrag, Mietvertrag, Arbeitsvertrag) vertritt. Bei mehreren Vorstandsmitgliedern ist grundsätzlich zur Entgegennahme einer Willenserklärung (Passivvertretung) in der Regel jedes Vorstandsmitglied allein berechtigt, zur Abgabe von Willenserklärungen (Aktivvertretung) im Zweifel die für die Beschlussfassung erforderliche Mehrheit der Vorstandsmitglieder (§ 28 BGB). Die Geschäftsführung (z. B. Vorbereitung von Sitzungen, Ausführung von Beschlüssen) steht grundsätzlich ebenfalls dem Vorstand zu § 27 III BGB).

Jede Änderung des Vorstandes ist vom Vorstand zur Eintragung anzumelden (§ 67 I BGB). Wird zwischen den bisherigen Mitgliedern des Vorstandes und einem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen (z. B. Gehaltserhöhung), so kann die Änderung des Vorstandes dem Dritten nur entgegengehalten werden, wenn sie zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts im Vereinsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt ist. Ist die Änderung eingetragen, so braucht der Dritte sie nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht auf Fahrlässigkeit beruht (§ 68 BGB, sog. negative Publizität).

bb) Mitgliederversammlung

Die Mitgliederversammlung ist das höchste Organ des Vereins. Sie entscheidet in allen Angelegenheiten, die nicht dem Vorstand (oder einem anderen Organ) zugewiesen sind (§ 32 I 1 BGB). Sie muss einberufen werden, wenn das Vereinsinteresse dies erfordert oder wenn (mindestens) ein Zehntel der Mitglieder dies mit einem begründeten Antrag schriftlich verlangt (§§ 36, 37 I BGB). Sie bestellt in der Regel den Vorstand und beruft ihn auch ab. Vielfach ist sie auch für die Aufnahme oder den Ausschluss von Mitgliedern zuständig.

Sie entscheidet durch Beschluss. Für diesen gilt das Mehrheitsprinzip (Mehrheit der erschienenen Mitglieder). Für Änderungen der Satzung ist grundsätzlich eine Dreiviertelmehrheit der erschienenen Mitglieder, für Änderungen des Vereinszwecks die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich (§ 33 I BGB), doch kann diese gesetzliche Regelung durch die Satzung abgeändert werden.

cc) Rechte und Pflichten der Mitglieder

Aus der Mitgliedschaft ergeben sich verschiedene Einzelrechte und Einzelpflichten.

aaa) Rechte

Die Mitgliedschaft begründet verschiedene Rechte der Mitglieder. Davon ist etwa das Recht auf einen Gewinnanteil oder ein Auseinandersetzungsguthaben als ein Vermögensrecht übertragbar. Das Stimmrecht ist nicht übertragbar.

bbb) Pflichten

Wichtigste Pflicht ist in der Regel die Pflicht zur Zahlung eines Vereinsbeitrags. Es gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Vereinsmitglieder, doch können Sonderrechte und (mit Zustimmung des Betroffenen auch) Sonderpflichten begründet werden. Maßnahmen, die Rechte eines Mitgliedes beeinträchtigen (z. B. Vereinsstrafen), bedürfen einer Grundlage in der Satzung.

dd) Beendigung der Mitgliedschaft

Der Austritt steht jedem Mitglied - evtl. unter zeitlichen Einschränkungen - frei. Der im Gesetz nicht geregelte Ausschluss ist analog § 737 BGB jedenfalls aus wichtigem Grund mit satzungsändernder Mehrheit möglich. Im Übrigen gilt das jeweilige Satzungsrecht, das in jedem Fall aber ein rechtliches Gehör des Betroffenen kennen muss.

b) Haftung

Nach (dem durch Satzung nicht abänderbaren, also zwingenden) § 31 BGB ist der Verein (mit seinem gesamten Vermögen) für einen Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter einem Dritten durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung (Vertrag, unerlaubte Handlung, Haftung ohne Verschulden) zugefügt hat (Haftung). Nicht mehr in Ausführung der Verrichtung erfolgt eine Schädigung, die nur bei der bloßen Gelegenheit der Verrichtung geschieht. Verfassungsmäßig berufene Vertreter sind alle Vertreter, denen bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind (z. B. Zweigstellenleiter). Hat die juristische Person den Gesamtbereich ihrer Tätigkeit nicht so organisiert, dass für alle wichtigen Aufgaben ein verfassungsmäßig berufener Vertreter zuständig ist, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft (sog. Organisationsmangel), muss die juristische Person sich so behandeln lassen, als wäre der tatsächlich eingesetzte Handelnde ein verfassungsmäßig berufener Vertreter, für den sie nach § 31 BGB ohne Entlastungsmöglichkeit haften muss.

Das einzelne Mitglied haftet demgegenüber dem Dritten nicht.

4. Beendigung

Der Verein erlischt, wenn alle Mitglieder durch Tod, Austritt oder sonstige Gründe weggefallen sind oder sich jahrelang als solche nicht mehr betätigt und den Vereinszweck aufgegeben haben sowie durch Verbot gemäß §§ 3ff. VereinsG. Er wird als werbender Verein aufgelöst durch satzungsgemäß vorgesehenen Zeitablauf bzw. auflösende Bedingung sowie durch Beschluss der Mitgliederversammlung. Hierfür ist grundsätzlich eine Mehrheit von drei Vierteln der erschienenen Mitglieder notwendig (§ 41 BGB). Aufgelöst wird der Verein auch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 42 I 1 BGB). Verliert ein rechtsfähiger Verein die Rechtsfähigkeit z. B durch Entziehung (§§ 43, 73 [bei weniger als 3 Mitgliedern] BGB), so kann er noch als nichtrechtsfähiger Verein fortbestehen.

Mit der Auflösung des Vereins oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit fällt das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen (§ 45 BGB). In der Regel hat dann eine Liquidation stattzufinden (§ 47 BGB).

II. Stiftung

1. Wesen

Stiftung ist allgemein die Widmung von Vermögen zu einem bestimmten Zweck durch Rechtsgeschäft. Privatrechtliche Stiftung im Sinne der §§ 80ff. BGB ist nur die selbständige, mit Rechtsfähigkeit ausgestattete, nicht verbandsmäßig organisierte Einrichtung des Privatrechts, die einen vom Stifter bestimmten Zweck mit Hilfe eines dazu gewidmeten Vermögens dauerhaft fördern soll. Öffentlichrechtliche Stiftung ist demgegenüber eine Stiftung, wenn sie vom Staat durch Gesetz oder Verwaltungsakt als öffentlichrechtliche Stiftung begründet oder jedenfalls seit jeher als solche behandelt wurde.

Gemeinnützige (und deshalb steuerbegünstigte) Stiftung ist die einem gemeinnützigen Zweck dienende öffentlichrechtliche Stiftung oder privatrechtliche Stiftung.

Keine Stiftung ist das bloße Sammelvermögen, bei dem die gesammelten Beträge so lange im gemeinschaftlichen Eigentum der Spender stehen (str.), bis sie (von den Verwaltern bzw. evtl. einem Pfleger [§ 1914 BGB]) dem angestrebten Zweck zugeführt werden.

2. Entstehung

Das Stiftungsgeschäft ist ein einseitiges Rechtsgeschäft des Stifters. Es kann entweder gemäß § 81 I BGB unter Lebenden durch einfache schriftliche Erklärung oder gemäß § 83 BGB als Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) vorgenommen werden. Inhaltlich müssen dem Stiftungsgeschäft der Wille zur Errichtung einer selbständigen Stiftung und Bestimmungen über Zweck und Organe der Stiftung sowie über die Vermögenswidmung zu entnehmen sein.

Mit der Erteilung einer Genehmigung durch das zuständige Land erlangt die Stiftung Rechtsfähigkeit (Konzessionssystem), wobei die Einzelheiten in besonderen Landesstiftungsgesetzen festgelegt sind.

Nach § 82 S. 1 BGB ist der Stifter verpflichtet, bei Genehmigung der Stiftung das zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen.

3. Struktur

a) Organisation

Die weitgehend durch zwingendes Bundesrecht und Landesrecht, im übrigen durch das Stiftungsgeschäft (Satzung) bestimmte Verfassung der Stiftung regelt Namen, Sitz, Zweck, Vermögen, Organe sowie Verwendung der Stiftungserträge. Infolge des in § 86 BGB gegebenen Verweises auf das Vereinsrecht muss die Stiftung einen Vorstand haben, der für sie handelt. Der Stifter kann auch die Verwaltung der Stiftung durch eine öffentliche Behörde anordnen, für deren Tätigkeit dann öffentlichrechtliche Vorschriften gelten. Die Kontrolle der Stiftungsorgane erfolgt durch die staatliche Stiftungsaufsichtsbehörde (Rechtsaufsicht).

b) Haftung

Für das Handeln der Organe haftet die (nur) Stiftung nach den §§ 86, 31 BGB mit ihrem gesamten Vermögen, nicht dagegen der Stifter.

4. Beendigung

Die Stiftung erlischt bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 86, 42 BGB), bei Aufhebung durch die zuständige Behörde (§ 87 I BGB), bei Unmöglichwerden des Stiftungszweckes oder Gefährdung des Gemeinwohls sowie, falls die Satzung dies festgelegt hat, bei Zeitablauf oder Eintritt einer auflösenden Bedingung. Ihr Vermögen fällt an die in Gesetz oder Satzung vorgesehenen Personen § 88 S. 1 BGB). Nach § 88 S. 2 BGB finden die Vorschriften der §§ 46 bis 53 BGB entsprechende Anwendung. Grundsätzlich ist eine Liquidation erforderlich. Bei Anfall an den Fiskus tritt Gesamtrechtsnachfolge ein.

Ist der Stiftungszweck unmöglich geworden, kann die zuständige Behörde der Stiftung auch eine andere Zweckbestimmung geben (§ 87 I BGB).

 

§ 3 Gesamthand und nichtrechtsfähiger Verein

I. Gesamthand

In Anerkennung einer deutschrechtlichen Tradition (Otto von Gierke 1841-1921) hat der Gesetzgeber drei Fälle einer zwischen bloßer Mehrheit mehrerer natürlicher Personen und rechtlicher Einheit der juristischen Person stehenden Personenmehrheit als Einzelerscheinungen der allgemeinen, als allgemeine Erscheinung aber nirgends (auch nicht im allgemeinen Teil) gesetzlich festgelegten Rechtsfigur Gesamthand geschaffen bzw. zugelassen. Dies sind im Schuldrecht die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 705ff. BGB, einschließlich der auf ihr aufbauenden offenen Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft des Handelsrechts), im Familienrecht die eheliche Gütergemeinschaft (§§ 1415ff. BGB) und im Erbrecht die Erbengemeinschaft (§§ 2032ff. BGB). Gemeinsames Kennzeichen dieser Personenmehrheiten ist es, dass ihnen ein Sondervermögen in besonderer Art und Weise (gesamthänderisch) zusteht. Dabei haben die Beteiligten weder einen realen noch einen ideellen Anteil am einzelnen Vermögensgegenstand (z. B. Grundstück) des Sondervermögens, sondern nur eine Beteiligung und einen Auseinandersetzungsanspruch hinsichtlich des gesamten Sondervermögens. Deswegen kann der einzelne Gesamthänder nicht über einen Anteil an einem einzelnen Gegenstand (z. B. Grundstück) verfügen. Im Übrigen ist das Recht der einzelnen Gesamthandsgemeinschaften im Einzelnen im Schuldrecht, Familienrecht und Erbrecht durchaus unterschiedlich geregelt. Alle sind sie aber, auch wenn sie in verschiedenen Hinsichten zum Teil durch Gesetz, zum Teil durch Richterrecht einer juristischen Person recht ähnlich gestellt werden (z. B. oHG, KG), keine juristischen Personen, weil sie als solche nicht rechtsfähig sind.

II. Nichtrechtsfähiger Verein

Der in der Rechtswirklichkeit nicht unbedeutsame nichtrechtsfähige Verein (z. B. Arbeitgeberverband, Kartell, u. U. Partei) unterscheidet sich vom rechtsfähigen Verein nicht in seinem körperschaftlichen Wesen, sondern nur durch das Fehlen der Rechtsfähigkeit. Dennoch hat ihn der Gesetzgeber dem rechtsfähigen Verein weniger gleichgestellt, als dies sachlich gerechtfertigt gewesen wäre. Der geschichtliche Grund dafür war, dass der Gesetzgeber die (nichtrechtsfähigen) Vereine (und zwar vor allem die Gewerkschaften) durch Schlechterstellung zur Rechtsfähigkeit und damit zur Anmeldung und öffentlichrechtlichen Überprüfung zwingen wollte.

Als Folge des Unterbleibens der beispielsweise von den Gewerkschaften bewusst vermiedenen Anmeldung hat der Gesetzgeber § 54 S. 1 BGB geschaffen, der die nichtrechtsfähigen Vereine auf das Recht der Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes (§§ 705 ff. BGB) verweist. Danach müsste jedes Mitglied des (nichtrechtsfähigen) Vereins für alle Schulden des Vereins wie ein Gesellschafter mit seinem gesamten Vermögen haften.

Diese Rechtsfolge wird (für den nichtwirtschaftlichen Idealverein) allgemein als verfehlt angesehen. Deswegen wird in der Gegenwart beim nichtrechtsfähigen Verein die Haftung auf das Vereinsvermögen und damit auf den Anteil des einzelnen Mitglieds am Vereinsvermögen beschränkt. Im Übrigen haftet das Mitglied entgegen dem gesetzlichen Wortlaut für rechtsgeschäftliche Schulden des Vereins oder für schadensersatzpflichtige Handlungen des Vorstands nicht (mit seinem sonstigen privaten Vermögen). Dementsprechend steht zwar das Vereinsvermögen (mangels Rechtsfähigkeit des Vereins) den Mitgliedern (als Gesellschaftern einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft) zur gesamten Hand zu, doch ist der Anteil des einzelnen Mitglieds nicht übertragbar und hat das einzelne Mitglied bei seinem Ausscheiden keinen Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben. Daneben haftet allerdings nach § 54 S. 2 BGB aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, der Handelnde persönlich mit seinem gesamten Vermögen. Erlangt der nichtrechtsfähige Verein Rechtsfähigkeit, erlischt diese Haftung.

Im Übrigen wird der nichtrechtsfähige Verein in verschiedener Hinsicht doch auch als Einheit behandelt (§ 50 II ZPO passive Parteifähigkeit, § 735 ZPO Vollstreckung, § 11 I 2 InsO Insolvenz). Aktive Parteifähigkeit ist allerdings nur für die Gewerkschaften anerkannt. Ansonsten ist der nichtrechtsfähige Verein als solcher zur aktiven Teilnahme am Rechtsverkehr (z. B. Grundbucheintragung) nicht befähigt.

 

§ 4 Sache

Den wichtigsten Gegensatz zur Person (natürlichen Person, juristischen Person, Gesamthand, nichtrechtsfähiger Verein) als dem Rechtssubjekt bildet das Rechtsobjekt (Gegenstand) als das Gut, auf das sich ein (subjektives) Recht der Person beziehen kann. Rechtsobjekte im Sinne von Gegenständen von Herrschaftsrechten sind Sachen und bestimmte Immaterialgüterrechte. Im Gegensatz hierzu muss der Inhalt des Begriffes Rechtsobjekt anders bestimmt werden, wenn es nicht um Herrschaftsrechte, sondern um Verfügungsgegenstände geht (z. B. wird nicht über Sachen verfügt, sondern über Rechte [z. B. Eigentum] an Sachen) oder um Verpflichtungsgegenstände oder um Schutzgegenstände.

Einige wichtige allgemeine Vorschriften über Rechtsobjekte als Gegenstände von subjektiven Rechten sind in den §§ 90ff. BGB (des allgemeinen Teiles) enthalten (, so dass sie auch hier kurz angeführt werden müssen).

I. Wesen

Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände (§ 90 BGB). Körperlich ist ein Gegenstand, wenn er nach der Verkehrsanschauung sinnlich wahrnehmbar, räumlich abgegrenzt und tatsächlich beherrschbar ist. Sachen sind daher z. B. Grundstücke, Kraftfahrzeuge, Bücher, Urkunden, Möbel, Kleidungsstücke, Lebensmittel, Körperteile nach ihrer Abtrennung, Leichen usw. Keine Sachen sind z. B. Rechte, Meerwasser, Flusswasser und Grundwasser, Luft, Licht, Strom, Atome, Fixsterne oder der Körper des lebenden Menschen sowie nach neuerer gesetzlicher Bestimmung Tiere (§ 90a S. 1 BGB), auf die aber die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist (§ 90a S. 3 BGB).

Nur an Sachen kann Besitz, Eigentum oder (grundsätzlich) ein beschränktes dingliches Recht bestehen.

II. Arten

1. Unbewegliche Sache und bewegliche Sache

Unbewegliche Sache (Grundstück, Immobilie) ist der abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der in dem (aus Gründen der Verkehrssicherheit seit dem Mittelalter allmählich entwickelten) Grundbuch als selbständiges Grundstück eingetragen ist. Das Recht des Eigentümers erstreckt sich dabei nach § 905 BGB auf den (vernünftigerweise von ihm selbst nutzbaren) Raum über der Oberfläche und den entsprechenden Erdkörper unter der Oberfläche. Zum Grundstück gehören auch die entsprechenden Bestandteile.

Bewegliche Sache (Fahrnis, Mobilie) ist die Sache, die nicht Grundstück oder wesentlicher Bestandteil eines Grundstückes ist.

2. Vertretbare Sache und unvertretbare Sache

Vertretbare Sache ist die bewegliche Sache, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegt (§ 91 BGB) (z. B. Kraftfahrzeug, Buch, Ei, Kartoffel, Mehl, Kohle, Heizöl, Sand, Kies, Geld, Wertpapier). Für die vertretbare Sache gelten einige besondere Bestimmungen (z. B. die §§ 607, 700 BGB). Meist sind vertretbare Sachen zugleich Gattungssachen (Genussachen), unvertretbare Sachen dagegen Stücksachen (Speziessachen).

3. Verbrauchbare Sache und unverbrauchbare Sache

Verbrauchbare Sache ist die bewegliche Sache, deren bestimmungsgemäßer Gebrauch in dem Verbrauch oder in der Veräußerung besteht (z. B. Milch, Mehl, Benzin), unverbrauchbare Sache die Sache, deren bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht in dem Verbrauch oder in der Veräußerung besteht (z. B. Buch, Maschine).

III. Wesentlicher Bestandteil

Bestandteil einer Sache ist der einzelne Teil einer natürlichen Sacheinheit (z. B. Kohlenhaufen) wie der Teil einer zusammengesetzten Sache (z. B. Maschine, Kraftfahrzeug). Bestandteile einer Sache, die von einander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere von ihnen zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile), können (aus gesamtwirtschaftlichen Überlegungen) nicht Gegenstand besonderer Rechte sein (§ 93 BGB), sondern nur Gegenstand eines einheitlichen Rechtes (z. B. Eigentum eines Eigentümers).

Für Grundstücke bestimmt § 94 I BGB, dass zu den wesentlichen Bestandteilen die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, aber auch Samen vom Einsäen an sowie Pflanzen vom Einpflanzen an, gehören sowie die Erzeugnisse des Grundstückes (z. B. Getreide, Obst, Holz, nicht Sand oder Ton).

Wesentliche Bestandteile eines Gebäudes sind die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen (z. B. Ziegel, Türe, Fenster, Waschbecken, Dachgebälk, Herd, Zentralheizung, besonders eingepasste Einbauküche).

Im übrigen kommt es entscheidend auf die Zerstörung oder Wesensveränderung eines der Bestandteile bei einer eventuellen Trennung an, weshalb etwa Serienmotoren oder Reifen nicht als wesentliche Bestandteile eines Kraftfahrzeuges anzusehen sind (und deshalb im Eigentum einer anderen Person als des Kraftfahrzeugeigentümers stehen können).

Weder wesentliche Bestandteile noch sonstige Bestandteile eines Grundstückes sind Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (z. B. Zelt) und solche Gebäude und anderen Werke, die in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden sind (z. B. Überbaurecht, Dienstbarkeit). Bei einem Gebäude sind dementsprechend solche Scheinbestandteile alle Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck eingefügt wurden (z. B. vom Mieter verlegter Teppichboden, an dem deshalb der Mieter sein Eigentum behält) (§ 95 BGB).

Nach § 96 BGB gelten Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind (z. B. Notwegrecht, Grunddienstbarkeit), als Bestandteil des entsprechenden Grundstückes (Fiktion).

IV. Zubehör

Zubehör einer Sache sind (rechtlich selbständige) bewegliche Sachen, die ohne Bestandteil zu sein, nach der Verkehrsanschauung dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen (z. B. Baumaterial auf Baugrundstück, Bierausschenkanlage in Gastwirtschaft, Vorräte an Heizungsöl, Zuchthengst auf Reiterhof, vgl. auch § 98 BGB). Nach § 311c BGB erstreckt sich die Verpflichtung zur Veräußerung oder Belastung einer Sache im Zweifel auch auf das Zubehör der Sache. Nach § 926 BGB erfasst die Übereignung eines Grundstückes auch das Zubehör und nach § 1120 BGB ergreift die hypothekarische Haftung eines Grundstückes auch das Zubehör.

V. Nutzung, Frucht, Gebrauchsvorteil

Nutzungen sind die Früchte einer Sache (z. B. Milch, Kartoffeln, Torf) oder eines Rechtes (z. B. Zinsen, Lizenzgebühr) sowie die Vorteile, die der Gebrauch der Sache oder des Rechtes gewährt (z. B. Benutzung eines Grundstücks oder eines Fahrzeugs) (§ 100 BGB).

VI. Vermögen

Vermögen ist die Gesamtheit aller geldwerten Rechte und Güter einer Person (Aktivvermögen). Ein Vertrag, durch den sich jemand zur Übertragung seines künftigen Vermögens oder eines Bruchteils davon verpflichtet, ist nichtig (§ 311b II BGB). Ein Vertrag, durch den sich jemand zur Übertragung seines gegenwärtigen Vermögens oder eines Bruchteils davon verpflichtet, bedarf der notariellen Beurkundung (§ 311b III BGB). Eine einheitliche rechtsgeschäftliche Verfügungsmöglichkeit über das Vermögen als Ganzes besteht im Gegensatz zur Verpflichtungsmöglichkeit wegen des sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatzes nicht.

 

§ 5 Recht

I. Inhalt

Das subjektive Recht ist (im Gegensatz zum objektiven Recht als der Gesamtheit aller Rechtssätze) die dem Einzelnen von der Rechtsordnung verliehene Willensmacht, kraft deren er in einem bestimmten Bereich seinen Willen bzw. sein Interesse rechtlich durchsetzen kann. Ihm steht die (subjektive) Pflicht als die Verhaltensanforderung des Rechtes an den Einzelnen gegenüber, auf Grund deren der Einzelne grundsätzlich ein bestimmtes Verhalten ausführen soll oder muss.

II. Arten

1. Absolutes Recht, relatives Recht

Absolutes Recht ist das einem Einzelnen zur ausschließlichen (absoluten) Herrschaft zugewiesene Recht über eine Sache (dingliches Recht, z. B. Eigentum, vgl. § 903 BGB), über ein Recht (z. B. Pfandrecht an einer Hypothek) oder über ein Geisteswerk, das gegenüber jedermann geschützt ist (Beseitigungsanspruch gegenüber Störung, Unterlassungsanspruch gegenüber drohender Beeinträchtigung, vgl. § 1004 BGB).

Relatives Recht ist das für einen Einzelnen nur gegenüber einer bestimmten Person geschützte Recht, das den anderen zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet (Anspruch, vgl. § 194 BGB) (z. B. verkauft der Eigentümer ein Kraftfahrzeug, so hat der Käufer das Recht, die Übereignung des Fahrzeuges zu verlangen. Zerstört ein Dritter das [an den Käufer noch nicht übereignete] Auto, so ist gegenüber dem Dritten zwar der Eigentümer auf Grund seines absoluten Rechtes Eigentum geschützt, noch nicht aber der Käufer, der nur ein Recht gegenüber seinem Verkäufer hat).

2. Gestaltungsrecht

Gestaltungsrecht ist das Recht, eine unmittelbare Rechtsänderung herbeizuführen (z. B. gewährt das Aneignungsrecht das Recht, durch Aneignung einer Sache das Eigentum an dieser zu erwerben, das Anfechtungsrecht das Recht, durch Anfechtung die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts herbeizuführen).

3. Anwartschaftsrecht

Anwartschaftsrecht (Anwartschaft) ist das werdende, noch nicht in jeder Hinsicht entstandene Recht (z. B. das Recht, das bei einer durch die vollständige Zahlung des Kaufpreises aufschiebend bedingten Übereignung für den Erwerber entsteht). Es ist (als Rechtsfigur) in den Gesetzestexten noch nicht klar zum Ausdruck gekommen, sondern erst von der Wissenschaft erarbeitet worden. Es wird als wesensgleiches Minus weitgehend dem Vollrecht gleichgestellt.

III. Erwerb

Der Erwerb eines Rechtes erfolgt in der Regel mit dem Willen des Erwerbers (z. B. Kaufvertrag begründet Kaufvertragsrechte, Aneignung begründet Eigentum, Übereignung begründet Eigentum), ist aber in bestimmten Fällen unabhängig von einem solchen Willen möglich (z. B. Erbfall). Er ist in den meisten Fällen von einem Vormann abgeleitet (derivativ, z. B. Übereignung) und nur ausnahmsweise ursprünglich (originär, z. B. Aneignung, Verarbeitung). Grundsätzlich vollzieht er sich als Einzelerwerb und nur in bestimmten Sonderfällen als Gesamterwerb (z. B. Erbfolge).

IV. Verlust

Der Verlust eines Rechtes erfolgt in vielen Fällen mit dem Willen des bisherigen Berechtigten (z. B. Übereignung einer Sache, Abtretung einer Forderung), kann sich aber auch ohne dessen Willen vollziehen (z. B. das für eine Forderung bestellte Pfandrecht folgt der Forderung bei deren Abtretung nach). Dem Verlust eines Rechtes einer Person entspricht regelmäßig der Erwerb durch eine andere Person (z. B. Übertragung des Eigentums vom Verkäufer an den Käufer, Abtretung), doch kann der Verlust auch unabhängig hiervon erfolgen (z. B. Eigentumsaufgabe [Dereliktion], Erlassvertrag). Grundsätzlich vollzieht sich der Rechtsverlust als Verlust einzelner Rechte (Spezialitätsprinzip), in bestimmten Fällen aber auch im Wege einer Gesamtnachfolge (z. B. Erbfolge).

V. Ausübung

1. Grundsatz

Grundsätzlich darf der Inhaber eines Rechts das Recht gebrauchen und eine Verletzung des Rechtes als rechtswidrig abwehren (vgl. § 903 BGB für das Eigentum).

2. Einschränkungen

a) Schikaneverbot

Nach § 226 BGB ist die Ausübung eines Rechtes unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen (Schikaneverbot).

b) Gewaltmonopol des Staates und Selbsthilferecht des Einzelnen

Der Gebrauch des Rechtes umfasst nicht seine gewaltsame Durchsetzung gegenüber einem anderen. Zur Durchsetzung eines Rechts ist der Einzelne(, falls der Verpflichtete seiner Pflicht nicht freiwillig nachkommt,) auf die staatlichen Behörden, insbesondere die ordentlichen Gerichte verwiesen. Lediglich Notwehr, Notstandshandlung und Selbsthilfe darf er (unter ganz bestimmten Voraussetzungen) selbst ausüben.

Dementsprechend ist die Verteidigungshandlung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden (Notwehr), nicht widerrechtlich (§ 227 BGB). Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden (Verteidigungsnotstand), handelt jedenfalls dann nicht widerrechtlich, wenn die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältnis zur Gefahr steht (§ 288 S. 1 BGB, vgl. auch § 904 BGB Angriffsnotstand), ist aber zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die Gefahr verschuldet hat (§ 228 S. 2 BGB). Wer schließlich zum Zweck der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder einen fluchtverdächtigen Verpflichteten festnimmt oder den Widerstand eines duldungspflichtigen Verpflichteten beseitigt, handelt dann nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde (§ 229 BGB).

c) Einrede

Jedem Recht eines Gläubigers kann im Übrigen ein Gegenrecht des Schuldners (Einrede) gegenüberstehen, das zumindest seine uneingeschränkte Verwirklichung durch Klage und Zwangsvollstreckung (zeitweise oder dauerhaft) verhindern kann (z. B. § 222 BGB Verjährung, vgl. dazu auch die §§ 194ff. BGB).

d) Verjährung

Nach § 194 I BGB unterliegt das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch), der Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück usw. und die entsprechenden Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren (§ 196 BGB), Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten, familien- und erbrechtliche Ansprüche, rechtskräftig festgestellte Ansprüche, Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden und durch im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar gewordene Ansprüche verjähren grundsätzlich in 30 Jahren (§ 197 BGB).

Ein verjährtes Recht kann nicht mehr durchgesetzt werden.

 

§ 6 Willenserklärung

Das wichtigste Mittel zur eigenverantwortlichen bindenden Gestaltung der privatrechtlichen Lebensverhältnisse der Person gegenüber anderen Personen und in Bezug auf Sachen und Rechte ist die (geschichtlich vor allem am Fall des Kaufvertrages entwickelte Figur der) Willenserklärung (besonders wichtige Grundfigur des Privatrechts).

I. Wesen

Die Willenserklärung ist die private, auf einen rechtlichen Erfolg gerichtete Willensäußerung einer Person. Sie ist notwendiger Bestandteil jedes Rechtsgeschäfts. Jedes zweiseitige Rechtsgeschäft (z. B. Vertrag) erfordert mindestens zwei Willenserklärungen.

II. Arten

Eine Willenserklärung kann des Empfangs eines anderen bedürfen oder auch ohne Empfang eines anderen wirksam sein. Eine Willenserklärung kann unter Anwesenden abgegeben werden oder gegenüber einem Abwesenden. Eine Willenserklärung kann einer besonderen Form bedürfen oder völlig formfrei sein.

III. Voraussetzungen

1. Wille

Subjektiv ist in jedem Fall ein innerer Handlungswille des Betreffenden erforderlich. Ist die durchgeführte Handlung nicht gewollt (z. B. bei Zwang, Hypnose), kann eine Willenserklärung nicht vorliegen. Ist zwar die Handlung gewollt, fehlt aber die Vorstellung, dass darin die Kundgabe eines Rechtsfolgewillens liegt (sog. Erklärungsbewusstsein), so ist jedenfalls dann aus Gründen des Verkehrsschutzes eine Willenserklärung anzunehmen, wenn der Erklärende bei gehöriger Sorgfalt die mögliche Deutung seines Verhaltens als Willenserklärung erkennen und eine solche Deutung durch Vermeiden des Verhaltens verhindern konnte (z. B. jemand unterschreibt eine Bürgschaftserklärung in der Meinung, damit einem Vertreter bloß dessen Besuch zu bestätigen).

2. Erklärung

Objektiv setzt die Willenserklärung ein äußeres Verhalten (Erklärung, Erklärungshandlung) voraus, das aus der Sicht eines objektiven Betrachters als Kundgabe eines inneren Willens (Rechtsfolgewillens) zu verstehen ist (z. B. Sprechen, Schreiben, Zahlen). Dabei ist das Verhalten gemäß den §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegen. Bloße Vorbereitungshandlungen (z. B. Überlegen, Erstellen eines Entwurfs) oder tatsächliche Mitteilungen (z. B. es regnet) können keine Willenserklärung begründen.

Für die Willenserklärung setzt das Gesetz in einigen wenigen Fällen eine bestimmte Form voraus (z. B. Schriftform der Bürgschaftserklärung § 766 BGB [Erteilung in elektronischer Form ausdrücklich ausgeschlossen], notarielle Beurkundung der Verpflichtung zur Grundstückseigentumsübertragung oder Grundstückseigentumserwerbung § 311b S. 1 BGB). In einigen anderen Fällen wird zumindest eine ausdrückliche Erklärung gefordert (z. B. § 48 I HGB Erteilung der Prokura). Im Übrigen ist aber eine Erklärung des Willens durch Worte nicht nötig, sondern genügt ein schlüssiges Verhalten (konkludentes Verhalten), aus dem sich mittelbar der Schluss auf einen bestimmten Willen (Rechtsfolgewillen) ziehen lässt (z. B. Überweisung des Kaufpreises, Ingebrauchnahme einer Sache). Dagegen ist bloßes Schweigen grundsätzlich nicht ausreichend, kann aber in bestimmten Fällen kraft gesetzlicher Bestimmung oder kraft Gewohnheitsrechts doch als Willenserklärung zu behandeln sein (z. B. §§ 108 II 2, 177 II 2 BGB [Ablehnung], 516 II 2 BGB, 362 HGB [Zustimmung bzw. Annahme], Schweigen des Gastes gegenüber dem Nachschenken des Kellners).

IV. Wirksamwerden

1. Nichtempfangsbedürftige Willenserklärung

Ist eine Willenserklärung nicht gegenüber einer anderen Person abzugeben (sog. nichtempfangsbedürftige Willenserklärung), so wird sie mit Abschluss der Erklärungshandlung oder Willensäußerung wirksam (z. B. Testament mit Unterschreiben, Widerruf des Testamentes mit Zerreißen).

2. Empfangsbedürftige Willenserklärung

Ist aber, wie dies die Regel darstellt, eine Willenserklärung einem anderen gegenüber abzugeben (sog. empfangsbedürftige Willenserklärung z. B. Angebot, Annahme, evtl. sogar amtsempfangsbedürftige Willenserklärung z. B. § 928 S. 1 BGB Erklärung der Aufgabe des Eigentums an einem Grundstück), so soll sich der Empfänger auf die Erklärung einstellen können, weswegen hier die bloße Abgabe der Erklärung nicht ausreichen kann.

Hinzukommen muss eine Entäußerung seitens des Erklärenden in Richtung auf den Empfänger, für die es z. B. nicht genügt, dass ein Unbefugter ein fertig gestelltes Schriftstück in den Verkehr bringt oder der Adressat zufällig eine interne Beschlussfassung einer Personenmehrheit belauscht.

Erforderlich ist weiter ein Zugang der Erklärung beim Empfänger. Dieser Zugang ist grundsätzlich weder mit der Abgabe der Willenserklärung noch mit der Kenntnisnahme durch den Empfänger identisch. Vielmehr bildet der Zugang ein eigenes, eine gerechte Interessenabwägung unter den Beteiligten widerspiegelndes Ereignis, für das zwischen Anwesenden und Abwesenden zu unterscheiden ist.

a) Zugang unter Anwesenden

Unter Anwesenden geht eine schriftliche Erklärung entsprechend § 130 I BGB mit der Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über das Schriftstück zu. Bei mündlichen bzw. fernmündlichen Erklärungen ist wirkliche Kenntniserlangung vom Erklärten z. B. durch Hören erforderlich.

b) Zugang unter Abwesenden

Für die Willenserklärung unter Abwesenden hat der Gesetzgeber in § 130 I 1 BGB den Zeitpunkt des Zugangs (dispositiv, abdingbar) für maßgeblich erklärt. Zugegangen ist dabei eine Willenserklärung, wenn sie derart in den Machtbereich einer Person gelangt ist, dass diese unter normalen Umständen von ihr Kenntnis nehmen kann und die Kenntnisnahme nach den von ihr selbst getroffenen Vorkehrungen oder verkehrsüblicherweise auch erwartet werden kann (z. B. Einwurf in den Briefkasten während üblicher Geschäftszeiten, Zeitpunkt der frühestmöglichen Abholung einer wegen Abwesenheit zunächst nicht zustellbaren Einschreibesendung, Eintreffen eines e-mails während üblicher Geschäftszeiten).

c) Zugang an Empfangsboten

Hat eine Person für die Entgegennahme einer Willenserklärung einen Empfangsboten bestimmt oder zugelassen (z. B. Ehefrau, Vermieter, Angestellte), so genügt Zugang an den Empfangsboten. Der Empfänger hat die Gefahr, dass der Empfangsbote die Erklärung überhaupt nicht oder nicht mit dem richtigen Inhalt weitergibt, zu tragen. Allerdings muss der Empfangsbote objektiv geeignet erscheinen, die Erklärung weiterzuleiten und darf nicht außerhalb des richtigen Zugangsorts mit ihr belastet worden sein.

d) Sonderfälle

Nicht wirksam wird eine Willenserklärung unter Abwesenden trotz Zugangs, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht (§ 130 I 2 BGB).

Tod oder Geschäftsunfähigkeit auf Seiten des Erklärenden nach Abgabe der Erklärung haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Erklärung (§ 130 II BGB). Bei Geschäftunfähigkeit des Empfängers ist Zugang an den gesetzlichen Vertreter nötig (§ 131 I BGB), bei beschränkter Geschäftsfähigkeit jedenfalls dann, wenn die Erklärung nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil nach sich zieht bzw. der gesetzliche Vertreter nicht seine Einwilligung (vorherige Zustimmung) zum Zugang an den beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen gegeben hat (§ 131 II BGB).

Nach § 132 BGB gilt eine Willenserklärung auch dann als zugegangen, wenn sie durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers (notfalls öffentlich) zugestellt wurde.

Wer im Übrigen den Zugang schuldhaft verzögert oder vereitelt, begeht Rechtsmissbrauch, wenn er sich auf den verspäteten Zugang beruft. Zu beweisen hat den Zugang stets der Erklärende.

 

§ 7 Vertrag

I. Wesen

Vertrag ist das zweiseitige Rechtsgeschäft, das grundsätzlich durch zwei sich deckende bzw. einander wechselseitig entsprechende →Willenserklärungen (→Antrag, →Annahme) zustande kommt (vgl. § 151 S. 1 BGB).Er setzt unabhängig von längeren oder kürzeren unverbindlichen Vorverhandlungen (mindestens) zwei aufeinander bezogene, sich inhaltlich gegenseitig deckende Willenserklärungen voraus. In der Regel handelt es sich dabei um ein Angebot (Offerte, Antrag) und eine (ihr zeitlich folgende) Annahme. Möglich ist aber auch eine gleichzeitige Zustimmung aller Beteiligten zu einem evtl. sogar von einem Dritten festgelegten Inhalt.

II. Entstehung

1. Angebot

a) Wesen

Angebot ist (zeitlich erste,) auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete(, grundsätzlich formfrei mögliche) Willenserklärung(, die von jedem der Beteiligten abgegeben werden kann) (z. B. Ich will diesen Schreibtisch kaufen, ich will diese Wohnung vermieten). Sie ist von einem bloß vorbereitenden Verhalten (z. B. Werbeprospekt, Speisekarte, Zeitungsanzeige, Schaufensterauslage, Selbstbedienungsladen, Aufstellung eines Warenautomaten [str.]), zu trennen, das lediglich zu einem Antrag auffordern willen (sog. invitatio (F.) ad offerendum, Einladung zu einem Angebot) und deshalb mangels Rechtsfolgewillens keine Willenserklärung sein kann (wichtiges und nicht immer einfaches Abgrenzungsproblem). Allerdings kann ein Angebot sich im Einzelfall durchaus an eine Mehrzahl von zunächst unbestimmten Personen richten (z. B. Internetversteigerung).

b) Wirkung

Wer einem anderen gegenüber einen Antrag auf Abschluss eines (bindenden) Vertrags abgibt, ist nach deutschem Recht nach § 145 BGB an seinen Antrag gebunden, sofern er nicht die Gebundenheit (durch Wendungen wie z. B. freibleibend, ohne obligo usw.) ausgeschlossen hat. Ein Angebot ist also nach seinem Wirksamwerden nicht mehr widerruflich. Ist die angestrebte Willensübereinstimmung selbst nicht bindend (z. B. bei § 929 BGB), ist auch der Anbietende an sein Angebot nicht gebunden.

c) Erlöschen

Das bindende Angebot erlischt nach § 146 BGB, wenn es dem Antragenden gegenüber (durch empfangsbedürftige Willenserklärung) abgelehnt oder wenn es dem Antragenden gegenüber nicht rechtzeitig angenommen wird.

2. Annahme

a) Wesen

Annahme ist das Einverständnis des Angebotsempfängers mit dem Antrag. Sie ist die ein Angebot zu einem Vertragsschluss voraussetzende (zweite) Willenserklärung (z. B. eines Mieters, eines Verkäufers usw.) und besteht also auch aus Wille und Erklärung. Der Annahmewille muss grundsätzlich zumindest schlüssig um Ausdruck kommen.

b) Annahmefrist

Dabei kann nach § 147 I BGB der einem Anwesenden gegenüber abgegebene Antrag bzw. der mittels Fernsprecher von Person zu Person erfolgte Antrag nur sofort angenommen werden. Der einem Abwesenden gegenüber erklärte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in dem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (§ 147 II BGB). Dieser Zeitpunkt ergibt sich aus der Beförderungsdauer des Angebots, einer angemessenen Überlegungszeit und der (entsprechenden) Beförderungsdauer der Antwort. Hat der Antragende allerdings für die Annahme des Angebots selbst schon eine Frist festgelegt, kann die Annahme nur innerhalb dieser Frist erfolgen (§ 148 BGB).

c) Wirkung

Mit der rechtzeitigen Annahme kommt der Vertrag zustande. Stirbt der Antragende oder wird er vor der Annahme geschäftsunfähig, so wird, wenn kein abweichender Wille des Antragenden anzunehmen ist, das Zustandekommen des Vertrages dadurch nicht verhindert (§ 153 BGB).

Von der Annahme als Willensakt ist dabei die Äußerung (Erklärung) dieses Willens ebenso zu unterscheiden wie der Zugang der Annahmeerklärung. Ist rechtzeitig angenommen, die Annahmeerklärung aber dem Antragenden etwa infolge einer Postverzögerung verspätet zugegangen, so hat der Antragende, wenn die Annahmeerklärung dergestalt abgesendet worden war, dass sie bei regelmäßiger Beförderung ihm rechtzeitig zugegangen sein würde, und der Antragende dies (z. B. an Hand des Poststempels) erkennen musste, die Verspätung dem Annehmenden unverzüglich nach dem Empfang der Annahmeerklärung mitzuteilen. Verzögert er die Absendung der Anzeige, gilt die Annahme als nicht verspätet (§ 149 BGB), so dass der Vertrag trotz verspäteten Zugangs der Annahmeerklärung zustande kommt.

Im Übrigen ist die Erklärung der Annahme nach § 151 S. 1 BGB) dann entbehrlich, wenn sie nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat (z. B. bei Zusendung unbestellter Ware).

d) Verspätete Annahme, Annahme unter Abänderung

Die verspätete oder die unter (wesentlichen) Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen erklärte Annahme ist keine wirksame Annahme. Sie bringt also den angestrebten Vertrag nicht zustande. Sie gilt als ein neues Angebot des bisherigen Annehmenden an den bisherigen Anbietenden, das in gleicher Weise einer Annahme (seitens des ursprünglich Anbietenden) bedarf wie jedes andere Angebot (§ 150 BGB).

e) Einigungsmangel

Solange die Parteien sich nicht über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll (offener Einigungsmangel), kommt nach § 154 I 1 BGB im Zweifel der Vertrag nicht zustande. Haben sich dagegen die Parteien nach ihrer Ansicht über alle Punkte geeinigt und sehen einen Vertrag als geschlossen an, obwohl sie sich in Wirklichkeit über einen Punkt, über den eine Vereinbarung getroffen werden sollte, nicht geeinigt haben (versteckter Einigungsmangel), so gilt das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt geschlossen sein würde (§ 155 BGB).

III. Wirkungen

Der wirksam abgeschlossene Vertrag führt zu rechtlichen Veränderungen. Ist er ein Verpflichtungsgeschäft (z. B. Kauf), begründet er Verpflichtungen (z. B. Kaufpreiszahlungspflicht des Käufers, Übertragungspflicht des Verkäufers). Ist er ein Verfügungsgeschäft, führt er die mit der Verfügung angestrebten Änderungen herbei (z. B. Einigung über Eigentumsübergang). Es gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass Verträge zu halten sind.

IV. Sonderfälle

1. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Werden nach einem Vertragsschluss im Handelsverkehr das Zustandekommen und der Inhalt des Vertrages in einem sog. Bestätigungsschreiben (zu Beweiszwecken) festgehalten und weicht der Inhalt des Schreibens vom zuvor vereinbarten Inhalt ab, so wird der Inhalt des Bestätigungsschreibens für beide Parteien dann verbindlich, wenn der Empfänger ihm nicht unverzüglich widerspricht. Hier wird also das Schweigen als Zustimmung gewertet.

2. Kontrahierungszwang

Schweigt eine Person, der durch Gesetz unmittelbar (z. B. § 5 PflVG) oder mittelbar (z. B. § 826 BGB) ein Abschlusszwang auferlegt ist, auf ein Angebot, so ist dies in der Regel als schlüssige Annahme anzusetzen. Lehnt sie den Vertragsschluss ab, so haftet sie bei unmittelbarem Kontrahierungszwang nach vertraglichen Regeln, bei mittelbarem Abschlusszwang aus den entsprechenden Schadensersatzregeln.

3. Vorvertrag

Vorvertrag ist der auf den Abschluss eines (Haupt-)Vertrags gerichtete Vertrag. Er bedarf nur dann der Form eines formbedürftigen Hauptvertrags, wenn Inhalt und Zweck der jeweiligen Formvorschrift auch auf ihn zutreffen. Im Übrigen muss bei Weigerung eines Beteiligten, den Vorvertrag zu erfüllen, klageweise (Klage auf Abgabe einer Willenserklärung) wie bei jedem anderen Vertrag vorgegangen werden.

4. Optionsvertrag

Optionsvertrag ist der Vertrag, der für den Begünstigten das Recht begründet, durch einseitige Erklärung ein inhaltlich bereits bestimmtes Vertragsverhältnis in Wirksamkeit treten zu lassen.

5. Faktischer Vertrag

Die zeitweise anerkannte Ansicht, dass ein Vertrag auch durch bloß tatsächliches Verhalten (z. B. Einsteigen in ein Massenverkehrsmittel, Abstellen eines Fahrzeuges auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz) zustandekommen könne, widerspricht dem Grundsatz der Privatautonomie, so dass auf dieses Verhalten als solches Vertragsrecht nicht anzuwenden ist. Bei Bedarf kann aber gegebenenfalls dem Verhalten durch Auslegung ein entsprechender Wille entnommen werden.

6. Widerruf bei Haustürgeschäften

Nach § 312 BGB steht bei einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung anlässlich einer vom Unternehmer oder von einem Dritten zumindest auch im Interesse des Unternehmers durchgeführten Freizeitveranstaltung oder im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen bestimmt worden ist (Haustürgeschäft), dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB (oder bei zusätzlichen Umständen ein Rückgaberecht nach § 356 BGB) zu. Der Widerruf muss grundsätzlich innerhalb zweier Wochen nach schriftlicher Belehrung über das Widerrufsrecht bzw. hilfsweise innerhalb eines Monats bzw. sechser Monate erklärt werden, wobei die rechtzeitige Absendung des Widerrufs (in Textform oder durch Rücksendung der Sache) genügt. Rechtsfolge des Widerrufs ist die Beseitigung der vertraglichen Bindung bzw. die Rückgewährpflicht der empfangenen Leistungen nach Rücktrittsrecht (§ 357 BGB).

 

§ 8 Rechtsgeschäft

I. Wesen

Rechtsgeschäft ist der auf dem Parteiwillen aufbauende Gesamttatbestand, der einen mit einer Willenserklärung angestrebten Rechtserfolg herbeiführt. Er erfordert stets mindestens eine Willenserklärung (z. B. Stiftung, Kündigung). Vielfach sind auch zusätzliche Elemente nötig (z. B. Form, Annahme, Zustimmung, zweite Willenserklärung bei Vertrag).

II. Arten

1. Einseitiges Rechtsgeschäft, zweiseitiges Rechtsgeschäft

Das einseitige Rechtsgeschäft setzt lediglich die Willenserklärung einer Person (z. B. Kündigung, Bevollmächtigung) voraus, das zweiseitige Rechtsgeschäft mindestens Willenserklärungen zweier Personen (z. B. Kaufvertrag, Dienstvertrag), der Beschluss mindestens die Willenserklärungen (der Mehrheit) der Mitglieder einer Personenvereinigung oder (der Mehrheit) der Anwesenden.

2. Rechtsgeschäft unter Lebenden, Rechtsgeschäft von Todes wegen

Das Rechtsgeschäft unter Lebenden ist ein Rechtsgeschäft, das seine Wirkungen unter Lebenden entfaltet (z. B. Kauf), das Rechtsgeschäft von Todes wegen ein Rechtsgeschäft, das erst mit dem Tod in volle Wirksamkeit tritt (Erbeinsetzung durch Testament, Erbvertrag).

3. Verpflichtungsgeschäft, Verfügungsgeschäft

Verpflichtungsgeschäft ist das Rechtsgeschäft, das nur eine Verpflichtung zu einem Tun oder Unterlassen begründet (z. B. Kauf, Miete, Dienstvertrag), die durch tatsächliches Handeln (z. B. Putzen bei einem Dienstvertrag) oder durch rechtsgeschäftliches Handeln (z. B. Abtretung beim Forderungskauf) erfüllt werden kann. Das Verfügungsgeschäft ist das Rechtsgeschäft, durch das ein bestehendes Recht (z. B. Eigentum, Forderung) unmittelbar übertragen (z. B. Abtretung), aufgehoben (z. B. Erlassvertrag bzw. Erlass), geändert oder belastet (z. B. Bestellung eines Pfandes) wird. Die Wirksamkeit eines Verfügungsgeschäfts ist unabhängig von der Wirksamkeit eines zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäfts (Abstraktionsprinzip, z. B. sind die sich an einen Kaufvertrag anschließenden Übereignungen von Ware und Geld auch wirksam, wenn der Kaufvertrag selbst einen Mangel hat und deswegen unwirksam wird). Allerdings begründet die Unwirksamkeit eines zugrundeliegenden (kausalen) Verpflichtungsgeschäfts in der Regel dann einen Rückgewähranspruch (§ 812 BGB) auf das durch das (abstrakte) Verfügungsgeschäft Erlangte. Verfügungsgeschäfte eines Nichtberechtigten bedürfen dabei der Zustimmung des Berechtigten (§ 185 BGB), doch wird vielfach der gute Glaube des Erwerbers geschützt.

4. Treuhandgeschäft, Sicherungsgeschäft

Treuhandgeschäft ist das Rechtsgeschäft, bei dem einer Person ein Recht bzw. eine Verfügungsbefugnis eingeräumt wird, das bzw. die sie auf Grund einer Treuhandabrede bzw. Treuevereinbarung nur zu bestimmten Zwecken ausüben dürfen (z. B. Sicherungsübereignung). Der Treuhänder ist nach außen vollständiger Inhaber des betreffenden Rechts, ist aber dem Treugeber gegenüber kraft der Treuhandabrede dazu verpflichtet, das Recht nur in der vereinbarten Weise auszuüben.. Verletzt er die Treuhandabrede, so ist sein Handeln wirksam, verpflichtet aber zum Schadensersatz. In der Insolvenz des Treuhänders kann der Treugeber allerdings das (wirtschaftlich noch ihm gehörende) Treugut aussondern.

Sicherungsgeschäft ist das Rechtsgeschäft, das die Sicherung eines Gläubigers zum Ziel hat (z. B. Bürgschaft, Hypothek, Pfand, Grundschuld, Sicherungsübereignung, vgl. auch die §§ 232ff. BGB). Einige Sicherungen können nicht ohne die zu sichernde Forderung entstehen und bestehen (Bürgschaft, Hypothek, Pfandrecht), sind also akzessorisch.

III. Form

Das Rechtsgeschäft bedarf wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit grundsätzlich keiner besonderen Form (z. B. Schriftform), wenn auch die Parteien für jedes Rechtsgeschäft eine besondere Form (z. B. Schriftform) vereinbaren und eine einmal getroffene Formabrede jederzeit wieder aufheben können.

Ist Schriftform durch Gesetz (z. B. in den §§ 32 II, 766, 780, 1154 BGB) oder Rechtsgeschäft vorgeschrieben, so muss (mindestens) die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift (individueller Schriftzug in der Regel des Familiennamens) oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden (§ 126 BGB, vgl. auch § 127 BGB für die gewillkürte Schriftform). Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien grundsätzlich auf derselben Urkunde erfolgen, soweit nicht mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden (§ 126 II BGB). Die schriftliche Form kann grundsätzlich durch die elektronische Form ersetzt werden (§ 126 III BGB) und wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt (§ 126 IV).

Soll die gesetzlich vorgeschriebene Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen (elektronische Form) und müssen bei einem Vertrag die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in dieser Weise elektronisch signieren (§ 126a BGB).

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden (§ 126b BGB).

Ist öffentliche Beglaubigung vorgeschrieben (z. B. in den §§ 77, 1154, 1945 BGB, 29 I GBO), so muss die Erklärung schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden (§ 129 I 1 BGB). Ist schließlich notarielle Beurkundung vorgeschrieben (z. B. in den §§ 311, 313, 1410, 2276 BGB), so muss eine Niederschrift über die Verhandlung aufgenommen werden, welche in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden muss. Auch der Notar hat eigenhändig zu unterschreiben (§§ 3 ff. BeurkG, vgl. auch die §§ 128, 127a BGB).

Ein Rechtsgeschäft, welches nicht (mindestens) die (durch Gesetz) vorgeschriebene Form aufweist, ist grundsätzlich in seinem ganzen Umfang nichtig. Eine Heilung des Mangels ohne Neuvornahme des Geschäfts ist nur in wenigen Fällen möglich (z. B. in den Fällen der §§ 313 S. 2, 518 II, 766 S. 2 BGB).

IV. Bedingung und Befristung

Bei der Bedingung eines Rechtsgeschäfts hängt die Wirkung von einem objektiv und subjektiv ungewissen zukünftigen Ereignis (z. B. Heirat, Erleben des 100. Geburtstages) ab. Bei der aufschiebenden Bedingung tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein, also zu einem Zeitpunkt nach Abschluss des Rechtgeschäfts (§ 158 I BGB), bei der auflösenden Bedingung endet mit dem Eintritt der Bedingung die im Zeitpunkt der Vornahme des Geschäftes eingetretene Wirkung des Rechtsgeschäfts (§ 158 BGB). Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt er als nicht erfolgt (§ 162 BGB).

Bei der Befristung eines Rechtsgeschäftes hängt die Wirkung von einem zukünftigen gewissen Ereignis (Anfangszeitpunkt oder Endzeitpunkt) ab. Nach § 163 BGB gelten hierfür die Vorschriften über die Bedingung. Vgl. im Übrigen die Auslegungsvorschriften der §§ 186ff. BGB.

Bestimmte Rechtsgeschäfte sind bedingungsfeindlich und befristungsfeindlich (z. B. Aufrechungserklärung, § 388 S. 2 BGB).

 

§ 9 Mangelhaftes Rechtsgeschäft

Die meisten Rechtsgeschäfte verlaufen einwandfrei. Ein Teil der Rechtsgeschäfte weist aber auch Mängel auf. Mängel eines Rechtsgeschäfts können dessen Nichtigkeit, Anfechtbarkeit oder Unwirksamkeit zur Folge haben.

I. Nichtigkeit, Anfechtbarkeit, Unwirksamkeit

1. Nichtigkeit

Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts ist die vollständige Unwirksamkeit. Das bedeutet, dass das nichtige Rechtsgeschäft von Anfang an keine Rechtsfolgen nach sich zieht (z. B. §§ 105 Geschäftsunfähigkeit, 116 S. 2 geheimer, dem anderen bekannter Vorbehalt, 117 Scheingeschäft, 118 nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, 134 Verstoß gegen gesetzliches Verbot, 138 BGB Verstoß gegen die guten Sitten). Diese Folge ist in einem Rechtsstreit von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Nichtigkeit ist, von einzelnen Ausnahmen abgesehen (vgl. § 311b I S. 2, 518 II, 766 S. 2 BGB), nur durch mangelfreie Neuvornahme des Rechtsgeschäfts zu beseitigen (§ 141 BGB).

Ist ein Teil eines (teilbaren) einheitlichen Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde (§ 139 BGB, wegen des Abstraktionsprinzip grundsätzlich nicht einschlägig für das Verhältnis von Verpflichtungsgeschäft zu Verfügungsgeschäft, vgl. für das Erbrecht auch § 2085 BGB, für allgemeine Geschäftsbedingungen § 306 BGB).

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde (§ 140 BGB, Umdeutung, z. B. nichtige Übereignung in Nießbrauchsbestellung, nichtige Anfechtung in Kündigung).

2. Anfechtbarkeit

Die Anfechtbarkeit ist die rückwirkende Vernichtbarkeit eines in bestimmter Weise mangelhaften Rechtsgeschäftes durch Willenserklärung des Anfechtungsberechtigten gegenüber dem Anfechtungsgegner (vgl. § 143 I BGB). Die Anfechtung ist auch bei nichtigen (und deswegen von Anfang an unwirksamen) Rechtsgeschäften möglich. Für arbeitsrechtliche Rechtsgeschäfte gelten vielfach besondere Regeln.

Das Anfechtungsrecht ist ein Gestaltungsrecht. Die erklärte Anfechtung ist unwiderruflich, aber gegebenenfalls ihrerseits anfechtbar. Bei einem Vertrag ist Anfechtungsgegner der Vertragspartner, evtl. aber auch ein begünstigter Dritter (§ 143 II BGB).

Die Anfechtung muss innerhalb der jeweiligen Anfechtungsfrist (§ 121 I 1 BGB unverzüglich nach Kenntniserlangung, § 124 I BGB binnen Jahresfrist) erklärt werden. Geschieht dies nicht, ist das Rechtsgeschäft endgültig wirksam. Auch die (formlos mögliche) Bestätigung des Rechtsgeschäfts durch den Anfechtungsberechtigten beseitigt das Anfechtungsrecht (§ 144 I BGB).

Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 I BGB). Wird ein kausales Verpflichtungsgeschäft (z. B. Kauf) angefochten, so entfällt mit seiner Nichtigkeit auch der Rechtsgrund für das darauf gestützte (abstrakte) Verfügungsgeschäft (z. B. Übereignung), nicht dagegen in der Regel zugleich auch das Verfügungsgeschäft selbst. Dessen Wirkungen müssen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung rückgängig gemacht werden (§§ 812ff. BGB).

Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die (sich nach der Anfechtung ergebende) Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen (§ 142 II BGB), so dass sein eventueller Erwerb als Erwerb von einem nichtberechtigten Veräußerer angesehen wird.

3. Absolute Unwirksamkeit, relative Unwirksamkeit, schwebende Unwirksamkeit

Die absolute Unwirksamkeit ist die gegenüber jedermann bestehende Unwirksamkeit (z. B. § 138 I BGB).

Relative Unwirksamkeit bedeutet, dass die Unwirksamkeit nur gegenüber bestimmten Personen besteht (§ 136 BGB, einstweilige Verfügung mit Verfügungsverbot, hier ändert sich infolge einer Verfügung zwar gegenüber jedem Dritten die Rechtslage [der eventuelle Erwerber erlangt Eigentum], nicht aber gegenüber dem Geschützten [für ihn bleibt der Veräußerer Eigentümer]).

Schwebende Unwirksamkeit ist die vorläufig, bis zur weiteren Klärung durch Entschließung (Willenserklärung) des Berechtigten bestehende Unwirksamkeit (z. B. §§ 108, 177, 185 BGB). Sie wird mit der Entschließung entweder zur Wirksamkeit oder zur endgültigen Unwirksamkeit.

II. Einzelne Mängel

1. Verstoß gegen gesetzliches Verbot

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt (§ 134 BGB). Gesetz ist hierbei jede Rechtsnorm (vgl. Art 2 EGBGB). Sie ist gesetzliches Verbot (im Sinne des § 134 BGB), wenn sie den mit dem Rechtsgeschäft angestrebten Erfolg verhindern will (z. B. Darlehensgewährung zur Teilnahme an verbotenem Glücksspiel ist nichtig, Lebensmittelverkauf zu einem dem Ladenschlussgesetz widersprechenden Verkaufszeitpunkt [z. B. Sonntag] dagegen nicht).

2. Verstoß gegen die guten Sitten

Ein Rechtsgeschäft, das (im Zeitpunkt seines Abschlusses) gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig (§ 138 I BGB). Als Verstoß gegen die guten Sitten ist dabei die Verletzung des durchschnittlichen Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden anzusehen. Ob Sittenwidrigkeit vorliegt, ist durch eine Gesamtwürdigung von Inhalt und Begleitumständen des Rechtsgeschäfts, sowie Vorstellungen, Beweggründen und Zwecken der Beteiligten zu ermitteln. Dabei kann Sittenwidrigkeit z. B. bei einem Machtmissbrauch, bei einer Freiheitsbeschränkung oder bei einem Verstoß gegen die Sexualmoral zu bejahen sein.

Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Verhältnis zu der Leistung stehen (§ 138 II BGB, Wucher). Hier ist das Verpflichtungsgeschäft (z. B. Darlehen, Miete, Vergleich) jedenfalls in der Regel vollständig nichtig. Darüber hinaus ist auch das Erfüllungsgeschäft (Verfügung) des Bewucherten nichtig. Das Erfüllungsgeschäft des Wucherers dagegen ist wirksam. Umstritten ist, ob der Wucherer trotz § 817 S. 2 BGB seine Leistung zurückfordern kann.

3. Verstoß gegen das allgemeine Geschäftsbedingungenrecht (§§ 305ff. BGB)

Verstößt eine Klausel allgemeiner Geschäftsbedingungen gegen das Gesetz, so sind in der Regel nur die betreffenden Klauseln unwirksam, während der Vertrag im übrigen wirksam bleibt (§ 306 BGB).

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach § 305 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt, ohne dass sie zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Da sie in einer modernen Massenverkehrswirtschaft zwar Vorteile mit sich bringen, aber auch die Gefahr der Übervorteilung in sich bergen, hat der Gesetzgeber ihre Verwendung besonders geregelt. Diese Regelung gilt allerdings nicht für Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, Erbrechts und Familienrechts (§ 310 IV BGB) sowie teilweise (§§ 305 II, III, 308, 309) bei der Verwendung gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechtes oder einem öffentlichrechtlichen Sondervermögen (§ 310 I BGB).

Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrages, wenn der Verwender die andere Partei ausdrücklich oder notfalls durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsabschlusses auf sie hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise (verständliche Formulierung, lesbare Schrift) von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist (§ 305 II BGB, beachte § 305a BGB). Bestimmungen, die nach den Umständen so ungewöhnlich sind, dass der Verwender mit ihnen nicht zu rechnen brauchte, werden nicht Vertragsbestandteil (§ 305c I BGB). Individuelle Vertragsabreden gehen den allgemeinen Geschäftsbedingungen vor (§ 305b BGB). Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen, die objektiv zu erfolgen hat, gehen zu Lasten des Verwenders (§ 305c BGB, Unklarheitenregel). Soweit die allgemeinen Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden sind, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam (§ 306 I BGB). Sein Inhalt richtet sich im Übrigen nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 306 II BGB).

Soweit allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil geworden sind, sind die Bestimmungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 I BGB mit weiterer Konkretisierung in § 309 II, §§ 308, 309 BGB). Die Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden (§ 306a BGB).

4. Geheimer Vorbehalt

Eine Willenserklärung ist zwar nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen, es tritt aber in einem solchen Fall Nichtigkeit ein, wenn die Erklärung einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt, so dass er keines Vertrauensschutzes bedarf (§ 116 BGB).

5. Scheingeschäft

Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist und mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird, ist nichtig (§ 117 I BGB). Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung (§ 117 II BGB).

Lassen bei einem Grundstückskauf die Vertragsparteien zwecks Kostenersparnis einen niedrigeren Kaufpreis als eigentlich vereinbart beurkunden (Schwarzkauf), so ist das beurkundete Rechtsgeschäft nach § 117 BGB nichtig und ist das verdeckte Geschäft (Verkauf zum eigentlich vereinbarten Preis) auf seine Übereinstimmung mit den geltenden Vorschriften zu überprüfen.

Kein Scheingeschäft, weil nicht zum Schein abgeschlossen, sind Umgehungsgeschäft, Treuhandgeschäft und Strohmanngeschäft.

Beim Umgehungsgeschäft sind die vereinbarten Rechtsfolgen ernsthaft gewollt. Das Geschäft kann aber wegen Verletzung eines gesetzlichen Verbotes (§ 134 BGB) oder wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig sein.

6. Scherzerklärung

Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt (Fall fehlenden Erklärungsbewusstseins), ist nichtig (§ 118 BGB, beachte § 122 BGB).

7. Irrtum

Irrtum ist die unbewusste Unkenntnis vom wirklichen Sachverhalt, das Auseinanderfallen von (subjektiver) Vorstellung (eines Handelnden) und (objektiver) Wirklichkeit.

Aus Gründen des Verkehrsschutzes und der Rechtssicherheit kann sich der Irrende auf seinen Irrtum nicht in allen Fällen berufen. Soweit ihm die Rechtsordnung dies doch in verschiedenen Fällen gestattet, kann er die entsprechende Willenserklärung durch Anfechtung beseitigen. Im Übrigen ist der Irrtum für das Recht bedeutungslos.

Wer eine Erklärung tatsächlich abgegebenen Inhaltes überhaupt nicht abgeben wollte (§ 119 I 2. Alt. BGB, z. B. bei Versprechen, Verschreiben oder Vergreifen), unterliegt einem Irrtum in der Erklärungshandlung (Erklärungsirrtum). Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war (§ 119 I 1. Alt. BGB, z. B. Irrtum über Bedeutung eines Begriffes, über die Person des Geschäftsgegners, den Geschäftsgegenstand oder die Geschäftsart), befindet sich in einem Inhaltsirrtum. Wer sich über solche Eigenschaften, d. h. wertbildende Merkmale der Person oder der „Sache“ (d. h. eines körperlichen oder unkörperlichen Gegenstands) irrt, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden (z. B. Alter, Lage, Echtheit, nicht dagegen Wert [Preis]), unterfällt einem Eigenschaftsirrtum (§ 119 II BGB). Wird eine Willenserklärung durch die zur Übermittelung verwendete Person oder Anstalt (Erklärungsbote, nicht Vertreter) unrichtig (z. B. unrichtiger Inhalt, unrichtiger Empfänger) übermittelt (§ 120 BGB), handelt es sich um einen Übermittelungsirrtum.

In allen diesen Fällen (Erklärungsirrtum, Inhaltsirrtum, Eigenschaftsirrtum, Übermittelungsirrtum) kann im Gegensatz zum bloßen Irrtum im Beweggrund (Motivirrtum, z. B. Kauf, weil zu Unrecht von einer drohenden Preissteigerung ausgegangen wird,) der Erklärende die betreffende Willenserklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde (§ 119 I BGB) und wenn keine speziellere Regelung vorliegt (z. B. Sachmängelhaftung, fehlerhafte Gesellschaft).

Die Anfechtung muss ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat, spätestens vor dem Ablauf von 10 Jahren seit Abgabe der Willenserklärung (§ 121 I, II BGB).

Die wirksame Anfechtung führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts (§ 142 BGB). Sie begründet aber zugleich nach § 122 BGB eine Schadensersatzverpflichtung des Erklärenden. Dieser hat, wenn die Erklärung einem anderen gegenüber abzugeben war, diesem, andernfalls jedem Dritten den Schaden zu ersetzen, den der andere oder der Dritte dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut (Vertrauensschaden), jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, das der andere oder der Dritte an der Gültigkeit der Erklärung hat (Erfüllungsinteresse). Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Beschädigte den Grund der Anfechtbarkeit kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte (d. h. kennen musste).

8. Arglistige Täuschung

Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten (§ 123 I BGB). Voraussetzung hierfür ist, dass durch Tun oder Unterlassen ein Irrtum über Tatsachen hervorgerufen, verstärkt oder aufrechterhalten wird und dies zumindest in dem Bewusstsein geschieht, dass der Getäuschte ohne die Täuschung die Erklärung möglicherweise nicht oder nicht mit diesem Inhalt abgeben würde. Die Anfechtung kann nur binnen Jahresfrist nach Entdeckung der Täuschung erfolgen (§ 124 BGB).

9. Drohung

Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten (§ 123 I BGB, beachte § 124 BGB). Drohung ist die Inaussichtstellung eines Übels, auf dessen Eintritt sich der Drohende wirklich oder vorgeblich Einfluss beimisst (z. B. Tötung, Körperverletzung). Widerrechtlich ist die Willensbestimmung durch Drohung, wenn entweder das verwendete Mittel, der angestrebte Zweck oder die Verbindung von Mittel und Zweck der Rechtsordnung widersprechen.

 

§ 10 Stellvertretung

I. Wesen

Stellvertretung (Vertretung) ist das insbesondere in der modernen Massenverkehrswirtschaft unerlässliche rechtsgeschäftliche Handeln bestimmter Personen für andere. Sie umfasst sowohl die Fälle, in denen kraft Gesetzes eine Person für eine andere Person handeln muss (gesetzliche Vertretung, Organschaft, z. B. Geschäftsunfähigkeit, juristische Person), wie auch die Fälle, in denen sich eine Person einer anderen Person gewillkürt bedient, um ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erweitern (gewillkürte Vertretung). Im Rahmen der Privatautonomie ist dies für alle nicht höchstpersönlichen Rechtsgeschäfte (z. B. Schuldrecht, Sachenrecht, anders z. B. bei Eheschließung oder Testamentserrichtung) ohne weiteres zulässig.

II. Arten

1. Unmittelbare Stellvertretung

Vertreter (Stellvertreter) ist, wer (innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht) eine Willenserklärung im Namen eines anderen (des Vertretenen) (d. h. in fremdem Namen) abgibt (Aktivvertretung) oder entgegennimmt (Passivvertretung § 164 III BGB). Im Gegensatz zum Boten, der wie ein Brief nur eine Willenserklärung eines anderen übermittelt, bedarf der Vertreter der (beschränkten) Geschäftsfähigkeit (§ 165 BGB). Tritt der Wille, im Namen eines anderen zu handeln (Vertretungswille), nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht (Offenkundigkeitsgrundsatz), so dass der (unerkennbar für einen andern) Handelnde durch Willenserklärung selbst berechtigt und verpflichtet wird, ohne dass er dies will. Ist es dem Geschäftspartner, wie etwa bei den Bargeschäften des Alltags, erkennbar völlig gleichgültig, wer mit ihm abschließt, so genügt es dabei, wenn der Handelnde zu erkennen gibt, dass er für irgendeinen anderen handelt (Geschäft für den, den es angeht).

Vertretungsmacht kraft Gesetzes besteht etwa bei Eltern (Gesamtvertretung d. h. gemeinsame Aktivvertretung, einzelpersönliche Passivvertretung) im Verhältnis zu ihren minderjährigen Kindern (§ 1629 BGB). Organe juristischer Personen haben kraft gesetzlicher Bestimmung die Stellung gesetzlicher Vertreter (vgl. § 26 II BGB). Im Übrigen kann Vertretungsmacht durch Rechtsgeschäft begründet werden.

Die Erteilung der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht (Vollmacht) erfolgt durch grundsätzlich formlos mögliche Bevollmächtigung (Willenserklärung, einseitiges Rechtsgeschäft) des Vollmachtgebers gegenüber dem zu Bevollmächtigenden (Innenvollmacht) oder gegenüber dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll oder durch Erklärung an die Allgemeinheit (z. B. Zeitungsanzeige) (Außenvollmacht).

Ihren Umfang kann der Vollmachtgeber grundsätzlich frei bestimmen (anders z. B. Prokura).

Der Bevollmächtigung liegt in der Regel ein (schuldrechtliches) Rechtsverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem zugrunde (Innenverhältnis z. B. Auftrag), auf Grund dessen dem Stellvertreter Vollmacht erteilt wird, doch sind Innenverhältnis (rechtliches Dürfen) zwischen Auftraggeber bzw. Bevollmächtigendem und Auftragnehmer (Bevollmächtigtem) und Außenverhältnis (rechtliches Können) (Verhältnis zwischen Bevollmächtigtem und Dritten) streng getrennt.

Der Erteilung einer Vollmacht wird es gleichgestellt, wenn jemand es objektiv ermöglicht, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und nicht dagegen einschreitet (Duldungsvollmacht). Selbst dann wird dem Vertretenden der Rechtsschein der Bevollmächtigung zugerechnet, wenn er das wiederholte Handeln des „Vertreters“ nicht kannte, aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte kennen und verhindern können (Anscheinsvollmacht).

Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen (§ 164 I BGB, für einseitige Rechtsgeschäfte ist aber § 174 BGB [grundsätzliche Möglichkeit der Zurückweisung bei Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde]zu beachten). Das angestrebte Rechtsgeschäft entsteht also zwischen Vertretenem und Drittem (nicht zwischen Vertreter und Drittem). Weil es aber vom Vertreter abgeschlossen wird, kommt, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. Hat allerdings der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung der Umstände, die er selbst kannte oder kennen musste, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen (§ 166 BGB).

Der Vertreter kann im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder mit sich als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nur dann vornehmen (Insichgeschäft), wenn ihm dies vom Vertretenen gestattet ist, das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht (§ 181 BGB) oder dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt.

Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich grundsätzlich nach dem ihrer Erteilung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis (§ 168 S. 1 BGB, z. B. Auftrag, Dienstvertrag). Ist die Vollmacht befristet oder auflösend bedingt, so endet sie mit Ablauf der Frist oder Eintritt der Bedingung. Im Übrigen kann sie grundsätzlich jederzeit durch Widerruf beendet werden (§ 168 S. 2 BGB). Sie kann dann aber kraft Rechtsscheins fortwirken (vgl. §§ 170ff. BGB).

2. Mittelbare Stellvertretung

Handelt der „Vertreter“ im eigenen Namen für einen anderen, so ist an den entsprechenden Rechtsgeschäften nur er selbst beteiligt, nicht dagegen der „Vertretene“. Der mittelbare Stellvertreter muss daher das Ergebnis seines Wirkens durch zusätzliche Rechtsgeschäfte dem mittelbar Vertretenen zukommen lassen (etwas anders nur § 392 II HGB). Allerdings kann der Mittler über Verfügungsgegenstände des Vertretenen mit dessen Zustimmung (§ 185 BGB) verfügen. Im Übrigen kann z. B. durch die Verwendung eines Geschäftes für den, den es angeht, ein besonderer Erwerb des Mittlers ausgeschaltet werden (vgl. auch antezipiertes Geschäft, Anwartschaft, Drittschadensliquidation).

III. Vertretung ohne Vertretungsmacht

Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des zunächst schwebend unwirksamen Vertrags verweigert. Fehlt also Vertretungsmacht, kann eine Wirkung für den angeblich Vertretenen nur durch dessen nachträgliche Zustimmung eintreten. Andernfalls muss der Handelnde je nach dem Willen seines Vertragspartners entweder selbst den Vertrag erfüllen oder Schadensersatz leisten.

Hat dabei der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht selbst nicht gekannt, so ist er nur zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf die Vertretungsmacht vertraut (Vertrauensschaden), jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, dass der andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrages hat (Erfüllungsinteresse). Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste oder wenn er selbst in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war und ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat (§ 179 BGB).

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht grundsätzlich unzulässig (§ 180 BGB), kann also nur unter besonderen Voraussetzungen Wirkungen haben..

IV. Ermächtigung

Die gesetzlich nicht geregelte Ermächtigung verleiht dem Ermächtigten die Befugnis, im eigenen Namen mit unmittelbarer Wirkung für den Rechtskreis des Ermächtigenden zu handeln, insbesondere über ein Recht des Ermächtigenden zu verfügen (vgl. dazu § 185 I BGB).

 

Anhang: Sonderregeln für das Staatsgebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik

Im Staatsgebiet der früheren Deutschen Demokratischen Republik gilt der allgemeine Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur nach Maßgabe des Art. 231 EGBGB ([Anlage I zu Art. 8 des Einigungsvertrages, Kapitel III B Abschnitt II] betrifft Entmündigung, Verein, Stiftung, Haftung juristischer Personen für ihre Organe [vor 3. 10. 1990], Sachen und Verjährung). Insbesondere gehören danach entgegen § 94 BGB nicht zu den Bestandteilen eines Grundstückes Gebäude, Baulichkeiten, Anlagen, Anpflanzungen oder Einrichtungen, die gemäß dem am 2. 10. 1990 geltenden Recht (§ 296 DDR-ZGB) von Grundstückseigentum unabhängiges Eigentum sind. Das gleiche gilt, wenn solche Gegenstände ab 3. 10. 1990 errichtet oder angebracht werden, soweit dies auf Grund eines vor dem 3. 10. 1990 begründeten Nutzungsrechts nach §§ 312 bis 315 DDR-ZGB zulässig ist. Das Nutzungsrecht an dem Grundstück und die erwähnten Anlagen, Anpflanzungen oder Einrichtungen gelten als wesentliche Bestandteile des Gebäudes (Art. 231 § 5 EGBGB). Das Stiftungsgesetz der DDR vom 3. 10. 1990 gilt (als Landesrecht) fort.